1879 / 148 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jun 1879 18:00:01 GMT) scan diff

die hohe Tabakssteuer, den Petroleumzoll, alle anderen Dinge zu bewilligen, hier in dieser Weise über 400 000 # Zuschuß zu debattiren, daß heiße in der That Müden seihen, wäh- rend man Kameele vers{chlucken wolle. Das Centrum habe aus Sonderinteressen alle liberalen und demokratischen Grundsäße aufgegeben. Er sei im Kulturkampfe kein Gegner des Centrums gewesen, er habe niht für die Maigesete ge- stimmt, und er sei auch noch heute dagegen; das Centrum sei Mgtaen in einer vollständigen Wandlung begriffen, es gebe die Nechte der Steuerzahler in jeder Weise preis. Auch er finde es traurig, daß die Sammlungen für das Denkmal keinen besseren Fortgang genommen hätten, aber die Schuld liege daran, daß nicht mehr der frühere Stolz auf die natio- nale Errungenschaft vorhanden sei, es liege zum Theil an jener Jnteressenpolitik, die von der klerikal-konservativen Ma-

jorität jeßt verfolgt werde; diese müsse möglichst bald beseitigt |

werden. Was den Antrag selbst anlange, so könne der Reichstag nicht anders, als die Summe bewilligen, nahdem der Kaiser selbst den Grundstein zu diesem Denkmal gelegt hab® und der Bau schon so weit gediehen sei. Und wenn von der Germania gesprochen sei, die das Denkmal krönen

solle, so hoffe er, daß, wenn dieselbe einst aufgerihtet werde, |

dann bessere Zustände in Deutshland sein würden, als heute.

Die Diskussion wurde ge\chlossen. Nach einigen kürzeren Bemerkungen der Abgg. Windthorst und Frhr. von Schor- [lemer-Alsstt und nach einem S{hlußwort des Referenten Dr.

Lucius, der nochmals den Kommissionsbeshluß zur Annahme | empfahl, wurde der Antrag Windthorst abgelehnt und die |

Kommissionsvorlage mit großer Majorität angenommen.

Es folgte die zweite Lesung des Gesezentwurfs über die Konsulargerichtsbarkeit.

Der Abg. Dr. Zimmermann fand die den Konsuln bei-

gelegten ausgedehnten Befugnisse bedenklih; es hätte wenig- |

stens eine größere Kontrole über dieselben geschaffen werden | müssen. Nach §. 1 könne die Konsulargerihtsbarkeit auch |

durh das Herkommen begründct werden. Er glaube, daß

dies zu mißbräu{chlicher Auélegung Anlaß geben könne, da es |

ein Herkommen des jungen Deutschen Reiches do nit gebe.

Aber erst wenn man Erfahrungen mit dem Ges. 8e gemacht |

habe, könne man es verbessern.

Der Referent Abg. Dr. Gareis erklärte, das Gesetz ent-

halte nur die durch die neuen Prozeßgeseße gebotenen Um- änderungen des preußischen Gecseßzes von 1865 und des nord-

deutschen von 1867 über dieselbe Materie. Die geringen Kor- |

rekturen, welche die Kommission nöthig gefunden habe, seien von der Regierung gebilligt worden. Die Polizeibefugnisse, welche den Konsuln darin beigelegt seien, genössen auch die Konsuln aller anderen Staaten. Zu einer Auslegung des Wortes Herkommen werde es selten kommen, da die Gerichts- barkeit in der Regel durch Staatsverträge begründet sei.

Auf Antrag des Abg. Dr. von Schwarze wurde der Geseß- entwurf nah den Beschlüssen der Kommission en bloc an- genommen,

Das Haus seßte darauf die zweite Berathung des Zoll- |

tarifs fort. Pos. 34 lautet : Torfkohlen . . . frei.“

Der Abg. Ackermann beantragte die folgende Fassung: Steinkohlen, Koks, Torf, Torfkohlen . . . frei, Braunkohlen 100 kg . . . 0,02 /& Der Antrag rettfertige sich durch den Beweis auf die Uebershwemmung des deutichen Marktes mit ausländischer Braunkohle. Habe doch deren Import allein in den leßten sieben Fahren um zweihundert Prozent zugenom- men. Der vOratNagene Zoll, so gering er sei, werde denno immerhin einen kleinen Schuß gewähren. Die Gunst, die erst vor einigen Tagen dem deutschen Schiefer zugewandt sei, dürfe auch die deutsche Braunkohle beanspruchen.

Der Abg. Streit erklärte sich für den Antrag Ackermann ; wenn alle Zweige der Jndustrie mit einem so umfassenden System von Schußzöllen umgeben werden sollten, dann dürfe man freilich au in diesem Falle niht anders als analog be- \chließen. Wenn man die Kohlenindustrie zwinge, alle ihre Bedürfnisse künftighin theurer zu bezahlen, dann müsse man sie au in ihren Einnahmen besser ftelen und das thue der Antrag Ackermann.

Der Abg. Dr, Hammacher hoffte, daß der Reichstag sich den beiden Vorrednern niht anshließen werde. Eher als auf Braunkohlen würde \sich noch ein Zoll auf Steinkohlen legen lassen. Braunkohlen zu verzollen gehe shon um deswillen nicht, weil die deutshe Braunkohle notorisch der böhmischen keine Konkurrenz machen könne, und die böhmische komme allein in Frage. Der Zoll auf Braunkohle werde dieselbe vertheuern, den Import aber nit um eine einzige Tonne vermindern. Er bitte den Antrag Ackermann abzulehnen.

Der Antrag Ackermann wurde hierauf abgelehnt und die C oan dagegen unverändert angenommen. Pos. 36 autet:

Theer, Pei, Harze aller Art, Asphalt (Berztheer) . . . frei. wurde debattenlos angenommen.

Pos. 37 lautet :

„Thiere und Thierprodukte" : a. Lebendige Thiere und thierisce Produkte, ferner Bienenstöcke mit lebenden Bienen b, Eier von Geflügel . . . 100 kg 3 M

Der Abg. Dr. Delbrück beantragte, sub a, hinzuzufügen „frishe Fische“, vagegen Litt. þ. zu streihen; er meine damit den Fntentionen der Regierung zu entsprechen. Der Antrag habe nur die Bedeutung einer Deklaration, niht einer Aende- rung des Tarifs.

Die Abgg. Fürst von Haßfeldt-Trachenberg, Frhr. von Manteuffel u. Gen. beantragten einen Zusag:

c. Lebende Tite I 2h loar- 100 kg 2 M. Lebende Fiscte, seewärts eingehend, frei.

Der Abg. Freiherr von Manteuffel befürwortete die An- nahme dieses Antrages, ‘da die deutsche Fischerei des Schußes ebensowenig entbehren fönne als irgend ein anderer Zweig der landwirthschaftlihen und ähnlicher Jndustrie.

Der F S am ar, Geheime Regierungs-Rath Tiede- mann, bestätigte dem Abg. Delbrück, daß dessen Antrag aller- dings nur redaktionell sei und gab desen Annahme anheim. Dagegen erscheine der Antrag des Frhrn. von Manteuffel in dieser Form nicht acceptabel. Derselbe treffe nit allein die böhmischen Karpfen, sondern auh viele andere Fische, zudem gingen viele Seefishe über die Landesgrenze ein, die dann nit als seewärts eingehend “behandelt würden. Um kein Mißverständniß aufkommen zu lassen, wolle er erklären, daß nah der Auffassung der verbündeten Regierungen unter allen Umständen alle Fisce zollfrei bleiben sollen, welche von deutschen. Fischern- auf deuishen Böten gefamdzen würden.

der Abstimmung wurde nunmehr der Zusaß auf den Antrag Delbrück angenommen, „frische Fische“, dagegen der Antrag Fürst Hazfeldt- von Manteuffel abgelehnt.

„Steinkohlen, Braunkohlen, Koks, Torf,

Nunmehr wurde der Antrag Delbrück diskutirt, Litt. b. zu streichen, so daß also Eier von Geflügeln au fortan zoll- frei bleiben sollten.

Der Abg. Dr. Delbrück stellte den neu vorgeschlagenen Zollsaß von 3 M als eine Anomalie hin, die besonders \{chwer auf der Albuminfabrikation lasten werde. Eine Fabrik in der Nähe von Passau verarbeite jährlich an Eiern 256 000 Ctr. brutto, die sie zum größten Theil aus Oesterreih beziehe. Von ihrer gesammten Fabrikation kämen 80 Proz. auf ge- werblihe Zwecke, 20 Proz. würden zur Verproviantirung von Schiffen verwendet. Der vorgeschlagene Zoll würde das Kilo- gramm Eier um 6 s, Eiweiß um 5 -§, Albumin um 34 5 vertheuern, und der betreffende Fabrikant habe erklärt, daß er im Falle der Annahme des Zolltarifs sein Etablissement nach Vestèrreih verlegen werde. Der Zoll sei eine Anomalie, denn er vertheuere das Albumin, welches zollfrei eingehe ; derselbe treffe empfindlich die Leder-, Porträt- und Goldleisten- fabrikation und werde das Aufhören der Fabrikation des Al- bumins in Deutschland zur Folge haben. Sein finanzielles Ergebniß werde voraussichtlih sehr gering sein.

Der Bundeskommissar bat, den Antrag abzulehnen, da es vom landwirthschaftlichen Standpunkte aus eine wichtige Aufgabe sein müsse, die Geflügelzucht zu heben, die ebenso wichtig sei, als die Schweinezucht. S diesem Zwecke sollte der Zollsay von 3 # dienen. Was die angebliche Schädigung der Albuminfabrikation angehe, so sei darüber schon in der Generaldebatte das Nöthige gefagt.

Der Antrag Delbrück wurde abgelehnt, also der Zollsaz von 3 # aufrecht erhalten.

Es folgt Pos. 39, Vieh, dieselbe lautet:

a, Pferde, Maulescl, Maulthiere, Esel à Stück 10 M Anm. Füllen, welche der Mutter folgen, frei.

b, Stiere und Kühe, à Stück 6 Æ, c) Ocbsen, à Stück 20 M,

d. Jungvieh, à Stück 4 Æ, e. Kälber unter sech{s Wochen, à

Stück 2 K, f. Schweine, à Stück 2,50 Æ, g Spanferkel unter

10 kg à 0,30 Æ#, b. Swafvieh, à Stück 1 M, i. Lämmer, à

Stück 0,50 4, k, Ziegen frei.

Die Abgg. von Simpson - Georgenburg und Genossen beantragten a. zu fassen :

1) Pferde, à Stück 20 A, 2) Maulesel, Maulthiere, Esel, à Stück 10 A

Die Abgg. Richter (Meißen) und Genofßsen beantragten

zu c. und d. für Ofen 25, für Jungvieh bis zu 21/2 Jahren

| 4 M zu erheben.

Endlich beantragten die Abgg. Staudy, von Scalscha, Dr. Frege, Frhr. von Lerdtenfeld, für f. und g. Zollsäße von 4 resp. 1 M anzusegen.

Der Abg. Dr. Wachs beklagte, daß die rigorosen Maß- regeln, welche das Deutsche Reih wegen der angeblichen Ge- fahren der Rinderpest 2c. getroffen habe, Deutshland den eng- lischen Markt für das Vich fast völlig verschlossen habe; der Absay deutschen Viehes sei dadur fehr ershwert, und jedes unverkaufte Stück Rindvieh ergebe für Deutshland einen Verlust von 20—30 M. Er frage die verbündeten Regie- rungen, ob die Vorschriften des §. 115 des Vereins-Zollgeseßes, betreffend den Veredelungsverkehr, auch Anwendung finden würden auf die Einfuhr mageren und die Ausfuhr fetten Viehs; im Jnteresse der ausshließlich Weidewirthshaft treiben- den Gebiete, z. B. des Eichsfeldes, wäre cine Auskunft hierüber sehr erwünscht.

Der Bundesköuimissar bedauerte, über die bezüglichen Entschließungen des Byndedrathes noch keine Mittheilung machen zu können.

Der Abg. von Simpson-Georgenburg erklärte, von 6803 Pferden für die Reichsarmee hätten ses preußishe Militär- fommissionen im Jahre 1878 4389 Pferde in den Provinzen Ost- und Westpreußen zum größten Theil in Ostpreußen ge- kauft. Außerdem beziehe de bayerishe Armeeverwaltung jährlich 6—800 Pferde und die sächsishe Regierung den größten Theil ihrer Kavalleriepferde von dorther. Die Pferde- zucht in dieser Provinz schreite qualitativ fort, da nach den Berichten der Remonteankaufskommission an die preußische

Regierung die Zahl der zu Militärzwecken brauchbaren Pfer! e |

von Fahr zu Fahr zunehme. Quantitativ habe die Pferde- zucht Ostpreußens jedo abgenommen. Dieser Rückgang habe jeinen Grund darin, daß die Pferdezucht in diesen Provinzen,

| obwohl sie von Natur und durch Tradition auf die Zucht der

Militärpferde angewiesen seien, nicht mehr lohne. Diese beiden Provinzen allein blieben hinter dem Durtschnittspreis ter Remontepferde im ganzen Lande, der 663 # pro Pferd betrage, zurück. Dort koste das Pferd dur{shnittlih blos ca. 654 Æ, während beispielsweise in Hannover der Preis 786 A betrage. Der niedrige Preis in den Ostseeprovinzen werde verurfsaht durch die überaus große russische- Pferde- einfubr und hiergegen , namentlih gegen die shletesten Qualitäten , werde ein Schußzoll von 20 M pro Pferd sehr heilsam sein. Dadurh werde auch die deutshe Kavallerie in D Remontebedarf von dem Auslande vicl unabhängiger werden.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, man müsse sich jett fast entshuldiaen, wenn man über eine Sache spreche, an der man kein perfönliches und privates Jnteresse habe. Er handle niht mit Pferden, aber der Abg. von Saudcken habe bereits hier ausgeführt, daß die Pferdezuht in Ostpreußen kein ernsthaftes Interesse an Zöllen auf Pferde habe. Dieselben würden zu- meist dem Ackerbau ein A2beitsinstrument vertheuern. Indeß wolle er’ zuvor an diesen Abschnitt einiges Allgemeine knüpfen. Der Reichskanzler stellte neulich die Viehzölle besonders als Ausgleich für eine Ueberlastung des platten Landes in Preußen dar. Wie verhalte es sich aber in Wirklichkeit? Seit 1867, der Annexion, hätten sih die direkten Steuern in Preußen um 21 Millionen Mark vermehrt, aber diese Vermehrung sei aus- \{hließlih auf die Städte gefallen. Das platte Land zahle bei einer Bevölkerungszunahme um 1/5 Million relativ und absolut heute weniger Steuern als 1867. Die Grundsteuer sei gleihgeblieben, die Gebäudesteuer in den Städten weit stärker als auf dem Lande gestiegen, das platte Land zahle gegen 1867 weniger Gewerbesteuer und 4!/, Millionen Mark weniger Klassen- und Einkommensteuer; die Städte 7 Mil- lionen Mark mehr. Alle Steuerreformen in Preußen seit 1867, ‘insbesondere der “Klassensteuerlaß von 9“ Millionen Mark aus dem Jahre 1873 seien, wie amtlich konstatirt werde, fast auss{ließlich dem platten Lande zu Gute aefommen. Ueber die Kommunäálsteuern hätte nan keine Zahlen aus der Vergangenheit. -Die neuesten amtlihen Erhebungen thäten dar, daß der Städter das Dreifache vom Landbewohner an Kommunalsteuern- bezahle, zum Theil deshalb, weil die Städte niht entfernt in dem- Maße wie das platte Land Zuschüsse für das Elementarschulwesen aus den allge- meinen Staatsfonds erhielten, Die Beispiele des Reichs- fanzlers von der Belastung des platten Landes seien

dem Niederrhein entnommen, wo die Verhältnisse von Stadt und Land überhaupt ziemlich gleichartig seien. Jn Pommern dagegen betrügen die ländlihen Kommunalsteuern den 8. Theil der städtishen Steuern im Lande. Die Staats- steuern des platten Landes hätten \ich seit 1867 vermindert, die Zuwendungen für das platte Land aus Staatsfonds da- gegen stark erhöht. Das landwirthschaftlihe Ministerium er- halte niht mehr blos 4 Millionen Ma:k wie 1867, sondern 9 Millionen Mark Zuschuß. Für Chausseebau und Unter- haltung, die ja ganz besonders das platte Land interessire, seien 1867 15 Millionen Mark ausgegeben, jeßt seien den Provinzen dazu 371/, Millionen Mark überwicsen und außer- dem sei das Chausseegeld mit 5 Millionen Mark erlassen. Alles dies habe eine liberale Mehrheit des Abgeordnetenhauses seit 1867 herbeigeführt. Nun bezahle der ganze Regierungsbezirk Cöslin nur 1 800 000 # direfter Staatssteuern, weniger noch als 1867; für diesen halben Betrag sei Cöslin allein bei der Berehnung der Provinzialrenten in Ansaß gebracht. 469 000 fosteten auch in diesem Jahre die hinter- pommerschen Häfen, zweimal 900 000 M kosteten an Zuschüssen die hinterpommersche und Cöslin-Danziger Bahn, von der an- gekauften Wagenershen Gründung und dem Zuschuß zur Centralbahn gar nit zu rechnen. Das Reich würde si sehr gut stehen, wenn man den Hinterpommern alle Staatssteuern erließe und sie mit einem feiten Zuschuß für si selbst sorgen ließe. Man hüte ih in der Gegenüberstellung von Land und Stadt Rechnungen zu provoziren, sie würden zum geraden Gegentheil von dem führen, was man beabsihtige. Was nun die Viehzölle anbetreffe, so erkläre sih die geringe Abnahme beim Rindvieh nah Verhältniß der Bevölkerung bei der Zäh- lung von 1873 daraus, daß jene Zählung am 10. Januar, wo die Schlachtperiode shon weiter vorgeschritten sci und nicht wie die früheren Zählungen am 3. Dezember stattgefunden habe. Jn den amtlichen Berichten werde deshalb hervorgehoben, daß si diese Zählung gar nicht mit früheren vergleichen lasse. Dazu komme noch, daß 1873 große Verluste durch die Rinderpest in Frankreich vorhergegangen seien, welhe durch deutshe Aus- fuhr theilweise ergänzt worden seien, Weil die Futterpreise hoh gestanden hätten und die Viehpreise noch höher, sei damals viel geshlachtet worden, ohne jofortige Ergänzung des Bestandes zur weiteren Mastung. Auch der Bericht des land- wirthschaftlichen Ministers über die Jahre 1875—77 fonstatire eine bemerkenswerthe Ausdehnung der Rindviehzucht. Nur im Jahre 1877 habe Deutschland mehr Rindvieh eingeführt als aus- geführt. Bereits 1878 habe es wieder eine Mehrausfuhr aufzu- weisen, Die Einfuhr aus Oesterreich, auf welche die Motive hin- wiesen, sei bereits 1878 wieder auf die Hälfte gesunken, sie habe 1877 größer sein müssen, weil in diesem Jahre die Rinder- pest große Verluste an Beständen herbeigeführt habe. Die Vieh- preise seien gerade 1877 in Diä&schland sehr hoh gewesen. (Redner verlas einen amtliten Béctt über die Rindviehzucht Hannovers 1877.) Ueberhaupt scizn die Rindfleischpreise fort- geseßt gestiegen von 34 Pf. im Jahre 1821 auf 40 alte Pf. 1843, 54 Pf. 1855, 61 Pf. 1862, 76 Pf. 1874, und seien dann auf 70 Lf. Ende 1878 gefallen. Der ganze Rindviehbestand Deutschlands betrage 1/; Million Stück, die Einfuhr von 266 000 Stück, also nur 1?/; Proz., dazu sei die Ausfuhr von 282 000 Stück noch größer gewesen. Ein Viertel der gesammt:n Ochsen- einfuhr komme nach Schleswig-Holstein, das sei Alles Mager- vieh, was dort gemästet und nah England verkauft werde. Die Erklärung des Regierungskommissars, daß man dies als Veredlungsverkehr betrahten wolle, könne Schleswig-Holstein nit beruhigen. Der Versu sei bereits 1864 gemacht worden, habe aber, da die Jdentität für die Rückzahlung bei der Aus- fuhr nicht kontrolirt werden konnte, aufgegeben werden müssen ; wie vordem unter Dänemark, so habe auch nachher auf dieser Grenze immer Zollfreiheit für Vieheinfuhr bestanden, troßdem man an den übrigen Grenzen bis 1870 noch Viehzölle besessen habe. Auch sonst werde gerade die Landwirthschaft durch solche Vieh;ölle geshädigt, er erwähne nur den bayerishen Wald, wo man für das Zugvieh, besonders auf Ochsen aus Oesterreich angewiesen sei. Die Vieheinfuhr, soweit sie direkt die Kon- sumenten angehe, interessire einzelne hochindustrielle Gegenden, welche dieselben niht entbehren fönnten. Der Abg. von Kac- dorf habe in einer Korrespondenz mit einem Comité für erlei erte Einfuhr frishen Fleishes nah Oberschlesien selbst zugegeben, wie die Grenzsperre durch die Rinderpest dem armen Bergmann und Hüttenarbeiter das Fleis, wie derselbe sage, heftig vertheuert habe. Nun werde lebendes Vieh verzollt und das frish geshlahtete im Verhältniß noch stärker. Jn den Jndustriebezirken am Niederrhein und der Grafschaft Mark komme die einheimische Rindviehzuht dem großen Bedarf gegenüber gar niht in Betraht. Jm ganzen Kreise Hagen zähle man 1873 130 Ochsen, im Kreise Jser- lohn nur 73, fortgeseßt müßten Extrazüge nah Düsseldorf, nah Cöln und Mainz von Magdeburg Vieh zuführen. Trot- dem blieben, wie aus den Berichten des landwirthschaftlichen Ministers hervorgehe, die Preise sehr hoh. Bei einer Sperre gegen Holland seien Arbeitsochsen oft gar nicht zu bezahlen. Die einheimische Viehzucht müsse in diesen Bezirken mit der industriellen T R immer mehr zurücgehen, weil die - gesteigerten Miethswerthe nicht mehr die Stallun- gen und die hohen Löhne niht mehr die Viehwärter ren- tirten. Der internationalen Fleishversorgung ständen größere tehnishe und fommerzielle Schwierigkeiten schon an si ent- gegen als der fosmopolitishen Brodversorgung. Die Ver- mehrung der Bevölkerung an \sih, der größere Anspruch des Einzelnen auf Fleishnahrung, der Rückgang der Viehzuht in den industriellen Bezirken schafsten eine Nachfrage, der die land- wirthschaftlichen Bezirke troß größerer Intensität des Betriebes und Zunahme der Viehzuht niht für alle Gegenden ohne Bezugnahme auf das Ausland genügen könnten. Der Abg. Löwe habe im Jahre 1870 bei Aufhebung der Viehzölle aus- geführt, daß wichtiger -noch als Zölle auf Fnstrumente und Eisenzölle billige Nahrungsmittel seien, weil diese Muskeln und Nerven erst die Kraft shafften, die Jnstrumente entsprehend zu handhaben. Der Abg. Löwe finde sich für tei;.en jett entgegengeseßten Standpunkt damit ab, die Viehzölle als eine Art von Kontrolgebühr gegen die Rinderpest zu betrachten, aber wer etwas zur Kontrole bringen wolle, hüte sih, Kosten darauf zu segen, weil dies gerade eine Prämie sei, um ih der Kontrole zu entziehen. Die Jndustriebezirke können schon deshalb nit allein vom Jnland- kaufen, weil das Jnland, speziell Schleswig-Holstein, es vorziehe, seinen Viehübershuß nah England zu verkaufen, weil die Engländer dafür höhere Preise bezahlen könnten, als Rheinland und Westfalen. Wenn jene möglichst theuer verkaufen wollten, müßte man in West- falen auch vom Auslande möglichst billig kaufen können, an- derenfalls müßten den Einfuhrzöllen Ausfuhrzölle entsprechen, damit, im nationalen Sinne, die Konsumenten in die Lage

kämen, das nationale Vieh selber zu verzehren. Er {ließe mit einem Ausspruch des Abg. Dr. Friedenthal aus dem Zoll- parlament 1869. Derselbe Rabe bei Gelegenheit der Reichs- Zollfrage gejagt: „Die Landwirthschaft habe nur ein Haupt- interesse, die gute und völlige Ernährung aller Bevölkerungs- klassen, für ihn sei die erste wirthschastlihe Nothwendigkeit a uns aller Lebensmittel von allen Erschwerungen der esete.

Der Bundeskommissar erwiderte, er könne dem Vor- redner nit auf das Gebiet folgen, das er im ersten Theil seiner Rede berührt habe, einmal weil das -niht zu dieser Position gehöre, und dann, weil er auf die Widerlegung so detaillizter Zahlen jegt nit eingehen könne. Was den zweiten Theil jeiner Rede betreffe, so gäben die Motive selbst zu, daß die Vergleihungszahlchn des deu:schcn Viehstandes in den Jahren 1864 und 1873 nur relativ zuverlässig seien, denn 1864 seien nur in einzelnen Theilen Deutschlands und da niht am gleichen Tage Erhebungen über den Viehstand gemacht. Das sei aber wohl am 3. Dezember 1867 und am 10. Januar 1873 der ¿xall. Die Vergleichung diefer beiden Erhebun gengebe folgendes Resultat : 1873 hätten sich die Pferde vermindert in Preußen um 76 900, in Bayern um 26 500, in Württemberg um E nur Sachsen zeige eine Zunahme von 2792 Stück. Die Schafe hätten abgenommen in Preußen um 2600 000, in Bayern um 698 000, in Sachsen um 78000. Die Schweine hätten abgenommen in Preußen um 536 000 und in Bayern um

120 000 Stück. Dagegen zeige das Rindvieh eine Zunahme |

in Preußen um 615000, in Sachsen um 22 000 Stüdck, Württemberg zeige eine Verminderung um 28 000 und Bayern um 96000 Stück. Er entnehme diese Zahlen dem land- wirthschaftlichen Kalender des Geheimen Raths Thiel und dem Werke des Professors Wandel : „Depekoration“. Vergleiche man mit Deutschland andere Staaten, so zeige Rußland in den Jahren 1866 bis 1870 eine Vermehrung des Nindviehs um 1 700 000 und der Schafe um 4300000 Stück. Jn Amerika habe sich das Rindvieh in 10 Jahren um 7 000 000

Stück vermehrt ; au Ungarn zeige eine erhebliche Vermehrung |

seines Viehstandes. Der shlechte Stand der deutschen Vieh- zucht in dieser Vergleihung habe neben anderen Ursachen wohl hauptsächlih die, daß die Viehproduktion seit Aufhebung der Viehzölle gegenüber der großen Einfuhr in diesem wichtigsten animalishen Produkt niht mehr lohnend sei. Auch in England, wo sich in einem Jahre das Rindvieh um

118 249 Stü vermindert habe, seï man zu ähnlihen Er- |

Ursache, | missionsantrag unverändert an.

Man habe wichtigen machen

auch alle Nahrungsmittel Gegen den

wägungen gekommen. Deutschland in diesem Auslande unabhängig zu

vom An-

trag des Abg. Richter (Meißen), der die Altersgrenze des |

Qe

Zoll werde sich nur auf die bejseren Qualitäten und Stü, die von den begüterten Ständen und Restaurants gebraucht würden, erstrecken, niht aber auf das billige Suppenfleisch. Wenn man den Getreidebau Deutshlands durch Urbarmachung größerer Landstrecken im Verhältniß zur Bevölkerung ver- mehren wolle, so könne man das nur durch natürlichen Dünger, der nur durch eine vermehrte Viehzucht zu gewinnen sei. Er bitte das Haus deshalb, die Vorschläge der Regierun- gen anzunehmen.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Persönlich be- merkte der Abg. Dr. Friedenthal, der Abg. Richter (Hagen) habe eine Aeußerung von ihm citirt, die er 1869 gethan habe und die bereits öfter erwähnt worden sei. Die Meinung, die er damals ausgesprochen habe, sei in dem Sinne und der

inenhange auseinander zu seßen das würde für ihn eine

Veranlassung sein zu einer Betrachtung der gesammten handels- |

politischen Situation und der Veränderungen, denen man \ih fung unmöglih sei. Aber dagegen müsse er doch heute hon protestiren, daß diese Aeußerung in Verbindung gebraht werde mit den Viehzöllen. Er dürfe sich zum Beweise dafür wohl berufen auf eine Aeußerung, die er bei der Berathung des Handelsvertrages mit Oesterreih 1868 gethan habe. Er habe damals eine Resolution eingebracht, die Regierung aufzufordern, gleichzeitig mit diesem Handels- vertrage auf Maßregeln zu sinnen, die eine Einshlevpung der Rinderpest nach dem Reichsgebiete ausshließen möchten. Er habe gesagt: „Die Landwirthe seien niht ängstlih, daß die Zollermäßigung die Landwirthschast erheblih s{chädigen werde ; wenn man aber zwei Erleichterungen erhalte, eine quantitative Ermäßigung und eine Erleichterung der Einfuhr über die Grenze, so habe er dafür natürlich eine Voraussezung, daß nämlich die Schäden, welhe bisher der inländishen Vieh- zuht erwachsen seien, nunmehr beseitigt würden. Diesen Zweck verfolge die von ihm vorgelegte esolution 2c 4 Er habe dann gegen den Abg. Mohl, der die Kompetenz zu einer solchen Resolution bestritten habe, geäußert, daß für ängsilihe Gemüther kein Grund zu folher Besorgniß vor- handen sei, es handle sich lediglih um eine Vorausseßung, die Abwehr der Rinderpest. Nun sei aber diese thatsächliche Vorausseßung nit nur nicht eingetroffen, sondern im Gegen- theil hätten die Kalamitäten in exorbitanter Weise zugenommen, in einer Weise, die selbst den Freihändlern Besorgnisse ein- flößen müsse. Er wiederhole also, daß er jene vom Abg. Richter erwähnte Aeußerung auch heute noch aufrecht halte ; aber seine weiteren Reden und Abstimmungen hätten doch wohl bewiesen, daß sie nicht im Mindesten auf Viehzölle be- zogen werden könnten. e Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, alles, was der Abg. Dr. Friedenthal gesagt habe, bestätige nur das, was er selbst gesagt habe. Was die Rinderpest anlange, so verstehe es sich ganz von selbst, daß sämmtlihe Freihändler sehr gern alle, auch die schärfsten Maßregeln des Ministers Friedenthal gegen ihre Einschleppung zu un:erstüßen bereit seien. Der Abg. Pr. Friedenthal bem.rkte, dem Abg. Richter (Hagen) nachzuweisen, daß er in keiner Weise mit ihm über- einstimme, sei hier niht Gelegenheit. Nur das wolle er noch bemerken, daß die drei großen Jnvasionen der Rinderpest nah dem ie 1870 gewesen seien! - S ei der Abstimmung wurde Pos. 39a. nah der Fassung

der Vorlage angenommen, desgleihen 39 b.—k. unter Ab-

lehnung sämmtlicher Anträge, worauf sich das Haus um 43/4, Uhr vertagte.

Jn der heutigen (67.) Sißung des Reichs- tages, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts Staats-

ZUngvichs auf 21/, Jahre festseze, müsse er si entschieden er- | klären, da er wohl den Vieh-Ein- und -Verkauf befördere, da- | gegen die Viehproduktion, worauf es hauptsählih ankomme, | beeinträhtige. Die Vertheuerung des Fleisches dur diesen |

Minister Hofmann u::d mehrere andere Bevollmägÿtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, ge- nehmigte das Haus unverändert únd ohne Debatte in dritter Berathung den Gesezentwurf , betreffend den Bau von Eisenbahnen von Teterhen nach Diedenhofen und von Buchsweiler nah Schweighausen und den Ausbau des zweiten Geleises zwischen den Bahnhöfen Teterchen und Hargarten-Falk, ebenso die allgemeine Rechnung über den Haushalt des Deutschen Reichs für das Jahr 1874.

Hierauf seßte das Haus die zweite Berathung des Zoll- tarifs fort, und zwar zunächst mit Pos. 5 (Droguerie-, Apotheker- und Farbewaaren), dieselbe lautet :

Cébloroform, Collodium; ätherishe Oele, mit Ausnahme der nac- stehend unter b, und g. begriffenen ; Efsenzen, Extrakte, Tinkturen und Wäßser, alkobol- oder ätherhaltige, zum Gewerbe- und Medi-

Bli-, Roth- und Farbenstifte; Zeichenkreide, 100 kg 20 (A b. Wat- holderöl, Roëmarinöl ; Oralfäure und oralsaures Kali 100 kg 12 M. c. Aeßkali, Aeßnatron; Bleiweiß ; Bleizuer; Grünspan ; gelbes, weißes und rothes blausaures Kali; Oelfirniß; Weinsteinsäure ; Zinkweiß 100 kg 4 Æ \{wärze; Cblorkalk ; Ruß; Schuhwihse ; \{chmiere, Wasserglas ; falzinirte; doppeltkoblensaures . Soda, rohe, natürlide oder Soda; Pottashe 100 kg 1,50 M. e.

Zündwaaren 100 ke 3 AÆA e. Natron 100 kg fünstlibe; frystallisirte robe Erzeugnisse und ch{e-

mische Fabrikate für den Gewerbe- und Medizinalgebrauch, insbe- | sondere auch Dreguerie-, Apotheker- und Farbewaaren, alle diese | Gegenstände, insoweit sie nicht vorstehend unter a. bis f. oder unter | anderen Nummern des Tarifs begriffen sind; Benzol und ähn- | : Age ) | neben den gewöhnlihen und fakultativen Güterzügen,- welche | im Fahrplan vorgesehen sind, nohch Extrazüge von Basel nah

liche leite Theeröle; Terpentinöl; Harzöl ; Thieröl ; Mineral- waster, fünstlibes und natürlices, eins{bließlich der Flaschen und

Krüge; Mundlack (Oblaten); eingedickte Säfte; Schießpulver ; |

Weinhefe, trockene und teigartige; Weinstein frei.

Nach den Vorschlägen der Tariffommission, in deren |

Namen der Abg. Dr. Hammacher referirte, wurde der Zoll

für Orxalsäure und oxaljaures Kali von 12 auf 8 A herab- | E S geseßt, dagegen der für gelbes, weißcs und rothes blausaures | Maj-stät der König Kali von 4 auf 8 M erhöht. Den Zoll für Bleiweiß, Blei- | zucker, Grünspan, Weinsteinsäure und Zinkweiß (4 A per | 3 | (Allg. Corr.) Unter den Passagieren des jüngst eingetroffenen Pos- von Alten-Linden befürwortete in Betreff des Bleiweiß, den | dides ) Passag O A E | vaal, Sir Theophilus Shepstone, welcher, einem Befehl

100 kg) beantragte die Kommission, abzulehnen. Der Abg.

Das Haus nahm jedoch den Kom- (Schluß des Blattes.)

Bayern. München, 25. Juni. (Allg. Ztg.) Zufolge einer zum Vollzuge der revidirten Rheinschiffahrtsakte

Vorschlag der Vorlage.

rungsgeseßes vom 23. Februar d. J. zum Reichsgerihtsver- blatt heute publizirten Verordnung vom 18. d. M. wird die Gerichtsbarkeit nah der revidirten Rheinschiffahrtsakte in erster Jnstanz den Amtsgerichten Kandel, Germers- heim, Speyer, Ludwigshafen und Frankenthal, jedem für die seinem Bezirk entsprehenden Uferstrecken über- tragen. Berufsgeriht ist das Landgericht Frankenthal. Die Zuständigkeit der Centralkommission in Mannheim bleibt un- berührt. Die Verordnung hat gleichzeitig mit dem Reichs- gerichtsverfassungsgeseß in Kraft zu treten. E Laut Bekanntmachung vom 8. Juni hat Se. Majestät der König dem Gesuche der Stadtgemeinde Deggendorf um unnruttelbare Unzuerordnung unter die Kreisregierung von Niederbayern für die Zeit vom 1. Oktober d. J. ab die Landesherrliche Zustimmung ertheilt. Deggendorf ist in den

| leßten Fahrzehnten in rasherem Fortschritt als alle übrigen

| niederbayerishen Städte allmählich zu einer ansehnlichen Kom-

Anwendung, die sie seines Erachtens nur nach der Natur der | S ; A L E E E AG : C4; Dios im A1sam- | mune herangewachsen, di: bei dem leßten Census (1875) be- Sache haben müßte, au heute noch rihtig. Dies im Zusam- | reits 6763 Einwohner zählte.

Der Abg. Kopp hat als Referent des Geseßgebungs-

auss{chusses der Kammer der Abgeordneten über den Geset- |

gegenüber befinde, was ihm heute ja in persönliher Bemer- | entwurs, bezügli der ErbschafSfeuer, Bericht erfiaitet. |

Es werden von dem Referenten nur einige, nicht wesentliche Anträge auf Abänderung der Aus\chußbeschlüsse erster Lesung gestellt.

Braunschweig. Braunschweig, 25. Juni. (Magdeb. Ztg.) Der 16. ordentlihe Landtag des Herzogthums ist heute geschlossen worden. Derselbe begann seine Thätigkeit am 13. Dezember v. F. und hielt im Ganzen abgesehen von zahlreihen Kommissionssißungen 35 Sigzungen ab. Gestern hat der Landtag noch den Fischereigeseßentwurf, welcher sich eng an das betreffende preußische Geseß anschließt, im Ganzen angenommen.

Anhalt. Dessau, 25. Juni. (Wagdb. Ztg.) Für die rihterlihen Beamten und die Staatsanwalte ist ein Normal-Besoldungstarif aufgestellt und den jest hier tagenden beiden Landtagskommissionen, nämlih der Justizkommission und der Etatskommission, mit- getheilt worden. Uebermorgen tritt der Landtag zusammen und wird dann über den Tarif Beschluß fassen. Die Gehalte bewegen sih jeßt zwischen 3000 #4, als dem Anfangsgehalte der jüngsten Amtsrichter, und 7000 A für den Landgerichts Präsidenten, die dann in den entsprehenden Zeiträumen weiter steigen, ohne daß der betreffende Richter darum nachzusuchen braucht. Die Bildung der einzelnen Klassen ist unter Berü- sichtigung der jeßigen thatsächlihen Verhältnisse geschehen. Die Verbesserung der Richter ist eine sehr namhafte.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 25. Juni. Die „Polit. Corr veröffentliht eine Correspondenz aus Pest, in welcher die Nachricht der „N. fr. Pr.“, daß die Beschlußfassung in der Frage der Einbeziehung der ofkupirten Provinzen in den österreihish-ungarischen Zollverband ver- tagt worden sei, dementirt wird. Jm Gegentheil sei hon am 2. Mai im gemeinsamen Ministerrathe beschlossen worden, daß die Zolleinigung mit dem 1. Januar 1880 ins Leben treten solle. Jn weiterer Ausführung dieser Beschlüsse vom 1. Mai hätten am 8. und 9. Juni Konferenzen zwischen dem gemeinsamen Finanz-Minister, dem K. K. Finanz-Minister und dem Königlich ungarischen Finanz- und Handels-Minister stattgefunden. Auch diese Besprechung hätte die Einigkeit in allen Punkten konstatirt und als Richtschnur seien für die vorzunehmenden Arbeiten grundsäßlihe Bestimmungen über die wichtigsten Fragen der Zolleinrihtung, der indirekten Steuern, des Salz- und Tabakmonopols festgeseßt worden. Weiter sei in Benußung des Umstandes, daß die Fachreferen- ten der ungarischen Ressort-Ministerien in Wien anwesend waren, in einer Schlußkonferenz verfügt, daß die gemeinsame

| Zoll- und Handelskonferenz sofort zusammentrete,

| n S Gesezesvorlagen l | dem Zusammentritt der Parlamente einzubringen und dem- Droguerie-, Apotheker un Farbewaaren: a. Aetber aller At | P / g i

| der Lös . | werden solle. 4 d, Alaun; Barytweiß; Bachdrucker- | _Farbholzertrakte; Gelatine; Kitte; Leim; | Siegellack; Tinte und Tintenpulver; Wagen- | Soda, |

2,90 M |

fassungsgeseß erlassenen, im Geseß- und Verordnungs- | daß es Niemand möglih sei,

| gebend, seinem Stabe als Adjutant attachirt habe.

[sf um ihre _unverzüglih zu beginnen. Als Fnstruktion habe die Zoll- und Handelskonferenz vier Ent- würfe erhalten, welche die leitenden Gesichtspunkte bezüglich der Zolleinrihtungen der Zudcker-, Bier- und Branntwein- steuer, des Tabakmonopols und des Salzgefälles feststellen und bestimmen, daß die für nöthig erachteten Erhebungen von den betreffenden Regierungen über den dur ihren Vertreter „in kurzem Wege“ zu ihrer Kenntniß gebrachten Antrag der mit aller Beschleunigung ver-

Zoll- und Handelsfkonferenz mi anlaßt werden sollten. Es sei ferner beshlossen worden, die im Herbst, bald nah

Arbeiten

gemäß sei auch die Zoll- und Handelsfkonferen angewiesen

| worden, ihre Arbeiten derart einzurichten, daß sie diese Ge- | jegesvorlagen bis längstens 15. August .. zinalgebraube; Firnisse aller Art, mit Ausnahme von Oelfirniß; | seitigen Regierungen leiten könne. Maler-, W.\{- und Pastellfarben ; Tusche ; Farben- und Tuschkasten; | : N

| aus Bukarest: | daß die JFnitiative zur Vorbereitung des Geseßentwurfs betreffs

J. an die beider-

(W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet Der Senat hat sich dafür ausgesprochen,

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26. Juni.

ung der Judenfrage von den Kammern ergriffen _jolle. Der Senat hat „eine Kommission niedergeseßt, welche sich im Einvernehmen mit der Regierung dieser Arbeit unterziehen soll.

Schweiz. Bern, 25. Juni. (Bund.) An Stelle des nah Bukarest verseßten bisherigen Geschäftsträgers, Joseph

| Jo0oris, ist dessen Amtsvorgänger, Hr. Hubert Dolez, als

belgisher Minister-Resident bei der Eidgenossen)\chaft akfreditirt worden.

__ Die Tabakeinfuhr hat, nah dem „Oltener Sagbl in den leßten Tagen eine solhe Dimension angenommen, daß

Olten abgelassen werden müssen.

Niederlande. Haag, 26. Juni. (W. T. D) Heute hat das feierlihe Leichenbegängniß des verstorbe- nen Prinzen voa Oranien stattgefunden, welhem Se. und Fhre Königlichen Hoheiten die Prinzen Alexander und Friedri beiwohnten.

Großbritannien und JFrland. London, 25. Juni. dampfers befand sich auch der frühere Verwalter des Trans-

der britischen Regierung folgend, nach England zurückehrt. Der- selbe hält die Lage in Süd-Afrika durchaus für keine kri-

| tishe. Er gesteht zu, daß der Krieg eine ernste Bedeutung

vom 17. Oktober 1868 auf Grund des Art. 9 des Ausfüh- | angenommen habe, auch hat er keinen Zweifel an dessen Be-

endigung zu Gunsten der britischen Truppen, erklärt jedo, eine Meinung übcr dessen etwaige Dauer abzugeben, Der Tod des Kaiserlihen Prinzen habe die ganze Kolonie aufs Schmerzlichste berührt; der Un-

| fall werde auf einen Zufall zurückzuführen sein und Niemand

ein besonderer Tadel treffen. Er zweifle aber nicht daran, daß die Umstände eine Untersuchung gerechtfertigt erscheinen ließen. Bezüalih der Haltung der Boers in Transvaal glaubt Sir Theophilus, daß die jüngsten Ereignisse auf eine friedliche Verständigung mit denselben schließen lassen.

409. Un. E. D. V) Jn der- heutigen Sißutg des Oberhauses antwortete auf eine Anfrage des Earls of Airlie der Marquis von Salisbury: Bis jetzt sei amtlih nit bestätigt, daß Bolivia Kaperbriefe auszugeben beabsichtige. Der Lordkanzler, Lord Cairns, kündigte an, daß er die irische Universitätsbill ers am näthsten Montag ein- bringen werde. Auf eine Anfrage des Earls De la Warr be-

| stätigte der Marquis von Salisbury, daß der Khedive | JSmail heute Vormittag auf Befehl des Sultans abgesetzt

und daß an „seiner Statt Tewfik zum Khedive ernannt worden sei.

m Unterhause erklärte in Beanwortung mehrfacher Jn- terpellationen der Staatssekretär des Krieges, Oberst Stanley: Lord Chelmsford habe am 21. April angezeigt, daß er den Prinzen Louis Napoleon, den Bitten desselben nach- General Wolseley sei am 23, d: M. telegraphisch angewiesen worden, über alle auf den Tod des Prinzen bezüglihe Details auf das Genaueste zu berihten. Jm Fortgange der Sißung erklärte auf eine Anfrage Lord Hartingtons der Schaßkanzler Northcote: er glaube, es werde noch): heute Abend die Proklamation. Tewfiks er- scheinen und hoffe, den auf Egypten bezüglichen diploma- tishen Schriftwehsel am Montag vorlegen zu können. An den Verhandlungen über die Abdankung des Khedive Jemail hätten Frankrei, Deutschland, Desterreih, Rußland, Jtalien und die Pforte theilgenommen. Der Hauptgrund, weshalb die Abseßung des Khedive anempfohlen worden, sei dessen Mißverwaltung und die Ueberzeugung ge- wesen, daß unter seiner Regierung eine Besserung der Verhältnisse unwahrscheinlih sei. Die Ansichten Ruß- lands und anderer Mächte zu konstatiren, sei jeßt un- zweckmäßig. Ueber die bezüglihen Rechte des Sultans und des Khedive gebe der diplomatishe Schriftwechsel Auf- \{chluß. Daß der Khedive seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht entsprochen habe, sei mt der Grund gewesen, worauf sih die Anempfehlung seiner Abdankung gestüßt habe; wohl aber sei es das dazu führende Element gewesen. Auf die Pforte sei kein Druck ausgeübt worden. Der für die Debatte über die egyptishe Angelegen- heit bestimmte Tag wird vershoben werden.

Frankreich. Paris, 25. Juni. (Fr. C.) Der Senat votirte gestern drei Geseßentwürfe: Der erste schaft die be- sondere Delsteuer ab, die in Marseille zum Besten der dor- «¿igen Handelskammer erhoben wird, der zweite ermächtigt den Bau von Eisenbahnen von Badonviller nah Baccarat, von Colombey nah Frenelle-la-Grande und von Nomeny nach Frouard und dem Moselkanal, der dritte endlich die Einfüh- rung des obligatorischen, jedoch erst binnen zwei Jahren ins Leben zu rufenden obligatorishen Turnunterrichts.

Der Minister des Fnnern hat beschlossen, die Preß- leitung als politische Abtheilung seines Departements abzu- schaffen und nur ein kleines Preßbureau ohne politischen Charakter beizubehalten. : i

26. Juni. (Rép. Fr.) Gestern Vormittag is die Kommission zur Berathung der Ehescheidungsvorlag'e unter deut Vorfi von Lemonnier zusammengetreten. Die- selbe hat sich mit 6 gegen 2 Stimmen (ein Mitglied enthielt sih der Abstimmung) zu Gunsten des Prinzips der Eheschei-

dung ausgesprochen. : i 26. Juni. (W. T. B.) Heute Mittag fand in der