1879 / 122 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 May 1879 18:00:01 GMT) scan diff

L S S P M E

zusegeln, daß derselbe, als das Schiff mit der Sluth aufwärts ge- trieben wurde, nicht die zur Sicherung desselben geeigneten Maßnahmen (Ausbringen der Anker) getroffen und den Beschluß des Scbiffsraths, das Sdif einer möglicherweise in Aussicht stehenden Gefahr halber zu ver- lassen, sogleih ausgeführt habe, ohne den Versuch zu machen, dem Verlangen der Mannschaft entgegenzutreten. Der Sciffer hat hierauf entgegnet, ihm sei das Fahrwasser der Clbe so gut bekannt, daß er geglaubt habe, au im Winter ohne Assistenz eines Lootsen seinen Bestimmungêort erreichen zu können. Die von dem Reichë- fommifsar verlangten Maßnahmen zur Sicherung des Schiffs seien unter dcn obwaltenden Umständen kaum ausführbar, jedenfalls aber nußlos gewesen und er habe sein Schiff nicht etwa aus Mangel an Muth verlassen, sondern er sei nur einer augensceinlich in Aussicht ftebendeu Lebensgefahr gewicben.

Das Obker-Secamt bestätigte den Spruch des Seeamts zu Hamburg. Bei der Begründung dieser Entscheidung führte der Borsitzende des Ober-Seeamts aus, daß der Reichskommifsar das Verhalten des Schiffers besonders in Bezug auf zwei Punkte be- mängelt tabe. Es seien dies die unterlassene Annahme eines Lootsen und das voreilige Aufgeben des Schiffs. Was den ersteren Punkt anbelange, so sei Thatsache, daß Gehrkens nicht die Eigenschaft eines Lootsen besite, und es könne dem Schiffer deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß er das Anerbieten des Ge- nannten abgelehnt habe. Hinsichtlich des zweiten Punktes fei die Frage, ob das Schiff ohne genügeyde Veranlassung aufgegeben worden, lediglich nach den Ausfagen zu beurtheilen, welche die MO der Schleppdampfer „Enak“ und „Goliath“ gemacht haben.

a diese die Lage des „Theodor“ als eine sehr gefährliche beurtheilt hätten, so habe das Ober-Seeamt keinen Grund, das Verfahren des Schiffers zu mißbilligen. .

Die Verbandlung vor dem Ober-Seeamt am 24. Mai d. I. hatte den Seeunfall des Swooners,Elscchea“ von Leer zum Gegen- stande. Die „Elschea“, deren Besatzung außer dem Schiffer Schoon aus 4 Mann bestand, ging am 17. Februar 1879 von Loewen in Belgien mit Ballast in See, um nah West-Wemyß zu segeln. üm 99. fam das Schif nah Vlissingen und seßte am folgenden Tage seine Reise fort. Im Mitiagg des 26, wär dexr dur) das Besteck ermittelte Stand des Schiffs 520 54‘ N. Br. und 90 44 De. L. Die Luft war damals wie auch an den vorher- gebenden Tagen dick, das Wetter stürmisch mit hoher See; der Wind wehte aus NNO. mit feinem Schnee. Als der Wind etwas abgenommen hatte und um 11 Uhr 15 Minuten Abends ein Raff aus dem Stoonersegel genommen werden sollte, bemerkte der Schiffer plößlih einen dunklen Streifen unter Lee, und gab sofort den Befehl, das Ruder aufzuholen. Bevor aber das Scbiff gehalst ha:te, stieß es auf den Grund; es war an der nieder- ländischen Küste in der Nähe von Callantsoog gestrandet. Die Ver- suche, es wieder abzubringen, blieben erfolglos. :

Das Seeomt zu Emden hat seinen Spruch dahin abgegeben, daß der Verlust der „Elschea“ auf den Irrthum des Schiffe. s und Steuermanns über den Standort des Sciffs in der Nacht rom 26. auf den 27. Februar zurückzuführen, daß der Schiffer Schoon be- züglich dieses Irrthums zwar nicht ohne alles Verschulden, eine au®- reibende Veranlassung aber nicht vorhanden sei, demselben die Be- fugniß zur ferneren Autübung seines Gewerbes zu entziehen. In den Eründen hat das Seeamt ausgeführt, daß das am Mittag des 26. Fe- bruar aufgemachte Besteck ein unrichtiges gewesen sei und der Seeunfall in der Hauptsache auf diesen Irrthum zurückgeführt werden müsse. Der Sciffer wäre verpflichtet gewesen, jenes Beste durch Auswerfen des Lotbhs zu kontroliren, und er habe in der dunklen Witterung eine besondere Veranlassung zu einer solchen Kontrole finden müssen. Gleichwohl müsse es das Seeamt für bedenklih erachten, allein aus einem einzelnen Vorgang über die Qualifikation des leßteren zur Aus- übung seines Gewerbcs überhaupt ein zuverlässiges Urtheil gewinnen zu können. Dies Bedenken falle besonders s{chwer bei einem Schiffer ins Gewicht, dem nach zwanzigjähriger Dienstzeit für ein und die- selbe Rhederei das Zeugniß besonderer Umsicht und Tüchtigkeit ec- theilt werde.

Gegen diesen Spruch hat der Reihskommissar Beschwerde ein-

elegt und darin auëgesührt, daß das Seeamt si von einer unrichtigen Auffaffung des 8. 26 des Reich8geseßes vom 27. Juli 1877 habe leiten lassen. Nach diesem genüge es vollständig zur Verhängung aller Folgen des Gesetzes, daß der Schiffer oder Steuermann in dem einzelnen Falle den Mangel solcher Eigenschaften an den Tag gelegt hat, welche zur Auéübung seines Gewerbes erforderlich sind. Daneben hat der Reichskommissar darauf hingewiesen, daß der Schiffer fich um das von dem Steuermanne aufgenommene Besteck gar nicht ge- fümmert babe, und daß die richtigen Maßregeln zum Flottmachen des Sciffs nicht sofort, sondern erst einen Tag naher in Angriff genommen seien, Auch scheine das Scbiff zu früh aufgegeben u sein. : Der Scwbiffer Scoon hat jedes Verschulden an dem See- unfall in Abrede gestellt und ausgeführt, daß der Gebrauch des Loths auf der letten Reise vollständig zwecklos gewesen sein würde. Die Ursache des Seeunfalls findet er lediglih in dem Umstande, daß zur Zeit desselben vie beiden Leuchtfeuer von Egmont nit gebrannt haben und daß er dadurch verleitet worden sei, anzu- nehmen, die beiden seinerseits vor der Strandung gesehenen Lichter rührten von Fischerfahrzeugen her. Der Vorwurf, daß er die „Elschea“ roreilig aufgegeben habe, sei ebenfalls nicht begründet, da er mit Rücksicht auf die schwere Beschädigung des Schiffs nicht anders habe handeln können.

Das Ober-Secamt entschied, daß der Spruch des Seeamts zu Emden ledi-lich zu bestätigen sei.

Die Ansicht des Seeamts, daß wegen der bei einem einzelnen Seeunfall begangenen Fehler dem Schiffer 2c. jene Befugniß nicht aberkannt werten fönne, fei irrig und mit dem Gese vom 27. Iuli 1877 nit vereinbar; es sei vielmehr die Entziehung der Gewerbebefugniß auszusprechen, wenn der Betreffende bei einem ein- zelnen Seeunfall erheblihe Mängel an dem für seinen Beruf er- forderlicen Ciger schaften gezeigt babe. Die Beurtheilung des vor- [liegenden Falles Seitens des Seeamts zu Emden sei zu streng. Daß der Sciffer auf 26. Februar ein falsches Besteck aufgemacht hake, se! als feststebend anzunehmen ; es habe ihm aber än geeig- neter Gelegenheit gefehlt, diesen durch die die Luft erklärlihen Irrthum zu erkennen; das Lothen hâtte s{werlich die nöthige Aufklärung geben fönnen und es könne dem Schiffer daher nahgesehen werden, daß er es unterlassen habe, vom Lothe Geb:auh zu machen. Wenn der- selbe die Lichter vcn Helder für die Lichter von isherbooten ange- seten babe, so sei diese Verrecbselung wegen des Schneetreibens, Io trie mit Rüdsicht darauf entsculdbar, daß die Lichter von Egmont niht gebrannt haben. Die Schuld, die den Schiffer treffe, er]cheine E \&wer genug, um ihm die Auëübung seines Gewerbes zu unter- agen.

Die nunmehr der Stadtverordneten-Versammlung vom Ma- iftrate nad den Beschlüssen der vorberathenden gemischten eputation zugecangenen Anträge über die zur Feier der goldenen

Hochzeit Ihrer Majestäten zu treffenden Maßnahmen lauten: „Die Stadtverordneten-Versammlung bescbließt auf den Vorschlag des Magistrats: 2 Zum dauernden Gedächtniß des Jubeltages der goldenen Hochzeit Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin gewährt die Stadtgemeinde Berlin zum Zweck der Errichtung einer Alt:réversorgungéanstalt für hiesige würdige und hülfs- bedürftige Einwohner männlihen und weiblichen Geschlechts obne Unterschied des Standes und des Glaubens ein Kapital von 3000C0 und ein geeignetes Grundstück. Die Anstalt soll den Namen führen: „Altersversorgungsanftalt der Kaiser Wilhelm - Augusta - Stiftung“. 2) Zur Beglückwünshung Ihrer Majestäten entsendet die Stadt am 11. Juni eine Deputation von 12 Mitgliedern (4 Magistratualen und 8 Stadtverordneten),

dieses Jahr aus dem Fonds für „unvorhergesehene Ausgaben" ent- nommen, die andere Hälfte auf den Etat pro 1880—81 gebracht werden. 4) In Bezug auf die äußerliche Feier des Tages der goldenen Hochzeit wird der Magistrat ermächtigt, die Veranstaltungen, welche in dem überreichten Protokoll näher angegeben find, zu treffen und vorzunehmen, und die erforderlihen Mittel, soweit sie nit aus Etatsansäßen entnommen werden können, auf den Fond für unvor- hergesehene Ausgaben anzuweisen. Endlih 5) ist die Stadtverord- netenversammlung damit einverstanden, daß _durch die unterm 8. Mai c. ernannte gemischte Deputation ein Statut berathen und entworfen, welches späterer Festseßung durch die Kommunalbehörden vorbehalten bleibt, sowie ein geeignetes Grundstück in Vorschlag ge- bracht werde“.

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Die in Berlin wohnenden Beamten der Staats-Eisen- bahnen haben beschlofsen, das bevorstehende ö0jährige Hochzeits- jubelfest Ihrer Majestäten unter Antheilnahme ihrer Familien- Angehörigen und Freunde auf Tivoli als gemeinsames Familienfest zu feiern. 2 as Concert wird die E. Ruscheweyh' {e Kapelle aus- führen. Auch ist dafür gesorgt, daß das Fest bei ungünstigcr Witterung keinen Abbruch erleidet.

Verein für deutshes Kunstgewerbe zu Berlin. Fünf- zehnte Hauptversammlung vom 14. Mai. Vorsißender: Professor H Vogel. Hr. Professor Döpler eröffnete die Reihe der Vorträge, welchen auch Damen zuhörten, mit einem dem Abend angeme}\enen Gegenstande: die Beziehungen der Frauen zum Kunfst- gewerbe. In klarer Anordnung seines reichhaltigen Materials be- gann der Redner mit der Darlegung der Grundprinzipien des Kunst- gewerbes, als welbe er das Versbönen und Veredeln nußbarer, für den praktischen Gebrauch bestimmter Gegenstände in Form, Farbe und Stoff hinstellte. Die für diese Thätigkeit nothwen- digen Eigenschaften liegen, wie er ausführte, im innersten Wesen der Crauen begründet und befähigen sie zu ihrer Mission, das häusliche eben ethisch und ästhetisch zu gestalten. Als wichtige Punkte in dieser Beziehung hob er die Pflege des Sinnes für das Edle und Swöne bei den Kindern, die Einrichtung der Wohnräume, verschieden je nah den zu Gebote stehenden Mitteln, nach tem Charakter der Bewohner, dem bevorzugten Styl 2c., hervor. Redner verfehlte dabei nicht, die: herrschende Geschmadlosigkeit in modernen weiblichen Hand- arbeiten zu rügen. _ f 4

Gleiches Interesse wie dieser Vortrag fand die Ausstellung eines stylvollen und styllosen Zimmers, welche in zwei Ecken des Saales her- gerichtet worden waren. Zu dem erstgenannten Zimmer hatten die HH. Lyck & Heyder die Tapeten, Hr. Chrenhaus die Teppiche, Hr. A*° Müller die Decken, die HH. Max Schulz und R. Wieske die Möbel, Hr. Hauschner die Bronzen und die HH. Wild & Wessel die Lampen geliefert. Obgleich der Aufbau nur als improvisirt gelten konnte, war der Eindruck der Anordnung ein entschicden male- rischer. Im fkrassen Gegensaß dazu zeigte das styllose Zim- mer eine Illustration aller Fehler, die bei modernen Wohnungs- einrihtungen begangen werden. Hr. Baumeister Schäfer übernahm die Erklärung dieses Zimmers.

Den Beschluß des Abends bildete cin Referat des Hrn. Prof. Bogel über die vor Kurzem in dritter Auflage bei Velhagen & Klasing in Bielefeld erschienene „Literaturgesbihte“ von R. König, welche nit nur einen einfachen Literaturbericht liefert, sondern in Wort und Bild zeigt: „wie unsere Altvorderen Bücher gedruckt und ges{müdckt haben“. Vor Beendigung der Sißung machte Hr. Bau- meister Luthmer no§ auf die Ausstellung arcitektonischer Reise- \fizzen aufmerksam, die in kunstgewerblicher Hinsicht viel lehrreichen Stoff darbietet.

Morgen Abend 8 Uhr hält der Verein für deutsches Kunstgewerbe, Wilhelmsstr. 118, seine zwölfte z¿wanglose Sitzung. In derselben wird u. A. Hr. Professor Frühauf einen Bortrag über die neuen Bestrebungen auf dem Gebiete des Lehr- lingswesens halten, Hr. Fabrikbesißer Vollgold Reproduktionen des Silbersbaßes und Hr. Hofgraveur Voigt Photographierahmen vor- legen. Gâste können eingeführt werden.

Die Berliner Gewerbe-Aus stellung wurde in der Woche vom 19. bis 25. Mai cr, ron ca. 45 600 zahlenden Personen besucht. Die Gesammtzahl der zahlenden Besucher von der Eröffnung bis zum 26, d. M. betrug 166 900 Personen.

Die Versendung der auf öffentlihe Kosten zur Ausstellung in Sydney zu befördernden Ausstellungsgüter erfolgt mittelst des am 16. Jrni von London abgehenden Dampfcr der Orientlinie. Die Frachtstücke sind bis spätestens zum 5. Juni nah Hamburg an das mit der Vermittelung dcs Tranéports betraute Spedition€haus Rosenberg, Lôwe & Comp., Kaiserquai, abzuliefern.

Mit Genchmigung des Chefs des Generalstabes der Armee wird Anfangs nächsten Monats eine kombinirte Compagnie des Eisen- bahn-Regiments in der Stärke von 4 Offizieren, 15 Unteroffizieren und 150 Mann zum Oberbaulegen auf der Streckte Arnstadt- SFlmenau der Thüringishen Eisenbahn nach Angelroda und Gera abrücken, später, entsprehcnd dem Fortschreiten der Arbeiten, nah Elgeréburg und Ilmenau umquartieren und eiwa Mitte Juli cr. wieder hierher zurückkehren. G

Das Dorf Mariaweiler bei Düren hat si als ein großes Trümmerfeld römischer Ansiedlungen erwiesen. Man reibt über den Erfolg der bisherigen fünftägigen Ausgrabungen der „Dürener Volkszeitung“ vom 17. Mai: Von der römischen Villa in Mariaweiler ist jeßt so viel bloßgelegt, daß sich die Bade- räume mit einiger Sicherheit bestimmen lassen: das Zimmer fürs Stwißbad (tepidarium), fürs warme Bad (caldarium) und fürs falte Bad (frigidarium), An das der Straße zugekehrte nördliche Zimmer \ch{ließt sich westlich das zuerst aufgefundene halbrunde Bade- decken, zu welchem zwei Treppenstufen hinunterführen. Südlih nach der neuen Kirche zu ist ein kleiner Theil des Heizraumes (prae- furnium) mit dem Ofen (hypocausis) bloßgelegt. Sehr Tenntlich liegen die Reste der Luftheizung vor Augen. Zunächst steht noch ein großes Stü des hohen breiten Kanals, welcher die erwärmte Luft aus dem Feuerungsraume in das östliche Badezimmer führte. Sowohl in diesem wie in dem westlih daranliegenden, mit einer halbrunden Nische abshließenden Zimmer bedecken die Trümmer der meist aus runden, theilweise au aus grauen quadratischen Ziegeln aufgemauerten, etwa 14 Fuß hohen Säulchen in regelmäßigen Abständen von etwa 13 Fuß den Boden. Sie trugen den zweiten Boden, fo daß die aus der bypocausis in den Kanal einstrômende warme Luft in diesem Sou- terrain G Ss zwischen den Säulen sich verbreiten konnte. Von hier stieg dieselbe alsdann durch thônerne Röhren (tubi) an den Wänden in die Badezellen hinein, Das halbrunde Becken und die Treppe in dem nördlichen Zimmer ist in allen Eten, also rund um den Boden und überall da, wo zwei Flächen sonst fast zusammen- stoßen, mit Rundstäben ausgelegt, ein Verfahren, aus dem wir heut zu Tage wohl noch etwas für unsere Cementarbeiten lernen können. Neben dem Becken ist noch ein Streifen des Bodens mit Marmor belegt. Die Inschrift, welche in der halbrunden Nische des westlichen

Boe (also von dem Becken aus südlich) unter Trümmern von,

oblziegeln, Thonröhren und Wandbekleidungsplatten aufgefunden wurde, steht auf einer Ziegelp!atte, die ebenfalls ein Theil eines Hoblziegels oder einer Wandplatte zu sein s{heint. Die Platte ist etwa 11 zu 23 cm groß. Die oberste Zeile zeigt mit unverkennbarer Deutlichkeit das Latum des heutigen Tages, den 17. Mai: XVI. K(al.) Iunias, Der übrige Lheil der Inschrift ist noch nit gelöft, er ist im Abdruck an einen Spezialforscher auf diesem Gebiete abgesandt worden. Vorz vollständiger

welche zuglei beauftragt wird, die Genehmigung zur UVeberreihung |

der Über die Stiftung 2d 1 avszufertigenden Urkunde zu erbitten. 3) Ven den ad 1 bewilligten 300 000 Æ sollen 150000 A für

auf die 11. Legion vorzuliegen. Das würde wohl die 70er Jahre nach Christus ergeben. Denn als in den Jahren nach 68—70 in den Wirren unter Galba, Otho und Vitellius die germanischen Legionen gelitten hatten und Claudius Civilis mit seinen aufgestandenen Ba- tavern gerade hier in Düren die röômish gesinnten Ubier geschlagen, wurde die 11. Legion hierher zur Unterstüßung gesandt, in späteren eiten aber wieder aus unserer Gegend zurückgezogen. Bemerkenswerth ist wohl noch, daß die Bäder zwar am. Abhange des Hügels liegen, jedoch nit (vas Vitruvs Vorschrift) den Osten des Hauses ein- enommen haben. Die ausgegrabenen Räume werden demnächst ge- fäubert und wie die Inschrift photographirt. Naduteagen ist, daß in einem östlih von den Baderäumen theilweise aufgedeckten Zimmer | die rothen Wände durch weiße Striche in Vierecke abgetheilt sind, daß die aufgefundenen römischen Münzen bis ins 4. Jahrhundert reichen, daß 1h unter den vielen Scherben auch zwei erhaltene Thon- | gefäße, ein Krug und eine Schüfssel, fanden. Auf der „Heidenburg“, | wo seit vorgestern gegraben wird, .ist bereits römisches Mauerwerk | bloßgelegt, auch fanden sich Lanzenspiten, ein Schlüssel u. st w. Die | dort gefundenen römischen Münzen sind ebenfalls mit Edelrost | (patina) über und über bedeckt.

Unter den neuesten Erwerbungen des Berliner | Aquariums befindet sih eine ebenso merkwürdige als seltene Nacktscchnecke (Tetbys fimlona), die durch ihre eigenthümliche Ge | stalt und Vewegung die Aufmerksamkeit des Beschauers in hohem Maße in Anspruch nimmt. Sie gehört zur Familie der Rüen- * kfiemer; längs dcs Rütens befinden fich nämlich äftige Ver- | zweigungen, welhe die Kiemen des Thieres darstellen. Seit- | lih vom Rücken sind dunkel gefärbte Anhängsel, die sogen, # Papillen, welche früher für Parasiten des Thieres gehalten | wurden, sichtbar. Der Kopf besteht aus einem großen Mante[ | mit zwei seitlihen Anhängseln, den Segeln, an welchen die Augen | gen: während der Mund unterhalb des Mantels als ein triter, * örmiges mit Cirrhen beseßtes Organ sih zeigt. Dieses Thier be- findet sich in unserm Aquarium zum ersten Male, was sich aus | dem Umstande erklärt, daß der Fang der Tethys der Zartheit des f Thieres wegen mit der größten Smetialet virknüpft ift. Dur | die leiseste Berührung lösen sich die einzelnen Theile (Rükenpapillen) * sofort ab und zeigen als selbständige Organe noch kurze Zeit Leben,

lebendem Zustande zu erhalten.

gegend Landwirthe und Gärtner noÞb immer vergeblich auf den lange * ersehnten Regen warten, bringen die Lokalblätter Berichte über ein am 20. in den Kreisen Bernburg und Cöthen stattgefundenes Gewitter von selterer Heftigkeit und Dauer. Aus Bernburg und dessen Umgegend werden cine Reihe von Blibschäden. namentlich an | einer Zuckerfabrik, gemeldet. Der zeitweise mit Hagel vermischte starke Regen wurde auf einzelnen Strichen zum förmlichen Wolken- | bru, so daß es, wie aus Groß-Mühlingen bericht wird, den Be ; wohnern niedrig gelegen.r Gehöfte nur mit Mühe gelang, das Vieh F aus den Ställen zu retten und fich in die oberen Räume zu flüchten,

mung stattgefunden haben.

Sammlung von Predigten zum Gebrauch an Bord

u. Sohn.

Preußische Jahrbücher. Herausgegeben von H. von Treitshk und W. Wehrenpfennig. 43. Bd. d. Hest. Mai 1879, Berlin 1879. Druck und Verlag von G. Reimer. Inhalt: Pietro Coffa

deutsche Nation. (G. Claß.) Gebiete des deutschen öffentlihen"Rechtes, herausgegeben Berlin, C. Heymanns Verlag. 1879. Inhalt: 1. Aufsäße. Die (Fortsepung.) Von Ludw. Aug. Müller.

hörden. III. Literatur.

Monats\chrift für Deutshe Beamte, Organ det Preußishen Beamten - Vereins. Redigirt von L. Jacobi, Königl, F Geh. Regierungs-Rath. Grünberg i. Shl. Verlag von Fr. Weiß f Nacfolger. 1879. 3. Jahrg. 5. Heft, Jahalt: 1. Angelegen! F heiten des Vereins. 11, Rechtsverhältnisse der Beamten (Allge meine Wittenverpflegungs-Anftalt. Geschichte des Weltpostvereins u A. 111, Abhandlungen (Ueber die Bedeutung der Frau für dat häusliche, wirthschaftlihe und Berufsleben des Mannes, besondert des Beamten. Noch Etwas über Schulsparkassen. Wie ift der f Bettelei und dem Landstreicherwesen dauernd abzuhelfen ?) E IV. Sypre{saal. V. Bücherschau. i

Friedreihs Blätter für gerichtliche Medizin und Sanitätspolizei. Unter Mitwirkung der DDr. u. Feotell: L, A Buchner, H. Ranke, J, N. v. Nußbaum und v. Krafft-Ebing, her ausgegeben von Dr. C. v. Heer, Ob.-Med.-Rath 2c., und Dr. C Klinger, Ob.-Med.-Rath. (Nürnberg, Fr. Kornsche Buchhandlg, 1879.) 30. Jahrg. 3. Heft. Mai und Juni. Inhalt: Uebe die Anforderungen der Hygiene an die Baupolizei von Assistenzar; Dr. Fr. Rotter. Mittheilungen aus der gerihteärztlihen Pra! von Dr. Kuby. Zur Kasuistik gerihttärztliher Leichenöffnunge! na eigenen Erfahrungen. Mitgetheilt von Dr, Alb. Weiß, Königl Reg.- u. Mediz.-Rath.

E

und Westfalen. Herausgegeben von dem Vereinsvorstande, Nr. 2 und 3 (Februar und März 1879). Düsseldorf. Inhalt: Be

rage der Arbeiterversiherung. -—— Die Gewerbe- Ausstellung | heinland, Westfalen und benachbarte Bezirke, in Verbindung m!

Jahre 1880.

Gartenbaues in denKönigl. preuß.Staaten und der Of fellschaftder GartenfreundeBerlins. Redact.: Dr, L, Will mack, Gen.-Sefkret. des Vereins 2c. 22. Jahrg. Mai 1879, Berlin f

fammlungen der Gesellshaft der Gartenfreunde Berlins am 7. unt

Deutsche Pomologie von Lauche. (Schluß.) Auszug aus de De dee eprosotal der Gesellshaft der

bau- Vereins vom 18. bis 21. April 1879. Die Ausstellung Charlottenburger Gartenbau-Vereins in der Flora vom 4. bis 7. Ma! 1879. L, Wittmack, Die aroße Frühjahréausstellung des Garte" bau-Vereins für Hamburg, Altona und Umgegend vom 10. t! 14. April 1879, Literatur. Personalnachrichten.

Nedacteur : J. V.: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner

Berlin:

Reinigung der Plaite sien sie auf das Jahr XI. des Augristus, also 19 v, Chr., hinzudeuten. Sollen wir vor sicherer Lösung eine neue Vermuthung aussprechen, so scheint uns ein Hinweis

Vier Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Leider wird es niht möglih fein, dieses eigenartige Thier lange in j

Dessau, 24. Mai. (Leipz. Ztg.) Während in unserer Um- E

Auch bei Frose und Aschersleben soll eine vollständige Uebers{wem- F

Literarische Neuigkeiten und periodishe Scriftcn, E

von I. Fromholz, Marinepfarrer. Berlin 1879. E. Siegfr. Mittler 4 i |

(C. G. Ritter.) Zum deutschen Fürstenrewte. (G. Beseler.) F Aus der Iugendzeit der deutschben Dichtung. 1772—1775. Fragmente, E 1) Der Wandrer. 1772. (Julian Schmidt.) Fortschritte in pral- F tischer Armenpflege. (A. Lammers.) Ueber Fichte's Reden an die F

Zeitschrift für Gesetzgebung und Praxis auf dem L von W. Hartmann, Ober-Tribunals -Rath. 5. Bd. 3. Heft, E

innere Verwaltung und die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern, F Die Untersuhung der F

ecunfälle. (Fortsezung.) Vom Geh. Ober-Reg.-Rath Dr. v. Möller, F 11]. Entscheidungen und Erlasse von Gerichten und anderen Be F

Mittheilungen des Vereins zur Wahrung der g! F meinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinlant F

rit über die Sißung des Aus\s{ufses am 11. Februar 1879. Zu! 1 einer allgemeinen deutshen Kunstausstellung zu Düsseldorf in l

Monats\ch{rift des Vereins zur Beförderung dét 2

Fn Kommis. bei Wiegandt, Hempel & Parey. Inhalt: 621. Ver F sammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues, Ver Fs

21. März 1879, A der Bremer Ausstellung. Oberdied 0

f artenfreunde über d! E

uéstellung vom 2. bis 15. Mai cr. C. Bolle, Ein paar Wor! F über Pinus mitis Mcbx, C. Bouché, Mittheilungen über d Kultur tropischer Orchideen. C. Koopmann, Mittheilungen aut s Mittelasien. (Schluß.) Die Ausstellurg des Potsdamer Garte s

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 122. Nichtamtliches.

Berlin, 27. Mai. Jm weiteren Verlaufe der gesir?- gen (53.) Sißung seßte der Reichstag die zweite Bera- thung des Zolltarifs mit der Position 9e.: „Raps und Rübsaat 0,30 M per 100 kg“ fort. Die Abgg. Freiherr von Ow (Freudenstadt) und von Ludwig beantragten den Zoll für Raps und Rübsaat auf 1 é pro 100 kg zu erhöhen, dagegen beantragte der Abg. Dr. Karsten, beides zollfrei ein- uführen.

Der Abg. Freiherr von Ow befürwortete den Antrag auf Erhöhung des Zolles, indem er auf die hervor-

xagende Bedeutung des Rapsbaues für ganz Deutschland,

speziell für Württemberg, verwies. Die Landwirthe hätten die im Tarif vorgeschlagenen 30 4 zuerst für einen Druckfehler gehalten, so wenig scheine derselbe den shußbedürftigen Fnter- essenten den wirklichen Verhältnissen entsprehend. Der niedrige Say sei hervorgegangen aus einer viel zu ängstlichen Rücksicht auf die Oelfabrikation. Die höheren Zôlle auf Del bedingten einen Schuß, der noch immer doppelt so hoch sei, als die Er- höhung der Produktionskosten, wenn sein Antrag angenommen werde. Die Nothlage der Landwirthschaft sei allgemein aner- fannt; auch der Rapsbau sei zurückgegangen und zwar in Folge der Aufhebung der Einfuhrbeshränkungen. Hr. von Saucken habe das Haus darauf hingewiesen, das Getreideland in Acker- und Weideland zu verwandeln; dem stehe doch ent- gegen, daß der Klee nicht überall gedeihe und daß in Posen z. B. viele Weiden durchaus steril seien. Man müsse also vorwiegend den Handelsgewächsebau betreiben, und dazu ge- höre doch auch der Raps. Keineswegs gehöre aber derselbe zu den nothwendigen Lebensmitteln, die dem armen Mann ver- theuert würden. Früher habe Württemberg beinahe den sechsten Theil seiner Ackerfläche mit Raps bestellt, jeßt sei der Rapsbau entseßlih zurückgekommen; das Haus möge also diesem Zweige der Landwirthschast wieder aufhelfen und den von ihm und Herrn von Ludwig in Vorschlag gebrachten Zollsay bewilligen.

Der Abg. Dr. Karsten erklärte, daß er durch seine Erfahrungen über den Rapsbau zu den entgegengeseßten Resultaten wie der Vorredner gekommen sei. Es komme hier viel mehr ein in- dustrielles und landwirthschaftlich gewerblihes Fnteresse in Betracht, als das der Produktion des Rohstoffs. Fn der Kommission hätte sich mehr Gelegenheit geboten, dies näher nachzuweisen. Die Motive sagten, der Abrundung wegen sei der Zoll auf 30 „F festgeseßt worden. Der Terminus „Ab- rundung““ sei ihm bisher niht bekannt gewesen, nah langem Nachdenken habe er eine Erklärung dafür gefunden: es be- trage nämlich die Summe der Zollsäße für die verschiedenen G.treidearten gerade 6 s und wahrscheinlih habe man dieser runden Summe zu Liebe den Saß für Raps auf 30 fest- geseßt. Die Delindustrie verarbeite jährlih 225 Millionen Kilo zu Oelkuchen, alle übrigen Sämereien ergäben nur 1 Million ; es habe also gar keine Bedeutung, wenn die Motive die Zoll- freiheit dieser übrigen als Argument für die Besteuerung des Rapses anführten. Die Delindustrie bedürfe der größten Coulanz bei Bezug ihrer Roystoffe. Nicht der Zoll von 30 5 cllein werde hier erschwerend wirken, mehr noch die Versäumnisse bei der Zollabfertigung, die höheren Spesen u. 1. w. Zudem importire Deutschland von England Rapskuchen und exportire Oel; der Zoll auf Dele bedeute also für die Fabrikation gar nihts. Deutschland fabrizire 1 600 000 Centner Del und da- von gingen 100 000 Centner allein nach England in der ver- feinerten Gestalt als Schmieröl. Der Vorredner befinde si mit seiner Auffassung von den Ursachen des Rückgangs des Rapsbaues im Jrrthum; der Rapsbau sei zurückgegangen, weil er eine Art von Lotteriespiel sei, weil stets nah den kflimatishen Verhältnissen Deutschlands Unsicherheit darüber herrsche, ob derselbe eine Ernte geben werde oder nicht, kurz, weil er ein Spekulationsbetrieb sei. Er bitte das Haus also, den Zoll abzulehnen.

Der Bundeskommissar, Geh. Regierungs-Rath Tiede- mann, bemerkte, der Rapsbau sei in den leßten Fahren sehr erheblih zurückgegangen, weil man auf den Hauptmärkten mit dem ostindishen Raps, der in großen Quantitäten ein- geführt werde, nicht mehr habe konkurriren können. Deutschland habe einen Ueberfluß an Delsämereien, die zu dem Verbrauch in keinem Verhältnisse stehe. Es würde sih daher empfehlen, im Jnteresse der Landwirthschaft die Einfuhr etwas einzu- schränken. Redner bat, die beiden Anträge abzulehnen, und die Regierungsvorlage anzunehmen, der Abrundung wegen habe man den alten Zoll für Raps im Betrage von 26 auf 30 3 erhöht.

: Der Abg. von Ludwig hob ebenfalls die Wichtigkeit des Rapsbaues für die Landwirthschaft hervor. Die alte Ge- wohnheit der Gegner der Landwirthschaft, nur für Handel und Fndustrie zu sorgen, ohne sich um die Landwirthschaft zu kümmern, sei noch niht vershwunden. Die Land- wirthschaft habe, nah dem Werthe der Produkte bemessen, viel niedrigere Zölle erhalten als die Jndustrie. Der Eisenzoll betrage ungefähr 20, der Getreidezoll nur 3 Prozent und der oll auf Raps nur 1 Prozent. Er empfehle deshalb die Er- öhung des Zolles. Durch die Verringerung des Rapsbaues el ein wichtiger Faktor für die Sicherheit in den Erträgen der Landwirthschaft verloren gegangen. Alles was der Abg. Karsten gegen den Zoll angeführt, sei unzutresfend, die klima- tishen Verhältnisse seien in Norddeutshland dem Rapsbau durchaus gmg. __ Der Abg. Graf Udo zu Stolberg führte aus, die Del- industrie Deutschlands sei keine Exportindustrie. Einer Ein- fuhr von 329 000 Ctr. Raps stehe eine Ausfuhr von 75 000 Ctr. gegenüber. Das sei ein Mißverhältniß, das be- seitigt werden müsse. Er erkläre sich daher entschieden für den Schußzoll, der Saß von 30 5 sei aber zu gering und E er deshalb für den Antrag auf Erhöhung des Zolls en,

Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, wo es sich darum handele, mad einen Zoll die reise zu erhöhen, hätten nicht nur die Verkäufer, die Landwirthe, sondern auch die Käufer mitzureden. Den Landwirthen thäte es manchmal gut, wenn fie etwas Logik und Mathematik bei Hrn. Karsten

Berlin, Dienstag, den 27. Mai

gelernt hätten. Es zeige sich aber, daß die Landwirthe die Landwirthschast nur in threm engen Kreise, niht von einem allgemeinem Gesichtspunkte aus kennten. Fm Berichte des landwirthschaftlichen Ministers sei zu lesen, daß der Rapsbau zurückgegangen sei wegen des zunehmenden Petroleumver- brauches und wegen der Zunahme des Zuckerrübenbaues. Deutsch- land führe allerdings viel Raps ein, aber es führe mehr Rüböl aus als ein, treibe also einen gewissen Veredelungsverkehr, der au für die Landwirthschaft von Bedeutung sei, weil derselbe ihr die Delkuchen liefere, was der vermehrten Viehzucht zu Gute komme. Die Landwirthe jagten bei einem Zoll auf Raps einem imaginären Vortheil nah und gäben ein Vortheil, den sie besäßen, auf.

Der Abg. von T (Bedra) empfahl die Annahme des Antrages von Ow auf Erhöhung des Zolles für Raps; dieser Artikel sei das wichtigste Handelsgewächs. Die Land- wirthschaft habe allerdings ein Jnteresse daran, die Bezugs- quelle der ODelkuchen in nächster Nähe zu haben, aber die deutsche ODelfabrikation sei niht so erheblih, wie der Abg. Richter annehme, denn der Jmport betrage 408 000 Ctr., der Export aber nur 316 000 Ctr.

Damit {loß die Debatte. Nach einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Braun, von Ludwig und Zinn wurden die beiden Anträge abgelehnt und die Regierungs- vorlage angenommen; und ebenso wurde Position 9 f. (Er- zeugnisse des Landbaues, anderweitig niht genannt, frei) nah den Vorschlägen der Regierungsvorlage genehmigt.

Pos. 12, welche lautet :

Häute und Felle: a. Häute und Felle, rohe (grüne, ge- salzene, gekalfte, trockene) zur Lederbereitung; robe, behaarte Schaf-, Lamm- und Ziegenfelle, auch enthaarte Schaffelle, nicht weiter be- S b, Felle zur Pelzwirk- (Rauchwaaren-) Berei- UNg, Fre.

wurde ohne Debatte nah der Regierungsvorlage genehmigt.

Es folgte Pos. 13: „Holz und andere vegetabilishe und animalishe Schnißstoffe, jowie Waaren daraus.“ Zunächst wurde über folgende beiden Unterabtheilungen gemeinsam diskutirt :

a. Brennholz, Reisig, Besen von Reisig; Holzkohlen ; Korkholz, auch in Platten und Scheiben; Lohkuchen (ausgelauzte Lohe als Brennmaterial); vegetabilishe und animalishe Schnißstoffe, nicht besonders genannte frei.

c. Bau- und Nutholz 1) roh oder blos mit der Art vorge- arbeitet 100 kg 0,10 Æ oder ein Festmeter 0,60 M, 2) gesägt oder auf anderem Wege vorgearbeitet oder zerkleinert; Faßdauben und ähnliche Säg- oder Schrittwaaren 100 kg 0,25 M oder 1 Fest- meter 1,50 M.

Die zu diesen beiden Positionen vorliegenden Anträge beziehen sih vorzugsweise auf Litt. c. Ein Antrag des Abg. Eysoldt will die Pos. c. 1 vollständig frei lassen, während die Abgg. Delbrück und Graf Udo Stolberg die zollfreie Einfuhr von Bau- und Nußholz zum Schiffsbau beantragten. Abg. Richter (Meißen) beantragte in Pos. c. 2 den Zollsaß von 0,25 Me auf 0,30 /6 für 100 kg resp.. von 1,50 auf 1,80 4 pro Festmeter zu erhöhen: Die übrigen noch vorliegenden Anträge betreffen mehr Spezialitäten und beabsihtigen eine anderweitige, präzisere Fassung oder Klassifizirung.

Der Bundeskommissar Ministerial-:Rath Dr. Mayr leitete die Debatte ein. Jn der weitverbreiteten und starken, seines Erachtens aber nicht begründeten Aufregung in den Ostseehäfen komme die unbefangene Würdigung der Verhältnisse weniger zum Durchbruch, als es im Fnteresse der Nation liege. Bekannt- li hätten die östlihen Provinzen, abweichend von dem allge- meinen Tarif, vor dem Jahre 1865 für Bau- und Nuzholz einen Rücfzoll, und zwar 60 „Z für einen Stamm Hartholz, 12 S für einen Stamm Weichholz gehabt. Nun sollte man meinen, wenn die Wiedereinführung des Zolls auf Bau- und Nutholz ein gar so großes Unglück in jenen Provinzen wäre, dann müßte doch dort die Aufhebung des früheren Zolls als ein ganz hervorragendes Glück betrahtet worden sein. Diese Erwartungen hätten sich aber nah Aufhebung des Zolls durchaus nicht erfüllt. Auch in den Handelskammerberichten von Memel und Danzig finde man unter den mannigfaltigen Wünschen bezüglich der Holzgeschäfte vor 1865 nichts von einem dringenden Wunsh, den Holzzoll aufzuheben, Allerdings habe damals Stettin die Aufhebu1g des Eingangszolles auf Holz gewünscht, doch als derselbe aufgehoben sei, hätten sich die an die Aufhebun, geknüpften Hoffnungen nicht erfüllt. Er könne bei den Holzzöllen zunächst Bezug nehmen auf die Aeußerungen des Reichskanzlers über den ostpreußishen Getreidehandel, möchte aber besonders die wenig bekannte Thatsache hervor- heben, daß der Handel mit rusfischem Holz jeßt in viel ge- ringerem Grade Durchfuhrhandel sei als früher. Das rus- sische Holz gehe jeßt vorzugsweise in den deutshen Konsum über. Er wolle dies dem Hause an 4 Zahlen vorführen. Wenn man die gesammte Einfuhr von Bau- und Nußzholz auf Centnermasse reduzire, dann finde man für 1864 folgendes Verhältniß: Jm Jahre 1864 habe die Einfuhr auf der Grenze gegen Rußland 22 500 000 Ctr. betragen, ausgeführt seien an russishem Holz 18 300 000 Ctr. Dagegen seien im Jahre 1877 ausgeführt 14800 000 Ctr., eingeführt aber auf der Grenze gegen Rußland 39 300 000 Ctr. Er wolle damit konstatiren, daß man jeßt durch den Handel mit russischem Holz vorzugsweise eine Konkurrenz der deutschen Holzproduktion geschaffen habe, und daß man russishes Holz vorzugsweise zum deutshen Verbrauh einführe. Bezüglich der Höhe des Holzzolles, und zwar im Verhältniß zum Waaren- werthe, wolle er an die offiziellen Werthe anknüpfen, welche das statistishe Amt in seinen Veröffentlihungen vorführe. Der N des Zolles für hartes Holz betrage etwas über 20 Proz., für weiches Holz 2,5 Proz., für Bohlen und Bretter 4,2 Proz: ; für die MitccuropaisGen Tischlerhölzer nur 0,4 Proz., für die Fourniere 2 Proz. Was das Verhältniß des vorgeschlagenen Holzzolles zu den früheren Holzzöllen betreffe, so habe der frühere allgemeine deutsche Holzzoll bei dia Holz 16 -Z pro 100 kg betragen, der neu vorgeschlagene betrage nur 10 S, für weiches Holz der frühere 5,33, der vorgeschlagene 10.5, für Bretter und Bohlen früher zwishen 21,33 und 10,66 -, jeßt 20 -Z. Nun behaupte das Vorsteheramt der Kaufmann-

1879.

Tannenhölzer reihlih das Sechsfache, für Eichenhölzer etwa das Doppelte des früheren Holzzolles in den ösilihen Pro- vinzen betrage. Nach den Schäßungen des statistishen Amtes sei der frühere Stückzoll für das Hartholz höher gewesen, als der jeßt verlangte, jeßt nur 10 S, früher 12. Ein Stamm Weichholz zahlte früher 1,20 4, der Centner also 12 5 oder 100 kg 24 „F. Danach würde allerdings der jeßt vorgeschlagene Zoll das Vierfache, aber noch lange niht das Sechsfache be- tragen. Außerdem könne man annehmen, daß das Durch- schnittsgewiht eines Stammes mit 10 Centner viel zu hoh berechnet ei. Doch wolle er darauf kein besonderes Gewicht legen, Wie die Höhe des Zolles, so werde auch das Maß der Umständlichkeiten und Ershwerungen überschäßt, welches die Wiedereinführung des Zolles bringe. Unbequemlichkeiten ständen für den Handel bevor, das könne nicht geleugnet werden, aber dieselben seien doch nit mit der Schädigung oder mit der Vernichtung der Handelsthätigkeit zu verwechseln. Der Holzhandel in Ostpreußen sei überhaupt kein Geschäft, das sih so ungeheuer rasch abwickele. Fn den FJahrgängen des preußischen Handelsarchivs finde man erzählt von vielen hundert und tausend Trachten, die auf der Weichsel überwin- tern müßten und erst das nächste Fahr herunterkämen. Der Wasserholzhandel sei eine ganz langsam zu Ende gelangende Handelsoperation, bei welcher der Verlust an Zeit, der bei der Zollabfertigung eintrete, ganz und gar nicht in die Wag- schale falle. Auch nah der Zollbelegung müsse das russische Holz den Wasserstraßen mit wenigen Ausnahmen wie bisher folgen, der russische Waldbesißer müsse den Zoll in der Regel tragen. Auf die Preise des russishen Holzes werde der Zoll wenig Einfluß haben. Sollte aber selbst für den Welthandel der russische Holzhandel um ein Minimum im Preise erhöht wer- den, jo komme in Betracht, daß das russische Holz in seiner Konkurrenz mit dem Ausland durch seine bessere Qualität ge- sichert sei. Jn den Berichten der Städte Memel und Danzig könne man lesen, daß namentlih die s{chwedische Konkurrenz, wenn nicht das russishe Holz von solcher Qualität wäre, den Holzhandel ruinirt hätte. Deutschland habe in der legten Zeit Millionen über Millionen Nuß- und Bauholz eingeführt, während in den deutshen Waldungen seit Fahren der Absatz stockte. 1864 habe der Uebershuß der Einfuhr 8 Millionen Centner betragen, von 1872 ab shwankte er zwischen 58 und 36 Millionen Centner, 1877 betrage er noch 44 Millionen Zentner, selbst 1878 unter den ungünstigsten Absagverhält- nen aue man in Deutshland noch 38 bis 39 Millionen Centner Mehreinfuhr. Diese Mehreinfuhr E O O a Uno f que auf ODesterreih, in dritter auf Amerika. 1870/71 hätten die vereinigten Staaten eine Holzeinfuhr von über 9 Millionen Dollars an Werth und eine Ausfuhr von mehr als 10 Mil- lionen, 1875 und 1877 hätten diese Vereinigten Staaten ein- geführt 4 700 000 Dollar an Werth, also ein großer Rückgang der Einfuhr, aber ausgeführt 14 780 000 Dollar an Werth. Daß diese dauernde Mehreinfuhr während einer Stockung des Absazes im FJnlande gefunden habe, sei aus den Einnahme- ergebnissen der deutschen Staatsforsten nahweisbar. Nach einer vorläufigen Ermittelung der preußischen Staatsforst- verwaltung werde sih für 1878 abermals ein Rückgang der Einnahme um 31/2 Millionen Mark ergeben. Es sei That- sache, daß aus den deutschen Forsten außerordentlih viel weniger Nußholz abgeseßt werden könne, als in ihnen ge- schlagen werden könnte, daß Deutschland sein eigenes, voll- fommen brauchbares Nußholz nicht verwerthen könne, aber fremdes Nußholz in großen Mengen einführe. Die ‘bayerishe Staatsforstverwaltung könne z. B. nur etwa ein Drittel zu Nußholz einshlagen, während man in Sachsen in der Lage sei, zwei Drittel als Nußholz auszunußgen. Vor- züglih deutshes Nuzholz müsse zu Brennholz cingeschlagen werden. Es wäre doch besser, die deutshe Torf- und Kohlen- produktion zu heben und durch die Vermehrung des deutschen Nugholzeinshlages zugleih den inneren Handel zu beleben ! In Sachsen seien im Fahre 1876 zu Nußholz eingeschlagen 590 000 Festmeter, im Fahre 1877 nur 401 000; in Bayern 1876 1 245 000 Festmeter, im Jahre 1877 nur 976 000; in Württemberg 1876 426 000, 1877 nur 257 000 Fest- meter und dabei 44 Millionen Mehreinfuhr von Nut- und Bauholz aus dem Auslande! Daß diese Mißstände eigentlich erst in neurer Zeit so entschieden zu Tage getreten seien, liege allerdings theilweise auch daran, daß erst mit der großen Entwickelung des österreichish-ungarischen Bahnneßes die volle Konkurrenz für ganz Deutschland zum Durhbruch gekommen sei. An der Erhaltung einer guten Waldernte habe nicht blos eine gewaltige Anzahl deutscher Forstbesißer ein unmittel- bares Interesse, sondern auch die große Menge von Personen, die mit Waldarbeit und Holzverfrahtung im Fnnern Deutsch- lands beschäftigt seien und nur leben könnten, wenn die Waldrente erhalten werde, sowie viele Gemeindesteuerpflichtige. Nun beantworte zwar der Verfasser einer kleinen Broschüre die Frage: „Wer besiße in Deutshland Waldungen ?“ dahin, „außer den Staaten und etlihen Gemeinden nur eine be- \hränkte Anzahl sehr großer Grundherren, die gewöhnlichen Bürger und Bauern hätten keine Waldungen“. Aber in Bernhards Forststatistik sei Folgendes zu lesen: „Der Privat- waldbesiß betrage in Preußen 53 Proz., im Westen sei der- selbe vorherrshend in der Hand des Kleinbesißes, theilweise auch ungemein parzellirt, vielfah Genossenshasten und Jn- teressenshaften gehörig, im Ostea allerdings mehr in der Hand der Großgrundbesizer“. Für Bayern sage dasselbe Buth: „Die Privatwaldungen nähmen in Bayern fast die Hälfte der ge- sammten Waldfläche ein, 14 Proz. derselben gehörten dem Großgrundbesißer, wenn man {hon einen Besiß von 125 ha einen Großbesiß nenne, 86 Prozent dem kleinen Besißer.“ Aus der Anbaustatistik vom Fahre 1863 ergebe sih, daß da- mals in Bayern die 46598 000 Tagwerker der bayerischen Privatwaldungen auf niht weniger als 8311644 ha vertheilt seien. Bei der Fortdauer des jehigen Zustandes werde geradezu die Substanz des deutshen Waldes gefährdet ; es würde zur Unmöglichkeit werden, die deutsche Forstpolizei= Se aufrecht zu erhalten und weiter V tig 04 0

schaft in Danzig, und zwar ohne Versuch eines Rehnungs- nachweises, das der vorgeschlagene Zoll für Kiefern- und

wenn die ökonomische Grundlage des O fehle. Nie- mand werde daran denken können, die 2500 Quadratmeilen