1879 / 140 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Eisenbahn incl. Finnentrop-Olpe betrugen im Monat Mai 1879 518 365 M gegen 499 602 Æ im Monat Mai 1878, mithin Mehr- einnahme 18763 Die Einnahmen der Bergish-Märkischen Eisen- bahn und der Ruhr-Sieg-Eisenbahn zusammen betrugen im Monat Mai 1879 5 214722 M gegen 5 084 169 «A im Monat Mai 1878, mithin Mehreinnahme 130 553

Die Einnahmen der Bergisch-Märkischen Eisenbahn und der Ruhr-Rieg- Eisenbahn zusammen betrugen vom 1. Januar bis Ultimo Mai d. J. 24283 837 A gegen 23 796 802 M. in dem gleichen Zeitraum des vorigen Jahres, mithin Mehreinnahme 487035 4 Gol, 1/7. Zuni, (1, B) Ble heutige ordentliche Generalversammlung der Rheinischen Eisenbahn war von 72 Aktionären besucht, die 18 309 Aktien mit 2183 Stimmen vertraten. Die Dividende pro 1878 wurde definitiv auf 7 pCt. fest- geseßzt und wurden sämmtliche auf der Tagesordnung befindliche An- träge der Direktion seitens der Versammlung genehmigt.

Würzburg, 15. Juni, Dex dritte VerhandsTag deutscher Konditoren und die mit demselben verbundene Fa ch- ausstellung sind heute Vormittag eröffnet worden. Der Gesammt- eindruck, den die Ausstellungëräume gewähren, ist ein in hohem Grade erfreulicher und zeigt die geshmackvrolle Durchführung eines einheitlihen Grundplanes. Die Betheiligung der Fachgenossen aus allen Theilen Deutschlands und Oesterreihs is eine schr rege Dresden is durch seine trefflihen Chokolade- und Kakaofabrikate, Nürnberg dur seine Lebkuchen auf das Vortheilhafteste vertreten. Sehr mannigfach ist die Konkurrenz in der Marzipanfabrikation, in welcher Berlin, Hamburg und Königsberg um die Palme ringen. Der Besuch der Ausstellung ist ein recht reger.

Weimar, 17. Juni. (W. T. B.) Wollmarït. Die Ge- sammtzufubr betrug 3064 Centner. Der Markt war bis Mittag, ausgenommen weniger Centner geringer Qualität, vollständig ge- räumt. Preise wie gestern 150 4, feinere Wollen 175 M :

Wien, 17. Juni. (W. T. B.) Der Rechnungsabschluß der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn pro 1878 weist eine Gesammteinnahme von 2398456 Fl. auf (gegen das Jahr 1877 cin Minus von 231 925 Fl.); die Betuieb8ausgaben betrugen 1470 697 Fl. (gegen 1877 Minus 318121 Fl.) Nach Abzug der Beträge für Steuern, Stemp:l 2c. verbleibt ein Reinertrag von 715 730 F1. (in Noten) gegen ‘601 263 Fl. im Jahre TSOCE. Ie Staat3garantie wurde mit 991571 Fl. in Anspruch genommen. Zur Verzinsung und Amortisation des gesammten Anlageztapitals fehlen na Einrechnung des Reinertrages und der Staatsgarantie noch 57 679 Fl., welche zu Lasten des Bahnbetriebs-Zinskonto geschrieben werden. Das leßtere Konto erhöht sih dadurh auf 304 477 Fl.

Amsterdam, 17. Juni. (W. T. B.) Bei der heute von der niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen Zuer- auktion wurden 183 Faß Surinam zu 20—22 Gulden, 517 Fäßcen Surinam zu 20—202 Gulden zum Verkauf gestellt. Es wurde Alles verkauft. . :

Lbnvon, 17, Juni (W D: B) Bet der gestrigen Woll - auktion waren australische Wollen von Kreuzzuchten fester.

New-York, 13. Juni. (Allg. Corr.) In Point Breeze brach beute ein neues Feuer aus, in Folge dessen einige andere Oel-Magazine und anderes Eigenthum im Werthe von 400 000 Dollars zerstört wurden. Die Baumwollspinner in Fall River beabsichtigen, behufs Erzielung einer Lohnerhöhung, einen Strike zu beginnen. Anstatt sich diesem Ansinnen zu fügen, wollen die Fabrikanten lieber sämmtliche Spinnereien \{lieyen, ein Ver- fahren, das 12000 Menschen arbeitslos machen würde.

Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 17. Juni. (3 i

des Norddeutschen Lloyd „Main“ is hier eingetroffen.

Verlín, den 18, Juni 1879.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 3. Klasse 160. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn à 45 000 4 auf Nr. 82814.

1 Gewinn à 3000 6 auf Nr. 36 759.

3 Gewinne à 1800 / auf Nr. 16 360. 39 401. 42 083, 5 Gewinne à 900 M auf Nr. 5714. 9065. 20 582. 89 768.

91132. i 9 Gewinne à 300 M, auf Nr. 10387. 25785. 31 278.

31 828. 31 842. 54 321. 82130. 90 439. 90 824.

Berlirer Rennbahn zu Hoppegarten. Sommer- Meeting 1879. Dritter Tag: Dieniîtag, 17. Juni, Nach- mittags 4 Uhr. Tausende von Zuschauern strömten am dritten Tage nah Hoppegarten, und die vier Ertrazüge, welche vom Dst- bahnhofe akgelassen wurden, vermochten kaum das zahlrei zuströ- mende Publikum aufzunehmen, welches dem am gestrizen Tage ab- zuhaltenden Rennen, namentlich dem großen Armee-Jagd-Rennen und dem Rennen um den silbernen Schild Sr. Majestät des Kaisers beiwohnen wollte. Auch Se. Majestät der Kaiser und König und Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl, sowie eine sehr große Zahl Stabë- und anderer Offiziere der hiesigen Potsdamer und anderer Garnisonen, wohnten dem \{chonen Schau- spiel bei. Troß des starken Gewitters wurden die Rennen abgehalten und verliefen au ohne jeden Unfall. Sie begannen um 4 Uhr mit:

I. Sierstorpf} Memorial. Klubpreis 3000 M. Für zwei- jährige inländische und österreichisch-ungarische Pferde. 150 46 Einsatz, 80 M Reugeld. Distanz 1000 m. Dem zweiten Pferde die Hälfte der Einsäße und Reugelder. Von den 12 Untirschriften zahlten 9 Reugeld. Am Ablauf erschienen: Prinz Paul Esterhazy's br. H. v. Laucret a. d. Fairy, 55 kg (Buttler), Graf H. Henckel v. Don- nersmarck sen, \chw. H. „Captain Nemo“, 55 kg (Busby), Fürst Hohenlohe-Oehringens br. H, v. Savernake a. d. Cantata, 5d kg (Madden). Der Fairy-Hengst siegte im Carter mit 5 Längen, eine Länge hinter „Captain Nemo“ landete der Cantata-Hengst als leßter. Zeit: 1 Minute 25 Sekunden. Werth des Rennens: 3585 4 für den Fairy- Dent 585 M. für „Captain Nemo“. Wetten: 5 : 3. Um 44 Uhr folgte diesem Rennen: :

Il, Seahorse-Rennen. Staatspreis 1200 E Für drei- zährige ältere inländische Hengste und Stuten, geritten von Iockeys, die in Deutschland geboren und deutshe Unterthanen sind, 60 Einsatz, halb Reugeld. Distanz 2000 m. Dem zweiten Pferde die Einsäte bis 200 A nach Abzug eines einfachen Einsaßes für das dritte Pferd. Das Rennen hatte 12 Unterschriften, Von diesen zahlten 9 Reugeld, und am Pfosten ersbienen: des König- lichen Hauptgestüts Gradiß 3jähr. dbr. St. „Weiße Dame“ 52 kg (Bacert), des Frhrn. v. Langens 4 jähr. dbr. H. „Pregel“ 625 kg (Neumann), des Rittmeister Frhrn. v. Zieglers Ajähr. br. H. „Lauffeuer“ 65 kg (Seibert). „Weiße Dame“ siegte leicht mit einer flaren Länge. 8 Längen hinter „Pregel“ kam „Lauffeuer“ als leßter ein. Zeit 2 Minuten 11 Sekunden. Werth des Rennens 1390 M für „Weiße Dame“, 200 X für „Pregel“, 60 6 für „Lauffeuer“. Wetten 21 : 10. Um 5 Uhr {loß sich diesem Rennen an:

1II, Silberner S child Sr. Majestät des Kaisers und Staatspreis 10000 Für dreijährige und ältere inländische und österreichish-ungarisckbe Hengste und Stuten. 300 M. Einsatz, 200 M Reugeld, jedoch nur 100 M, falls das erhöhete Reugeld bis 31. März 1879 nicht nachgezahlt wicd. Distanz 2400 m. Der Sieger erbält den Besiß des Schildes auf ein Jahr. Im nächsten Jahre muß der Gewinner den Schild vertheidigen oder 300 A Reugeld zahlen, aub bei veränderter Proposition. Wer den Schild zum dritten Mal gewinnt, erhält denselben als Eigenthum. Dem zweiten Pferde 1500 4, dem dritten 500 H, aus den Einsäßen und Reus

eldern. Das Rennen hatte 43 Unterschriften, von denen 21 das öhere Reugeld nacgezahlt hatten. Sieger des vorigen Jahres war Hr. v. Langen-Beliß. Von den 21 genannten Pferden zahlten 18

(W. D. B) Der: Dampfer |

Reugeld und am Pfosten erschienen: Hrn. G. v. Blaskowits? 5 jähr. F.-St. „Kincsem“, 634 kg (Wainright), Graf Joh. Sztaray's 4jähr. F.-St. „Altona“, 605 kg (Butby), Frhrn. v. Langens 4jähr. F.-H. .Vitus“, 62 kg (Whiteley). „Kincsem“ siegte mit mehr als 3 Längen. „Altona“ kam als zweite ein. Zeit: 2 Minuten 40 Se- funden. Werth des Rennens: Ehrenpreis und 14700 &# für „Kincsem*", 1500 4 für „Altona“, 500 A für „Vitus“. Es folgte dem Renz1en um sf Uhr: -

IV. Véerloosungs-Rennen. Klubpreis 2409 4 Für ?wei- jährige und ältere inländische und österreih-ungarise Pferde. 60 M. Einsatz, halb Reugeld. Der Sieger wird unter die Mitglieder des ehemaligen Berliner Rennvereins verloost. Das Rennen hatte 3 Unterschriften, von denen eine zurückgezogen wurde. Am Pfosten er- schienen Graf Anton Apponyi’s zweijähr. br. St. von Lancret a. d. Alberta 46 kg (Buttler), Lieut. v. Blumenthals 4jähr. F. St. „Distel“, 764 bg (E. Fiéf). Die Alberta-Stute übernahm die Führung und siegte nah Gefallen mit 4 Längen im Canter. Zeit 1 Minute 3 Sekunden. Werth: der Verloosungspreis und 150 M. der Siegerin. Demnächst folgte um 6 Uhr:

V. Trost-Handicap. Klubpreis 1200 (4 Für Pferde aller Linder, welche 1879 zu Berlin in Flach- oder Hindernißrennen ge- laufen und in ersteren nicht gesiegt haben. 80 6. Einsaß, 40 Reugeld. Distanz 1000 w, Das dritte Pferd rettet den Einsaß. Der Rest der Einsäße und Reugelder wird zwischen dem ersten und zweiten Pferde getheilt. Das Rennen hatte 16 Unterschriften. Zehn Pferde wurden zurückgezogen und am Pfosten erschienen sech8, von denen Grf. H. Henckel von Donnersmarck sen. 3jähr. br. St. „Little Digby*, 584 kg (Busby), des Grafen Solms-Baruths 4jähr. F. H. „Stolz“, 61 kg (E. Fiék) um eine Kopflänge {lug. Zeit: 1 Mi- nute 55 Sekunden. Werth des Rennens: 1600 Æ für „Little Digby“, 400 46 für „Stolz“, 80 4 für „Zebra“. Den Schluß tes Tages bildete um 6b# Uhr:

VI. Großes Armee-Jagd-Rennen. Ehrenpreis Sr. Ma- jestät des Kaisers und 3000 M, gegeben vom Unionklub. Für Dffi- ziere des stehenden Heeres der deutschen Armee auf Pferden, welche seit 15, April c. im Besiy sol{her Offiziere. In Uniform zu reiten. 50 # Einsatz, ganz Reugeld. Distanz ca. 5000 m. Es er- halten an Preisen: Das erste Pferd 2000 #, Reiter: den von Sr. Majestät dem Kaiser Allergnädigst bewilligten Ehrenpreis, das zweite Pferd 1000 4, Reiter : Ehrenpreis, das dritte Pferd 300 4, Reiter: Ehrenpreis, das oierte Pferd 100 4A Die Einsäße finden zu den Preisen für das dritte und vierte Pferd, zu den Chrenpreisen und zu Reisekosten, soweit die Mittel für leßtere vorhanden, Verwend. ng. Reisekosten erhalten diejenigen Pferde, welche in diesem Rennen gelaufen, aber weder hierin ncch in einem anderen Rennen im Juni cr. zu Hoppegarten einen Geldpreis gewonnen und deren Rük-

| reise mehr als 75 km beträgt. (Proponenten: Gen. Licut. v. Rauch

und Major v. Belowo.) Das Rennen hatte 35 Unterscriften. Für 31 Pferde wurde Reugeld gezahlt. Am Pfosten erschienen 14 Pferde. Als Sieger traf nah scharfem Laufe mit 6 Längen Lieut. v. Heyden- Lindens (3. Huf. Regt.) bjähr. br. W. „Wellington“, 89 k& (Reiter: Bes.) ins Ziel. Zweites Pferd wurde Lieut. Hoffmanns öjähr. br. H. „Familienrath“, 81 kg (trug 6 kg Uebergewit), (Reiter: Bes.). Als dritte landete Lieut. v. Goßlers (Garde- Huf.) a. br. St. „Kühlte“, 83 kg (Reiter: Lieut. v. Kramsta), Lieut. Dörcks (3. Gren. Regt.) a. br. St. „Rominte*“ (Reiter: Lieut. v. Treskow 11. 3. Ul. Regt.) erhielt den vierten Preis, i

Die Ebrenpreise, welche für dieses Rennen ausgeseßt waren, be- ftanden für den Sieger in einem {weren silbernen Humpen auf massiv-silbernem Untersaß, Scenen aus dem Sportleben darstellend ; auf dem Decktel das Bild des mit dem Drachen kämpfenden heiligen Georg. Der Humpen trug die Umschrift: „Kaiser Wilhelm dem Sieger in dem großen Armee - Jagd - Reanen am 17. Juni 1879. Der Ehrenpreis für das zweite Pferd bestand in einer schweren sil- bernen Fruchtschaale mit einem startfertigen Renner am Knauf. Für den Reiter des dritten Pferdes war ein Kriftallseidel mit \{werem silbernen Decktel bestimmt.

Nachdem die Reiter zurückgewogen waren, wurden sie dur General-Lieutenant v. Rauch in die Kaiserloge geführt, woselbst ihnen Se. Majestät der Kaiser die für sie bestimmten Chren- geschenke Allerhöchsteigenhändig mit anerkennenden huldvollen Worten über ihre Leistungen einhändigten. Das zahlreich vor der Kaiserloge versammelte Publikum brachte nach Beendigung dieser Feierlichkeit Sr. Majestät dem Kaiser ein dreifaches donnerndes Hoch aus, welches sih nochmals wiederholte, als Se. Majestät den Wagen bestiegen, welcher Allerhöchstdieselben zum Bahnhof zurückführte. Unter tausendstimmigem Hochruf verließen Se. Majestät um 6 Uhr mittelst Extrazuges den Bahnhof Hoppegarten und kehrten nach Berlin zurü.

Das Comité der G ewerbe-Ausstellung hat dem Magistrat für die Altersversorgungs-Anfstalt der Kaiser Wilhelm-Augusta- Stiftung 5100 #4 Eintrittsgeld vom 11. d. Mts, übersandt. Außerd.m sind noch mehrere tausend Mark in den leßten Tagen eingegangen.

Für die Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin hat der Goldene Hochzeitstag des Kaiserpaares ganz besondere Bedeutung ; denn vor 14 Jahren am 11. Juni hat die Gemeinde ihren e: sten Gottesdienst gehalten. Dieselbe ringt seit Jahren nah einem aus- reichend großen Gotteshause, da die gegenwärtige kleine Kapelle dem Bedürfniß der 40 000 Seelen starken Gemeinde nicht im Entfern- testen genügt. Die Anichlagssumme für den erwählten Plan des Baumeisters Joh. Oten legt der Gemeinde eine Baulast voa 309 000 Æ auf. Da es unmöglich ift, daß eineeinzelne Gemeinde ohne alles Vermögen die Summe aufbringen kann, fo fordert ein Hülfs-Bau-Comité für die Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin alle Gaue Deutschlands auf, dur größere oder tleinere Gaben dazu helfen zu wollen, daß die Heilig-Kreuz-Kirhe in Berlin als Denkmal an den 11. Juni für kommende Geschlechter von dem ganzen deutschen Volke gebaut werde, und bittet, Gaben für diesen Zweck an das Bankhaus Henning & König, Berlin W., Markgrafenstr. 44, oder an den Pfarrer der Ge- meinde Stage 8W., Plan-Ufer 15, senden zu wollen.

Dem berühmtesten Baudenkmal, das uns aus der Zeit der Herr- schaft der Araber in Spanien erhalten geblieben ist, der Alhambra bei Granada, droht nun ein plöuliher Untergang. Wie nämlich die Madrider „Lealtad“ vom 4. d. M. meldet, hat der Hügel, auf dem dieses prächtige Gebäude steht, vor einigen Tagen zu rutschen begonnen und droht jeßt gänzlich auseinander zu gehen und so die Alhambra mit zu vernichten. Aber auch der Alcazaba, einem herrlichen weitläufigen Gebäude, welhes am Fuße dieses mit der Alhambra gekrönten Hügels liegt, und in dem einst der maurische Adel wohnte, droht dur diese Katastrophe eine große Gefahr.

Die 33. Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins wird am 9.—11. September d. J. in Magdeburg stattfinden.

Veber das Hochwasser, von dem namentlich der Kreis Ratibor {wer betroffen ist, berihtet der „Oberschl. Anz.“ in einem vom 16. d. datirten Referat Folgendes: L

„Die UVebershwemmung der Oder ist seit gestern Morgen eine so furchtbar folgenshwere geworden, wie sie seit dem Jahre 1854 in Oberschlesien niht mehr erlebt wurde. Nach den anhaltenden Regen- güssen wurde die unmittelbare Veranlassung zu der Uebershwem- mung des Oderthales ein Wolkenbruch, der theils im Kreise Ratibor, theils in tem nahen Oesterreih bei Mistek und Troppau in der Nacht vom Soanabend zu Sonntag niedergefallen ist. Alle Flüsse und Flüß chen, Bäche und Wasserläufe, die Oppa, Ostrowißa, Mora, Jaklarka 2c, vereinigten \sich in unglaublich kurzer Zeit mit der in Folge der anhaltenden Regengüsse ¿finebin schon hochanges{wollenen Oder zu einer immensen Wafsserfläche, unter welcher die üppigen Fluren des Oderthales vernichtet liegen. Die Oder hatte am gestri-

en Nachmittage in ihrem g Laufe durch unseren Kreis die böcbsten Ufer überschritten und war von Mittags bis Abends 8 Uhr

{hon um 16 Zoll gestiegen. Das Wasser wuhs bis heute früh gegen 4 Uhr, zu welcher Stunde endlich ein Fallen wahrnehmbar war, Becsuchen wir zunächst ein Bild dec Ueberfluthung der Oder im MWeichbilde unserer Stadt zu geben. In die auf den beiden hohen Ufern gelegenen Fabriken der Herren Adler, Scblesinger und Schück waren die Wassermassen mit rapidec Schnelligkeit gedrungen ; die überschwemmte Chaussee von Lucasine nah der Stadt war Abends

. nit mehr passirbar. An den mächtigen Pfeilern der beiden festen

Oderbrückeu thürmten sih die Wegen bis zur Plattenkrone, brachen dann unter unheimlichem Rauschen und wälzten ihre Wassermafsfen über den Damm längs der Meilitär-Schießstände, Traversen und Kugelfänge überfluthenz, um in die Fluren zwishen dem Herzoglihen Schloß und der Ulanenkaserne einzudringen. Von dem Birkenwäldchen sah man nur die Gipfel der Bäume und ein Stückchen des höchsten Kugelfanges hervorragen. Die Ge- treidefelder am rechten Ufer waren bis an die Hönigersche Dampf- ziegelei unter Wasser. Der an der Bahn gelegene Stadttheil wäre zweifellos übershwemmt worden, hätte nicht rcechtzeitig das Schließen der Schleuse am Doktordamm und die Verstopfung der zweiten Sthleuse, welche das S(hließen versagte, mit Dünger und Erde ftatt- gefunden. Anerkennend muß dabei hervorgehoben werden, daß die Cisenbahn-Baubehörde dem Ansuchen des Stadtraths Polko bereit- willigt dadurch entspracb, daß sie die nöthigen Mannschaft.n unter Aufsicht des Bahnmeisters Schwarzer zu der unumgänglich noth- wendigen Arbeit stellte, Um 2 Uhr Mittags war dieselbe soweit gefördert, daß die Sandstraße, der Landschaftsgarten, in welche das Wasser der Oder durch den am Doktordamm einmündenden Kanal eingedrungen war, vor weiterer Ueberfluthung gesichert waren. An der Shleuse blieben Wachen aufgestellt und polizeilihe Pa- trouillen fontrolirten fortwährend den Wasserstand, da das Wasser jenseits der Schleuse gegen Abend über 16 Zoll höher stand als nach der Stadtseite. Gestern Morgen trieben in dem reißenden Strom der Oder ein Schweinestall mit Schwein und Ziege, Kadaver von Hasen und Hunden, fast den gan- zen Tag über Haufen von Faschinen und Heuschober. Die Gegend von Plania ab bis Lubom, Grabowfa u. f. w. bildet eine Wasser- fläche. Der Sdc:aden, der die im Thale gelegenen Ortschaften ge- troffen, läßt sih heute noch gar nicht annähernd feststellen; man muß aber mit Bangen den amtlichen Verlustberichten entgegensehen. Von der Landecke \{chreibt man, daß man hüben wie drüben der Grenze nur eine Wasserfläcbe zu Füßen hat. Die Olsauer Oder- brüdcke ift überfluthet. In Püschcz shwoil der sonst kleine Mühl- bah zu einem Strom an und überfluthete sämmtlihe Wiesen und Gärten. Die Niederungen von Zawada, Bielau, Owschüt bis Boleslau bild ten einen Strom, dec tie \hône Heuernte gänzlich vernichtete, von den mit Hackfrüchten bestellten Aectern den Humus- boden wegs{wemmte ‘und an den tiefer belegenen Gebäuden bedeu- tende Schäden anritete. Bis zur Stunde, 1} Uhr Nachmittags, ist das Wasser der Oder um einen Fuß gefallen.

Aus Görliß wird der „Schles. Ztg.“ vom 17. d. M. geschrie- ben : Infoige anhaltender Regengüste, die in den leßten Tagen hier und im oberen Flußgebiete der Neisse stattgefunden haben, ift der Fluß gestern rapid angeschwollen und hat weite Uferstrecken, ins8be- sondere die Thalgegenden oberhalb der Stadt, übershwemmt. Die Vebershwemmung hat, namentlich auf den zum Theil gemäßten Wiesen, beträchtliwen Schaden angerichtet und große Quantitäten Heu, die niht mehr rechtzeitig geborgen werden konnten, mit fortge- \hwemmt.

_ München. (Allg. Ztg.) Im Glaspalast nehmen die Arbeiten für die internationale Kunstausstellung einen erfreu- lihen Fortgang. Eine Abtheilung ist bereits fertiggestellt und mit dem Aufhängen dcr Bilder begonnen worden. Das prachtvolle Oktogon (Vestibul) geht gleifalls der Vollendung entgegcn, und die Jury hat vollauf zu thun, um die s{wierige Aufgabe nah allen Seiten hin zufriedenstelend zum Abs{hluß zu bringen. Aus Belgien sind herrliche Gemälde eingetroffen, au England hat Nachricht ge- geben, daß es dur seine ersten Meister: Millais, Herkommer, Alma, Tadema vertreten sein wird. Das große Gemälde: „Die Kaiser- proklamation zu Versailles“, vom Direktor v. Werner in Berlin ist hierher auf dem Wege ; die dortige Nationalgallerie hat 20 der hervorragenden Werke zur Ausstellung überlassen ; Rom sandte 2 \{chöône Werke von Siemiradzki; selbst Madrid beshickt die Ausftellung. Aus Münten sind sehr {chöne Gemälde aufgenommen. Auch die Plastik hat treffliche Gegenstände aufzuweisen.

Im Aquarium bietet sih gegenwärtig für Naturfreunde Ge- legenheit, die interessantesten Beobachtungen über das Leben und Treiben namentlich der Meerbewohner zu machen. Greifen wir aus der Zahl der lehteren ein Thier heraus, z. B, den Stichling (Gasterost-us trachurus), welcher bekanntli seines Nesterbaues wegen einen Rang unter seines Gleichen einnimmt, fo mag hier kurz ange- deutet werden, in welcher Weise dies geschieht. Die Stoffe, aus welchen das Nestchen gebaut wird, bestehen aus kleinen Holzabfällen und 6 rashalmen, die sih auf dem Boden des Beckens im Kies be- finden. Das Männchen, welches den Bau ausführt, trägt dieses „Ma- terial“ mit einer Emsigkeit zusammen, die man bewundern muß, Ununterbrocen s{wimmt das Thierchen bald hierhin, ein Stückchen Holz holend, bald dorthin, ein Grashälmchen aus dem Kies hervor- ziehend. Während dieser Ausführung wacht es aber auch mit Arguê- augen darüber, daß Niemand seinem Bau zu nahe komme. Sind die Materialien mit dem Munde in den Sand hineingesteckt, so streiht der Stichling leicht darüber hin, und werden dadurch die Stoffe von dem Körperschleim, der sich dabei absondert, gekittet. Ist nun s\olch ein Nest fertig gestellt, dann pflegen mehrere Weib- chen ihre Eier in dasselbe hineinzulegen, welhe vom Männchen be- fruchtet, ebenfalls aber sorglih bewaht und vertheidigt werden.

Im Flora- Etablissement zu Charlotteaburg wird am Mittwoch, den 25. d. M., das erfte diesjährige Sommernachts- Fest stattfinden. Nah Beendigung des Konzerts des Königlichen und Hof-Musikdirektors Hrn. B. Bilse mit seinem aus 70 Künstlern bestehenden Orchester wird von zwei Magen L pees unter Leitung

ihrer Musikdirekkoren Unterhaltungsmujik ausgeführt werden. Bei eintretender Dunkelheit findet großes Brillant-Feuerwerk, demnächst farbige bengalishe Beleuchtung der Kaisergruppe, Riesenfontaine und Parkanlagen, Erleuchtung der Teppicbeete und Anlagen mittelst vieler tausend farbiger Lampions und Ballons statt. Später folgt Ball- und Unterhaltungëmusik im Garten, resp. im großen Kaisersaal. Auf der Terrasse vor der großen Freitreppe ist ein be- sonderer Tanzplaß eingerichtet und festlich dekorirt. Der Eintritt ist von 7 Uhr Abends an nur gegen Vorzeigung der besonders aut- gegebenen Billets gestattet, welhe im Invalidendank Berlin, Mark- grafenslraße 5la., und in der Gewerbe-Ausstellung, an den Billet- kassen des Etablissements und an den öffentli bekannt gemachten Balle verabreicht werden. Preis des Billets an den

eichnungsstellen 2 4 Schluß der Zeichnungen am 24. Juni Abends. Abendkafse Billet 3 4 Eingang Berlinerstraße, Anfahrt für Wagen Rampe an der Spree. Auf beiden Pferdebahnen werden während der Nacht Magen zur Rükfahrt nach Berlin bereit sein; ebenso werden Droschken und Wagen zur Verfügung stehen. Bei Eintritt ungünstiger Witterung am 25. Juni findet das Fest an einem der nächsten Tage statt. Selbstverständlich behalten die gelösten Billets hierzu Gültigkeit.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kefs\ eil). Druck: W. Elsner,

Vier Beilagen (eins{ließ;lich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staals-Anzeiger.

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Berlin, Mittwoh den 18. Juni

1879.

HUAR

E I I-U R TT 1 A A M

Nichtamtliches.

Berlin, den 18. Juli. Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (61.) Sizung seßte der Reichstag die dritte Be- rathung des Entwurfs einer Gebührenordnung für Rechtsanwälte fort. Der Abg. Windthorst wünschte eine Erklärung darüber, ob der §. 353 und §. 354 des Kriminal-

eseßes, welhe von verbotenen Geschenken an Richter und Advokaten handeln, niht etwa einmal in verkehrter Weise gegen Advokaten Anwendung finden könne, welche eine Extra- Gratifikation für die Führung schwieriger Prozesse bean- spruhten. Jm Uebrigen habe er zwar manche Bedenken gegen das Gese, vershließe sich jedo niht der Erkenntniß von der Nothwendigkeit desselben für den größten Theil des Deutschen Reiches, und da die Wirksamkeit der Gebühren- ordnung bereits am 1. Oktober eintreten müsse, so s{chlage er vor, um den Geschäftsgang zu erleichtern, die Vorlage en bloc anzunehmen.

Der Kommissarius des Bundesraths, Geheime Ober- Justiz-Rath Kurlbaum II. erklärte die vom Vorredner betreffs A 353, 354 des Strafgeseßbuchs geäußerte Ansicht für richtig.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) kam auf seine in der zweiten Lesung gemachten Ausführungen zurück, daß der [e Honorarvertrag zwischen dem Anwalte und den Klienten unzulässig sein müsse. Da sein dahin bezüglicher Antrag damals nicht angenommen sei, so sei für ihn das Geseß unannehmbar.

Ohne Spezialdiskussion wurde hierauf das Gese nah dem Antrage des Abg. Windthorst en bloc angenommen.

Hierauf wurde in dritter Berathung das Geseß über die Kontrole des Reichshaushalts pro 1878/79 und des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen für die Nehnungsperiode vom 1. Januar 1878 bis 31. März 1879 ohne Debatte angenommen.

Demnächst wurde die zweite Lesung des Zolltarifs mit der Position 13 g. (Holz) fortgeseßt.

Die Position 13 g. lautet:

„feine Holzwaaren (mit ausgelegter oder Schnißarbeit), feine Korb- fechterwaaren, sowie überhaupt alle unter d,, e., f. und h. nit begriffenen Waaren aus vegetabilischen oder animalishen Schnißz- stoffen, mit Ausnahme von Schildpatt, Elfenbein, Perlmutter, Bernstein, Gagat und Jet; auch in Verbindung mit andcren Materialien ; Holzbronze pro 100 kg 30 A"

Der Abg. Dr. Delbrück beantragte, den Zoll von 30 auf 24 6 herabzuseßen, während der Abg. von Miller (Weilheim) prinzipaliter in beiden Positionen einen Werthzoll von 10 Prozent eventualiter von 30 auf 60, resp. von 40 auf 70 zu erhöhen beantragte.

Der Abg. Graf von Galen beantragte, Korkstopfen, Korksohlen und: Korkschnißereien unter den Zollsaß von 13s. zu rubriziren.

Der Abg. Dr. Delbrück motivirte seinen Antrag mit dem Hinweis auf die bedeutenden Schwierigkeiten, welche bei Auf- recht:rhaltung des höheren Zolles von 30 f die Zollabferti- gung namentlih der aus Holz und Eisen odex aus Holz und Borsten zusammengeseßten Waarcn bieten würde, da es bei diesen stets zweifelhaft sein würde, nah welchem der beiden verschicd.n besteuerten Bestandtheile die Besteuerung des Ganzen erfolgen solle. Jm Vergleih zu diesen Schwierig- feiten fomme die von ihm beantragte Herabsezung gar nicht in Betracht.

Der Regierungskommissar, Ministerial-Rath Dr. Mayr glaubte, daß man zu einer so bedeutenden Abminderung aus zolltehnishen Rücksichten nicht schreiten dürfe. Die gleichen Schwierigkeiten würden \sich auŸ bei der Abgrenzung der Pos. 20 „kurze Waaren“ herausstellen und si hoffentlih au bewältigen lassen. Er bat “den Antrag Delbrück abzulehnen.

Der Abg. von Miller (Weilheim) erklärte, seinen Antrag im Interesse des deutschen Kunstgewerbes gestellt zu haben, um dasselbe vielleiht von dem Unreht zu befreien, welches der Zoutarif dieser Thätigkeit zufüge Er glaube dazu be- rechtigt zu sein, weil gerade in neuerer Zeit das deutsche Kunstgewerbe im deutschen Volke viel Sympathie gefunden habe. Fast keine deutshe Stadt sei ohne Kunstgewerbeschule, jede größere Stadt errihte ein Museum, um die Werke zu sammeln und sie den Gewerbemeistern, den strebsamen Hand- werkern als Muster und Vorbild zur Nachahmung zu bieten ; es seien aber auch in Deutschland viele Vereine entstanden, wo Künstler und Handwerker sich bemühten, mustergültige, \{chöne Waare zu erzeugen. Selbstlos gingen die Künstler in die Werkstätten und suchten Geshmack, Sinn und Verständniß für das Schöne zu verbreiten. So habe man denn auc in Deutsch- land allüberall tüchtige Meister für diese kunstindustrielle Thätigkeit, deren Werke den Vergleih mit denen der Alten vollständig auszuhalten vermöhten und denno gedeihe diese Thätigkeit in Deutshland nicht. Zunächst, weil bei derselben nid;ts zu verdienen sei. Bei der Delegirtenver- sammlung ter Künstler und Kunsthandwerker in München im Jahre 1876 sei man darüber ein'g gewesen, daß die Alles Überwuchernde französishe Luxusindustrie diese zarte Pflanze in Deutschland nicht auskommen lasse. Die Franzosen hätten si seit 100 Jahren mit einem Panzer umgürtet, weil sie das für nöthig und nüßlih für die Entwicklung ihrer Kunst- industrie gehalten hätten. Sie hätten zu diesem Zweck keinen hohen Gewichtszoll, wie Deutschland, sondern einen Werth-

oll angewendet. Der von der Regierung vorgeschlagene Zoll etrage kaum 3 Proz. des Werthes, E die ¿Franzosen 18 Proz. vom Werth als Zoll für dieselben Gegenstände er- höben. Die Regierung führe in den Motiven an, daß sie, um das finanzielle Resultat nicht zu geen, den Zoll so niedrig normirt habe. Wie aber können Finanzrüdlsichten hier in Frage kommen, wo es sich um die Fnteressen der gesamm- ten Kunstindustrie Deutschlands handele? Der Zoll müsse doch wenigstens die Wirkung haben, daß er der deutschen Kunstindustrie wenn au nur au einige Zeit den heimischen Markt sichere. Deutschland laborire ja leïder an einem solchen Mangel von Nationalstolz, daß gerade die oberen Klassen, die naturgemäß zum Schuß der heimischen Kunstindustrie berufen wären, ausländische Produkte vorzögen, und besonders feine Möbel aus Paris kauften. Der Reichstag werde mit An-

nahme seines Antrags darthun, daß das deutsche Neih Theil- nahme für die Thätigkeit des deutshen Kunstgewerbes habe, und daß es bereit sei, dasselbe von der Shmach zu befreien, e der es durch die Bevorzugung französisher Produkte eufze.

__ Der Bundeskommissar erwiderte, er persönlich ebenso wie die verbündeten Regierungen brächten den Zielen des Vorredners auf Förderung des deutschen Kunstgewerbes und Kunsthandwerks die wärmsten Sympathien entgegen, und es sei au der Gedanke, als Mittel dazu den Werthzoll zu ver- wenden, erwogen worden. Die Regierungen sowohl wie die Kommission des Reichstags glaubten jedoch, dieses Prinzip in nit weiterem Maße zur Anwendung bringen zu sollen, als dies bisher geschehen sei. Jn jedem Fall müßte die Frage der Werthzölle allgemein und nicht bei der einzelnen Position zur Entscheidung gebraht werden. Auch in Frankrei sei,

wie die neuen Tarifvorlagen bewiesen, die Strömung den |

Werthzöllen niht mehr günstig. Er bitte das Haus also, den Prinzipal- wie den Eventualantrag des Abg. von Miller ab- zulehnen. Der in dem leßteren vorgeschlagene Zoll sei im Vergleih zu dem ganzen System ein unverhältnißmäßig hoher. Auch würden von demjelben verschiedene Waaren be- troffen werden, für welche ein so hoher Zoll durchaus nicht angebracht erscheine.

_ Der Abg. Graf von Galen wollte mit jeinem Antrage eine alte, hundertjährige deutshe Haussindustrie hüben, welche durch das Schutzollsystem Frankreihs und Amerikas arg geschädigt sei. Der von ihm beantragte Zoll sei für den Konsumenten von äußerst geringer Bedeutung. Der Bundes- fommissar bat, diesen Antrag aus Konsequenz der gestern zu Position 13 s. gefaßten Beschlüsse abzulehnen.

Der Abg. Sonnemann wandte sich gegen den Antrag von Miller. Derselbe gründe sich auf zwei Petitionen, welche nicht so sehr von den Praktikern, den großen Möbel- und Bronze- fabriken Deutschlands, sondern mehr von Theoretikern und Kunstschriftstellern ausgegangen seien. Diese Petitionen be- ruhten auf falschen Vorausseßungen. Es sei nicht richtig, daß alle feinen Möbel von Paris bezogen würden. Dieselben würden seit dem Aufshwung der Kunstindustrie meistens in Deutsch- land gekauft, Der französishe Jmport belaufe sich nur durch- shnittlih auf 2700 Ctr. pro Jahr. Zudem seien die von der Regierung vorgeschlagenen Zölle durhschnittlih höher als die in den neuen französischen Tarifvorlagen für die gleichen Kunstindustriegezenstände vorgeshlagenen. Frankreih sei Deutschland auf diesem Gebiete auch nicht wegen seiner höheren Schußzölle überlegen, sondern wegen der vielen Mil- lionen, die es seit dem 15. Jahrhundert auf die Förderung seiner Kunstindustrie, auf Musterwerkstätten und ähnliche An- stalten verwendet habe. Auf ähnliche Weise müsse der Staat der Kunstindrustie helfen, nicht dur allzu hohe Zölle. Aus diesem Gesichtspunkt sei der Antrag von Miller abzulehnen.

Nah Ablehnung aller Anträge wurden die Positionen 13g. und b, nach Fassung der Regierungsvorlage ange- nommen.

Es folgte Position 14: Hopfen 100 kg Brutto 20 f

Der Abg. Lüders beantragte die Utberweisung der Posi- tion an die Brausteuer-Kommission und Abg. Hermes, den Sah auf 10 6 zu ermäßigen.

Der Abg. Lüders begründete seinen Antrag mit dem Hin- weise auf die große Uneinigkeit, die bezüglich des Hopfen- zolles bestehe und in zahlreihen Petitionen, Resolutionen und landwirthschaftlichen Vereinen 2c. ihren Ausdruck finde. Da erscheine eine eingehende und sorgfältige Prüfung der Frage gerathen, was am Bésten in der Brausteuer-Kommission ge- schehen könne. Bei der Bedeutung, welche der Hopfen für die Bierbrauerei habe, erscheine es als ein sehr gefährliches Unter- nehmen, den Hopfenpreis zu vertheuern. Man werde damit ae Brauer veranlassen, sich scchlechterer Qualitäten zu be-

ienen.

Der Bundeskommissar erwiderte, der Hopfenzoll sei nicht in Verbindung mit der Bierbrauerei, sondern als landwirth- \chaftliher Zoll zu betrachten und nah der leßtbezeihneten Richtung hin habe sich das Bedürfniß nah demselben evident e Die Hopfenpreise, welche in den Jahren 1827

is 1876 von 20 bis 530 4 pro Centner betragen hätten,

seien überdies so außerordentlihen Shwankungen unterworfen, daß eine Mehrbelastung des H opfens mit 10 A völlig unbe- denklih sei. Charakteristisch fei es, daß an der Spite der Agitation gegen den höheren Hopfenzoll nicht die Hopfenbauer, sondern die Hopfenhändler ständen.

Der Abg. Hermes erklärte, es wäre bedauerlih, wenn die Majorität den vorgesd4,[lagenen Zollsaß nur deshalb , weil der- selbe eine Erhöhung enthalte, annehmen wollte. Alle Gründe, welche in anderen Fällen für Erhöhung eines Zolles sprächen, lägen hier gerade gegen dieselbe vor. Auch der „autonome Tarif“ habe deshalb hier keine Erhöhung vorgeschlagen. Ein höherer Saß als 10 f habe auch in anderen Ländern bisher nit gegolten. (Redner zitirte einen Artikel der Hopfenlaube.) Der hohe Zoll shädige vornehmlih die deutshe Landwirlh- schaft, da der Hopfenbau und in Folge dessen der Hopfen- export in den leßten Fahrzehnten einen enormen Aufshwung genommen habe. Redner wies zahlenmäßig na, daß Deutschland den Bedarf anderer Länder, namentlih Eng- lands und Oesterreihs, zum Theil decke, weit mehr Hopfen exportire als inmportire und den Weltmarkt beherrshe. Die 22 000 Ctr., welhe Deutschland noch importire, seien theils Saaßer Hopfen, das Beste, was überhaupt an Hopfen existire, und dessen Verwendung den Bierbrauern nur zur Ehre gereihe, theils s{chlechter österreichischer Hopfen, der in Deutschland aber nur zum Theil mit inländishem gemischt, durchgeführt werde und bei Ein- führung des Zolls seinen Weg durch andere Länder suchen würde. Dos hieße aber nur den Handel der Stadt Nürnberg schädigen. Wenn Oesterreih mit gleicher Zollerhöhung vor- gehe, so habe Deulschland den Nachtheil, da Deutschland mehr nach Oesterreich exportire, als importire. Da die Pop pre so große Schwankungen durhmachen müßten, so fei der Zoll bei hohen Preisen bedeutungslos, bei niedrigen Preisen aber ein nes Prohibitivzoll. Die Hopfenbauer, speziell die der Altmark, fürchteten Repressalien anderer Länder , denn die

ait: f

Agitationen auf Repressalien gegenüber dem Tarif seien in England bereits sehr stark im Zuge und würde durch solchen Uebermuth , wie die Erhöhung des Hopfenzolls deutscherseits wäre, nur neue Nahrung finden. Das Malz sei den Frei- händlern schon im Tarif verloren gegangen, schenke man ihnen den Hopfen, damit man nicht s{hließlih sage, an diesem Tarif sei Hopfen und Malz verloren.

Der Bundeskommissar bemerkte dem Vorredner, daß die „Hopfenlaube“ in einer Redaktionsbemerkung vom 19. Februar d. J. ausdrücklih erklärt habe, daz sie nicht die Ansichten theile, welche der citirte Artikel entwidckele.

Der Abg. Frhr. von Ow (Freudenstadt) bemerkte, er habe den Parlamentsalmanach durchblättert, um sih zu über- zeugen, inwiefern Abg. Hermes Hopfenkenner sei; da stehe denn zu lesen, daß derselbe lange Fahre Mitinhaber eines Waaren-Kommissionsgeschäftes gewesen sei, und von diesem Gesichtspunkte aus sei der Antrag Hermes allerdings begreif- lih. Allein derselbe entsprehe nicht den thatsählihen Ver- hältnissen, denn die Veränderung der Aus- und Einfuhr lasse es nicht zu, den bisherigen Zollsaß für Hopfen weiter aufrecht zu erhalten. Der Ausschuß und Vorstand des „Central- vereins der deutschen Hopfenbauer“ habe sich in einer Resolution dahin ausgesprochen, daß von der Seitens der Regierung proponirten Zollerhöhung keine Schädigung der deutschen Produktion zu befürchten stehe.

Die Diskussion wurde geschlossen. Persönlih bemerkte der Abg. Hermes, vor seiner heutigen Rede hätte er den Abg. von Ow so wenig zu kennen die Ehre gehabt, wie derselbe ihn: ex glaube auch nichts verloren zu haben. Wenn derselbe glaube, daß ein Abgeordneter Jnteressent sein müsse, um in die Debatte einzutreten, so scheine er nur eine geringe Vor- stellung zu haben von den Aufgaben eines Vollsvertreters. Abgeordnete, die aus persönlichem Fnteresse sprächen, pflegte Ar von Hoverbeck zu bezeichnen als Abgeordnete zweiter

laj})e.

Hierauf wurden beide Anträge abgelehnt, die Position 14 nach der Regierungsvorlage unverändert genehmigt.

Es folgte Position 15: Jnstrumente, Maschinen, Fahr- zeuge.

15a,: Instrumente, ohne Rücksicht auf die Material ien, aus welchen sie gefertigt sind: 1) musikalishe pro 100 «g 30 M, 9) astroaomische, cirurgische, optische, mathematische, chemische (für Laboratorien), physikalische . . . . frei, wurde ohne Debatte genehmigt.

Zur Position 15þ. 1: Lokomotiven und Lokomobilen 8 (bis 1877 4 M1; von da ab frei) lag zunächst ein Antrag des Abg. von Wedell (Malchow) vor, die Lokomobilen hier zu streichen, wodurch sie unter 15þ. 28 fallen würden: andere Maschinen aus s{chmiedbarem Eisen 5

Der Abg. Sonnemann beantragte, die alten Zölle von vor 1877 wieder herzustellen: Lokomotiven 4 #6; andere Ma- schinen a. aus Holz und Eisen 2 4; þ. aus anderen unedlen Metallen 8 4 pro 100 kg.

Der Abg. Nichter (Hagen) beantragte endlich, Lokomotiven und Lokomobilen mit 5 Á anzuseten.

Der Abg. von Wedell-Malchow empfahl seinen Antrag im Interesse der Landwirthschaft, besonders in den Ostsee- provinzen ; dieselbe sei des billigen Seetransports wegen auf den Bezug englischer Lokomobilen angewiesen und werde sie auch in Zukunft von dort beziehen müssen, so daß der Zoll die Landwirthschaft belaste, ohne der ZJndustrie zu nüßen. Deshalb sei es. wünschenswerth, den niedrigeren Zoll für Lo- fomobilen- zu haben. Die Unterscheidung zwischen Lokomo- bilen und Lokomotiven habe bisher bestanden und sei auch bei der Zollbehandlung leiht zu ermöglichen.

Der Bundeskommissar Geheime Regierungs-Rath Burchard erwiderte, Lokomotiven und Lokomobilen ständen einander nicht blos dem Werthe nach ziemli gleich, sondern sie seien au äußerlich kaum zu unterscheiden. Deshalb erscheine es rationell, beide in eine Position zu vereinigen und mit demselben Zoll- saß zu belegen. Die Landwirthschast werde nun zwar am meisten von dieser Erhöhung berührt, indessen wiege der be- trähtliche und vielseitige Nußgen der Lokomobilen die kleine Zollbelastung reihlich auf. Die hier in Berlin öster sichtbar werdenden Dampfwalzen würden beweisen, wie s{hwer es sei, Lokomotiven und Lokomobilen zu unterscheiden. Die zuleßt genannten Anträge bitte er abzulehnen, sie wären zulässig, wenn man nur einen allgemeinen Eisenzoll von 1 F hätte, niht aber, nachdem die Zölle auf Roheisen u. 1, 10, WICOCT beschlossen seien.

Der Abg. Stumm bemerkte, weder ein Zollbeamter noh ein Techniker könne eine genaue Definition einer Lokomobile geben; wenn die Zollfreiheit der Lokomobilen beantragt wor- den wäre, so hätte er das verstehen können ; der vorgeschlagene Zoll sei aber niht hoh genug, um inländishe Fabrikanten zum Lokomobilenbau anzulocken und so den Zoll allmählih de facto zu beseitigen, indem die Maschinen im Lande gebaut würden. Wenn der Abg. Richter gegen den Zoll etwa wieder die Lokomotivkoalition anführen sollte, so müsse er bemerken, daß gerade die Zollfreiheit die Bildung solcher Koalitionen ver- anlaßt habe. enn ein genügender Schubzoll bestehe, werde leine Veranlassung mehr für die Regierung vorhanden sein, die Ausländer von Submissionen auszuschließen und damit hätten die Koalitionen ihren Werth verloren. ;

Der Abg. Richter (Hagen) erklärte zur Beruhigung des Abg. von Ow, daß er nicht mit Lokomobilen handle, auch nit Landwirth sei, gleihwohl im Interesse der Landwirth- chaft für das Amendement von Wedell eintrete, außerdem auch beantrage, den besonders hohen Zoll für Lokomotiven zu treihen. So wenig die Koalitionsfreiheit der Arbeiter ohne Sre iügigkeit bestehen dürfe, so wenig dürfe man dur Zoll- absperrung der ausländischen Konkurrenz Koalitionen der Lokomotivfabrikanten begünstigen. Dieselben seien unter der Zollfreiheit nur möglich, weil das Ministerium freiwillig die ausländishe Konkurrenz nicht zugelassen habe. Diese Kon- nivenz erhalte durch den Zoll eine rechtliche Grundlage. Herr Schwarßkopff habe zuerst in einer Zeitungspolemik gethan, als ob eine Koalition nicht bestände und seine Angabe über die Vertheuerung der oberschlesishen Bahn gegenüber dem Ausland Erfindung sei. Nah seinen Detail: