1879 / 138 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Das Kön igliheDom- Kandidaten stift hierselbst, Oranien- burgerstrafe 76a, feiert morgen, am 17. und am 18. Juni das Fest seines 25jährigen Bestehens. Das dafür festgestellte Programm lautet: Montag, 16. Juni, Abends 8 Uhr: Begrüßung der bereits angekom- menen Gäste im Andachtsfaale des Stifts. Dienstag, 17. Juni, Vor- mittags 11 Uhr: Festgottesdienst in der Stiftskapele. Nachmittags 3 Uhr: Gemeinsames Festmahl. Mittwoch, 18. Juni, Vormittags 9 Uhr: Korferenz. Nachmittags zu noch zu vereinbarender Stunde gemeinsamer Ausflug nah Charlottenburg.

Am vergangenen Donnerstag fand in der Aula des Friedrichs- Werdershen Gymnasii (Dorotheenstraße) die S U A, des Berliner Ortsvereins der Evangelischen Guftav- Adolf-Stiftung statt. Dem von dem Vereins-Schriftführer, Hrn. Professor Dr. Franz, erstatteten Geschäftsberihte war zu ent- nehmen: Die Gefammteinnahmen des Vereins bctrugen im leßt- verflossenen Geschäftsjahre 13 323 A 69 Z, die Ausgaben 1149 59 S. Unter den Einnahmen figuriren auch diesmal schc namhafte Beiträge von Jhren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin, Ihren Kaiserlihen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, dem Prinzen Carl und der Stadt Berlin. Durch Sammelbücher wurden vereinnahmt 558 4 10 5, durch die Kolikte in sämmtlichen Kirchen Berlins am Reformationsfeste 2217 4 80 S. Von den zur Vertheilung bleibenden 12174 M sind dem Hauptverein der Provinz Brandenburg zwei Drittel mit §8116 übergeben worden. Das Kapital- vermögen des Berliner Ortsvereins betrug Ende 1878: 84 300 M, das der Jonasstiftung 28800 A Der Verein zählt gegenwärtig 1090 Mitglieder. Die Versammlung faßte alsdann über die an verschiedene Diasporagemeinden zur Vertheilung ge- langenden 4058 # Beschluß. Den hierauf erstatteten Mitthei- lungen über die seit dem Monat November 1878 in Berlin be- stehenden vier Diözesanvereine der evangelischen Gustav-Adolf-Stif- tung war zu entnehmen, daß in Folae dieser neuen Einrichtung sich sowohl die Mitgliederzahl als auch die Einnahmen bedeutend vermehrt haben. Die Versammlung \{loß, wie sie begonnen, mit Gebet.

: Die 100jährige JFubiläumsfeier der ersten christlichen Kleiniinderschule wurde heute Vormittag in den e hiesigen Oberlinshulen dur Festakte gefeiert, bei denen Probst Freiherr Dr v, D Golß und Divisionépfarrer Hâähnelt die Ansprachen De Lie :

ie erste d&ristliche Kleinkinderschule ist, wie wir den Ansprachen entnehmen, durch den Pfarrcr Oberlin im Elsaß ins taa aen worden; mchrere Jahrzehnte später wurden weitere Oberlin- sbulen in Schcttland und England begründet, denen solche in der Schweiz folgten. In Deutschland fand die Oberlinsache erst viel spâter Anhänger, die beiden Schulen in Berlin bestehen erft seit etwa Iahretfrist. Nach Swluß der Festakte zeigten die Kinder der Schulen in Anwesenheit der Gäste ihr Können.

Am vergangenen Sonnabend Nachmittag fand in Stegliß di Cröffnungsfeier des Feierabendhauses Me B e rinnen Und Erziehertnnen fall, Dev Baumeister Koch empfing die Anwesenden vor der vcrs{lofsenen Pforte und überreichte dem Vorsißenten des Kuratoriums, Stadtrerordnetenvorsteher Dr. Straßmann, den Schlüssel. Die Anwesenden begaben sich alsdann in die Aula, woselbst der eigentlihe Festaktus stattfand. Hicr erhoben sich aus einer prachtvollen Orangerie die Büsten des Kaiserpaares. Nach einem einleitenden Gesange des Hauerschen Gesfangvereins hielt die zweite Vorsitzende des Kuratoriums, Frl. Jeanne Mithène die Festrede, in welcher sie der Versammlung den Dank der deutschen Lehrerinnen aussprach. Unter Führung des Schulvorstehers Vogeler nahmen alédann die Festgenosien den Bau in Augenschein. Das Haus g währt 33 Damen ein bequemes, den modernen Lebenébedü: fnissen entspre@endes Heim. Jede der auf- genommenen Damen erhält ein Wohnzimmer und ein kleines Schlaf- Tabinet. Die Oefen sind zum Kochen eingerichtet, und soll es den Einzelnen überlassen bleiben, selbst die Wirthschaft zu führen oder sich von der Anstalt beköstigen zu lassen. Der Gesammt«indruck des Hauses ist ein durchaus freundlicher.

Stettin, 15. Juni. (W. T. B.) Kurz vor dem Abgan T ampfers „Orpheus“ von hier nach Königsberg i. 0 A plodirte heute früh der Kessel desselben. Bon den Personen, welche sich auf dem Dampfer zur Zeit der Katastrophe befanden find bis jeßt 10 als Leichen aufgefunden worden. i

Straßburg, 11. Juni. Die „Slraßb. Ztg.“ s{reibt: Di Arbeiten an dem rechten Thürflügel des Q ufe Münster kirche sind nun gleichfalls beendigt. Hr. Chertier, einer der berühmtesten Gold-, Silber- und Bronzenarbeiter Frankreichs im Fache der tirchliden Kunst, aus dessen Werkstätte die kunstvollen Verzierungen der Thürflügel hervorgegangen sind, ist heute Vor- mittag hier eingetroffen, und werden allem Anscheine nach die Thür- flügel heute Nachmittag eingehängt werden. Der rechte Thürflügel entspriht in der Eintheilung genau dem linken und so lesen wir denn zunächst wieder in dem obersten der sech8s Felder eine Inschrift wie sie an dem alten Thürflügel angebracht war. Dieselbe lautet: Quos capit haec valva sint omni tempore salya. Anno Domini MDCCCLXXVITI, dennuo realaedificata.

L d f per "Ce x Saturnus.

In dem darauf folgenden Spißbogenfelde sind vier Gestalten dar- gestellt : Christus, die Apostel Petrus und Paulus und O Eteigel Michael. Dem Leben der Maria auf dem linken Flügel steht auf dem reten das Leben Jesu gegenüber; den Evangelisten, Aposteln und ver|ciedenen Heiligen auf dem linken, die Propheten und andere geweihte Kirchenmänner und Märtyrer, welche für das mittelalter- lihe Rhein- und Frankenland von besonderer Bedeutung waren, wie der heilige Leodegar, der heilige Dionysius, der heilige Bonifacius, der König Dagobert, der heilige Germanus u. A. auf dem reten Thürflügel. Die Halbrauten bilden Triangel und find, wie auf dem linken Flügel, mit stilvollen naturalistishen Gestalten aus- gefüllt. Dieje Naturbilder beziehen \sich nit allein speziell auf die dargestellten Pflanzen in den vollen Rauten, sondern geben überhaupt ein Spiegelbild von der phantasie- und \{chöpfungt- reichen mittelalterlihen Kunst, welhe mit feinem Sinne und oftmals mit großem Humor gerade die Thierwelt, besonders Affen, Hunde, Vögel, Ottern, Schmetterlinge, alles von den reisten und reizendsten Blumen, Früchten und Ranken um- flohten, mit besonderer Vorliebe beha: delte und mit staunenéwerthem Fleiße darstellte. Den drei Kampfscenen auf dem linken Flügel unten entsprechen drei andere auf dem reten Flügel. Die hier vorgeführten Bilder legendarifcher, abe: auch wirklich s\tattgehabter Kämpfe {ließen mit der Gruppe einer Landfamilie ab, welche mit der Jagdbeute glüdlich heimwärts zieht. Zwei Hände bilden die Thürgriffe beider Flügel, welche im Vergleich zu dem vorherrschend romanischen Style des ganzen Figurenwerkes vielleidt von etwas zu moderner Schönheit sind. Diese Hände halten einen einfachen Rundstab, während die eigentlihen Thürklopfer, ganz dem gewählten Kunststyle entsprehend, aus starken Ringen mit romanischem Orna- ment bestehen und in dem Gebisse von Löwenköpfen hängen. Er- wähnen wollen wir hier nochmals, daß die neuen Thürflügel genau so hergestellt wurden, wie die alten während der französishen Revo- lution zerstörten Thürflügel gewesen find. Was damals in wilder Robheit an dem Münster zerstört wurde, wird nun, fast hundert Jahre später, unter deutsher Verwaltung wieder hergerichtet.

Ueber die Entwässerungsarbeiten in Szegedin werden der „Pester Korrespondenz“ von fahmännischer Seite folgende Daten mitgetheilt: „Die durch die Fücforge der Regierung zur Gntwässerung der Stadt eingeleiteten großartigen Arbeiten, die mit ca. 1 170 000 Fl. präliminirt erscheinen, find beinahe ganz feztig oder do mindestens so weit gediehen, daß der weitere Zufluß des immensen Jnundations-

wassers abgesperrt ist. Die zur gänzlichen Entwässerung des Weich- bildes der Stadt bestimmten Dampfpumpen sind bereits in Thäties keit geseßt worden. (Am 9. Juni arbeiteten deren 122 Stück.) In den ersten 24 Stunden fiel das innere Inundationswasser um ca. 3 cm, was einer Verminderung des Wasserquantums um 500 000 cbm gleihkommt. Da das innere Jnundationswasser eine Höhe von 3—3# m hat, dürfte die gänzlihe Entwässerung bei dem Aufwande der biéherigen Arbeitskraft ca. 3 Monate in Anspruch nehmen, Die kolossale Wassermass- in- und außerhalb der aufgeführten Spund- wand, die in Trümmern liegenden Häuserreihen (die Zahl übersteigt 6000), die Verödung ganzer Stadttheile, die noch immer mit Kähnen befahren werden können: Alles das zusammengenommen bietet einen überaus traurigen und niederschmetternden Anblick.“

Der „All-. Ztg.“ wird aus Messina unter dem 2. Juni üb- den Ausbruch des Aetna geschrieben: Um die zwei Säuptten in ihrer vollen Thätigkeit zu sehen, verließ ih mit einigen Freunden Linguaglossa (welches wir von der Eifenbahnstation Piedimonte in etwa drei Stunden zu Wagen erreicht hatten) gegen 1 Uhr Nach- mittags. Zur Bergfahrt mit allem Nothwendigen ausgerüstet, gut beritten und von zwei Führern begleitet, brachen wir auf, um die Krater zu suchen, denn selbst unseren Führern war die genaue Stelle der Eruption unbekannt, und vor-uns hatte keiner gewagt, die äußerst beschwerlihe und etwas gefährlihe Tour zu unternehmen. Selbst Wind und Wetter schienen uns ein Hemmniß in den Weg legen zu wollen, denn dur einen leihten Südost wurden die gewaltigen Rauchmassen, welche die Spiße des Aetna fortwährend ausstieß, gerade über jenes Gebiet getrieben, in welchem wir uns während des Anstieges bewegen mußten. Nach dreistündigem Ritte, auf welbem wir na einander die verschiedenen Vegetationsregionen des Berges passirt hatten, empfing uns an der Grenze der Nadelholz- region, als wir ‘in die prächtigen Fichtenwälder eindrangen, ein feiner Aschenregen, der Alles durbdrang, das Luftsöpfen ers{chwerte und den Maulthieren das Emporklimmen fast unmöglich mahte. Noch eine Stunde lang versahen die armen Thiere unter stets heftiger werdendem Aschenregen ihren beshwerlihen Dienst, bis denselben endlih die Kräfte versagten. Da fie durch die Asche fast ge- blendet wurden und vergeblich nach Luft \{chnappten, wurde es unmöglich, uns noch weiter der Thiere zu bedienen. Guter Rath war theuer; wir waren noch mindestens zwei Stunden von dem aewünschten Ziele entfernt, und Allen blutete das Herz, un- verrihteter Dinge zurückehren zu müssen; weiter vorzudringen war für den Augenblick nicht möglich; wir entshlossen uns jedo, das Menschenmögliche zu thun, um unser Ziel zu erreichen, sendeten unsere Maulthiere zurück und flüchteten uns vorläufig vor dem stärker und stärker werdenden Aschenregen in eine kleine Köhlerhütte, Drei Stunden brachten wir in derselben zu, während welcher die Asche in solhen Mengen fiel, daß die Sonne ganz verdunkelt wurde und nur ein {waches Dämmerlicht die Anwesenheit derselben an- deutete. Endlich wurde der Ascenregen schwächer, der Wind drehte fich etwas nah Osten, und wir brachen auf, um den ersten Krater zu suhen. Nach einem furchtbar befchwerliwen Steigen von zwei Stunden in Fichtenwäldern und Ginstergestrüpp, - durch ein bis Wel U e de walend, gelangten wir an den Fuß des Monte Nero (s\{warzer Berg). Vor uns war der ganze Horizont wie mit Blut übergossen ; ein Gedröhne und Getöse, als wenn Tausende s{werer Geschüße ihr s{nellstes Feuer abgäben, durhZeulte die Luft, unter unseren Füßen donnerte der Berg und schien in seinen Grund!esten zu beben. Der Aschen- regen, weler während der letzten zwei Stunden etwas abgenommen fiel mit erneuerter Heftigkeit nieder, und der Wind drehte fich wieder na Südosten, so daß wir unseren ursprünglichen Plan, den Monte Nero zu besteigen, aufgeben mußten. Von dort aus nämlich mußte der ganze Eruptionsherd vor uns und die von der Lava durchlaufene Gegend zu unseren Füßen lieg-n. Die vom Hauptkrater des Aetna auêgestoßenen Rauchwolken kTagerten {sich jedoch in solhen Massen über dem Gipfel des Monte Jiero, daß an ein Besteigen desselben gar nicht zu denken war. Wir futen uns daher einen anderen, wenn auch weniger günstigen Aussichtépunkt, welchen wir auch \chließlich nach vieler Mühe und Anstrengung erreichten. Welche Belohnung aber erwartete uns dort für die ausgestandenen Mühsale: das Panorama des großartigsten Ausbruches lag kaum einige hundert Fuß entfernt vor uns! Der Berg hatte sich von oben na unten auf eine Länge von etwa tausend Metern gespalten, an dem Anfange der Spalte nach oben hin hatte sich ein 500 bis 600 Fuß hoher Eruptionskrater gebildet, {rof und mit zackigen Conturen in die Höhe steigend, aus dessen oberer Deffnung ein kontinuirlicher Lava- strom seinen Weg nah dem Thale zu nahm. Mehrere hundert Schritte weiter entwidelte ein zweiter Krater eine entseßenerregende Thâtigkeit; von Sekunde zu Sekunde stieß derselbe mit donnerähnlichem Gebrüll ungeheure Massen glühender Lavablöcke mit gigantischer Kraft mehrere hundert Fuß in die Höhe, welche si dann Stern- \{hnuppen ähnlich in weitem Bogen in das zwischen uns und den Kratern befindliche Thal senkten, wo sie aufschlagend gleich riesia- Leucbtkäfern weiterglühten. * Wieder mehrere hundert Schritte den Abhang hinunter waren andere zwei Krater in voller Thâtigkeit, der obere derselben stieß glühende Lava und Steine aus, der untere sendete gewaltige Rauh- und Feuersäulen in die Luft. Die weiteren 300 bis 400 Fuß der Spalte nach unten zu waren uns dur einen kleinen dazwischen liegenden Hügel verdeckt; man sah nur hier und da kleine Feuerkugeln gleich glühenden Spielbällen ih heben und senken. Weiter unten {loß eine Reihe von 20 bis 30 größeren Oeffnungen, die sih in der {malen Spalte des Berges gebildet, das Feld der Eruptionsthätigkeit. Von ungeheurer Kraft getrieben, zischte und quoll eine riesige Lavamasse in ununterbrohenem Flusse aus den- selben heraus und ergoß si, mit den feuigen Gluthen der anderen Krater sich vereinigend, mit gewaltiger Geschwindigkeit den Berg hinab, einen Strom von mehr als 100 m Breite und 10 bis 15 m Höhe bildend, Wunderbar und überwältigend war die grause Schönheit dieses Schauspiels ; vor 1.8 und unter uns raste der Berg in unglaubliher Wuth und Kraft; von den beiden oberen Kratern, die ungefähr 500 m von uns entfernt lagen, flogen die feurigen Gluthmassen in hohen Bogen bis ganz in unsere Nähe; ja, einmal s{lug fogar ein folcer gefährlicher Gast von dem Raum- inhalt eines halben Kubikmeters kei1e 20 Schritte von uns ein. Unter uns, nicht weitcr als 200 m entferöt, flammten und loderten die fleinen Spaltenkrater, wo die Gluthmassen mit furchtbarer eruptiver Gewalt aus den Oeffnungen herauszishten und die Wände der Spalte jeden Augenblick dem Toben und Drängen von innen weichen zu wollen schienen. Hoch auf gen Himmel s{lugen die Flammen, ver- mischt mit feurigen Gluthkernen; ohne Unterlaß \trôömte die weiß- glühende Masse in das Thal hinab, und zum grausenhaften Feste der Berstôörun dessen, was menschlihe Hand und menschbliher Fleiß jeit Jahrhunderten gearbeitet, brüllten die Freudenschüsse und gellte das Hohngelächter der entfesseltcn Erdgei\ster. Wohl eine halbe Stunde genossen wir diesen großartigsten aller Unblicke, da zog plößlich von Osten her, {warz und verderbenschwanger, eine Rauch- masse, die plößlih in tollem Wirbelwinde auf uns loëstürzte und einem Playregen glei gewaltige Aschenmeng:n auf uns hernieder- peitshte; mit unsägliher Mühe gegen Wind und Asche kämpfend, die uns rings mit ägyptischer Finsterniß umgofsen, so daß man nicht einmal mehr den Feuershein der nahen Krater erblickte, unter shreck- lihcn Athmungsbef{chwerden, fozusagen blindlings umhertappend denn wer hätte seine Augen offen halten können ? gelang es uns, ein- ander festhaltend, auf daß wir Niemanden verlören, nach einer Viertel- stunde, endlih einen geshüßten Plaß zu finden. Der Aschenregen tobte noch immer hernieder, uns zu Füßen hörte man das G&ebrüll der Eruption, ohne daß wir auch nur deren Feuerschein hätten fehen können; eine dumpfe Schwüle erfüllte die aschbenshwangere Luft, welcher dermaßen von Elektricität durchdrungen war, daß an den Drahtspißen der Regenschirme elektrische Lichtbuschel heraus- strömten. Nach kurzer Rast traten wir den Heimweg an; da jedoch der Aschensturm alle Fährten verweht und ausgefüllt hatte, so ver- wirrten wir uns und irrten ns unseres tüchtigen Führers lange herum, ohne auf den richtigen Weg zu kommen. Endlich gelangten

wir durch einen glücklichen Zufall an eine geshühßte Stelle im j wo wir unsere eigenen Fährten, die wir beim Aufstica binterle wieder fanden, welchen wir beim Lichte einer Kienfackel folgten, unz so kamen wir \{ließlich müde und ermattet, doch begeistert von dey wunderbaren Schauspiele, welches wir genossen, bei unserer Köhler, hütte wieder an. Nach einigen Stunden Ruhe brachen wir wiede; auf, um in das Thal hinabzusteigen, und langten in Linguagloss um 7 Uhr an, fast aufgerieben von den überstandenen Mübfale. mit zerfeßten Kleidern und vor Smut und Asche fast unkenntlihey ee Len E von dem Bewußtsein, einem Schauspiel, n aben, wie es uns s{öner u i j

mehr Ren werden mird. E E O

om, 9. Juni. Die im Laufe des gestrigen und des heuti Tages aus Sicilien eingelaufenen Fel eavamine ete E einstimmend und entschieden, daß der Ausbruch des Aetna jy wesentliher Abnahme begriffen ist, die gegen den Alcantarg- fluß abfließenden Lavamasser langsam vorrücken und bereits zu erkalten beginner. Angesichts der drohenden Gefahr des Ein- bruches der Laven in den Alcantara, wonach zu der Feuersnoth aug voch die Wassersnoth- gekommen wäre, hatte die Regierung zuleßt aus die Mittel und die Beihülfe des Militärs zur Aushebung eines m breiten und 309 m langen Kanals behufs Ableitung

des Alcantara-Flusses bewilligt; mit Rücksicht auf die erwähnte ver, minderte Eruptionsthätigkeit der Krater und das nur mehr geringe Vordringen der Laven wird jedo der Bau dieses Kanals nit weiter in Angriff genommen werden. Die Wirksamkeit der Behörden is während der ganzen bisherigen Dar er des Ausbruches die rühmlichste gewesen, und auf Rechnung derselben ist. es auch zu seßen, daß nit

ein einiges Menschenleben verloren ging. Auch aus Oberitalien |

lauten, was die dortige Uebers{chwemmungsnoth betrifft, di Nachrichten heute günstiger, und wenn sich das Sab a L Gas N einigermaßen vergrößert, so sind im Allgemeinen ationde. erstände doch im Zurückgange begriffen oder wenigstens

Washington, 11. Juni. (Allg. Corr.) Während ein Morgen heraufziehenden Gewitters {lug S Blig ia is ac der Atlantic Petroleum Refining Company in Point Breeze am Flusse Schuylkill, Philadelphia, wodur das dort lagernde Petroleum in Brand gerieth. Das Feuer griff ras um si. Die Ma- gazine und Raffinerien der Atlantischen Compagnie bededcken cine grofe Fläche; zu ihnen gehören 250I Yards lange Werften am Scbuylkill in denen alles von Philadelphia abgehende Petroleum verschifft wird. Das Feuer wüthete den ganzen Tag hindurch und hau'te unter den Vorrathêhäusern, Delbehältern, Wohuhäusern, Geschäfts: häusern und Schiffen, während eine ungebeuere s{chwarze Rauchwolk- über dem südlichen Theile der Stadt lagerte. Die Schleppdampfer cntfernten mehrere Fahrzeuge, aber die folgenden werden als verbrannt géimeldet: Die deutsche Barke „F. Roch“, die ital. enishe Barke „Giuseppe Quinto ; die russische Barke „JIlion“, das norwegische Schiff „Hudson und die ösierreichishe Barke „Fa.“ Der Verlust gs sehr e berausftellen. Den Abend-Telegrammen

reeze zvfolge war man Herr des Fe

wurde maycches Eigenthum gerettet. E E

München. In Folge des Preisausscchreibens de Königlichen Hoftheater-Intendanz A 25. August 1877 find bis zum leßten August des vorigen Jahres (als dcm S{lusse des Cinreihungs8termins) 436 dramatische Dichtungen 192 Tra- gödien, 119 Schauspiele und 12ò Lustspiele eingesendet worden. Von diesen begutatete die Beurtheilungsfommission zur Aufführung: A. Von den Tragödien: „Dankelmann.“ Motto: „Der hohe Stil liegt niht im Pomp der Worte.“ Verfasser: De. Otto Girndt. B, Von den Schauspielen: „Die Tochter des Herrn Fabrizius.“ Motto: „Nicht immer heiter ist die Kunst.“ Verfasser : Adolf Wiibrandt. C. Von den Lustspi-len: „Neue Verträge Motto; „Die Tragödie muß idealisiren; das Lustspiel muß porträtiren.“ Verfasser: Alexander Hartmann. Die Aufführung dieser Stücke findet im Verlaufe der Tünftigen Herbstsaison statt und unmittelbar darauf wird nah Maß- gabe des Preisauéschreibens die endgültige Entscheidung getroffen, welche dieser Werke zu prämiiren sind. Gleichz?itig werden die Namen wee e der Beurtheilungskommission thätig Gemwesenen veröffentlicht

Bäder-Statistik. Personen

Aachen (seit dem 1. Jan. 1879) bis 16. Juni (Fremd Augustusbad (Sachsen) bis 20. Mai (30 Pat) A E N Elmen (bei Groß-Salze, uiweit Magdeburg) bis 13. Juni 580 Elster (SaVfen) bis 9. Jun 8 Par). 181 Homburg v, d. H. (Rez.-Bez. Wiesbaden) bis 7. Juni . . 1318 Carlsbad bis 3. Ut , » + + «+ « *+ . Œurdgdste) 6321 Kreuznach (Rheinprovinz) bis 8, Juni. . . , (Kurgäste) 965 TNarienborn (bei Kamenz in Sachsen) bis 12. Juni (64 Part.) 0! Bad Münster am Stein bis 8. Juni . . . . (Kurgäste) 155 Oeynhausen (Westfalen) bis 13. Juni E 20 Pyrmont (De S S O Ls Reinerz (Schlesien) bis 10. Juni (nebst 166 Durchreisenden) : (Kurgäste) 391

Schwalbach (Reg.-Bez. Wiesbaden) bis 15. Juni E 588 Soden (Reg.-Bez. Wiesbaden) bis 11. Juni . (Kurgäste) 767 Tepliß und Schönau bis 2. Juni . . . , . (Kurgäste) 1681 Warmbad (b. Wolkenstein in Sachsen) bis 12. Juni (65 Part.) Warmbrunn (Slesien) bis 4. Juni (251 Kurgäste in

216 Familien, 364 Durchreisende in 255 Part) . . 615 e L A a Oberloshwiß (Sachsen) bis 14. Juni O 408 Wittekind (bei Giebichenstein und Halle) bis 5. Juni 106

_— «Der siebente \{lesische Bädertag und seine Verhandlungen am 7. Dezember 1878.“ Unter vorstehender Aufschrift ist im Selbst- verlage des S{lesishen Bädertages ein von dem Vorsißenden des- selben, dem Bürgermeister Dengler in Reinerz, berausgegebener Be- riht über den VII. Stlesishen Bädertag nebst dem medizinischen Generalberihte und dem statistischen Verwaltungsberichte über die \hlesishen Bäder für die Saison 1878 erschienen. Der statistische Verwaltungébericht bezieht sih auf die Bäder Cudowa, Flinsberg, Goczalkowißt, Alt-Haide, Reinerz, Salzbrunn, Warmbrunn und die enau t

Ueber die Mineral-undHeilquellen imRegierungsbezirk Oppeln (Swlesien) liegen für 1878 folgende NacbriBlen vor: Jn dem Soolbade Goczhalkowit, Kreis Pleß, brauchten von den an wesenden 600 Personen etwa 400 die Kur, von denen die meisten der Provinz Schlesien angehörten; nur wenige waren Ausländer (Oesfter- reicher, Russen, einige Amerikaner). Das Bad Königs dorf Jafstrzemb, Kreis Rybnik, dessen Soolquelle zum Baden, Trinken, Inhaliren u. \#. w. gebraucht wird, war während der Saison 1878 von 200 Familien mit 420 Personen behufs der Kur und von 179 Passanten besucht. Der Nationalität nach waren 163 Familien aus Preußen, 72 Familien aus Rußland, 13 Familien aus Oesterrei, je 1 Familie aus Coburg-Gotha und Mecklenburg-Streliß gekommen. Das 5 Quellen enthaltende Bad Kokoshügß „Wilhelms- bad“ im Kreise Rybnik ist von 28 Badegästen besucht gewesen, welche mit einzelnen Pafsanten etwa 1200 Bäder gebraucht haben. Das Mineralbad Kunzendorf im Kreise Neustadt war von 142 Kurgästen besucht.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage). (514)

Berlin:

Erste Beilage {schen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußi)

Berlin, Montag den 16, Jun

Deutsches Neich.

L Webers1M1 eutschen Zollgebiets versteuerten Monat Mai 1879,

Einfuhr vom Zollauslande. Raffinirter |

über die von den Rübenzucker-Fabrikanten des d Rübenmengen, sowie über die Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im

Ausfuhr nah dem Zollauslande (mit und ohne Steuerrücckvergütung).

Raffinirter Zudter aller Art

Melasse alle:

Melasse aller Art und Syru

Art und Syrup

vos

aus

ichen Niederlagen

eien V

NVerwaltungs8-

Beiirle.

der im Betrieb auf Niederlagen aus Niederlagen aus Niederlagen.

befindli auf Niederlagen. unmittelbar unmittelbar aus dem freien Verkehr. unmittelbar aus dem freien Verkehr. unmittelbar Verke

Verkehr.

unmittelbar

Verkehr. Niederlagen. in den freien

Rübenzucker-Fabriken. aus dem

unmittelbar in den freien

Zahl

Ctr. n It. m,

@

| Ctr. o. Ctr. n.

Q es B Q s O. i pk eh

b t

do 00°

|

Go dD J o 00° o

rovinz Ostpreußen ia Westpreußen . Provinz Brandenburg .

D —_

00° ui D

L H

I

E |

[l Fal

Provinz S lesien .

er Fürstlih Schwarz-

|

| |

S)

Swleswig-Hol- ùz Hannover .

nz Hessen-Nassau Rheinprovinz . a

D

8) Provinz

A

A S

en ck a Go J o O

. Bayern . Sachsen . . Württem

E [E T A

O 0 . Meclenburg . - Thüringen, eins Großherzog chsischen Aemter Allstedt und Old

DTdenburg - . Braunschweig . „Anhalt. , Elsaß-Lot X1I1, Luxemburg -.

Ueberhaupt

Hierzu i.d. Vormonaten Sept. 1878 big April 1879 .

Zus.Sept.1878 bis Mai 1879 demselben Zeitra

ERL A

C

L

—_ S

90 794| 3 643

|

261 831/ 31 359 297 087) 32 627

92 458 000 92 458 000

1726995 1064

248 739| 46 693

82 007 423

73 486| 6 821

Berlin, im Junt 1879. Kaiserliches statistisches Amt.

x Handel, Verkehr und öffent- Die Einrichtung des Staats- leider habe nur der kfomman- feine Stelle gefunden. ath sich allmählih zu einem herausarbeite.

gend nothwendige Abtheilung lihe Bauten gebildet werden.

rathes begrüße er mit Freude, dirende General in demsellen daß der Staatsr l iht für die Reichslande weiterung des Fortschritt zu begrüßen us ein durchaus ftonservativer ob die Stellen der Bezirks- des Landes bei der neuen dürfte wohl aufgeworfen gegen den dort be- d kirhlihen hohen Beamten ein Wie das Land müsse man abwarten, dürfe thwendig werdenden Neuwahlen Seite Derjenigen stellen werde, Regierung anschlössen.

ommissare angehe, Hauptsrage

Nichtamtliches.

Im weiteren Verlaufe der vor- seßte der Reichstag die erste (Spe- Gesetzentwurfs, betreffend die Ver- erwaltung Elsaß-Lothringens, fort. r (Löwenberg) begrüßte die Vorlage den Wünschen des Landes entgegen- Rücksicht auf die Junteressen des dig die Vorlage bei allen An- habe die Rede des Abg. der die Verhältnisse im Lande durhaus un- als ob die Bevölkerung unter dem Be- Nach der Vorlage solle ein Statt- x Verwaltung treten. berster Chef der Verwaltung bleiben Stellvertreter nach dem Geseß vielleicht der Ober-Präsident, ezirks-Präsidenten mit erwei- fönnten. Damit wäre dem Be- Der Statthalter solle elbe würde, mit üstet, der politishe und Lebens werden; zuglei denn der Reichskanzler ltung der Reichslande aus Kaiser den Rath zur Ernen- 8 ertheile und, wo es das Reichsland in Be- daß cs ih

Berlin, 16. Juni. gestrigen (59.) Sitzung zial-) Berathung fassung und V Der Abg. von Puttkame mit Freuden, weil sie de fomme und doch die nöthige Reiches nehme. ( gelegenheiten des Reichslandes sei,

wünschen sei, Ober-Verwaltungsger Die numerische ausschusses sei ebenfalls als und besonders der Wahlmod Die Frage ,

d die Dreitheilung alten seien, s Gegengewicht

und Kompetenzer

zu nennen. Präsidenten un Organisation beizube werden, in Meß findlihen militärishen un hoher Verwaltungsbeamter vorh die Vorlage aufnehmen werde, aber hoffen, daß si die Mehrheit auf die so eng als mögli in den Bundesra stimme er dieser werde aber die verstehe, das

Wie nothwen

Guerber gezeigt, rihtig so darstelle, lagerungszustande zittere. halter an die Spiße de fanzler hätte sehr gut obe! können, es wäre dann ein von 1878 delegirt worden, unter dessen Leitung terter Befugniß fungiren dürfnisse vollständig ge nun derx alter ego des landesherrlichen Befugnissen ausger soziale Mittelpunkt des öffentlichen aber sei derselbe der oberste Mini scheide vollkommen aus der V bis auf den Punkt, daß er dem nung und Abberufung des Statthalter nöthig sei, die Reichsgesebge wegung seße. nur um einen Versuch handle; óôre das ganze Geseß der Geschich inem Zweifel hingeben. Der Statth Paragraphen haben und erst, des Landes geprüft habe,

vielleicht darau Ministeriums angeh kein Kollegium sein stehen, der politisch Unter-Staatssekretäre a ! würden. Bei der in den Motiven a 1) Jnneres und Unterricht, 2) Justi und öffentlihe Arbeiten, / für den Staatssekretär, der somi ohne Portefeuille nung von

Der Reichs- anden sein.

bei den no

ch an die th abzuordnenden K ( chtung vollkommen bei. Die Auswahl des richtigen Mannes sein, der es

lebendigen Gliede des Reiches zu die ja nicht ausbleiben so müsse aus den „Für Kaiser

Devise sei das Wohl des

die Richtung, in der die habe seine volle Billigung. de hätten auch bereits im gt verfolgt werden solle, hin- on damals verlangt, daß Elsaß-

e Verfassung gegeben würde. jeßt komme

nügt worden.

Kaisers werden ; der} Land zu einem

enn auch innere Stürme, em Banner rütteln follten,

würden, an sein i Devise her

Falten desselbe und Reich.“ Landes begründet. E Der Abg. Windthorst erklärte, sih gehen solle,

n stets die vorleuchten :

Denn nur in dieser

bung für | sagten ausdrüdcklih, daß wenn derselbe mißlinge, ge- te an. Darüber dürfe man si alter müsse den Diktatur- derselbe die Verhältnisse fönne erx aus freier Jnitiative

Was die Organisation des unächst an, daß dasselbe ge solle der Staatssekretär eamte, unter welchem die ls rein tecznishe Beamte fungiren ufgestellten Dreitheilung: d Kultus und 3) Finanzen e er ein eigenes Ress t ein Minister-Präsident Ferner sei die Tren- d Kultus zu tadeln, wenn sie

Organisation vor Er und seine politishen Freur Jahre 1871 auf den Weg, wiesen. Sie hätten \{ othringen eine kon Damals sei seine Par man dem Gedanken näher. druck sei, den die Vorlage auf niht, rücksihtlich einiger Pa Die Funktionen, die dem keineswegs Vorredner anzunehmen Statthalters wenig s\ym von Handlungen , von Handlungen, ür eine solche Art St nden. Auch lasse der der Statthalter dem Lan Reichskanzler für Elsaß-Lo Ueberhaupt bestehe übe Statthalters völlige dürfte. Er hoffe, daß der kunft hierüber geben werde.

Die Motive

stitutionell tei niht gehört worden, erst Wenn dies der allgemeine Ein- ihn mache, so hindere ihn das tien seine Bedenken zu äußern. Statthalter übertragen werden auf der Höhe, die Stellung pathisch wegen der verantwortlich, nicht verantwortlih sei. ellung sei nirgendwo eine Analogie zu Entwurf ganz im Unklaren, wie weit seiner Eigenschaft als sönlih verantwortlich Stellung des

verzichten.

so nehme er z olle; an der Spi verantwortliche B

wofür er

Unterriht un augenblicklich j von vielen und Kirche müßten zur sittli l Der Staatssekre Unterricht für \sich in Anspr Vermehrung der Zahl der Unter-

desausschusse in thringen per r die verantwortliche as sich einmal {wer rächen raths Aus-

efordert werde ; Erziehung des Volkes zusam- tär müßte Jnneres, Kultus und uch nehmen, dann könnte ohne Staatssekretäre noch die drin-

Deutschlan

Dunkelheit, w Vertreter des Bundes

Daß der Umfang der dem Statt-

mén1wirken.

hen Staats-Anzeiger.

1879.

halter zu übertragenden Befugnisse dur Kaiserliche Verord-

nung beslimmt werden müsse, sei unzweifelhaft, aber er glaube,

daß es dem föderafiven Charakter des Reiches entspräche,

wenn diese Kaiserlihe Verordnung niht ohne Mitwirkung

des Bundesraths erlassen würde. Er erkläre sih dagegen,

daß die Befugnisse des §. 10 auf den Statthalter in seiner

Eigenschaft als Reichskanzler übergehen sollten ; ihm wäre es

lieber, wenn der Statthalter diese Befugnisse nur in seiner

Eigenschaft als Landesherr ausübte, da in diesem Falle seine Anordnungen der Contrasignatur eines Ministers bedürsten. Das im 8. 5 vorgeschlagene Ministerium verdiene eigentlich diesen Namen nicht. Die Minister seien nur vortragende Räthe, im besten Falle Abtheilungs-Dirigenten. Der Staats- sekretär sei gleihsam allmächtig. Statt dieser bureaukratischen Einrichtung hätte man ein wirklich kollegialish(s Ministerium schaffen sollen. Der Staatsrath habe seinen besonderen Bei-

fall. Er wünschte, man hätte einen solhen auch für das Reih. Bei der Zusammenseßung desselben sei aber auf das einheimishe Element zu wenig Rücksicht genommen, und was speziell die Kultusangelegen- heiten des Landes anlange, so glaube er, daß die- selben von dem Ministerium getrennt und ein Katholik an die Spitze derselben gestellt werden müsse. Es wäre das nichts Anderes als die Konsequenz dessen, was man anderswo als selbstverständlich hinstelle. Bum Schluß richtete Redner an die na Frankreich ausgewanderten Elsaß-Lothringer die Mahnung, in ihre Heimath zurückzukehren, und ebenso forderte er diejenigen, welche seit der Annexion sih von jeder politischen Thätigkeit zurückgezogen, auf, an den Arbeiten des Landes Theil zu nehmen. Bedenke man, daß man niemals nüßlich sein könne, wenn man si an die Seite stelle, das Shmollen im Winkel fönne wohl einem subjektiven Gefühle genügen, es genüge aber niemals den Interessen des Landes, dem man angehöre. Er habe den dringenden Wunsch, daß an dem Tage, wo die Landesvertretung neu gewählt werde, kein Elsaß-Lothringer an der Wahlurne fehle, und daß sie Alle gemeinsam arbeiteten, um endlih ihrem Vaterlande das zu sein, was jeder Sohn seinem Vaterlande schulde. Er stelle den Antrag, die Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu verweisen.

Der Abg. von Puttkamer (Fraustadt) hegte nach dem zum

großen Theil wohlwollenden Kritiken und nah den an Zahl geringen Ausstellungen die Hoffnung, daß alle Seiten des Hauses völlig von der Fassung des Entwurfs befriedigt sein würden, wie derselbe aus der zweiten Lesung hervorgehen werde. Die beiden Haupteinwendungen des Abg. Guerber, betreffend die fakultative Statthalterschaft und die Beibehal- tung der Diktatur-Paragraphen, hätten schon theilweife ihre Widerlegung gefunden. Die fakultative Statthalterschaft werde dadur begründet, weil die Kaiserliche Autorität auch nur theilweise übertragen werde, nmicht vollständig, wie es z. B. in Luxemburg der Fall sei. És fönnten au Ver- wickelungen eintreten, die es dem Kaiser wünschenswerth er- scheinen ließen, von seiner Befugniß keinen Gebrau zu machen, oder es könnte vielleicht, wenn politisch wichtige, z. B.

militärishe Maßnahmen getroffen werden sollten, niht der rihtige Mann an der rihtigen Stelle stehen. Auch die Kritik der Erweiterung der parlamentarischen Befugnisse des Landes-

aus\husses tresse niht das Ziel; die Verleihung des Rechts

der Jnitiative erhebe ihn zu einer vollberehtigten parlamen-

tarishen Körperschaft Er füge hinzu, daß die Publizität der Ver- handlungen des Landesauss{husses, obwohl stenographis\ cheBerichte nicht existirten, doh durchaus genügten, da ein Sizungsbericht von

besonderen Redaktoren gefertigt, deutsh und französisch allen Blät- tern beigelegt werde, und zwar gewährte derselbe ein anschauliches Bild der Verhandlungen. (Redner verlas einige Stellen aus einem derartigen Bericht.) Das vorgeschlagene Wahlsystem empfehle sich schon deshalb, weil es die Kontinuität wahre und die Ruhe des Landes nicht kompromittiren werde. Was die Ausstellungen des Abg. Windthorst betreffe, so liege ja gerade in der Spiße des Ministeriums, dem Staatssekretär die Bürgschaft für eine einheitlihe Leitung der Kultus- und Unterrichtsangelegenheiten, deren Trennung, wie ihm scheine, nit ganz mit Grund auch von dem Abgeordneten für Löwen- berg bemängelt worden sei. Desgleichen sei für die kon- stitutionelle Verantwortlichkeit genügend Vorsorge getroffen, zumal die Appellation an die Reichsgeseßgebung durchaus freigelassen sei. Der Entwurf sei das Resultat der bisherigen Entwickelung der inneren Verwaltung, und so aufgefaßt, be- deute er au einen Fortschritt für dieselbe !

Der Unter-Staatssekretär Herzog erwiderte, er habe be- reits neulih ausgesprochen, daß zwar das Amt des verant- wortlihen Ministers für Elsaß-Lothringen von demjenigen des Reichskanzlers, mit dem es bisher verbunden sei, getrennt werde, daß aber diese Trennung die rechtliche Lage der Sache in dem entscheidenden Punkte unberührt lasse, daß die fon- stitutionelle Verantwortlichkeit gegenüber dem Reich und dessen Verwaltung unverändert bleibe und von dieser Verwaltung nach wie vor geltend gemacht werden könne. Diese seine Aeußerung beruhe auf der Erwägung, daß im §. 2 der Vor- lage der Uebergang aller Obliegenheiten des Reichskanzlers in Elsaß-Lothringen auf den Statthalter ausgesprochen sei, und daß zu diesen Obliegenheiten au die konstitutionelle Ver- antwortlichkeit gehöre. Die Motive bestätigten dies.

Die Diskussion wurde nunmehr geschlossen. Der Antrag des Abg. Windthorst auf Ueberweisung an eine Kommission von 14 Mitgliedern wurde abgelehnt; die zweite Berathung wird also im Plenum stattfinden.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die Statistik des auswärtigen Waarenverkehrs.

Der Abg. Dr. Klügmann führte aus, die statistische Wißbegier solle doch bedenken, daß sich seit der Entwickelung der modernen Verkehrsmittel die Sensibilität des Verkehrs außerordentlich gesteigert habe. Namentlich seien die Vorzüge: des deutschen Verkehrs nicht fo überwiegend, daß demselben nicht durch künstliche Hemmnisse bedeutender Schaden zugefügt wer- den könne. Auh wer der Ermittelung des Waarenverkehrs mit dem Auslande sehr erheblihe Bedeutung beilege, werde doch Benachtheiligungen des Verkehrs nur dann ins ige fassen, wenn der Zweck vollständig erreicht werde. Solche Hoffnung mache aber der Entwurf keineswegs, nicht einmal