1879 / 266 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Nov 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamlfliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 12. November. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski und hierauf in Gegenwart des Kommandanten militärishe Meldungen ent- gegen. Später empfingen Se. Majestät den Legations- Sekretär von Bülow, der die Orden seines Vaters, des ver- ewigten Staats-Ministers von Bülow, zurückreichte, und den nah Rom als Militär-Attaché kommandirten Major von Vil- laume vom Generalstabe.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage. :

Jn der heutigen (8.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlihen Ar- beiten Maybach, sowie der Finanz - Minister Bitter und zahl- reihe Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß ein Gesetzentwurf, betreffend den Ankauf der Hom- burger Eisenbahn, eingegangen sei.

Darauf wurde die erste Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend den Erwerb mehrerer Privateisenbahnen für den Staat, fortgeseßt. Der Abg. Kieschke führte aus, daß die Vorredner die finanzielle Tragweite dicser Vorlage niht genügend gewürdigt hätten, da fe die nothwendigen Konsequenzen derselben, die nothwendig werdende Erwerbung weiterer Bahnen, nicht berülsichtigten. Er shäße den Betrag, über welchen man jeßt beschließe, auf circa 2200 Millionen Mark. Die Frage stelle sih so, ob man ein Monopol des Staates wolle obe Kontrole, oder ein verschiedenen Konkurrenz- unternehmen ertheiltes Monopol unter Aufsicht des Staates. Der Werth der zu erwerbenden Bahnen sei nicht genau fest- zustellen, und deshalb auch s{hwer zu beurtheilen, ob der vom Staate zu zahlende Preis ein angemessener sei; nament- lih sei die gestern vom Regierungskommissar betonte Steigerung der FJntraden bei denselben durhaus noch niht zu übersehen. Der Redner bestritt die Behauptung des Ministers, daß eine Centralisirung der Eisenbahnen in der Hand des Staates ihre Leistungsfähigkeit im Kriegsfalle erhöhen würde; schon jeßt sei diese Centralisirung für mili- tärishe Zwecke vorhanden. Der Cours der in Rede stehenden Bahnaktien regulire ih jeßt niht nach den Jntraden der Bahnen, sondern werde durch die Börsenspekulation festgestellt. Allerdings dürfe man sich in Eisenbahnangelegenheiten nicht stricte nah der Analogie anderer Länder richten, sondern hier- für müßten unsere eigenen Verhältnisse allein maßgebend sein. Ein solcher Einfluß, wie ihn die großen Privateisenbahn- gesellshaften in Frankreich ausübten, würde in Deutschland unerträglih sein. Aber die hier in Nede stehenden Unter- nehmen seien niht so groß, daß sie solhe Uebelstände berbeishren Tonnten abx doch groß und potent genug, um allen an sie gestellten Ansprüchen genügen zu Tfónnen. Eine«centralistishe Verwaltung aller dieser Bahnen

würde unendlickche Schwierigkeiten darbieten und die davon erwar-

teten Ersparniße würden ausbleiben. Die Garantien, welche

man gegen die Gefahren des Staatsbahnsystems zu schaffen suche, halte ex für unwirksam.

Der Abg. von Rauchhaupt sprach dem Minister den Dank aller Anhänger des Staatsbahnsystems dasür aus, daß er dieses System in so vorzüglicher Weise zu realisiren suche. Seine Partei verstehe die von dem Atg. Reichensperger aus-

gesprochenen Zweifel, aber die stärksten Zweifler seien auh oft die stärksten Gläubigen geworden, und das hoffe er au in diesem Falle vom Centrum. Die Konserva3- tiven stimmten für diese Vorlage im öffentlichen Jnteresse des Landes, dessen Begriff ihnen nicht wie der Fort- schrittspartei abhanden gekommen sei. Die Frage des Staatsbahnsystems sei mit dem Beschluß über Berlin-Wetßlar entschieden worden. Diese Bahn sei von den Privatbahnen mit solhen Machinationen bekämpft worden, daß der Minister wohl bei der Erwerbung von Privatbahnen durch Limitirung des Preises die Kosten dieser Bahn wieder einzubringen suchen dürfe. Der Staat müsse diese Bahnen acquiri- n, Um die Nentabilllat einer kostbaren Bahnen zu sihern und um die ungejunde Konkurrenz des Staates gegen von ihm privilegirtes Privatkapital zu beseiti- gen. Er könne die Befürchtungen des Abg. Reichensperger wegen der Gefahren des Staatskredits und des Staatshaus- halts, welche durch diese Vorlage hervorgerufen würden, nicht in demselben Maße theilen. Allerdings vermisse auch er eine Nach- weisung darüber, welche finanzielleu Opfer die weitere Durchsüh- rung des Staatsbahnsystems dem Staate noch auferlegen werde. Seine Partei werde niht leichtsinnig über diese Bedenken hinweggehen , sondern nach geeigneten Ga- rann Uen. Wedex- halte ex den Preis den dexr Staat für die in Rede stehenden Bahnen zahlen solle, für zu hoh, noch befürchte er, daß diese Bahnen das Anlagekapital in Zukunft niht verzinsen würden. Entweder dur cinen Eisenbahnrath aus Mitgliedern beider Häuser des Landtages oder alljährlih bei dem Etat müßten die Tarife im Großen festgestellt und die Verzinsung und Amorti- sation dieses großen Eisenbahnfonds in sich geregelt wer- den. Aus dem strategishen Gesichtspunkt könne man feine Gründe gegen die Privatbahnen herleiten, wohl aber vom volkswirthschaftlichen. Das Verhältniß der Tarife zum Zolltarif sei hier ausshlaggebend und werde es wohl au für das Centrum sein. Die Tarife der Eisenbahnen könnten, je nahdem sie vom Staate geregelt werden oder nit, die Wirkungen der neuen Zölle entweder befestigen oder aufheben. Die Jndustrie dürfe nicht abhängig bleiben von der Willkür der Privatbahnen, denn deren s{chwankende Tarif- säße trügen große Mitschuld an unserer jeßigen wirthschaft- lihen Kalamität. Die Möglichkeit der Gewährung von Refaktien 2c. sei bei den Privatbahnen durch keine Kontrole abzuschneiden und berge s{hwere sittlihe Schäden für das Volk. P stimme er im öffentlihen Landesinteresse für die orlage.

Bei Schluß des Blattes hatte der Abg. Richter das Wort.

Der General - Lieutenant von Bülow, Jnspecteur der 2. Feld-Artillerie-Jnspektion, ist zum General-Jnspecteur der Artillerie ernannt, der General-Lieutenant von Dresky, bisher Jnspecteur der 4. Feld-Artillerie-Fnspektion, in gleicher Eigenschaft zur 2. Feld-Artillerie-Jnspektion verseßt und der General-Lieutenant von Voigts-Rhet, bisher Direktor des

Allgemeinen Kriegs-Departements, zum Jnspecteur der 4. Feld- Artillerie-Jnspektion ernannt worden.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Granatkiewicz in Wongrowiß, Dr. Münscher in Letschin, Dr, Kersten in Neudamm, Dr. Raßlaff in Pollnow, Dr. Hell- weger in Rügenwalde, Dr. Gaczkowski in Naßebuhr, Dr. Spiegel in Bubliß und Dr. Behrens in St. Fohann.

Cassel, 11. November. Jn der heutigen Sißung des Kommunal-Landtages erfolgten zunähst ge- \chäftlihe Mittheilungen und sodann die Wahlen für einen Legitimationsaus\{uß, einen Eingabenauss{huß, einen Haupt- aus\chuß, sowie einen zur Berathung des Reglements für die Eo ias zu bestellenden besonderen Aus\{uß.

Bayern. München, 11. November. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer berieth heute die NRückäußerung der Kammer der Reichsräthe über das Eisenbahngeseß. Der Antrag des Ausschusses auf Wiederherstellung ds Ar- tikels 1 des Geseßentwurfs wurde nah langer lebhaster De- batte mit 77 gegen 69 Stimmen abgelehnt. Die Berathung wird morgen fortgeseßt.

Hesterreich - Ungarn. Wien, 10. November. Die „Presse“ meldet: S Majestät derx Kaiser trifft am Donnersiag in Wien ein. Die Ankunft des Königs und der Königin von Dänemark steht nächster Tage in Aus- sicht; über den Besuch des russishen Thronfolger- paares liegen keine positiven Meldungen vor.

11. November. (W. T. B.) Das Unterhaus hat heute den Grafen Coronini als Präsidenten und die Abgeordneten Smolka und Goedel als Vize-Präsidenten wiedergewählt. Der Kandidat der Liberalen für die Posten des ersten und zweiten Vize-Präsidenten, Klier, blieb bei der Wahl beide Male in der Minorität.

Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Philippopel, daß der General-Gouverneur von Ostrumelien, Aleko Pascha, einer persönlichen Einladung des Sultans folgend, morgen nah Konstantinopel abreisen werde.

Pest, 11. November. Jm Unterhause sprachen bei der Debatte über die Vorlage, betreffend die Verwaltung Bosniens Simonyi und Szilogyi gegen, Eber für die Vor- lage. Die beiden Ersteren brachten Anträge ein, dahin gehend, die Vorlage nicht als Basis für die Spezialdebatte anzunehmen.

Großbritannien und Jrlaund. London, 10. No- vember. (Allg. Corr.) Das irische Armenverwaltun g s- amt hat der Negleuia einen Bericht Uber die Lage Frlands erstattet. Es heißt darin, die Kartoffelernte sei allenthalden quantitativ und qualitativ mißrathen, und dies werde, gepaart mit dem durch das nasse Wetter verursachten Mangel an Torf, als eine der Hauptursachen des herrschenden Nothstandes betrachtet, der, wie gefürchtet wird, während des Winters [und Frühjahrs seinen Höhepunkt erreichen dürfte. Die Arm&iverwaltung eywarteß eine große FJnanspruhnahme der Armetnhäuser. falls" mht Bechäftigung für die arbeitenden Klafssén gefunden werde. Dek Pauperismus sei allenthalben in der Zunahme begriffen, am meisten in der Provinz Ulster.

Aus der Capstadt wird über Madeira unter dem 21. Oktober berichtet: Die Feindseligkeiten gegen Sec0o- coeni sollen wieder aufgenommen werden, wenn dieser si weigert, den britishen Behörden sih zu unterwersen. Sir Garnet Wolseley ist auf der Reise nah Secocoeni's Land. Oberst Lanyon ist von Middleburg, dem Schauplaße der jüngsten Ausschreitungen der Boers, nach Pretoria zurück- gekehrt. Die Theilnehmer an der Munitionsbeshlagnahme jollen wegen Naubes verfolgt werden. Mr. Gordon Sprigg, der Sekretär der Capkolonie, wohnte einer am 16. Oktober in Basutoland abgehaltenen, sehr zahlreich besuhten Versamm- lung bei. Ungefähr 10 000 Eingeborene waren zugegen; es herrschte die größte Ordnung, und gegen die britishen Be- hörden wurde allgemein eine loyale Gesinnung bekundet.

Ueber den Aufstand im Naga-Gebirge wird aus Simla unterm 6. ds. telegraphirt: Major Evans kam am 30. v. M. mit einem 200 Mann starken Detachement des 43. Eingeborenen-Fnfanterie-Negiments in Kohima an, kehrte aber, da er die aus regulären und Munipore-Truppen be- stehende Streitkraft unter Oberst Fohnstone daselbst fkampirt und reihlich verproviantirt fand, nah Samaguting zurück.

Türkei. Konstantinopel, 10. November. (Pest. L.) Midhat Pascha hat seine Demission definitiv zurückgezogen. Die Ernennung Baker Paschas zum Kommandanten der Gensd'armerie in Armenien steht bevor.

Pra, 10. November, Der W. „Pr.“ wird von hier ge- meldet: Lobanoff hatte vorgestern eine Konferenz mit Said und Mahmud Nedim und wurde dann vom Sultan empfangen. Lobanoff kündigte bei der Audienz dem Sultan seine baldige Verseßung nach London an. Die Pforte beabsichtigt, den Posten der Kadi-el-Asker (Oberrichter) für Anatolien und Rumelien abzuschaffen und an deren Stelle zwei oberste Gerichtshöfe mit mohamedanishen und chrisilihen Richtern einzuseten.

Griechenland, Athen, 1. November. (Pol. Corr.) Die Thronrede, mit welcher dex König heute die Session der Kammer persönlich eröffnete, lautet wörtlih, wie folgt:

„Meine Herren Deputirten! Mit Vergnügen sehe ih die Ver- treter der Nation, welche durch das freie und unbeeinflußte Voturu des Volkes entsendet wurden, um mich versammelt. Auch diesmal hat das griechische Volk durch die in Ordnung, Freiheit und Gesetz- lichkeit vollzogenen Wablen das in dasselbe geseste Vertrauen gerecht- fertigt und bewiesen, daß es der ihm gewordenen civilisatorischen Mission würdig ist. ib e Beziehungen zu den auswärtigen Mächten sind freund-

aftlich.

Der im verflossenen Jahre zur Regelung der orientalis{hen An- gelegenheiten zusammengetretene europäishe Kongreß hat auc Griechenland seine Fürforge zugewendet. Meine Regierung hat sich seitdem unausgeseßt mit der Verwirklichung der vom europäischen Kongresse angedeuteten Lösung beschäftigt. Die eben stattfindende Berathung dieser Angelegenheit gestaltet si, indem sie sih nunmehr den praktishen Fragen zuwendet, gedeihliher. Ich hege die Ueber- zeugung, daß die großen wechselseitigen Interessen der beiten benach- barten Reiche und die Beihülfe der Signatarmächte des Berliner Vertrages die gegenwärtigen Verhandlungen zu einem gedeihlichen Ende führen werden, damit das Ziel erreiht werde, welches jener Kongreß vorgezeichnet E

Die Opfer, welchè zu Gunsten des finanziellen Kredits Griechen- lands gebracht wurden, sind glüccktlicher Weise nicht vergeblich ge-

wesen, und die Vollenduyg der begonnenen Konvertirung der alten Anlehen wird unseren Kredit befestigen. .

Die Regelung der finanziellen Angelegenheiten des Landes, die Organisirung und Entwickelung der militärischen und maritimen Streitkräfte der Nation, die Förderung des Ackerbaues, die Ver- besserung unseres Gefängnißwesens, die Entwickelung der Kommus- nikationsmiitel, die Verbesserung unseres gegenwärtigen Unterrichts- \systems und der Verhältnisse des Klerus sind (egenstände, welche des besonderen Studiums der Vertreter der Nation werth find, und meine Regierung wird Ihnen hierauf bezügliche Geseßentwütfe unterbreiten.

Griechenland, das unablässig seiner geistigen und materiellen Entwicklung zustrebt, hat die Pflicht, sih auch mit der militärischen Ausbildung und der entsprechenden Bereitschaft der Nation zu be- fassen. Das Lolk hat die Beistellung der hierzu erforderlichen Mittel, fo oft dieselben von ibm verlangt wurden, niemals verwei- gert, denn es weiß, daß das wesentlihe Element, welches die Stel- lung eines jeden Volkes regelt, die Stärke ist. Die erleuchtete und patriotis%e Fürsorge, welhe die Kammer diesem G. genstande widmen wird, wird von d:n Segen8wünschen dcs Vaterlandes be- gleitet sein. é

Indem ih den Veistand des Allerhöchsten für unsere auf das Wohl des Vaterlandes und die öffentlichen Interessen gerichteten Bemühungen erflehe, erkläre ic die erste Session der achten parla- mentarischen Periode für eröffnet.“

Nußland und Polen. St. Petersburg, 10. No- vember. Die Expedition zur Untersuchung der Frage, ob man den Amu-Darja in das Kaspische Meer leiten Tonne, Uh Der Tuben „Sl. Per, p10 zufolge; bereits aus St. Petersburg abgereist. Das Ober-Kommando derselben i dem General A. F. Gluchowski anvertraut, welchem sowohl die Glieder der Expedition, als die Mann- schaften des zum Schuße derselben bestimmten Detachements untergeordnet sind. Als Ober-Jngenieur is Seitens des Ministeriums der Wege-Kommunikation der Fngenieur Holm- rent cunannt worn U Guan nd e e genieure Bole, Swischtshof} und caksimowiish be- timmt. Vom KautafuUs ill dexr Jngemeur Hellmann, von Turkestan der Kapitän Roop entsendet. Der Fürst Ge- droiß wird in der Eigenschaft eines Geologen an der Evxpe- dition theilnehmen. Dieselbe begiebt sich zunächst in das Delta des Amu-Darja und beginnt sofort die Untersuchung des Flußlaufes und des Terrains, sowie die zur Entscheidung der Frage über die Möglichkeit der Leitung des Flusses aus dem Aralsee in das Kaspishe Meer nothwendige Nivellirung. „Dieses Unternehmen“, sagt die genannte Zeitung, „wird eines der grandiosesten Werke unseres Jahrhunderts und eine der denkwürdigsten Thaten unserer Generation sein. Wenn es gelingen sollte, eine ununterbrochene Verbindung St. Peters- burgs mit dem turkestanshen General-Gouvernement herzu- stellen, so würden, ganz abgesehen davon, daß es der längste Wasserweg auf dem ganzen Erdball wäre, unermeßliche Vor- theile durch diesen Handelsweg gewonnen werden. Nach zwei, drei Jahren werden die Arbeiten der Herren Gluchowski und Holmstrem die Frage entschieden haken, ob dieses Werk reali- \irbar ist oder der Traum bleiben wird, welcher {hon zwei cFahrhunderte lang die Geister der hervorragendsten Staats- männer beschästigt hat und noch beschäftigt.“

Dänemark, Kopenhagen, 9. November. (Hamb. Nachr.) Jn drei langen Sißungen hat das Folkething nun bereits das Heeresgeseß berathen, und noch ist das Snde' der Diskussion niht abzuschen. Für morgen sind bereits 6 Redner eingezeichnet, und es läßt sih daraus \chlie- ßen, daß es noch mehrerer Sizungen bedarf, ehe man mit dieser Berathung, die einen wesentlich politishen Charakter angenommen, zu Ende kommt. Berg hat sich dem Gesetze bedingungsweise günstig gegenübergestellt. Zunächst wird das Heeresgeseß nun an cinen großen Ausschuß gelangen.

Amerika. New-York, 8. November. (Allg. Corr.) Aus Neu-Mexik o wird gemeldet, daß die Bun destrup- pen sämmtliche marodirenden Fn dianer nah Mexiko hinein vertrieben haben, wo es ihnen nah einem scharfen Gefechte gelang, sie zu zerstreuen.

Landtags- Angelegenheiten.

__ Begründung des Ge]epenlwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privateisenbahnen Tue Den Sa:

(Fortsetzung.)

Reklamationen.

In welchem Maße die bei dem Bestehen vieler kleiner Berwal- tungen unvermeidliche Vielschreiberei und Vielregiererei ciner exakten Geschäftsführung hinderlich ist, zeigt sih vornehmlich bei der Erledi- gung der Reklamationen aus den Verbandsverkehren. Dcm verkehr8- treibenden Publikum is es zwar genau bekannt, wie lange die Er- ledigung einer Reklamation, bei welcher mehrere Verwaltungen be- theiligt sind, in den meisten Fällen auf sich warten läßt, daß diese Verzögerung jedoch nur selten ihren Grund in wirklicher Ver- \{leppung der Angelegenheit hat, bleibt demselben unverständlich. Und doc erklärt sich dieselbe hauptsächlich aus dem Umstande, daß die Regu- lirung eine Vereinbarung der sämmtlichen betheiligten Bahnen erfordert. Leßterer geht regelmäßig eine genaue Prüfung und Untersuchung Seitens der einzelnen Verwaltungen für ihre an dem Transport betheiligten Strecken vorauf. Daß diese Verhandlungen trotz des für die deutschen Bahnverwaltungen bestehenden Uebereinkommens über die Behand- lung derartiger Reklamationen, resp. über die Vertheilung der Schadenersaßpflicht, sowie über die Verschleppung von Gepäck und Gütern, in irgend erheblichen Fällen nur selten zu einer Einigung der betheiligten Bahnen über die Ersaßpflicht führen, ist bei den widerstreitenden Interessen nur zu erklärlih. Oft aenug bedarf es der Herbeiführung eines \chiedsrichterlichen Spruches, um eine An- gelegenheit zwischen den f\treitenden Verwaltungen zur Entscheidung zu bringen, welche bei einer einheitlihen Verwaltung niemals hätte in Frage kommen können,

Neben zahlreichen, mit Dußenden von Beamten beseßten Rekla- mationsbureaus, welche sich der Bearbeitung diescr Reklamationen zu unterziehen haben, erfordert die Behandlung um Erlcdigung der- selben eine weitere, sehr viel erheblichere Mehrausgabe an Betriebs- kosten durch den Umstand, daß auf allen Uebergangsstationen nah fremden Bahnen von jeder Verwaltung Vorkehrungen zu treffen sind, um in geeigneter Weise die Uebergabe und die Beschaffenheit des übergehenden Gutes festzustellen. Es liegt jedoch in dieser Mehr- aufwendung nur ein geringer Theil des unwirthschaftliden, an und für sich völlig entbehrlichen Kostenaufwandes, welchen die Sonderung der Betriebseinrichtungen der sih durchkreuzenden und \ystemlos ver- \c{lungenen Linien verschiedener Verwaltungsgebiete mit sich bringt.

Uebergangs stationen.

Allein in Preußen sind 175 Stationen vorhanden, auf welchen die Linien der verschiedenen Bahnverwaltungen fich berührcn und ein Uebergang von Personen resp. Gütern von der einen auf die andere Bahn stattfindet. In dieser Zahl sind die Uebergabe-Bahnhöfe an der Landesgrenze, die Bahnhöfe der Berliner Verbindungsbahn, #0 wie diejenigen Berührungspunkte, an welchen nur Staatsbahnen zu° sammenstoßen, nit einbegriffen.

E t R L O I I

Auf einem großen Theile dieser Uebergangé punkte ist der Be- triebsdienst der einzelnen Verwaltungen (es kommen deren häufig 3 und 4 selbst 5 in Betracht) selbständig und gesondert. Vielfach sind die Bahnhöfe getrennt und zur größten Belästigung des reisenden Publikums in beträchtlicher Entfernung von einander belegen. Auf anderen Stationen hat bei einem gemeinscaftlichen Stationsgebäude eine jede Verwaltung ihren gesonderten BVilletschalter, ihren besonderen Ge- päckraum, ja möglichst noch ihre besonderen Wartesäle. Getrennte Güterbahnhöfe mit ihren besonderen Ladevorrichtungen, getrennte Gütershuppen und Gütererpeditionen nebst den im Bau und Be- triebe höchst kostspieligen Uebergabegeleisen bestehen dort, wo einer der vorhandenen Bahnhöfe für den Dienst völlig ausreichen würde. Jede Verwaltung hat ihren besonderen Rangirdienst mit besonderem Personal, ihren besonderen Vorspann- und MReservelokomotivdienst mit besonderen Maschinen, ihre eigenen Wagenrevisoren, welche zu gleicher Zeit dieselben Wagen revidiren! Freilich sind die Ver- waltungen bestrebt, zur Verhinderung des unsinnigen Kostenauf- wandes auf der einen oder anderen Station für einzelne Dienst- zweige einen gemeinscbaftlihen Betrieb zu organisiren, Wenn es nach langen Verhandlungen gelingt, ein solches Gemeinschaftsver- hältniß in weitläufigen und komplizirten Betriebsverträgen zu ver- einbaren, so hat dasselbe fortgeseßt umständliche und kotspielige Ab- rechnungsarbeiten und unerquickliche Streitigkeiten zur Folge. Durch die Vereinfachung dieses fast überall mit doppelten Kräften besetzten UVebergangsverkehres, durch die Herstellung zwecentspre{ender Be- triebseinrihtungen, durch die Zusammenlegung und rationelle Gliede- rung des Dienstes kann zweifellos ein enormer Kostenaufwand erspart werden, wenn es auc zur Zeit niht möglich ift, die Ersparnisse, welche durch eine einheitlihe Regelung des Dienstes auf sämmtlichen 175 preußischen Uebergangsstationen erzielt werden könnten, ziffer- mäßig zu veranschlagen.

agendis8position und Wagenausnut ung.

Die nawtheiligen Folgen der Zersplitterung des Eisenbahnbe)itzes macben sich ferner darin geltend, daß es an einem einheitlichen Wagenpark fehlt, vielmehr eine jede Verwaltung neben der eigenen Bahn auch nod ihre eigenen Wagen besißt, über welche sie fast un- beschränkt und lediglich ihrem eigenen Interesse entsprechend verfügt. Zwar besteht in Uebereinstimmung mit der Vorschrift des Art. 44 der Deuischen Reichsverfassung, nach toelchem der Uebergang der Transportmittel von der einen Bahn auf die andere gegen die übliche Vergütung gestattet werden soll, cine Vereinbarung über die gegen- seitige Benußung der verschiedenen Wagenpa1ks in dem sfogenannten Wagenregulativ. Diese Einrichtung hindert jedo nicht, daß bei der Vielheit der Wagenverwaltungen nicht nur eine erhebliche Vermeh- rung des Verwaltungspersonals, sondern au eine mangelhafte Aus- nußung der Wagen selbst herbeigeführt wird.

Selbstverständlih kann die Benutzung der Wagen durch fremde Verwaltungen nit unentgeltlich erfolgen, vielmehc muß dem ECigen- thümer eine bestimmte Vergütung gewährt werden, welhe sih nah den Bestimmungen des gedachten Negulatios aus einer Zeitmiethe und aus einer Laufmiethe zusammenseßtzt; erstere entspricht der Ent- schädigung für die Zeit, während welcher der Wagen der Benußung des Cigenthümers entzogen ist, leßtere ist eine nach der Länge der durhlaufenen Strecke bemessene Vergütung für die Ab- nußung. Für den Zweck der gegeaseitigen Berechnung dieser Wagenmiethen ist es erforderlih, genau zu fkontroliren, wie lange und wie weit jeder einzelne Wagen in jedem einzelnen Falle auf fremden Bahnen gelaufen ist. Demgemäß muß mindestens guf der UVebergangsstation sowie auf der Endstation, von welcher der Rücklauf beginnt, der Abgang und die Ankunft des Wagens genau notirt und an die Abrechnungsstelle rapportirt werden. Wie bedeu- tend diese gegenseitige Benußung der Wagen ift, erhelt daraus, daß beispielsweise von den 12333 Güterroagen, welche die Rheinische Eisenbahngesellschaft im Jahre 1878 besessen hat, tägli durchs{chnittlich 2098 Wagen auf fremden Bahnen gelaufen sind, sowie daß täglich 2347 rheinishe Wagen auf frende Bahnen übergegangen, resp. fremde Wagen von der genannten Verwaltung über- nommen find. Bei cinem einheitlih2n Betriebe der inländischen Bahnen würde die Notirung und Napportirung dieser Wagen, sowie die mit den Geschäften der Abrechnung betrauten Wagenkontrolen nebst ten Centralabrechnungsstellen, bei welchen im Fahre 1877 allein für die preußischen Bahnen gegen 15 Miklionen Mark Wagen- miethe zur Liquidation gebracht sind, vollständig entbehrlich werdea, so daß nur ein geringes Personal zur Regelung der ordnungsmäßigen Cirfkulation des Wagenparïs innerhalb des einheitlichen Verwal- tung8gebietes erforderli bliebe. Gleihfalls würde die vielfache Kosten und Transportver;ögerungen verursachende Feststellung der Beschädigungen der Wagen, sowie die gegenseitige Liquidirung der Reparaturkosten, welche in den Werkitättenbureaus dec einzelnen Verwaltungen ein großes Beamtenpecsonal beschäftigt, vollständig in Wegfall kommen.

In welchem Grade die rationelle Ausnußzung der Wagenparks durch die vielen verschiedenen Eigenthümer behindert, und wie sehr hierdurch die Leistungsfähigkeit des rollenden Materials herabgedrüt wird, beweisen folgende Zahlen: Im Jahre 1877 sind auf sämmt- lichen preußischen Bahnen 3681 Millionen Wagenachskilometer durh- laufen, hiervon waren nur 2338 Millionen beladen, dagegen 1343 Millionen unbeladen. Es hatten mithin von sämmtlichen Güter- wagen über 4 keine Ladung. Bei dem vereinigten Magdeburg- Halberstädter und Hannover - Altenbekener Unternehmen war das Verhältniß für das Jahr 1878 noch ungünstiger, indem 175 Millionen Wagenachskilometer beladen und 103 Millionen unbeladen gefahren wurden.

G8 ist zwar in den Verhältnissen begründet und nicht zu ändern, daß die Massentransporte zum größtea Theil nur in eine Richtung sih bewegen. Die Kohlenreviere, in welchen meistens zuglei eine entwickelte Eisenindustrie vorhanden ist, versenden ihre Produkte na allen Richtungen, während ein für Kohlenwagen pass-nder Rück- tran®port nur selten_in genügeadem Maße sih findet. Große Städte empfangen ihren Bédarf an Bieh in eigens dazu konstruirten, für andere Trans ortgegenstände nicht verwendbaren Wagen, welche leer zurücklaufen müssen. Bei den Seehäfen ist das Mißverhältniß zwischen Cinfuhr und Ausfuhr der natürlihe Grund, daß in ciner Richtung die Wagen vorzugsweise beladen, in der entgegen- geseßten leer laufen. Hauptsächlich jedoch ist die geringe Ausnußzung der Güterwagen auf die beschränkte Benußungsmöglichkeit der beladen eingehenden oder leer transitirenden Wagen zurückzuführen. In ver- kehrsreihen Zeiten, wenn das Gespenst des Wagenmangels droht, sucht jede Verwaltung ihre Wagen jo bald als möglich zurüczuerhal- ten, während in den verkehrsarmen Zeiten des Ueberflusses an Be- triebsmaterial jede Verwaltung, der an die Eigenthümerin zu zah- lenden Gebühr wegen es zu vermeiden sucht, fremde Wagen länger als nôthig für fih zu gebrauchen.

Diese Grwägungen haben zu der regulativmäßigen Benußung der Güterwagen innerhalb des Vereins der deutschen Eisenbahnver- waltungen geführt. Hiernac gehen zwar, entsprechend der Vorschrift im Art. 44 der Reichsverfassung, die einmal beladenen Wagen unbe- {ränkt bis zur Bestimmungs|tation durch, die Wiederbeladung auf der fremden Bahn ist jedoch durch die Bestimmung eingeschränkt, daß dieselbe nur zu Transporten nach der Heimathbahn oder nach Ep A I e darf.

Vie üblen Folgen dieser unter den jeßigen Verhältnifsen unent- behrlichen Vorschrift, welche an sih {on geeignet ist, e Nutzbar- machung fremder Wagen auf das Erheblichste zu beeinträchtigen, werden durch die praktishe Handhabung derselben noch verschärft. In Zeiten des Wagenüberflusses, wie gegenwärtig, verwenden die Verwaltungen, ohne Rücksicht darauf, ob fremde Wagen vorhanden sind oder niht, zu Transporten nah fremden Bahnen, soweit irgend mögli, nur die eigenen Wagen, um dur die Wagenmiethe eine, wenn auch nur geringe Rente aus ihrem Wagenpark zu ziehen. Auch die Stationsbeamten haben, weil für jede den Vereinbarungen nicht entsprehende Benutzung fremder Wagen, sowie für jede Ver- ¿gerung in der Nücksendung derselben niht unerhebliche Konven- tionalstrafen verwirkt werden, ein lebhaftes Interesse daran, einen fremden Wagen, einerlei ob beladen oder unbeladen, so nell als

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möglich in die Heimath zurückzuschicken. Nit selten cehen sogar die Verwaltungen in ihrem einseitigen vermeintlihen Interesse dazu über, die auf fremden Wagen verladenen, zum Weitertransport be- stimmten Güter zur Ersparung von Wagenmiethe sobald als thun- lih auf eigene Wagen umzuladen.

Wirken die vielen gesonderten Wagenparks \chon in Zeiten des Wagenüberflusses störend auf den Betrieb ein, so sind diese Nach- theile doch dem Pulikum nicht direkt erkennbar. Ja Zeiten des Wagenmaagels treten leßtere dagegen in fühlbarer Weise hervor, da durch die beschränkte Verwendbarkeit der Wagen und die dadurch hervorgerufenen unnüßen Leerfahrten die üblen Folgen des Wagen- mangels wesentlich geleigert werden, zumal erfahrungs:näßig über di: Innehaltung der vereinbarten Benußungéweise gerade in solchen Zeiten die strengste Kontrole Seitens der Cigenthumsbahnen mit häufig verschärften Konventionalftrafen einzutreten pflegt. Mit der Einrichtung eines gemeinschaftlichen Wagenparks für ein mögli weites Verkehrsgebiet würde dagegen die Vertheilung und Zir- kulation der Wagen lediglih na dem vorhandenen Bedürfnisse gere- gelt werden können, fo daß jeder an seinem Bestimmungsort ange- langte Wagen unbeschränkt nach derjenigen Richtung, für welche Tranéporte vorliegen, dirigirt werden kann, die Leerfahrten ver- mieden werden und dur eine einheitlihe Wagendiéposition Be- stand und Bedarf innerhalb des gemeinsamen Cirkulationsgebietes auêgeglihen werden kann. Daß ein solches Ziel bei der bestehen- den Zerstückelung der Verwaltungs8gebicte den gesonderten und kol- lidirenden Interessen der zahlreichen felbständigen Verwaltungen nicht zu erreichen ist, vielmehr nur bei völliger Einheit des Eiaen- thums, des Betriebes und der Verwaltung der Eisenbahnen in Aus- fiht genommen werden darf, liegt auf der Hand.

Mit einer einheitlichen Wagenverwaltung würde zuglei eine bedeutende Ersparniß an Betrieb#material erzielt werden, da sowohl dur die bessere Ausnußung der Wagen eine geringere Anzahl der- \elben, als auch durch die Verineidung vieler Leerfahrten eine gerin- gere Maschinenkraft für die gleiche Transportleistung erforderli sein würde. Die“ Beschaffungskosten der ult. 1877 auf den pceußischen Bahnen vorhandenen 6818 Lokomotiven und 143 060 Güterwagen beliefen sich auf 349 134 739 6. resp. 439 660134 E, im Ganzen also auf 788 794873 4 Eine entsprechende Reduktion des Gesammt- bedarfs an Wagen und Lokomotiven wird daher, wenn aud nicht sofort, doch im Laufe der Erneuerunz¿tperiode einen erheblichen Theil des angegebenen Gesammtkapitals der Beschaffungskosten für andere wirthsbaftlihe Zwecke verfügbar machen und die Betriebsverwaltung der Eisenbahnen von der Verzinsung desselben entlasten.

__ So zeigt es si, daß sowohl in der Anlage und Ausrüstung der Eisenbahner, wie in allen Zweigen der Verwaltung derselben mit dem Nebeneinanderbestehen, den gesonderten Einrichtungen und Fn- teressen einer Mehrheit selbständiger Unternehmungen innerhalb eines gemeinsamen Verkehrsgebiets eine erhebliche Vertheueruzg der Trans- por!kosten nothwendig verbunden is}, für weiche nur in der Vereiai- gung und Verschmelzung zu einem einheitliheren Gesammtbetriebe Abhülfe zu finden ist. Am verderblihstea tritt diese mit der Zer- splitterung des Eisenbahnbesißes verbundene wirthschaftlihe Ver- {wendung in dem eigentlichen Konkurrenzbetriete mehrerer Bahnen, D. 1, in dem Umstande hervor, daß Transþorte, für deren Bewälti- gung eine einzige Baha vollständig ausreichen würde, sich auf 2 oder mehrere Routen vertheilen.

/ Doppelbetrieb.

Von den Kohlenzehen und Eisenwerken des Ruhrceviers haben 56 Werke völlig selbständige Anschlußg:leise an 2, 12 Werke an 3 verschiedene Bahnen, obgleich bei rationellen Einrichtungen eire jede der leßteren im Stande wäre, dcn gesammten Verkehr jedes Werkes zu vermitteln Die Hauptstadt Berlin stchi mit fast \ämmtlichen bedeutenden Handelsplätzen Deutschlant® in mindestens doppelter Bahaverbindung; mit dem über 500 km entfernten rheinisch-west- fälishen JIndustrierevier ist sie nunmehr durch 3 völlig selbstän- dige und durchaus leistungsfähige Linien verbunden. Auf zweien derselben Tursiren brei mal täglich fast bis auf die Minute genau zu denselben Zeiten s{chaellfahrende, auf ven Durchgcangasverkehr bercchnete und eingerichtete Personenzüge. Gleichwohl kann sowohl der Personenverkehr, wie auch in normalen Zeiten der Güterverk-hr von einer einzigen dieser Bahnen bewältigt werden. Es giebt überhaupt in Deutschland fast keine irgend erbebliche auêge- dehntere Verkehrsrelation, welche niht von mehreren konkurrir-nden Verwaltungen bedient wird, obgleich der Verkehr an sich einen solchen Transportaufwand nicht annähernd: erforder. Jn diesem ohne Steigerung des Transporteffektes selbst verdoppelten oder vermehrten Betrieb8apparat für den Konkurrenzeerkehr liegt eine so exorbitante Bershwendung, daß das Juteresse der Eisenbahnea selbst zu einer andecweiten Regelung drängt, Während nach der Be- triebêeröffnung der vielen Konkurrenzunteraelmungen, welche hauptsählich dem nach den beiden glücklichen Kriegen von 1866 und 1870 eingetretenen, flüssigeren Stande des Geld- marktes ihre Entstehung verdanken, zunächst und bei der fortdauern- den Zunahme des Verkehrs die Konkurenz plan- und rüclsihtslos die Berkehrleitung bestimmte, ist dagegen in der neuesten Zeit be- hufs Regelung der Konkurrenz das sogenannte Justradirungssystem, welches darin besteht, daß zwischen den verschiedenen Routen eine Theilung der Tran®porte nah bestimmten Zeitabschnitten verabredet wird, immer mehr zur Geltung gelangt. Abgesehen von den hiermi: verbundenen endlosen und unerquicklihen Streitigkeiten unter den einzelnen Berwaltungen, ist jedoch diese Einrichtung keineswegs geeignet, die mit dem Konkurrenzbetriebe verbundene Vertheuerung der Kosten zu beseitigen. :

C Altepnirender Weeriteb

Die Vertheilung der Transporte zwischen den konkurrirenden Routen geschieht in der Negel nah Monatéabschnitten ein deut- liher Beweis, daß eine jede Verwaltung im Stande sein würde, die Transporte zu allen Zeiten allein zu bewältigen. Durch diesen Ver- theilungsmodus werden nun die betheiligten Bahnen genöthigt, ihre Betriebseinrihtungen derart zu treffen, daß sie jederzeit im Stande bleiben, den gesammten Verkehr aufzunehmen. Die nöthigen Maschinenkräfte , das Stations- , Bremser- und Streckenpersonal, die entsprechende Dauer der Dienstzeit (häufig wit sehr theurem Nachtdienst) sind ständig bereit zu halten, troßdem, daß vielleicht nur in der Hâlfte, oft nur in einem Dritth-il der Zeit die Aus- nußung erfolgt. Denn eine Reduktion des Betri:bsapparates bis zu dem für den Lo kalverkehr nöthigen Bedarf kann bei dem raschen Wechsel der Zeitabschnitte für die veränderte Instradirung nicht statt- finden, weil die Bahnverwaltungen nicht in der Lage sind, das dienst- tüchtige erprobte Personal für die kurze Zeit der Unthätigkeit zu entlassen. So kommt es, daß von mehreren Konkutrenzrouten ftets nur die Betriebseinrihtungen einer einzigen Verwaltung entsprechend ausgenußt werden, während die übrigen Bahnen zwar auch auf die Bewältigung des Verkchrs vollständig gerüstet sind, für ihre Kräfte aber keine Verwendung habea.

UmwegoTransp ore,

Das Instradirungs\ystem bringt eine weitere Vertheuerung der Transportkosten durch den Umstand mit sich, daß die nach den In- stradirung8vereinbarungen transportberebtigte Noute keineswegs in allen Fällen ihren natürlihen Verhältnissen nach die leistungsfähigste, d, h, die kürzeste oder doch diejenige Route ist, welche den Transport mit den geringsten Selbkosten auszuführen vermag. Es ist bekannt, daß die Transporte auf Umwegen selbst bis zu 100 Proz. der kürzesten Route gefahren sind. Da troßdem bei der Tarifirung, wie es in der Aufaahme der Konkurrenz begründet liegt, lediglich die kürzeste Route in Betracht gezogen wird, so ist die längere Route, welhe den Kampf aufgenommen hat, zu außerordentlichen, oft kaum die Selbstkosten deckenden Ein- heits\äße zu fahren genöthigt, ohne daß den Transportinteressenten, welchen ja auch die kürzeste Route ofen steht, ein Vortheil aus dieser Preisreduktion erwächst. Der völlige Wegfall dieser Umwoegs8- transporte kann, da es den einzelnen Bahnen nicht versagt werden kann, ihrem Interesse entsprehend, die Konkurrenz gegen die fürzere Route aufzunehmen, nur durch die Verschmelzung derselben herbei- geführt werden.

n T t O S ZA n am E D P S S E S la mai t. @ S N E R

Vertheuerung der Selbstkosten und der : : Transportpreise.

_ Es ist völlig nnausbleiblih, daß die aus den dargelegten Ver- hältnissen resultirende außerordentlihe Vertheuerung der Selbstkosten des Transportes im Laufe der Zeit die Leistungéfähigkeit der Ge- fammtbcit der preußishen Bahnen schwächen und damit die Trans- portpreisc nahaltig auf einer für den Verkehr ungünstigen Höhe hal- ten muß. Je billiger die Selbstkosten, desto billiger ist der Preis der Transportleistung, während ein Herabgehen der Preise unter die Selbst- kosten auch von der rücksichtslosesten Konkurrenz dauernd nit er- wartet werden kann, weil das Interesse derselben aufhört, sobald diese Grenze erreicht ist. Die Vershwendung des Rückbetriebes und der Konkurrenz würden daher in leßter Linie nur die Tranéport- interessenten in den höheren Frahtpreisen zu zahlen haben, während die vôllige Einheit im Eigenthum, in der Verwaltung und im Be- triebe der inländishen Eisenbahnen mit dem allmählihen Sinken der Selbstkosten zugleich die Aussicht auf ermäßigte Frachten gewährt,

Statistische Nachrichten.

Das Septemberheft der vom Kaiserlichen statistischen Amte herausgegebenen Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthält außer den regelmäßigen monatlich.n Nachweisen über die Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waar-nartikel im Zollgebiet, über Rübenzuckersteuer, übec Groß- handel8preise und üver statistische Literatur folgende mit ecläutern- dem Text begleitete Nahweisuagen: 1) über die im Jahre 1878 ver- zeichneten Fälle der Erwerbung und des Verlustes der Neichs- und Staaisangehörigkeit n¿ch dem Geseße vom 1. Juni 1870, nebst eiuer Statistik der in den leßten drei Jahren auf Grund der 88. 39 und 362 des Strafgeseßbuches erfolgten Aus8weisungen von Ausländern ; 2) über diz Dampfkessel-Erplosionen im Deutschen Reiche während tes S L E q der deutschen Küste m Jahre 15/5; 4) Uber die Verunglückungen deutscher SeeschGife | den Jahren 1877 und 1878. O E

Kunst, Aissenschaft und Literatur.

„Geheimlehre und Geheimstatuten des Temypel- herren-Ordens,“ Eine kritische Untersuchung von Dr. Hans Pru, ord. Prof. d. Gesch. an der Universität zu Königsberg i. Pr. Berlin, 1879, Ernft Sieafr. Mittler & Sohn. (1X. 183 S.)

Die vorstehende Schrift beruht auf grüadlicher Forschuna, ins- besoudere auf dem Studium der Akten des gegen den Tempelherren- Orden geführten Prozesses und gelangt hierbei in allen wesentlichen Punkten zu denselben Resultaten wie Loiseleurs Arbeit „La do-trius secrète des Templiers“ (Paris u. Orleans 1872), fördert aber nah zwei Richtungen hin die Sache über den von Loiseleur erreichten Standpunkt hinaus. Der Verfasser versucht übrigens nicht ten Tempelherren-Orden gegen dic wider ihn erhobenen Beschuldigungen zu vertheidigen oder zu rechtfertigen obwohl \olche sog. Ret!ungen in neuester Zeit geradezu Mode geworden sondern hält vielmehr auf Grund seiner gründlichen fkritiswen Untersuchung die Schuld des Ordens für erwiesen. Er behandelt den Stoff in zwei Theilen. Ju ersten Theile („Die Geheimlehre des Tempelherren-Ordens nah Jn- halt, Entstehung und Verbreitung“) beweist der Verfasser die Eristenz eines geheimen Statuts im Tempelberren-Orden, neben dem ursprüng- liden Statut von Troyes, verbreitet sih sodann über den Inhalt der häretischen Lehre des Ordens, zeigt die Verwandtschaft der G eheim- lehre und des Kultus des Ordens mit der Lehre und dem Kultus der Luziserianer (Teufelsanbeter), weist auf die materialiftische Richtung und sittliche Verkommenheit des (häretishen) Ordens , die Gier nah Vermehrung des Besißes, den bedeutenden Neichthum des Ordens und den ungebührlihen Gebrauch desselben hin. Hierauf handelt der Vecfasser über den Ursprung der templerischen Häresie und ihre Verbreitung, zeigt wie dieselbz im Orient, speziell in Castram Peregrinoram (das heutige Athlit) der Hauptburg des Ordens in Palästina, zu Anfang des 13, Jahrhunderts um die Zeit der Belagerung von Damiette entstanden und wie sih der Templer- herren-Orden allmählich zu einer Ketergenossenschaft entwidelte, daß aber nit alle Zweige des Ordens verketzert worden, insbesondere die portugiesishen und die deutshen Templer nicht, und daß auch in Schottland und Irland bei Auflösung des Ordens die Keterei erst in der Einführung begriffen gewesen. Zuletzt wird die freimaurerifsche Tradition von der Fortdauer des schottischen Tempelherren-Ordens, sowie die Fabel von der Herkunft der Freimaurereci von dem temvle- rischen Ordensklerifat oder den Chorherren des heiligen Grabes widerlegt. Im zweiten Theile der Schrift weist der Verfasser die Unechtheit der von Merzdorf im Jahre 1872 herausgegebenen (an- geblichen) Geh-imstatuten des Tempelherren-Ordens und die Bestand- theilz der Fälschung evident nah. Die Fälschung kann erst nah 1838 entstanden sein, und ihre Tendenz ist, die Herkunft der Frei- maurerei von dem Tempelherren-Orden darzuthun. Fn einem An- hange wird die Bulle des Papstes Clemens V. vom 22. März 1312, dur welche der Tempelherren-Orden für aufgehoben erklärt wird, in der Ursprache mitgetheilt.

__— Von dem im Berlage von Wilhelm Keller in München er- schienenen „Sch öffenbuch“ von Ed. Grünewald, Kaiserlichem Landgerichts-Rath, ist jeßt die zweite verbesserte un» erweiterte Auf- lage erschienen. Wie {on bei dem ersten Erscheinen des Büchelchen bemerkt, giebt dasselve eine systematische und populäre Darstellung des Schöffendienstes mit Berücksichtigung der Ausführungsgesetze von Preußen, Baycrn, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen und Elsaß- Lothiingen, sowie mit Beifügung der anzuwendenden strafrechtlicen Bestimmungen. Die kleine Schrift bildet für den als Schöffen be- rufenen Laien bei Ausübung des richterlichen Dienstes ein recht brauchbares, empfehlenswerthes Elementar- und Nabshlagebuch und ist als ein zuverlässiger Rathgeber in der Verwaltung des neuen Schöffenamtes zu empfehlen, Der Preis beträgt wie in der ersten Auflage 1 M __— Der im Verlage von Franz Stein in Saarlouis erscheinende; Kalender zum Gebrauche für preußische Verwaltungs- Beamte, herausgegeben von N. Fe hres, ist jeßt, in einem neuen Jahrgange, für das Jahr 1880 erschienen. Es ist dieses der sechste Jahrgang des Kalenders, der sich durch seine bequeme Form als handliches Taschenbuch, wie durch den mannigfachen für den Ver- waltungsbeamten brauchbaren Inhalt auszeichnet. Außer einem voll- ständigen Kalendarium für 1889 und den sonst in Kalendern üblichen Mittheilungen und Tabellen enthält der vorliegende Verwaltungs-Kalen- der eine Reihe von Geseßen, Verordnungen, Tabellen 2c., welche häufiz zu benußen gerade der Verwaltungsbeamte Veranlassung haben wird. Da ist ein Jagdkalender, das Fischereigeseß, Klassen- und Einkommensteuer- Scala, Tabellen über Klafsen- und Einkommensteuer-Zu- und Ab- gänge, Gewerbesteuer, die geseßlichen * Bestimmungen über den Gewerbebetrieb im Umherziehen, Tarif zuc Veranlagung der Ge- bäudesteuer, Gebührentarif für das Verwaltungs-Zwangsverfahren und des De en a e Auszug aus dem Stempeltarif, Be- stimmungen über Militärreklamationen und außerdem eine Reibe von Geseßen und Verordnungen, welhe im Verwaltungsdienste häufig Anwendung finden; ferner eine Anzahl von praktish:n Angaben über Münzwesen, Maaße und Gewichte, Eisenbahn-, Telegraphen- und Postwesen 2c.

Gewerbe und Handel.

Nach amtlicher Nachricht aus Konstantinopel ift die Aus- fuhr von Getreide aus dem zur Provinz Janina gehörigen SLUEE Berat (Hafenort Avlona) bis auf Weiteres verboten worden. o

Der Rechnungsabschluß der Berliner Braueretiges\ell \{aft Tivoli für das mit dem 30. September d. J, eesdleene Geschäftsjahr hat si günstig gestaltet. Die Dividende ist auf 3% festgeseßt worden ; die s{chwebenden Schulden sind getilgt, außer den gewöhulichen Reserven ist eine Extrareserve von 15000 M von der Vertheilung als Dividende ausze\s{lo\sen.