1879 / 254 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Oct 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Als Aerzte haben fich niedergelassen: die Herren Dr. Biel und Gleizmann in Greifswald, Dr. Dassel in Dortmund.

annover, 27. Oktober. Jn der Je en Sizung des Provinzial - Landtages wurds der Antrag des Verwaltungs3ausschusses, dem E A tete zu Han- nover eine einmalige außerordentlihe Unterstüßung von 500 4 aus den Ueberschüssen des Vorjahres, eventuell des laufenden Jahres zu bewilligen, von der Versammlung ange- nommen.

um Korrigendenwesen hatte der Verwaltungs- aus\{huß folgenden Antrag eingebra@t : :

Der Provinzial-Landtag wolle beschließen: 1) den ständischen Verwaltungsausshuß zu ermächtigen, eine zweite Korrektionsanstalt für Männer in geeigneten miethweise zu beschaffenden Gebäuden nah Maßgabe des hervortretenden Bedürfnisses zeitweise zu errichten, bei Führung der Verwaltung das für die Korrektionsanstalt zu Himmels3- thür festge]ellte Reglement mit den durch die Verhältnisse gebotenen Aenderungen zu Grunde zu legen, die erforderliche Zuschußsumme aus dem für das Werkhaus zu Moringen- bewilligten Zuschusse bei ent- spre{chender Ermäßigung der Ausgabepositionen des pro 1880 geneh- migten Fir anzetats des Werkhauses zu entnehmen und dem nächsten D Sage über die getroffenen Einrichtungen Rechenschaft abzulegen ;

: 9) für etwaige bis zum Zusammentritte des nächsten Provinzial- Landtages behufs Beschaffung von Raum für Korrigenden erforderliche Bauten dem ständishen Verwaltungsausschusse eine im Wege der Paras aufzunehmende Summe bis 15000 # zur Verfügung zu

ellen; 3) die vom ständis{hen Verwaltungsausshusse und Landes- Direktorium ausgeführte Erweiterung des Gefangenen-Etablissements in Oerrel nachträglich gut zu heißen.

Nach längerer Debatte wurde der Antrag des Verwal- tungsausshusses angenommen. Hierauf berichteten die Schrift- führer über die Wahlen der Mitglieder des Landtags, die sämmtlich für gültig erfannt wurden. Die Position XXIII. des Finanz-Etats für das Landarmen- und Kor- rigendenwesen war bei der Budgetberathung ausgeseßt und wurde jeßt nahbewilligt. Die Ausgabe dafür ist mit 437 161 M6 veranschlagt. Es entfielen auf das Werkhaus zu Moringen 224 737 M, die Korrigenden- und Landarmen- anstalt zu Himmelsthür 31 494 46, Verzinsung und Amor- tisation 27 430 M, sonstige Ausgaben 1000 /4 Damit war der Finanz-Etat erledigt. /

um Ankauf von Ländereien für die Korrektions- anstalt zu Moringen beantragte der Verwaltungsausschuß, ihm eine im Wege der Anleihe zu beschaffende Summe von 20 000 4 zur Verfügung zu stellen. Der Schatrath Hugen- berg bearündete diesen Antrag, indem er die größere Zwelk- mäßigkeit der Bewirthschaftung eigenen als gepachteten Landes hervorhob. Nach Annahme dieses Antrages wurde die Sizung

geschlossen. -

Bayern. München, 26. Oktober. (Allg. Ztg.) Der Eisenbahn-Ausschuß derKammer der Abgeordneten wird bereits an einem der nächsten Tage über die Beschlüsse der Kammer der Reichsräthe bezüglih des Eisenbahn-Geseß- entwurfs in Berathung treten. Nachdem der Artikel 1 des Gesetzentwurfs, so wie er sich ngach den Beschlüssen der Zweiten Kammer gestaltet hatte, von der Kammer der Reichsräthe pure abgelehnt worden ist, kann er in der Kammer der Abgeord- neten niht mehr in Betracht gezogen werden, vielmehr kann es sich nur darum handeln, ob den von der Ersten Kammer beschlossenen vier Linien beigestimmt oder noch die eine oder die andere Linie in den Geseßentwurf aufgenommen werden soll; an Anträgen hierzu wird ‘es nit fehlen.

27. Oktober. Der erste Ausschuß der Kammer der Abgeerdneten wird in den nächsten Tagen über den Entwurf eines Gesebes, die Disziplin der Königlichen Staatsbeamten betreffend, in Berathung treten können, da der Bericht an die E heute vertheilt wurde. Der zweite Au ss{chuß der Kammer der R ei ch 8- räthe hat heute den Geseßentwurf, den Malzaufschlag be- treffend, nach zweistündiger Berathung in der Fassung der Abgeordnetenkammer, jedoch mit der Modifikation, daß statt dem 1. November der 16. November als Einführungstermin eingeseßt werde, mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. Die .nähste Sitzung der Kammer der Abgeordneten wird am Mittwoch stattfinden. Auf der Tagesordnung der- selben steht die Abänderung der Bauordnung und die Malz- aufs{hlagsnovelle.

Hessen. Darmjtadt, 28. Oktober. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute ihr Bureau konstituirt; es wurden gewählt Kugler zum ersten Präsidenten, Muhl zum zweiten Präsidenten und Wulfskehl zum Sekretär.

Elsaß - Lothringen. Mülhausen, 28. Oktober. (W. T. B.) Der Statthalter, General-Feldmarschall Frhr. von Manteuffel, welhen der Oberst von Strangt, der Ministerial-Rath Jordan und der Graf Wilhelm von Bis- marck begleiteten, wurde bei seiner Ankunft auf dem hiesigen, mit Fackeln glänzend beleuchteten und dicht mit Menschen ge- füllten Bahnhofe von dem Kreisdirektor Hammerstein und dem General von Böhn empfangen. Der Statthalter stattete noch an demselben Abend den Spigen der Behörden und den hier ansäßigen Notablen seinen Besuch ab und nahm dann in einem Gasthofe Nachtquartier.

Am anderen Morgen besichtigte der Statthalter das Stadt- haus, das Bürgerhospital und verschiedene industrielle Eta- blissements. Mittags fand in den Räumen der Kreisdirektion Empfang statt; bei demselben erschienen der Bürgermeister nebst dem Gemeinderath der Stadt Mülhausen, die Mit- glieder des Landesausschusse?, des Bezirkstages, des Kreis- tages und der Handelskammer, die Vorsteher der höheren Lehranstalten, die Geistlichkeit der drei Konfessionen, Mitglieder der je De und Verwaltungsbehörden, sowie die Vertreter der

Presse. Der Statthalter ließ si jeden Einzelnen der Erschienenen vorstellen und hatte namentlih mit den Mitgliedern des Ge- meinderaths eine längere Unterhaltung. Zum Schluß sprach der Statthalter seinen Dank für das ihm bewiesene persönliche bir Entgegenkommen aus: „Es sei gut si kennen zu ernen, damit man sih einmal ins Auge cbant habe.“ Vor der Tafel besichtigte der Statthalter dan:1 noch die elsäßische Maschinenbau-Anstalt, die Gewerbeshule und das Museum und nahm seinen Rückweg nah dem Gasthofe durch die Cité ouvrière. Bei dem im Gasthofe veranstalteten Diner, an welchem 45 Perfonen Theil as toastete der Statthalter auf das Wohl der Stadt Mülhausen und der Bürgermeister Mieg-Köchlin auf das Wohl des Statthalters. Der Präsident Schlumberger hielt eine Rede P erceinen i Inhalts, in welcher er seinen Wünschen na N p zur ge- deihlihen Entwickelung des Handels Ausdruck verlieh. Als

der Statthalter seine Rückreise antrat, wurde derselbe wie bei seiner Ankunft von der auf dem Wege zahlreih versammelten Bevölkerung mit begeistertên" Hochrufen begrüßt.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 28. Oktober. (W. T.B.) Fn der heutigen Sißung des Abgeordnetenhauses legte der Leiter des Finanz-Ministeriums, Sektionshef Chertek, das Finanzgeseß und den Budgetvoranshag pro 1880 vor, "mit der Bitte, das Haus möge die Regierung in den Stand seßen, das perfekt gewordene Finanzgeseß noch vor dem Beginne des nächsten Jahres der Sanktion des Kaisers zu unterbreiten. Auf den Znhalt der Vorlage eingehend, \chickte Chertek voraus, daß die Regierung eifrig be- strebt sei, die Lasten, welhe die Deckung der Staats- erfordernisse der Bevölkerung auferlegt, [möglichst zu erleich- tern. Dieses solle geshehen durch Vertheilung größerer cFn- vestitionen im ungefähren Betrage von 9 Millionen der nächsten 4 Jahre auf eine längere Reihe von Jahren, dur Ersparnisse auf allen Verwaltungsgebieten, sowie durch Ver- wendung eines Theiles des mobilen, leicht realisirbaren Staats- vermögens. Das Minder-Erforderniß bei dem Ministerium des Jnnern beträgt 211 604 Fl., bei dem Ministerium für Landesvertheidigung 3130 Fl., bei dem Unterrichts-Ministerium 488 833 Fl., bei dem Handels-Minislerium 109 054 Fl., bei dem Alerbau-Ministerium 226 740 Fl. und bei dem Justiz- Ministerium 631 832 Fl. Durch Vollendung der Grund- steuer-Regulirungsarbeiten in diesem Jahre is die Finanz- verwaltung in der Lage, für 1880 11/7 Millionen für die Grundsteuerregelung weniger zu beanspruhen. Die bei den einzelnen Zweigen des Finanz-Etats erzielten Erspa- rungen ergaben insgesammt 5 245 000 Fl. Die Verzehrungs- steuer und Restitutionen sind um 11 023 000 Fl. höher und die Verzinsung der Staatsschuld um 2742 580 Fl. höher ein- gestellt. Die Schuldentilgung beansprucht 1880 8 012 692 Fl. weniger. Bei der Präliminirung des Beitrages zu den ge- meinsamen Angelegenheiten hatte die Erhöhung der Resti- tutionen eine Reduzirung des Ansaßes der Zollüberschüsse um 5 002 000 zur Folge. Die Etats des Reichs-Finanz- Ministeriums und des Ministeriums des Auswärtigen dürften nahezu unverändert bleiben. Der bei dem Erforderniß für das Heer wieder zu berücsihtigende Mehraufwand für die Reservistenübungen von 2 223 206 Fl. und das Mehrerforder- niß dur das Einquartierungsgeseß von 1 873 340 Fl. wer- den durch Ersparungen in den verschiedenen Zweigen der Heeresverwaltung bedeckt, so daß bei Annahme einer Schlußziffer des Budgets für das Kriegs-Ministerium pro 1880, welche der des laufenden Jahres gleich ist, sich eine effektive Ermäßigung der Erfordernisse des Heeres um 4 Millionen ergiebt. Bezüglich der Okkupationskosten konstatirte der Leiter des Finanz-Ministeriums, um Befürchtungen und unrichtigen Anschauungen zu begegnen, daß dieselben insgesammt 8 Millionen nicht übersteigen würden, wona Cisleithanien für 5488 000 Fl. aufzukommen haben werde, über deren Bededung Chertek nah Sauktionirung der Delegations- beschlüsse durch den Kaiser Mittheilung machen werde. Die Gesammtsumme des ExPèdernisses ist auf 412 712 917 Fl. veranschlagt. Bezüglif u der Bedeckung desselben konstatirte der Leiter des Finanz-Miñisteriums, daß entsprehent den bis- her bekannten Perzeptionsergebnissen des Jahres 1879 die direkten Steuern gegen das Vorjahr um 780 000 Fl. höher veranschlagt werden konnten. Die Zollerhöhungen gestatten die Annahme eines Mehrertrages von 4 263 500 Fl., die Ver- zehrungssteuer verspricht einen Mehrertrag von 6 159 000 F[., die gesammte Erhöhung der Einnahmen des Finanz- Ministeriums beträgt 11 357 123 Fl. Jn Folge der geseßlichen Theilung des Militärstellvertreter- und Jnvalidenfonds sind 2 800 000 Fl. als Bedeckung eingestellt. Die Gesammtbedeckung beträgt 399 995 774 Fl., das Defizit daher 12 717 143 Fl. Das Defizit soll ohne Fnanspruhnahme eines Kredites gedeckt werden, da die Regierung von den Grundsaß ausgeht, daß, wenn die Lage Oesterreichs gründlih geändert werden solle, das Normalerforderniß des Staates niht mehr durch Schulden- machen gedeckt werden soll. Die Regierung beantragt zu- nächst mehrfahe Aenderungen der Stempel- und Gebühren- kosten. Die Gebühren für Gewinne aus der Zahlenlotterie und Privatlotterien sollen auf 20 Prozent erhöht werden und dürften somit eine Mehreinnahme von 1 800 000 Fl. bieten. Die Erhöhung des Spielkartenstempels wird mit einem Mehr- ertrag von circa 80 000 Fl. in Anschlag gebracht. Die Ein- führung einer fixen Stempelgebühr für Geldempfangsbestäti- gungen in Handelskorrespondenzen und für Nachnahmescheine wird mit cinem Ertrage von 300 000 Fl. berechnet. Die Auf- hebung verschiedener Gebührennachlase soll 2 570000 Fl, eine mäßige Stempelerhöhung für gerichtliche Eingaben eine Mehreinnahme von 750000 Fl. ergeben, aus der Steigerung der Gebühr von Versihherungsverträgen wird eine Mehreinnahme von 120 000 Fl. berechnet. Die Ge- sammteinnahme aus diesen Posten wird auf 5 800 000 Fl. veranschlagt. Die Regierung glaubt ferner, unter gleichzeiti- ger Einführung einer Verbrauchsabgabe für inländisches Mineralöl eine Erhöhung des Petroleumszolls von 3 auf 8 Fl. eintreten lassen zu sollen, was eine Mehreinnahme von 4 800 000 Fl. sichern würde. Die Vorlage betreffend den Branntweinverschleiß läßt eine Einnahme von 11/4 Millionen erwarten. Der Ertrag dieser Maßnahmen zusammen würde das Defizit nahezu decken, da aber das Jnkrafttreten dieser Geseße kaum vor Ablauf des ersten Quartals zu erwarten ist, so mußte die Regierung darauf Bedacht nehmen, die Minder- eingänge dur vorübergehende Maßnahmen zu decken. Sie legt daher einen Geseßentwurf vor betreffend die Erhebung einer zehnprozentigen Gebühr von dem Personenverkehr auf Eisenbahnen und Dampfschiffen, welches Geseß jedo nur für das Jahr 1880 in Kraft treten soll; ferner einen Gesebentwurf, welcher die Umlage eines Betrages von 4 Mil- lionen unter dem Titel „Ergänzungssteuer“ beantragt. Diese Ergänzungssteuer wird alle Staatsangehörigen mit einem «Fahreseinkommen von über 1400 Fl. treffen, soll aber nur 1880 erhoben werden. Um aber das Gleichgewicht im Staatshaushalte au für die Zukunft sicher zu stellen, wird die Regierung sich bemühen, den Verwaltungsaufwand zu reduziren und das Abgabenwesen bleibend und durchgreifend zu reformiren. Die Regierung beabsichtigt demnächst, die Drn einer allgemeinen Einkommensteuer, sowie die Durchführung der Steuerreform in Bezug auf die Grund-, Gebäude-, Erwerbs- und Rentensteuer, sowie endlih die Be- steuerung der Aktiengesellschaften.

. geben.

Die „Polit. Korr.“ meldet aus Konstantinopel; Morgen foll abermals eine Konferenz der griehi\ch- türkishen Kommission stattfinden. Die Hoffnung auf eine direkte Verständigung zwishen den griechishen und türkischen Delegirten ist gering. Aus Belgrad: Zwischen dem Minister-Präsidenten Ristic und dem Gesandten der Ver- einigten Staaten ist ein Handelsvertrag auf derx Grundlage des Meistbegünstigungsrechtes, sowie eine Konsular- konvention unterzeihnet worden. Jn Belgrad soll ein nord- amerikanisches General-Konsulat errihtet werden. Die serbishe Synode hat die Unabhängigkeit der serbischen Kirche proklamirt und beantrazt die Ernennung des Metro- politen Michael zum Primas von Serbien.

Pest, 28. Oktober. Der Finanz-Minister Szapary hat heute im Unterhause das Budget vorgelegt und dabei ein Exposé gegeben, welches den bereits mit- getheilten Daten entspriht. Außer den bereits signalisirten Geseßentwürfen wurden vom Minister ferner noch Geseß- entwürfe über die Erhöhung des Steinölzolles, sowie über die Abschaffung der Luxussteuern vorgelegt.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Oktober. (Allg. Corr.) Die Königin hat von sämmtlichen einfluß- reicheren indischen Fürsten Telegramme erhalten, worin diese Jhre Majestät zu der erfolgreihen Beendigung der Ex- pedition nah Kabul beglücklwünschen. Die Absender geben der Vericherung ihrer loyalsten Gefühle und ihrer Bereitwil- ligkeit Ausdruck, der britishen Sache in jeder Weise zu dienen, die in ihrer Macht liegt.

Aus Kushi (via Djellalabad) telegraphirt der Spezial- Korrespondent des „Standard“, vom 26. ds.:

General Goughs Brigade, die sich auf dem Wege zur Entsezung der das verschanzte Lager im Shutargardan hal- tenden Streitmacht befindet, kam heute hier an. Oberst Money, der jenen Posten befehligt, meldet, daß er von tausenden von Mangals umzingelt sei. Er signalisirt uns per Helio- graph, daß er sih behaupten könne; aber unsere Signalisten können Blige sehen und den Donner s{hwerer Geschüße hören, und somit ist es klar, daß es dort heiß hergeht. Die Verbin- dung mit Ali Khel ist {hon seit vielen Tagen abgeschnitten. General Gough marschirt morgen mit dem 5. Punjab- Jnfanterie-Regiment und vier Geschüßen nah dem Shutar- gardan. Das 5. Punjab:Kavallerie-Regiment bleibt hier bis zu seiner Rückkehr. Sollte sich die Position im Shutar- gardan als unhaltbar erweisen, so wird sie geräumt werden, und Oberst Money kehrt mit seiner aus dem 2. Seikhs- Regiment und der Bergbhattetie bestehenden Streitkraft mit General Goughs Corps hierher zurüdck. Sollte sih indeß der Feind nah dem morgen stattfindenden Treffen zerstreuen und die Straße nah Ali Khel ofen lassen, dann wird Oberst Money mit seinem Kommando im Shutargardan bleiben und General Gough mit seiner Brigade nach Kabul zurückehren.

Demselben Blatt wird aus Kabul, vom 26. d. M-,, ge- meldet: Der Kotwal von Kabul und vier andere wurden heute für ihre Betheiligung an der Niedermegzelung der britischen Gesandtschaft gehenkt. Zwischen Ali Khel und dem Shutar- gardan hat ein Kampf stattgefunden, aber der Feind is ge- lagen worden und hat große Verluste erlitten, so daß die Verbindungen jeßt wieder offen sind.

Der Spezial-Korrespondent der „Daily News“ in Kabul telegraphirt unter dem 19. ds.:

Fünf Gefangene, eins{ließlich: Kotwal, der Chef der Cily- Mollahs, zwei Generale (einer Fürstlihen Abkunft) und eiù Chowfkidar, werden morgen gebenkt werden. Der letztgenannte General s{leifte den Kopf des Majors Cavagnari von der Gesandt- {haft nach dem Bala Hissar, wo die Leute Kotwals si desselben bemächtigten. Der Mollah hatte einen Religions- krieg gepredigt und den Fanatikern die Fahne ge- Kotwal hatte die Leichen der Guiden über die Mauer in den Festungs8graben geworfen. Auch hatte er in Kabul eine Pro- flamation verbreitet, welche die Mohamedaner zum Kampfe bei Charasiab aufforderte. Es wird behauptet, daß er hierbei nach Be- fehlen des Emirs gehandelt habe, die durch den Sirdar Naik %ta- bomed, den Commandeur-en-chef der Rebellen, erlassen worden. Die Gefangenen wurden von der Militärkommission unter dem Votrsiß des Generals Massy verurtheilt.

20. Oktober. Die fünf Gefangenen wurden in der Nähe der Ruinen der Gesandtschafts8gebäude gehenkt. Die Kabulesen verhielten sich dabei ruhig. Die Stämme, welche den Shutargardan blotirt hatten, haben fih nach ihrer Heimath zurückgezogen.

Demselben Blatte wird aus Lahore, vom 25. ds. telegraphirt :

„Ungeachtet ‘verschiedener gegentheiliger Gerüte wird im Khyber- Paß ernster Widerstand erwartet. Die Kurram-Bergbewohner bedrohen Gandamuk. Es herrscht wenig Zweifel darüber, daß die Erplosion imBalar Hifsar das Werk von Verräthern war.

Fraukreich. Varis, 28. Oktober. (W. T. B.) Wegen eines vor Kurzem gegen einen Militärtransport auf dem Wege nach Sebdou von marokkanishen Marodeuren ausgeführten Angriffs sind die von der Regierung von Marokko geforderten Genugthuungen in vollem Umfange geleistet worden.

Spanien. Madrid, 28. Oktober. (W. T. B.) Das Journal „Cronista“ meldet, daß der Ministerrath gestern einen Geseßentwurf, betreffend die Abschaffung der Sklaverei auf Cuba, auf folgender Grundlage angenom- mei Fat Die Abschaffung der Sklaverei soll unmittelbar bei Veröffentlihung des Geseßes erfolgen. Die Freigelassenen sollen unter dem Schuße ihrer bisherigen Besißer bleiben, welche verpflihtet sein sollen, ihnen Lohn zu geben. Acht «zahre hindur soll am Schlusse eines jeden Jahres der achte Theil der Freigelassenen vollständig frei werden, und zwar durch das Loos. Außerdem hat der Ministerrath beschlossen, die Zölle auf die Einfuhr von Cerealien nah der Halbinsel Angesichts des Standes der: Ernten nicht zu berühren.

FNumänien. Bukarest, 27. Oktober. (W. T. B.) Der Fürst Karl ist gestern in Begleitung des Ministers des Jnnern Cogalniceanu zur Fnspizirung der Dobrudscha ab- gereist. Der Fürst traf heute in Tultscha ein, wo demselben e der Bevölkerung ein enthusiastisher Empfang bereitet wurde.

Amerika. Washington, 28. Oktober. (W. T. B.) Der Schatsekretär Sherman hielt gestern auf einem Meeting in New-York eine längere Rede, in welcher er erklärte: Die republikanische Partei würde niemals von der Politik der Baarzahlung abgehen ; die von den Republi- kanern befolgte Finanzpolitik habe den Handel und die Ver dustrie wieder aufleben lassen und dem Lande Kredit und Ge- deihen gebraht, Troß der Wiederaufnahme der Baarzahlun- gen sei die Baarreserve im Staatsschaße nicht ershöpst wor- den, denn es befänden sich darin gegenwärtig 172 Millionen

Dollars in Gold und 50 Millionen in Silber, und außerdem finde ein stetiger Zufluß an Gold von Europa aus statt. ee gehend auf die politische Lage hob Sherman hervor: Die Re- publikaner wünschten regelrechte Wahlen und allgemeines Stimm- recht ; wenn die Wahlfälschungen Erfolg haben sollten, so würde das Land zum Despotismus oder zur Anarchie geführt werden. Der Kongreß habe das Recht, die Wahlen seiner Milrteder zu fkontroliren; bei aller Ahtung vor den Gesezen der ein- elnen Staaten müßten doch die Geseße der Vereinigten Staaten die höchsten bleiben. Der Süden habe versucht, die Wähler der Südstaaten durh Schreen und Gewalt einzu- shüchtern; die Lage des Südens sei daher fast ebenso gefähr- lih, wie im Fahre 1860. Sherman forderte \{chließlih die Republikaner auf, alle Differenzen zu vergessen und sih zu vereinigen.

New-York, 26. Oktober. (Allg. Corr.) Die von den Uta-Jndianern in der White-River-Agentur geraubten Frauen und Kinder sind unverleßt den Behörden der Ver- einigten Staaten ausgeliefert worden.

Memphis, 24. Oktober. (Allg. Corr.) Es herrscht an- haltend scharfer Frost, in Folge dessen das gelbe Fieber s{hwindet. Die von benahbarten Städten gegen Zufuhren aus Memphis errichtete Quarantaine wird theilweise auf- gehoben.

26. Oktober. für erloschen erklärt.

Asien. (W. T. B.) Dem Reutershen Bureau wird aus Shanghai, vom 1. d. M., via San E gemeldet, daß die Frage wegen der Foohoo-Fnseln noch immer schwebe.

Die gelbe Fieber-Epidemie wird

Erste ordeutlize General-Synode.

Berlin, 29. Oktober. Die gestrige (15.) Sikung der General-Synode eröffnete der Präsident Graf v. Arnim-Boigenburg egen 4¿ Uhr Nachmittags. Der Konsistorial - Rath und Super- intendent Kretschmar (Königsberg i. Pr.) sprach das Gebet. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Anirag der Rheinishen Provinzial- Synode, betreffend die Ablehnung resp. Niederlegung der Schulinspektion Seitens der Geist- liden. Der Referent, Superintendent Evertébusch (Lennep), Präses der Rheinishen Provinzial - Synode, ersuchte die General-Synode, zu beschließen: „1) Eine rectliche Verpflich- tung der Geistlihen zur Führung der Schulaufsicht erscheint niht mehr als begründet; 2) es werde von den Geistlichen er- wartet, daß dieselben im Interesse des Unterrichts und der Er- ziehung der Jugend die Ablehnung, resp. Niederlegung der Schul- aussiht nur nach desfallsiger motivirter Anzeige aa die kirch- liche Aufsichtsbehörde, und zwar erst 14 Lage nah dieser Anzeige vollziehen.“ Dec Pfarrer Altgelt (Wülfrath in der Rhein- provinz) bat, dem von dem Referenten proponirten Antrage zuzu- stimmen. Der Präsident des Evangelischen Dber-Kirchenraths Hermes erklärte, der Evangelische Ober-Kirchenrath habe in seinem Erlasse vom Jahre 1875 nicht von einer Dienstpflicht im Interesse des Staates gesprochen. An eine Aufhebung der staatlihen Schulaufsicht könne jeßt nit gedacht werden. Man befinde sich eben noch mit der Ausführung des Schulaufsichtsgeseßes von 1872 im Uebergangsstadium. Es stehe jedo zu hoffen, daß in Zukunft von Seiten des Staates Er- leihterungen eintreten würden, die das Verhältniß der gcistlichen Squlinspektoren zu den Staatsbehörden erspricßliher und würdiger gestalten sollen. Im Hinblick auf diesen Umstand er- suhe er, heute nicht in eine Besprechung über den vor- Tiegenden Antrag einzutreten. Die Synode beschloß dem- gemäß. Nach “einem kurzen Referat des MNegierungs-Präsidenten v. Flottwell (Marienwerder) wurde alsdann ohne Debatte beschlossen : „Auf Grund der Bestimmungen der §8. 14 Abs. 2 und 38 der General-Synodalordnung vom 20. Januar 1871 und des Artikels 15, Abs. 2 des Gesetzes vom 3. Juni 1876 ecklärt die General-Synode si damit einverstanden, daß der endgültige Vertheilungsmaßstab für die Kosten der General-Synode dahin festgestellt wird, daß diese Kosten auf die Provinzen der Landes- Kirhe nach Maßstab der Gesammitileistung der evangelischcn Ge- meindemitglieder an Klassen- und klassifizicter Einkommensteuer auf- gebracht wrden." Auf Antrag des Gymnasial-Direktors a. D. Herbit (Halle) wurde weiter bes{lossen; „den Evangelischen Ober- Kirchenrath zu ersuchen, bei den Staatsbehörden dahin zu wirken, daß bei Festsezung der Ferien an höheren Schulen, einslicß- lid der Militärbildungsanstalten, thunlichst darauf Rücksicht genommen werde, daß den Schülern der Besuh des Goltes- dienstes, sowie die Sonntagsheiligung nit verkürzt werde.“ Der Hofprediger Schrader (Berlin) referirte hierauf über die Pfarr- wahl-Ordnung. Die diesbezügliche Kommission s{lägt folgende Aenderungen der Verordnung zur Auéführung des §. 32 Nr. 2 der Kirchen- Gemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 vor: „dem 8§. 2 hinzuzufügen: „Sind mehrere Gemeinden unter einem gemein|chaftlihen Pfarramt verbunden, so nehmen au die Vertretungen der zur Pfarrkirche gehörigen Kirchen privaten Pa- tronats an der Gemeindewahl Theil. Dem §. 3 ist folgendes Alinea beizufügen: „In Fällen, wo das kirchliche Interesse es wünschenswerth er|cheinen läßt, können mit Genehmigung des Gvangelischen Ober- Kirchenraths wahlfähige Personen mit dem erforderlichen Dienstalter 8. 4) auc dann, wenn sie noch nicht ordiuirt find, ia solche Pfarr- Bien berufen werden, deren Jahreseinkommen 3600 übersteigt. Der §. 5 ist folgendermaßen zu fassen: „Die Bewerbung ist nur beim Konsistorium, und zwar {{riftlich anzubringen. Dasselbe übersendet die eingegangenen Meldungen dem Gemeinde-Kirchen- rath. Den Geistlihen und Kandidaten is jedes Werben um Stimmen, sowiezjeder Versu, dur unwürdige Mittel auf die Wahl einzuwirken, bei Vermeidung disziplinarischer Ahndung ver- boten". Die beiden ersten Alineas des §. 6 sind folgendermaßen zu fassen: „Der Gemeinde-Kirhenrath hat unter Leitung des Super- intendenten alle zu einer guten Waßl erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Sowohl die vereinigten Gemeinde-Organe als auch der Gemeinde-Kirchenrath für sich können verlangen, daß die zur Besetzung der Stelle in Ausfiht genommenen Geistlihen und Kandidaten nach vorheriger _Abkündigung in den Gemeindekirhen des Gemeindebezirks eine Predigt und Katke- chisation halten. Die Wahl ist nicht auf diejenigen beschränkt, welche eine Predigt oder Katechisation gehalten haben,“ Dem Q ist Folgendes hinzuzufügen : „Hat der Geistliche nicht bereits vor der Wahl eine Gastpredigt gehalten und ist er auch sonst der Gemeinde nit {hon hinlänglih bekannt, so hat cine Probepredigt und Katecisatioa stattzufinden. Innerhalb zwei Wochen nach der ersten Bekanntmachung beziehungsweise nah der Probepredigt kann jedes Ge- meindcmitglied gegen Lehre, Gaben und Wandel des Gewählten und gegen die Geseßlichkeit der Wahl bei dem Superintendenten Ein- spruch erheben.“ 8. 11. „Der Gemeinde-Kirhenrath hat, nachdem der Gewählte angenommen hat, die Wablverhandlungen durch den Super- intendenten dem Konsistorium einzureichen, welhes über die Beru- fung des Gewählten befindet.“ Das Alinea 2 zu §. 13 ist folgender- maßen zu fassen: „Ecfolgt die erste Erledigung seit dem 1. Ja- nuar 1875 auf andere Weise als durÞd den Tod des Stelleninhabers, so wählt die Gemeinde in allen EGrledigungsfällen, welche bis zum 1. Januar 1881 eintreten; die Kirhenbehörde dagegen beseßt in allen gleîchartigen Fällen des darauf folgenden Kalender- s, In gleicher Weise findet vom 1. Januar 1882 ab ein jähr- icher Wesel zwischen der Beseßung mit und ohne Konkurrenz der Gemeindewahl bei den nicht durch den Tod zum ersten Male erledigs- ten Stellen statt.“ Dem §. 14 is hinzuzufügen: „Wird

die Berufung des Gewählten (§. 1h) in Folge der wider die Wahl erhobenen Einsprühe oder aus anderen Gründen von dem Konsistorium versagt, so muß eine Neuwahl binnen 6 Wochen vorgenommen werden. Hat auch die zweite Wahl die Genehmigung der Kirchenbehörde niht erhalten, so kann die Stelle von dem Konsistorium ohne weitere Kon- kurrenz ciner . Gemeindewahl beseßt werden.“ Der Referent befürwortete die Vorschläge der Kommission. Der Konsistorial- Präsident Hegel erklärte, er wolle seinen in der Kommission gestell- ten Antrag, die Wahl der Gemeinde auf drei von dem Konsistorium vorzuschlagende Kandidaten zu beschränken, nachdem ihn die Kom- mission abgelehnt, nit erneuern, fontern ihn nur dem Ober-Kirchen- rathe zur Erwägung anheimgeben. Der Superintendent a. D, Meinhold (Cammin) sprach si gegen das Gemeindewahlrecht aus und bedauerte, daß der Synodale Hegel seinen Antrag zurückgezogen habe. Nachdem noch der Superintendent Claser (Gr.-Wanzleben) und - der Konsistorial-Nath Leuschner (Merseburg) die Vorlage befürwortet hatten, bemerkte der Präsident Hermes: der Ober-Kirchenrath erblicke in dem Antrage Hegel cine Verfassungsänderung, zu der troß einiger beirübenden Vorgänge noch keine Veranlassung vorliege. Auch in dem Vorschlage dec Kommission vermisse das oberste Kirchenregi- ment den Nachweis der Drinzlichkeit. In der darauf folgen- den Spezialdiékussion wurden die E und 2 na Den Vorschlägen der Kommission und §. 3 Al. 2 in folgender Fassung an- genommen: „Sind mehrere Gemeinden unter einem gemeinschaftlichen Pfarramt verbunden, so nehmen die Vertretungen derselben, sofern nicht Rechte Dritter entgegenstehen, an der Gemeindewahl Theil. Darauf wird die Sitzung gegen 8+ Uhr Abends geschlossen. Nächste Sibung: heute, Nachmittags 6 Uhr.

Statistische Nachrichten.

Bei der Magdeburger Allgemeinen Versicherung s- Aktiengesellschaft Abtheilung für Uyfallversiherung kamen im Monat September 1879 zur Anzeige: 22 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben, 5 Unfälle, in Folge deren die Beshädigten noh in Lebensgefahr {weben, 33 Un- fâlle, welche für die V-erleßten voraussihtlich lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 502 Un- fälle mit voraussichtli h nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit. Summa 562 Unfälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das „Regierungs- und Nachricht3blatt für das Fürsteathum Shwarzburg- Sondershausen“; welhes sich die Pflege der Landesgeschichte sehr angelegen sein läßt, hat im Laufe des verflossenen und dieses Jahres eine Reihe von „Beiträgen zur Kenntniß der Beziehungen, welhe zwishen dem Prinzen Wilhelm T. von Oranien (dem Schweigsamen) und dem Grafen Günther XLI. von Schwarzburg und dessen Hause stattfanden", veröffeotliht, die für den Historiker von In- teresse sind, weil fie auf archivalishen Studien beruhen. Der Verfasser, Th. Irmisch, hat nämlich in dem fürstlihen Landesarhiv zu Sondershausen eine beträchtlihe Anzahl von Briefen des berühmten Oraniers (theils durchweg von seiner Hand geschrieben, theils von ihm unterzeihnet) an den Grafen Günther den Streitbaren (geb. 1529), sowie mehrere andere Schriftstücke vorgefunden, weihe von jenem herrühren oder sich auf ihn beziehen. Dieje Ur- kunden sind für eine eingehende Darstellung benußt, welche mit dem wichtigen Zeitabschnitte in dem Leben des Prinzen von Oranien beginnt, als er die von Philipp 11. von Spanien {wer bedrückten Niederlande verließ und sich nach Deutschland in die Grafschaft Nafsau-Dillenburg (jeßt zur preußischen Provinz Hessen- Nassau gehörig) begab, um bald von hier aus unter Verhältaissen, welche nur einen so willenskräftigen Mann, wie der Prinz es war, niht zu beugen vermochten, jenen wechselvollen, je do endlich fieg- reichen Kampf zur Befreiuag der Niederlande zu unternehmen, mit dem sein Name für alle Zeiten verknüpft sein wird. :

Graf Günther war, als sein Vatzr 1552, am 10. November, in Gehrea plößlich gestorben war, aus Lothringen, aus dem Kaiserlichen Lager vor Met, zurück nach seiner \{warzburgischen Heimath gegan- gen, zur Unterstüßung seiner Mutter und seiner jüngeren Geschwister. Im Dezember 1553 war er auf kurze Zeit am Kaiserlichen Hoflager zu Brüssel. Im Jahre 1554 nahm ec Kaiserliche Krtegsdienste in den Niederlanden, gegen die Franzosen. Als Anführer (Rittmeister) einer aus 400 Mann bestehenden Reiterschaar, die er niht ohne Mühe zusammengebracht hatte, ging er nach den Niederlanden. Er brach am 15 Juni (am Tage des heiligen Vitus) von Sondershausen auf; der Zug ging über Halberstadt, Gandersheim und Cöln nach dem Kriegsschauplaße. Unter dem 22. Juni 1554 ernannte der Kaiser den Prinzen von Oranien zum Befehlshaber von 5 Neit.re- \caaren („chief des bendes“), unter denen auch die des Grafen Günther von Schwarzburg aufgezählt wird; es heißt unter Auderm in der Bestallung des Prinzen, daß die Kapitäne und die Lieutenants jener Schaaren ohne sein Vorwissen Niemand Abschied geben follen. So kam denn der Graf zu dem Prinzen in eine bestimmte dienst- lihe Stellung. Aus diescr entwickelte sich bald ein näheres auf gegenseitiger Werthshäßung beruhendes, man darf sagen, freund- \chaftlihes Verhältniß, welches, unershüttert dur die mannigfacch wechselnden Schicksale des Prinzen, bis zu dem Tode beider Männer kaum jemals eine Störung erlitten hat. Dafür legea die Briefe des Prinzen an den Grafen ein zuverlässiges Zeugniß ab. i

Graf Günther trat aber auch in ein nahes verwandtschastliches Verhältniß zu dem Prinzen, indem er cine Schwester desselben, die Grâfin Katharina von Nassau (geb. am 29, Dezember 1543) heirathete. E |

Der erste Brief, welWer uns erhalten ift, ist vom 16. August 1556, der leßte bis jeyt bekannt gewordene vom 28. März 1575. Aus vielen erkennt man das hohe Vertrauen, welches der Prinz in die zuverlässige und rechtlihe Gesinnung des Grafen, in dessen Ur- theil und reihe Erfahrung und in dessen Gewandtheit in geschäft- lihen Dingen seßte. ; S s

Die Abhandlung {ließt mit urkundlihen Mittheilungen über den Todestag des Grafen Günther und über die Heimbringung seiner Leiche aus den Niederlanden. /

München, 26, Oktober. Die Internationale Kunst- ausstellung, welche heute Abend um 5 Uhr, nah gerade hundert- tägiger Dauer, ohne jede weitere Feterlihkeit ges{lossen wurde, war am heutigen Tage von der noch nit erreihten Zahl von 5160 Per- sonen besucht. Die Gesammtfrequenz wird inkl. der Saisonkarten ca. 220 000 betragen. Morgen begiant bereits die Auclieferung der Werke.

Land- und Forstwirthschaft.

Im Verlage von Wiegandt , Hempel und Parey hierselbst erschien soeben: ennen und v. Lengerke's verbesserter land- wirthschaftlicher Hülfs- und Schreib-Kalender auf das S(altjahr 1880, herausgegeben von Dr, Hugo Thiel, Geh. Reg.-Rath und vortragenden Rath im Königlichen Ministerium für Landwirth- \{ha#ft, Domänen und Forsten in Berlin, von Dr. Emil v. Wolff, Professor an der K. landw. Akademie und Vorstand der landw, Ver- fuchsftation zu Hohenheim (33. Jahrgang). Dieser altbewährte Kalendec, der [hon seit Jahren ein unentbehrlihes Vademecum vieler Tau- sender deutscher Landwirthe geworden ist, weist auch in diesem Jahre viele wesentlihe Verbesserungen auf. Als eine dankenswerthe Neue- rung muß es anerkannt werden, daß das AAPEMa e ove omn aus dem ersten Theil in den zweiten Theil gebracht wurde. Der Kalender trägt dadurch in der Tasche nicht so auf, und Herren, welche das Verzeichniß doch lieber bei sih führen, können die ihre Gegend be- treffenden Blätter mit Leichtigkeit aus dem zweiten Theil heraus- trennen und in den ersten Theil einkleben. Der ziveite Theil enthält neben den bekannten Zusammenstellungen der Tandwirthschaftlihen“ Vereine, Behörden Lehranstalten, neuen

Geseßen (darunter auß der neue Zolltarif), Genealogie der She regierenden Häuser u. |. w. eine größere Arbeit des Prof. Julius Kühn in Halle über die Frage: „Worauf soll sich der Landwirth bei seinen praktischen Futterbestimmungen stüßen?“ Dieser Aufsay ist wieder in der dem Verfasser eigenen Art geschrieben, welche, aus der vollen Wissenschaft \{chöpfend, doch namentli für die Praxis berechnet is, und in der That sollte es kein Praktiker unterlassen, diese auf die reisten Erfahrungen gestüßten Lehren über Fütterung sich zu eigen zu machen.

Gewerbe und Handel.

Unter dem Titel: „Deutshe Monatshefte zur Be- förderung der Erwerbsthätigkeit unsrer Gewerbe- treibenden; unter Mitwirkung bewährter Facbmänner heraus- gegeben von Karl Schröder“ ift im Verlaze von Franz Büching in Hof und Leipzig das 1. Heft des T. Bandes einer Zeitschrift er- schienen, welche es sich zur Aufgabe gestellt hat, „unter den Ge- werbetreibenden aller Branchen eine bessere Berufsbildung in tee - nischer, künstlerisher und wirthshaftliher Richtung durch interessante und gründlihe Abhandlungen technologischen, kunstgewerblichen, kulturhiftorishen, volkswirthschaftlihen und handelswissenschaftlichen Inhalts zu verbreiten." Monatlich soll ein illustrirtes Heft von 4 bis 5 Bogen Groß-Quart erscheinen und der Preis pro Heft im Jahresabonnement 8 H; einzeln 1 M betragen. Iede Nummer der deutschen Monatshefte wird, wie die Verlags- buhandlung mittheilt, in ihrem ersten Theile mindestens 4—5 Ah- handlungen enthalten und die obengenannten Wissenschaften, sowie die Jateressen der verschiedenen Gewerbe möglihst gleihmäßig berüd- sichtigen. Ferner soll die Zeitschrift Mittheilungen über neue Er- findungen und bewährte Verbesserungen aus dem Gesammtgebiete der Industrie und der Hauswirthschast bringen. Auch den Gewerbe- vereinen, den gewerblichen Lehranstalten, den gewerblihen und kunst- gewerblichen Ausftellungen, Museen, Mustersammlungen 2c. will die Zeitschrift ihre Aufmerksamkeit widmen. Ebenso will fie es als ihre Aufgabe ansehen, die Gewerbetreibenden mit den neuesten Geseßen und Verordnungen, welche das Gewerbewesen im Allgemeinen oder einzelne Zweige desselben betreffen, vertraut zu machen, und beahtens- werthe gewerb- und handelsgerichtliche Entscheidungen mitzutheilen. Ferner sollen die Leser von Preisausschreiben sowie von Chrenbezeu- gungen für hervorragende gewerbliche Leistungen in Kenntniß geseßt, jowie in jeder Nummer der Hauptinhalt der bedeutendsten technischen Journale und eine Uebersicht über neue Werke aus dem Gebiete der Gewerbe und Kunstgewerbe, der Technologie, Mechanik, Chemie so- wie der Hauswircthschaft mitgetheilt werden. Weiter soll auch über Patentertheilungen auf bedeutungsvolle Erfindungen berihtet und den Abonnenten auf Anfragen gewerblichen Juhalts Auskanft ertheilt werden. Als Beilage soll jedem Hefte dec „Deutschen Monatshefte“ ein illustricter Anzeiger für die Gewerbetreibenden Deutschlands bei- gefügt werden. Das erste vorliegende Heft der Zeitschrift enthält an größeren Abhandlungen folgende fünf: 1) Die Motoren für das Kleingewerbe, insbesondere der Hockshe Sparmotor. 2) Die Ar- beitsleistung des Menschen und der Zugthiere. 3) Die Grundzüge des gothishen Baustyls. 4) Die empfehlenswerthesten Methoden zur Vervielfältigung von Schriftstücken und Zeichnungen für geschäftliche E 5) Aus der Geschichte des deutschen Handwerkerstandes., Der

andwerkerstand bis zur Bildung der Züufte. Ein alphabetisches arti und Sachregister sol am Schlusse jedes Bandes beigegeben werden.

Hamburg, 29. Oktober, (W. T. B.) Gestern Abend ist von hervorragenden hiesigen und anderen Uktionären der Rheinischen Eisenbahn an die Direktion dieser Gesellschaft der Antrag ab- gegangen, eine außerordentliche Generalversammlung zu dem Zweck zu berufen, den von der Regierung vorgelegten Entwurf wegen Ver- staatlihung der Rheinishen Eisenbahn unter der Modifikation zu genehmigen, daß für die Aktien eine Rente von sechs und ein halb Prozent gewährt wird. Die Antragsteller repräsentiren ein Aktien- tapital von circa 23 Millionen Mark.

Antwerpen, 28. Okiober. (W. T. B) Wollmarkt. Schöne Buenos-Ayres-Wollen vielfah 5 höher. 2170 B. angeboten, 1489 B. verkauft.

New - York, 27, Oktober. (W. T. B.) Weizenver- \chiffungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der Vereinigten Staaten: nach England 253 000, do. nach dem Kontinent 180 000, do. von Kalifornien und Oregon na England 100 000 Qrtrs., Vifible Supply an Weizen 23 187 000 Bufhel, do. do. an Mais 10 562 000 Bushel.

Verkehrs-Anstalten. New-York, 28. Oktober. (W. T. B) Der Dampfer „England“ von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier einge“r27ca.

Berlin, den 29. Oktober 1879.

Bei dem Post- und Telegraphenamte auf der Berliner Gewerbe-Ausfstellung sind während der Dauer der leßteren 58 428 Sendungen behandelt worden, nämlih 36 828 zur Einlieferung gekommene und 14 418 bestellte Briefe, Postkarten, Drucksahen und Waarenproben, 1598 Rohrpofst- sendungen, 4157 Telegramme und 1427 Postanweisungen im Gesammtbetrage von 75 653 M

Bonn, 25. Oktober. (Bonner Ztg) Das Scchumann- Denkmal ist nunmehr aus Carrara unverseßrt hier angekommen. Der vcergerückten Jahreszeit wegen hat jedoch das Comité für das Schumann-Denkmal beschlossen, die feierlihe Enthüllung erst im nächsten Frühjahr vorzunehmen.

Im Residenz-Theater ging gestern A. Dumas Schau- spiel „Der natürlihe Sohn“ in einer neuen Bearbeitung von Paul Lindau in Sceae. Das Stück ¿ählt gegenwärtig bereits ein Alter von 21 Jahren; es erschien zuerst im Jahre: 1858 auf der Bühne des Theater du Gymnase in Paris, und ist seitdem in ver- schiedenen Uebertragungen auf deuische Bühnen übergegangen und auch von den französischen Theater-Gesellshaften im Saak-Theater des Königlichen Schauspielhauses wiederholt aufgeführt worden. Dasselbe gehört noch jener älteren Produktionsperiode des fruchtbaren Schrift- stellers an, in welcher er, ungeachtet allen Realizmus, doch die Grenzen der poctischen Schönheit und Wahrheit einzuhalten be- müht war. Leo fils naturel zeigt die bedeutende Begabung des Dichters sowohl in der dramatischen Struktur des Stückes, wie in der Zeichnung der agirenden Personen und dem gefeilten sorgfältigen Dialog. Diese Vorzüge des Originals kommen in der

eshickten Bearbeitung von Lindau zu Giranvs Geltung, doch

hâtte der Ueberseßer wohl daran gethan, einzelne anstößige Stellen des Originals zu beseitigen oder doch zu mildern, anstatt dieselben mit augensceinlihem Behagen und felbstgefälliger Breite aus- zumalea. Die Darstellung war eine sorzfältig vorbereitete und abgerundete, im Einzelnen wie im Zusammenspiel wohl gelungene. Die Titelrolle spielte als Gast Hr, Paul, ein junger Künstler von bemerkenswerthem Talente, den vornehmlih cin wohl- klingendes und gut ausgebildetes Organ auszeichnet, während Mimik und Bewegungen noch den Anfänger verrathen. Hr. Defsoir gab die Rolle des Advokaten Hippolyte Frossard mit ansprehender Wärme und vielem Humor. Bon den älteren Mitgliedern des Residenz-Theaters zeichneten sich die Herren Keppler und HaakFia den Partieen des Charles Sternay und des Marquis d’Ongebac durch charakteristishe Juadividua - lifirung aus. Au die Frauenroilen wurden dur die Damen Fr. Ernst (Marquise d’Ongebac), und den Frls. Castelli (Hermine), Wienrich (Henriette Sternay) und Lacroix (Clara Vignot) so wirk sam dargestellt, daß die Aufführung einen recht günstigen Eindruck machte und von dem zahlreih ers{ienenen Auditorium wiederholt mit lebhaften Beifalltbezeugungen begleitet wurde.