1901 / 287 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Dec 1901 18:00:01 GMT) scan diff

aus wissenschaftlichen Zeitschriften gesammelt hat ich frage jedes Mitglied dieses hohen Hauses, ob es möglich ist, bei unserem Klima, abgesehen von einzelnen Landesstrihen an unseren Seeküsten, cine intensive Viehwirthschaft zu treiben ohne eine intensive Getreidewirth- schaft. (Lebhafte Zustimmung rechts und in der Mitte.) Viehwirthschaft und Getreidewirths{haft gehen Hand in Hand. Unser Klima ift dazu nicht geeignet, von selbst große Futtershläge zu erzeugen (sehr richtig! rechts), unsere Wiesen, unsere Futtershläge sind Kunstprodukte, und diese Kunstprodukte können Sie nur auf einem Boden erzeugen, der durch den Getreidebau und den Hackfruchtbau gründlich vorbereitet ist. (Sehr richtig! rechts.) Also, es ist eine Jllusion, anzunehmen und nur der, der von der Landwirthschaft praktisch absolut nichts versteht, fann diese Illusion haben —, daß man eine große, gewinnbringende Viehzucht treiben könnte ohne eine igtensfive Getreidewirth\chaft. (Zuruf links.)

Die Höhe der Zölle, die wir Ihnen vorgeschlagen haben, ift Gegenstand beftiger Angriffe gewesen. Ich möchte mir aber in dieser Beziehung erlauben, nur eine Zahl anzuführen. Es hat der Abstand zwishen dem niedrigsten und dem höchsten Jahresdurhshnittspreis pro Tonne nah der Reichsstatistik betragen im Jahre 1890 bis 1895 : in Cöln für Roggen 95 Æ, für Weizen 92 A In Mannheim hat diese Preisdifferenz betragen für Noggen 89 #, für Weizen 90 , in München für Roggen fast 88 4, für Weizen 83 A Dieselbe Preisdifferenz im FJahresdurhs{chnitt zwischen den höchsten und niedrigsten Preisen hat betragen im Jáähre 1896 bis 1900 in Cöln für Roggen über 27 4, für Weizen 39 #, in Mannheim für Roggen über 28 Æ, für Weizen 41 Æ, in München für Roggen über 23 A, für Weizen über 36 #.

Sie sehen daraus, welche untergeordnete Rolle Zölle überhaupt spielen gegenüber \olch großen Preisdifferenzen. (Sehr richtig! rechts.) Solche Preisdifferenzen wirken ganz anders als Zölle und kommen troßdem im Preis der Waare nicht zum Ausdru.

Nun hat man ja auch in anderen Staaten über unsere Vorschläge, betreffend die Zollerhöhungen für Getreide, Befürchtungen gehegt. Ich bin mir, ehrlich gestanden, zweifelhaft darüber, ob das fo sicher ift, wie die Herren von der Rechten annehmen, daß Deutschland in der Lage sein wird, seinen Getreidebedarf seiner wachsenden Bevölkerung gegen- über selbst zu produzieren. (Zurufe rechts.) Aber die eine Thatsache steht fest, daß nur das Getreide, das in Deutschland gebrauht wird, auch eingeführt wird, daß kein überflüssiges Getreide eingeführt wird, daß man von einer Uebers{hwemmung mit Getreide niht sprechen fann, denn niemand führt unnüß Getreide ein. (Widerspruh rechts.) Meine Herren, niemand führt unnüß Getreide ein. Was innerhalb unseres Spezialhandels über die deutshe Zollgrenze geht, wird zum Verbrauch eingeführt. Aber der Druck für die deutshe Landwirthschaft und damit der Schaden für die deutshe Landwirthschaft liegt darin, daß sehr häufig große Getreidemassen pränumerando eingeführt werden (sehr gut! rechts) und so auf den Preis drücken. Man kann dagegen nicht von einer Uebers{chwemmung mit fremdem Getreide sprehen, und

wenn sich die Herren die Neichsstatistik ansehen, werden fie finden, daß fich die Einfuhr von Getreide in Deutschland glei{mäßig und normal entwidelt hat unter dem 1 Æ#-Zoll, unter dem 3 Æ-Zoll, unter dem 5 M-Zoll und unter dem 3,50 K-Zoll. Man hat einmal das Bild gebraucht, durch unsere modernen Verkehrêverbältnisse wäre der Erds- ball zusammengepreßt wie ein Gummikall; dieser Vergleich ift drastish und wahr. Durch unsere modernen Verkehrsverhältnisse sind Länder, die Tausende von Meilen von uns entfernt liegen, in eine geographische Marktlage gebracht, als ob sie vor den Thüren unserer Zollstellen lägen (sehr rihtig! rechts); und dadur ist es für unsere Landwirth- schaft so unendlich \{chwer, auf dem Gebiet des Getreidebaus mit Ländern zu konkurrieren, wo die Bestellungsarbeiten minimal sind, wie in Argentinien, wo für die Erhaltung der Viehzucht keine An- [lagen zu machen sind, wo infolge des günstigen Klimas keine Gebäude nothwendig sind, sondern wo man nur die minimalen Kosten des Be- wadhens zu bezahlen hat. richtig! rechts.) Jh möchte auch da dem Herrn Abg. Molkenbuhr eine kleine Bemerkung ent gegnen. Er sagt, das amerikanishe Getreide habe niht nur die See- fraht ab New Vork, sondern auch große Binnenfracht in Amerika zu | tragen und sei doch noch billiger als das deutsche. Wie haben si nun diese Frachten entwickelt? Amerikanishe Binnenfraht vor Chicago nach New Vork für einen Bushel betrug in Cents auf

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hängigkeit vom Auslande vorbeugen wollen, steht in der Begründung exPressis Verbis.

Der Herr Abgeordnete hat ferner gesagt, daß, wenn die Preise steigen, der Mehrertrag zu einem Viertel den reichsten Grundbesitzern zu gute komme. Ja, wenn den reihiten Grundbesißern ein Viertel zu gute kommt, so frage ih, wem kommen die übrigen drei Viertel zu gute? Die kommen doch jedenfalls den mittleren und den kleineren Grundbesißern zu gute.

Dann meinte der Herr Abgeordnete, die niedrigen Getreide- preise erklärten sich daraus, daß nach der Lehre von Karl Marx nur das bezahlt wird, was an menshlicher Arbeit in der Waare steckt. Das verträgt \sich aber meines Erachtens nicht mit seiner späteren Ausführung, wonach die Steigerung der Preise die Grundrente erhöhe. Eins kann nur richtig sein: entweder wird die Arbeit bezahlt, oder die Grundrente steigt.

Ich komme nun zu den Viehzöllen. Auf die Viehzucht sind ja die deutshen Landwirthe auch von freibhändlerisher Seite immer vor- zugsweise hingewiesen. Hier bin ih allerdings der Ueberzeugung, daß ganz unzweifelhaft die deutsche Landwirthschaft im stande ist, den Fleishbedarf des deutschen Volkes sfelbst zu decken. (Sehr richtig! rets.) Ich habe hier eine kleine Berehnung aufgestellt auf Grund \sachverständiger Gutachten. Man kann von einer intensiven landwirth- \haftlihen Kultur annehmen, daß auf einem Hektar 1x Stück Groß- vieh zu 500 kg gehalten werden kann, mit anderen Worten, daß 625 kg Vieh auf einem Hektar bei intensiver Wirthschaft ernährt werden können. Ist das richtig, so hatten wir im Jahre 1883 350 kg zu wenig für den Hektar, 1892 320 kg, 1897 300 kg zu wenig; es ist aber immer- hin unsere Viehzuht vom Jahre 1883 bis zum Jahre 1897 von 275 kg pro Hektar auf 325 kg gestiegen. Es genügt das, zu beweisen, in welch großem Aufschwung unsere Viehzucht begriffen ist, und nach diesem Erempel, das ich für richtig halte, kann gar fein Zweifel sein, daß noch für absehbare Zeit die deutshe Landwirth- schaft technisch in der Lage ift, den Fleishbedarf des deutshen Volkes zu decken.

Es ist gestern eine Bemerkung gefallen, von der ih wünschte, sie wäre niemals gethan worden. Man hat gesagt, wir hätten die Seuchen- gesetze lediglich benußt, um die deutschen Viehpreise hoh zu halten und die Einfuhr von Vieh zu verhindern.

Meine Herren, wenn wir das gethan hätten, so wäre das eine illoyale Handlung, aber die veterinären Verhältnisse in einer Anzahl von Staaten waren derartig, daß wir die uns zustehenden Einfuhr- verbote erlassen mußten, wenn wir nicht den werthvollen Viebbestand Deutschlands in ernste Gefahr bringen wollten, und daraus folgt etwas Anderes. Weil die Zustände so waren, weil wir zum großen Theil dieEinfuhr verbieten mußten im veterinärpolizeilihen Interesse, deshalb, meine Herren, konnte man nicht ersehen, wie unsere Fleisch- und Viehzölle wirken würden, wenn folde Einfuhrverbote nicht be- ständen. Aber die Verhältnisse können sch ändern. Es können in anderen Staaten so ausgezeihnete veterinäre Verhältnisse eintreten, daß wir keinen Anlaß mehr haben, die Einfuhrverbote aufrecht zu erhalten, und für diesen Fall müssen wir allerdings Viehzölle haben, die unsere Viehzucht mit viel begünstigteren Ländern einigermaßen fonkurrenzfähig erhalten. Wenn aber unsere deutshen Landwirthe nicht die Ausficht haben, daß ein solher Zustand einen gewissen Zeit- raum erhalten bleibt, fo können fie ihre Viehzucht niht heben, weil für die Hebung der Viehzucht aufßerordent[lich große Kapitalien in der Anschaffung edler Rassen, in der Herstellung geeigneter Ge- bäude u. \. w. investiert werden müssen.

Man hat uns \o oft auf England verwiesen. dringend davor warnen, englishe Verbältnisse der Landwirthschaft mit denen in Deutschland zu vergleihen. Wenngleich die Verhält- nisse Englands eine ganz ähnlihe Entwickelung zeigen, wie sie in Deutschland eintreten würde oder bereits eingetreten ist, so besteht doch der Unterschied, daß in England der Grundbesiß überwiegend

Ich möchte

Groß grundbesitern, der Kirche oder dem Staate gehört und die Zahl der selbständigen Bauern, der sogenannten Yeomen, eine außerordentlich geringe ist. Diese großen Herren nußgen ihren Grund- besitz fast ausnahméêlos durch Verpachtung aus, und zwar, indem sie ibre Güter verpachten in Loosen von 200 bis 12000 Morgen. Die Pachtfristen sind außerordentlih kurz, und wenn nichts anderes be stimmt ist, gilt sogar die Pachtung nur .auf ein Jahr. Daraus folgt,

Binnenseen und Kanal 1868 22,79 Cents, aber 1898 4,42 Cents. (Hört, bört! rechts.) Dieselbe Fraht auf Binnenseen und Eisen- babnen betrug im Jahre 1868 29 Cents, im Jahre 1898 4,96 Cents (bört, bört! rechts); auf Eisenbahnen im Jahre 1868 42,60 Cents und im Iabre 1898 11,55 Cents. Die Scefracht New Vork na Liverpool für eine Tonne in Mark betrug im Durch {nitt von 1873 bis 1875 30,68, in den Jahren 1891 bis 1895 7,90. M (böôrt, bört! rechts); also von 1875 bis 1895, in 20 Jahren, f Fracht von 30,68 auf 7,90 Æ von New York nah Liverpool

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en cinen tiefen Einfluß auf 1éliben müssen, wenn die verkürzt wird, das ift klar. hat ferner berehnet

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daß; der eigentliche englische Landwirth, der Farmer, in der Lage ist, in der Bemessung seiner Pacht sih den Konjunkturen fortgesetzt an- zusließen, und daß er, weil er fast jedes Jahr Gelegenheit hat, seinen Pachtvertrag anders zu normieren, unter der Depression der Preise niht so leidet wie der Besitzer. Der Besizer hat aber in England troydem die {weren Zeiten der englischen Landwirtbschaft leihter dur{machen können, weil England ein Land ift mit einem großen alten Reichthum, weil die cuglishen Großgrund- besizer ibr Vermögen nur zum theil in Grundbesiy haben, zum großen Theil aber au große Bergwerksbesizer, Banquiers, Besißer von großem Kapitalvermögen, von Kolonialbcsitz u. \. w. Z konnten deshalb die schweren Zeiten nah der Abschaffunc Skala und nach der Suspension der Kornzölle, die im für die englishe Landwi verbältnißmäßig Außerdem kommt dazu, eine ganze Anzahl von an Pacht verlieren, Verkauf von Bau- n d-Superficies gegen Renten. Aber ‘ch demnächst sebr bedenkliche Erscheinungen Lantroirtbs{aft geltend, ur.d deshalb beauftragte

bekanntlih eine Kommission zur Untersuchung

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und® mit viel bingewicsen auf | ¿lische Klima sich | zutigkcit in hohem Maße hierfür eignet. Was aber 3 das Klima o züntti Gnal roudem

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die Einfuhr von Thieren und thierishen Erzeugnissen um 8 9/0. Also auch der englischen Landwirthschaft war es, weil sie keinen Zollshuß für Vieh besaß, nicht mögli, troß ver außerordentlih günstigen Élimatishen Verhältnisse entsprehend der röachsenden Bevölkerungs- zunahme den Fleishbedarf Englands zu decken. Z

Wir haben alle mit unseren Augen gesehen, wie geradezu damm- bruchartig aus dem großen Menschenrefervoir der Landwirthschaft die landwirthschaftlihe Bevölkerung nah den Städten abströmte. Meine Herren, wir werden das in keinem Kulturland verhindern; das städtische Leben bietet einmal für manche Menschen in den höheren Ge- fellshaftskreisen und in der Arbeiterklasse gewisse Neize, die fie nah den Großstädten hinziehen; aber ich meine doch, wenn diefe Er- scheinung mit solcher elementaren Gewalt eintritt, zum \{wersten Schaden der Landwirthschaft, wie das in den leßten zehn Jahren geschehen ift, so liegt darin eine große Gefahr für das ganze Land in fozialpolitischer und auch in politischer Beziehung. (Sehr richtig! rets.)

Meine Herren, ist es denn nit ein Zustand, der bei allen Parteien das ernsteste Bedenken hervorrufen muß, daß in Zeiten eines blühenden Aufs{wungs der Industrie Hunderttaufende von Arbeitern aus ihrer berufsmäßigen Beschäftigung fortgezogen werden nah den Städten, durch hohe Löhne gelockt, daß aber, sobald die Konjunktur in der Industrie ver- \hwindet, ebenso Tausende und Abertausende arbeitslos werden, jedoh in den Städten bleiben und nah. dem Lande nicht zurückehren wollen ? (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Diesem Uebelstand können Sie nur steuern, wenn Sie die Landwirthschaft in die Lage versetzen, ihre Löhne ähnlih zu normieren wie die industriellen Löhne, und dem landwirth\chaftlihen Arbeiter in Wohnungshaltung und Bezahlung eine ähnlihe Situation zu verschaffen wie dem industriellen. (Sehr richtig! rechts.) Wenn Sie das stets von der Landwirthschaft ver- langen und ihr gleichzeitig vorwerfen, daß sie zu niedrige Löhne zahlt, so müssen Sie zunächst die Landwirthschaft in die Lage verseßen, daß sie folhe Löhne zahlen kann. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch links.) ;

Meine Herren, England ist uns stets vorgehalten worden als das Land, wo \ich der Industriestaat doch \{chon verwirkliht hat, und wo die Landwirthschaft eigentlih keine Bedeutung mehr habe. Jch erlaube mir, meine Herren, Ihnen ein englis{hes Urtheil vorzulesen, wie man heute noch in dem industriellen England über die fozial- politishe Bedeutung der Landwirthschaft denkt. Es ist ein Artikel der „Times“ vom 6. September 1901. Dort heißt es wörtliß ich übersetze

„Die offiziellen Berichte des Ackerbau - Ministers geben. zu interessanten Betrachtungen Anlaß über den Erwerbszweig, der troß aller Nückshläge und der Deprefsion des letzten Vierteljahrhunderts noch immer die größeste unserer nationalen Industrien ist. Die Wichtigkeit unseres Ackerbaus wird manchmal unterschäßt, deshalb weil wir jeßt und für alle Zukunft angewiesen sein werden auf die" Einfuhr unserer Nahrungss\toffe, und deshalb das Schicksal der heimischen Landwirthschaft nur noch von verbältnißmäßig geringem Schwergewicht zu sein \s{heint; aber niemand kann ernstlih mit Gleichmuth die Ausficht betraten, die leider {on zu fehr zur Wirklichkeit geworden ist, daß eine kräftige Bauernschaft, ihres Landes Stolz, von dem heimischen Boden verschwindet, um den übervölferten Wettbewerb der Städte noch zu vermehren.

(Hört! hört! rechts.)

Ein hervorragender Zug ‘in der landwirthschaftlichen Lage, der uns ers{lossen wird dur die offiziellen Berichte, ist, daß der fort- \chreitende Rückgang der dem Weizenbau gewidmeten Fläche unzweifelhaft erfolgt wegen des niedrigen Preises, der es s{hwierig macht, überhaupt noch Weizen mit Nutzen zu bauen.“

(Hört! hört! rechts.) Meine Herren, ih weiß ja wohl, es giebt Leute, die sagen: die Landwirthschaft muß erhalten bleiben, was fommt es aber darauf an, daß die gegenwärtige Generation erbalten bleibt: geht diese Generation zu Grunde, so werden andere kommen, die den vaterländishen Boden bearbeiten. Wenn man das von der Landwirtbschaft sagt, könnte man es mit demselben Net au von der Industrie sagen. (Sehr wahr! rets.) Man könnte au sagen: was schadet es, wenn ein Fabrikbesißer, wenn 1000 Fabrikbesiter bankerott werden; zu einem Preise wird {on jemand die Fabrik kaufen. (Sehr wahr! links.) Das ist ein volks- wirtbscaftlider Grundirrthum. Wenn die Preise niht mehr die Bruttokosten decken, dann kann kein Mensh in der Welt mehr Landwirtbschaft treiben. (Sehr wahr! rechts und in der Mitte.) Sie haben diesen Erfolg in England bereits gesehen, wo zahllose Farmen keinen Pächter finden, und, meine Herren, Sie haben das- selbe Bild in Deutschland gehabt, als wir unseligen An- gedenkens die Eisenzöôlle abgeshaft hatten, und ein Hoh- ofen nah dem in Deutschland ausgeblasen werden mußte, veil die deutsche Eisenindustrie mit der englishen und amerikanischen nit mebr fkonkurrieren konnte (Sebr wahr! sebr richtig!) Nun muß ich zuwrückommen auf cine Bemerkung, die ih mir bereits bei Beginn meiner Rede zu machen erlaubte. Man hat es in der Oeffentlichkeit so dargestellt, als ob Deutschland eigentlich das einzige Land auf diesem Erdball sei, das die heilige Verpflichtung bätte aeaen alle anderen Staaten, niemals mehr den cinmal bes{Glofsenen Zolltarif dern, wenn er au bereits aus dem ïabre 1818 ftammt. (Sehr gut! rechts.) Welche Ansicht hatte der frübere Vertreter unserés Auswärtigen Amts? , Er sagte un- mittelbar na dem Absc{bluß der Handelsverträge äm 26. Januar

luf 1892: „Wenn wir in uwölf Jahren unseren autonomen Tarif E BIDIETEN

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t t und dann irgend ein Staat den neucn Tarif als Vertrags- basis nit annebmen wollte, so glaube ih, würden wir uns das auf das Entschiedenste verbitten, und au im internat’onalen Leben gilt der Grundsay: was du niht willst, das man dir thu? u. \. w.“ Zuruf links.) Ich n Details nicht ermüden, ih glaube, wir iten Ihnen eine Nachweisung geben, die zeigt, daß“ seit Abschluß Handelsverträge und der Meistbegünstigungêsverträge eine Zôlle wiederholt erhöht haben, für die deutsche Ausfuhr. Also, Vertreter des Auswärtigen Amts voraussah und ' ° das soll dem ruhe und Zurufe fte fl meines Erachtens Stolz (stürmische Zurufe und Rufe: pful links),

¿ müssen. (Bravo! rechts. Große Unruhe.)

(Séhloß in der Zweiten Beilage.)

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 287.

Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember

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(Schluß: aus der Ersten Beilage.)

Meine Herren, Sie werden mir doch nicht bestreiten, daß Deutschland tas Recht hat warum ärgern Sie sich darüber? seine Zölle zu erhöhen; Sie werden doch unmöglih amtlih zugestehen wollen, daß Deutschland nicht das Recht hat, seine Zölle zu verändern? (Zurufe links, Glode dèês Präsidenten.) Darüber freilich werden Sie zu entscheiden haben, ob die Zollabmessung eine gerechte ist Sie haben, meine

erren, meine ganze Deduktion mißverstanden. Ich habe pon der Oeffentlichkeit gesprohen. Uns steht das Recht zu, ebenso gut wie jedem anderen Staate, unseren Zolltarif zu verändern (Zuruf links) gewiß, meine Herren, wenn wir es für nöthig halten, auch zu erhöhen, und ih sage: wer das bestreitet, dem fehlt das Gefühl, das man haben muß für die Souveränität des eigenen Staates. (Sehr richtig! rechts.) Das, meine Herren, werden Sie au nit bestreiten.

Im übrigen, möchte ih bemerken: wenn uns Herr Molkenbuhr gesagt hat, er würde es für berechtigt halten, die Ausfuhrprämien, und zwar auch solche, die von Kartellen ausgehen, dur Zölle wirkungs- los zu machen, dann, glaube ich, wird er bei der großen Ausdehnung des ausländischen Trustwesens hon einem großen Theil unseres Zoll- tarifentwurfs zustimmen müssen. (Sehr richtig!)

Meine Herren, der Fürst Bismark hat einmal gesagt : wirth- \chaftlihe Fragen müssen vollkommen unabhängig behandelt werden von politishen Fragen, von internationalen Fragen, und dürften auf internationale politishe Fragen nicht Einfluß üben. Ich meine, meine Herren, die Genialität des Fürsten Bismark lag gerade darin, daß: er es verstand, jederzeit das zu thun, was im gegebenen Augen- blick das Richtige war, und daß er auch -stark genug war, ofen eine bisher festgehaltene Ansicht fallen zu lassen. (Sehr richtig! rechts.) Und ih glaube, wenn dieser große Staats- mann noch unter uns weilte, würde er die Ansicht, die er damals aus- gesprochen, nicht mehr voll aufrecht erhalten. Ganz unzweifelhaft ist seit 20 bis 30 Jahren unser“ ganzes volkswirthschaftliches Denken wesentli vertieft und sind die volkswirthschaftlichhen Fragen in den Vordergrund getreten; der Grundstock des sozialdemokratischen Programms ist ja auch ein volkswirth\chaftlicher, die politischen Ziele, die Sie aufstellen, treten vollkommen zurück hinter Jhren volkswirth- schaftlichen Anschauungen. Ich meine alsv, es ist das volkswirthschaft lide Denten und au das Verständniß für volkêwirthschaftliche Fragen in den leßten 20 bis 30 Jahren fo außerordentlich bei allen - Nölkern vertieft, daß man sagen kann: alle großen internationalen Fragen, wenn man sie auf die legte Wurzel radiziert, sind eigentlich wirtbschaftlihe Fragen (sehr wahr!), und deshalb kann man nicht mebr den Grundsaß aufrechterhalten, daß wirthschaftlihe Fragen nicht unter Umständen in engem Zusammenhang mit politischen Fragen steben. Ich habe nun gestern aus den Reden des Herrn Abgeordneten

Getreidezölle abgelehnt. Meine Fraktion ist stolz darauf, dies reht- zeitig erkannt zu haben, und es erfüllt sie mit Genugthuung, daß der vorliegende Tarif in der Hauptsache ein agrarischer ist. Nach den Aus- führungen des Staatssekretärs will ih auf Zahlen nicht mehr ein- gehen. - Die Existenz des Reichs und der Bevölkerung beruht ganz wesentlih auf der Erhaltung der Landwirthschaft. Es giebt 6000 Millionäre in Deutschland; von der Landwirthschaft ist keiner darunter. Man redet zwar von „Millionenbauern“ in Schöneberg, aber das sind feine wirklichen Bauern mehc. Auf der Vertheilung des Volksvermögens ruht ganz wesentlich unsere Konsumtionsfraft; wir brauchen einen leistungsfähigen Mittelstand. Es steht statistisch fest, daß die landwirth- \chaftlihe Bevölkerung sich jedes Jahr vermindert. Zweifellos zieht die Wissenschaft und geistige Kraft der Bevölkerung ihre Nahrung aus den länd- lichen deutjchen Gauen. Das Abströmen der ländlichen Bevölkerung nach den Städten, wozu auch die Häufung der Kasernen in einer verhältniß- mäßig geringen Zahl von Garnisonen ihr Theil beiträgt, hat die Landwirthschaft \{chwer geschädigt, hat ihre Produktionskosten ver- mehrt und ihre Einnahmen verkürzt. Der Großgrundbesit kann sich bei seinen reicheren Mitteln dagegen wehren; der mittlere und kleine Grundbesiß fann es niht. Herr Molkenbuhr hat gestern von einem Geschenk von 18 Milliarden an die Landwirthschaft gesprohen. Das würde auf den Morgen 1 F bedeuten. Aber solche Berehnungen shweben ja in der Luft. Die Landwirthschaft steht der Industrie in dem Punkte, daß sie sich Minderungen ihres Erträgnisses gefallen lassen müsse, nicht gleih. Sie beruht nicht allein auf persönlicher Leistungsfähigkeit und auf Kapitalkraft, sondern auch auf dem Grund und Boden, der niht vermehrt werden kann und von unberehenbaren Faftoren abhängt. Herr Molkenbuhr bat die Konsequenz nicht aus- gesprochen, den Grundbesitz zu expropriieren, und er wird sich auch sehr hüten, das auszusprechen, weil es der Agitation seiner Partei auf dem Lande doch unbequem werden könnte. Wollen denn die Arbeiter bereit sein, auf Lohn zu verzichten, wenn die Verhältnisse \{chlechterdings nit mehr gestatten, Lohn zu zahlen? Diese Erklärung is uns Herr Moslkenbuhr gestern \{uldig geblieben. Den Wünschen der Landwirthschaft kommt die Vorlage entgegen. Ueber die Höhe der Minimalsäße wird ja noch weiter zu reden sein; die landwirthschaftlichen Kreise haben sie vielfa böher gewünscht. Durch die Industriezölle wird die Landwirthschaft {wer

belastet: auch hier drängt alles zu einem gerechten Ausgleih. Den besonderen Wünschen, die aus Bayern vor uns gebracht worden | sind bezüglih des Hafers und der Gerste, wird ebenfalls be- | jondere Beachtung zu senken sein. Der Landwirth hat | die reiche Ernte nicht in der Hand; oft stehen die | Produktionskosten in gar feinem Verhältniß zum Ertrage. Diesen Nachtheil muß Staatskunst und Geseßgebung vor allem auszugleichen bemüht sein. Wozu Herr Molkenbuhr die Zuchthaus vorlage gestern angezogen hat, weiß 1ch niht; wir haben ja doch die Zuchthauévorlage abgelehnt. Er hat auch ge)agt, man \prehe vom Schutz der nationalen Arbeit, wenn man den nationalen Arbeiter ausbeuten wolle. Ich meine, man hat bei uns no) nie daran gedacht, mit dem Schutz der nationalen Arbeit eine andere Absicht zu verbinden als die, den beimishen Betrieb mit dem des Auslandes konkurrenzfäbig zu erhalten. Sollten wirklich erheblihe Mebreinnahmen aus den Zöllen auf nothwendige Lebensmittel \sih ergeben, o t ja langt dafür gesorgt, daß diese Mehreinnahmen, dlîe ih als be trähtlich übrigens niht \häße, nicht verloren gehen. Wir haben einen Beschluß des Reichstages und eine Erklärung des Kanzlers, daß solde Mebreinnahmen zu Wohlfahrtseinrihtungen für die arbeitenden

Grafen von Schwerin herausgelefen, daß er und seine Partei, vielleicht au die Landwirtbe überhaupt, mit den landwirt hschaftlihen Zollsägen, wie sie die verbündeten Negierungen nah reiflihen Erwägungen vorgeshlagen baben, niht zufrieden sind. (Sehr richtig! aus der Mitte und rechts.) Sie wünschen also, wenn Sie „sehr richtig“ sagen mebr zu baben. Gestatten Sie mir, zu diesem Punkte zwei Erwägungen zu m3zch:n. Nicht immer sind unsere besten Freunde uns das sagen, was wir bôren wollen (Heiterkeit links). Je höher Sie Setreidezölle maden, testo {wieriger wird es, diese Getreidezölle in ‘reiten bober Getreitepreise aufrecht zu erhaltcn. Das sehen Sie an Frankrei, das im Jahre 1898 glaube i, (Zuruf rechts) im Früh jabr 1898 während der bekannten Leiter-Affaire genöthigt war, die zu susvendieren. Wir haben uns davor bewahrt, wir find dieser Maßregel nicht gefolgt, wir haben unsere Getreide- und Mehl ¡ôlle aufredt erbalten. Wenn einmal dieser Zolltarif festgestellt sein wird und Geltung bekommt, steben vielleiht ganz andere Véanner | de und dieser Stelle, wie beute, meine liegt nabe, daß Sie in dem Maße, in normieren unter Umständen Gefc ndier und in der Suspension der Zel sehr bedenkliches Präjudiz. Aber weiter, wir haben nah lange êrwägungen für Getreide Minimalzölle eingeführt. Bei d baften Gefübl der Beunruhigung, das sich der deutschen Land! nad den Handelsverträgen bemächtigt hatte, und bei der | ige. in der sid die deutsche Landwirthschaft befunden hat, bie wir uns volitisch für verpflichtet, in ciner autoritativen Form zu rklären. welcbe Getreidezollsätße wir bereit und gewillt sind, bei handels volitisben Verhandlungen zu vertreten. Mit anderen Worten: wir baben die Getreidezölle eingesetzt, die wir glauben bei handelspolitischen terhandlungen vertreten zu können. Getreidezölle erböben. so nötbigen Sie uns unter Umständen, die Getreidezölle zu vertreten, die wir na Ansicht vertreten sollen. Cs dann sebr leiht ein Zwiespalt entstehen können, und dem, was wir sollen, und dadur wird è der Minimalzôlle, wie sie gesetzlich festgelegt qu 1 Gefahren ausgeseßt S{liekilih mächte ih die, welche ängstlich in die : è fürchten, daß rvir nicht zu neuen Handeléverträgen k aufmerkiíam madhen, daß Deutschland einen Einfuhrüberschu! 1 Milliarde bat (sehr richtig! rechts), daß wir der beste Käufer Welt sind, und daß wir gewillt sind, mit dem festen Vorjay in die bandelövolitischen Verhandluhbgen mit den befreundeten Nationen zu treten, einen gerechten Ausgleich unserer Jntercssen und der Interessen è anderen Nationen herbeizuführen, daß wir aber auch in diese Verhan lungen mit dem Selbstberoußtsein eintreten werdea, d berechtigt sind turch unsere wirthschaftlichen Leistungen unsere wirtbs{aftliche Stellung in der gebildeten Welt Brâvo! rechts.) Abg. Dr. Spahn (Zentr.; shwer versländlich) bâtten diejenigen, welche i. I. 1892 die paewE ì Entwickelung vorauêgeschen, welche die Landwirthschaft

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Jch glaube, träge annahmen, die seitdem ge- nommen hat, sie hätten die Handelsverträge und die Herabseyung der

Klassen Verwendung finden sollen. Die Wichtigkeit von Handels- verträgen erkenne ih durchaus an, ich meine aber, wir seyen die Zölle zunächit fest nah dem Bedürfniß, welches wir als nahgewte]en an seben müssen. Auf dieser Basis werden die Verhandlungen mit den Vertragsstaaten einzuleiten und zu führen sein. Die JIntere)jen der Konsumenten wollen wir garnicht schädigen; ih fühle mich selbît als Konsument. Was den Schutz unserer Schiffahrt betrifft, jo wird uns boffentlih derStaatssekretär in der Kommission das thatsächlicheMaterial zugänalich nahen, tas in der Begründung noch fehlt. Mit den Vieh- zôllen bat es ja eine andere Bewandtniß als mit den Getreidezöllen; mögen sie aber auch noch }o hoch sein, \chlimmer als die können sie das Vieh nicht abhalten. Eine Auflö)ung | gruppen halte auch ich für nothwendig don manch n iter | eine Ermäßigung des Petroleumzolls gewünscht Wenn wir ihn um : die Hälfte ermäßigen, dann machen wir nur den Groyhandiern eum | Geschenk, denn daß der Preis um einen * | gehen würde, ift ausges{lo}sen.

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Interesse der Finanzreform in die er das jeyige Svítem ist in Preußen und Deutschland ewesen, cs ift das Svstem des Universalprotektionismus, ( f eine An- \chauuna, die im Privathauésbalt die Hinterwäldler & j Dieselbe Anschauung klingt auch aus der Rede des Grafen Schwerin beraus, dai Deutschland alles, was es an Produkten bedürfe, selbst pro- tuzieren könne, auh wenn die Einwohnerzabl sich verdopvele Gr hat schon in Aussicht gestellt, daß man den Roggen, den man für das Vieh verfüttere, zum Brot verarbeiten werde Als Graf Cavrivi tie Zollverträge verlängerte, hat er mii Recht ausgeführt, Deutschland könne fich zwar absbließen vom Auélande, es fönne fh aber nit selbst genügen. Wir bedürfen cinen Zuschuß an Lebensmitteln

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1901.

für die wahsende Bevölkerung, und wir müssen sie mit der Ausfuhr von Fabrikaten bezahlen. Deutschland ist an diese internationale Arbeits- theilung gebunden nah seiner Größe, seinem Klima und seiner Lage in Curopa. Die Politik in diefer Vorlage ist chinesishe Politik. Eine Oeffnung in der Zollmauer ist nur gestattet, wo es vertragsmäßig be- sonders zugelassen ist. Diese Politik paßt auf die berühmte Welt- volitik wie die Faust aufs Auge. Als der Reichskanzler im Jahre 1899 die Flottenvorlage begründete, wußte er niht genug die wirth- \chaftlihe Entwickelung zu loben und zu preisen, die Deutschland in die Weltwirth\chaft hineingeflohten habe. Diese Vorlage zielt darauf ab, unsere Verpflichtung für die Weltwirthschaft wieder aufzulösen, den Handel nicht auézudehnen, sondern einzuschränken. Offiziell und offiziós wurde im freihändlerishen Sinne für die Flottenvorlage gesprochen. Ieder Panzer schien ein neues Gewicht in die Waagschale des Freihandels zu sein. Ich erinnere Sie an die bekannte Flottenbroshüre. Darin wurde die Befürchtung ausgesprochen, daß die Errichtung von Schußmauern gegen das Ausland einen wahren Abgrund wirthschaftlichen wie }ozialen Elends, den allgemeinen Bankerott zur Folge haben würde. Alle „Flotten-Professoren“ waren einig darin. Heute heißt es: wenn das Brot vertheuert wird, so muß man si eben bescheiden und als Ein- zelner dem Großen und Ganzen Opfer bringen. Wozu sollen jeßt von neuem im Etat 200 Millionen für die Flotte ausgegeben werden ? Wäre die Begründung dieser Vorlage richtig, dann hätten wir schon viel zu viel Kriegs\chiffe; dann können wir aufhören mit dem Bau, abtakeln und einen guten Theil der Schiffe als altes Cisen verkaufen. Graf Schwerin predigt der Presse draußen Anstandslehren und \prach von einem Mangel an vaterländishem Gefühl. Auch in- der Nede des Reichskanzlers am Schluß klang es dur, man müsse sich in der Kritik vor fremden Ohren Zurückhaltungen auferlegen. Das sind Anklänge an die Anschuldigungen draußen, daß die Kritiker der Vorlage Agenten oder Anwalte des Auslandes seien. Wir verfechten bier ebenso nationale Interessen wie Sie (rets), und wenn das Ausland auch mit diesem Tarif zufrieden wäre, wir verwerfen ihn doch, weil die inländishe Produktion und Konsumtion geschädigt wird. Wissen wir denn, was aus den Handelsverträgen wtrd? Was hier gemacht wird, is Geseß und bleibt Gese, bis es dur andere Geseßze ganz oder zum theil wieder aufgehoben wird. Es scheint eine gewisse agrarishe Auffassung über den Handek vorzuwalten, die entstanden ist aus Betrachtung. über den Kub- und Pferdehandel, daß man nicht zu festen Preisen ver- fauft, sondern daß jeder möglichst zurückhält mit demjenigen, was er wirklich will. Das nennt man nicht Handeln, sondern Feilschen. Fürst Bismarck meinte ja auch, in der Regel wird Jeder beim Handelévertrag übers Ohr gehauen. Wir sind nicht dieser Meinung. Die Produzenten sind für Handelsverträge, um sich gegen dic plößliche Geltendmachung von Sonderinteressen hüben und drüben zu fichern. Ein richtiger Kuh- und Pferdehändler stellt sh aber immer fo, als ob ibm am Abs{lusse des Geschäfts möglichst wenig gelegen fet. Auch der Reichskanzler war gestern nicht ganz sicher, vom Grafen Schwerin beschuldigt zu werden, daß er nicht vorsichtig genug ]ei, da in der Begründung von der Fortdauer der alten Verträge gesprochen wird, wenn neue nicht zu stande gekommen seien. Müßte man denn niht die ganze Grundlage der bisherigen Handelspolitik abbrechen, um auf neuer Basis doch wieder zu Handelsverträgen zu gelangen? Nach der Begründung sieht es allerdings so aus, als ob von 1880 bis 1900 eine fontinuierlihe Zollpolitik geherrs{cht hätte. Das ist doch garnicht der Fall. Im Jahre 1891 trat cine Wendung ein: die Regierung hatte die kommenden Gesahren erfannt und er- mäßigte die Zölle. Jn den 1890er Jabren hat sih demgemäß ein

| ganz anderer Aufschwung der wirthschaftlichen Verhältnisse gezeigt als

in dem Jahrzehnt vorher. Das Ausland ergreift doch jeßt keine Jni- tiative in \{utzöllnerisher Nihtung. Warum fangen wir nun damit an? Wir sollen abwarten, wie der Hase läuft, sagt der Reichskanzler. Nein, mit dieser Mcihode kommen Sie nicht zu Tarifverträgen, welche | Deutschland das bieten, was es bisher hatte. Die Motive üben an dem | Prinzip des Minimaltarifs eine wahrhaft vernichtende Kritik; und troß- | dem wird er vorgesch{lagen, aber au nur für das Getreide. Va wei} man ja doch überall, daß alles, was darüber hinausgeht nicht ernît gemeint ist. Der autonome Tarif soll eine Waffe, eine Rüstung sein ; mit solchen Kriegsbildern operiert man doch nicht bei der Einleitung von Verträgen, damit fordert man nur die andere Seite auch zu Rüstungen und Gegenmaßregeln heraus. So hören wir denn auch sofort Stimmen von Rußland und anderen Staaten, die fich verwahren, Nolle des geduldigen Lammes zu spielen. Sie (rechts) schrauben herauf, und wenn Sie wieder binunter sollen, föênnen Sie autonome Tarif thut so, als ob wir allein in der Welt \ählid werden die Interessenten hüben und drüben aufsge- d sind denn die Herren Agrarier zufrieden, nahdem ihnen 1 so weit entgegengekommen ist? Graf Schwerin hat ja Nede gehalten. Am Eingang nickte er dem Grafen und am S@{luß nickte er ihm zu, aber in der ickdte er auf ihn Mit dem Minimoltarif allein sei ibnen nit gedient; auch noch höher muüßten sein, sons ie Herren den Tarif und Gandelsvertrage vetit kommt bei den Herren eim Essen wenn die Scüsjeln aufs ie so selbstbewußt auftreten vor dem Grafen übel nehmen, nachdem Sie ihn ge- irpolitik vor Ihnen Kotau zu machen. der Forderung der Interessenten ist {on angt und bange geworden. » von einem Chaos und der ' Wirrfal. Und das ¿e Verbrüderungsîcene ingêverfahren aufführte. e Agrarier, und des- balb war es nur recht und billi i il „Konservative Correspondenz“ mit Vertrauen begrüßte. Ich möchte licber, daß das aanze Handels-Ministerium aufgelöst und unter Hirrn von Podbielski zu einer Mini emadt würde. denn es it ja nah seiner ganzen 116 in Handel. Van hat ja die Ernennun ubel begruükt und ne in Festaedichten gefeiert, - so erst jüngst in Duisburg în einem Trink iede, zu finge er Melodie: „Prinz Eugen, der edle Ritter“, wotin es heut lbelm sprach: Du bist ein heller Kopf, mein lieber langer V Du bitt wahrlich niht zu dumm zu Vertragen für den Handel, Du bebt Industrie und Wandel, Komm ins Ministerium!“ Dak son Freiherr von Marschall sich für die Spezialisierung des Zoll tarif ivrodben hat, mag ja sein, es ist aber nebensächlih. Vas Charafteriitische der jetzigen Politik ift die Erhöhung der Getreide- ôlle. der Minimaltarif und der autonome Tarif und ehe nicht der Freiberr von Marschall es selbst sagt, glaube ih vit, daß er mit dieser Politik einverstanden ist. Diese Politik ist vielmehr im Abgeordnetenhause | im Juli 1897 insceniert worden, als die Negierung das Fiatko mit | dem fleinen Sozialistengesey erlebte Ï Ï Ï

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Da bielt es der Minister von

Miguel für angezeigt, von dieser Niederlage die ¿fentliche Aufmerk- samfeit abzulenfen durch die Aufrollung eines ncuen Programms, wo- dur alle Interessentenkreise aufgefordert wurden, mit einander zu vaktieren für den Abs{hluß neuer Handelsverträge mit höheren Zöllen. Jch muß anerkennen, der Staatssekretär Graf Posadowsky bat sich mit

| dem ganzen Fleiß und der Arbeitskraft, die ihn auszeichnen, bemübt, | dieses Miguel sche Programm autzuführen; er war die Secle aller Vor- | bercitungen, er hat alle Verhältnisse voa Grund aus umgerühbrt, als

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