1879 / 153 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Jul 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Interpretation gegeben. Die Aufhebung markire den Beginn einer persönlichen Politik des Sultans, welche Kompensationen für die vom türkishen Reiche dur den leßten Krieg erlittenen mittelbaren und unmittelbaren Gebiets- und Machteinbußen zu schaffen beabsichtige. Als nächstes Objekt wird die Rückkehr zu einer kräftigeren Bethätigung der suzeränen Rechte des Sul- tans über alle bisher nur nominell dem Sultan unterworfenen mohamedanischen Gebiete, vorzugsweise in Afrika, bezeichnet. Der gemeinsame Protest Frankreihs und Englands brachte eine erhebliche Aenderung in die Situation. Troß der unsicheren Stellung Khereddin Paschas glaubt man nicht, daß Mahmud Nedim Pascha ihn unmittelbar zu erseßen bestimmt ist. Auf eine diesbezügliche Anfrage Layards, welcher noch hinzufügte, daß England im Falle eines Großvezierats Mahmud Nedim Paschas eine fernere Unterstüßung der Türkei würde auf- geben müssen, erwiderte der Sultan, er habe Mahmud Nedim Pascha ermächtigt, nach Konstantinopel zu kommen, nicht um ihn zum Großvezier zu machen, sondern in Rücksicht auf sein Alter. Jn Folge dieses Zwischenfalles hält man eine un- mittelbar bevorstehende Ernennung Mahmud Nedim Paschas zum Großvezier einstweilen für beseitigt

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennung des bisherigen Gesandten in Stuttgart, von Pfustershmid- Hartenstein, zum Gesandten in Stockholm, des bisherigen Ge- sandten in Stockholm, Freiherrn von Pottenburg, zum Ge- jandten in Stuttgart, und des österreichischen Vertreters bei der ostrumelishen Kommission, von Kallay, zum außerordent- lihen Gesandten und bevollmächtigten Minister.

Schweiz. Bern, 2. Juli. (Bund.) Der Bundes- rath hat in seiner gestrigen Sißung das zwischen den süd- deutschen (württembergischen, badischen , elsaß-lothringischen) und schweizerischen Bahnen aufgestellte Reglement für den direkten Güterverkehr genehmigt.

Großbritannien und Jrland. London, 1. Juli. (Allg. Corr.) Zur egyptishen Angelegenheit ver- öffentlicht die „Times“ Vaude Aktenstücke:

Der Großvezier an Tewfik Pascha: Der Sultan ist äußerst besorgt für die Wohlfahrt Egyptens, wie dies die ertheilten Privilegien darthun. Aber die inneren und äußeren Schwierigkeiten, die jüngst entstar den sind, haben Ihres Vaters Abdankung und Ihre Ernennung an seiner Stelle nothwendig gemaht. Sie werden zweifellos das Land zum Vesten des Volkes regieren, und zu diesem Behuf werden Sie jeßt ernannt. Der Firman der Investitur wird JIhnen seiner Zeit zugestellt werden. Jhr Vater ist telearaphisb be- nachrichtigt worden, daß er seiner Funktionen enthoben ist. Beim Empfange dieser Depesche rufen Sie die Beamten und das Volk zu- sammen und geben Sie denselben von dem Inhalt Kenntniß. Ohne

weifel werden Sie sih der Wohlfahrt und dem Fortschritt des

andes widmen. Empfangen Sie meine Glückwünsche.

- Der Großvezier an den Khedive: Die inneren und äußeren Schwierigkeiten Egyptens haben eine sehr große Wichtigkeit erreiht und eine Verlängerung des gegenwärtigen Standes der Dinge würde sowohl für Egypten wie für die ottomanishe Regierung ge- fährlih sein. Die ottomanische Regierung hat stets die Aufrecht- erhaltung der Ruhe und das Wohlergehen des Volkes gewünscht, und zu diesem Zweck ist Ihnen der Firman ertheilt worden, den Sie jeßt in Händen haben. Wenn Sie aber länger Khedive bleiben, würde eine Vermehrung der Schwierigkeiten das unvermeidliche Resultat sein, Der Ministerrath hat daher mit Genehmigung des Sultans beschlossen, das Khedivat an Tewfik Pascha zu übertragen, und eine diesbezüglihe Depesche ist an leßteren abgesandt worden. Sie wer- den demn: ch ersuchbt, Ihre Gewalten gemäß der Vorschriften ves Firmans Ihrem Sohne zu überantworten. :

Die delt Bertretern der Pforte int Auslande zugesandte Depesche lautet im Auszuge:

Die jüngsten Creignisse in Egypten haben die Aufmerksamkeit des Sultans auf si gezogen. Im Hinblick auf den moralischen und materiellen Fortschritt jenes Landes hatte die türkishe Regierung die Nachfolge nach der Erstgeburt in der Familie Ismail Paschas be- stimmt, aber die Angelegenheiten sind jeßt dahin gelangt, daß der Ministerrath mit Genebmigung des Sultans den Khedive aufgefor- dert hat, zu Gunsten seines Sohnes Tewfik Pascha abzudanken. Sie werden ersubt, diese Thatsache zur Kenntniß der Regierung zu bringen, bei der Sie akkreditirt sind. Sie wollen hinzu- fügen, daß die Regierung diese Entscheidung in Hinsicht auf die entstandenen Schwierigkeiten getroffen hat, und daß fe nicht die Absicht hat, Egypten derjenigen Rechte und Privilegien zu berauben, deren es sich während der leßten 40 Jahre mit Vor- theil erfreut hat. Die Mehemed Ali Pascha aarantirten Privilegien bleiben intakt. Die ottomanische Regierung glaubt, daß, wenn sie den Firman von 1873 dessen Resultate für Egypten höchst nach- theilig gewesen find annullirt, die europäischen Regierungen diese Handlung als einen Betoeis dafür ansehen werden, daz der Sultan jenem Lande wohl geneigt sei. Die Regierung hat nicht die Absicht, die Ismail Pascha gewährten Privilegien abzuschaffen, und wünscht nur diejenigen zu annulliren, die das L.nd in seine gegenwärtige \{chwierige Lage gebract haben. :

3. Juli. (W. T. B.) Die Regterung hat dem Par- lamente das Blaubuch über die egyptische Angelegen heit vorgelegt. Dasselbe enthält Depeschen vom 25. April bis 26. Zuni. Eine Zuschrift des deutschen Botschafters, Grafen zu Münster, an den Marquis of Salisbury vom 4. Mai konstatirt, daß die Kaiserlih deutsche Regierung sich jeder thätigen Einmischung in die egyptishen Angelegen)eiten enthalten habe, soweit die leßteren Fragen allgemeiner po- [itischer Natur betrafen; auch habe die deutsche Negierung einen mehr oder minder direkten Einfluß auf die Verwaltung Egyptens auszuüben nicht unternommen, indem sie die Wahrung der allgemeinen europäishen FJnteressen, welche mit denen Deutschlands identish seien, der wirksamen Sorge der meistinteressirten Mächte überließ. Die deutsche Regierung beabsichtige, an dieser Politik festzuhalten. Eine Depesche des Marquis of Salisbury an Lascelles vom 18. Juni führt die Gründe auf, welche die britische Regierung bewogen, die Abseßung des Khedive zu verlangen. Die De- pesche schließt: Das einzige Hinderniß der Reform scheine in dem Charakter des Khedive zu liegen, dessen finanzielle Ver- legenheiten fast unvermeidlih zu einer Bedrückung des Landes führten, während seine Treulosigkeit alle freundschaftlihen Bemühungen, zu einer Abhülfe zu gelangen, vereitelten. Ein Wechsel dieser Politik wäre unzweifelhaft nur dur einen Wechsel in der Person des Herrschers zu erreichen.

_Frankreih, Paris, 1. Juli. (Fr. Corr.) Das Testament des Prinzen Napoleon lautet nach dem „Gaulois“, wie folgt:

Geschehen zu Camden-Place (Chislehurst), den 26. Februar 1879, Dieses ift mein Testament. 1) Jh fterbc in dem fkatho- lischen, apostoliscen und römischen Glauben, in welhem ich gebo- ren bin. 2) Ih wünsche, daß meine Leiche neben der meines Va- ters b-igeseßzt werde, bis man beide dahin bringt, wo der Grün- der unseres Hauses ruht, in den Schooß jenes französischen Vol- Tes, welhes wir, wie dieser, innig geliebt haben. 3) Mein Teßtcr Gedanke wird mein Vaterland sein, für dieses möchte ih sterben. 4) Ih hcffe, daß meine Mutte-, wenn ich einst nicht mehr bin, mir das liebevolle Andenken bewahren wird, welches ih

ihr bis zu meinem leßten Augenblicke erhalten werde. 5) Meine persönlichen Freunde, meine Diener, die Anhänger der Sache, welche ich vertrete, mögen Überzeugt sein, daß die Dankbarkeit, die ich für sie hege, erst mit meinem Leben aufhörea wird. 6) Jh werde fter- ben mit einem Gefühle inniger Ertenntlichkeit für Ihre Majestät die Königin von England, für die ganze Königliche T und für das Land, in welchem ih durch acht Jahre cine so herzliche Gastfreund- haft genossen habe. 7) Ich ernenne meine vielgeliebte Mutter zu meiner Universalerbin mit dem Auftrage . . . (Folgen die Legate.) Codicill. Jch brauche meiner Mutter nicht erft zu empfehlen, daß sie nichts verabsäumen möge, um das Andenken mcines Groß- oheims und meines Vaters zu vertheidigen. Ich bitte sie, ih zu erinnern, daß, so lange es Bonapartes giebt, die Kaiserliche Sache Vertreter haben wird. Die Pflichten unseres Hauses gegen das Land erlöschen nicht mit meinem Leben; nah meinem Tode fällt die Auf- gabe, das Werk Napoleons 1. und Napoleons I1II. fortzuführen, dem ältesten Sohne des Prinzen Napoleon zu, und ich hoffe, daß meine vielgeliebte Mutter ihn mit allen Kräften unterstüßen und damit uns, die wir niht mehr sind, einen leßten und höchsten Beweis ihrer Liebe geben wird. Chislehurst, den 26. Februar 1879. Napoleon.

Ich ernenne die Herren Rouber und F. Pietri zu meinen Testamentsvollstreckern.

Italien. Nom, 2. Juli. (W.T.B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer wurde der Geseßentwurf, betref- fend die Besteuerung der Weingeistfabrikation, be- rathen. Der Beschluß der Kommission, durch welchen die Regierung aufgefordert wird, sich mit den bei der Alkohol- fabrikation interessirten Regierungen dahin zu verständigen, daß die bei der Ausfuhr zu restituirenden Taxen nicht zum Preise geshlagen werden, wurde genehmigt. Morgen findet die Fortseßung der Debatte statt.

Brindisi, 2. Juli. (W. D. B) Prinz Alexander von Battenberg hat sihheute Vormittag 9 Uhr auf dem russi- hen Aviso „Constantin“ nah Konstantinopel eingeschifft.

DTULrtel. LWoOUtantinopel, 2 Ui. (W. T. B) Bezüglich der Nachriht, daß Frankreich und England die Aufhebung des Fermans vom Jahre 1873, betreffend Egypten, mißbilligten, weist die „Turquie“ darauf hin, daß die Aufhebung dieses Fermans nicht die Bedeutung einer Repressalie habe und daß die Rechte der Mächte in Bezug auf ihre Unterthanen gewahrt seien. Der Ferman, welcher so shlehte Resultate gehabt habe, sei aufgehoven worden, um eine Veranlassung neuer Nachtheile für Egypten zu beseitigen. Der Ministerrath hat beschlossen, den General-Gouverneur von Skutari, Hussein Pascha, seines Postens zu entseten.

Rumänien. Bukarest, 2. Juli. (W. T. B.) Be- züglich des Konfliktes in der Sulinamündung hat die von einem Kommissar der rumänishen Regierung vorgenom- mene Untersuchung ergeben, daß der betreffende rumänische Hafenkapitän seine Fnstruktionen eigenmächtig überschritten hat. Derselbe ist in Folge dessen abgeseßt worden. Die mit der Berathung der Vorlage über die Emanzipation der Juden beauftragten Kommissionen der Revisionskammern sind bis jeßt zu einer Einigung noch nit gelangt.

Serbien. Belgrad, 2. Juli. (W. T. B.) Der in Veranlassung der Unabhängigkeit Serbiens in der hiesigen Metropolitankirche heute veranstalteten Feierlichkeit Les unter dem Vorantritt von Sermes Effendi sämmt- lihe auswärtige * Vertréter bet, Dieselben brahten dem Ministérpräsidenten Ristic ihre Glückwünsche dar.

Nußland und Polen+ St. Petersburg, 29. Juni. (St. Pet. Herold.) Der „Regierungs-Bote“ veröffent- liht nachstehende Bekanntmachung des Ministers des Jnnern, Staatssekretärs Makoff:

Seit «iniger Zeit kurjiren unter der ländlihen Bevölkerung Gerüchte über cine angeblich bevorfteßende neue allgemeine Land- vertheilung. j 4

Auf Grund eines besonderen Befehls Sr. Majestät des Kaisers gebe ich bekannt, daß weder jeßt ncch in Zukunft eine Vergrößerung der bäuerlichen Landantheile ersvlgen wird, noc erfolgen kann. Bei unseren Gesetzen über das Eigenthumsrecht kann eine Ungercchtigkeit und Benacbtheiligung, wie €s dit Fortnabßme von Land vom gesetzlichen Besitzer und die Uebergabe an änen anderen wäre, nicht vorkommen. Die Bauern selbst sind auf Grtnd der am 19. Februar 1861 Aller- höchst bestätigten Berordnung in Besi des ihnen angewiesenen Lan- des, Kraft des Gesetzes genießen sie ihre Antheile in Frieden, ver- füge1 über dieselben und habet das Recht, neue Landstücke von N Besitzern durch freiwillye Uebereinkunft mit diesen zu er- werben.

Demgemäß lassen unsere Gäeze Jedem das Seine und gestatten Niemandem Eingriffe in fremdez Eigenthum. Dadur wird gleich- zeitig mit dem Bauer- und andetem Besiß auch die Ruhe des ganzen Reiches gewahrt. |

Die falschen Gerüchte übe eine neue Landvertheilung und über eine zu Gunsten der Bauer} vorzunehmende Vergrößerung der Antheile werden von übelgefinntet Personen, welhe nur den Zweck haben, das Volk zu erregen und} die öffentlice Ruhe zu stören, in den Dörfern verbreitet.

__ Bedauerlicher Weise werden tiese Gerüchte nit selten von ein- fachen Leuten auf Treu und Glasben entgegengenommen und weiter verbreitet, ohne ein: n Betrug zu \rgwöhnen und ohne zu ahnen, in welches Unglück sie dadur sich ud andere stürzen können.

In Erfüllung des Allerhöhten Befehls Se. Majestät des Kaisers warne ih die ländliche B0ölkerung vor den s{chlimmen und arglistigen Einflüsterungen und mache cs der Dorf-, Wolost- und Polizeiobrigfeit zur Pflicht, gespanit und unablässig das Auftauchen von übelgesinnten Verbreiteren vonfalshen Gerüchten zu verfolgen und fich zu bemühen, die Bettogenn auf jede Weise zur Vernunft zu bringen und sie von der Weiterkrbreitung der \{ädlihen Erdich- tungen abzuhalten.

Amerika. Washingtoi, 30, m (Allg. Corr.) Der Präsident hat die Vorlase, betreffend die Ausgaben für die Rechtspflege, genehligt, aber die Vorlage betreffs der Unkosten der VizemarschlCle mit einem Veto belegt, und zwar aus demselben Grund} aus welchem er die Justiz- kreditvorlage am 23. Juni mif scincm Veto belegte. Das Repräsentantenhaus shritthach der Empfangnahme der Botschaft des Präsidenten zu ein zweiten Abstimmung über die mit dem Veto belegte Maßre{l, brachte dieselbe aber nit durch, da die zur Uebergehung #8 Vetos erforderlihe Zwei- drittel-Majorität nit zu erlangenpar. Der Präsident stellte dem Hause eine weitere Botschafßu, welche die Aufmerksam- keit desselben auf die unverzügli@ Nothwendigkeit lenkt, eine entsprehende Fürsorge für die gehäge Ausübung der Funktionen der Marschälle und ihrer St@Wertreter zu treffen. Dér Senat hat die am 25. Juni eißebrachte Resolution, welche sih zu Gunsten einer vollständi#än Remonetisirung des Silbers erklärt, mit 23 gegen§2 Stimmen dem Finanz- aus\chusse überwiesen. :

2. Zuni. Dem vom ScKtamte erstatteten Berichte zufolge betrugen die Staatseimahmen in dem abgelau-*

wesentliche ( wohl in Bezug auf das materielle Konkursrecht wie auf das Ver- fahren. Es ist nun im Verlage von Carl Meyer (Gustav Prior) in Hannover eia von dem Ober-Amtsrichter Georg König in Han- es rater Buch erschienen, welches „das Konkursve rfaŸhren na er

fenen Finanzjahre 276 MillionenDollars, während die ordent-

lichen Tudaaten mit Aus\{luß der Zahlungen an Zinsen für die Staatsschuld, sich auf 164 Millionen Dollars beliefen. Der gegenwärtige Kassenbestand des Schaßamtes ist 15 Millionen Dollars in Gold und 288 Millionen Dollars in Silber. Der Gesammtwerth der bis jeßt ausgeprägten Silberdollars beträgt 36 Millionen Dollars.

Mittelamerika. Haïti. (W. T. B.) Ein Telegramm aus Kingston (Jamaika) vom 2. Juli, über New-York, meldet, daß in Port au Prince ernsthafte Unruhen ausgebrochen seien. Die Aufständischen hätten auf den Senat geschossen, die Senatoren seien geflohen und eine große Anzahl verwundet worden. Die Unruhen dauerten noch fort.

__ Afrika. Egypten. Alexandrien, 2. Juli. (W.T.B.) Die nah der Abseßung von Wilson und Bleignières seiner Zeit ernannten Minister haben ihre Entlassung ein- gereiht. Es soll ein Liquidationscomité eingeseßt werden, dessen Mitglieder von den Mächten ernannt werden. Dasselbe soll sich mit der Regelung der egyptischen Finanzlage beschäftigen.

Landtags- Angelegenheiten.

Am 28. Juni ist in Wehlau der Kreisgerichts-Direktor a. D. Larz, im Hause der Abgeordneten Vertreter des 2. Königsbergschen Wahlbezirks (Labiau, Wehlau), gestorben.

Statistische Nachrichten.

__ Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen Rheinischen Friedrih-Wilhelms-Univer- sität zuBonn im Sommer-Semester 1879, Jm Winter- Semester 1878—79 sind immatrikulirt gewesen laut Nahweisung vom 24, November 1878 848, nah Aufstellung dieser Nahweisung wurden noch immatrikulirt 12, zusammen 860, Davon sind abgegangen 260, es sind demna geblieben 600, dazu sind in diesem Semester gekom- men 440, die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1040, Die evangelisch-theologishe Fakultät zählt Preußen 58, Nichtpreußen 9, zusammen 67. Die katholish-theologische Fakultät zählt Preußen 99, Nichtpreußen 1, zusammen 100. Die juristische Fakultät zählt Preußen 298, Nichipreußen 23, zusammen 321. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 128, Nichtpreußen 16, zusammen 144, Die philosophische Fafultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 297, b. Prevßen mit dem Zeugniß der Nichtreife nah S 39 des Prüfungsreglements vom 4. Juni 1834 —, ec, Preußen ‘ohne HZeugniß der Reife nah §. 35 dess. Reglements 39, zusammen Preu- Hat 336, (4 Nichtpreußen 72, zusammen 408, im Ganzen 1040. Unter den Immatrikulirten der philosophischen Fakultät befinden sich 42 Preußen und 17 Nichtpreußen, zusammen 59, welche der land- wirthschaftlichen Akatemie zu Poppelsdorf angehören. Außer diesen immatrikulirten Studirenden besuchen die hiesige Universität als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt, mit speziell-r Genehmigung des z. Rektors 38. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 1078.

Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlihen Georg-Augusts-Universität zu Göttingen im Sommer - Semester 1879. Im vorigen Semester sind immatrikulirt gewesen (990 + 7 =) 997, davon sind abgegangen 299, es lind demnach geblieben 698, hierzu sind in diesem Semester gekommen 353; die Gesammtzahl der imnatrikulirten Studirenden beträgt daher 1051. Die evangelish-theclogishe Fakultät zählt : Preußen 92, Nichtpreußen 28, zusammen 129. Die juristishe Fakultät zählt: reußen 195, Nichtpreußen 77, zusammen 272. Die medizinische Faku tät zählt: Preußen 104, Nichtpreußen 37, zusammen 141. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeug- niß der Reife 382, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach S. 36 des Reglements vom 4, Juni 1834 32, somit Preußen 414, e. Nicht- preußen 104, zusammen 518. Im Ganzen 1051. Außer den imma- trikfulirten Studirenden besucken die hiesige Universität als nur zum Dien der U S E É, (oge Vorlesungen besuchen außerdem no ; 8s nehmen mithin an den Vorlesungen über- haupt Theil 1063. S

Kunst, Tissenschaft und Literatur.

ie mit dem 1. Oktober d. J. in Kraft tretende Reichs- Konkuréordnung saft bezüglid des Verfahrens neues Ret für alle Nehtsgebiete des Reichs, in welchen neben dem gemeinen Rechte einzelne landesgeseßlihe, den Konkurs betreffende Vorschriften er-

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lassen sind oder für welche besondere, auf dem gemeinrech{chtlichen

Systeme beruhende, die gesammte Materie umfassende Konkurs- ordnungen bestehen. Sie hat ihre Grundlage in der für die landrecht- lichen Provinzen der preußischen Vèonarchie erlassenen preußischen Kon- iur8ordnung vom 5. Mai 1855, ist aber vollständig neu dur&gearbeitet und enthält in s{chärferer Durchführung der grundl-genden Prinzipien und tief eingreifende Abweichungen von derselben \o-

Reihs8-Konkursordnung

vom 10. Feb 1877“ darstellt. Februar

Das unt.r Benugzung der amtlichen Materialien

der Gesetzgebung, Regierungêmotiv:. und der Verhandlungen des Reichétags und seiner Kommissionen bearbeitete Buch ist zum prak- tishen Gebrauch für Richter, Gerichts\hreiber, Rechtsanwälte und Konkursverwalter bestimmt und hat den Zwec, das Konkursrerfahren wie es sih nah der Reichs-Konkursordnung gestalten wird, in an- schaulicher Weise zur Darfellung zu bringen und damit insbesondere auc

über die ersten Scbwierigkeiten der Anwenduna des in der Ausdrucksweise

mit möglichster Knappheit gefaßten, grundsäßlih Definitionen und Eremplifikationen vermeidenden Gesetzes hinwegzuhelfen. kursverfabren hängt aber auf das Innigite mit dem materiellen Konkurs rechte zusammen; wie die geseßliche Regelung des Verfah- rens ein bestimmtes System des materiellen Konkursrechts zur noth- wendigen Voraussetzung hat, so ist andererseits das Verfahren, indem es selbst materielle ReMte saft, wiederum für die Gestaltung des materiellen Konkursrechtes wesentli bestimmend. Der Gesetgeber, indem er ein einheitliches deutshes Konkursverfahren schaffen wollte, hat si daher der Aufgabe nicht entziehen können, gleichzeitig das materielle Konkursrecht für das Geltungëgebiet des Verfahrens einheitlich zu regeln. Wenn er in dem ersten Theile der Konkursordnung das materielle Ret, in dem zweitea das formale behandelt, so fonnte bei dem gegenseitigen Ineinandergreifen beider Seiten des Rechtes auch diese Scheidung keine unbedingte sei. ; kursverfahrens ergab \sich daraus die Nothwendigkeit, gleizeitig aub eine R LR En des zu Grunde [liegenden materiellen Konkursrechtes zu geben. Konkursordnung, des Reichéeinführungsgeseßes, auch des preußischen und Königlich f des Buches für den Handgebrauch wird durch die beigegebenen For- mulare, inébesondere auc die beispielsweise ausgefüllte Anmeldungs- tabelle, die urkfundlihe Basis des Prüfungstermins und der Fest- ibeibikgbucikei ‘henv W eilungsurtheil bezw. Vertheilungsplan überflüssig macht, sowie durch A vollständiges Sachregister erhöht. K a bogen starken,

Das Kon-

Für eine Bearbeitung des Kon-

Angeshlossen sind in einem Anhange die Texte der

ächsischen Ausführungêgeseßes. Der praktische Werth

wele das Prioritätsurtbeil erseßt und Ver- Der Preis des 11 Dru- gut gehefteten Bandes beträgt 2 Æ 8 S

In demselben Verlage ist in dritter vermehrter Auflage ers

schienen: „Die preußische Vormundschaftsordnung vom 9. Juli 1875. Zum praktishen Gebrauch insbesondere auch für Vormünder unter Berücksichtigung der Regierungsmo:ive und der Verhandlungen beider Häuser des Landtags erläutert und heraus- gegeben von Georg König, Ober-Amtsrichter zu Hannover.“ Dem

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Bude, tefsen Preis 1 A 60 s ist, sind beigefügt: eine Anleitung und Formulare zur Inventur und Rechnungslegung, sowie das Kosten- geseß und Tabellen zur Berechnung dcr Gebühren und ein Sach- register.

B Düsseldorf. Gleichzeitig mit der Enthüllung des Cornelius- Denkmals feierte am 24. Juni der „Kunstverein für Rhein- land und Westfalen“ den 50. Jahrestag: seiner Gründung. Aus dem Festberiht ceht hervor, daß der Verein im Laufe seines 50jährigen Bestehens eine reiche Thätigkeit in Betreff der Förderung der Kunst entfaltet hat. Derselbe hat etwa 2000 Gemälde angekauft, wofür den Künstlern ungefähr 2 Millionen Mark zugeflossen sind.

erner hat er für öffentlihe Zwecke (an Museen, Kirchen 2c.) 104 Leh bedeutender Art entweder erst gestiftet oder sich in nam- hafter Weise an der Schaffung derselben betheiligt; die darauf ver- wendeten Summen belaufen sich auf etwa eine halbe Million Mark. Endlich hat der Verein zahlreihe hervorragende Erzeugnisse der Malerei mittelst der vervielfältigenden Künste, insbesondere der edel- sten und vornehmsten derselben, der Kupferstehkunst, seinen Mitglie- dern und über diesen Kreis hinaus den Kunstfreunden aller Länder zugänglib gemacht. Für die Herstellung dieser seiner Prämienblätter hat der Verein im Ganzen fast eine Million Mark verausgabt. So belaufen si die durch ihn konzentrirten urd Zwecken der Kunst ge- widmeten Mittel im Ganzen auf faft 34 Mill. Mark. Die Zahl der Aktionäre des Vereins beträgt jeßt etwa 7000.

Oldenburg, 24. Juni. (Cöln. Ztg.) Bei Wildeshausen wurde in einem Hügelgrabe eine sogenannte Fensterurne (f. „Archiv für Anthropologie", Korrespondenzblatt Nr. 3 und 6) gefunden. Sie ist von eleganter Form, fein gegläitct, nur 10cm ho, von hell- grauem, sehr feinem Thon. Auf der Ausbauchung befinden si drei runde Löcher von etwa 2 em Durchmesser; in diese sind grüne Stücke Glas in den noch feuchten Thon eingeseßt. Ebenso ist in den Fuß ein Stück Glas eingelassen. Jn der Urne stand eine Vase von fast gleiher Höhe und demselben Material. Der Inhalt bestand in Knochen und Kohle. Bis dahin sind, soviel bekannt, erst sechs der- gleichen gefunden, die siebente würde die erwähnte sein, keine unter ihnen zeigt aber eine fo regelmäßige Vertheilung des Glases, und meistens haben sie nur im Fuße ein Stück Glas. Sollten sih in anderen öffentliben oder privaten Sammlungen Deutschlauds oder des Auslandes Urnen mit eingeseßtem Glase befinden, so würde eine Nachricht dem Oldenburgischen Landesverein für Alter- thumskfunde sehr willkommen sein. E

Der Buchhändler und Antiquar Joseph Jolowicz in Posen hat soeben die Nr.59 des Kataloges seines antiquari- \chen Bücherlagers ausgegeben. Dieselbe enthäit ein Verzeichniß von 1640 Schriften aus dem Gebiete der „Linguistif“, die unter folgenden 6 Rubriken: I. Allgemeine unvergleichende Sprach- wissenschaft; 1T. orientalische Sprachen, mit Aus\{luß des Hebräischen ; 908 hebräisd e Sprache; IV. romanische Sprachen (1) Spanisch, 2) Italienish, 3) Französisb); V. germanishe Sprachen (1) eng- lishe Sprache, 2) deutsche Sprache [a. Alt- und Mittelhochdeutsh nebst verwandten Dialekten, b. neuhochdeutshe Sprache und Literatur, nebst deutshen Mundarten?, 3) fkandinavishe Sprachen und Holländish-Vlämisch) zusammengestellt sind, Ein Anhang weist endlich ca. 50 Nummern über Volksbücher, Lieder, Sagen, Legenden, Schriften über Sprüchwörter u A, auf. Unter den im vorstehenden Kataloge aufgeführten Schriften, die theils den früheren Jahr- bunderten, theils der neuesten Zeit angehören, befinden si viele werthvolle Werke.

Gewerbe und Sandel.

Zufolge fernerer bis zaum 2. Juni reichender Nachrichten aus P ort au Prince (Haïti)*) waren in den leßten vorangegangenen Tagen weder Erkrankungen noch Todesfälle durh gelbes Fieber mehr vorgekommen, und scheint die Epidemie, nahdem die bis dahin ausgebliebenen starken Gewitter eingetreten sind, erlosen zu sein.

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende SFuni 187942 756 300 Æ 43 prozentige und 9 007 500 4 d prozentige, zusammen 51763 800 M Pfandbriefe ausgegeben worden, wovon noch 42014 100 Æ 4} prozentige und 8345 700 F 5 prozentige, zu- fammen 50 359 800 F Pfandbriefe verzinslih sind. Es sind zu- esichert, aber noch nicht abgehoben 1259 700 4M; im Laufe des

onats Juni 1879 angemeldet 5 Grundstücke mit einem Feuer- versicherungswerthe von 627 650 & :

Dem uns vorliegenden Geschäftsberiht des Verwaltungs- raths der Ostpreußischen landscbaftlihen Darlehnskasse zu Königsberg für das zehnte Geschäftsjahr vom 1. April 1878 bis zum 31. März 1879 entnehmen wir folgende Laten: Das mit dem 1. April 1878 begonnene 10. Geschäftsjahr der Ostpreußischen landshaftlihen Darlehnskasse war weder durch einen erwünschten Ausfall der Ernteergebnisse des Jahres, noch durh ein reges Leben auf den Gebieten des Handels und der Industrie begünstigt; viel- mehr trat auf diesen Geschäftsgebieten mehr und mehr ein Zu- nehmen der Geschäftsftockung zur Erscheinung, welches durch die Un- sicherheit der handelspolitischen Verhältnisse bedingt war. Gleichwohl haben diese mißlihen Verhältnisse einen nahtheiligen Einfluß auf den Geschäfte betrieb der Darlehnékasse zu erlangen nicht vermoct, da in Folge der im Jahre 1877 eingeführten neuen Abschäßungs- prinzipien die Zahl der neuen Bepfandbriefungen sich bedeutend ver- größert hatte, und dadurch den Vorschußverkehr auf die in Pfand- briefen umzuschreibeude Hypotheken sich schr gesteigert hatte, und für die Darlehnskasse größere Erträge abwarf. Unter diesen Umständen wurden Gesammtumsäße von je 114545 499 4 87 H in Debet und Credit bewirkt, während dieselben im Vorjahre nur je 92384305 A 18 F und im Geschäftsjahre 1876/77 vur je 99 107 465 A 40 S in Credit und Debet betrugen. Dem erheblich höheren Umsaße entspriht ix angemessener Weise auch das Gewinnergebniß, welhes einen Einnahme-Ueber- \chuß von 149553 M 22 », also von fast 10%, und nah Abzug aller aus demselben erfolgten Ueberweisungen noch einen Rein- ewinn von 128 580 Æ 16 -, also von über 83 °/9 des Stiftungs- apitals von 1500000 4 ergiebt. Von diese:n Reingewinn find nah 8. 4 des zweiten Statutennaktrages vom 22. Juli 1874 9/10 an den Fonds der Ostpreußi'chen Landschaft mit 115722 4 14 und 1/10 an den Reservefonds der Darlehnskasse mit 12858 #4 2 S abzuführen, welcher leßt:re dadur die Höhe von 45 684 4 24 erreiht. Der Gesammtumsatz vertheilt fih auf die einzelnen Monate folgendermaßen: 1878* April 10 374 059 A 11 4, Mai 4730728 M 59 , Juni 9103 925 # 22 4, Juli 9529 115 X 21 4, August 5 293 452 M 61 S, September 8294281 Æ 96 S, Oktober 12018 635 82 S, November 10 825895 # 63 H, Dezember 11 999 925 M 68 S; 1879: Sanuar 13 161 908 4 3 S, Februar 8 545 467 74 S, März 10 668 104 M 27 s.

Die gesammte Kassenversur betrug iv diesem Jahre über 834 Millionen Mark gegen ca. 704 Millionen Mark des Vorjahres. Der Kassenbestand betrug anm 1. April 1878 110064 4 8 s, hierzu kam die Jahres8einnahme mit 41 743 828 Æ, in Summa 41 853 892 M. 8 S, wooon die Jahresausgabe mit 41 732 098 A 92 9 bestritten wurde, so daß am Jahresschlusse ein baarer Kassenbestand von 121793 M 16 S verblieb. Die stärksten Kassenumsäte weisen die Monate Oktober, Novcmber, Dezember 1878 und Januar 1879 mit je 9—9#4 Millionen Mark na; die geringsten Umsäße mit 45 und gegen 4 Millionen Mark finden sich im August und Mai.

Mit der Vermittelung der Bepfandbriefung war die Dar- lehnskaffe bezügli 641 Güter beauftragt, , während im Vorjahre derartige Aufträge nur 418 und im Jahre 1876/77 sogar nur 295 vorlagen. Unter diejer bedeutenden Zahl von Gütern befanden sich viele von bedeutendem Werthe, deren Bepfandbriefung erhebliche Vorschüsse erforderte. In allen Fällen wurden sämmtliche Kor- respondenzen und Anträge bei den Königlichen Gerichtê- und fonstigen Behörden sowie Privatpersonen besorgt und die Zahlungen auf An- weisung direkt an die Gläubiger geleistet. Aus dem Vorjahre sind hier Hypotheken - Vorsbußkonto im Ganzen 123 Spezialkonti übernommen mit Vorschüssen von 712086 6 3 s,

*) Siehe Nr. 138 des „Reichs-Anzeigers“.

518 Konti kamen bis ult. März c. hinzu mit 9022380 # 88 4; es wurden alfo geführt: 641 Konti über Vorschüsse von Summa 9734 466 Æ 91 4, davon sind bis zum 31. März c. erledigt 442 Konti und Vorschüfse von 8 427 499 # 37 H, und blieben an diesem Tage auf 199 Spezialkonti ausftehen Vorschüsse von 1306 967 M 54 -§. Die Darlehnskafse ist sonach auf diesem Konto an “dem Jahres\{lufse gegen den vorjährigen mit einem Mehrbetrage von ca. 590 000 M Gläubigerin geblieben und hat darauf einen Umsatz von über 18 Millionen Mark gemacht, während der des Vorjahres nur ca. 9 500 000 Æ betrug.

Magdeburg, 2. Juli. (W T. B.) Die heutige außer- ordentlihe Generalversammlung der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellshaft war sehr zahlreih besucht. Es waren etwa 1200 Stimmkarten ausgegeben. Die Erledigung der Formalien nahm nur kurze Zeit in A:spruch. Sch{on um 117 Uhr konnten die eigentlihen Verhandlungen beginnen. Den Vorsitz führte Präsident Scheele. Derselbe theilte mit, daß in der Versammlung 16 444 Stimmen vertreten seien. Zunächst begann eine ein- gehende Debatte über einen Antrag, welcher die Vorfrage erledigt wissen wollte, ob das Direktorium überhaupt berechtigt gewesen sei, ohne Genehmigung der Generalversammlung in Verhandlungen wegen des Verkaufs der Bahn mit der Regierung zu treten. Der Direktor Schmidt hob demgegenüber hervor, daß das Direktorium nah den Statuten das Recht hatte, in solche vorläufigen Verhand- lungen einzutreten. Nah der Verlesung zahlreicher Amendements nahm der Geheime Regierungs-Rath Bensea das Wort über die Stellung, welche die Staatst egierung einnehme. Derselbe erörterte die Schwierigkeiten, welche bisher zu überwinden gewesen, und hob hervor, daß die Regierung fest entschlossen sei, weitere Zugeständnisse nicht zu machen. Der Vertrag müsse ohne jedes Amendement angenom- men werden, widrigenfalls die Regierung auf die Erwerbung des Unternehmers verzichten werde. Bezüglich der Frage des Antheils der Stammprioritäten Litt. B. an der Liquidationsmasse gab der Redner zu, daß dies eine Frage fei, welhe nur von der Liquidations- kommission entschieden werden könne. Die Staateregierung werde einem bezüglihen Amendement nicht zustimmen. Solche Besiß r von Stammpyprioritäten Litt. B.,, welche den Umtausch gegen Konsols ver- weigerten und das Resultat der Liquidation abwarteten, würden ja übrigens insofern einen Nußen haben, als ihnen die vorgesehenen circa 89% unter allen Bedingungen gesichert sein würden. Es folgte hierauf eine längere Debatte für und gegen die An- nahme. Die Vertreter der Diskontogesellshaft r:chtfertigten das Verfahren ihrer Gesellschaft und befürworteten die Annahme. Die Versammlung solle sih damit begnügen, die Erwartung auszusprechen, daß die Staatsregierung die Gleichberehtigung der Stammpriori- täten Litt. B. bezügli der Liquidationsmasse anerkennzn werde. Der mit der Staatsregierung abgeschlossene Vertrag wurde \{ließlich an- genomm:n. 13140 Stimmen waren für, 6441 gegen denselben. Da die Zweidrittelmehrheit 13 054 Stimmen beträgt, ist der Vertrag (ohne irgend welches Amendement) mit 86 Stimmen über die Zwei- drittelmehrbeit angenommen. Eine Resolution, daß nach der reht- lichen Ueberzeugung der Generalversammlung die Aktien A., B. und C. bei der Liquidation gleihberechtigt seien, wurde angenommen.

Mosíau, 1. Juli. (W. T. B.) Die für das nächste Jahr in Aussicht genommene hiesize Gewerbe-Au s stellung wird erst im Jahre 1881 stattfinden.

New-York, 20. Juni. In dem Wochenbericht der „New- Yorker Handels -Ztg.* heißt es: Die jeßt zu Ende gehende Frühjahrs-Saison hat den Me Ansprüchen, welche an deren Verlauf gestellt worden waren, selbstverständlich nicht entsprechen können, aber Diejenigen, welhe nur eine allmählihe Besserung der Geschäfte erwartet hatten, volllommen befriedigt. Liegen auch im Allgemeinen keine alänzcnden Resultate vor, so haben wir doch eine große Errungenschaft zu verzeihnen, nämlich die Rückkehr des Ver- trauens, die ihrerseits in der befestigten Solidität wohl begründet ist. Was die kommende Saison betrifft, so sind alle Elemente der Prosperität vorhande1, und nur sich selbst werden Handel und In- dustrie es zuzuschreiben haben, wenn die gegenwärtigen Auspizien fi ch nicht verwirklichen. Die Zeitungen aus allen Theilen der Union sprechen von bevorstehendem reihen Segen, und wenn auch die Schil- derungen zum Theil einer allzu optimiftishen Anschauung entsprin- gen, so bleibt des Guten doch genug, um dem Herbstgeshäft ein äußerst günstiges Prognostikon zu stell.n. E :

Die Einlösung der gekündigten Bundes-Obligationen nimmt einen so ruhigen Verlauf, daß der Geldmarkt diefelbe gar nicht gewahr wird, und unsere Banken, austatt, wie feizer Zeit niht ohne Grund befürchtet, dadur beeinflußt zu sein, können ihre im vorigen Monat auf ein Minimum reduzirte Reserve anhaltend verstärken. Es verfallen zwar in der Periode vom 29. d. M. bis 21. n. M. noch circa 275 Millionen Bonds, aber man hegt wegen deren Einlösung um so geringere Besorgniß, als gerade um diese Zeit der legitime Handel und die Börsenspekulation sehr {wache Ansprüche an den Eeldmarkt zu stellen pflegen. E .

Am Waaren- und Produktenmarkte hatten einige Artikel ziemli lebhaften Umsatz, während andere, meist durch die vorgerückte Jahreszeit bedingt, in {wäcerem Verkehr standen. Im AUgemeinen ist die Stimmung eine zuversichtlihe und hoffnungsvolle. Für volle Getreideladungen wurden 31 Schiffe gecartert; Brodstoffe verloren an Festigkeit der Preise, wurden aber ziemlih lebhaft gehandelt. In Baumwolle machte die Baissetendenz weitere Fortschritte, n obei sich jedoch sowohl in Locowaare wie auf Termine gutes Geschäft ent- wickelte; die heutige Börse befestigte si etwas auf günstigere Liver- pooler Meldungen und {loß für middling Upland zu 125 Cts. gegen 1213/16 Cts. in voriger Woche. Von Provisionen fand besonders in Speck ungewöhnlich lebhaftes Geschäft, hauptsächlich für den Konsam der Südstaaten, statt. Für Schmalz zeigte sich nur geringe Export- frage. Ja Petroleum fand ein weiterer Preisrückgang statt, zu welchem sih ein lebhaftes Geschäft etablirte. Hopfen wurde in Folge der anhaltend als ungünstig gemeldeten Ernteaussichten fest auf Preis gehalten; der Export hat jedo fast gänzlih aufgehört. Für Rio- Caffees herrschte, troßdem die Inlandfrage nur geringfügig, ein ziem- [ih stabiles Gefühl am Markte. Rohzucker hatte nur sehr beschränkte Umsäße, raffinirter war dagegen lebhaft und fest für alle Sorten. Thee hatte unverändert: Preise; es wird jedo sehr über die Ge- ringfügigkeit der Umsätze geklagt. Fremde Manufakturwaaren im Allgemeinen ill. Der Import fr-mder Manufakturwaaren während der heute beendeten Woche betrug 1 003 788 Doll. gegen 677 736 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

Verkehrs-Anstalten.

Auf der indo-europäischen Telegraphenlinie sind im Monat Juni d. I. an gebührenpflichtigen Depeschen befördert worden : a. aus London, dem übrigen England und Amerika nah Persien und Indien 1060 Stück, b. aus Persien und Indien nah London, dem übrigen England und Amerika 1156 Stück, c. vom europäischen Kon- tinent excl. Rußland nach Persien und Indien 410 Stü, d. aus Persien und Indien nah dem europäischen Kontinent excl. Rußland 246 Stück. Summa 2872 Stülk.

(N. Zürch. Ztg.) Die ordentliche Generalversamm- lung der Aktionäre der Gotthardbahn fand am 28. d. M. in Luzern unter dem Vorsiße des Nationalraths Feer-Herzog statt ; es waren 50 Aktionäre anwesend, die ein Aktienkapital von gegen 23 Mill. Fr. repräsentirten. Sämmtliche Vorlagen des Verwal- tungsrathes wur*en angenommen und der Geschäftsbericht. für 1878 genehmigt. Bei dem Letzteren sprachen die En pel oees den Wunsch aus, es möchte hinsichtlih des Betriebes der Tessiner Thal- bahnen auf Ersparnisse Bedacht genommen werden. Die Statuten wurden in dem Sinne abgeändert, daß der Bundesrath 7 (ftatt 6) Mitglieder in den Verwaltnngsrath zu ernennen hat und die Gene- ralversammlung 22 (statt 19); man schritt auch sofort zu einer Neu- wahl in den Verwaltungsrath, die auf Regierungs-Rath Frei (Aar-

au) fiel, die Beseßung der zwei übrigen Stellen, wofür ein Deut- cer und ein Italiener in Aussicht genommen sind, bleibt reservirt. An die Stelle des ablehnendea Senators Artom wurde Ritter

Filippo Cavallini in den Verwaltungsrath gewählt, zum Präsidenten des Verwaltungsrathes Hr. Feer- Herzog wiedergewählt, und als Stellvertreter auswärtiger Mitglieder des Verwaltungsrathes be- zeichnet die Herren: Andreä-Pafsavant in Frankfurt, Lent in Berlin, Mövius in Cöln, Maraini in Rom und Cesare Parodi in Genua.

Der Beschluß, betreffend die Montecenere-Linie latt:

I, Der Verwaltungsrath wird ermächtigt, 1) den Bau der Montecenere-Linie nah den Bestimmungen, welche in dem Vertrage zwischen der Schweiz und Jtalien vom 16. Juni 1879 aufgestellt worden sind, auszuführen ; s Z

__2) dem \hweizerischen Bundesrathe die Erklärung abzugeben, daß die Gotthardbahngefellshaft bereit sei: a. von der Eröffnung des Betriebes der Montecenere-Linie an auf die Zushlagstaren für Waa- ren in gewöhnliwer Fracht, welche durch Art. 8 des internationalen Vertrages vom 15. Oktober 1869 gestattet sind, zu verzichten; b. die dur denselben Vertrag gestattete Zuschlagstare für Reisende zu be- seitigen, sobald der gesammte Bruttoertrag der Montecenere-Linie während zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Ziffer von 20 000 Fr. per Jahr und Kilometer überschritten haben wird. j

11, Der Verwaltungsrath wird ermächtigt, ein 5°%/ Anleihen ci ord 6 Millionen Franken für den Bau der Montecenere-Linie zu erheben.

IIT. Der Verwaltungêrath wird ermächtigt, zu Gunsten des unter Ziffer IT. erwähnten Anleihens bis auf 6 Millionen Franken ein Pfandrecht ersten Ranges auf die Montecenere-Liniz Giubiasco- Lugano, cventuell Bellinzona- (Dragonato-) Lugano zu bestellen.

New-Vorl, 2. Zuli, W. 9, B) Der BDampser «Nee land“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, den 3. Juli 1879.

Die während des leßten Schuljahres in der Unterrichtsan1talt des Deutshen Gewerbemuseums für kunstgewerblihes Zeichnen und Modelliren angefertigten Schülerarbeiten sind bis 13. d. Mts. im Museum zur Besichtigung ausgestellt.

München, 2. Zuli. (W. D. B) Die Eroffnung der internationalen Kunstausstellung ist nunmehr definitiv auf den 19. Juli festgeseßt worden. Die Eröffnung wird im Auftrage Sr. Majestät des Königs durch den Prinzen Luitpold erfolgen.

In Dresden ist am 1. Juli eine allgemeine Ausstellung von Erzeugnissen der Kunst, Wissenschaft und Industrie für die Jugend eröffnet worden.

Im Flora-Etablissement zu Charlottenburg wird das zweite Sommernachtsfeit am Sonnabend, den 5. Juli, statt- finden. Das Programm ift dasselbe wie am 25, v. M, wo jedoch die Jllumination durch das Regenwetter zum Theil gestört wurde. Die Beleuchtung wird daher am Sonnabend in größerem Maße zur Ausführung gelangen. Bei Eintritt ungünstiger Witte- rung am 5. Juli findet das Fest an einem der nächsten Tage statt. Selbstverständlih behalten die gelösten Billets hierzu Gültigkeit. Die am 25. Juni nicht benußten Billets können zu diesem Feste umgetausht werden, jedoch nur an derselben Zeichnungsstelle, von welcher sie bezogen sind.

Literarishe Neuigkeiten 1nd periodishe Schriften.

Jahrbücher für die deutshe Armee und Marine. Ler- antwortlih redigirt von G. von Marées, Major. Bd. XXXII, Nr. 94. (Juli 1879.) Heft 1. Berlin, 1879, F. Schneider & Co. (Gold\shmidt & Wilhelmi.) Inhalt: Studie zur Methodenlehre der kriegsges{ichtlihen Disziplin. Von N. Endres, Lieutenant im Bayerischen 3. Feld-Artillerie-Regiment. Die Kämpfe der Wonte- negriner mit den Franzosen 180s—14, Von Spiridion Gopcevié.

Römisches Kriegs8wesen. Ueber das Projekt zu einer neuen Ges fechtsinstruktion für die russische Infanterie. Von A. von Drygalsfi, Prem.-Lieut. a. D. Deu!sches und französishes Befestigungs-

wesen seit dem Kriege 1870/71, mit besonderer Berücksichtigung der modernen Konstruktion der Forts und Fortsgürtel. Bon Marx Stwblagintweit, Prem. Lieut. im Bayerischen 1. Fuß-Artillerie-Regi- ment. Schießversuche der Kruppshen Gußstahlfabrik in Essen. Armstrong und Krupp. Erfindungen u. f. w. von militärischem Interesse. Zusammengestellt von Fr. Hentsch, Hauptmann a. 4D ae Aus auswärtigen militärishen Zeitschriften. Umschau in der Militär-Literatur. Verzeichniß der bedeutenderen Aufsäße aus anderen militärischen Zeitschriften (15. Mai bis 15, Juni). Ver- zeichniß der bei der Redaktion eingegangenen neu erschienenen Bücher (15. Mai bis 15. Juni). S Correipondenz «Blat 009 niederrheinischen Vereins für öffentlihe Gesundhe itspflege. Bd. VIII. Nr. 4, 5, 6. Redakt.: Dr. Lent. Cöln 1879. Jn Kommiss. : M. Du- mont-Schaubergshe Buchhandlg. Inhalt: Die städtische (Schwimm-) Bade-Anstalt in Dortmund, von Stadtbaurath Yiarr. Zur Sta- tistik der Lungenshwindsuht und deren Ursachen im Landdroftei- bezirk Otnabrück, besonders im Kreise Meppen, Nach einem Vor- trage mitgetheilt von Dr. Miquel. Ueber die Verwerthung der bis jeßt nicht benußten überslüssigen Wärme unserer gewöhnlichen Heizvorrichtungen zur Verbesserung unserer Gesundheitsverhältnisse, von Dr. Zander. Die Fortschritte der Gesehgebung in Bezug auf die Wasseroersorgung der ländlichen Distrikte in Gil, von Dn D, Pa Polizei - Ver- ordnung der Königlichen Regierung in Düsseldorf über das Halten von Kost- und Quartiergängern. Ortsp-lizeilihes Verbot der Könizlichen Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg gegen den Gebrauch der sogenannten Bier-Pressionen (Bierpumpen). Pro- gramm der Kommission zur Kontrole der Bonner Milchkur-Anstalt. Ueber die Prüfung der Butter auf ihre er Sieben von Dr. Beckurts. Beiträge zur Weinfrage. Die Weinbehandlung in hygieinisher Beziehun. Meferat, erstattet von Professor Dr, C. Neubauer. Das Ziehkinderwesen in der Stadt Chemniß. Statut des Vereins zur Beförderung der Kleinkinder-Bewahr- anstalten in Berlin. Die Arb-iter-Wohnhäuser in Lüttich. Aus der chemisch-mikroskopishen Untersuhungs-Station des Vereins. Kunst und Gewerbe. Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie, herausgegeben vom bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg. MRedigirt von Dr. Otto von Schorn. Nürnberg, Verlag der Friedr. Kornshen Buchhandlung. 13. Jahrgang. 1879. Nr. 25 bis 27. Inhalt: Das Rathsilberzeug der Stadt Nürnberg. Von J, Stockbauer. (Schluß.) Denkschrift und Stistung des Hrn. Lothar von Faber. Jahresberiht des württembergischen Kunst- gewerbevereins in Stuttgart. Verein für deutsches Kunstgewerbe in Berlin. Aus dem Kunstgewerbe-Museum in Dresden, Die Thüre des Hauptportals am Münster in Straßburg. Johann Sibmacher. Von O. von Schorn. Die von Brandtsche Samm- lung in Berlin. Die Alterthümer-Ausstellung in Münster. Das National-Denkmal auf dem Niederwald. Die technische An- stalt für Gewerbtreibende in Bremen. Neue Funde in Troja. Ausflug des württembergischen _Kunstgewerbevereins, Die Kunstgewerbe-AussteUung in Leipzig. Spiytenklöppelshulen im Königreih Sachsen. Die Mosaik- und Glasmalereianstalt in Inns- bruck. Für die Werkstatt. Aus dem Buchhandel. Kleine Nach- rihten. Den 3 Nummern sind folgende Kunstblätter bei- gefügt: Buchdeckel (17, Jahrh.), gez. von E. Kumsh; Stoffmuster Ll Jahrh.); italienische Spiße (17. Jahrh.)— Mittheilungen des ayerishen Gewerbemuseums zu Nürnberg. Beiblatt zur Wochenschrift: Kunst und Gewerbe, Redigirt von Dr. Otto von Schorn. 6. Jahrgang. 1879. Nr. 13.