1879 / 117 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 May 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Leipzig 1874. Druck und Verlag der Genofsenschafts-

Buchdruckerei.“ auf Grund der §8. 11 und 12 des Gesehes gegen die gemein- gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Of- tober 1878 verboten worden.

Düsseldorf, den 15. Mai 1879. Königliche Regierung. Abtheilung des Fnnern. von Roon.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 20. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute den Vortrag des Polizei- Präsidenten von Madai, arbeiteten mit dem Chef der Ad- miralität, Staats-Minister von Stosch, empfingen den kom- mandirenden General des Garde-Corps, Prinzen August von Württemberg, Königliche Hoheit, und nahmen im Beisein des Gouverneurs, Generals der Jnfanterie von Boyen, und des Kommandanten, General-Majors Grafen von Wartensleben, militärishe Meldungen entgegen.

Später ertheilten Se. Majestät dem ODberst-Kämmerer Grafen Redern eine Audienz.

Jhre Majestät die Kaiserin-Königin verab- shiedete Sih heute Nachmittag von Jhrer Majestät der Königin Victoria, Allerhöchstwelche morgen nah Schottland abreist.

Jhre Majestät die Kaiserin wird in London die König- E Familie besuchen und bis Freitag im Buckingham-Palace wohnen.

Lord Torrington und Lord Churchill haben den Ehren- dienst bei Jhrer Majestät.

_— Der Ausschuß des Bundesraths für Rechnungs- wesen, sowie der tesondere Ausschuß desselben für das Eisen- bahn-Gütertarifwesen hielten heute Sißungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstages befindet sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (49.)Sißung des Neichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minister Hofmann, und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Vize-Präsident Dr. Lucius ein Schreiben des Präsidenten von Forckenbeck an den Reichstag mit, wonach derselbe wegen des tiefgreifenden Gegensaßes, in welchen er in wihtigen Fragen mit der Majorität des Reichstages gekommen sci, und wegen seiner angegriffenen Gesundheit, auf dringendes Anrathen feines Arztes mit dem wärmsten Danke für das ihm bisher vom Reichstage bewiesene Vertrauen sein Amt als erster Prä- fident niederlegt und Urlaub auf vier Wochen nachsucht. Der Vize-Präsident erklärte, daß er bei dem Unerwarteten der Nathriht am Stluffe der heutigen Sißung, nachdem ih die Parteien über das einzushlagende Verfahren inzwischen verständigt haben würden, auf den Gegenstand zurücktfommen werde.

Das Haus seßte sodann die zweite Berathung des Zol\- tarifs mit der Pos. 9 fort. Dieselbe lautet:

Getreide und andere Erzeugnisse des Landbauc8: a, Weizen, Hafer und Hülsenfrüdbte, sowie niht besonders genannte Getreide- arten 100 kg 1 M b. Roggen, Gerste, Mais und Buchweizen 100 kg 0,50 A c. Malz 100 kg 1,20 4 d. Anis, Koriandér, Fenbel und Kümmel 190 kg 3 Æ e. Raps und Rübsaat 100 kg

f. Erzeugniffe des Landbaus, anderweitig niht ge-

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Antrag von J her (Sachsen) vor: Der Reicbstac [ s{ließen: in Nr. 9 der Tarifvorlage den Unterabtheilurgen und b. folgende Fassung zu geben: Weizen, Roggen, fer und Hülsenfrüchte, sowie nicht besonders inte Getreid en 100 kg 1,00 A b. Gerste, Mais und

eizen ¿g 0,50 M Nachdem Abg. Dr. Stephani über die zu diesen Positionen 1gegangenen Petitionen im Namen der Petitionskom- mission referirt hatte, ergriff der Kommissarius des Bundes- raths, Geheime Regierungs-Rath Tiedemann, das Wort. Es sei eine unbestrittene Thatsache, daß fih Deutschland aus einem Getreide exportirenden Lande in ein Getreide impor- tirendcs Land verwandelt habe. Von freibhändlerisher Seite sei das als eine naturgemäße Folge der steigenden Bevölkerung dargestellt worden, jedoch stehe die Zunahme des Getreide- imports in feinem Verhältnisse zu der Zunahme der Bevölke- rung. - L ifsar erhârtete dur ein reiches statistisches Material die Thatsache, daß man au auf dem Gebiete der Landwirthschaft unter der Ueberprodukt!on des Auslandes zu leiden habe. Rußland habe seine Eisenbahnen um das Vier- fache vermehrt. Man stehe unter der Herrschast einer inter- g. Deutschland sei der Tummelplaßg

den Abgg. Frhr.

meritanischen Konkurrenz in gleiher Weise

früheren Zeiten Deutshland das Schlachtfeld der 1 Nationen gewesen sei. Rußland habe außerordentlich jodenvorbedingungen für die Getreideprodufktion und essen außerordentlich niedrige Preise. Dadurch inländische Getreideproduktion, die niht mit glei

günstigen Produktionsbedingungen arbeite, auf das Tiefste geschädigt, und das Resultat zcige si in den zahlreichen länd- Subhastationen, deren Zahl der Kommissar für ein Dieser Krisis müsse man mit

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mittheilte. steuern, wenn nicht eine der Grundlagen des

s, der Bauernstand, ruinirt und damit Deutsch- ulturstaat vernichtet werden solle. Der neue Zoll aßen die übermäßige ausländische Konkurrenz ein- ireihändlerishe Behauptung, daß der Konsument

er Bertheuerung der Lebensmittel bezahlen müsse,

i prüfenden Auge des Praftikers nicht Stand, denn

ein Chaufseegeld von wenigen Groschen auf den

werde das Getreide nicht theurer, dafür sorge son die inländische Konkurrenz. Die vorgeschlagenen Zollsäße würden zwar niht das ausländische Getreide vom deutschen Markte auss{licßen, aber sie würden der deutschen Landwirthschaft ermöglichen, den inländischen Markt wieder zu erobern. Jn diesem Sinne empfehle ex dieselben dem Hause zur Annahme.

_ Der Abg. von Saudten-Tarputschen führte aus, daß er nicht einzusehen vermöge, wie man diese Zölle einführen könne, die nah den Deduktionen des Vorredners gar nichts Dazu beitrügen, die Krisis der Landwirthschafs zu beendigen. Als Landwirth, der mit den Verhältnissen und den An- sichtén der Landwirthschaft, namentlich in den Pro-

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Getreibetr

vinzen Preußen bekannt sei, müsse er sich gegen diese Zölle erklären , die mit den Jnteressen derselben keineswegs harmonirten. Die Landwirthschaft als solche sei nicht zurückgegangen, dafür biete namentlih die Provinz ODst- preußen ein \hlagendes Beispiel. Jn früheren Fahren hätten die Besißer viel genügsamer gelebt und daher größere Kapi- talien gesammelt, aber mit den steigenden Erträgen der Land- wirthschaft dur: Vermehrung der Verkehrsverhältnisse und den rentableren Körnerbau feien die Bedürfnisse der Besißer unverhältnißmäßig gestiegen. Beim Schlusse des Blattes dauerte der Vortrag des Redners fort.

Der Vorsteher der Geheimen Registratur des Aus- wärtigen Amts, Geheimer Hofrath R. Giehrach, hat gestern die Feier des Tages begangen, an welchem er vor 50 Jahren in. den Staatsdienst getreten ist. Se. Cajestat dexr Kalser und Köntg haben geru), demselben bei dieser Gelegenheit in huldreiher Aner- kennung seiner treuen und ersprießlihen Dienste den König- lihen Kronen-Orden zweiter Klasse zu verleihen, welchen der Reichskanzler Fürst Bismarck ihm mit einem Schreiben in warm anerkennenden Worten übersandt hat. Schon der Vater des Jubilars gehörte dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten als Rendant der Legationskasse lange Jahre hindur an, und war es demselben vergönnt, bei dieser Behörde sein 50- und 60jähriges Dienstjubiläum zu begehen. Bei dem jeßigen Jubilar liegt der seltene Fall vor, daß er seine ganze Dienstzeit ununterbrochen bei einer und derselben Behörde zu- gebraht hat. Nach vollendetem Rechtsstudium trat Herr Giehrah beim Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten in den Registraturdienst ein, fand später auch im Expeditions- fache Verwendung und bekleidet seit dem Jahre 1865 die Stelle als Vorsteher der Geheimen Registratur. Bei den nahen diensilihen Beziehungen, welche so viele Jahre zwischen dem Jubilar und den Beamten des Auswärtigen Amts bestanden haben, würde es den Letßteren doppelt er- wünscht gewesen sein, Herrn Giehrach ihre Glückwünsche per- fönlih aussprechen zu können. Da der Gesundheitszustand des 3. Z. in der Rekonvalescenz von einer längeren Krankheit begriffenen verdienten Beamten demselben jedoh nicht den Empfang einer größeren Zahl von Personen gestattete, so wurden ihm von dem Personalienrath sowohl die amtlichen Glück- wünsche des Reichskanzlers und des Staatssekretärs, wie die privaten der Beamten ausgesprochen und im Namen der Leßteren eine kunstvoll ausgeführte Ehrengabe als Andenken überreicht.

Bezüglih der Erstattung von Reisekosten und Tagegeldern der Civilkommissare für Abschäßung der durch größere Truppenübungen verursachten Flurshäden Gesey vom 13. Februar 1875, §8. 14 ist dur Vereinbarung des Finanz-Ministers und des Ministers des Innern mit dem Reichskanzler und Kriegs - Minister der Grundsaß festgestellt worden, daß von den Kosten der be- züglichen Abschäßung, außer den Gebühren der Taxatoren, fortan nur diejenigen Beträge auf Reichs-Militärfonds zu übernehmen sind," welche unmittelbar durh die Bethei- ligung der militärishen Mitglieder der Abschägungskommisston herbeigeführt werdén. / Unter entsprehender Abänderung des Reskripts vom 8. A ist 1869 und Deklarirung des Erlasses vom 19. August 6iusá. haben deshalb der Finanz-Minister und der Minister® dés Jnnern durch Cirkularerlaß vom 14. März d. J. die Regierungen und Landdrosteien dem- gemäß mit Anweisung versehen, mit dem Bemerken, daß es bei dem in dem vorallegirten Reskripte vom 19. August 1869 ausgesprochenen Grundsaße, wonach innerhalb der Kreise resp. Amtsbezirke, in welchen Flurbeschädigungen abzuschäßen sind, in der Regel die betreffenden Landräthe resp. Kreis- und Amtshauptmänner zu Vorsißenden der bezüglichen Abschäßungs- O zu ernennen sind, es au ferner sein Bewenden ehalt.

S. M. Glattdecks-Korvette „Freya“, 8 Geschüße, Kommandant Korv. Kapt. von Nostiz, ist am 4. April cr.

von Shanghai in See gegangen und am 9. dess. Mts in Hongkong eingetroffen. s

_ Hessen. Darmstadt, 19. Mai. Nach der „Darnist. Ztg.“ empfing der Prinz Alexander von BVatten- berg am 16. d. M, in , Livadia die bultadärude Deputation, welhe ihm die Krone des neuen Fürsten- thums in Folge einstimmigen Beschlusses der National- versammlung antrug. Nachdem der Prinz seine Bereitwillig- feit erklärt batte, die angebotene Krone anzunehmen, stellte er die bulgarischen Abgeordneten Sr. Biajestät dem Kaiser von Rußland vor. Später fand in der Kirche des Schlosses Livadia ein feierlihes Te Deum statt zu Ehren des Prinzen, welcher sih hierauf nah Odessa einschisfte. Jn dieser Stadt wird der Prinz am 18. eine Parade abtalten über das 13. cFäger- Bataillon (seine Waffengefährten vom Donauübergang), zu dessen Chef er ernannt worden ist, und sodann nach Wien weiter reijen, wo er am 20. einzutreffen gedenkt. Nachdem sih der Prinz Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich vor- gestellt hat, reist er nach Berlin, Paris und London, von welch leßterer Stadt er nah Darmstadt zu kommen gedenkt, um sich von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog zu ver- abschieden.

Schwarzburg-Sondershausen. Sondershausen 17. Mai. (Leipz. Ztg.) Der versammelte Landtag hat in, seinen bisherigen Sißungen in einer zweiten, durh die Ver- fassung vorgejchriebenen Abstimmung die Aufhebung der S8. 88—97 des Landesgrundgeseßes beschlossen, eine Reihe von Gesegesvorlagen , deren Erlaß in ONge der neuen Justizgeseßgebung nothwendig geworden ist, nah den Anträgen der ständigen Deputation angenommen und in seiner leßten Sitzung den Gerichtsgemeinschaftsvertrag mit Preußen, das Ausführungsgesez zum Ge- rihtsverfassungsgeseße und eine Reihe von Spezial: gesehen berathen resp. angenommen.

Oesterreich - Ungarn. Mien, 19. Mal. Die „Pol. Korr.“ meldet: Aus Konstantinopel vom 18, d.: Die Pforte hai den Mächten die offizielle Mittheilung ge- macht, daß das rain Statut für Ostrumelien dur ein Jrade des Sultans die Sanktion erhalten habe. Nachdem nun auch die russisch-türkishen Verhandlungen wegen Ueberganges der Verwaltung Ostrumeliens an das neue General-Gouvernement zu einem befriedigenden Abschluß geführt worden sind und Al eko Pascha demnächst die Verwaltung über- nehmen dürfte, ist General Stolypin nah Philippopel zurlüi-

ekehrt. Rußland hat dem Vernehmen nach der Pforte die Zu- age gemacht, der General Stolypin werde nah der An- kunft Aleko Paschas in Philippopel sein Hauptquartier nach einem anderen Orte in der Nähe der Hauptstadt Ostrumeliens verlegen. Aus Belgrad vom 19.: Die Grenz- kommission, welche den französishen Konsul Aubarat zum Präsidenten erwählt hat, ist gestern in Vranya eingetroffen ; sobald die \ferbish-bulgarishe Grenze festgestellt sein wird, soll Seitens Serbiens die Räumung der zu Bulgarien gehörigen Orte Tern und Breznik erfolgen. Morgen trifft hierselbst der türkishe Gesandte Sermet Pascha ein; eine Deputation serbisher Bürger ist demselben bis Basiasch ent- gegengereist; die Stadt Belgrad bereitet ihm einen festlichen Empfang. Der Gouverneur des französischen „Credit foncier“, Fremy, ist zu Verhandlungen wegen einer serbishen Eisenbahnanleihe hierselbst eingetroffen.

_ Pola, 18. Mai. (Presse.) Von Dalmatien kommend, ist gestern Vormittags die Königliche englische Yacht „Os - borne“ mit dem Herzog und der Herzogin von Connaught hier eingelaufen. Die Yacht führte die Königliche Standarte und wurde mit den vorgeschriebenen Salutschüssen begrüßt. Der interimistishe Hafen-Kommandant und der Bezirkshaupt- mann stellten sih an Bord vor, worauf der Herzog Mittags die Spißen der Civil- und Militärbehörden empfing. Sodann besichtigte der Herzog das Arsenal, die Marinekaserne und hierauf die aufgestellte Ehrencompagnie unter den Klängen der englishen Volkshymne. Nachmittags 3 Uhr kam der Herzog in Begleitung der Herzogin ans Land, besichtigte die Arena, die Porta Aurea, den Augustustempel und unternahm eine Rundfahrt durch die Stadt, begleitet vom interimistishen Hafen-Admiral, dem Bezirkshauptmann und dem Podesta. Um 4 Uhr erfolgte der Besuh des Marine- Kasinos; um 7 Uhr war Diner an Bord der „Osborne“, zu dem Contre-Admiral Barry mit dem Adjutanten Oberst Kraft und der Bezirkshauptmann geladen waren. Abends war Be- su der Theatervorstellung, welcher das Herzogspaar bis zum Schlusse anwohnte. Die Abreise nach Venedig erfolgte um 2 Uhr Nachts. Die Yacht „Osborne“ führt 2 Kanonen und 145 Mann Bemannung. Fn Begleitung hrer Königlichen Hoheiten war als See-Offizier Prinz von Battenberg, Bruder des zum Fürsten von Bulgarien gewählten Prinzen Alexander.

Pest, 19, Mai E. V. B) Das Avgeoroneten- haus nahm den Gesegentwurf, betreffend den Ankauf der Waagthalbahn an, verwarf dagegen den Antrag, die Re- gierung aufzufordern, eine Vorlage wegen des Ausbaues der Bahnlinie Trenscin-Sillein einzubringen.

Schweiz. Bern, 17. Mai. Der Bundesrath hat heute die Traktanden für die am 2. Juni zusammen- tretende Bundesversammlung festgestellt. Es sind deren zweiundzwanzig, von denen die wichtigsten: der bundesräthliche Geschäftsberiht und die Staatsrehnung von 1878, die Er- gänzung des eidgenössishen Wahl- und Abstimmungsgeseßes, das Geseg, betreffend die civilrehtlihen Verhältnisse der Nieder- gelassenen und des Aufenthalts, die Nachtragskredite für 1879, die Erhöhung des Eingangszolles, das Bundesgeset, betreffend Fabrik- und Handelsmarken, und die Motion 7Foos, betreffend die Revision des vom Banknotenwesen handelnden Art. 39 der Bundesverfassung, welche verlangt, daß dem Bunde allein das Recht zur Banknotenausgabe zustehen soll, ohne Rechts- verbindlichkeit für deren Annahme. Gegen die Wieder- einführung der Kapuziner in den Kanton Tessin sind dem Bundesrath Seitens der im Auslandeweilenden Tessiner meh- rere Eingaben eingereiht worden. Fn einer derselben, aus Paris, wird der betreffende Großrathsbeschluß, welcher am 9. März vom Volke angenommen wurde und die Kapuziner wieder zu- gclassen haben will, als niht im Einklange mit der Bundes- verfassung von 1874 bezeichnet , weshalb die Bundesbehörden ihm ihre Ratifikation versagen möchten.

19, Mai. (Wes. Ztg.) Das Gesammtresultat der Abstimmung üver die Wiedereinführung der Dodes- strafe ist 191 197 Stimmen für und 177 263 Stimmen gegen.

Belgien. Brüssel, 19, Mai. (W. T. B.) Der hiesige Bürgermeister Anspach ist heute gestorben.

Großbritannien und Jrland. London, 17. Mai. (Allg. Corr.) Die Anfertigung des Kabels, welches die Kapkolonie mit England in telegraphische Verbindung bringen soll, geht in Greenwich rüstig von Statten. Vor Kurzem segelte der Dampfer „Kangaroo“ mit 364 Meilen Kabel für die Uferenden ab, und gestern verließ das Dampf- Kabelschiff „Seine“ die Themse mit dem zweiten Theile des Kabels, bestehend aus 1400 Meilen. Der „Scine“ folgt in Kurzem der Dampfer „Calabria“ mit einem weiteren Theile des Kapkabels.

Ueber die Situation in Birma wird dem „Standard“ aus Mandalay unterm 12. d. M. gemeldet: Der König hat allen Europäern das Betreten des Palastes streng ver- boten. Die Lhama-Kachin-Stämme befinden s{ in offenem Aufstande. Sie zerstörten mehrere Dörfer am Frawaddyflusse und raubten 3000 Ballen Baumwolle, Eigen- thum des Königs. Mandalay bleibt ruhig und, obwohl allerlei Gerüchte in Umlauf sind, {webt ein undurchöring- lihes Dunkel über alles, was im Palaste vorgeht.

Aus Lahore wird dem „Standard“ unterm 14. d. M. gemeldet: Die Vorkehrungen zur Linderung der Hungers- noth in Kaschmir konnten nicht ausgesührt werden, da die Rinderpest den größten Theil der Transportochsen weggerafft hat. Die Leiden der Bevölkerung in Kaschmir sind fürchter- e das ganze Thal verfügt niht über Lebensmittel für eine

oche.

Canada. Ottawa, 15. Mai. Der Marquis von Lorne drücte in der Nede, mit welcher er heute das Par- lament des Dominion {loß, die Hoffnung aus, daß der neue Tarif durch Vermehrung der Einkünfte der Kolonie das Gleichgewiht zwishen den Einnahmen und Ausgaben wieder herstellen, die Entwitelung der Landesindustrie fördern und der bestehenden Handelsstockung ein Ende bereiten würde.

Halifax, 14. Mai. Das Kanonenboot G und die Korvette „Druid“ haben Befehl erhalten, na Ee 0s zum Schuh der dortigen Fischerei abzu- gehen.

19. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Oberhaus - Sihung entgegnete der Marquis von Saltsbury dem Lorò Morley, daß die auf die griechische Frage und das Nundschreiben des französischen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Waddington, bezüglichen Schriftstücke heute vorgelegt werden würden.

Das „Neutersche Bureau“ meldet aus Simla von heute: Jakub Khan habe zu den Unterlagen eines Friedens +

vertrags seine Zustimmung ertheilt durch welchen die auptpunkte der englischen Politik in Betreff Afghanistans sichergestellt würden.

20. Mai. (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Simla, von gestern, weiter: die Hauptpunkte des mit gakub Khan abgeschlossenen Vertrages seien die Annexion der Pässe und eines für Herstellung einer angemessenen Grenze hinreichenden Gebietes, die Anstellung eines englischen Resi- denten in Kabul, die Kontrole der auswärtigen Beziehungen Afghanistans und die Unabhängigkeit der Afridi - Stämme, jedoch ohne Präjudiz für die Herrschaft über die Pässe.

Im Unterhause erwiderte heute der Schagkanzler Northcote auf eine Anfrage Balfours: der englische Gesandte in Persien habe seine Entlassung genommen; ein Nachfolger sei noh nicht designirt. Der Unter-Staats- sekretär Bourke antwortete Mills: die englische Re- gierung habe Chile und Peru ihre guten Dienste ange- boten. Der Schatkanzler Northcote bestätigte sodann unter lautem Beifall des Hauses, daß die U nterlagen eines Friedensvertrages mit Jakub Khan vereinbart worden seien. Schließlich brachte Newdegate den Antrag ein, daß kein neuer Vertrag abges(hlo}sen und überhaupt keinerlei Verpflichtungen eingegangen würden, welche der Kontrole des Hauses über die finanziellen Hülfsquellen und iber die Besteuerung präjudiziren oder dieselbe be- shränken oder binden könnten, bevor nicht das Haus über die beabsichtigten Verpflichtungen seine Ansicht ausgesprochen habe. Der Unter-Staatssekretär Bourke erklärte sih gegen den Antrag. Ueber einen neuen Han- delsvertrag mit Frankreich könne erst nach Promul- gation des allgemeinen Tarifs unterhandelt werden ; die fran- zösische Regierung habe daher eine Prolongation von 6 Monaten vom Tage der Promulgation des allgemeinen Tarifs an vor- geshlagen. Newdegate zog darauf seinen Antrag zurü.

Frankreich. Paris, 17. “Mai. (Fr. Korr.) Das vom „Journal officiel“ veröffentlichte Dekret, welches die Vernichtung des Hirtenbriefes des Erzbischofs von Aix ausspricht, lautet: ,

„Der Präsident der Republik. Auf den Bericht der Sektion für Jnneres, Kulte, Justiz, Unterricht und Schöne Künste, in Anbetracht des am 13. Mai 1879 von dem Erzbishofe von Aix an seine Geistlichkeit und an die Gläubigen, Behufs Verlesung in allen Kirchen seiner Diözese erlassenen Hirtenbriefes ; in Anbetracht des Berichts des Ministers des Jnnern und der Kulte vom 24. April 1879; in Anbetracht der von dem Erzbischose von Aix auf die Noti- fizirung dieses Berichts ertheilten Antwort; în Anbetracht des Artikels 1 der Deklaration der französischen Geistlichkeit vom 19. März 1682, des Edikts von demselben Monat, des Dekrets vom 25. Februar 1810 und der Artikel 6 und 8 des organischen Gescßes vom 18. Germinal des Jahres X.; in Erwägung, daß es ein Fundamentalsay in dem französishen Staats- rechte ist, daß die Kirche und ihre Diener nur für die geist- lichen, niht aber für die weltlichen und bürgerlichen An- gelegenheiten ihre Macht empfangen haben; daß, wenn die Bischöfe das Recht haben, dem Staatsoberhaupte ihre Be- merkungen über die weltlichen Angelegenheiten zu unter- breiten, welhe ihres Erachtens die Interessen des Glaubens berühren, und wenn sie dieselben als Staatsbürger im Peti- tionswege an die gesebgebenden Gewalten gelangen lassen oder in Privatschristen veröffentlichen können, dieses Recht doch niht in Form von Hirtenbriefen ausgeübt werden darf, weil dieselben nur die Belehrung der Gläubigen über ihre religiösen Pflichten zum Gegenstande haben sollen; daß der Erzbischof von Aix, indem er in einem zur Verlesung und Veröffentlihung in allen Kirchen seiner Diözese bestimmten Hirtenbriefe Alte der öffentlichen Obrigkeit kriti- sirte, in denen er eine Drohung für die Religion und einen Eingriff in die Freiheit der Familienväter zu erblicken glaubte, die seiner Gewalt von dem Geseße gezogenen Schranken über- schritten hat, verfügt nah Anhörung des Staatsraths: Art. 1. Der Hirtenbrief des Erzbischofs von Aix vom 13. April 1879 stellt einen Mißbrauch dar. Dieser Hirtenbrief ist ganz und gar zu vernihten. Art. 2. Der Minister des Jnnern und der Kulte sowie der Siegelbewahrer und Justiz-Minister werden, Jeder für seinen Theil, mit der Ausführung dieses Dekrets beauftragt, welches in die Gesez-Sammlung einzurüden ist.

Gegeben zu Paris, den 16. Mai 1879.

Jules Grévy.“

Die „République française“ macht heute den Vor- \{chlag, man solle den Artikel 204 des Strafgeseßbuchs im Wege der Gesehgebung dahin amendiren, daß die reni- tenten Bischöfe nicht mit Verbannung, jondern mit gänz- lihem oder partiellem Verluste ihres Staatsgehalts bestraft würden. Das sei praktisher und minder hart; sollte aber der Senat auf diese Fassung nicht eingehen, so bliebe der Regierung freilih nihts Anderes übrig, als das bestehende Gese zur Anwendung zu bringen. Der citirte Artikel lautet :

„Jedes Schriftstück, welches geistliche Instruktionev, gleichviel in welcher Form, enthält, und in dem ein Kultusdiener fich unter- fangen hat, die Regierung oder irgend einen Akt der öffentlichen Be- hörde zu fkritisiren oder zu rügen, zieht gegen den Kultusdiener, der das Schriftstück veröffentliht hat, die Strafe der Verbannung nach sich.“

Die republikanishe Linke der Deputirten- kammer, also die stärkste Fraktion der Majorität, hat gestern einstimmig beschlossen, die Wahl Blanqui's in Bordeaux als eine solche, die mit den geseßlichen Vorschristen \{hlechterdings unvereinbar sei, für ungültig zu erklären. Schon sieht man mit Sicherheit voraus, daß diese Wahl mit allen gegen höchstens 40 Stimmen umgestoßen werden wird. Es cerübrigt dann freilih noch die Frage der Begnadigung Blanqui's, für welche die Regierung bis spätestens zum 5. Juni einen Beschluß zu fassen hat (\.u.). Jn einer Versammlung der republikanishen Union, welche theilweise aus denselben Mitgliedern besteht, wurde über die Geseßlichkeit der Wahl Blanqui's keine Entscheidung getroffen, wohl aber von mehreren Rednern dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß die Regierung nicht durch rechtzeitige Amnestirung Vlanqui's diesen peinlichen Streitfall aus der Welt geschafft hätte. Sehr unzufrieden ist man in diesen Kreisen auch über die Er- nennung des Hrn. Le Myre de Villers zum Gouverneur von Cochinchina, obgleih man die Umwandlung des militä- En Regimes auch dieser Kolonie 1n ein bürgerliches gut eißt. | i

Die Angabe des „Temps“, daß die Preßleitung im Ministerium des Jnnern aufgelöst oder auf ein kleines Bureau reduzirt werden joll, wird als irrig bezeichnet; es soll nur das Bureau für Drucksachen und Buchhandel von der Preß-

leitung abgelöst werden und an die Direktion des öffent- lihen Siherheitswesens übergehen.

Die neulih gesunkene {chwimmende Batterie „L'Arro- gante“ liegt jeßt in einem Troendock von Toulon, und wird genau untersucht, ob das Fahrzeug auseinandergenommen werden muß.

19. Mai. (Rép. fr.) Dem Präsidenten ist am Sonn- abend ein neues Begnadigungs-Dekret unterbreitet worden, welhes 400 Verurtheilte betrifft und die Zahl der seit Erlaß des betreffenden Geseßes Amnestirten auf 3465 Personen steigen läßt. Am 5. Juni läuft die Wirksam- keit des Geseßes ab. Die „Union républicaine“ zählt gegenwärtig 160 Parlamentsmitglieder. Fn Paris ist ein neues Journal gegründet worden, welhes in nächster Zeit erscheinen soll und den Titel „Le Protectionniste“ führt. Der Zweck desselben wird durch leßteren hinreichend gekennzeichnet.

19. Mai (W. D. B) Der Jussltze Minister empfing heute Delegirte der äußersten Linken und spra si denselben gegenüber dahin aus, daß die Regierung nicht beabsihtige, die ehemaligen Mitglieder der Ko m- mune zu amnestiren; die Regierung werde erst nah dem 5. Juni Rochefort, Vallès, Blanqui und einige Andere begnadigen, welhe auf diese Weise nicht der Vortheile der Amnestie theilhastig werden würden.

Versailles, 19. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer erklärte der Just1z- Minister Leroyer auf eine Anfrage Baudry d'Assons: die Regierung habe die Wahl Blanqui's nicht in dem „Journal officiel“ veröffentlichen lassen, weil diese Wahl unter besonderen Umständen vollzogen sei, welche die Regie- rung nöthigten, sih weitere Entschließungen .vorzubehalten. Der Zwischenfall war damit erledigt. Der Deputirte Casse (radikal) sprach si mißbilligend über die Wahl de Villiers zum Gouverneur von Cochinchina aus. Der Marine- M inister stellte hierauf die persönliche Vertrauensfrage Und erklärte, er sei bereit, von seinem Posten zurüchzutreten, wenn die Kammer seine Amtsführung tadeln sollte. Casse entgegnete: er habe den Minister nicht angreifen wollen. Damit war auch dieser Zwischenfall erledigt. Lockro y (radikal) brachte seine Jnterpellation über die Agitationen der Geistlihkeit in der Diözese Aix ein, Der Redner betonte: der Brief des Erzbischofs von Aix sei beleidigend für das Ministerium; er verlange die gerichtlihe Verfolgung und Bestrafung der rebellischen Geistlichkeit und die Trennung von Staat und Kirche. Der Minister des Jnnern hob in Beantwortung der Jnterpellation hervor, daß im Kabinet vollkommene Uebereinstimmung bezüglih des Ferry'schen Geseßentwurfs und des Widerstandes gegen die Geistlich- keit herrsche. Die Regierung würde indessen ihre Aufgabe ver- M wenn sie nicht den in dem Concordate festgeseßten Ge-

chen Achtung verschaffen würde. Der Minister fügte hinzu: wenn die dem Erzbischof von Aix zugeshriebenen Worte, die er bei seinem geistlihen Besuche in Chateau renarDd und Vaucluse gebraucht haben soll, sih bestätigen sollten, so würde er den zuständigen Gerichten überwiesen werden. Lockroy sprah dem Minister seinen Donk für diese Er- klärungen aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß dieselben nicht platonisher Natur bleiben möchten. y E

Der Senat hat die Wahl von zwei lebensläng- lihen Senatoren auf den 27. d. M. angeseßt.

Portugal. Lissabon, 17. Mai. (Ag. Hav.) Die Kammer hat das Budget berathen. Mehrere Deputirte griffen die Regierung an wegen der Ausgaben für die reli- gióösen Missionen in den Kolonien. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, d'Andrade Corvo, er- widerte, daß dicselben der Civilisation in den portugiesi- {hen Kolonien eminente Dienste geleistet hätten.

Jtalien. Rom, 19. Mai. (W. T. B,) Die Depu- tirtenkammer nahm heute den Geseßentwurf über; die Civilehe mit 153 gegen 101 Stimmen an. Nach den zu dem Entwurfe gut geheißenen Amendements wird die straf- gerichtliche Verfolgung gegen die Zumwiderhandeinden eingestellt, sobald die kirhlich getrauten Gatten die Ehe in das Civil- \standsregister eintragen lassen.

Türkei. Konstantinopel, 19. Mai. (W. T. B.) Der Sultan hat das organische Statut für Ostrumelien sanktionirt.

Rumänien. Bukarest, 19. Mai. (W. D. V) Vie Deputirtenwahlen des das bürgerliche Element repräjen- tirenden zweiten Wahlkollegiums sind für die liberale Partei günstig ausgefallen, die bei der Landbevölkerung be- reits erfolgten Wahlmännerwahlen lassen mit Sicherheit eine weitere Vermehrung der Zahl der liberalen Deputirten er- warten, die Majorität, auf welche die Regierung in der neuen Kammer zu rechnen haben wird, kann daher {hon jeßt auf Dreiviertel der Gesammtzahl der Kammermitglieder ver- anschlagt werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. Mai. (Journ. de: St. Pét.) Der „Senatszeitung“ zufolge sind dur Kaiserlihe Ukase der Geheimrath Fürst Obolensky im Ministerium des Jnnern zum Staatssekretär und der Geheimrath Galkin-Vravsky, Gouverneur von Saratow, zum Chef der Generaldirektion der Gefängnisse ernannk worden.

Die Stadt Rjasan hat am 17./29. April zu Ehren des Regiments der Ordens - Dragoner, dessen _Chef Se. Majestät der Deutsche Kaiser ist, ein Festmahl ver- anstaltet. Während des Festes richtete der Bürgermeister, Hr. Frolow, im Namen des Magistrats ein Glücckwunsch- telegramm an Se. Majestät nach Berlin, auf welches, wie die „Molwa“ meldet, folgende Antwort einging: i

„Berlin, 17./29. April.

An den Bürgermeister von Rjasan, Hrn. Frolow. Ih danke Ihnen herzlich, daß Sie sich bei Gelegenheit der Rückkehr der tapfern Drdens-Dragoner Meiner erinnern und dies an demselben Tage, an welcbem aub Ich auf die Gesundheit Meines besten Freundes, Ihres Monarchen trinke, der eben eine fo {were Prüfung überstanden hat. Wilhelm."

(St. Pet. Herold.) Die Anordnung der rumänischen Regierung, aus Rußland kommende Juden, welche keine Existenzmittel besißen, nicht über die rumänische Grenze zu lassen, hat zur Folge gehabt, daß die russishe Regierung auf den Antrag des Ministeriums des Aeußern eine gleiche Maß- regel in Bezug auf rumänische Juden, die nach Rußland fommen, beschlossen hat. Die bezügliche Resolution des Minister-Comités hat am 23. März (4. April) die Allerhöchste Bestätigung erhalten.

Dem „Golos“

dem 3./15. Mai:

telegraphirt man aus Astrachan unter

Auf Anordnung des Gouverneurs von Aftracan ist heute am Astrahansbhen Strande eine Quarantäne-Agentur eröffnet worden. Dieselbe befindet si an der Stelle, wo die Umladung der Waaren aus den See- in die Flußscbiffe stattfindet. Die Wafser- tiefe beträgt an dieser Stelle gegen 9 Fuß. Alle Swifffe, die aus den persisben Häfen kommen, unterliegen einer dreitägiaen Obser- vation in der Quarantäne-Agentur. Die Passagiere und die Equi- page sollen einer medizinishen Besichtigung unterworfen werden. Gleichzeitig hat der Gouverneur ein Verbot gegen die Einfuhr von Lumpen und getragenen Kleider jeder Art aus den Häfen des Kaspischen Meeres, wie auch aus den persishen und kaukasischen Häfen erlafsen.

Bekanntlih wurde in diesem? Frühjahr} von" russischen Truppen eine Bewegung in die Turkmenen-Steppe unter- nommen. Wie der „Kawkas“ meldet, hatte die russische Ab- theilung bereits in den ersten Tagen des verflossenen Monats unter folgenden Verhältnissen einen Zusammenstoß mit den Tekinzen:

Zum Transport von Proviant und Munition für den bevor- stehenden Zug na Achal-Teke wurden auf Befehl des Generals Lomakin von den Kiktgisen etwa 3000 Kameele gemiethet und die- selben auf den etwa 25—60 Werst- nordöstlid von Kras8nowodsk liegenden Weidepläten untergebraht. In der Marterwowe meldeten alarmirende Gerüchte: eine große Abtheilung Tekinzen habe die Ab- sicht, die Kameele zu überfallen, dieselben zu rauben und damit aub die beabsichtigte Erpedition unmögli zu maben. Am 31. März werden daher na Burnak zwei Compagnien mit einer kleinen Ab- theilung berittener Milizen abgescbickt. Alles ging gut, und bereits hielt man die Gerüchte von dem beabsibtigten Ueberfall für ein Märchen, als am 7. April vom Chef der abgeschikten Truppenabtheilung, dem Kapitän Ter-Kosorow die Nachricht in Krasnowodsk eintraf, daß die Tekinzen in großer Uebermacht die turkmeniscben Auls über- fallen, dieselben zerstört und eine Menge von Frauen und Kindern, Rinder und Hammel geraubt hätten. Darauf hatten sie sich au auf die weidenden Kameele geworfen und cinen Theil derselben fort- O Jetzt galt kein Zaudern mehr: Kapitän Ter-Kasorow ver- ieß sein Lager und machte sih mit seinen Truppen auf den Weg, um die Räuber einzuholen und dieselben zu züchtigen. Um 6 Uhr Abends stieß die russische Abtheilung unerwartet auf ein Lager, welches mit knienden Kameelen umgeben war und aus welchem die Russen mit Schüssen empfangen wurden. Die Russen antworteten, und es entwickelte sih ein lebhaftes Feuer. Die russishen Truppen hatten einen {weren Stand, da sie jede Erhöhung im Kampf nehmen mußten und dabei dem Feuer des Feindes ausgesezt waren. Einige Mal warfen sich die Tekinzen mit blanken Waffen den stürmenden Soldaten entg.gen, wurden aber durch wohlgezielte Salven wieder zurücckgetrieben. Da die berittene Miliz sich zu einer Nekognoszi- rung entfernt hatte, so waren die Russen bei einem Angriff fast um- gangen wordenz sie bemerkten jedoch diesen Versuch des Feindes noch rechtzeitig und trieben ihn zurück. Der Raum, welcher die Russen von dem Lager trennte, war bereits cin sehr geringer, als die Dunkelheit einbrach und den Kapitän zwang, seine ermatteten Sol- daten in eine früher aus8gewählte Position zurückzuführen. Auch die Tekinzen benutzten die Dunkelheit, wobei sie 10 Todte und 50 Kameecle zurückließen. Kaum war in Krasnowodsk die Nachricht von diesem Zusammenstoß eingetroffen, als sofort General Lomakin selbs mit zwei Compagnien und Geschüßen dem Kapitän Ter- Kasarow zu Hülfe eilte. Am Abend des 7. April trafen die Com- pagnien in Burnak ein und marschirten am folgenden Morgen weiter. Die Tekinzen hatten sich jedoch bereits zu weit entfernt, und die Truppen kehrten, nachdem sie in brennendster Sonnenhitze 60 Werst zurückgelegt hatten, wieder zurück. Die berittene Miliz war unterdessen auch nicht unthätig gewe|en. Sie war auf eine Bande Tekinzen gestoßen und hatte derselben eine große Menge von Hammeln abgenommen. Leider konnten die geraubten Weiber und Kinder nicht befreit werden, da die Tekinzen dieselben wahrscheinlih auf Pferden weiterges{hleppt hatten. Eine Frau hatte sich übrigens dur tie Flucht gerettet. Dieselbe erzählte, daß die Tekinzen etwa 200 Reiter und mehr denn 1000 Fußsoldaten gezählt hätten. «Der Verlust der- selben sei ein sehr großer gewesen, da fast jedes Kameel mit Todten und Verwundeten belastet gewesen sei. Auf russischer Seite wurden 4 Soldaten getödtet und 14 verwundet. Kapitän Ter-Kasarow hat cine leichte Kontusion davongetragen. (8 verlautet, daß die Tekinzen mit vielen gezogenen Gewehren bewaffnet sind, die sie von den Eng- ländern erhalten haben sollen. /

19 M Q L B) N hier eingegangenen Nachrichten is in der Stadt Petropawlowsk im Bezirke Akmollinsk (Sibirien) cine Feuersbrunst ausgebrochen. Mehrere Stadtviertel stehen in Flammen.

Amerika. (Allg. Corr.) Washington, 15. Mai. Jn der heutigen Senatssißung hielt Mr. Thurmann eine heftige Rede gegen die Bundesaufsicht über die Wahlen. Mr. Law bestritt, daß die Demokraten sich verschworen hätten, die Regierung in ein Chaos zu stürzen, oder daß der Süden ihnen ihre Politik diktire. :

Das Repräsentantenhaus hat bis jeßt alle Amende- ments zu der Silbervorlage verworfen, darunter eins, welches das Gewicht des Silberdollars auf 460 Karat festsezt. Dieser Vorschlag wurde mit 124 gegen 52 Stimmen abgelehnt.

New-York, 15. Mai. Der Bundesrichter in Rich- mond, Virginia, hat entschieden, daß das konstitutionelle Amendement das in Virginien in Kraft befindliche Gejeß8, welches Heirathen zwischen Schwarzen und Weißen bestraft, niht berühre. E

Dr. Andrew D. White, der neu ernannte Ge)andtc der Vereinigten Staaten für Deutschland, verließ heute New-York an Bord des Dampfers „City of Brussels“, um sich auf seinen Posten zu begeben.

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Der}elbe trifft am 95, d. M. in London ein und wird daselbst einige Tage ver- weilen.

Südamerika. (Allg. unterm 7. d. M. gemeldet, von Pisagua entstandene 1 000 000 Soles geschäßt.

Korr.) Aus Panama wird der dur das Bombardemeat Vermögensshaden werde auf

Gewerbe und Handel.

Aus dem Geschäftsbericht der Berlin-Pot8dam-Magde- burger Eisenbahn pro 1878 sind folgende Mittheilungen ent- nommen: Die Einnahmen aus dem Verkehr weî]en gegen das Vor- jahr eine Zunahme im Personenverkehr. von 199 854 Æ, im Güter» verkehr eine Abnahme von 333 895 #, im Ganzen }omik etne Ab- nahme von 134 041 auf. Der Lokal-Personenverkehr weist fast auf allen Stationen eine, wenn auch geringe Vermehrung der res quenz auf. Im Güter-, Eilgut- und Viehverkehr ist im Jahre 1378 eine Gesammteinnahme von 6 787 134 H. gegenüber 7 121029 A im Vorjahre erzielt. Im Frachtgutverkehr_jind 1878 1471553 t, 1877 nur 1383 971 t, somit 1878 mehr 37 582 t befördert. Gleihwohl weist der Frachtgutverkehr eine Mindereinnahme von 245 497 4 auf. Während die Gesammteinn2 hmen der Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn 1878 hinter denen des Vorjahres um 178 002 # zuru» geblieben sind, sind auch die Betriebsausgaben um 215 493 ge- sunken. Der Betriebs-Bruttoüberschuß beträgk 1878 6 340 342 6 gegenüber 6 303 350 # 1m Jahre 1877 und ijt um 37 491 M ge” itiegen. Dem Uebershuß des Berlin-Potsdam-Magdeburger Unter- nehmens tritt die Dividende für dte Betheiligung an dem Afktien- kapital der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft zum Betrage von 18 000 000 X hinzu. Dieselbe ift zur Zeit des Rechnungsackschlu?e