— Der Rechnungsabs{luß des Bergischen Gruben- und M enverein zu Hohdahl per 30. Juni cr. weist einen Ver- ust von 15001 Æ aus. Der Betrieb ergab einschließlich einer Er- sparniß von 3779 A auf dem Zinsenkonto einen Ueberschuß von 52 463 M Dagegen waren zur Bestreitung der Anleihezinsen crfor- derlich 67 464 4, mithin ergiebt sch eine Unterbilanz vcn 15 001 Æ, obgleich die Produktion diejenige des Vorjahres um nahezu 4 %/ über- steigt. Der durchscbnittliche Netto-Verkaufspreis, pro 1876/77 noch 58,43 A und pro 1877/78 56,49 M betragend, fiel pro 1878/79 auf 53,79 Æ, während die Selbstkosten von 54,74 4 in 1876/77 und 53,28 M in 1877/78 auf 52,58 Æ in 1878/79 beruntergingen. Die Produktion steigerte sih auf nur 40 216 470 kg gegen 38 812 080 kg im Vorjahre, während die Produktionsmittel eine weitere Erhöhung derselben zugelassen hätten. Aus dem Vorjahre wurden übernommen 4 240 600 kg, Summa der Produktion und des alten Vorraths 44 457 070 kg. Verkauft wurden 41 635 000 kg und an Gußwaaren für eigenen Bedarf fabrizirt 145 570 kg, zusanimen 41 780 570 kg, so daß am 1. Juli d. J. ein Bestand von 2 676 500 kg verblieb.
London, 10, November. (Allg. Corr.) Aus Belfast wird eine entschiedene Besserung in der Leinen-Indu strie dieser Stadt und des nördlichen Jrlands gemeldet. In mehreren großen Fa- briken Belfasts sind in Folge dessen die Arbeitslöhne um 10% erhöht worden. :
Glas8gow, 11, November. (W. T. B.) Die Versciffun- gen der leßten Woche betrugen 10 127 Tons, gegen 8547 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
New - Vork, 10, November. (W. T. B.) Weizenver- \chiffungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der Vereinigten Staaten: nad England 237 000, do. nach dem Kontinent 100 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 125 000 Qrtrs., Visible Supply an Weizen 28 406 000 Bushel, do. do. an Mais 11 562 000 Bushel.
Verkehrs-Anstalten.
Wegen einer Belriebsstörung bei der Ueberführung auf der Wolga ist der Güterverkehr auf der Orenburger Eisenbahn bis auf Weiteres eingestellt worden.
Berlin, den 12, November 1879,
Se. Majestät der Kaiser haben für die durch die Feuersbrunst in der Gemeinde Traben im Kreise Zell Verun- glüdckten und Beschädigten aus Allerhöchstihrer Schatulle 1000 bewilligt, welche durch den Geheimen Hofrath Bork dem S des Jnnern Grafen zu Eulenburg übermittelt wor- en sind.
Von Markensammlern wird. der General-Po st- meister fortgeseßt und in zudringlihster Weise mit Bitten
um Zuwendung seltener Exemplare von Postwerthzeichen be- |
helligt. Solchen Gesuchen kann grundsäßlih niht Folge ge- geben werden, zumal auch von inländishen Marken und ge- stempelten Briefumschlägen verfügbare Bestände der älteren Ausgaben bei der obersten Postbehörde nit vorhanden sind. Hoffentlih trägt diese Notiz dazu bei, die Zahl der unnüßen Schreibereien zu vermindern.
Die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten dem Hause der Abgeordneten vorgelegte Uebersicht über den Stand und Fort- gang der Staatscisenbahnbauten in der Zeit vom 1. Oktober v. F. bis Ende September d. F. mat über die Berliner Stadt- eisenbabn folgende Mittheilungen :
Der Bau der Berliner Stadteisenbahn ist im laufenden Jahre nam ntlich dadur wesentlih gefördert worden, daß der Bauangriff der Bahn auch auf der wichtigen Strecke dur den Königs8graben, in welcher der 2. Hauptbahnhof liegt, ermögliht wurde, nachdem zwischen dem Staate und dem Mazistrate cin Abkommen über die Zuschüttung des König2grabens und die Ausführung derjenigen An- lagen getroffen worden ist, welche erforderlich sind, um Ersatz für die Vorfluth zu schaffen, welche der Graben bisher gewährte. Der Königsgraben dient in leßter Zeit, nachdem seine frühere Be- stimmung als Festungs- und Mühlengraben aufgehört hatte, dazu, einen Theil des Hochwassers abzuführen und entlaflete dadurch die beiden andern dfe Stadt Berlin dur{chströmenden Sprecarme;z sodann nahm er die Entwässerung eines sehr bedeutevden Theiles der nördlichen Hälfte der Stadt Berlin auf. Der günstige Umstand, daß an dem südlihen Spreearme die Müblengerinne der früheren Werderschen Mühlen eine erhebliche Erweiterung zuließen, gestattete es, diesem Arme für die Zukunft auch die Wassermenge zuzuweisen, welche bisher der König8graben a‘führte. Für die Entwässerung der Stadt mußte dagegen durch einen massiven Kanal gesorgt werden, welcher nicht wohl anders als im Laufe des Grabens erbaut werden Tonnte. In dem vorgedachten Vertrage is vorgesehen, daß dieser Kanal später ein Glied der städtischen Kanalisation bildet und mußte die Ausführung dementsprechend im Anschluß an die städtischen Ka- nâle geschehen.
Beide Ausführungen gesehen unter Kontrole ciner aus Dele- girten des Ministers der öffentlichen Arbeiten, des Finanz-Ministers und des Magistrats bestchenden Kommission.
Der Grunderwerb kann, da es gelungen, wegen einiger noch
rüdständiger Parzellen mit d n Besißern eine Einigung über die |
vorläufige Gestattung des Bauangriffs zu crreichen, abgesehen von den behufs Erzielung höherer Entichädigungen zahlreich angestrengten Prozessen, als nahezu beeudet betrahtet werden. Nur an zwei der wichtigsten Stellen bat eine Besißergreifung noch nicht herbeigeführt werden können. Insbesondere wird der Bau des Bahnhofs Friedrichstraße und der Spreebrüccke daselbst zum Theil noch dadurch zurückgehalten, daß die von dem Friedrih-Wilhelms-Institut und von der städtischen Gasometeranlage in der Georgenstrafe abzutrete den Flächen noch vicht übergeben sind. VBezüglib des ersteren ist zwar eine boldige Regelung zu erwartea, hinsihtlich der Gasometeranlage indeß sind Tomplizirte gastechnische Fragen über die Nothwendigkeit eines Er- saßtzeë streitig, wobei es sich um eine Differenz von etwa F Million Mark handelt.
An Erdarbeiten war am Schlusse des Jahres 1878 nur noch eine kurze Stredle rückständig und wurde während der Berichtéperiode die Schüttung des Bahndammes zwischen dem Hippodrom und der Krrfürstenallee ausgeführt. Zur Zu- ichüttung des Königsgrabens wurden ca. 120000 chm Sand zum größten Theile zu Wasser herangefahren. Da bei der Zuschüttung des Grabens in hervorragendem Maße auch die fanitären Interessen zu berücksichtigen waren, so schien es geboten, die mögliche schädlide Wirkung der Schlammablagerungen im (raben durch Ueberdeckung mit einem von organischen Stoffen mög- lihst freien Schüttungsmaterial aufzuheben, und wurde dem- entsprechend der reinste in der Nähe Berlins zu beschaffende Boden, der Sand von der Oberspree, gewählt. Während der Schüttung mußte zunächst behufs Aufrechterhaltung der Entwässerung und bis zur Fertigstellung des oben erwähnten massiven Kanals ein pro- Ver offener Entwäfserungs8graben hergestellt und unterhalten werden.
__ Obgleich die Zuschüttung des Grabens erst im April d. J. be-
ginnen konnte, so ist dieselbe doch zu drei Vierteln vollendet. Der massive Kanal ist, der Schüttung folgend, auf der unteren Graben- strede bis zur Spandauerbrückte im Bau begriffen. Erhebliche Schwierigkeiten erwachsen hier durch die Nähe und die Reste der alten, den Graben früher einfassenden Wall- mauern,
hoher Gebäude !
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Die Viaduktbauten wurden, foweit sie im Vorjahre begonnen, fertig gestellt und die rückständigen Strecken,+ zum Theil auch auf dem Terrain des Königsgrabens, in Angriff genommen.
Im Einzelnen wurde - der Viadukt für die Strecke von der Koppenstraße bis zur Stralauerbrücke im Wesentlichen fertig gestellt.
Auf dem Packhofe wurde, nachdem das ursprüngliche Projekt im Interesse der Museumsverwaltung einige Aenderungen erfahren hatte, der Bau wieder aufgenommen und die Pfeilerfundirungen hergestellt. Der Viadukt zwiscen der Straße am Kupfergraben und Stallstraße wurde vollendet und auf der Strecke zwischen der Stall- und Friedrich- straße, wo die Arbeiten wegen mangelnden Grunderwerbes während des Jahres 1878 hatten ruhen müssen, nach Behebung dkeses Hinder- nisses der Bau wieder begonnen. j
Auf dem reten Spreeufer wurde der Viadukt von der Carl- straße bis zum Alexanderufer auf etwa 450 m Linge hergestellt,
Auf der Strecke von der Spree am Bellevuepark bis zur Klop- stockstraße (ca. 350 m) wurde der Unterbau für die Haltestelle da- felbst und der Viadukt vollendet. Die Bauarbeiten für die Strecke zwischen der Curxhavenerstraße und Charlottenburger Chaussee sind verdungen und in der Ausführung begriffen. i
Im Ganzen is der Viadukt bezw. Bahndamm auf einer Länge von
8,2 km fertig gestellt, 3 v M Bal; 1 „ der Bau in der Vorbereitung begriffen.
Die Viadukträume zwischen dem Lehrter Bahnhofe und der Straße Alt-Moabit waren im diesjährigen Sommer für die Zwecke der Gewerbeausstellung nußbar gemacht. E :
Von den Brücken wurde die gewölbte Brüdcke über die Spree am Monbijoupark vollendet und an derselben ein Fußweg zur leich- teren Verbirdung der Museumsinsel mit dem Stadtheil am Monbi- joupark angebracht. / :
Für die Brücke über den Kupfergraben und die Straße daselbst wurden vie Pfeiler fundirt und aufgeführt; die Montirung des eisernen Ueberbaues ist im Gange. S
Der Bau der Spreebrücke zwischen Bahnhof Friedrichstraße und Sciffbauerdamm konnte wegen des mangelnden Grunderwerbs von der städtischen Gasanstalt noch nicht begonnen werden.
Für die Brücke über den Humboldthafen sind die Pfeiler zum Theil auf Pfahlrost, zum Theil auf Beton fundirt und aufgemauert. Der eiserne Ueberbau ist verdungen, wie dies auch für die Spree- brüde am Park Bellevue geschehen ist, deren Pfeiler ebenfalls in dieser Bauperiode fertiggestellt wurden. Unter leßtere Brücke wird zur Herstellung eines kürzeren Zuganges für die Bewohner des öst- lichen Theils von Moabit zur Haltestelle Bellevue eine Fußgänger- passage angebracht werden, :
An Eisenkonstruk?tionen für Brlicken- und Straßenunterführungen find 2870 000 kg zu schr mäßigen Einheitspreisen verdungen.
Die fertig gestellten Viaduktstrecken sind mit wasserdichter Ab- deckung aus Asphalt oder anderem Materialerdharz versehen; auf dieser liegt eine sorgfältig drainirte Kiesbettung für die Schi:nen. Die hierzu erforderlichen Arbeiten und Lieferungen sind verdungen uüd in Ausführung. : _
Reber das für den Oberbau zu wählende System ist Ertschet- dung getroffen und dafür eine Konstruktion gewählt, welche sih auf der Hannoverschen Staatsbahn bewährt hat. Der Berding der Ober- baumateriaiien wird im Laufe des Jahres 1879, die Ablieferung während des Jahres 1880 erfolgen. Cine frühere Beschaffung wäre nicht zweckmäßig, da geeignete Lagerpläße nur mit großen Kosten be- haft werden könnten. : 5
Behufs Herstellung des östlihen Ansblußbahnhofes wurde der
| im vorizen Jahre begonnene nördliche (Erweiterungsbau im Frank-
furter Bahnhof zum arößeren Theile im Rohbau fertiggestellt.
Nachdem am 1. September cr. der Betrieb der Niederschlesis{ch- Märkischen Bahn nah dem ODstbahnhofe verlegt und das Bahnhofs- gebäude selbst zum Umbau übergeben worden, wurde die Veränderung der bisherigen Abfahrtsstatirn dem neuen Projekte entsprechend be- gonnen und thunlichst gefördert. sd - Frs iz
Die Lieferung der eisernen Dachkonstruktionen über dem Vestibüi, für die neue Droschker halle, für die Dberlichter, ist im Gange. Der innere Ausbau ist verdungen und sind die Diépositionen so getroffen, daß im nächsten Frühjahre der umgebaute Bahnhof der Nieder|chlesisch- Märkischen Bahn zurückgegeben werden kann.
Die Station an d-r JIannowitßbrücke konnte wegen der s{chwe- benden Verhandlungen über die von der Stadt zu erbauende neue Jannowitzbrücke noch nicht in Angriff genommen werden.
Für den Bahnhof an der Königsbrücte ist mit NüÜcksiht auf die Zuschüttung des Königégrabens ein neues Projekt ausgearbeitet.
Das Projekt für die Haltestelle Börse ift fertiggestellt und soll die Bauausführung begonnen werden, sobald der daneben liegende Entwässerungskanal vollendet ift. E
Für den Bahnhof an der Friedrichstraße ist der Unterbau — die NViaduktpfeiler — vollendet, soweit, wie oben erwähnt, der mangelnde Grunderwerb dies zulteß. Erst nah Fertigstellung der noch fehlen- den Pfeiler wird mit dem Hochbau in ganzer Auédehnunz begonnen werden können.
Der Bauangriff für die Station am Lehrter Bahnhof ist noch von einer Vereinbarung mit der Magdeburg- Halberstädter Eisenbahn abhängig, welche binnen Kurzem zu erwarten steht.
Die Haltestelle Bellevue ist im Unterbau fertig und mit der Montirung der eisernen Hallenkonstruktion der Anfang gemacht.
Für die Station am zoologishen Garten is das Projekt auf- geftellt; dasjenige für den Exd- und Anshlußbahnhof in Charlotten-
| burg, für welchen die Erdarbeiten bereits früher ausgeführt waren,
ist in der Ausarbeitung begriffen. E
Hinsichtlich der für die Stadtbahn zu beschaffenden eigenartigen Betriebsmittel werden noch Versuche angestellt.
Die Betriebéeröffnung auf der Stadtbahn ist zum Frühjahr 1881 in Aussit genommen. Es muß gehofft werden, daß es ge- lingen wird, diesen Zeitpunkt einzuhalten, wenngleich dies fraglich werden möchte, falls der Bauangriff auf Bahnhof Friedrichstraße und an der Spreebrücke daselbst in Folge der vorbezeichneten Schwieriz- keiten des Grunderwerbes sih noch länger verzögern sollte.
Bon dem Baukapitale, welches aus den durch die Gesetze vom 20. März 1874 (Geseßsamml. S. 111) und vom 26. Junt 1878 (Geseßsamm!l. S. 259) bewilligten
56 700 009
den Beiträgen der früher als Aktionäre be-
theiligten drei Eisenbahngesellschaften mit 6000000 , und den Einzahlungen auf die kaduzirten
Aktien der Deutschen EisenbahnbaugeseU- :
Q E e 2200000 in Summa 65 100 000 besteht, sind bis Ende September d. I. 40 199 713 4. — davon in der Zeir vom 1, Oltober v. J. bis Ende September d. J. 5 708 521 A. — verausgabt.
Eine Ueberschreitung der bewilligten Mittel wird voraussichtlich
nicht eintreten, wenn niht in den behufs Erzielung höherer Grund- entschädigung von den früheren Besitzern angestrengten Prozessen den-
selben erheblich höhere Summen zugesprochen werden follten ; die für | die Bauarbeiten selbst veranschlagten Beträge werden muthmaßlich : | Herzogthum Braunschweig und in den Reichslanden eingerichteten
ausreichen.
blatt“ hat eine Ausstellung von Arbeiten (Potódamerstraße 134 part.) veranftaltet, die bis zum
24, November täglich von 9 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Abends geöffnet | ist, Es wurden ein Preis zu 1500 4, ein Preis zu 1000 #6 und | erste Preis von 1500 M ift | | Bexlini
zehn Preise à 50 M zuerkannt. Der ( 3 ç Frau Luise Scherber, Kaufmannsgattin in Würzburg, sür einen höchst Tunstvoll, ganz mit der Hand aus feinem Silberdraht ausge:
führten Brautkranz nebst mehreren Sträußen ; der zweite Preis von |
1000 « Frau Johanna Schuly in Hamburg für eine Portidre, welche sich durch eine glückliche und originelle Wahl des verschieden-
| MEHvA r ‘oniglid Die Redaktion ‘und Verlagsbandlung des „Berliner Moden- | Müttrich, Professor an der Königlichen Preis - Konkurrenz- |
artigsten Materials, durch überraschende Farbenwirkung und fleißige Handarbeit auszeichnet, zuerkannt worden. Als allgemeine Vor- bedingungen für die Preisvertheiluna maren folgende Gesichtspunkte festgestellt worden: 1) Neuheit und Originalität der Idee in Bezug auf den Gegcnstand selbst oder dessen Auss{mückung und des dabei angewendeten Arbeitsverfahrens. 2) Zweckdienlihkeit des Gegen- standes und dem entsprebende Ausstattung. 3) Formen- und Farben- \chönheit bei ribtiger Verwerthung des Materials. 4) Saubere und sorgfältige Ausführung.
Die „Zeitschr. f. Forst- und Iagdwesen" veröffentlicht folgende, das S0jährige Jubiläum der Forst -Akademie Ebers- walde betreffende Mittheilung des Ober-Forstmeisters Danckelmann in Eberswalde: Im Sommer - Semester 1880 begeht die Forst- Akademie Eberswalde, welche am 1, Mai 1830 eröffnet worden ift, die Feter ihres 50 jährigen Bestandes. Nach dem vorläufig festge- stellten Programm soll die Festfeier in den ersten Tagen des Monats Juni stattfinden. Das ausführliche Festprogramm wird in etnem der näcbsten Hefte der Zeitschrift mitgetheilt werden. Zur bleibenden Erinnerung an die Jubiläumsfeier ist die Gründung eines Stipendien- fonds für unbemittelte Studirende der Forst - Akademie Eberswalde in Aussicht genommen, zu welchem die Mitglieder des märkischen Forstvereins bereits ansehnlihe Beiträge gezeichnet haben. Bei der vorausfihtlich zahlreichen Betheîtigung an der Festfeier ist es wünschenswerth, daß die gefälligst an den Unterzeichneten zu richten- den Anmeldungen zur Theilnahme spätestens bis zum 15. April 1880 erfolgen. Dankelmann.
Am 10. d M. waren es 120 Jahre, daß SchiLer in dem kleinen \{chwäbishen Städthen Marburg geboren wurde. Schiller ift stets der bevorzugte Lieblingsdihter des deutschen Volkes und besonders der Jugend gewesen und geblieben. WVornehmlih seine Dramen erfreuen sich bis auf den heutigen Tag noch immer der regsten Theil- nahme. Davon geben die Theater Zeugniß, welche stets gefüllt sind, wenn ein Schillershes Drama über die Scene geht. Die Theater- Direktionen hatten denn auch den diesjährigen Geburtstag viht vorüber gehen lafsen, ohne dem größten dramatischen Dichter deutscher Zunge durch Aufführung eines oder mehrerer seiner Meister- werke die verdiente Huldigung darzubringen. Im Königlichen Opernhause wurde gestern „Wilhelm Tell“, die leßte große dramatische Arbeit des Dichters, in einer den Schönheiten des Werkes würdigen Weise zur Darstellung gebra%ßt. Die Aufführung gewann noch dadurch an Interesse, daß sowohl die Titelrolle, wie mehrere andere Rollen in neuer Beseßung gegeben wurden. Den Wilhelm Tell spielte ein Gast, Hr. Drah vom Stadttheater in Wien. Es war dies die zweite Rolle, welhe der Künstler hier spielte ; vor einigen Tagen war er als „Uriel Acosta“ aufgetreten und vom Publikum wie von der Kritik wohlwollend beurtheilt worden. Auch seine gestrige Leistung als Wilhelm Tell fand eine freundliche Auf- nahme. Die äußeren Mittel , welche die Rolle erfordert , bringt er m ene bobe, kräftig - männlibe Gestalt, maßvolle Ha!tung und Bewegungen und ein volles Organ von Wohlklang und Scbule, das jedoch in den höheren Lagen etwas hell klingt. Fn der Auffassung und innerlihcn Durc-dringung der Aufgabe freilich hat der Künstler die Spuren der Anfängershaft noch nicht ganz zu ver- wischen vermocht, sogar die Betonung der Worte war ftellen- weise unrichtig; dagegen machten die Frishe und Wärme seines Spiels einen wohlthuenden Eindruck, der das Publikum bewog , ihn wiederholt durch Beifallsbezeugungen aus- zuzeichncn. Die Gertrud gab gestern Frl. Meyer und erwarb sich durch ihre ansprechende gewinnende Darstellung allseitige Anerken- nung. Au in der Beseßung der Rollen der Hedwig und der Bertha war ein Wechsel eingetreten, jene wurde von Fr. Breitbach, diese von Fr. Bittner gespielt. Bekannt sind die trefflichen Leistungen der Herren Hellmuth-Bräm als Werner Stauffacher, Kahle als Werner von Attinghausen, Klein als Geßler und Ludwig als Arnold von Melchthal. S LiterarisheNeuigkeiten 1nd periodishe Schriftens
„Frauen - Bibliothek. Ein Cyklus von Werken übz:r Kunst und Wissenschafi für Frauen und Jungfrauen.“ — 1, Serie: Die bildenden Künste in ihrer geschichtlicen Entwickelung, von Otto von Leixner. — Geschichte der deutshen Dichtung von den Anfängen bis zur Gegenwart, von Richard Weitbrecht. — Die deutschen Kaiser, von K. Th. Heigel, (Stuttgart, Verlag von J. Enugelhorn.) Preis pro Band clegant gebunden 6
Der Bär, Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alter- thumékunde. Nr. 25. — Inhalt: Joachim 1, Roman von Adolf Strectfuß (Fortseßung). — Die Lutherbibel im Märkischen Museum, mit IUustration. — Das Brandenburgische Füsilier-Regiment Nr. 35, Ein Blatt Armeegeschichte. — Miscellen. — Briefkasten. — Jaserat.
Social-Correspondenz, Organ des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, herausgegeben von Dr, Victor Böhmert und Arthur v. Studniß. Nr. 44. — VFknhalt : Der Verbrauch der haudarbeitenden Klassen in England. — Wie man sorst Meister wurde. — Der Sozialistenkongreß in Marseille. — Die deutshen Erwerbs- und Wirthschaftägenossenschaften. — Arbeitsmarkt.
Forstlihe Blätter. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. Herausgegeben von Jul. Theod. Grunert, Königl. preuß. Ober-Forst- meister a. D.,, und Professor Dr. Bern. Borggreve, Königl. preuß. Ober-Forstmeister 2c.16. (3. Folge 3.) Jahrg. 1879, 11. Heft : November. Berlin und Leipzig, 1879. Verlag von H. Voigt. 4. — Inhalt: I, Aufsäße. Das neue württembergische Forststraf-= und Forstpolizei- gese. — Eiöbruchb in der Königlihen Oberförsterei Saarburg, Regierungébezirk Trier. Von Oberförster Ilse zu Beurig. — Böh- misches, sächsis{ches und Harzer Fichtenholz. Erwiderung von Forst- rath Dr, Nördlinger zu Hohenheim. — Vorläufer Bericht über die VITI, Versammlung deutscher Forstmänner in Wiesbaden vom 14, bis 18, S-:ptember 1879, Vom Kaiserlichen Oberförster Vogelgesang zu Markirch im Elsaß. — I1, Bücheranzeigen. — 111. Mittheilungen.
Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. Zugleich Organ für forstlihes Versuchswesen. Herausgegeben in Verbindung mit den Lehrern der Forstakademie zu Eberswalde, sowie nah amtlichen Mit- ¡heilungen von B. Danckelmann, Königl. preaß. Ober-Forstmeister und Direktor der Forstakademie zu Cberëwalde. 11. Jahrg. 1879, 5, Heft. November. Mit einer lithographirten Tafel. Berlin, Verlag von Jul. Springer. 1879, — Inhalt: Abhandlungen. Der Buchen- und Eichen-Stockausschlag in seiner Verwendung zur Baum- holzerziehung. Vom Forstdirektor Dr. Burkhardt in Hannover. — Das neue preußische Regulativ über Ausbildung, Prürung und An- tellung für die unteren Stellen des Forstdienstes vom 15. Februar 1879, Vom Ober-Forstmeister Grunert zu Trier. — Die Wetter- berichte der deutschen Seewarte in Hamburg und ihre Bedeutung für die praktis%e Metcorologie. Von Dr, Schmidt zu Eberswalde. — Primärer und fekundärer Insektenfraß. Vom Prof. Dr. Altum. — Anthe-: ren der jungen Buchen zum Schutze gegea Mäusefraß. Vom Forstinspektor Garthe zu Dobbertin in Meckleaburg-Schwerin. — Mittheilungen. — Literatur. — Notizen. — Diesem November- Hefte liegt bei: Beobachtungs-Ergebnisse der im Königreich Preußen, im
Herausgegeben von Dr. A, zortakadewie zu Ebers- walde uud Dirigent der meteorologishen Abtheilung des forftlichen BVersuch8wesens in Preußen. VIll, August 1879,
forstlich - meteorologishen Stationen.
Nedacteur V V: MNCdeL
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner,
Drei Beilagen (eins{ließli* Börsen-Beilage).
zum Deuischen Reichs-Anz
Berlin, Mittwoch, den 12, November
V 266.
O M A: PEEZC L A DIACENC E ZÉ P POTE mere
Nichtamilicßes.
Preußen. Berlin, 12. November. Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (7.) Sißung seßte das Haus der Abgeordneten die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privatbahnen durch den Staat fort. Nach dem Abg. von Wedell-Malchow er- griff der Minister der öffentlihen Arbeiten Maybach das Wort :
Meine Herren! Ih möchte mich zunächst gegen einzelne Be- merkungen des Abg. Virchow wenden, welche zum LWheil, wie ih glaube, auf einer mißverständlihen Auffassung der Motive des vorliegenden Geseßentwurfes beruhen. Er hat zunächst den Passus auf Seite 37, in welchem es heißt:
Die Mißstände, welche der Privatbetrieb der Eisenbahnen durch eine große Anzahl verschiedener Unternehmungen ron zweifel- hafter E und besheänkter Leistungsfähigkeit hervorgerufen Vat 4; 10;
aufgefaßt als einen Vorwurf, der gegen die gesammten Privat- bahnen gerichtet werden soll, Bei aufmerksamer Lektüre werden Sie Ach, wie ih glaube, überzeugen, daß so der Passus nicht zu ver- stehen ist. Er bezieht sich auf diejenigen zweifelhaften und unfrucht- baren, auf — ich möchte sagen — illegale Weise zu Stande gekom- menen Unternel,munzen, die für das Land zum Theil ein Unglück gewesen sind, und die den Staat genöthigt haben, mit großen Kosten weiteres Unheil abzuwenden, Der Vorwurf, Dex Do GUHRAOI Ut, Tie M0. alio nur gegen diese Bahnen. — Ebenso ist aus der Begründung des Gesetzes nit ein allgemeiner Vorwurf gegen die Privatbahnen herautzulesen, Viel- mehr kann dieser Vorwurf nur als ein objektiver aufgefaßt werden, nicht als subjektiver. Ich erkenne an, daß die Privatbahnen Gutes geleistet, wie auch mancben Schaten angerichtet haken, denn man muß von ihnen nicht mehr verlangen, als sie leisten können scecundum naturam 8uì Ceneris,
Es ift dann von dem Herrn Abzeordneten hingewiesen worden auf die Entwickelung des Eisenbahnwesens in England und Frank- reich, auf die großen Systeme, auf die mächtigen Gesellschaften, die dort den Verkehr leiten. Jch glaube, diese Berufung war keine glüdlihe. Was England angeht, meine Herren, da bitte ih, sich zu informiren aus dem Ihnen vielleicht bekannten geistvollen Werk des Professors Cohn, deran Ort und Stelle die Zustände genau studirt hat und welcher aus den beften Quellen sein Urtheil begründet hat. Ich glaube, daß das Bild, welches er uns eutwirft, wahrlich nicht verlockend für ein Land, wie Preußen ist. Es beweist uns, daß dort die öffentliche Meinung, der Verkehr in vielen Beziehungen unter die Herrschaft von omnipotenten Gesellschaften gerathen ist, und daß man dort zu dem Say gelangt ist: die Cisenbahnen werden noch das Land regie- ren und nit mehr das Land die Eisenbahnen. Und nun in Frank- reich, ist Ihnen die neueste Wendung der dortigen Eisenbahnposlitik entgangen? Ist Ihnen entgangen, wie man auch dort die Herrschaft der scchchs großen Gesellschaften als eine drückende Lait empfindet, wie man dazu übergeht, diese Her:schaft zu brehen? Wie in der fran- zösischen Regierung, in der franzsösishen Volksvertretung eine leb- hafte Strömung für die Einführung des Staatseisenbahnsystems vorhanden ist; wie in der Kommission, die niedergeseßt worden ist und aus 30 Mitgliedern besteht, um über ie Fraze des Ankaufs und Betriebes der Bahnen durch den Staat sih auszuspre@ett, tuch faum eine Stimme gegen den Ankauf der Bahnen für den Staat sich - erhoben hat? Diese Erfahrungen sollten für uns warnend sein! Es ift dann weiter bemerkt worden, daß die Privatbahnen in militärisher Beziehung allen An- forderungen genügen. Es ist neulich auch vom Abg. Richter er- wähnt worden, daß die Reichsverfassung der Militärverwaltung die nöthige Handhabe für thre Zwecke gäbe. Das ift ricbtig. Die Neichsserfassung bestimmt allerdings in Art. 47, daß alle Eisenbahnen ten Anforderungen der Militärbehörden in Beziehung auf die Be- nußung der Eisenbahnen für Militärzwecke Folge zu geben haben. Fh erkenne auch an und dankbar an, daß, wie die Staatébahnen, so auch die Privatbahnen im Jahre 1866 und 1870/71 ihre volle Schuldigkeit gethan haben. Allein das wird doch Niemand leugnen wollen, daf, wären die Bahnen damals in Einer Hand gewesen, fie hätten mehr leisten können und diese Mehrleistung würde doch wohl nothwendig sein für die Zukunft. Eine Maschine, fo komplizirter Art, wie das Eisenbahnwesen, wird do, wenn man s{on im Frieden einrihien kann auf die militärisWen Bedürfnisse, sich anbvers ge- brauchen, leichter behandeln lassen im Ernstfalle, als wenn sie in diesem Falle erst dann zusammengeseßt werden muß.
Es ift im Reichstage von autoritativer Seite gesagt worden : Deutschland ist geachtet und gefürchtet, es ist bencidet aber nicht ge- liebt, und wir werden uns 50 Iaghre hindurch bereit balten müssen, das zu vertheidigen, was wir durch das Glück der Waffen errungen haben. Sorgen wir auch in Beziehung auf das Cisenbahnwesen für Einrichtungen, welehe dem entsprechen!
Ein Punkt aker ist bei der Frage nicht berührt, meine Herren ; er ist au in den Motiven nicht erwähnt worden, und ih glaube, er ist sehr wichtig. Ich erinnere Sie an den Verlauf der Truppen- bewegungen von 1870—1871, an die plößlihe Störung des Verkehrs. Ich erinnere mi, ich stand damals selbst in der Praxie, welche Nothschreie laut mwurdcn, daß man den Anforderungen des Verkehrs troß der Sperrung einzelner Strecken doch in etwas gerecht werden mögez ih habe damals gefunden, daß die Zersplitterung der Bahnen in verschiedenen Händen ein Hinderniß bildete, um dem Verkehr wenigstens in geringem Maße gerecht werden zu können. Eine ge- wisse Hülfe ist aber möglich. Es werden nämli für militärishe Zwele bestimmte Routen stark oder mindec ftark in Anspruch genommen, manche Routen dagegen find fast gar nit beseßt. Nun handelt es sich in solchen Zeiten darum, den Verkehr, nad Suspension der Licferfristen, die ja nit aufrecht zu erhalten sind, über Hülfsrouten, auf Umwegen, zu dirigiren, die ja nah dem militärishen Bedürfniß wechseln. Für diese Hülfsrouten jedesmal Tarife zu machen, Vereinbarungen zu treffen über die Benußung der Betriebsmittel u. #. w. ist eine Un- möglichkeit, denn die Nouten wechseln fast jeden Tag.
Sollten wir wieder in die unglückliche Lage kommen, einen Stieg, führen zu müssen, dann ift gerade von einer Zusammenfassung des Eisenbahnwesens in einer Hand zu hoffen, daß wir eher in der Lage sein werden, dem Verkehr wentgstens nothdürftig zu Hülfe zu Ttommen, und das ist in einer Zeit, wo es darauf ankommt, auch die L LGIeN des Volkes aufrecht zu erhalten, von großer Wich- igkeit.
Meine Herren, der Hr. Abg. Virchow hat dann von der in den Motiven erwähnten Parität der Tarife gesprochen. Ich glaube, er hat das mißverstanden. Es ist dabei nicht gedacht an gleiche Tarife, soudern an eine gleichmäßige Anwendung der Tarife, d. h. also an diejenige Anwendung, die §. 26 des Eisenbabngeseßes von 1838 vor- schreibt, eine Anwendung ohne Unterschied der Interessenten, und das ist ein Punkt, den ich sehr ernst betonen muß. Es giebt Mittel und Wege, die publizirten Tarife zu umgehen, ohne daß das große Publi- kum etwas davon erfährt. In einem Nachbarstaate ift das in einem außerordentlichen Maße betrieben ; es liegt eine Nachricht vor, daß auf einer Bahn dort 90 %% des gesammten Verkehrs gegen Refaktien transportirt werden. : E
Es ist dann weiter gesagt, die Differentialtarife für Holz sind
Erste Beilage
beseitigt worden; hal das aber genußt für den Aufs{wung unse: er Forstverwaltung? Nein, wir haben eine Mindereinnahme noch außer- dem zu verzeihnen. Ja, meine Herren, die Tarife für Holz sind gleibgestellt für auëländishes und inländishes Holz; früher waren sie für ausländishes Holz billiger als für inländishes. Ich glaube, wir würden bei der Forstverwaltung einen noch größeren Ausfall haben, wenn wir jeßt auch noch das ausländische Holz billiger fahren wollten, als das inländische.
Meine Herren! Es ist dann von dem Verhältniß der Eiscnbahn- politik zur Zollpolitik gesprowen worden. Nun kann und darf es doch — Hr. v. Wedell hat das con berührt — nicht zulässig sein, daß unsere Eisenbahnpolitik die durh Geseg festgestellte Zollpoliti? des Reichs durchkreuzt und daß dies die Tendenz, wele durÞ die Differentialtarife vielfah verfolgt wird, das ift eine bekannte Thatsache. Ich erinnere daran, daß im Jahre 1873 eine schr ausführlihe Enquete über die Differentialtarife und die Mittel gegen ihrcn Mißbrauch beim Reiche stat!gefunden hat. Die Enquete ist, wie so manche andere, resultatlos verlaufen; in- terefsant ist mir aber gewesen, daß ein beredtes Mitglied der Enquete, das heute auch Mitglicd dieses hohen Hauses ift, damals ausdrücklich den Ausspruch gethan hat: es sei ein Glück, daß man dur die Eisenbahntarife die Zolltarife neutralisiren könne.
Endlich ift noch von dem Hrn. Abg. Virchow die Frage wegen der Ermäßigung der Tarife für oberschlesiscbe Kohlen nah dem Often berührt worden. Ich gestche, ih hätte niht erwartet, daß im gegen- wärtigen Augenblicke, wo so außerordentliche Klagen uns zu Ohren kom- men aus Obersc(blesien über einen Nothstand, der in Folge der {lebten Ernte und der gedrückten Geschäftslage in vielen Kreisen große Be- drängniß hervorgerufen hat, daß der Herr Abgeordnete da eine Maß- regel, die ledigl.ch dazu bestimmt war, um der obers{lesischen Kohlen- industrie, die nah Rußland und nah Oesterreich keinen freien Ein- gang findct, im Interesse der zahlreichen Arbeiter ein neues Absay- gebiet zu erschließen, daß er da dieje Klagcn aué stößt. Es ist das in der That ein Nothftandétarif im engeren Sinn, und wenn man uns fagt, er bringt ja nicht einmal die Transportkosten, daun er- widere ih: es kommt eben darauf an, wie man die Transportkosten berechnet. Ih gebe in der Tbat auf die Berechnung der Selbstkosten des Transportes außerordentlich wenig, sie beruhen mehr oder minder auf s{wankender und willkürlicher Grundlage. Es kommt in diesem Falle, wo es sich darum handelt, nicht etwa den Handel zu s{ädigen, sondern ein neues Absaßgebiet aufzusuhen für die bedrängte oberschlesische Industrie, nur darauf an, daß man si die Mehrkosten bezahlen lasse, die der Transport verursaht. Glauben Sie, daß die Oberschlesisde Eisenbahngesellschaft, in deren Tarife der Minister unter ein gewisses Maaß vertragëmäßig nicht eingreifen ann, sich hâtte bereit finden lassen, die Tarife in dieser Weise zu ermäßigen, wenn sie nit gefunden hätte, daß sie doch dabei ihre Rechnung machte? Nun ist gesagt, wir sc{ädigten den Handcl von Königsberg und von Danzig, indem wir die See-Rückfrachten ver- theuerten. Ja, was ist denn daran wahr? Es liegen mir die aus- führlichsten Berichie vor, wonach die See-Äusfrachten — man nennt sie ja so — dort herunter nicht herauf gegangen sind. Es ift also eine Besorgniß für den Export Oft- und Westpreußens in dieser Be- ziehung nicht begründet.
Dann, meine Herren, glaube ic, daß Herr von Wedell vollko:nmen Recht hat, wenn er sagte, die Frage, ob wir zum Staatsbahnsystem in dem Sinne, daß die Hauptlinien davon ergriffen werder, Über- gehen wollen oder nit, ift eine berekie entsibiedene. Die Frage ist häufig ventilirt worden, sie ist {on im Jahre-1873 bei Gelegenheit der 120 Millionen-Anleihe hier erörtezxt worden und damals schon, und zwar gerade von gegnerischer Seite, is cs accentuirt worden, daß man mit der Arlage der Bahn von Berlin nah Weßlar über- gehe zum Staatébtahnsystem. Es war das rihtig. Ich mövte noch weiter gehen. Son mit der Erweiterung Preußens durch Einver- leibung der neuen Provinzen, mit der Acquisition großer Staats- bahnaneze im Westen vollzog sich der Uebergang zum Staatsbabnsystem, während bis dahin nur. Das gee mischte System bestand. Es war die Nothwendigkeit gegeben, die Staatébahn-Komplcre im Osten und Westen mit einander zu ver- binden; man hat den Versuch gemacht, mit der Linie Berlin-Wetlar dem Bedürfniß zu genügen. Schon im Frühjahr habe ih außs- gesprochen, daß dieser Schritt nicht vollständig ausreicht, daß man weiter gehen muß im Interesse der alten Staat:bahnen. Es ist eine eigenthümliche aber do natürlihe Erscheinung, daß die Konfe- quenz, welche zum Staatsbahnsystem führt, Hand in Hand geht mit der Entwickelung des preußischen Staates, seiner Macht- und Ge- bietserweiterung.
Wir haben geseben, daß das gemishte System, welches in einer sehr geistvollen Schrift des Dr. Sax, cines Mannes aus der Praxis, jeßt Professor in Wien, wenn ih nit irre, als eine ganz abfsonder- liche Theorie bezeichnet, als etwas in sich Widerspruch8volles, Unhalt- bares, ein System, welches nach allen Seiten in verkehrte Bahnen treibt. Mit Recht! denn es nöthigt zu einer unwirths{haftlichen Konkurrenz, zu einer Versbwendung im Bau und Betrieb, zu einer BVerscbwendung in Verwaltung und Materialbeschaffung, zu einer Verschwendung in der Bewegung des Verkehrs selbst, welhe sih auf ganz kolossale Summen bezisfert. Diese Vershwendung, meine Herren, deren Wirkungen unsern Verkehr belasten, können wir nicht länger tragen, und dieser Vershwendung zur rechten Zeit, d. h. sobald wie möglich und sobald der Staatskredit es erlaubt, ein Ende zu machen, halte ih für eine ernsle Pflicht der Regierung.
Für das Staat3bahnsystem könnte ih Jhnen Autoritäten ersten Ranges anführen. Wollen Sie sich erinnern, daß ein Mann, wie Hansemann, s{chon im Jahre 1837 gesagt bat: Das Staatsbahn- \ystem ist das allein richtige, — daß der Handels-Minister Milde und mit ihm der Finanz-Minister Hansemann dieselbe Auifassung in einer Denkschrift niedergelegt hat, die dazu bestimmt war, Se. Ma- jestät den König zu bewegen, sich für den Ankauf sämmtlicher Privatbahnen du!ch den Staat zu entsLeiden, — darf ih Sie er- innern an das, wie auch in ver Begründung des hier vorliegenden Gesetzes angeführt ist, was die Unktersuhung8kommission, die im Jahre 1873 eingeseßt wurde, gesagt hat. Diese Kommission, deren Mitglieder beiden Häusern des Landtages angehörten, und welce Gelegenheit hatten, auf das Liefste in die Verhältnisse des Privat- bäbnbetziebes und des Eisenbahngründungswesens einzudringen, — diese Kommission that den Ausspruch, es bleibe nichts übrig, als \{ließlih zum Staatsbahnsystem zu gelangen. Weine Herren, ich will von liberalen Blättern absehen, von der „Nationalzeitung“, von der „Kölnischen Zeitung“, die si in gleichem Sinne ausgesprochen haben, aber selbst die Privatbahnen erkennen an, daß der gegenwärtige Zu- stand nicht haltbar ist. Deshalb kommt von ihnen der Vorschlag und der Wuns, daß man ihnen gestatten möge, wichtige Strecken der Staatsbahnen an sich zu unehmen und si zu fusioniren zu mäch- tigen Gesellshasten, — also, wie der Abg. Berger im Jahre 1873 sagte, nur die Herrschaft der Plutokratie zu konstituiren. Ich spreche damit niht einen Vorwurf gegen die leitenden Personen bei den Privatbahnen aus, der Vorwurf trifft das System, welches es mit ih bringt, daß man zu diesen verwickelten Tarifverhältnissen, zu diesen auf \{chwankender Grundlage beruhenden Verbandstarifen ge- langt, daß man Differentialtarife kekommt, die für das eine Gebiet, für einen Verkehr gut sein mögen, aber, wie ich {hon neulih anzu- führen die Ehre hatte, den viel wichtigeren Verkehr in anderen Ge- bieten schädigt. Es ist das, wie gesagt, eben eine Folae des Systems, die mil hingenommen werden muß. Es
ciger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
1879.
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bleibt also nichi8 übrig, als dieses Syslem in dem Umfange, als es für das Staatëinteresse nothwendig ist, zu keseiti- gen. — Welche Summen ausgegeben werden für die Verwaltung, für den Betrieb, unnütz, das ersehen Sie aus der Aufstellung, welche die Motive enthalten für die vom Staat zu erwerbenden Bahnen. Die Sre die si erzielen lassen bei dem Personal, kei den Bauten und Anschaffungen beziffern sihch auf ganz erheblilze Sum- men. Ich erwähne, daß wir an den Bauten, die wir sparen können, an den Anschaffungen, die wir unterlassen können, durch den Ankauf dieser 4 Bahnen zwischen 7 bis 8 Millionen Mark ersparen. Ich könnte Ihnen weiter vorrechnen, daß wir nah meiner Schäßung auf die Dauer zu einer Ersparniß gelangen würden bei der Verwaltung, die sich vielleiht jährlih ebenso hoch beziffern würde, und daß diese Ersparnisse wachsen, je mehr wir große Neße den vorhandenen an- schließen durch den Ankauf. Erwägt man alles das, und ih glaube, nach alledem, was Sie aus dem Lande hören, nach den vielen Bemerkungen, die mir von den verschiedensten Seiten zu- gehen, annehmen zu dürfen, daß diese Wahrheiten, welche ih jeßt und im Frühjahr ausgesprochen habe, im Lande durchdringen, so meine ich, daß das Land sich überzeugt, es kann nur durch den Uebergang, ich will [lieber sagen, durch die Durbführung dcs Staats- bahnsystems der jeßigen Kalamität in unserm Eisenbahnwesen abge- holfen werden.
Erwägt man nun, daß jeder Tag Verzögerung als Verschwendung zu betraten ist, daß wir mit dieser Vershwendung die gewerbliche Thätigkeit, die Produktion des Landes \{chädigen, doppelt in heutiger Zeit, daß jedes Eingreifen der Regierung in die Thätigkeit der Privatbahnen, welches geeignet ist, zu Einbußen zu führen, oder welches ihrer persönlihen Auffassung widerspriht, Mißstimmung !rägi in weite Kreise, daß wir auch die Ziele, welche die Neichs- verfassung im Auge hat, nicht erreichen können, wenn wir nicht mit den außerordentlich zahlreihen Privatbahnen aufräumen , dann meine ich au, daß jeßt, ‘wo wir billig kaufen können, wie auß Hr. von Wedell {hon erwäbnte, wo der Staats- kredit es gestattet, wo wir uns ausrechnen können, daß wir finanziell kein {lechtes Geschäft dabei machen, es an der Zeit ist, endlich mit einem ernsten Schritt vorzugehen. Darin stimme ih auch dem Hrn. Abg. Virow — nicht dem von heute, sondern dem von 1877 — bei, daß, wenn man dazu übergehen will, Eisenbahnen für den Staat anzukaufen, man nit einzeln, sondern mit einem großen System vorgehen solle. Der Hr. Abg. Virchow sagte damals aus- drücklib, er würde mit sich handeln lassen, wenn es sich um eine große Operation handelte; beim Ankauf einer cinzelnen Babn mache man eine neue nothleidende Bahn, die dem Staate in die Hände fallen müße.
Es sind ja nun Bedenken verschiedener Art vorgebracht worden aegen die Durchfübrung des Siaatsbahnsystems. Einige dieser Bedenken find nur \{eiubare. Es wird zunächst behauptet, die Macht der Res gierung werde zu groß, sie bekomme zu viel Beamte, die von ißr ab- hängig seien und man habe keine genügende Kontrole, kein genügendes Gegengewicht. Diese Bedenken sind nicht begründet. Jetzt ist der Privateisenbahubeamte abhängig von seinem Direktor, lediglich durch das Vertragsverhältaiß gebunden und losgelöst von demselben, sobald es unler der vertrag8mäßigen Vorausseßung dem Direktor ange- messen erscheint. Bei der Staatsbahn steht der Beamte unter dem Gese. In der That haben Sie eine Kontrole, haben Sie ein Gegengewicht gegen die Verwaltung der Privatbahnen, hat die Landesvertretung cinen Einfluß - auf die Verwaltungen der Nrivat- bahnen, fo wie der Regierung gegenüber? Nein! Jene Verwal- tungen sind in der That — die Aufsicht dec Regierung reiht nicht aus — ich môchte sagen zumeist quasì fouverän.
Dann ift weiter behauptet worden: w:nn die Privatbahnen weg- fallen, dann fällt auch die Anregung zum Fortschritt fort, es wird Maraëmus einreißen. Allein, meine Herren, die Anregung, die Initiative, der Inventionstrieb beruht nit \o sehr in der Ver- waltung, als in den Perfonea, wie dies auch in den Motiven des Gesetzes gesagt ist. Und dann, meine Herren, ist Preußen etwa eine Insel oder liegt cs gar auf einem Planeten für fi{ch? Wird uns nicht überall Anregung genug von außen, vom Publikum gege- ben? Haben wir nicht auch Staaten um uns herum, die uns An- laß geben zu Fortschritten? Seien Sie also in dieser Beziehung ganz unbesorgt, ih glaube niht, daß wir einen Stillstand in der Fortbildung des Eisenbahnwesens haben werden, sei es in technis{cer, \ci es in administrativer Hinsicht. Das ift richtig, daß durch den Ucbergang von Privatbahnen auf den Staat manche perssnlichen Interessen geschädigt werden. Jch will nit anführen, wie sehr die Interessen vieler Direktoren verleßt werden und ihrer großen Klientel. dics sind aber - nicht die Interessea der Aktionäre. Jch will hier nicht auf Details eingehen, ih könnte fonst interessante Data mittheilen. Auch die Interessen der Börse werdea ja benachtheiligt. Die Börse hat ein gewifses Interesse an dem Fortbestehen der Privatbahnen, es giebt etwas zu verdienen, mag uun der Erneuerungsfonds verkleinert oder vergrößert werden, mögen neue Aktien ausgegeben werden, mag die Dividende so oder fo ausfallen u. \. w.; die Börse hat natürlih ein Interesse daran, eine Menge Paptere zu haben, an denen sie verdient. Meine Herren ! áIch rechne es mir gerade als Verdienst an, in dieser Beziehung die Thätigkeit der Börse zu beschränken. - Ich glaube, daß die Börse bier als ein Giftbaum wirkt, der auf das Leben dzr Nation feinen verderblichen Schatten wirft, und dem die Wurzeln zu bes{neiden und seine Aeste zu nehmen, halte ih für ein Verdienst der Regierung.
* Dann ift ein Bedenken geäußert wegen der Vermehrung der Staatsschuld. Ja, meine Herren, seit dem Jahre 1867, wenn ih nicht irre, haben wir 900 Millionen Schulden für Staatseisenbahnen gemacht. Wenn wir jeßt auf Bahnen, deren Umfang, deren Bedeutung wir genau abshären kön en, eine große Summe verw:nden, dann wird man uns nicht der Leichtfertigkeit zeihen können gegenüber jener Verwendungen auf Unternehmungen, deren Rentabilität man noch nicht ükersah, ja bei denen man mitunter die Rentabilität als eine im hohen Grade zweifelhafte bezeichnen mußte. :
Einige andere Bedenken sind ernsterer Natur, und auf diese m:chte ih mit einem Worte eingehen. a
Es ift die Frage aufgeworfen worden, auch in öffentlichen Blättern, wird die Organisation der Staatveisenbahnverwaltu1g eine folche sein, daß wir davor gesichert sind, es werde nicht von Berlin aus centralistisch der Verkehr regulirt? Wird man nicht bureaukratish in die Verkehrsverhältnisse eingreifen ? ist dagegen uns eine Garantie in den künftigen Behörden cezeben? — Ich habe {on früher in diesem Hause ausgesprochen, daß eine Centralisation in dieser Beziehung der Staatsregierung durchaus antipathis ift, daß sie den Wunsch hegt, die Eisenbahnverwaltung in der Weise zu organisiren, daß Provinzialbehörden eingeseßt werden, die ein an- gemessenes Gebiet zu verwalten bekommen und die mit angemessener Selbständigkeit ausgerüstet werden. Es ist durhaus nicht unsere Meinung, über das hinaus, was abfolut centralistish behandelt wer- den muß — ih will also sagen, Fahrpläne für internationalen Ver- kehr, gewisse Normen für die Verwaltung, Angelegenheiten bezüglich der Ausführung des Etats u. dergl. — über diesen Nahmen hinaus die Pcovinzialbehörden zu beschränken. Jch habe den lebhaften Wunsch, das Gefühl der Verantwortlichkeit in den Prooinzialbehörden zu stärken, indem ih ihnen eine größere Selbständigkeit gewähre, und auf diese Weise ihre Thätigkeit für das Land Truchtbarer zu machen. : "Die Frage, ob es im Wunsche der Regicrung liege, die wirths