1879 / 248 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Oct 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Bayern. München, 19. Oktober. (Allg. Ztg.) Vom Staats-Ministerium des „Fnnern, Abtheilung für Handel und Gewerbe, ist nach Mittheilung der bayerischen „Handel8zeitung“ folgende Entschließung an die Handels- und Gewerbekammern ergangen :

„Es erscheint wünschenswerth, die Mängel, welche bei der An- wendung tes Wechselstempelsteuer-Geseßes vom 10. Juri 1869 allenfalls wahrgenommen worden sind, kennen zu lernen, um auf solde Weise die Unterlage zu einem sicheren Urtheil über die Noth- wendigkeit und den Umfang von Verbesserungen dieses Gesetzes zu gewinnen. Zweckmäßig werden hierbei mit dem Wechselstempel- iteuer-Geseß selbst zuglei auch die zur Ausführung desselben vom Bundesrath erlassenen, insbesondere die in der Be- kfannimachung vom 11. Juli 1873 enthaltenen Vorschriften in Be- tracht zu ziehen sein. Der Frage insbesondere wegen etwaiger Ab- ändcrung der bestehenden Vorschriften über die Verwendung der Wechselstempelmarken näher zu treten, ist für die hohen verbündeten Regierungen inzwischen eine besondere Veranlassung noch dadurch ge- geben worden, daß der Reichstag laut Beschlusses vom 3. April d. F. das Ersuchen an den Reichskanzler gerichtet hat, eine Vereinfachung dieser Vorschriften in Erwägung zu ziehen. An die Handels- und Gewerbekammer ergeht der Auftrag: auf Grund eigener Wahrneh- mungen und nah vorgängigem Benehmen mit einzelnen betheiligten arôßeren Firmen die Vorschläge zur Abänderung oder Ergänzung der bestehenden Bestimmungen in Beziehung auf Wecbselstempelwesen thunlichst unter Bezeihnung der abzuändernden Bestimmungen und in formulirter Fassung binnen längstens zwei Monaten einzureichen.“

«Im Finanzauss{chuß der Kammer der Reichs- räthe wird der Geseßentwurf, die Vervollständigung des Eisenbahnnetzes betreffend, am kommenden Mittwoch zur Berathung gelangen. Seitens des zweiten Ausschusses der Kammer der Reichsräthe ist der Reichsrath a von Aretin mit dem Referat über den Gesehentwurf, betreffend den Malzaufschlag, betraut worden. Der Referent beantragt, dem Beschlusse der Kamnier der Abgeordneten vom 17. d, M. zu- zustimmen. Der genannte Ausschuß tritt am künftigen Mitt- woch zur Berathung zusammen, so daß Ende der Woche im Plenum Beschluß gefaßt werden kann.

Sachsen. Dresden, 20. Oktober. Das „Dresdner ournal“ {reibt : Der jüngst verstorbene Geheime Rath Dr. von Weber war niht nur Direktor des Hauptstaatsarchivs, sondern hatte auch den Vortrag im Gesammt-Ministe- rium und bei den in Evangelicis beauftragten Staats- Ministern. Es is nun mit Allerhöchster Genehmigung vom 1. d. M. ab der Vortrag im Gesammt-Ministerium dem Ge- heimen Rath Held, der Vortrag bei den in Evangelicis be- auftragten Staats-Ministern dem Geheimen Regierungs-Rath Meusel, leßterem auch in Fällen der Behinderung des erste- ren der Vortrag im Gesammt-Ministeriuum übertragen wor- den. An den bisherigen Stellungen beider Herren im Justiz- Ministerium und im Ministerium des Jnnern ist dadurh nichts geändert, au bleibt die Bevollmächtigung des Gehei- men Raths Held zum Bundesrathe ausreht erhalten.

Sessen. Darmjtadt, 20. Oktober. (Darmst. Z.) Da das Mandat als Landtagsabgeordnete für die beiden seitherigen P rä- sidenten der Zweiten Kammer der Stände in Folge threr Beförderung zu höheren Stellen im Staatsdienst erloschen ist und die deshalb angeordnete Neuwahl auf andere Personen gefallen ist, so war die Großherzogliche Regierung in der Lage, ihrerseits die Mitglieder der Zweiten Kammer zu deren bevor- stehender Session einzuladen. Diese Einladung ist nunmehr

exfolgt und zwar auf Dienstag den 28, Oktober.

Oesterreich-Ungarm. Wien, 21. Oktober. (W. T. B.) Die feierlihe Werbung des Königs von Spanien um die Hand der Erzherzogin Marie Christine fand am 21. d. dur den außerordentlichen Botschafter, Herzog von Baylen, bei dem Kaiser statt. Unmittelbar nah erhaltener Zu- stimmung des Kaisers hat der Herzog von Baylen das i der Erzherzogin im Beisein der Mutter derselben ein- geholt.

Das Abgeordnetenhaus hat die von der Partei der Rechten ayfgestellten Kandidaten in die Staatsschulden- Kontrolkommission mit 10 Stimmen Majorität gewählt. Ein-

ebracht in das Haus wurde ein Antrag auf Aufhebung des Aaiiniditenwela.

_— An fompetenter Stelle hierselbst ist über die im Distrikte Nevesinje angeblich ausgebrochenen Agrar- unruhen nichts bekannt. Die bezüglichen Gerüchte sind um so unwahrscheinlicher, als bei dem bekanntlich daselbst herrschenden Nothstande die Regierung die vom Staate ge- währten Unterstüßungen ununterschiedlich an Christen wie Muhamedaner vertheilt.

Das Rundschreiben, mit welchem der Minister des Kaiserlichen Hauses und des Aeußern, Freiherr von Haymerle, seinen Amtsantritt den Kaiserlich und König- lichen Missionen im Auslande notifizirte, lautet:

„Wien, 9. Oktober 1879.

Se. Majestät der Kaiser und König haben geruht, mich zu Ihrem Minister des Kaiserlichen Hauses und der Auswärtigen An- gelegenheiten zu ernennen.

Voll tiefsten Dankes für dies besondere Zeichen des Vertrauens unseres erhabenen Gebieters verhehle ich mir die ernste Verant- wortung nicht, die ih mit dem hoben Amte, zu dem ich berufen wurde, übernehme. Das Gefühl dieser Verantwortlichkeit ist in mir um so lebendiger, als ih einem Staatsmanne folge, der unserem erhabenen Souverän und der Monarchie so hervor- ragende Dienste geleistet hat. Die Hingebung, von der ih für unseren erhabenen Gebieter durchdrungen bin, ermuthigt und unterstüßt mich in der Aufgabe, die mir anvertraut worden. Sie besteht darin: das Werk meines Vorgängers fortzuseßen. Da es mir vergönnt war, an diesem Werke auf dem Kongresse von Berlin theilzunehmen, könnte ih mi dessen überheben, ausdrücktlich zu erklären, daß der Rücktriit des Herrn Grafen Andrafsy keinerlei Modifikation unserer Politik involvirt. Jch lege jedoch Werth darauf, keinerlei Zweifel in diesem Punkte bestehen zu lassen, weil ih die Ueberzeugung hege, den Intentionen Sr. Majestät des Kaisers und Königs nicht besser entsprehen, der Monarchie nicht besser dienen zu können, als indem ich jener politischen Richtung folge, die inmitten ernster Fährlihkeiten unserem Vaterlande die Wohl- thaten des Friedens und die Aufrechthaltung seines Ansehens gesichert hat.

_ Der Kongreß von Berlin hat das gute Einvernehmen unter den Mächten besiegelt. Diese Entente aufrecht zu erhalten, den politi- schen Zustand, den sie im Orient geschaffen, zu festigen, der Wieder- herstellung des Friedens die Beruhigung folgen zu lassen, der Jn- dustrie und dem Handel Sicherheit zu bieten, erscheint mir eine der hehrsten Aufgaben und ih erachte es als meine erste Pflicht, hieran mit all meinen Kräften zu arbeiten. Jh hege das Vertrauen, daß die K. und K. Regierung in dieser Richtung der Zustimmung und Unterstüßung der anderen Mächte begegnen werde.

ch werde mit der größten Sorgfalt darüber wachen, daß die Chre und die Würde der Monarchie erhalten und unsere Interessen gewahrt werden. In den auftauchenden Fragen werde ih stets den Geist der Versöhnlichkeit, die Achtung vor den Rechten Anderec und

die wohlwollende Berücksichtigung ihrer Interessen walten laffen, denen wir in gleihem Maße für uns zu begegnen wünschen. Meine ganze Sorgfalt werde ih also darauf verwenden, die guten Be- ziehungen zu den fremden Mächten zu erhalten und zu pflegen. Ich appellire an Ihre im Dienste Sr. Majestät des Kaisers und Königs . bewährte Hingebung , indem ich_ Sie bitte, mir Ihre erleuchtete Unterstüt ung zu leihen. Halten Sie sih überzeugt, daß ih für meinen Theil nichts versäumen werde, um das Anrecht auf ein Vertrauen zu erwerben , welches mein Vorgäuger so verdienter- maßen genossen hat und das Sie sicherlich einem ehemaligen Kollegen nicht versagen werden.

Indem ich Sie ermäctige, von der gegenwärtigen Depesche den Ihnen geeignet erscheinenden Gebrauch zu machen, benüße ih die

Gelegenheit 2c. 2c.“ L ;

Pest, 20. Oktober. Der Minister des Aeußern, Baron Haymerle ist hier eingetroffen. Der Finanz- Minister Graf Szapary wird das Budget für 1880 in einer der nächsten Sißungen des Abgeordnetenhauses einbringen und dasselbe mit einem ausführlihen Erposé über die Finanz- lage einleiten. Das Budget is} bereits festgestellt und soll wie der „Montagsrevue“ von angeblich verläßlicher Seite mitgetheilt wird ein Defizit von 35 Millionen Gulden aufweisen.

Großbritannien und Jrland. London, 20. Oktober. (Allg. Corr.) Aus Simla wird dem Reutershen Bureau unterm 18. d. M. gemeldet:

Die Grenzstämme im Kurumthale befinden sich im Zustande des Aufruhrs, aber die Ausdehnung der Bewegung ist gegenwärtig unbekannt. Zur Unterstüßung des Obersten Gordon werden Verstärkungen abgesandt. Nau glaubt, daß die Entsendung der Expedition zur Züchtigung der Orakzar- und Zeimukh1\t&ämme, in der Nähe von Thull, verschoben werden wird. Spätere Nach- ridten von der Kolonne im Kurumthale lauten günstiger als die ersten Berichte. General Gough is in Futiehabad angekommen. Es sind weitere Einzelheiten über den Angriff, der am 14. d. gegen die britishen Truppen im Shutargardan- passe und bei Sirkai Keotal gemaht wurde, hier ein- gegan1cn. Nachdem der leßtere Ort vom Feinde bedroht worden, wurde Major Collis mit dem 21. eingeborenen Punjab-Infanterie- Regiment und zwei Geschüßen zum Entsaß der dort stationirten bri- tishen Streitkraft abgesandt. Er wu1de von dem 2000 Mann starken Feinde angegriffen, und die Afghanen, die später eine Verstärkung von 2000 Mann empfingen, machten cine verzweifelte Attacke auf das britische Lager. Sie wurden mit dem Bajonnet zurückgetrieben und ergrinen mit einem Verluste von 40 Todten, 200 Verwundeten und 2 Standarten die Flucht. Die britischen Truppen verfolgten den Feind auf zwei Meilen Entfernung. Ihr Verluft bestand aus zwei Todten und 14 Verwundeten. Den, leßten Nachrichten zufolge ziehen sich die vereinigten Grenzstämme zurü. /

Demselb:n Bureau wird unterm 19. telegraphirt :

„Der Emir Jakub Khan hat seinen Entschluß, abdanken zu wollen, kundgegeben. Er erklärt, diesen Schritt schon früher beab- sichtigt zu haben, damals habe man ihm jedoch davon abgerathen. General Roberts hat dem Emir empfohlen, sih die Sache noch ein- mal zu überlegen, aber Jakub Khan bleibt fest bei seinem Entschlusse. Der General trifft somit provisorishe Vorkehrungen für die Auf- rehterhaltung der Ordnung in Afghanistan, sowie für die Verwal- tung des Landes.“ : :

21. Oftober. (W. T. B.) Aus Simla wird von heute gemeldet, daß nah den leßten, daselbst aus Alikhail eingegangenen Nachrichten die feindlichen Grenzstämme in Folge des Falles von Kabul sich wieder zerstreuen.

Quebeck, 18. Oktober. (Allg. Corr.) Jhre Königliche Hoheit die Prinzessid Luise trat heute an Bord des Daznpfexs „Sarmatien“ Fz@Nejse nah England an. Der Dampfer wurde unterdeia Abfeuern eines Königlichen Saluts von Jhrer Majestät Korvette „Tourmaline“ aus dem Hafen eskor- tirt. Der Marquis von Lorne ist nah Ottawa zurück-

gekehrt.

Fraukreich. Ver una mit

Ps, 2 Ollober. (W. D B) amnestirte vormalige Redacteux des Journals „Père Duchesne“, Humbert, welcher be- kanntlich vor Kurzem zum Pariser Munizipal- rath gewählt wurde, ist heute zu 6 Monaten Ge- fängniß und zu einer Geldstrafe von 2000 Fres. ver- urtheilt worden, wegen des zweifahen Vergehens, den Richterstand beschimpft und Thatsachen verherrlicht zu haben, welhe vom Geseße als Verbrechen angesehen werden. Der Gerant des Journals „Marseillaise“ wurde zu 2 Monaten Gefängniß und zu einer Geldstrafe von 5000 Fres. ver- urtheilt wegen der Reproduktion der betreffenden Rede Hum- berts und ferner zu 1000 Fres. Geldstrafe wegen der Ver- öffentlihung eines Briefes Rocheforts. Außerdem wurde das ournal „Marseillaise“ auf 14 Tage suspendirt.

Portugal. Lissabon, 20. Oktober. (Ag. Hav.) Gestern haben die allgemeinen Wahlen für die Deputirten- kammer stattgefunden. Die regierungsfreundliche Majorität wird auf 127 Stimmen geschätzt.

Numänien. Bukarest, 21. Oktober. (W. T. B.) Der Senat berieth auch heute den Revisionsentwurf in den Sektionen.

Amerika. Washington, 21. Oktober. (W. T. B.) Dem hiesigen Gesandten der Republik Haiti ist nunmehr die amtlihe Meldung zugegangen, daß in der Nacht vom 3. Okf- tober in Port-au-Prince eine Revolution ausgebrochen, die provisorische Regierung gestürzt und eine neue Verwal- tung unter General Salomon eingeführt worden sei.

Memphis, 18. Oktober. (Allg. Corr.) Während der leßten Woche fanden in hiesiger Stadt 31 Todesfälle am gelben Fieber statt.

Mittelamerika. Mexiko. (Allg. Corr.) Jn New-York eingegangene, bis zum 10. ds. reichende Nachrichten aus Mexiko melden, daß der mexikanische Kongreß in Folge der zwischen einigen mexikanischen Staaten herrshenden Grenzstreitigkeiten ein Geseß angenommen habe, welches Theile von Chihuahua, Durango und Coahuila als abgesonderten Bundesdistrikt konstituirt. Die Kongreßmitglieder aus diesen drei Staaten haben Resolutionen genehmigt, welche gegen diese Maßregel als eine Verletzung der Staatsrechte protestiren. Die unlängst O aufständishen Bewegungen in Chihuahua und

urango sollen lediglih lokaler Natur sein.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

München, Mittwoch, 22. Oktober. Die Zweite Kam- mer hat heute nah längerer und lebhafter Debatte den An- trag des Abg. Daller, betreffend die Einführung einer Wein- und Branntweinkonsumsteuer, mit großer Majorität abgelehnt.

Erste ordentliche General-Synode.

Berlin, 22. Oktober. Die General-Synode nahm in ihrer gestrigen Sißung die Vorlage, betreffend das Rubegehalt der emeri- tirten Geistlichen, mit einigen Abänderungen an, und darauf auch die von der Kommission vorgeschlagene (von uns geftern mitgetheilte) Resolution. :

Den erften Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildete folgender Antrag des Grafen v. Krassow: „Die General-Synode wolle beschließen, beim Evangelishen Ober-Kirenrath zu beantragen, daß derselbe bei allen Neubeseßungen epx- ledigter Superintendenturen und bei Beseßung. von Pfarren mit denen ein Ephoralamt organisch verbunden ist, oder mit wel {en dasselbe nah der Absicht des Kirchenregiments verbunden werden fol] den Vorschlag tes durch den Provinzialsynodal-Vorstand erweiterten Konsistoriums der betreffenden Provinz abwarte resp. erfordere.“

Bei Schluß des Blattes wurde dieser Antrag angenommen.

Statistische Nachrichten.

Die „Austria“ veröffentliht in ihrer leßten Nummer die Waaren-Ein- und Ausfuhr des allgemeinen öster- reihisch-ungarishen Zollgebietes vom Januar bis Ende Juli 1879, Bemerkenswerth ist, daß im Juli fast 3} Mal so viel Weizen (384 865 Metercentner gegen 103 351 Mctr. im Jahre 1878) als im gleicen Monate des Vorjahres ausgeführt wurde, während die Ein- fuhr zwar auch bedeutender war, aber doch nur mit geringer Differenz. Dieselbe Erscheinung trat jedoch auch bei den anderen Kategorien, der Garten- und Feldfrüchte hervor; nur Hafer machte eine Ausnahme, wo das Verhältniß ein umgekehrtes war. Der Monat Juli war demnach ein starker Erxport- monat für Getreidegattungen. Was den Export in den gesammten fieben Monaten anlangt, so beträgt derselbe in Weizen ichon 24 Mal so viel als in der betreffenden vorjährigen Periode (3 260 324 Mctr. gegen 1387 382 Mtctr.); bezüglich der anderen Cerealiensorten sind ähnliche Verhältnisse zu konstatiren, bei Roggen 553 552 Metr. gegen 165 056 Mctr., Gerste 1110 008 Mectr. gegen 818 675 Mctr., bei Hafer 556 191 Mctr. gegen 453 546 Mctr., bei Mais 742 632 Mctr. gegen 224 595 Mctr. Eine ansehnliche Stei- gerung hat avch die Mehlausfuhr erfahren, nämlich von 1 181 678 Mectr. auf 1 641 807 Mctr. Der Werth der für die sieben Mo- nate ausgewiesenen Edelmetalle und der Münzen aus denselben be- trägt: in der Einfuhr im Jahre 1879 au Gold 8 637 038 Fl., an Silber 46 729 068 Fl., im Jahre 1878 an Gold 6327 638 Fl, an Silber 2284386 Fl, in der Ausfuhr im Jahre 1879 an Gold 3 727 360 Fl.,, an Silber 2554119 Fl.,, im Jahre 1878 an Gold 4 302 480 FL., an Silber 4412349 Fl. Demrach sind im Monate Juli allein 1954086 Fl. in Gold und 3476745 Fl. in Silber ein- und 382 928 Fl. in Gold und 385485 Fl. in Silber ausgeführt worden. In der siebenmonatlichen Periode vom Januar bis Ende Juli 1879 i um 2309400 Fl. an Gold und um 44 444 682 Fl. an Silber mehr eingeführt und um 575 120 Fl. in, Gold und um 1 858 230 Fl. in Silber weniger ausgeführt worden. Der Ueberschuß der Goldeinfuhr in dieser Periode gegen die Aus- führ per 4 909 678 Fl. war um 1 884 520 Fl. größer als in demselben Zeitraume des Vorjahres; während aber die Silbereinfuhr gegen die Ausfuhr um 44 174 949 Fl, überwog, übertraf in der gleichnamigen Periode 1878 die Silberausfuhr die Einfuhr mit 2 127 963 Fl.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Publikationen aus den Kösniglih preußischen Siagaatsarchiven. Veranlaßt und unterstüßt durch die Könizu .e Archivverwaltung. (Leipzig, Verlag von S. Hirzel.) Vierter Band: 1) Memoiren der Herzogin Sophie, nahchmals Kurfürstin von Hannover, herausgegeben von Dr. Adolf Köcher, 2) Frédéric IL, Histoire de mon tem ps (Redaktion von 1746), be: ausgegeben von Max Posner.

Die Memoiren der Herzogin SoPhie, Pfalzgräfin bei Rhein und Gemahlin des späteren Kurfürsten Ernft August von Hannover, werden hier zum ersten Male vollständig publi;irt, und zwar, da das Original verschollen, nah einer Kopie von Leibniz? Hand im Königlichen Staatsarchiv zu Hannover. So muntere Laune dem Leser aus diesen Aufzeichnungen entgegensprudelt, so sind dieselben doch aus tiefem Herzeleid entsprungen. Häuéliche, eheliche Mißverhältnisse, namentlich aber auch der Tod ihrer älteren Schwester, der durch ihren Verkehr mit Descartes berühmt gewordenen Glisabeth, Aebtissin von Herford, und kurz darauf ihres geliehten Bruders gaben den Memoiren ihre Entstehung: die Fürstin haßte die trüben Gedanken als Feinde der Gesundheit, und um sih davon zu befreien, nahm sie die Feder in die Hand.

Das Thema ihrer Mittheilungen bilden ihre Schicksale und Beob- achtungen, ihre Hoffnungen und Enttäushungen; in ihren Stim- mungen und Urtheilen aber enthüllt fich nit nur ihre eigene Per- sönlichkeit und das interne Leben des kurpfälzischen und des braun- \chweigishen Hauses, sondern es spiegelt daraus zugleih ein um- fassendes Kulturbild aus den Fürstlihen Kreisen des 17. Jahr- hunderts zurück. Mit Geringschäßung spricht sie gleih im Eingange von den „romantischen Damen“, die ihre Denkwürdigkeiten der Oeffentlichkeit übergeben haben, und betont wiederholt, daß sie ihre Erinnerungen nur für RO selbji \{hreibe. Allmählich aber scheint sich doch auch die Rücksiht auf andere Leser und die richtende Nach- welt geltend gemacht zu haben, wie man aus der Aufnahme ganzer Dokumente wohl wird schließen dürfen. Auch der Umstand, daß Leibniz mit der Korrektur beauftragt wurde, weist darauf hin.

Der erste Abschnitt umfaßt die Jugendjahre, die sie in Holland verlebte, der zweiie beginnt mit ihrer Uebersiedelung nach Heidelberg, der dritte wird durch ihren Eintritt in das braun]chweigishe Haus gekennzeichnet.

Die wichtigsten Ereignisse der ersten Periode sind die Erziehung der Prinzessin in Leyden, ihre Eindrücke am Hofe dec Mutter und das Projekt einer Vermählung mit König Karl IT. von England. Dann führt uns ihre Rheinreije von Holland nah Heidelberg. Das Hauptinteresse des zweiten Theiles bilden die unglückliche Che des Kurfürsten von der Pfalz, ein Besuch am Stuttgarter Hofe, der Reichstag zu Regensburg, die Werbungen um die Hand der Prin- zessin, ihre Verlobung mit Herzog Georg Wilhelm und ihre Ver- mählung mit dessen Bruder Ernst August. Im leßten schildert sie ihren Chestand, ihre Reisen nach Italien, Frankreich, Dänemark und die aus der Verbindung Georg Wilhelms mit Eleonore d’'Olbreuse entstandenen Irrungen im braunshweigischen Hause. Die Aufzeihnungen schließen mit jenen \{chmerzlihen Ereignissen, aus denen sie hervorgingen. /

„Je u'aime point à mentir“, betheuert die Herzogin, und man hat keinen Grund daran zu zweifeln, daß sie wirklih wur die Wahr- heit hat wiedergeben wollen. Wenigstens befindet sie sih mit ihren Quellen nie in Widerspruh, und die meisten ihrer Schilderungen tragen die Gewähr der Wahrheit in sich. Indessen hat doch viel- leicht da, wo sie ihre eigenen Wahrnehmungen verzeichnet, ihre per- sönlihe Vorliebe und Abneigung den wahren Bestand der Dinge zum Theil getrübt, und der Herausgeber stellt darum an einigen Fragen von besonderem historishen Belang das Maß ihrer Glaub- würdigkeit fest. Jn Bezug auf den Ehestand des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, den bekanntlich Gustav Freytag in seinen „Bildern aus der deutshen Vergangenkeit“ als Beispiel ehe- lichen Lebens an den Höfen des 17. Jahrhunderts hinstellt freilich zum Theil auf Grund unächhter Quellen und darum mit Ueber- treibungen ist es von Interesse, daß auch Sophie für ihre Schwägerin, die Kurfürstin Charlotte (Tochter der Landgräfin Amalie von Hessen- Cassel) keineswegs Partei nimmt. Auch nach ihrer N erscheint dieselbe als eine {chöne aber launenhafste Frau, ohne sanftere Züge und ausfallender Leidenschaftlichkeit und bizarren Neigungen hingegeben. Unmittelbar nah dem Tode derselben schreibt Sophie farkastish: „Ce sera la seule fois qu’on l'habillera sans qu’elle gronde ou batte ses gens,“

Die Memoiren sind gegen Ende 1680 von der damals 50 Jahre ¿hlenden Fürstin begonnen und am 25. Februar 1681 geschlc\sen den; die Abschrift von Leibniz aber ist 1690 und 1705 zu verlegen. L i

Non ihrer Schretbart sagt Leibniz: „Le stile paroist simple,

is il a une force merveilleuse, ét je le trouve du caractère que Tongin appelle s0blime, malgré cette négligence apparente,“ Er jewundert daran die Kunst, selbst den gewöhnlihsten Dingen eine nregende Seite abzugewinnen, und mit Recht: ein Aperçu drängt das andere, und jede Scene lebt. „Ueberraschend is die Schärfe ihrer Beobachtung und der sprudelnde Wiß der geistvollen Fürstin, Quar fehlt es au nit an den sanfteren Zügen des weiblichen G:- núths; die besorgte Mutterliebe, der Schmerz um das entshwundene heliche Glück und die innige Verehrung des Bruders, der ihre Stügze a0 finden in den Memoiren Ausdruck. Aber weit mehr macht sich dne scharfe Zunge geltend, die den Gegner vernichtet und auch reunde und Verwandte nit sont, kurz es tritt cine stolze und \ffep- tische Sinnesweise hervor, die in dem Bewußtsein köni;licher Ab- sammung und überlegener Bildung wurzelte.“ L

Der interessanten Publikation hat der Herausgeber eine orientirende (inleitung vorangeschickt, welcher eine Auswahl der fürdie Kritik der Memoiren wichtigsten Stellen aus der Korrespondenz der Herzogin nit ihrem Vruder, dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfal’, als gKeilage angehängt ist. Am Schluß is ein alphabetisches Register igegeben. vie andere in dem vorliegenden Bande zum ersten Male gebo- tene Veröffentlichung ist die „FTistoire do mon temps“ von Friedrich dem Großen, und zwar in der Form ihrer ersten Redaktion. Neide vorhandenen Abfassungen (von 1746 und 1775) nennt Leopold von Ranke: „unshäßbare Dokumente für die Entwickelung des roßen Mannes, von dem sie herrühren, Dokumente, die allenthalben in dem, worin sie übereinstimmen, sowie in dem, was eine jede Be- sonderes hat, das Gepräge seines Genius tragen“ und mit diesem Urtheile leitet der Herausgeber die frühere Redaktion hiex ein. Die Erzeugnisse seiner Feder immer und immer aufs Neue durh- jarbeiten, ja das Ganze umzugestalten und umzuschreiben, wo si n Anderer mit der Besserung des einzelnen unkorrekten Ausdruck8s und des einzelnen fehlerhaft gebauten Saßes begnügt hättz, dad, sagt (r, bezeichnet den gründlichen Ernst, den Friedrich auch diefer unschein- harsten Seite seiner Thätigkeit widmete, das Gefühl peinlicher Pflicht, das er eben allen Aufgaben und Geschäften feines Daseins, den größten wie den kleinsten, entgegentrug. Ja diesem Streben nah stylistis{her Vollkommenheit, nah möglichster Sauberkeit der ußeren Fassung hat er dreimal den Antimachiavel, zweimal die ein- ¡elnen Theile der brandenburgishen Memoiren umgearbeitet, in diesem Streben zunächst findet auch die Thatsache einer mehrfachen Redaktion der Wistoire de won temps ihre Erklärung.“ Als zweites Motiv fam dann das Streben nach stylistisher Einheitlichkeit seiner großen Geschichtswerke hinzu. Der König war sich eben des

in die Zeit zwischen

| Unterschiedes zwischen der Arbeit aus seinem 34. Lebentjahre und

den Werken seines gereiften Alters wohl bewußt. Mit kühler Kuitik bezeichnet er in dem KAxvant-propos zur Geschichte des 7 jährigen Krieges seine Erzählung der Eroberung Schlefiens als „die Arbeit eines jungen Mannes“, ja mit scharfer Selbstironie als eine Folge „jener Schreibseligkeit, die in Europa eine Art von epidemischer Krank- heit geworden sei“. Jn der äußeren Form der Schriften war namentlich die Inkongruenz zu beseitigen, die darin lag, daß der König früher von sich in der ersten Person spra, seit der Histoire de la guerre de sept ans aber, nach Caesars Beispiel, die dritte Person gebrauchte. In der Vorrede zu dem leßteren Werke sagt er: „Jch fühlte mich so ermüdet durh das „Jch“ und immer „Jh“, daß ih mich entschlossen habe, ron dem, was mich angeht, in der dritten Person zu sprechen. Es wäre mir unerträglich gewesen, in einem so langen Werk von mir in meinem eigenen Namen zu reden.“ Diese Veränderung hat der ganzen Darstellung ihr carakteristisches Gepräge gegeben, denn indem der König das „Jch" überall dur ein „le roi“ oder „on“ er- seßte, mußte auch alles mehr subjektive Element aus der Erzählung verschwinden. Heute aber werden wir, in dem Bestreben, den un- mittelbaren Ei:fluß zu erkennen, den der König auf die Ereignisse seiner Zeit auêëgeübt, gerade die unmittelbaren Anschauungen und Eindrücke aufsuchen, die er von den Ereignissen empfangen hat, und von denen die erste Redaktion „viel reibhaltigere Zeugnisse enthält, als die spätere Bearbeitung in ihrer Tendenz nach reservirter und vornehmer Rube hat wollen gelten lassen.“ Bei der Umarbeitung mußten viele Urtheile über Menschen und Dinge nicht mehr passend erscheinen, weil jene inzwischen verstorben waren, der Zustand dieser aber sich seitdem verschoben hatte. Diese Urtheile und dazu eine Anzahl von mehr zufällig fortgebliebenen Einzelheiten, Daten und Thatsachen, dem eingehenden Forscher immerhin von Bedeutung, treten nun mit der vorliegenden Ausgabe wieder ans Tageslicht. Andererseits sind es jedo nicht nur Weglassungen, was die beiden Arbeiten unterscbeidet, sondern auch die bedeutenden Zusätze und Ver- tiefungen des Ausdrucks, worin die Erfahrungen der drei inhalts- schweren Dezennien der Zwischenzeit niedergelegt sind. „Bisher ver- borgen, werden fie nun in der scharfen Beleuchtung des Vergleichs mit der ersten Gestalt des Textes erkennbar, erhalten Relief und gewinnen biographische Bedeutung für Friedrihs Entwickelung“.

Das Verdienst der gegenwärtigen Publikation besteht nun besonders darin, daß sie alle sahlihen Abweichungen, und zwar im weitesten Umfange, von der leise veränderten Auffassung an bis zur scharf entgegengeseßten Meinung, alle Zusäße und alle Auslafsungen der ¡weiten Nedaktion gegenüber der erften, zur Anschauung bringt und dann überhaupt alle eins{lägigen Stellen aus Friedrichs Schriften zur Vergleihung heranzieht. Sehr dankenswerth ist aber auch die systematisch geordnete Uebersicht über die jeder der beiden Darstel- lungen eigenthümlichen, bemerkenswertheren Einzelheiten, Thatsachen und Ansichten, sowie ein alphabetishes Register der in der Histoire vorkommenden Personen und Ereignisse.

Gewerbe und Handel.

Die Liquidation der Westend-Gesellschaft H. Quistorp & C o, ist laut Eintragung in das Handelsregister beendet. =— Ver Bera Mavrlishe Bergwerl5-Berein Hat, borliegenden Meldungen zufolge, im leßten Geschäftsjahre folgende Resultate erzielt: Die Förderung hat 1339 870 Scheffel gegen 1197 419 in 1877/78 betragen ; der durch\cnittliche Verkaufspreis stellte ih per 100 Scheffel auf 24,10 4 gegen 23,84 4, der durch- hnittlihe Arbeitslohn pro Maxzn und Schicht auf 2,31 M gegen 2,38 # Die Selbstkosten ermäßigten sih von 28,30 4 im Vorjahr auf 26,78 A und in Folge dessen die Zubuße bei gewerk schaftlicher Verrechnung auf 28808 M gegen 51313 M in 1877/78. Die Ausrihtung der 11. Tiefbausohle hat bis zum Schluß des Geschäftsjahres 20 325 M erfordert. Der Rechnungsabs{luß pro 1878/79 ergiebt eine Unterbilanz von 115221 M, von welhem Be- trage auf statutgemäße Abschreibungen 63 556 #4, auf Disagio für 1068 zu 95%/, begebene Partialobligationen 15 990 #4 entfallen. An verlassene Oerter und Strecken wurden 69 139 # abgeschrieben. 18 zum 30, Juni waren 1074 Partialobligationen im Nominal- peerage von 322 200 1, davon 1068 zu 95% und 6 Stü zu pari geben. Mons, 21. Oktober. (W. T. B.) In Folge verweigerter Lohnerhöhung haben heute Morgen an 2000 Arbeiter bei den roduktions\stätten von Flenu und Ciply (südlih von Mons) die rbeit eingestellt. Störungen der Ruhe sind bis jeßt nicht vor- getommen. : Kopenhagen, 21. Oktober. (W. T. B.) Die National - bo U erhöht von morgen ab den Wechseldiskont auf 37 0. New - York, 2, Oktober. (W. T. B.) Weizenver- [hiffungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der ereinigten Staaten: nah England 342 000, do. nach dem Kontinent 150 000, do. von Kalifornien und Oregon nah England 00000 Qrtrs., Bisible Supply an Weizen 15 812000 Bushel, do. 9. an Mais 11 000 000 Busbel.

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Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 21. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Main“ ist ier eingetroffen.

Berlin, den 22. Oktober 1879.

Wie uns mitgetheilt wird, fand am 18. d. M. in Caffel unter dem Vorsiß des Geheimen Archiv-Raths Dr. Haffel aus Berlin eine Ss des ständigen Ausschusses der deutschen Frauen- Hülfs- und Pflegevereine ftatt, an welcher als LVelegirte theilnahmen: der Ober-Regierungs-Rath Freiherr v. Raesfeldt aus Müncb'en für den Bayerischen Landesverein, der Regierungs-Rath Dr. jur. Fischer aus Leipzig für den Säcbsishen Landesverein, der Stadts- direktor Hofer aus Stuttgart für den Württembergischen Landesverein, der Verwaltungsgerichts - Rath Sachs aus Karlsruhe für den Badischen Landesverein, der Hofgerichtsadvokat Krug aus Darmstadt für den Hessischen Landesverein und der Hofrath v. Bojanowski aus Weimar sür den Sachsen-Weimarischen Landeêverein. Nachdem der Borsißende die Versammlung begrüßt hatte, wurden nachstehende Gegenstände der Tagesordnung erledigt. Zunächst gelangte das im Entwurf vorgelegte Statut der von Ihrer Mal eitat Der Kaiserin und Königin aus Anlaß der Jubelhochzeitsfeier ge- gründeten Stistung „Frauentrost“ zur Berathung und wurde nach erfolgter Festseßung des Ihrer Majestät zur Allerhöchsten Vollziehung vorzulegenden Entwurfes zugleich beschlossen, für die Stiftung „Frauentrost“ die Verleihung der Rechte einer juristischen Person nachzusuchen. Der erwähnten Stiftung hat Ihre Majestät in dem Handschreiben vom 11, Juni ein Kapital von 70000 Überwiesen, gebildet aus denjenigen Beträgen der Frauenvereine in ganz Deutschland, die noch für keinen andern Zweck bestimmt waren. Sodann wurden Etats- und Kassenangelegenheiten erledigt. Die demnächst auf dcr Tagesordnung stehende Frage über die Herstellung einer engeren Verbindung unter den Krankenpflegerinnen-Instituten der verbündeten Vereine wurde nah dem Referat des Hofgerichts- advokaten Krug aus Darmstadt einer gründlihen Erörterung unter- zogen. Hofrath von Bojanowski berichtete s bließlich über den er- freulichen Aufs{chwung des „Taschenbuches für Krankenpflegerinnen" und empfahl die Verbreitung dieser gemeinnüßigen Berufss\chrift.

Die neueste Nummer des „Kommunal-Blatts* giebt ein Tableau der Betheiligung der Wähler Berlins an den jüngst statt- gehabten Urwahlen für das Abgeordnetenhaus. Im ersten Wahlbezirk ketrug danach die Zahl der Wahlmänner 825 und die Zahl der stimmberechtigten Urwähler: 1. Abtheilung 1623, ITL. Abtheilung 5619, 111, Abtheilung 33 963, Davon sind erschienen: I. Abtheilung 925 oder 56,09 % , IT. Abtheilung 2700 oder 48,05 9%, IIL. Abtheilung 8459 oder 24,91 %, zusammen 12084 oder 29,33 %/%. Im zweiten Wahlbezirk betrug die Zahl der Wahlmänner 972 und die Zahl der stimmberechtigten Urwähler: I. Abtheilung 797, 11, Abtheilung 4282, III. Abtheilung 43 817. Davon sind erschienen: I. Abtheilung 511 oder 64,12 %/%, II. Abtheilung 2053 oder 47,91 % theilung 8849 oder 20,20%, zusammen 11 413 oder 23,34 2/4. Im dritten Wahlbezirk betrug die Zahl der Wahlmänner 996 und die Zahl der stimmberechtigten Urwähler: T. Abtheilung 972, II, Ab- theilung 4259, IIIL. Abtheilung 50257. Davon find erschienen : I, Abtheilung 591 oder 70,80 %/%, IT. Abtheilung 1764 oder 41,42 /0, ITI, Abtheilung 9274 oder 18,459%/0, zusammen 11 629 oder 20,96%. Im vierten Wahlbezirk betrug die Zahl der Wahlmänner 783 und die Zahl der stimmberechtigten Urrwoähler; I. Abtheilung 656, Il. Ab- theilung 3091, TIL. Abtheilung 36 775. Davon sind erschienen : I. Abtheilung 409 oder 62,359%/. IL. Abtheilung 1387 oder 44,87°/6, ITI, Abtheilung 5778 oder 15,71°%/%, zusammen 7574 oder 18,69 9%. In den sämmtlichen vier Berliner Wahlbezirken waren hiernach von 186 111 \stimmberechtigten Urwählern 42709 oder 22,94 %/, er- schienen.

Die gemischte Deputation der - städtischen Behörden Berlins hat in der Angelegenheit, betreffend die Einrichtung städtischer Centralfriedhöfe, folgende Beschlüsse gefaßt: „Die gemischte Deputation für die Centralfriedhofs-Angelegenheit bedauert, daß unter den gegenwärtigen Zeitverhältnissen die Uebertragung des ge- fammten Beerdigungswesens auf die kürgerliwen Gemeinden und die Anlegung der auf die gesammte Bevölkerung Berlins ohne Unterschied des religiösen Bekenntlnisses berechneten städtischen Gentralfriedhöfe, so weit zu übersehen, nicht zu erreichen ift. Sie beantragt jedo, diese Angelegenheit im Auge zu be- halten und nah zwei Jahren wieder aufzunehmen. Die Frage wegen Beschaffung eines neuen geeigneten, d.m {hon jeßt vorhan- denen ftädtishen Bedürfniß entsprehenden, geräumigen Friedhofs8- terrains wird durch diesen Aufschub nicht berührt, vielmehr wird die \{leunige Erledigung der diesen leßteren Gegenstand bctreffenden Vorlage als dringend nothwendig erachtet. Die Deputation empfiehlt endlich den Gemeindebehörden, dahin zu wirken, daß die fakultative Feucrbestaitung zugelassen werde.“ Der Magistrat erkennt die Berechtigung dieser Beschlüsse in ihrem vollen Umfange an und beantragt bei der Stadtverordneten-Versammlung, folgende Resolution zu fassen: -,Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich mit den von der gemischten Deputation vom 23. v. Mts. gefaßten Beschlüssen hierdurch einverstanden.“ E

Der Gold- und Bronzefund aus Dorotheenhof,

Kreis Flatow. Geschenk des Herrn Kreisdeputirten, Rittergutsbesißers Wilckens auf Sypnicwo an den Historishen Verein für den Regierungsbezirk Marienwerder.

Im Juli 1879 fanden zwei Arbeiter auf dem zum Rittergute Sypniewo gehörigen Vorwerke Dorotheenhof beim Steinsuchen und Steinsprengen etwa 250 m nördlih von den in Heft III. S. 99 der Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marien- werder beschriebenen Gräbern eine Packung größerer Steine, deren oberster etwas aus der Erde hervorragte. Das Terrain war früher bewaldet, doch ließ sich, troß der genauen Untersuchungen des Hrn. Fri Wilckens, welcher mit großer Sorgfalt die Fundstelle aufge- nommen, sowie den Bestand festgestellt hat, keine Spur eines über der Steinsezung vorhanden gewesenen Hügels ermitteln, so daß aus den in Heft III, dec genannten Zeitschrift (S. 31 u. folg.) ange- führten Gründen offenbar auch von Hause aus gar nicht ein mit Gras- narbe versehener Hügel darüber errichtet worden is. Bis zur Sohle der Steinseßung war das diese bedeckende Erdreich bereits durchgegraben, jedo ohne daß fie berührt oder verrückt worden is. Daher dürfte die Annahme einer Bodenerhöhung der ganzen umliegenden Erdober- fläche ausgeschlossen sein. Vielmehr erscheint die Vermuthung mehr als wahrscheinli, daß die Steinseßung in eine Vertiefung des Erdreichs geseßt und dann mit diesem bis an den Gipfel zugeschüttet ist.

Die Steinseßung selbst war so angelegt, daß fie inwendig eine runde Höhlung offen ließ, welche unten und oben eng war, sich aber an den Seiten etwas ausbauchte. Den Boden der Höhlung bildete ein eingekeilter Feldstein mit wagerechter oberster Fläche. Auf dieser stand ein mit grüner Patina überzogener ausgebauchter Bronzekessel. Sein Henkel aber nebst den beiden Henkelohren, deren mit dem Kessel verbindende Löthung zerstört wax, batten sich losgelöst und hingen am Kessel. Der mit einem flachen unbearbeiteten Steine zu- gedeckte Kessel ist 18cm hoh. Seine Form und Ornamentik entspriht bis auf einzelne Abweichungen der in Heft I. der Zeitschrift unseres Vereins Seite 176 Nr. 72 beschriebenen und auf Tafel VIII. Figur 9 und 10 abgebildeten Bronze - Urne aus Münsterwalde, welhe Hr. Dr, Lissauer entdeckt und im Band 111, Heft 3 der Schriften der naturforschenden Gesellschaft zu Danzig zuerst veröffentliht hatte. Sein weitester Durchmesser (an der Ausbauchung) beträgt 35 ecm, der Durchmesser seines Bodens 15 ecm und der seiner Oeffnung 26 ecm. Der weiteste Umfang (an der Ausbauchung) ist 1,1 m,

ILT, Abs -

Der in seiner Form, aber nicht in seiner Substanz vollständig erhaltene Körper des Kessels ist, soweit die bisherige nit chemische Untersucbung einen Anhalt bietet, aus kupferfarbigem Bronzeblech in einem Stüdte getrieben. Nähte oder Löthstreifen sind nicht vor- handen. Er besteht aus einem 2 cm hohen Fuße und dem aus- gebauchten Theile, welcher mit einem kurzen Halse in einen nach außen umgebogen:ta starken Rand endigt. Der Körper des Kessels zeigt ge- \{chweift und einander parallel laufende, getriebene, nach Innen flach konvere, nah Außen flach konkave Wellen, welche Außen \tumpf- winklig konvex ar einanderstoßen. - Dieselben sind vom Halse dur eine getriebene nah Außen konvexe Wulst und vom Fuße dur 2 Paar Tkonzentrishe Kreise geschieden. Zwischen beiden Paaren dieser Kreise ist 0,7 cm Zwischenraum, die zwei Kreise etnes jeden Paares sind 0,3 em von einander entfernt, Der Fuß enthält einen nach Außen 1 ecm breit konvex getriebenen Rand und razt über der Flädte des zugleih den Boden des Gefäßes bildenden Fußes um 0,35 cm hervor. Auf dem Rande laufen 2 nahe an einar der stehende konzentrische Kreise hin. Der flache runde Boden des Fußes und Kessels zeigt in der Mitte eine 0,2cm im Durchme|ser betragende nach Innen konvex halbrunde Vertiefung. Um diese laufen: in 1,5 cm Entfernung von ihrem Mittelpunkte (also mit einem 1,5 ecm langen Radius) zwei 0,25 cm von einander entfernte konzentrische Kreise, sowie in 2,8 ecm Entfernung vom Mittelpunkte zwei weitere, ebenfalls 0,25 cm von einander entfernte fonzentrishe Kreise. Am Ende des Bodens gegen den erhabenen Rand hin befinden \ich wiederum zwei dicht an einandec stehende konzentrishe Kreise. Eine weitergehende nähere Untersuhung {ließt der oxydirte und mit Schmuß bedeckte Zustand des Kessels zur Zeit noch aus. Ursprüng- lih angelöthet an den Kessel, aber bereits abgelöst waren 2 Ohren für den Henkel. Dieselben find massiv, 4 cm stark und aus einer ansceinend mehr gelblihen Bronze, wie der Körper des Kessels, ver- fertigt. Jedes Ohr hat die Form eines stumpfwinkligen, jedoch ab- gerundeten Dreiecks von 7,5 ecm Grundfläche und 2,4 ecm Höhe, dessen Katheten iadessen arabeskenartig ausg:\{chweift sind. In 0,9 em Höhe befindet sich ein rundes Loch von 0,8 cm Durchmesser. Die aerundete Außenfläche ift ei fach, aber geshmackvoll mit krummen Linien u. st. w. um das Loch herum und am Rande verziert.

Der in zwei elegant çeshweifte Haken auslaufende Henkel bildet einen Halbkreis von 13 cm Radius, besteht anscheinend aus dunkler Bronze gleih dem Körper des Kessels, ist gewunden und 0,7 cm an den s{chwächeren, sowiz 0,9 cm an den dickeren Stelle1 stark. Die Form, Dcecnamentik und bezw. Technik des Kessels zeigt weder den Hallstädter Typus, noch irgend eine Zugehörigkeit mit den in Lin- denshmits Alterthümern der heidnishen Vorzeit (Mainz, v. Zobern) bekannt gemachten Formen.

In dem Kessel befinden sich außer den kalzinirten Knochen (wohl jedenfalls einer Frau und eines Mannes) folzende Gegenstände, welche den Todten mitgegeben sind:

1) Ein goldener Reif, offener Halsring mit Haken und Oese, von 13 cm Durchmesser, von 0,2 bis 0,4 Stärke und 103,5 M. Soldwerth. Gegenüber dem Verschlusse bildet er ein ovales offenes Medaillon von 1,9 cm Länge und 1,35 cm Breite. Zwischen zwei spiralförmig gearbeiteten Einfassungen läuft rings herum ein gol- dener Kranz von leinen Perlen. Die ebenfalls ovale Verliefung in der Mitte enthält ein Stück.ten blauen Glasfluß.

Jeder der Längen seiten des Medaillons {ließt fich zwischen zwei zierlihen, aus je 3 Kränzen bestehenden Knäufen eine 2 cm lange dicht auf einen Stab aufgewickelte Spirale aa, dann kommt ein 15,5 cm langes Schraubengewinde, welches glatt auéläuft und am Ende Haken und bezw. Oese bildet. Die Form und Ornamentik des MRinges kommt weder in Lindenschmits genanntem Werke, noch in den Hallstädter Gräbern, noch unter den in Heft I. unferer Zeitschrift S. 152 bis 165 beschrievenen Ringen vor. Ebensowenig ist es nach den uns vorlicgenden Schriften römische oder griechische Arbeit, Es ift anscheinend altetrurish oder phöônikish. Den Halsring glauben wir als einer Frau angehörig be- zeichnen zu können.

2) Zwei vierkantige Stäbchen aus grünlicber Porzellan- (Glas- fluß-) Masse in Form kleiner Kantel. Jede der vier rehteckigen Längenflächen ist 4,7 cm lang und 0,6 ecm hoh. Auf dreien der- selten sind Augen wie bei Würfeln angebracht, die vierte Seite ist leer. Jedes Auge besteht aus einem Punkte inmitten zweier kon- zentrisher Kreise mit je einem Radius von 0,1 und 0,2 ca. Die Seiten zeigen folgende Reihenfolge der Augen :

Seite 1 zeigt nichts,

„2 „0 Augen in dex Mille dexr Fläche, . 7 - : 2 UND NLQV 16 2 an jedem Ende,

Hinsichtlich der Bestimmung dieser Stücke scheint kein Zweifel obzuwalten, daß es Spielstäbhen oder Würfel waren, doch sind uns aus den bekannten Sammlungen oder Werken bisher keine von ähn- licher Form bezw. gleichartige griehishe oder römische bekannt ge- worden. Nach Heft 1. der Zeitschriït S. 22 wohnten auf dem Fund- orte zu Tacitus Zeiten die germanishen Burgundionen, und bereits in den Jahrhunderten vor Chr. Germanen (a. a. O. Seite 17—21), deren Vorliebe für das Würfelspiel Tacitus (Germ. 24) \{ildert, so daß wir hier eine sinngemäße Deutung finden. Nah der Menge der vorhandenen Knochen haben wir es hier mit den Ueberresten mehr als einer Person zu thun. Wenn wir im Hinblick auf die ethishen Seiten der deutschen Frau, wie solche Tacitus wiedergiebt, in einer solwen keine Spielsuht annehmen, sondern dergleichen Leidenschaft nur dem männlichen Geschlechte zusprehen, so werden wir die Würfelstäbhen als Beigabe eines Mannes und zwar einer vornehmen Persönlichkeit zu betrahten haben, weil der Besiß dieser seltenen Einfuhrartikel der vorchristlihcn Kulturstaaten des Südens auf Wohlstand und Rang deutet.

3) Zwanzig knopfartige Kugelsegmente ohne Löcher, von meist 2,4 cm Durchmesser an der Grundflähe und 0,80 bis 1 cm Höhe. Eins derselben besieht aus der nämlichen grünlihen Porze.!an- (Glasfluß-) Masse, wie die Stäbchen Nr. 2 und war wohl jedenfalls ein Einfuhrartikel des Südens in vorchristliher Zeit. 19 Knöpfe sind aus Kreide gefertigt und offenbar dem Glasknopfe von den hie- sigen Landesbewohnern nachgebildet. Ueber die Bestimmung sind verschiedene Muthmaßungen aufgestellt wie z. B. aufgenäthe Zier- rathen (Nähnadeln kommen hier in verschiedenen Größen vor), ein Spiel und dergl. mehr.

4) Vier Bronzeplättchen, welche nit zum Kessel gehören. Zwei find glatt, ¿zwei gehören einem getriebenen Beschlag (z. B. eines Gürtel8) an und zeigen ein Muster, wie aufrecht neben einander stehende M.

5) Fragmente eines mit der betreffenden Leiche verb 8 nuten metallnen Geräthes (anscheinend einer Fibel).

Herr Wilkens hat das große Opfer gebracht, den hochinter- essanten Fund dem historischen Verein hierselbst zu {enken und sich dadurch ein großes Verdienst um die Forschung erworben.

Indem wir die vorstehenden vorläufigen Angaben zur öffent- lihen Kenntniß bringen, richten wir an alle archäologishen und historishen Vereine, an die Herren Vorsteher und Besißer von Sammlungen, sowie an alle für den Gegenstaad fich interessirenden Leser dieser Mittheilung die ergebenste Bitte, uns gütigst mitzu- theilen :

O 1) ob‘ und wo ihnen ähnliche Funde bekannt geworden sind? und

2) welche Momente zutreffenden Falles für die Herkunft. der frag«

lichen Gegenstände festgestellt oder angenommen sind?

Marienwerder, den 5. Oktober 1879.

Der Vorsitzende des historishen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder. von Hirschfeld, Regierungs-Rath.

Stockholm, 18. Oktober. Hr. Oskar Dickson hat folgendes Telegramm von Professor Nordenskjöld erhalten: iogo, 17. Dfktober. Jch reise morgen nach Nagasaki und Honakong ab und gedenke am 22. Dezember über Singapore in Point de Galle einzutreffen. Alles wohl.