1879 / 232 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Oct 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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în Kushi befinden sich viele Notabeln und Würden- träger. Shutargardan und Katal werden stark beseßt gehalten. General Roberts wurde _am Sonnabend auf dem Marsche nach Shutargardan in Hayar Darakht von einer Bande Mongols und Ghilzais angegriffen ; ünf Sepoys wurden niedergemaht; Vize-Generalarzt Dr. ownsend wurde verwundet. Auf der Khyberlinie wurde estern Dakka beseßt, ohne daß unsere Truppen auf Wider- and stießen. Es wird gemeldet, daß eine Streitmacht aus Bokhara, die auf der Verfolgung des. Häuptlings von Darwaz in Badakshan einfiel, auf die Vorstellungen des Emirs von Badakshan umkehrte. Der Gouverneur von Kelat-i-Ghilzai hat seine Befriedigung über die Annäherung unserer Truppen ausgedrückt; er versprah Lebensmittel zu liefern.“

Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Simla ge- meldet: General Roberts kam am Sonnabend in Kushi an und hatte Tags darauf eine Unterredung mit Fakub Khan. Walli Mohamed weilt ebenfalls in Kushi. ;

Der Korrespondent des', Standard“ im Hauptquartier des Generals Roberts in Kushi telegraphirt vom 30. v. M.:

ch erfahre von einer Person des Gefolges des Emirs, daß derselbe Kabul heimlich verließ. Seine beabsichtigte Abreise wurde streng geheim gehalten. &eneral Roberts und der Emir tauschten heute Besuche aus. Der Emir wurde mit allem, einem Herrscher von Afghanistan gebührenden Pomp empfangen. Die Ehrenwache mit ihren Fahnen lieferte, das 92. Hochländer-Regiment. Der Emir sah sehr niedergeschlagen und forgenvoll aus. :

Die „Times“ erfährt aus Simla: Die neuesten Nach- rihten aus Kabul melden, daß die Einwohner ihr Eigenthum Mae Man erwartet, es werde dem Einmarsche der ritishen Truppen kein Widerstand entgegengeseßt werden.

Der amtliche Ausweis über die Einkünfte Gro ß- britanniens in dem am 30. v. M. beendeten zweiten ODuartale des laufenden Finanzjahres is erschienen. Danach betragen dieselben 16 608 222 Pfd. Sterl. gegen 18 922 050 Pfd. Sterl. im vorhergehenden Quartal und 16 708 527 Pfd. Sterl. im entsprehenden Zeitraum des vor- hergegangenen Fahres. An der Abnahme sind die Einnahmen aus den Zöllen, der Getränkesteuer, dem Stempelgefälle, der Grund- und Gebäudesteuer, der Post und den Kronländereien mehr oder weniger betheiligt. Mit einem Zuwachs figuriren nur die im vorigen Jahre um 2 Pence pro Pfund Sterling erhöhte Einkommensteuer sowie die vermischten Einnahmen. Die Einkünste in den ersten 6 Monaten des laufenden Finanz- jahres betragen 35 530 272 Pfd. Sterl. gegen 35 526 222 Pfd. Sterl. in dem entsprehenden Zeitraum des vorhergegangenen «zahres, die in den am 30. September beendeten 12 Monaten 83 120 022 Pfd. Sterl. gegen 79 797 671 Pfd. Sterl. in dem am 30. September 1878 beendeten Jahre. + aae

9 O. (2 D. B) Ein Telegranm des „Standard“ aus Simla, vom 2. d. M,, meldet: Die Streitkräfte in. Kabul bestehen aus 5 Lataillonen und 4 Batterien. Die Citadelle ist von 3 Bataillonen mit 16 Kanonen beseßt. Daß die englishen Truppen in Kabul Widerstand finden werden, gilt sür unwahrscheinlich, weil die Bataillone durch die Cholera und durch Desertion ges{chwächt und desorganisirt sein sollen.

Spanien. Madrid, 1. Oktober. (Ag. Hav.) Der Herzog von Bailen wird am 21. Oktober na ien abh- reisen, um als außerordentlicher Daa um die Hand der Ceerzogin Christine sür Se. Majestät den König; Alfons zu werben. Eine amtliche Dipesche aus Santiago de Cuba, vom 29. September, meldet, daß die Republik San Do- mingo beschlossen hat, die Behörden abzuseßen, die zu der Exekution der beiden an Bord eines spanishcn Schiffes gefangen genommenen dominikanishen Generale ermächtigt haben, und den Hinterbliebenen dieser eine bedeutende Ent- shädigung zahlen will. Außerdem wurde Spanien volle Genug- thuung gewährt und die spanische Flagge in Puerto Plata mit 21 Kanonenschüssen begrüßt.

Türkei. Pera, 1. Oktober. (W. Pr.) Anstatt des Khedive wird in cinigen Tagen ein hoher egypti\cher Würdenträger in besonderer Mission hier eintreffen. Fürst Alexander von Bulgarien hat den Sultan aus Anlaß der Erreitung von dem Attentat beglückwüns\cht.

Rumänien. Bukarest, 2. Oktober. (W. T. B.) Jn der heutigen kurzen Sißung der Deputirtenkammer er- klärte der Vorsißende des Delegirtencomités, Kißu, daß die Arbeiten des Comités bezüglih des Verfassungs- revisions-Entwurfs nahezu beendet seien und daß dem- nächst die Ernennung des Berichterstatters stattfinden werde.

Bulgarien. Aus Nustschuk wird der „Pol. Corr.“ über die Auswanderung der Mohammedaner aus Bulgarien geschrieben :

„Während in Dst-Rumelien der Strom der zurückehrenden mohammedanischen Flüchtlinge ein so ungestümer wurde, daß die Ruhe des Landes dadurch gefährdet wurde, kann man im Fürstenthum Bulgarien eine ganz entgegengeseßte Erscheinung beobachten. Trotz der längst von der Regierung getroffenen Maßregeln, um die etwa in ihre Heimath zurückehrenden Mokhammedaner gastlih aufzuneh- men und sie sowohl in den Besiß ihres Vermögens als au in den Genuß ihrer staatsbürgerlihen Rechte zu reintegriren, ist die Zahl der bis jeßt nach Bulgarien zurückgekehrten Mohammedaner eine so geringe, daß die verschiedenen für die Reinstallirung der

lühtlinge ernannten Kommissionen vollständig beschäftigungslos ind, In den leßten Wochen hat die Einwanderung sogar gänzlich aufgehört ; dafür hat eine Auswanderung der seßhaften Mohamme- daner aus den sämmtlichen bulgarishen Donaustädten begonnen, die zum Nachdenken Anlaß giebt, Es ist mögli, wenn auch nicht ganz wahrscheinlich, daß die politische Entwickelung des Landes durch die Verringerung des mohammedanischen Elementes einen rascheren, weil ungestörten Verlauf nehmen werde; allein in ökonomischer Beziehung dürfte diese Emigration der Mohammedaner nicht ganz gleichgültig anzusehen sein, Die gar nichts produzirenden Türken sind die besten Konsumenten für die Artikel der bulgarischen _Hausindustrie, Außerdem sind die Mohammedaner ansehnliche Faftoren auf dem Gebiete des Handels, sowie Ne Ie Abbeiter eradezu unerseßlich sind. Die nothwendige Gilde des Homals und Sakazies ist fast vollständig von Mohammedanern gebildet. Fragt man nach der Ursache dieser Auswanderung, die, wie die in Ser- bien gesammelte Erfahrung lehrt, zu einer Verarmung des Landes führen dürfte, so findet man diese vor Allem in dem Beschlusse der Re- gierung, die Mohammedaner der allgemeinen Militairpflicht zu unter- werfen. So begeistert der „NRechtgläubige“ zu den Fahnen des Sul- tans eilt, so sehr widerstrebt es ihm, einer christlihen Regierung zu dienen. Dem fanatishen Moslim {eint Alles, was nicht seinem Glauben zugethan ift, von natürlicher Feindschaft gegen diesen beseelt zu sein. Die Waffen aber für einen Feind seines Glau- bens zu tragen, das ift ihm die größte der Sünden. Um sich mit dieser Sünde nicht zu belasten, verläßt er Haus und Hof, opfert das Geburtsland und eine fest begründete Existenz, und zieht dahin,

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wo sein Glaube der herrschende is und er stets im Dienste desselben bleiben kann. So riet ch die mohammedanishe Auswanderung aus Bulgarien nach Anatolien, wo so viele herrenlose Ländereien find, daß alle Einwanderer in den Besiß von Grund und Boden zu kommen hoffen. Wohl werden für die mohammedanische Aus- wanderung, die solche Dimensionen angenommen hat, daß beispiels- weise die Bevölkerung von Widdin von 26 000 auf 13 000 Ein- wohner gesunken ist, noch andere Gründe angegeben. Die häufig vorkommenden Ausschreitungen der Bulgaren gegen ihre gewesenen Herren, die Drohungen, welche ein im Geheimen für die Säuberung des Landes von Türken wirkendes bulgarisches Comitó gegen die mohammedanishe Bevölkerung fortwährend laut werden läßt, Drohungen, welhe hie und da, wenn auch in kleinem Umfange, dur brutale Thatsachen unterstüßt werden, und \{ließlich die in Konstantinopel wirkende Gesellschast für „Wieder- belebung des Islams in Asien“ seinen auch einen gewissen Einfluß auf die mohammedanishe Emigration aus Bulgarien ausgeübt zu haben. Mögen nun auch alle diese Dinge mit im Spiele sein, fo genügt eine gewisse Vertrautheit mit den Verhältnissen der hiesigen Mohammedaner, um ihre Auswanderung hauptsählich und vorzugs- weise auf die ihnen drohende Rekrutirung zurückzuführen. Der Han- del in den Donau-Städten hat seit Etablirung des selbständigen bulgarishen Staatswesens noch nicht jenen Aufschwung nehmen können, welcher von den Meisten erwartet, von Allen erhofft wurde. Neben der Abnahme der Bevölkerung liegt die Ursache dieser Er- sheinung in. der Wandlung, welche das bulgarishe Volk in der leßten Zeit erfahren hat. Früher widmete sih der bulgarische Kauf- mann, Gewerbtreibende, Industrielle ganz und gar den Geschäften und seinem Erwerbe. Jetzt, nahdem er das fremde Jo.h abgeshüttelt hat, glaubt er si verpflichtet, sich auch den allgemeinen Angelegen- heiten zu widmen, worunter nichts Anderes als fortwährendes Politi- siren und \{ä:liches Agitiren zu verstehen is. So vergeudet der intelligente Bürgerstand seine meiste Zeit mit nußlosen Dingen, wo- durch der ökonomische Gesundungsprozeß theils verlangsamt, theils aber auch zum völligen Stillstand gebraht wird. In der leßten Zeit kam noch eine eigene Art von Passion hinzu, die ihrerseits der Bevölkerung nicht w?nig Zeit raubte. Bekanntlichß wollte die Jn- stitution der in Dst-Rumelien zur vollen Blüthe gelangten Turn- vereine in Bulgarien nicht recht Wurzel fassen. Wo solche gegründet wurden, war ihr Bestand von kurzer Dauer. Man huldigte der Ueberzeugung, daß die nationale Regierung im Milizheere Elemente der Kraft genug besie, um die junge Freiheit schüßen zu können. Auch versagte der Bauer den von den Turnvereinen verfolgten Zielen feine Mitwirkung. Da tauchte nun im radikalen Lager der Plan auf, anstatt der Turnvereine eine Art von Nationalgarde zu gründen, die vorläufig nur von der Bevölke- rung der Städte zu bilden wäre. Inch-Widdin und hier hat dieser Plan bereits Anklang gefunden. Die meisten Bürger in diesen Dotau-Städten wurden auf eigenes Verlangen von der Regierung mit Waffen versehen, haben bereits die zeitraubenden Waffenübungen begonnen und es läßt sih mit Bestimmtheit sagen, daz in Kürze die Wehrkraft des Fürstenthums durch cin Kontingent von 12—14 000 Nationalgarden verstärkt werden wird. Allein die ökonomischen Nach- theile dieses Waffenspieles liegen auf der Hand und dieselben wiegen in einem Momente {wer genug, wo die gesammte materielle Lage durch die vorausgegangenen Ereignisse zu einer so ungün- stigen gestempelt wurde. Hier werden L'orbereitungen für den Empfang des Fürsten Alexander getroffen. Am Ufer werden Triumpspforten errihtet und Alleen von den \{chönsten grünen Bäumen hervorgezaubert. Die hiesige Agentie der Kaiserlich-König- lichen privilegirten Donau-Dampf\chiffahrtsgesell haft läßt den Hafen dekoriren und trägt das ihrige bei, um den Empfang des Herrschers von Bulgarien so glanzvoll als möglich zu gestalten. Der erste Adjutant des Fürsten Karl wird hier erwartet, um den Fürsten Alexander im Namen seines Souveräns zu begrüßen und ihn nah Bukarest zu geleiten.“

Nußland und Polen. St. Petersburg, 1. Oktober. (St. Pet. Ztg.) “Der Bericht des Genexals Lomatkin vom Acha-Leke-Detachement aus Beurma, vom 4./16. September, lautet nah dem „Russischen Fnvaliden“ wie folgt:

Vom 22. bis zum 29. August (a. St.) unternahmen die Truppen der Vorhut nach der Seite von Heok-tepe hin eine verstärkte Nekognoszirung der Teke-Dase, von welcher man, wie sih herausstellte, die dürftigsten Kenntnisse hatte. Am 28. August stieß unsere Vorhut bei Heok-tepe auf cine kolossale Masse Tekinzen, welche wiederholt unsere Kolonnen angriffen, aber jedes Mal mit großen Ver- [lusten zurückgeshlagen wurden. Neben Heok -tepe bei Dengil - tepe hatten die Tekinzen eine starke Befestigung angelegt und dieselbe mit circa 15 000 Mann Bewaffneten be- seßt, Dro des verzweifelten Widerstandes faßten unsere Truppen in den vorderen Befestigungen festen Fuß und rich- teten unter den Feinden eine furhtbare Verheerung an. Darauf wurde sechs Stunden lang aus zwölf Geschüßen ein stark befestigtes feindlihes Dorf beschossen, in welches \ich fast die ganze Bevölkerung von Teke, etwa 20000 an der Zahl, eingeschlossen hatten. Gefangene geben die Verluste der Turk- menen auf mehrere Tausende an. Um 5 Uhr Abends erneuerten unsere Truppen die Attacke, gingen unershrocken mit dem Bajonnet vor und nahmen die äußeren Facen des befestigten Dorfes ein; bei jedem Schritt weiter auf unüberwindliche Hindernisse stoßend, mußten sie jedoch mit Eintritt der Dunkel- heit Halt machen, und in der Nacht entfloh der Feind. Eine Verfolgung desselben war bei der großen Erschöpfung der Trup- pen, die den ganzen Tag gekämpft hatten, unmögli. Die Trup- pen haben sih während der ganzen Zeit des Kampfes tapfer gehalten, erlitten aber bedeutende Verluste: 7 Offiziere und 234 Mann traten aus der Front. Durch die Rekognoszirung ist unsere fernere Aktionsweise rollkommen festgestellt. Heute beseße ih mit der Hauptmacht die Befestigung Beurma, wo ih ein Proviant- und Artilleriedepot anlege. Jch glaube, daß die große Niederlage und die empfindlihen Verluste der Turkmenen unsere Aufgabe entschieden erleichtern werden. Einen ausführlichen Bericht wird unmittelbar hiernah Oberst- Lieutenant Wassiltschikoff einsenden.

Amerika. New-York, 30. September. (Allg. Corr.) n Memphis wurden am Montag 9 neue Erkrankungsfälle und ein Todesfall und heute Morgen 7 neue Erkrankungen und drei Todesfälle am gelben Rieber angemeldet. Es wird noch immer die strengste Quarantäne beobachtet. Die Flüchtlinge versammeln sich troßdem in den umliegenden

tádten in großer Anzahl und wünschen in ihre Heimath zurücfzukehren, jobald die Quarantäne aufgehoben wird.

e I O 2) O Me ci: gegangenen Nachrichten haben die Utah-Jndianer die Unionstruppen von Colorado am 29, v, M. Morgens angegriffen. Der Kampf währte den ganzen Tag hindurh. Die UÜnionstruppen verloren 17 Mann und 1 Offizier. Es sind auf das Schleunigste Verstärkungen abge- sandt worden; indeß wird befürchtet, daß sämmtlihe Mit- glieder der Nothfluß-Agentur, zu deren Entsay die Ünions- truppen unterwegs waren, von den JFndianern niedergemeßelt worden seien.

Die Nrn. 59 und 60 des „Amtsblatts der Deutschen Reich8-Post- und Telegraphenverwaltung“ haben folgen- den Inhalt: Verfügungen: Vom 2d. September 1879, Verbot der Einfuhr von Trauben 2c. nah der Schweiz. Vom 27, Seyp- tember 1879. Eröffnung der Eisenbahn Einbeck-Salzderhelden. Vom 30. September 1879. Postverbindung mit Helgoland.

Nr. 18 des „Marine-Verordnungs-Blattes“ hgt folgenden Inhalt: Zahlung der Schiffsfunktions-Zulagen an das dienstpflihtige Maschinenpersonal. Zulage der als Stabsfergeanten fungirenden Unteroffiziere des See-Bataillons. Abä nderung der S8. 36 und 76 bis 81 des Geldverpflegungs-Reglements. Ver- pflegungszushuß für das IIL. Quartal des Etatsjahres 1879/80. Proviant- 2c. Preise in überseeishen Orten. Aenderung zum Ter- minfkalender für S. M. Sciffe 2c. Bestimmungen in Betreff des Reglements über das Bekleidungswesen der Matrosfen- Divisionen 2c. Erxerzieren mit Rettungsbcjen. Sanitätsdienst an Bord,

Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Statistische Nachrichten.

Nah Mittheilung des t atistischenBureaus derStadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 21. September bis inkl. 27. September cr. zur Anmeldung ge- kommen: 258 Gheschließungen, 882 Lebendgeborene, 34 Todtgeborene, 554 Sterbefälle.

Im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. ist nah dem Jahresbericht des betreffenden Fabriken-Inspektors (Fr. Kortkampfs Verlag, Berlin) die Textil-Industrie der weitaus erheb- lichste Fabrikationszweig; in 330 C.ablissements werden 14 400 Arbeiter beschäftigt. Der Uebergang von s{chmalen, glatten zu breiten, ge- musterten Tuchen und Modestoffen hat in diesem Industriezweige große Umwälzungen hervorgebracht und große Opfer erfordert. Die Maschinenindustrie ist durch 52 größere Etablissements mit 3236 Ar- beitern vertreten ; sie ist zum GIlück nicht aus\sch{ließlich von der Tuch- industrie abhängig und über den ganzen Bezirk verbreitet, war auch im Jahre 1878 im Ganzen gut beschäftigt. 10 Rübenzuckerfabriken, die sich sämmtlich im Kreise Lebus befinden, gaben 1645 Personen Arbeit ; die Fabriken verbrauchen jährlich 52 Millionen Centner Rüben, die auf 4500—5000 ha (18—20 000 Morgen) Land gewonnen werden. Jm Jahre 1877 bescbäftigten die Zuckerfabriken 1775 Arbeiter, 130 mehr als in 1878. An Kartoffelzuckerfabriken sind im Regierungsbezirk 6 mit 517 Arbeitern vorhanden, an Kaitoffelstärkefabriken 140 mit 655 Arbeitern ; die leßteren verarbeiten jährlich 85 Millionen kg Kartoffeln, die auf 7500—8000 ha (28—30 000 Morgen) gewonnen werden. Wollhutfabriken sind 8 im Betrieb mit 1081 Arbeitern; diese Fabrikation giebt besonders gute Gelegenheit zur Beschäftigung von Frauen. Die Zahl der Brauereien beträgt 295 mit 985 Arbeitern und 9 bis 10 Millionen kg Braumalzverbrauh. Die 394 Brauereien mit 849 Arbeitern sind für die Landwirtbschaft von hervorragender Bedeutung; sie verwenden jährlich ca. 180 Mil- lionen Kilogramm Kartoffeln, die Produktion von 60—65 000 Morgen Ader. A"ßerdem sind noch zu erwähnen: 65 Cigarrenfabriken (1132 Arbeiter), 99 Ziegeleien (1100 Arbeiter), 14 Glasfabrifen (1008 Arbeiter), 16 Leinwandfabriken (993 Arbeiter), 19 Papier- und Pappenfabriken (352 Arbeiter), 122 Lederfabriken (352 Ar- beiter), 75 größere Getreidemühlen (320 Arbeiter), 60 größere Holz-

\chneidemühlen (281 Arbeiter). : :

Die Zahl der jugendlihen Arbeiter in Fabriken ifft im Jahre 1878 auf 1809 festgestellt worden, 560 oder 23,6%) weniger als im Jahre 1876. 170 männliche und 108 wzib- lihe jugendliche Arbeiter waren unter 14, 878 m, und 653 w. über 14 Jahre. Im Ganzen hat die Beschäftigung der jugendlichen Arbeiter zu wenig Ausstellungen Veranlassung gegeben; es kamen nur 6 BVestrafungen vor, Anordnungen zur Sicherung des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter sind im Jahre 1878 446 erlassen worden. An Unfällen find aus einem Kreise von 35 820 Arbeitern

- im Jahre 1877 nur 81 bekannt geworden, davon 16 (21%) mit

tödlichem Ausgang. :

In der Provinz Pommern hat der Fabriken-Inspektor im Jahre 1878 402 Fabriken revidirt, außerdem 805 Ziegeleien wegen der in denselben beschäftigten jugendlichen Arbeiter, deren Anzahl im Zahre 1878 wiederum abgenommen hat. Von jenen 805 Ziegeleien find 228 als rein landwirthschaftlihe Betriebsanstalten anerkannt worden. In den eigentlichen Fabriken sind 116 Uebertretungen zur An- zeige gekommen. Der Sicherheitszustand in den Anlagen ist in der Zunahme begriffen, auch ist für die Wohlfahrt der Arbeiter dur Begründung von Invaliden- und Unterstüßungskassen, Anlegung von Speise-, Warte-, Umkleide- und Waschräumen, sowie durch Erbauung von Wohnhäusern Anerkennenswerthes geschehen.

Die Provinz Schlesien ist in zwei Fabriken-Inspektions- bezirke getheilt, von “denen der eine die Regierungsbezirke Breslau und Liegniß umfaßt. In den beiden letteren Bezirken kamen im Jahre 1877 314 Vecrcunglückungen auf 74 872 Arbeiter 4,9 pro Mille) gegen 266 auf 81 567 Arbeiter (3,26 pro Mille) in 1876.

ur Herftelung von Schußvorrichtungen für verschiedene Maschinen hat der Fabriken-Inspektor in scinem Bericht eingehende Vorschläge gemacht und dur Zeichnungen erläutert, Das in dem vorjährigen Bericht erwähnte Aeltestenkollegium der Mariecnhütte zu Kostenau hat sih als lebensfähig erwiesen und {hon recht fördernd auf die Verhältnisse der Arbeiter eingewirkt. In Striegau if zur Hebung und Besserung der Arbeiter und ihrer Verhältniße ein „Steinbruch- Verein“ begründet worden, der auch \{chon günstige Erfolge erzielt hat. Als eine anerkennenswerthe Wohlfahrtseinrihtung ift die in der Spinnerei von J. D. Grushwiß und Söhne zu Neusalz be- gründete Badeeinrichtung hervorzuheben.

Auch im Regierungsbezirk Oppeln hat die Zahl der jugendlichen Arbeiter abgenommen, und zwar aus dem Grunde, weil Arbeiter über 16 Jahre meist ebenso billig zu haben waren, wie jüngere. An Verleßungen von Arbeitern sind im Jahre 1878 nur 284 konstatirt worden, gegen 702 in 1877, 1036 in 1876, 1184 in 1875, Bei Gelegenheit der neuen Anlagen macht der Fabriken-Ju- N besonders auf die Biendröstofenanlagen aufmerksam, welche für

bershlesien von großer Wichtigkeit sind, da die Lager von Galmei daselbst beinahe ershöpft sind und die Zukunft der {{lesischen Zink - Industrie nur auf der Zinkblende beruht, wovon jeyt schon circa 1 Million Centner verbrauht worden. Die WBers hüttung der Zinkblende hat einen neuen Industriezweig her- vorgerufen, die Röstung, die Umwandlung des geshwefelten Metalls in VOryd, bei welcher sehr bedeutende Mengen \chwefliger Säure in Gasform entweichen; es kommt darauf an, diese _\chweflige Säure, welche jede Vegetation zerstört, in höhere Luftschichten zu leiten. Die dazu erforderlichen Vorrichtungen werden beschrieben und dur fingen erläutert. Die Lage der ob-crshlesishen Arbeiter hat ih in Folge der allgemeien Kalamität vershlechtert, auch sind aus denselben Gründen hervorragende Wohlfahrtzeinrihtungen für die Arbeiter dort neuerdings nicht begründet worden. i

In der Provinz Sachsen is die Zahl der jugendlichen Ar- beiter im Ganzen unverändert geblieben. Von 214 revidirten Fa- briken gaben 26 zu Bemängelung Veranlassung. An Unglücksfällen in Fabriken kamen 179 zur Kenntniß der Behörden. Neue genehmi» gungspflichtige Fabriken sind in geringer Zahl, und fast nur im Re- gierungsbezirk Magdeburg entstanden. Unter den Vereinen zum Wohle der Arbeiter ist besonders eine in Mühlhausen i. Th. ent- standene Vereinigung angesehener Männer hervorzuheben, welcher der Rohheit und sittlihen Verwilderung, der dünkelhaften Ueberhebung junger Leute, der Verbreitung von Jrreligiosität, der Mißachtung vor Geseß und Recht, der Terrorisirung der Arbeitgeber u. \. w. entgegentreten will. (Schluß folgt.)

Die Aenderungen, welche in Folge der Königlich bayerischen Verordnungen vom 19, Juni l. J.,, „den Bestand der Regierungs- bezirke und Bezirksämter betreffend“, und vom 2. April [. G14) Dre Bestimmung der Gerichtssiße und die Bildung der Gerichtsbezirke

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betreffend“, in Bezug auf die Gerichtsbezirke, Bezirksämter und Re- gierungsbezirke im Königreih Bayern eintreten, haben das Königliche bayerische statiftishe Bureau veranlaßt, noch auf Grundlage der jüngsten Volkszählung als Nachtrag zum XXXVI. Hefte der Bei- träge zur Statistik des Königreichs Bayern ein Gemeinde-Ver- zeichniß für das Königreih Bayern nach der neuen Eintheilung des Königreihs auszuarbeiten und zu veröffent- lichen. Derselbe zerfällt in 3 Abtheilungen : Abtheilung I. giebt die Bevölkerung der MRegierungébezirke, Verwaltungs- distrikle und Amtsgerihte im Ganzen, unterschieden nach dem Gesclechte, dem Civilstand, der Konfession und Staats- angehörigkeit, unter Beifügung der aktiven Militärpersonen, ferner das Areal in Quadratkilometern, die Zahl der Gemeinden und Ort- schaften, die Haushaltungen und die Wohnbevölkerung. Abtheilung 11. enthält die nämlichen Angaben für die Ober-Landesgerichte und Landgerichte wie bei Abtheilung T.; ferner in einem Anhange 1) ein alphabetisches Verzeichniß der Amtsgerichte unter Angabe der Be- völkerung und ihrer Landgerichts- und Ober-Landesgerictszugehörig- keit, sowie 2) die Landgerichte und deren Bestandtheile. Abthei- [lung IIT. enthält die Gemeinden des Königreichs, geordnet nah Regierungsbezirken, Verwaltungsdistrikten und Amtsgerichlen unter Beifügung der Landgerichte und Ober-Landesgerichte. Die Reihen- folge der Gemeinden it, wie in den früheren Gemeinde- verzeichnissen, in der Art geordnet, daß die Gemeinden jedes Bezirks- amtes gesondert nach Amtéegerihten und innerhalb diefer in alpha- betisher Ordnung aufgeführt sind. Bei den einzelnen Gemeinden selbst ift lediglich die Gejammtzahl der ortsanwesenden Bevölkerung an- gegeben. Dabei sind die Gemeinden mit fortlaufender Nummer ver- sehen und am Sclusse ist die Zahl der Gemeindea für jedes Amts- geriht und unter Wiederholung der Amtsgerichte für jedes Bezirksamt vorgetragen. In gleicher Weise sind fortlaufend je für die einzelnen Regierungsbezirke sowohl die unmittelbaren Städte, als au die Be- zirksämter nummerirt. _Das am Schlusse des Werkes beigefügte „Alphabetishe Verzeichniß der Gemeinden“ enthält ebenfalls für jede Gemeinde die ortsanwesende Bevölkerung und die Bezirksamts- zugehörigkeit.

In dem Amtsblatt der General-Direktion der Zölle und in- dire kten Skeuern in Straßburg wird u. A. eine Uebersicht über Dit e Salzbesteuerung in Elsaß-Lothringen im Etate- jahr 1878/79 veröfßentliht. Darnach belief sh die Zahl der Salzwerke auf 6, welche sich sämmtlich in Privatbesit befinden, und sind von denselben im Ganzen 787 415 Ctr. Salz gegen 760 052 Ctr. im Vorjahre produzirt worden. An Salzprodukten wurden abgeseßt: versteuertes Siedesalz 75058 Ctr. (1877/78 111 464 Ctr.), steuerfrei abgelassenes Salz, denaturirt 62 746 Ctr. (1877/78 37 505 Ctr.), un- denaturirt 114 851 Ctr. (1877/78 129 467 Ctr.), mit Begleitschein nad dem deutschen Zollgebiete abgelassenes Salz 459550 Ctr. (1877/78 533 137 Ctr.). Der Steuerbetrag für das versteuerte in- ländische Salz belief sih auf 450 336 M gegen 668 785 im Vor- jahre. Die Menge des in den freien Verkehr geseßten Salzes belief sich auf überhaupt 539 522 Ctr. (1877/78 467 871 Ctr.))z hiervon \tammten aus elsaß-lothrinaishen Salzwerken 399 559 Ctr. (1877/78 315482 C tr.) aus anderen Theilen des deutschen Zollgebiets 61 264 Ctr. (1877/78 62 233 Ctr. und aus dem Auslande 78 699 Ctr. (1877/78 90156 Ctr.) und zwar aus Frankrei 49 930 Ctr. (1877/78 80 386 Ctr.) und aus der Schweiz 28 561 Ctr, (1877/78 9562" Ctr.), während der Nest aus Belgien bez. Hamburg bezcgen wurde. Von den in freien Ver- kehr geseßten Salzmengen sind 246 175 Ctr. (1877/78 209 522 Ctr.) versteuert oder verzollt, die übrigen 293 347 Ctr. (1877/78 258 349 Ctr.) aber abgabenfrei zu landwirthschaftlihen und gewerblichen Zwecken abgelassen worden. In letzterer Beziehung kamen haupt- 1ächlih folgende Verwendungsarten în Betracht: zu Viehsalz 89351 Ctr. (1877/78 £0718 Ctr.), für Soda- und Glaubersalzfabrifken 182 556 Ctr. (1877/78 195526 Ctr.), für Glashütten und Glas- fabriken 811 Ctr. (1877/78 1203 Ctr.), für Seifenfabri:anten 1828 Ctr. (1877/78 542 Ctr.) für Gerber und Lderfabriken 2916 Ctr. (1877/78 1978 Ctr.), für Häutehändler 4418 Ctr. (1877/78 1096 Ctr.), für Steingutfabriken und Töpfer 1584 Ctr. (1877/78 1956 Ctr.), für chemische Fabriken 4174 Ctr. (1877/78 2011 Ctr.), für Eisenhütten 259 Ctr. (1877/78 443 Ctr.). Der Gesammtbetrag der in Elsaß-Lothringen aufgekommenen Salzsteuer war 1154896 4 gegen 888 025 f. in 1877/78, während der Salzzoll 322 158 gegen 369 108 K im Vorjahre erhrachte.

Kunst, TVissenschaft und Literatur.

Im Verlage von Veit u. Co. in Leipzig erschien soeben: Handbu ch der Statistik, von Maurice Blo, deutsche Ausgabe, zugleih als Handbuch der Statistik des Deut- {chen Reichs, von Dr, M. von Scheel, Professor, Mitglied des Kaiserlichen statistischen Amts. Das Buch ist für das größere ge- bildete Publikum, insbesondere auch für Studirende als Einführung in die Statistik bestimmt. Mit den wichtiçen Problemen und Streit- fragen der Statistik bekannt zu machen, die Entstehung und den Werth statistischer Ziffern beurtheilen zu lehren und zugleich beson- ders in der Statistik des Deutschen Reichs zurehtzuweisen und deren Grgebnisse mitzutheilen, ist sein Zweck. Die Geschichte und die Theorie der Statistik (Buch 1 und 2) sind im Wesentlichen nach dem französischen Original (Traité théorique et practique de Statistique par Maurice Block) ‘wiedergegeben. Dagegen sind im 3. Bub „Die Praxis der Statistik“, die deutschen Einrichtungen mehr in den Vordergrund ge- treten, als dies in der französishen Ausgabe der Fall sein konnte. Das 4, Buch enthält die Ergebnisse der Statistik, und in diesem Abschnitt hat cine gänzliche Umarbeitung des Originals stattgefunden, weil es hier darauf ankam, vorzugsweise die statistischen Verhältnisse des Deu! schen Reichs darzulegen. Für diese standen dem Verfasser die zuverlässigsten und reichsten Quellen zu Gebote, durch deren um- sihtige Verwerthung derselbe dem anerkannten französischen Werke au eine praktishe Brauchkarkeit für Deutschland gegeben hat. Dabei hat der Verfasser von dem statistischen Stoff Alles ausgeschieden, was für cin Lehr und Handbuch der Statistik unnüßze Zuthat sein würde.

i 0N den philosophishen Schriften von Gottfried Wilhelm Lei bniz, heraugegeben von C. J. Gerhardt, deren erster Band im Jahre 1875 erschienen ist, liegt jeßt der zweite Band vor. Der Verlegec, die Weidmannsche Buchhandlung in Berlin, hat dem Werke eine vorzügliche Ausstattung gegeben. Der als Kenner Leibnizens, durch Fleiß und kritische Genauigkeit glei ausgezeichnete Herausgeber führt die große Aufgabe mit muster- hafter Sorgfalt weiter. Auf die Bedeutung des Unternehmens ist es nicht nôthia noch erst aufmerksam zu machen Leibniz zählt zu den größten Denkern und Gelehrten aller Zeiten; der Stifter der Berliner Akademie der Wissenschaften, der Freund Sophie Charlot- tens, der ersten Hd Königin, ist auch mit der Geschichte des aufstrebenden preußischen Staatswesens und mit der beginnenden Vlüthe geistigen Lebens in Berlin felbst innig genug verwahsen, um auch dadurÞ unsere Theilnahme zu erregen. Seine phi- losophishen Schriften find auch fezt noch fkeincswegs alle gedruckt; was gedruckt ist, ist vielfah in vereinzelten Samm- lungen zerstreut. Die beiden in der neuen Ausgabe bisher vorliegen- den Bände gehören der ersten Abtheilung der geplanten Gesammt- auêgabe an und enthalten eizen Theil von Leibnizens philosophishem Briefwechsel. Sie bringen das bisher Bekannte in einem nach den Driginalmanuskripten berichtigten Text, außerdem aber höchst werthvolles bisher unbekanntes Material zur Kenntniß des qroßen

annes und seiner Zeitgenossen, ein Material, das jedem Feunde der Wissenschast willkommen sein wird, Sowohl die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin, wie die Verwaltung der Königlichen Bibliothek in Hannover, welch lettere die Manuskripte Leibnizens bewahrt, haben sich die Förderung des hobedeutsamen Werkes angelegen sein lassen, Wir wünschen dieser Ausgabe der philosophischen Schriften Leibnizens allseitige rege Theilnahme und gedeihlihen Fortgang.

Der Nordwestdeutshe Verein für Gefängniß- wesen hat soeben das 4. Vereinsheft, von seinem Vorstande redi- grie ausgegeben. Dasselbe enthält, außer einem Nekrologe des rüheren Vorsitzenden des Autschusses, des Königlichen Ober-Staate-

anwalts Girhlow in Kiel und Vereinsnachrihten, folgende Aufsäße : 1) Ueber Fachschulen für Gefängnißaufseher , von Beltrani-Scalia, überseßt und vermehrt von Dr. H. Föhring; 2) Zur Lage der Zwangserziehung im Hamburgischen Staate, von Dr. H. Föh- rings 3) die Deportationsfrage auf dem Stockholmer Kon- gres|e vom Direktor Krohne. Was zunächst die 1. Abhandlung betrifft, so wurde in Veranlafsung des ersten, 1872 zu London tagenden internationalen Gefängnißkongresses Seitens der damals eingeseßten internationalen Kommission in ihrer im August 1875 zu Brüssel abgehaltenen Sigung die Frage aufgestellt, ob sich im Jn- teresse des Erfolgs eines guten Gefängnißwesens die Errichtung von Schulen für die Gefängnifaufseher, um dieselben für ihren Dienst vorzubereiten, empfehle. Der Bericht über das vorstehende Thema ward Seitens des General-Inspektors der italienishen Gefängnisse im Ministerium des Innern, Martino Beltrani-Scalia, für den im August des Jahres 1878 zu Stockholm abgehaltenen zweiten inter- nationalen Gefängnißkongreß abgestattet und in der Sigzung der 2. Sektion vom 20. August und ín der Sigzung der Plenarversamm- lung vom 22. August diskutirt und zur Beschlußfassung gestellt. Dieses Referat von Beltrani - Scalia hat nun Dr. Firina überseßt und nach einigen Richtungen hin, namentli dur Aufnahme des Wesentlichsten aus den über dasselbe gepflogenen Kongreß - Debatten, noch ergänzt. Dr. Föhring gelangt seinerseits zu dem Resultate, daß es sich für Deutschland weniger um eine elementare Vorbil- dung8anstalt außerhalb des Gefängnisses, als vielmehr um eine päda- gogische Fortbildungsanstalt innerhalb desselben: für Gefängnißaufseher handeln würde. Was die 2. Abhandlung anlangt, so wurde zu Ende des Jahres 1877 in Hamburg eine Kommission eingeseßt, welche den Auftrag erhielt, Entwürfe zur Reorganisation der Schule des Werk- und Armenhauses in Hamburg vorzulegen. Diese Kommission hat im März d. J. der Gefängnißdeputation zu Hamburg, unter deren Verwaltung das dortige Werk- und Armenhaus steht, ihren Bericht abgestattet. Gleichzeitig hat sich im Sommer 1878 die Hamburgische Schulsynode mit der Frage der Reorganisation der Strafschule und mit der Frage der Errichtung einer den heutigen geseßlichen und sozialen An- sprüchen genügenden Zwangserziehungsanstalt in Hamburg beschäftigt und einen Gefeßentwurf ausarbeiten lassen, welcher in 3 Sitzungen der Synode berathen wurde, zur Annahme gelangte und sodann der Hamburger Oberschulbehörde zur Veranlassung des Weiteren über- reicht wurde. In der 2. vorstehenden Abhandlung hat nun Dr. Föhring die hauptsächlichsten Grundzüge der Schule des Werk- und Armenhauses in Hamburg, sowie der dortigen Strafschule zu- sammengestellt und seiner Darstellung dn Entwurf der Schulsynode unverkürzt und den Kommissionsberiht unter Weglassung der Ein- leitung beigefügt, Die 3, Abhandlung beschäftigt sich mit der Deportationsfrage, die auf dem Stockholmer Kongresse zur Ver- handlung gelangte. Die Mitglieder der Sektion, in welcher diese Frage vorberathen wurde, einigten ih zu folgender Resolution : Die Strafe der Deportation bietet Schwierigkeiten in der Ausführung, welche nicht gestatten, sie in allen Ländern anzunehmen oder zu hoffen, daß sie die Bedingungen ciner guten Strafjustiz verwirklichen wird. Dieselbe wurde vom Kongreß angenommen.

__— Im Verlage von Karl Grädener in Hamburg ift unter dem Titel „Das neue Deutsche Gerihtsverfahren nach den Justizgeseßen dargestellt von H. Hofmann“ ein Buch erschienen, welcbes jeden gebildeten Laien über die im Gerichtswesen eingetrete- nen Neuerungen durch klare und sahliche Darstellung zu infor- miren geeignet ist, Wie der Verfasser im Vorworte selbst sagt, hat sein Buch nicht die Bestimmung, als bloßes Nachschlagewerk verwendet zu werden, es soll dasselbe vielmehr eine organisch zusammenhängende Darstellung der neuen R.chtsverfassung überhaupt bieten. Dessen ungeachtet ist dem Buche au ein ausführliches, nah dem Alphabete geordnetes Sachregister beigegeben, wodurch die Möglichkeit geboten wird, sich auch in einzelnen Fällen praftischen Auf\{luß aus dem Werke zu erholen, Der Ladenpreis des durch jede Buwhandlung zu beziehenden Buches beträgt 1,50 46.

E Von Brockhaus' kleinem Konversations-Lexikon das in dritter, vollständig umgearbeiteter Auflage, mit zahlreichen Karten und Abbildungen ausgestaitet, in 2 Bänden oder 40 Heften 30 S) im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien erscheint, find so eben wiederum 3 Hefte, Heft 29—31, aus- gegeben worden. Dieselben reihen von „Mirès“ bis „Pathologie“ und bringen auf 3 beigegebenen Tafeln Abbildungen von landwirth- schaftlihen Maschinen und Geräthen, von Webmaschinen, sowie von Zimmerpflanzen (Vlattpflanzen, Zwiebel- und Knollengewächsen). Dieses „Kleine Konversations-Lerxikon“, dessen wir bereits wiederholt in anerkennender Weise gedacht, ertheilt als ein encyklopädishes Handwörterbuch für den augenblicklihen Gebrau über jede in der Unterhaltung wie im täglihen Verkehr, beim Lesen wie im prakti- schen Leben auftauhende Frage eine kurze zuverlässige Antwort und Wise L ein gedrängtes Repertorium des gesammten menschlichen

issens.

Gewerbe und Handel.

Zufolge neueren Nachrichten *) aus Curaçao sind in dem dortigen Hafen seit dem 7. August keine weiteren Fälle von gelbem Fieber vorgekommen. In Folge dessen werden von der Regierung aufs Neue reine Gesundheitspä {e ertheilt.

Emden, 30. September. (Emd. Ztg.) Unsere Herings- flotte ist zwar von der zweiten Fangreise etwas spät, aber glüdtlich und, mit Ausnahme des Loggers „Ostfriesland“, welcher ses Neve verloren bat, ohne Verlust an Fleethstückten zurückgekehrt, der letzte Logger gestern. Die 11 Schiffe brachten 1772 t Heringe mit, und beträgt demnach die Ausbeute der beiden ersten diesjährigen Fang- reisen 794 und 1772 t inkl. der Jageranfuhr; die des vorigen Jahres 1931 und 1401 t, Die Preise balten si{ch auch hier recht gut, und der Absaß ist? ein zufriedenstellender. Zur 3. Fangreise sind 5 Logger wieder nah der Fischerei gesegelt, die anderen sechs werden im Laufe dieser Woche folgen.

Leipzig, 1. Oktober. (Lpz. Ztg.) Der Verlauf dre Tuchmesse, welche eigentlih {on in der vorigen Woche ihr Ende erreicht hatte, war eine in den einzelnen Branchen sehr verschiedene, aber alle hatten fortgeseßt über {lechte Preise Klage zu führen. Was die einfar- bigen und melirten Tuche, Satins 2c. im Besonderen betrifft, so ver- kaufte Kirchberg ziemlih viel, Lengenfeld i. V. weniger, ebenso waren Schwiebuser und Finsterwalder, einzelne Ausnahmen abgerechnet, vernachlässigt. Kamenz dürfte ungefähr # seiner Hue bei gedrüdckten Preisen abgeseßt haben. Crimmitschau, erdau und Forst haben viel umgeseßt, theilweise in ganz bedeutenden Posten; ein nennenswerther Nußen dürfte den Fabrikanten dabei wohl nit geblieben sein. Auch Großenhain hat ziemlich viel ver- kauft, besonders in den mit Seide melirten Sioffen. Cottbus dürfte auch zufrieden sein, nährend Spremberg, das ziemlih viel Waare an den Markt brachte, über den geringen Mos klagte. Guben machte, wie immer, mit seinen Doubles gute Geschäfte, während Sommerfeld immer mehr von den Meßpläßen verschwindet. Sagan und Sorau fanden mittelmäßigen Absaß. Ein Aufshwung war nir- gends zu finden, und im Allgemeinen {loß fich auch diese Messe ihren wenig befriedigenden Vorgängerinnen an.

Wien, 3. Oktober. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Presse“ hat \sich die für die Arlbergbahn eingeseßte Enqudête- kommission für das neue Projekt eines 11 km langen, tiefen, zwei- geleisigen Tunnels entschieden, indeß auch einen höherliegenden eingeleisigen Tunnel für zulässig erklärt, falls der Rei chsrath die für die tiefere Tunnellinie erforderlihen höheren Kosten nicht ge- nehmigen sollte. i

London, 1. Oktober. (Allg. Corr.) Sämmtliche Schiff sbau- Arbeiter ia Great-Grünsby, ckwa 300 an Zahl, haben Strike gemacht, weil sie sich eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit von 54 auf 585 Stunden per Woche nicht gefallen lassen wollen. Die Massenverwalter der insolvent gewordenen City Bank in Glasgow beschlossen, am 17. November eine weitere Dividende von 3 sh. 4 d, pro Pfd. Sterl. zu vertheilen. Diese Dividende

*) Conf, Nr. 201 des Reichs-Anzeigers,

bringt die bis jeßt an die Gläubiger der Bank gezahlte Summe auf 13 ch 4 d, pro Pfd, Sterl. :

New-York, 30 September. (Allg. Corr.) Die Gold- und Silbereinfuhr in den Vereinigten Staaten in dem Zeit- raum vom 1, Juli bis 31. August überstieg die Ausfuhr um 9 981 231 Dollars. Die Einfuhr von Edelmetallen im Hafen von New-York vom 1. bis 27. v. M. überstieg die Ausfuhr um 26 586 056 Dollars. Von der Edelmetalleinfuhr in New-York feit dem 1. Juli bestanden 954 °/% aus Gold und die übrigen 44 % aus Silber. Von diesem Gesammtbetrag kamen 30 % aus Großbritan- nien, 24 % aus Frankrei, 32 % aus Deutschland und 14 °%% aus

anderen Ländern. Verkehrs-Nnstalten.

Triest, 2, Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer E ist aus Konstantinopel heute Abend 7 Uhr hier ein- getroffen.

Southampton, 2. Oktober. (W. T.B.,) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Ohio* ist hier angekommen.

New-York, 2. Oktober. (W. T. B,) Der Dampfer „Erin“ von der National - Dampfs\chiffs - Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier einge*roF:n.

Verlin, den 3, Oktober 1879,

An der Humboldt-Akademie wird in dem vom 13, Ok- tober ab beginnenden Quartal auch der Professor an der König- lichen Gewerbe-Akademie und Akademiscen Kunfstshule, Hr. Dr, Herter einen Cyklus über: „Die Perspektive, mit be- sonderer Rücksicht auf den Schulunterricht*“ vortcagen. Dieser Cyflus, der 30. des diesmaligen Lehrprogramms, ist besonders auch für die Gemeindeschullehrer berechnet und wird im Saale À der Königl. Kunstschule (Eingang Unter den Linden 38) Dienstags 6 bis 73 Uhrc Abends stattfinden. Die Spezialisirung dieses nachträglich angemel- deten Cyklus ist, wie auch das gesammte Lehrprogramm, im Bureau der Akademie, Markgrafenstraße 51a („Invalidendank“), sowie in einer Reihe namhafter Buchhandlungen gratis zu haben. Bureau werden au die Einschreibungen zu d.n Cyklen von Herren und Damen wowentäglich 9 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Abends entgegengenommen, wie nicht minder die Anmeldungen zum „Wisfenschaftlichen Centralvere in“, welcher die Hum- boldt-Akademie gegründet hat und verwaltet, und dessen Mitglied- schaft zu eincr bedeutenden Ermäßigung d¿r Honorare berechtigt.

Tegernsee, 29, September. (Allg. Ztg.) Am Gestade des schönsten der oberbayerischen Seen ist gestern ein seltenes Jubiläum von Historikern und Kunstfreunden festlich begangen worden, das neunhundertjährige Jubiläum der Erfindung der Glasmalerei in dem einst so berühmten Benediktiner- Tloster Tegernsee. Die bereits erwähnte Festschrift des Prof. Sepp: „Ursprung der Glasmalerkunst im Kloster Tegernsee“ enthält die Abbildungen der vier \{önen buntfarbigen Kirchenfenster, welche, von Freunden der Sache zum Gedächtniß an die Erfindung der Kunst gestiftet, gestern feierli enthülit und der Kirche übergeben wurden. Borher hielt Hr. Pfarrer Doff, z. Z. in Zeno bei Reichenhall, eine der Bedeutung des Festes, die Bestrebungen der Kirche, insbesondere der Benediktiner zu Gunsten von Kunst und Wi} enschaft, das Gemeinsame zwischen der Kirhe und der wahren Kunst hervorhebende Predigt, welcher ein Hochamt und dann im großen Saale der Post die feier- [iche Uebergabe der Stiftungsurkunde der vier Glasgemälde an die Kirchenverwaltung von Tegernsee folgte. Diesem Akt reihte si die Festrede von Professor D-, Sepp über die hohe Bedeutung und die Verdienste des Hochstifts Tegernsee für Kunst uud Wissenschaft, und insbesondere über Tegernsee als Erfindungsort der Glasmalerei an, worin der Redner aufs Neue seine großen Detailkenntnisse aus der bayerischen Geschichte zu zeigen Gelegenheit hatte. Ein Fest- Diner in der Post {loß die Feiêr. Die farbenprächtigen und farbenfrishen Gemälde sind von den Herren Birkmeyer und Dopfer entworfen und werden einen neuen Anziehungspunkt des \{chönen Sceceortes bilden.

_St. Petersburg, 30. September. (St, Pet. Ztg.) Die feierliche Grundsteinlegung der zur Erinnerung an die Er- rettung Sr. Majestät des Kaisers aus drohender Lebens- gefahr am 2./14. April im Dorfe S\moleuskoje, an der Sclüsffel- burger Chaussee, zu erbauenden Kirche hat am Sonntag den 16./28. September stattgefunden. Wie die Residenzblätter berichten, leitete die gottesdienstlihe Feier der Vikar von St. Petersburg. Nach Be- endizung der Ceremonie wurde von den anwesenden Beamten, Ges- meindegliedern und der Geistlichkeit ein beglückwünscchendes Telegramm an Se. Majestät den Kaiser nah Livadia abgesandt.

New-York, 30. September. Nah Berichten aus St. Lawrence- Bai kam daselbst am 25. v. M. das amerikanische Polar- erforschungs#\chiff „Jeannette“ an und ging zwei Tage später nach dem arktischen Meere ab.

Im Belle -Allianee-Theater geht übermorgen die längst an- gekündigte Novität „Eine Frau vom Theater“ zum ersten Male in Scene und beginnt Fr. Dr. Müller-Schunke in der Titelrolle ihr Gastspiel. Hr. Dr. Hugo Müller, der das Schauspiel selbst in Scene geseßt hat, spielt den Freiherrn von der Haide; die anderen her- vorragenden Parthien des Stückes sind durch die ersten Kräfte der Bühne beseßt.

Am 5. Oktober, dem 1. Sonntage im Monat, ist der Zoologische Garten zu dem auf 25 H pro Person ermäßigten Eintrittsgelde geöffnet. Nachmittags von 4 Uhr ab findet unter Leitunz des Musik- direktors W. Selchow ein Konzert mit statt.

Literarische Neuigkeiten 1nd periodishe Schriften.

Deutsches Wêörterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm, fortgeseßt von Dr. Moriz Heyne, Dec, Rudolf Hildebrand und Dr. Karl Weigand. VI, Bandes 4. Lieferung. „Lehrnung— Lernen“. Bearbeitet voa Dr. M. Heyne. Leipzig, Verlag von S. Hirzel. 1879.

Mittheilungen der K. und K. österreihisch-ungari- \cchen Konsulats-Behörden. Zusammengestellt vom statistischen Departement im K. K. Handels-Ministerium. 7. Jahrg. 9. Bde (16. Bd. der „Nachrichten über Industrie, Handel und Verke S Wien , 1879. Druck u. Verlag der K. K. Hof- u. Staatsdruckeret. Inhalt: . Deutsches Reich. Danzig. (Handel und Schiffahrt im Jahre 1878.) Schweiz. Genf. (Handelsverhältnisse im Jahre 1877.) Bosnien. Serajewo. (Handelslage im Jahre 1878.) E Romanien. Jassy. (Handelsverhältnisse der oberen Moldau im Jahre 1877, mit besonderer Rücksicht auf die Verkehrsbeziehungen zu Oesterreih-Ungarn.) Personalnachrichten. :

Der Bär, Zeitschrift für vaterländishe Geschichte und Alter- thumsfkunde. Nr. 19, Inhalt: Die Vertriebenen, Erzählung von Ludovica Hesekiel, Altes und Neues von Berliner Brückenbauten. Die zweite Heirath König Friedrih Wilhelm 111. von Adolf Streckfuß. Der projektirte Umbau der Schloßfreiheit. Louis Sc{neider, eine Erinnerung von H. J. von Nippern. Miscellen. Neuigkeiten des Buchhandels, Berliner Geschichtsverein. Briefkasten.

Sozial-Correspondenz. Organ des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klafsen. (Herausgegeben voa Dr. Victor Böhmert und Arthur von Studniß in Dresden). Allgemeine Ausgabe, Nr. 39. Inhalt: Die neue „Partei der Arbeit“ in Amerika. Aus dem A B C der Volksw rth\chaft. Il. Das Ver- hältniß zwischen Kapital und Arbeit. Zur Pflege der Kirhhöfe. Das Vagabundengewerbe. Zur Gewerbercform in Berlin, Die

gegenwärtige Lage der Arbeiter in Chemniß. Arbeitsmarkt.

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