— Der General-Lieutenant von Flatow, Direktor der E hat sich mit Urlaub nah Lauterberg im Harz geben.
Bayern. München, 8. Juli. (Allg. Ztg.) Der Geseß- ebungsausschuß der Kammer der Neichräthe at heute Vormittag mit der Berathung des Geseßentwurfs,
betreffend die Sv b iaftistouer;- begonnen.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 9. Juli. (W. T. B.) Der steyerishe Großgrundbesiß hat 4 liberale Kan- didaten gewählt. Der Minister-Präsident von Stremayr war nicht als Kandidat aufgestellt worden.
— Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel:
rankrei und England werden von dem Wortlaute des Investitur-Fermans für den Khedive Tewfik Pascha ihr wei- teres Vorgehen in der Frage, betreffend die Aufhebung des Fermans von 1873 abhängig machen. — Der Sultan hat sämmtliche von Aleko Pasha ernannte Mitglieder des ostrumelishen Regierungsdirektoriums, ausgenom- men den Leiter des Justizdepartements, Kessakoff, bestätigt. — Die Pforte beabsichtigt, Schritte bei den Mächten wegen baldiger Shleifung der Donaufestungen zu thun.
— 10. Juli. Der Großgrundbesiß in Galizien wählte durchweg konservative, derjenige in Tirol durhweg liberale Kandidaten. Die Wahlen find beinahe beendet. Einer von der „Presse“ über das Ergebniß der Wahlen gemachten Berechnung zufolge haben die Liberalen im Sanzen 50 Sitze im Reichsrathe verloren.
Schweiz. Bern, 9. Juli. (Bund.) Aus der Bundes- raths\izung vom 8. Juli: Der Bischof Herzog ist vom Primas von Schottland ersucht worden, in dessen Auftrage und unter dessen Verantwortlichkeit in der gallikanischen Kirche in Paris, die unter der Aufsicht des Primas steht, einigen Kindern die Firmung zu ertheilen. Unter Bezugnahme auf die in dem Bundesrathsbeschlusse vom 28. April 1876, betref- fend die Genehmigung der Errichtung eines christkatholischen Bisthums in der Schweiz, enthaltene Bedingung, daß der zu ernennende Bischof außerhalb des Gebietes der Schweiz keine geistlihen Amtsbefugnisse ausüben dürfe, fragt der Synodal- rath der cristkatholischen Kirche an, ob der Bundesrath in der Vornahme der fraglichen Firmung eine Verleßung jener Bedingung erblicken würde. Es wurde erwidert: der Bundes- rath erhebe eine Einwendung im gegebenen Falle nicht, indem die von dem Bischof Herzog vorzunehmende geistlihe Hand- lung nicht aus feiner eigenen Machtbefugniß, fonèern auf Grund einer fremden Amtsbefugniß infolge Delegation zu geschehen hat.
Großbritannien und Jrland. London, 8. Fuli, (Allg. Corr.) Der Hof siedelt, den bis jeßt getroffenen Dis- positionen zufolge, am 19. d. M. von Windsor nah Osborne Über. Jhre Majestät die Königin wird daselbst einen Monat verweilen und sih dann direkt nah Balmoral begeben.
Jm Auswärtigen Amte fand gestern Nachmittag eine Konferenz zwishen etwa 250 Unterhausmitgliedern und den Ministern Earl Beaconsfield, Sir Stafford Northcote, Oberst Stanley und Mr. Croß statt, um den Stand der Staatsgeschäfte , insbesondere aber die Bestimmungen der Armeedisziplin -Vorlage in Betreff der körperlichen Züchtigung zu diskutiren. Earl Beaconsfield, fowie die übrigen Minister erklärten, die Regierung sei Wi entshlossen,
“dex Opposition gegen die Armeedisziplin-Bill energish die E zu bieten und die Maßregel noch in dieser Session durhzubringen, A B
Die gestrige Debatte über das Disziplinargeseß 1n der Armee, oder vielmehr die Abshweifung zu der Frage über die Abschaffung der Prügelstrafe im Heere und auf der lotte hat keinen für die Liberalen glücklichen Eindruck interlassen. Die Spaltung innerhalb der liberalen Partei läßt sih nit ableugnen. :
Der „Times“ wird aus dem Fort Pearson, unterm 14. S dd gemeldet : :
ie langerwartete Bewegun; der Division Crealock hat endlich begonnen. Gestern brach der erste Theil der Division, be-
stehend aus den Buffs, der Compagnie C. von Lonsdale’'s Reitern und zwei Kanonen der 8. Batterie, 7. Brigade der Königlichen Ar- tillerie unter Ellaby, auf, um einer Kolonne von ca. 70 Wagen als Eskorte zu dienen. John Dunn marschirte heute mit 80 seiner Plänkler ab, begleitet von Maguenda und 5 Anhängern. Die zweite Kolonne, nämlih das 88. Regiment, die Marinebrigade mit drei Gatlings, einem Neunpfünder und ¿wei Raketen, und ein Trupp Kavallerie, etkortirt ebenfalls einen Wagenzug. Die dritte Abtheilung, bestehend aus dem 99. Regiment, einer Batterie, Nettletons Eingeborenenkontingent und allen Ersatmannschaften, mars{irt am 19. ab. Bei jeder Kolonne befindet sich ein kompletes Feldhospital. Fort CGrealock erhält das 99. Regiment, zwei Kanonen und einen Trupp von Lonédale’s Reitern als Besayung. Die Forts Pearson und Tenedos werden von etwa 300 Mann beseßt, die ein Konraleszentendepot bilden; ein Detachement Matrosen soll die Gescbüte bedienen. Die Forts sind verstärkt worden, um sie sicherer für eine fleinere Besaßung zu machen. Eine Redoute wird zum Schutze des neulich gegründeten Hospitals errihtet. Dberst Walker ift mit dem Kommando am unteren Tugela, einshließlich der Forts Pearson und Tenedos, betraut. Ein kleines, aber sehr starkes Fort ist an der Grenze, 12 Meilen flußaufwärts, errihtet worden. Cine Br1 cke über den Tugela ist in dieser Wode fertig gestellt worden. Der Gesundheitszustand der Truppen hat sich et:xas gebessert.
Den „Daily News“ wird aus dem Lager am Flusse Upoko, unterm 12. Juni, gemeldet: „Heute läuft die Frist ab, die Cetewayo zur Zurücsendung der 7 pfündigen Ge- chüße gestellt worden war. Dieselben sind noch nicht ab- geliefert“.
_ Das Gericht, welches zur Untersuhung der Umstände niedergeseßt wurde, die den Tod des Prinzen Louis N oleon herbeigeführt haben, hat folgendes Urtheil ab- gegeben :
„Das Gericht ist der Meinung, daß Lieutenant Carey seine Stellung zu dem Prinzen nicht verstanden, und daß er in Folge dessen die Verantwortlichkeit, welche ihm oblag, nicht richtig ge- \chätt hat. Der General-Quartiermeister Harrison hat das Zeugniß abgegeben, daß Lieutenant Carcy das Kommando der Esfkorte hatte, während Lieutenant Carey bezügliÞh auf die Eskorte sagt: Nah meiner Ansicht hatte ih kein Kommando über dieselbe. Gegcnübter der bestimmten und sorgfältigen Jn- struktion Lord Chelmsfords, welhe die Stellung, die der Prinz einnalm, bezeichnet, und vorschreibt, daß er ohne Aus- nabme von etäer Céfkorte unter Kommando eines Offiziers begleitet sein sollte, erachtet das Gericht, daß eine solhe Meinungsverschieden- heit ¿wishen Offizieren desselben Departements nicht hätte stattfinden solien. Zweitens ist das Gericht der Unsicht, daß Lieutenant Carey sehr zu tadeln ist, weil er nur mit einem Theile der ihm vom General- Quartiermeister zugetheilten Eskorte ausgeriiten ist. Das Gericht
kann ten Einwand der Unverantwortlichkeit auf Seiten des Lieute- nant Carey nit zulassen, insofern als er selbst vergeblich Schritte gethan hat, um die Eskorte zu erhalten; ferner gab die Thatsache, daß der General-Quartiermeister sich auf den Ftelezi-Hügeln befand, dem Lieutenant Carey Gelegenheit, ihn in der Sate zu befragen, und er benußte dieselbe nit. Drittens ift das Gericht der Meinung, daß die Wahl des Kraals, bei dem Halt ge- macht wurde, wegen der Deckung, welche die Umgebung dem Feinde gewährte und wegen des anliegenden s{wierigen Terrains einen be- flagenswerthen Viangel an militärisher Vorsicht zeigt. Viertens bec- dauert das Gericht ernstlich, daß keine Anstrengungen gemacht wor- den sind, die Eékorte zu sammeln und dem Feinde entgegen zu treten, wodur sich vielleihk die Möglichkeit ergeben haben würde, dieje- nigen, denen es nit gelang, ihren Rückzug zu bewirken, zu retten.“
Wie aus anderen Berichten hervorgeht, behauptet Lieute- nant Carey dagegen geradezu, daß er nicht den Befehl über die Eskorte gehabt habe, daß ihm ganz speziell befohlen ge- wesen sei, den Prinzen gewähren zu lassen. ;
Die europäische Armee in Fndien soll in Folge der Beendigung des afghanischen Feldzuges demnächst um etlihe Bataillone Jnfanterie, sowie um zwei Batterien reduzirt werden.
— 10. Zuli (W. T. B.) Auf einem gestern hier statt- gehabten Banket der Konservativen hielt der Staats- sekretär des Auswärtigen, Marquis of Salisbury, eine Nede. Derselbe glaubte zunächst versichern zu können , daß die Stipulationen des Berliner Vertrages in ihren wesentlichen Einzelheiten zur Ausführung gelangt seien, und daß die auswärtigen Mächte, mit ihren eigenen Angelegen- heiten beschäftigt , den Wunsch und das Bestreben haben, den Frieden zu wahren. Die Stürme der leßten Jahre seien in der Abnahme begriffen. Von den zeitigen Konkurrenten um den Besitz der wichtigen Mittelmeerpositionen sei keiner — weder unter den schon bestehenden Reichen, noch unter den sich konsti- tuirenden Nationalitäten — mächtig genug, um eine solche Auf- gabe zu übernehmen. Das heutige reformirte türkische Reich stüße sich auf die Zustimmung seiner Unterthanen, welche ih zu crhalten, sein ferneres Bestreben sein müsse. Der Friede, den die Türkei gegenwärtig erlangt hat, sei ein Augenblick der Ruhe; von der Anwendung, welche sie davon mache, werde die Zukunft bedingt werden. „Die türkishe Nation besißt die- jenigen Tugenden, welche ein Volk mächtig und reih machen können; ih hoffe, daß ihre Staatsmänner den Mißbräuchen und der Korruption ein Ziel zu seßen wissen werden. Wir unsererseits haben auf jeden Fall unsere Schuldigkeit gethan.“ Zum Schluß erklärte der Minister: so sehr er auch den Wunsch hege, ih für die Politik der auswärtigen Mächte nicht zu interessiren, müsse er do darauf bestehen, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen selbst ein friedliebender Staat, wie England, stets auf den Krieg vorbereitet sein müsse.
=— 10 Qu E D) Na hier UAngegangenen Nachrichten vom Kap, vom 24. Juni, traf General Crealod am 19. Juni bei dem Fort Chelmsford ein, und begann am folgeuden Tage der allgemeine Vormarsch. Am 21. Juni fam man an den Umbalazi-Fluß. Man ftieß nur auf unbedeutenden Widerstand. General Newdigate ist mit seinem Hauptquartier in Upoka eingetroffen. General Wood wird demnächst seine Verbindung mit dem General Crealock herstellen.
Frankreih. Paris, 8. Juli. (Fr. C.) Der Aus- {uß der Deputirtenkammer für den Geseßentwurf, be- treffend die Rückehr der Regierung und der Kam- mern nach Ps6ris, konferirte gestern mit den Ministern Leroyer, Lepère und“ General * Gresley. ? Der einzige Diffe- renzpunkt zwischen der Regierung resp. dem Senat und dem Ausschusse ist noch immer die Frage der Truppenrequi- rirun g. Der Ausschuß besteht darauf, daß dieses Reht dem Präsidenten jeder der beiden Kammern direkt und ohne Ver- mittlung des Kriegs-Ministers zustehen folle, und die Minister suhten ihn vergebens in dieser Forderung zu erschüttern. Er bes(loß zuleßt, für den betreffenden Artikel des Geseßes, Art. 5, mutatis mutandis die Formel des Dekrets vom 11. Mai 1848 anzunehmen, die auch später in die Geschäfts- ordnung dex Nationalversammlung überging. Danach würde der Artikel lauten :
„Die Präsidenten des Senats und der Deputirtenkammer sind mit dem Schutze der inneren und äußeren Sicherheit jeder der beiden Kammern beauftragt. Zu diesem Behufe haben sie das Recht, die bewaffnete Macht und alle sonstigen Organe, deren Mitwirkung ihnen nothwendig erscheint, zu requiriren. Die Requisitionen können direkt an alle Kommandanten und Beamte gerihtet werden, die ihnen bei den im Geseke angedrohten Strafen sofort zu gehorhen haben. Jeder Grove fann fein Recht auf die Quästoren oder einen derselben übertragen.“
Das Erträgniß der indirekten Steuern im Monat Juni hat die Voranschläge des Budgets um 12 Millionen überstiegen. Für das erste Halbjahr 1879 beläuft sich das Plus auf 59 Millionen in runden Ziffern.
Jn Nancy soll am 3. August ein Denkmal Thiers enthüllt werden.
— 9, Juli, (W. T. B.) Mehrere Zeitun gen .mel- den, daß der Marschall Mac Mahon bei dem Kriegs- Minister um die Erlaubniß nachgesucht habe, sich nah Chislehurst zu begeben, um dem Leichenbegängniß des Prinzen Louis Napoleon beizuwohnen. Der Kriegs- Minister habe darauf, nah einer Konferenz des Ministerraths, dem Marschall Mac Mahon geantwortet, daß ihm die nach- gesuchte Erlaubniß nicht ertheilt werden könne, da bereits den Marschällen Canrobert und Leboeuf und dem Admiral Jurien de la Gravière eine solche Erlaubniß verweigert worden sei.
— 10. Juli. (W. T. B.) Die von einigen Journalen gebrachte Mittheilung über eine kürzlih im Ministerrathe vor- genommene Schäßung der Ernte, welche ergeben habe, daß die Getreideernte in Frankreich unzureichend sein werde, entbehrt der „Agence Havas“ zufolge der Begründung.
Versailles, 9. Juli. (W. T. B.) Bei der heute in der Deputirtenkammer fortgeseßten Berathung des Ferry'schen Unterrichtsgeseßes wurde der Artikel 7, welcher alle vom Staate nit autorisirten Religionsgesell- schaften von der Ertheilung des öffentlihen Unterrichts aus- ließt, mit 330 gegen 185 Stimmen angenommen. So- dann wurde der Artikel 8, welcher dahin geht, daß jedes \reie Unterrichtsinstitut und jede mit Rücksicht auf den Unterricht gebildete Vereinigung nur durch Geseß zur Ertheilung des öffentlihen Unterrichts zugelassen werden kann, genehmigt. Schließlich wurde das ganze Ferry'sche Unterrichtsgeseß mit 352 gegen 159 Stimmen angenommen. — Morgen wird die Kammer die Berathung des Budgets beginnen.
Griechenland. Athen, 9. Juli, (W. T. B.) Die Kammern sind zum 17. d. M. zu einer außerordentlichen
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Session einberufen worden und sollen sih mit der Prüfung der Finanzlage Griechenlands beschäftigen.
Rumänien. Bukarest, 9. Juli. (W. T. B.) Die Journale „Telegraful“ und „Romania libera“ be- sprechen das Programm der Verfassungs-Revisions- fommission und weisen die darüber hinausgehenden Kon- zessionen in der Judenfrage zurück. „Romania libera“ bemerkt hierzu ferner, daß, wenn Europa mit der vorgeschlagenen Lösung der Judenfrage unzufrieden sei, es Rumänien ertragen werde, noch einige Zeit in nicht vollständig anerkannter Unab- hängigkeit zu verbleiben.
Bulgarien. Tirnowa, 9. Juli. (W. T. B.) Heute Vormittag 9 Uhr wurde in der historishen Krönungskirche ein feierlihes Tedeum abgehalten, nah welchem die Eides - leistungdes Fürsten Alexan der stattfand. Der Fürst trug die russische Generalsuniform und hatte die Großkreuze verschie- dener Orden angelegt. Die Eidesformel sprach der Fürst fließend in bulgarisher Sprache, was die Versammlung mit lebhaftem Enthusiasmus aufnahm.
Amerika. New - York, 7, Juli. (Allg. Corr.) Die Staaten Jowa, Minnesota und Wisconsin find von einem Wirbelsturm heimgesuht worden, durch welchen 25 Personen getödtet, viele Gebäude zerstört und der Eisenbahnverkehr unterbrochen wurde.
Nr. 12 des „Archivs für Post und Telegraphie“, Bei- heft zum Amtsblatt der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphen- verwaltung, enthält: Aktenstücke und Aufsäße: Die Postoerwaltung der Vereinigten Staaten von Amerika während des Jahres 1877/78. — Die Post - Dampfschiffverbindungen nah Südamerika und ihr Werth für die Entwickelung des überseeishen Handels. — Die Lüne- burger Haide. — Kleine Mittheilungen: Die Einnahmen der fran- zösischen Post- und Telegraphenverwaltung. — Neue Kabel zwischen Europa und Amerika. — Die indischen Staats-Telegraphenlinien im Jahre 1876/77. — La lumière électrique, — Literatur des Verkehrs- wesens: Erster Jahreéberiä&t des Vereins für Erdkunde in Mey für 1878, — Zeitschriften-Ueberschau.
— Das Ergänzungsheft (Juni) zum „Archiv für Poft und Telegraphie“ enthält: Die Postverbindungen, Handels- und Ver- kehrsbeziehungen zwishen dem Deutschen Reiche und den deutschen Konsulatsorten in außereuropäishen Ländern.
Statistische Nachrichten.
: Uebersicht ber ote Zahl der Studirenden auf der Königlichen Universität zu Greifswald im Sommer- Semester 1879, Im Winter - Semester 1878—79 sind im- matrifkulirt gewesen laut Personalverzeihniß 507. Nach Aufstellung dieses Verzeichnisses wurden noch immatrikulirt —. Zusammen 507. Davon sind abgegangen 131, es find demnach geblieben 376, dazu sind in diesem Semester gekommen 175, die Gesammtzahl der im- matrifkfulirten Studirenden beträgt daher 551, Die theologische Fa- fultät zählt Preußen 48, Nichtpreußen 4, zusammen 52. Die juristische Fakultät zählt Preußen 81, Nichipreußen 2, zusammen 83. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 223, Nichtpreußen 21, zu- sammen 244. Die philosophishe Fakultät zählt: a, Preußen mit dem Zeugniß der Reife 138, b, Preußen ohne Zeugniß der Reife na 8. 36 des Prüfungsreglements vom 4. Juni 1834 19, c. Nicht- preußen 15, zusammen 172. Außer diesen immatrikulirten Stu- direnden besuchen die hiesige Universität als nur zum Hören der Vorlesungen berechtigt, mit Genehmigung des zeit. Rektors 4. Es neymen mithin an den Vorlesungen Theil 555.
— Das soeben erschienene Doppelheft IIl und IV der Zeit- \chrift des Königlich sächsischen statistischen Bureaus pro 1678, redigirt von dessen Direktor, Regierungs-Rath Professor Dr. Victor Böhmert, enthält zunächst einen von demselben be- arbeiteten ausführlichen Artikel: „Die Sparkassen des König- reichs Sachsen in den leßten 30 Jahren“, worin die ge- {chichtlihe Entwickelung, die Hauptresultate, die Benußung und der Geschästsumfang dieser so wohlthätig wirkenden und sür das sächsische Wirthschaftsleben so bedeutsam gewordenen Institute, sowie die widttigften inneren Einrichtungen derseiben eingehend besprochen werden. Aus dem reichhaltigen Material heben wir hervor, daß im Sahre 1848 in Sachsen erst 43 Sparkassen mit 74 144 Konten und 10 086 792 M. Guthaben und 1877 168 Sparkassen mit 794243 Konten und 293 887 679 #. Guthaben bestanden. Die Sparkassen- einlagen sind mithin im leßten Menschenalter nahezu um das Dreißigfahe und die Zahl der Konten um mehr als das Zehnfache gestiegen. Während im Jahre 1848 im ganzen Königreihe ers auf 25,55 Bewohner ein Sparkassenbuch kam, war dies 1878 schon bei 3,60 Bewohnern der Fall. Während der durschnittliche Werth eines Sparkassenbuches im Jahre 1848 nur 136,05 4 betrug, war er im Jahre 1877 auf 370,02 MÆ gestiegen und das durchschnittlihe Guthaben pro Kopf der Bevölkerung, welches 1848 sih nur auf 5,38 4 belief, hatte 1877 bes» reits eine Höhe von 102,66 4 erreiht, Aus den Vergleichungen mit anderen Staaten ergiebt sih, daß Sachsen zu den Ländern mit den höchsten Sparbeträgen gehört, und daß es nur von einigen s{chweize- rischen Kantonen übertroffen wird. — Ein zweiter Aufsaß von De, med, Arthur Geißler über „Die Bewegung der Bevölke- rung im Königreich Sachsen während des Jahres 1877° berichtet über die in diesem Jahre stattgefundenen Cheschließungen, Geburten und Sterbefälle. Danach gab es im Jahre 1877: 24 919 Eheschließungen, 129 876 Geburten, 86 868 Todesfälle (darunter 4969 Todtgeborene). Im Jahre 1876 gab es 26 606 Chescbließungen, 131 817 Geburten nnd 83577 Todesfälle (darunter 5456 Todt- geborene). Das Jahr 1877 zeigt also wesentlich ungünttigere Re- sultate. Erfreulich it jedo, daß die Zahl der unehelichen Geburten troß der verminderten Eheschließunzen abermals abgenommen hat. Unter 100 Geburten haben si früher gewöhnlih 14 bis 15 unehe- liche, im Jahre 1866 sogar 15,80 befunden. Seit der Aufhebung der Chebeschränkungen sank der Prozentsaß, und zwar im Jahrfünsft 1866/70 auf 14,31, von 1871/75 auf 13,17, 1876 auf 12,57 und 1877 auf 12,43 %/,. Der Prozentsaß der unehelichen Geburten ist in dem industriellen Regierungsbezirk Zwickau am niedrigsten (11,38%) und in dem landwirthschaftlichen Regierungsbezirk Bauten am höcsten (15,33 %/). — Im dritten größeren Aufsaß behandelt Dr. Béhmert „Die Cinkommens-Statistik des Königreihs Sachsens". Er schildert zuerst die verschiedenen Entwickelungsphasen der sächsischen Einkommensteuergesezgebung und die wichti,sen Ausführungsbestimmungen und vergleic:t dann die Hauptergebnisse det Cinkomme1sabshäßungen in den Jahren 1875, 1877 und 1878. Darnach betrug das eingeshäßte Cinkommen in ganz Sachsen 1875: 1017,5 Mill. 4, 1877: 948,3 Mil. und 1878: 927,4 Mill. / Das Durtschnittseinkommen pro einge- \chäßte Person war 1875: 1047 #, 1877: 949 # und 1878: 917 6 und pro Kopf der Bevölkerung 1875: 398 M, I S «K n S S e De rierte Hauptarbeit dieser beiden Hefte besteht in einex „Um- schau auf dem Gebiete der fstatistishen und volkswirth- \chaftlihen Literatur“ von Assessor Arthur von Studniy, worin über 200 neuerschienene Schriften besprochen werden. — Den Schluß bilden „Repertorische Rüctblicke auf die wihtig- sten Begebenheiten, welhe die Verfassung, Geseßgeburg, Ver- waltung und Volkëwohlfahrt des Deutschen Reiches und des Bie reis Sachsen berühren, auf das zweite Halbjahr 1878“. - Diese Rükblicke enthalten die Resultate der neuesten Erhebungen bez, der
Gewerbezählung des Deutschen Reiches, der Bodenkultur und Erträg- nisse des Königreihs Sacbsen, sowie über das Kirchen- und Schul- wesen desselben, über die Mortalität im Jahre 1578, mit Berü- i&tigung der hauptsählichsten Krankheitserscheinungen 2c. Die Zeit- {chrift ersheint balbjährlich in Doppelheften im Kommissionsverlag der Königlichen Expedition der Leipziger Zeitung zu Leipzig und der Buchhandlung von R. v. Zahn in Dresden und kann dur die Post und alle Buchandlungen bezogen werden. Dieselbe kostet bei einem Umfange von jährlich circa 39 Bogen nur 3G — Von dem Statistishen Jahrbuch für das Groß“ berzogthum Baden, Jahrgang 1877, ist die 3. Abtheilung er- schienen. Dasselbe enthält 1) die Tabellen über die Statistik der bürgerlihen Rechtspflege: Rectsstreite in erster Instanz er- ledigt 1875 36 208, 1876 409082, 1877 46159; von den Bürger- meistern erl digt 154968 bzw. 174591, 213 932 Zahlungsbefehle ; Ehescheidung*klagen 140 bzw. 141, 160; Chenichtigfkeitéflagen 3 bzw. 4, 3; Vermögensabsonderungen 349 bzw. 372, 435 ; freiwillige Ghescheidungen 2 bzw. 0, 6; Adoptionen 8 bzw. 1, 2, 2) Stra?*- rechtspflege: 1876 16804 Fälle mit 9985 Verurtheilten, 1877 18607 Fälle mit 11413 Verurtheilten. Die zablreicsten Ver- brechen sind Diebstahl : 6527 Fälle und 3107 Verurth. bzw. 7174 F. und 3358 V., Beleidigungen 3098 F. und 1614 V. bzw. 3116 F. und 1603 V., Körperverlezungen ohne tödtlihen Erfolg 2333 #F. und 1877 V. bzw. 2854 F. und 2612 V. Von den 11413 Be- ftrafungen im Jahre 1877 fielen 392 auf die Schwurgerichte, 3195 auf die Kreisgerichte, 7826 auf die Amtsgeribte. Die Bürgermeister erledigten im Jahre 1876 5519, 1877 5514 Beleidigungen. Wegen Polizeiübertretungen wurden in 1876 150 255, in 1877 156 026 Per- fonen bestraft, wegen Forstfrevel in 1877 114356. Die Gesammt- zahl der Bestraften betrug im Jahre 1877 272 636 oder, von 6 Ein- wohnern 1; von den gerihtlihen Bestrafungen wegen Verbrechen und Vergehen kam 1 auf 132 Einwohner, von den durch die Bürgermeister verhängten Strafen wegen Beleidigung 1: 775 Einw., von den Strafen wegen Forstfrevel 1:15, von den Uebertretungen 1:6 Einw. Die durhschnittliche Zahl der Detinirten betrug im Jahre 1877 in dem Zuchthause zu Lrucsal 521, im Lande8gefängniß zu Mannheim 225 und zu Bruchsal 244, zusammen 996 Männer und in Bruchsal 168 Frauen; in den Kreisgefängnissen 145 Männer, in den Amtsgefängnissen 1013 Untersuchungs-, Hasft- und Strasgefangene, in den polizeilichen Arbeitshäufern 61. Der Nerwaltungêgerichtshof erledigte 1876 90, 1877 78 Rekurse. D S dee Gebornen betruia im Jahre 1806 63203 (darunter 4787 Uneheliche), 1877 61957 (4555 Uneteliche) ; die der Gestorbenen (incl. Todtgebornen) 1876 42 485, 1877 43 865, die der Eheschließungen 1876 12320, 1877 11 400. Es wurden mehr geboren als starben 1876 20 718, 1877 18 092; auf Lebendgeborenen kamen 1876 25, 1877 ebenfalls 25 Einwohner, auf 1 Gestorbenen 37 bzw. 36, auf 1 Eheschließung 122 bzw. 132 Ein- wohner. Selbstmorde kamen im Jahre 1876 269 (1 auf 5603 Einw.), 1877 291 (1: 5179 Einw.) vor, gewaltsame Todesfälle in 1876 570, 1877 508. In der Heilanstalt zu Illenaa war Gnde 1877 ein Bestand von 407, in derjenigen zu Pforzheim ein solcher von 559 Pfleglingen, in den-Taubstummenanstalten zu Mersburg 101, zu Ger- lahéheim 98, in der Blindenanstalt zu Ilvesheim 44. Die Zahl der Aerzte betrug Ende 1877 52 (gegen 488 Ende 1876), die der Chirurgen erster Klasse 14 (16), Zahnärzle 15 (17), Hebammen 2111 (2109), Thierärzte 109 (107), Apotheker 202 (198). — An den S par- kassen des Großherzogthums waren Ende 1877 164035 Einleger mit dur{schnittlich 697 4 (¿egen 159 182 Einleger mit 671 M. Ende 1876) betheiligt. Das Gesammtvermögen der Sparkassen be- trug Ende 1877 122 584 238 H, gegen 114331 850 # in 1876. Die Bergwerke, Salinen und Hütten beschäftigten im Jahre 1877 671 Arbeiter, gegen 563 in 1876 und produzirten 178 613 Ctr. für 1767101 6 Werth am Ursprungsort, gegen 162214 Ctr. im Werthe von 1594748 4 in 1876. Die Staatsdomänen brachten im Jahre 1877 7402077 #4. Einnahmen, gegen 1876 (— 1 508673 6) und erforderten 3587694 F Ausgaben (— 1508 324 16); ihr Werth berechnet sich, die Einnahmen zu 4 °% fapitalisirt, per 1. Januar 1878 auf 117 660 000 46 Die Steuer - verwaltung ergab im Jahre 1877 21550855 4 Einnahmen (1876 22080 761 M) und verursachte 18 870 490 Ausgaben (1876 19 393 569 46). Das Grund- und Häusersteuer-Kapital betrug 1877 2121 300058 MÆ, gegen 1343 619795 M in 1876; vas Gewerbe- steuer-Kapital 506 107 738 M, gegen 501 736 053 Æ in 1876; das Kapital der Kapitalrentensteuer 701 724 180 4, gegen 690012 740 M. in 1876; das Einkommen dec 32869 Klassensteuerpflichtigen 39 503 099 Æ, gegen 37 200343 e in 1876 bei 32238 Pflichtigen. Die direkten Steuern vertheilen sih auf den Kopf im Iahre 1877 mit 675 S, im Jahre 1876 mit 678 S, die Verbrauchsf\teuern mit 366 bezw. 346 M4. (in Mannheim 870 bezw. 871 S, Karlsruhe 896 bezw. 893 «3, Lahr 1081 bezw. 970 S), die gesammten indi- rekten Steuern mit 495 bezw. 529 #, sämmtlihe Steuern mit 1170 bezw. 1270 « An Bierbrauereien waren 1651 vorhan- den, 1595 im Betriebe; von den leßteren entrichteten 3 40 000— 50 000 Æ, 1 58736 Æ, 1 61323 M Biersteuer, Die Zahl der Branntweinbrenner betraf 27 757, Auf der Münze zu Karls8- ruhe wurden von 1872 bis incl. 1877 105 668 950 M NReichsmünzen geprägt, die Mehreinnahme der Münzverwaltung betrug durchschnitt- lih im Jahre 102143 (6 Die Zollverwaltung hatte im Jahre 1877 1035645 &Einnat men bei 1659 084 4 Ausgaben. DieS taat s- \chuld belief sih Ende 1877 auf netto 10013 319 M (gegen Ende 1876 590 538 MÆ) der Rmortisationskasse und netto 286 335 969 M. (+ 10347 283 M) der Eisenbahn-Tilgungskasse. Brände trafen im Jahre 1877 1055 Gebäude, für welhe an Entschädigung 995 012 6 von der General-Brantdkasse und 209 495 4. von Privat- csellschaften sowie 10 083 A für Löschmaßregeln beantragt wurden. m Jahre 1876 hatten 1166 Gebäude durch Brände Beschädiguagen erlitten. Von Zeitungen erschienen im Jahre 1877 81 volitische und 72 Uaterhbaltungsblätter, gegen 78 bezw. 70 in 1876, Die leßte Labelle des Werkes weist die Ergebnisse dcr an den meteorolo- gischen Stationen des Großherzogthums Baden im Jahre 1877 angestellten Beobachtungen nach.
Kunst, Wissenschaft und Líteratur.
: Am 3. Juli starb in Dresden ein Altmeister der deutschen Kunst, der Historienmaler Professor Karl Gottlieb Pes chel. — In Tübingen ist am 5. d. M. der ehemalige Professor der Philo- sophie an der dortigen Universität und philosophishe SchriftsteUer, Dr. R e verstorben.
— Die in der geographisch-statistischen Abtheilung des Großen Generalstabes bearbeitete Registrande (Berlin, Verlag a E. S. Mittler u. Sohn, Kgl. Hofbuchhandlung) ist eine in weiten Kreisen mit Anerkennung aufgenommene Jahres\chrift, welche einen Theil der im Generalstabe zusammenfließenden oder dort gesammelten Mit- theilungen, Notizen und Quellennahweise der Oeffentlichkeit zugäng- lich macht und dadur über den Kreis der eigenen Bureaus hinaus fördernd_und hilfreich wirkt. Ist doch ein wesentlich nur der litera- rischen Orientirung dienendes Werk von so großen Dimensionen und so seltener Vollständigkeit überhaupt nur von einer Centralbehörde zu schaffen, welche über entsprehende Mittel und über das nothwen- dige Personal gc bietet, zugleih aber auch von so weit reihenden Ge- sihtspunkten ausgeht, wie es der deutsche Generalstab thut.
Der joeben erschienene 9. Jahrgang ist nach Einrichtung und Wesen seinen Vorgängern durchaus glei, weil sich die gewählte Form bewährt hat und Werke dieser Art vor Allem die Kontinuität zu wahren haben, da nur Gleicbartigkeit der Behandlungsweise die VDrientirung in dem gewaltigen Material ermöglicht, das in einer Reihe von Jahrgängen zusammengebracht ist. An Umfang hat dieser neue Band, selbst gegen den bisher as den achten, abermals etwas zugenommen, weil die Zahl der geleseaen Zeitschriften größer geworden ist. Im Ganzen bringt diese Registrande an 10000 Ouellennahweise und Notizen über geographisch- statistische Verhältnisse und über das Gebiet der Heeresorganisa- tion und Formation der europäischen Staaten [und ihrer Kolonien.
Original und in gleicher Art nirgends zu finden, sind die Mittheilungen über die Landesaufnahmen in Europa, welche der Redaktion meist direkt von den betreffenden Behörden zufließen. Die Uebersichten über die Entwickelung des Heerwesens, insbesondere der großen Militärmächte, sowie die sehr vollständigen Darlegungen der Fort- schritte des Verkehréwesens verdienen besondere Aufmerksamkeit. Für die Bibliotheken der Behörden, Lehranstalten und Truppentheile, insbesondere aber für die Bureaus der Anstalten für Handel und Verkehr, sowie für die Redaktionen größerer Zeitungen bildet die Registrande der geographish-statistishen Abtheilung eine unshäßbare Fundgrube und ein vorzügliches Mittel zur Orientirung in der so außerordentlich weitschichtigen Literatur über Landes-, Staats- und Völkerkunde.
— Mit dem kürzlich ausgegebenen 3. Heft gelangte der 1V. Band des „Neuen Archivs der Gesellschaft für ältere deutsche Gesch ichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellen\schriften des Mittelalters" (Hannover, Hahnsche Buchhand- lung) zum Abschluß. Das Heft bringt an der Spiße einen um- fangreichen Beitrag von Hermann Brosien: über „Wilhelm von Nangis und Primat“. Der Verfasser verlegt die Lebenszeit des erft- genannten Mönchs von St. Denis, Biographen Ludwigs IX, und Philipps IIL, in die Jahre 1250—1304 oder wenig später, und weist nah, daß derselbe die Chronik Primats (ebenfalls Mönch in St. Denis, aber etwas früher als Wilhelm von Nangis) für seine Gesta Ludovici benußt hat. Eine Gegenüberstellung mit der französischen Nebersezung Johann von Vignay's ergiebt dies zur Cvidenz. Auch in den Gesta Philippi sind die Anklänge an Primats Erzählungen zahlreih, aber es mchren #ich hier die Abweichungen. Der Verfasser kommt daher zu dem Resultat, daß Wilhelm auch Mar- tins von Troppau chronicon pontificam und imperatorum, fowie zwei Fortsezungen benußt hat. Niemand werde dagegen behaupten wollen, daß 1 rimat, dessen Werk Wilhelm von Nangis bis 1277 benutzt hat, dann selbst dessen am Anfang des 14. Jahrhunderts ver- faßte Chronik ausgeschrieben habe, um mit dem Tode Philipps I. seinem Werk einen passeuden Abschluß zu geben. Jedenfalls sei es cin Anderer gewesen, der, nachdem er vielleicht eine Abschrift von Primats bis 1277 reichender Chro- nik gemabt, mit Benußung Wilhelms die Geschichte Philipps des Kühnen beendet habe, und zwar sei dies im ersten De- zennium des 14, Jahrhunderts geschehen. Primats Werk mit dieser Fortseßung habe dann Johann von Vignay überseßt, ohne zu wissen, daß nicht die ganze Chronik von Primats Hand herrührte. Der Fortsezer babe sich nit genannt, es sei jedoch möglich, daß Wil belm selbst am Abe: d seines Lebens, als er jene Parthbien der Chronik schon geschrieben, das nun schon revidirte Yl(anusfript des Primats von 1277 ab ergänzte. Allein es bleibe eine Vermuthung, für die ein Beweis nicht leicht beizubringen sci. Ebenio gut könne es ein anderer Klosterbruder gewesen sein.
Daran \chließt sich die 3. Fortsezung (Schluß) der Abhandlung von Ernst Dümmler in Halle: „Die handschriftliche Ueberlieferung der lateinischen Dichtungen aus der Zeit der Karolinger“. Hervor- hebung verdienen aus diesem leßten Theil: die Gedichtsammlung aus S. Riquier in der Burgundischen Bibliothek in Brüssel, die Abschnitte über den Mönch Milo zu St. Amand, über Hericus oder Heirih, Über Johannes Scotus, den bekannten irischen Philosophen am Hofe Karls des Kahlen, über die einleitenden Verse in den Prachtbibeln aus der Zeit Karls des Kahlen, über Hinkmar, Erzbishof von Reims, Ratpertus von St. Gallen, den bekannten Notkerus Balbulus, Hucbaldus, den Ver- fasser der „Ecloga de calvis“ zu Ehren Karls des Kahlen (136 Hexameter, deren sämmtlihe Worte mit c anfangen), und über die Grabschriften aus der Zeit nach 849 und sonstige Inschriften.
Es folgt dann die Fortsezung des Katalogs der für die ältere deutsche Geschichte, namentlich die „Monumenta Germaniae“ verwerth- baren Handschristen in englischen und deutschen Bibliotheken, welchen G. Wait dem Bericht über seine Reise nah England beigegeben hat. Aus der Bibliothek des weiland Sir Thomas Phillips in Cheltenham sind namentlich von Interesse die Urkunden, betreffend den Streit Kaiser Heinrihs VII. mit dem Papst Clemens V. und dem König Robert von Sicilien. — Den Schluß bilden verschiedene fleinere Nachrichten, Berichtigungen, Nachträge und das alphabetische Register des TV. Bandes.
— Das Iuliheft der „Deutschen Rundschau“, heraus- gegeben von Julius Rodenberg, Verlag von Gebrüder Pätel, Berlin, enthält ein von Julius Wolff gedichtetes Festspiel zur Goldenen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin, ferner den Schluß der Novelle „Der Kayenjunker“ von Louise von François; eine anonyme Ab- handlung über die veuere rufsishe Memoirenliteratur, zur Charakte- risirung derjenigen Generation, welche dem heute lebenden rusfischen Geschlehte unmittelbar vorausgegangen ist. Professor Dr. B. Erdmann in Kiel giebt die Abschnitte IIL.—Y. seiner Charafteristik der Philosophie der Gegenwart in Deutschland, Ludwig Pietsh eine Beschreibung der Berliner Nationalgalerie. E. Hübner schildert in dem Aufsaß „Römisches in Deutschland“, welche Spuren der römischen Verwaltungspolitik sh in Deutsch- land noch erbalten haben. Den Schluß bildet die Beschreibung der Hawaiischen Inseln, aus der Feder des Marine-Stabêarztes Dr. Böhr, welcher diese Inseln im Fabre 1875 mit S. M. Swiff „Arcona“ besuhte. In der literarischen Rundschau behandelt W. Scherer in Anknüpfung an die neuesten Novellen von Nud. Lindau und Friedr. Spielhagen die Technik der modernen Grzähluag.
— In der Nr. 6 (26. Jahrgang, Juni) des allen Freunden vater- ländischen Alterthums bekannten und stets willklommenen „Anzei- gers für Kunde der deutschen Vorzeit“, Organs des Germanishen Museums in Nürnberg (Redaktion: Pr, E Esjeawein und Dr. G. K. Frommtnann) findet der Leser wieder eine Reihe sehr interessanter Beiträge, als über den Freibrief der Stadt Plcuen vom Jahre 1388 (von Joh. Müuer daselbst); carakteristische lateinishe Verse aus einer Münchener Handschrift des 14. Jahr- bunderts (gegen die Bettelmönche und auf den Frühling), von W. Wattenbach in Berlin; über die teraldishen Kronen auf Siegeln des nicderen Adels, von Pr. Freiherr Reth von Schrecktenstein in Karlsruhe; „Etlihe Kauffmans Reguln, deren sich Junge Han- delsleuth oder dercn fleißige Diener gebrauchen sollen“ (von Hans Boesch in Nürnberg) u. Besonders anziehend und belehrend aber ist ein mit mehreren Holzschnitten (darunter eine genaue Abbildung der alten deutschen Kais-rkrone) ausgestattete Abhandlung über Kronen von A. Essenwein. — In der Bei- lage wird unter „Chronik des germanishen Museums“ mitgetheilt, daß der Hofrath Dr. E. Förster s-v. in München den bedeutenden handshristlihen Nachlaß Jean Pauls dem Museum übergeben und demselben für den Fall des Verkaufes das Vorkaufêr:-cht Üüber- lassen hat, so daß zu hoffen ist, dieser Schaß werde der Anstalt für immer verbleiben. Die Neubauten machen Fortschritte, und ist zu erwarten, daß der Victoriabau noch vor dem Herbste im Wesent- lichen vollendet sein wird.
München, 7. Juli. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat, unbeschadet und vorbehaltlich einec allgemeinen Revision der Satzungen für die Akademie der bildenden Künste vom 14. August 1846, genehmigt, daß an die Stelle der bisherigen Be- stimmungen über die Dauer der Studienzeit an der ufademie, mit dem 1. Oktober d. J. beginnend, folgende Normen, und zwar zunächst in provisorischer Weise, treten: Die Dauer der akademischen Studienzeit wird im allgemeinen auf acht Jahre festgeseßt. Hiervon sind in der Regel fünf Jahre auf die Vorbereitungsflassen und drei Sahre auf die Komponirklafsen oder sogenannten Meistershulen zu verwenden, Der Lehre konvent ist ermäch!igt, in einzelnen Fällen nah näherer Würdigung den Aufenthalt abzukürzen oder zu ver- längern, jedo in der Art, daß die Gesammtdauer des Aufenthalts eines Eleven an der Akademic den Zeitraum von zehn Jahren nicht überschreiten soll.
St. Petersburg, 8. Juli. Wie die „Neue Zeit“ meldet, wird die Kaiserliche Bibliothek in Bälde ihren Generalkatalog veröffentlichen.
Land- und Forstwirthschaft.
Bern, 7. Juli. (Bund.) Die ökonomische Gesellschaft des Kantons Bern versammelte sich geftern in Spiez zur Be- sprechung der Einführung ein 8 s{chweizerischen Heerdebuches. Die Versammlung faßte folgende Resolutionen:
„1) Die den s. Juli 1879 in Spiez versammelten Viehzüchter des Kantons Bern erklären nach den erhaltenen allseitigen “Auf- \{lüfsen über die Grundlagen des s{hweizerishen Heerdebuches ihr ibe Einverständniß mit der beabsichtigten Einführung
effselben.
2) Dieselben halten den Termin (15. August 1880) zur Anmel- dung als ausreichend und erwarten, das eidg. Departement für Handel und Landwirthschaft werde die Auswahl der für das Heerdebuch be- stimmten Thiere eiter Jury von durchaus tüchtigen Fachleuten an- vertrauen, und, weun immer thunlich, dahin wirken, daß das \chwei- erishe Heerdebuch durch einen mit der \{chweizeris{en Vietzucht genau vertrauten Angestellten auf dem eida. Departement für Handel und Landwirthschaft in Bern geführt werde.
3) Dieselben sprechen \{ließlich die bestimmte Erwartung aus, es werden die-Vorstände bcider s{chweizerishen landwirthschaftlichen Hauptvereine und das eidgenössische Handel*- und Landwirthschafts- departement der Cntwicklung des schweizerischen Heerdebuches und damit der Hebung der Viehzucht auch für die Zukunft die verdiente Aufmerksamkeit schenken und dem landwirthschaftlihen Gewerbe im Allgemeinen das bis dato bewiesene Wohlwollen auch für die Zu- funft erhalten und bewahren.“
Verlín, den 10. Juli 1879,
Aus Osccheréleben wird der „Magdeb. Ztg.“ unter dem 8. Juli geshrieben: Durh das von der Königlichen Regierung zu Magdeburg genehmigte Ortsstatut, betreffend die Besteuerung öffentliher Lustbarkeiten, wird hoffentlich die Belästigung des. Publikums, namentlich die bisherige, fast ununterbrochcne Straßenmusik, verringert werden. An Abgaben zur städtischen Armenkasse sind von jeßt ab für öffentliche Lustbarkeiten zu ent- richten: für Tanzlustbaukeiten 3 H, sofern dieselben nicht über 10 Uhr Abends, und 5 M, sofern sie länger dauern — für Maskenbälle 9 M — für musikalishe und deklamatorishe Vorträge, die in die Kategorie der Tingeltangel fallen, 3 A pro Tag — für gewerbs- mäßig betriebene Straßenmusik pro Person 50 4, im höchsten Falle jedoch 3 M, und für gewerbsmäßig betriebenes Drehorgelspiel 50 — für ein Caroussel pro Tag 1 4 — für eine Schießbude 1 . pro Tag — für andere zur Belustigung dienende Schau- und Dar- stellungen 1 bis 3 M. pro Tag.
Die siebente allgemeine Versammlung der Evange- lisben Allianz findet zu Basel in der Zeit vom 31. August bis 7. Seplember d. J. ftatt. 1) Meidungen zur Theilnahme sind spätestens bis zum 1. August cr. an den Sekretär des betreffenden Zweiges zu richten, in Deutschland an den Prediger Baumann, Berlin N., Brunnenstraße 141, speziel im Westen an Prof. Dr. Christlieb zu Bonn a. Rhein. Anmeldungen zu freier Wohnung werden wahrscheinli verücksichtigt werden können; andernfalls erfolgt die Versorgung mit Wohnung und Unterhalt durch das Comité in einem Gasthof für 5 Fr. pro Tag. 2) Die Reise wird en!weder durch Elsaß-Lothringe: oder mit Riesil\chen Rundreisebillets (mit 30 tägiger Dauer) angetreten. Die Direktion der Staatsbahnen in den Reichélanden giebt vom 10. August ab Fahrbillets auf allen Stationen nah Basel zum einfachen Fahrpreise aus, die bis zum 20, September zur freien Rückfahrt in derselben Wagenklasse be- rebtigen. Die Lgitimation erfolgt durch Vorzeigung der Einladung nah Basel, die Billets tragen auf der Rickseite den Stations- stempel. Aus Baden und Württemberg ist die Gewähr gleicher Ver- günstigung noch nicht eingetroffen. Die Rieselschen Rundreisebillets von Berlin nah Basel über Halle, Frankfurt a. M., Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe oder Mainz, Worms, Straßburg und um- gekehrt kosten 118,80—89,20—66,25 \Æ Diese Villets find auch von anderen Punkten Deutschlands aus zu beziehen. Anfragen an Carl Riesels Reise Comtoir, Berlin SW,, Jerusalemerstraße 42. Von Franffurt aus nimmt man im „Universal-Reise-Comtoir“ für eine etwaige Schweizrei se ein 30tägiges Rundreisebillet über Heidelberg, Offenburg, Basel, Thun, Interlak:n, Flüelen, Luzern, Schaffhausen, Singen (Schwarzwald), Offenburg, Frankfurt uad umgekehrt für 73,10—53,40—36,90 M Retourbillets nah Frankfurt mit 30 tägiger Dauer kosten ebendort ab Berlin 600—45—30 #, ab Magdeburg 56 —42—28 MÆ, ab Braunschweig 48—36—24 4, ab Kreiensen 34 —25—17 M, ab Kassel 24—18—12 M
Haag, 6. Juli. (öln. Ztg.) Gestern ist einer der einge- borenen Fürsten von Niederländish-JIydien, der Pan- geran Hario Gondosiwayo, Fürst Solovon, nebst seinem Sohne und Gefolge hier angekommen. Er trägt europäische Kleidung, spricht holländisch und führt eine eigene Musikkapelle von zehn männlichen und zwei weiblichen Spielleuten mit si. Dieselbe befindet sich augenblicklich in Arnheim, wo sie ron den Besuchern der Ausstellung angestaunt wird.
London, 1. Juli. (Allg. Corr.) Mr. Hormuzd Rassam ist nach Vollendung seiner zweiten assyrischen Expedition nah England zurückgekehrt. Er bringt eine reibe Sammlung von Alter- thümern mit. Die Ergebnisse der leßten Reise siud mannigfacher als die irgend einer Expedition seit den ersten Erforshungen unter der Leitung Layards. Bald nach dem Beginn seier Nachgrabungen in den Erdhügeln von Niniveh gelang es Hrn. RNassam, eine Stätte zu erforschen, die als verbotenes Terrain galt. Dies war der Erd- hügel Nebbi Yunns, das angebliche Grab des Propheten Jonah. In diesem Erdhügel entdeckte er Ueterreste von Palästen, die von Esar- hadden und Sennacherib errichtet worden. Rassams Arbeiten haben zu der Auffindung einer großen Anzahl von Inschriften, darunter viele von sehr großem Interesse, geführt. Nah dem Süden zu besuhte er Nimrud, wo er seine Arbeiten in dem Tempel der Venus fortsez1e. Dieses Gebäude, welhes er wäh- rend seiner früheren Cxpedition eatdeckte, wurde nun gründlich untersucht, und es stellte si heraus, daß es ein großer offener Tempel sei, der die Schreine verschiedener Gottheiten enthielt. Man fand auch eine Anzahl von Siten, in parallel laufenden Reihen geordnet, die einen Mittelflügel vom Hauptaltar aus bildeten. Der jeßt wiedergefundene Plan scbeint die Idee zu begünstigen, daß es eine Art von Forum war, in welchem kirchliche und andere Berathschlagungen abgehalten wurden. Rafssam dehnte seine Operationen auf Felder aus, die seit dec Layardschzn Expedition unberührt geblieben, und er war im Stande, eine Reihe von Er- forshungen auf den Erdhügeln des alten Babylons auszuführen. Hier waren seine Entdeckungen besonders glänzend. In einem bisher unberührt gewesenen Erdhüzel entdeckte er einen Palaft Nebucad- nezars mit reichen emaillirten Säulen, Balken aus indishem Holz und viclen Anzeichen, die dacauf hindeuten, daß es ein präctiges Gebäude gewesen. N Bg in dem Erdhügel des Birs- Nimrud, der muthmaßlihen Stätte des Thurms von Babel, haben erwiesen, daß die Zerstörung dieses großartigen Gebäudes nicht dem Bliß oder einem feindlichen Angriffe zuzuschreiben ist, sondern daß eine vulkanishe Eruption das Gebäude zertrümmert hat.
__St. Petersburg, 8. Juli. (Journ. de St. Pét.) Der „Re- gierungsbote“ veröffentlicht folgendes Telegramm aus Jrkutsk, vom 22. Juni (4. Juli): Die Stadt Irkutsk ist heute von einem furhtbaren Brande verheert worden. 14 Stadttheile find abge- brannt. Ein großer Theil der Einwohner ist ohne Obdach.