1879 / 272 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Nov 1879 18:00:01 GMT) scan diff

der Mundart des betreffenden Orts zu erhalten, besiimmt, daß die Kreis und Stadt-Schulinspeltoren von dem Unternehmen und der ibm beigelegten Wichtigkeit in Kenntniß zu seßen und anzuhalten seien, den thnen unterstellten Lehrern dringend anzuempfehlen, die Veberseßungsformulare, welche Dr. Wenker ihnen zusenden werde, forgfältig und pünftlich auszufüllen; ferner dem Dr. Wenker die Adressen der Kreis- und Stadt-Schulinspektoren des betreffenden Bezirks mit Angabe der Anzahl der einem jeden unterstellten Schulen mitzutheilen. Weiter hat der Minister auch die Regierungen der benabarten deutshen Staaten ersucht, das Unteraehmen in ges eigneter Weise zu fördern.

Im Verlage von Gebrüder Pätel hierselbst ift „Der For stt- meister“, Noman in zwet Bänden, von Berthold Auerbacch er- scbienen. Dem Forsimeistcr, nab weldhem das Buch seinen Titel erhalten hat, ist in demselben zwar keine leitende NoUe zugefallen, «ber die Forst tritt in dem Romane so in den Vordergrund, baß in dieser Beziehung auch der Titel gerechtfertigt ist. Die Grzäbhlung spielt im Walde. der sinnig mit den Charakteren der handelnden Personen verknüpft ist, Der Dichter beweist seine dihterishe Begabung auch besonders in den häufig wiederkehrenden, aber abwechselungsreichen Schilderungen der Waldnatur. Die Rollen des Nomans sind an viele Perfonen vertheilt, deren Eigenart die Konflikte vermehrt, aber ge Interesse des Lesers an tem Roman bis zum Schlusse rege erhält.

Deff 11 unt 12 (Jahrg. AAIX). der „Zeitschrift für Bauwesen“, herausgegeben unter Mitwirkung der Königlichen tech- nischen Bau-Deputation und des Architekten-Vereins zu Berlin. Re- dacteur F. Endell, Regierungs- und Baurath. Berlin 1879, Verlag von Ernst u. Korn (Gropius\{he Buch- und Kunsthandlung) hat fol- geaden Inhalt: Amiliche Bekanutmachungen. Bauwisscu]chaftliche Mittheilungen (Original-Beiträge): Der Certralbahnhof zu Magde- burg, von den Baumeistern Heim und O, Peters in Verlin. (Schluß.) Mittheilungen von der Pariser Weltausstellung im Jahre 1878, vom Geheimen Ober-Baura1h Baensch in Berlin. Die Gleit- fläche des Erddruä-Prismas und der Erddruck gegen gencigte Stüß- wände, vom Wasserbau-Inspektor E. Cramer in Brieg. Kou?

struktive und polychrome Details der gricchishen Baukunst (Schluß), |

vom Professor Josef Durm in Karlsruhe. Mittheilungen nach atntlichen Quellen. Mittheilungen aus Vereinen. Literatur. _— Von der FInternationalen wissenschaftlichen Bibliothek (Leipzig, F. A. Brockhaus) ist der XXXVIII Band er- schienen: „Die Völker Afrikas“ von dem Prof. Nobert Hart- mann. Der berühmte Afrikareisende schildert in diesem Buche die Völkerschaften Afrikas im Zusammenhange, in ihrem Sein und Wirken na der dur eigene Anschauung und eingehendes Studium zahlreicher Quellen gewonnenen Kenntniß. Der erste Abschnitt han- dli von den afrikanishen Menschenstämmen und deren Wohnsigen ; der Verfasser geht biz auf die Anfänge der Geschichte zurück, um die Verwandtschaft einzelner Völkerschaften, die Abstammung an- derer nachzuweisen und das in Afrika herrschende bunte Völkergemish mögli zu entwirren. Das zweite Buch enthält die

Ergebnisse der anthropologischen Untersuchungen der afrikanischen Bölkerstämme, an denen der Verfasser sich bekanntlich in hervor- ragender Weise betheiligt hat. Das dritte Bu handelt voa der häueliwen Einribtung, den Sitten, Gebräuchen, dem Recht u. \. w. ter Afrikaner. Wir finden hier übersidtlih Alles zusammengestellt, was bekannt ift üker ihre häuslichen Einrichtungen, Kleidung und Zierrath, Acerbzu und Viebzucht, Nahrung, Gewerbthätigkeit, Handel und Verkehr, Sitten und Gebräuche, religiöse Vorstellung, Regierung ind Staatéverfassung, Rechtsverhältnisse, Krieg, Jagd, Sishfang « 1. w, fowie über die Sklaverei. Im vierten Buch werden ie eigenthümlihen afrikanishen Krankheiten besprochen, im fünften die afrikanishen Spraben. 94 Holzschnitte afri- kanisher Typen, Geräthe, Waffen u. \. w. find, den Tert erläuternd, einzefügt. Das Buch ift bei all seinem wissenschaftlihen Gehalt so gemeinverständlihß geschrieben, daß es allen Gebildeten eine ans genchnme Lektüre sein wird.

__— In Bologna ist am 9. Nov:mber in Cegenwart des italic- nif{en Unterrich 8-Ministers ein Ptonument zu Ehren von Lu d- wig G alvankt, dem Entdecker des „Galvanismus", enthüllt worden

Gewerbe und Harzdel.

____Es8 ist bereits seiner Zeit®) an dteser Stelle auf umfassende Reformmaßregeln hingewiesen worden, weiche das Sesundheits- ant in Rio de Janeiro in Vorschlag gebracht hatte, um der Eztwickelung und dem Umsichgreifen des gelben Fiebers und azaderer Gpidemien in der dortigen Stadt und im Hafen thunlichst vorzubeugen.

Cine jeßt veröffenilihte Instruktion giebt dem gedachten Gesund-

heit8amte die Ermächtigung, bezüglih der im Hafen von Rio de |

Janeiro ankernden Schiffe die näher bezeibneten Präventivmaßnahmen zu treffen. Dahin gehören namentlich die folgenden : y der Schiffe vom Ufer und von einander Bestimmung zweier Ankerpläße für die Beladung und bez. für die Löschung der Swiffe Auswahl eines besonderen Lukerplatzes für die Ausschiffung von Auêwanderern Verbot des Unlandgehens der Besaßung Bedachtnahme darauf, daß die Ladungs- und Löschungs8- arbeiten nicht während der heißesten Tagesstunden dur die an das tropishe Klima nit gewohnte Mannschaft der fremden Schiffe ver- richtet werde.

„Hicrnach wird eintretenden Falles das Laden und Löschen der Sciffe mit Hülfe von Leichterschiffen zu erfolgen baben. Da die hierdurch erwacsenden Mehrklosten nach der Usance im dortigen Hafen dem Schiffe zur Last fallen, so wird hierauf von Seiten der betheiligten Rheder, Schiffer und sonstigen Interessenten beim Abschlusse von Charter Parthien im Voraus zur Vermeidung pâterer Reklamationen Nücksiht zu nehmen sein.

_ Die vorliegende Instruktion nimmt zugleih auf früher er- lassene Vorschriften Bezug, wonah Sciffe, welche gus in- fizirten Häfen kommen und entweder während der Neise ver- dächtige Krankheitéfälle an Bord hatten, oder fol{be bei der An- kunft haben, obne Aufenthalt na der Bucht von Jurujuba gehen müsen, 1m dort speziellen sanitären Maßregeln unterzogen zu wer- den, während, falls feine dieser beiden Alternativen vorliegt, der Gefundheits-Inspeltor des Hafens befugt ist, das Verbleiben des Schiffes auf dem allgemeinen Ankerplaye zu gestatten.

_ Na der im „Handels-Archiv“ veröffentlichten Uebericht über die wirthschaftlichen Verhältnisse inEngland, vom 1 Ult bis 30. Juni 1879, ist im Jahre 1878 die Einfuhr wie die Avsfuhr seit dem Mai gegen das Vorjahr stetig zurückgegangen. Die Differenz in der Einfuhr betrug nah den Monatstabellen (1878 363 710 000 Pfd. Sterl., 1877 392 570 000 Pfd. Sterl.) 28 860 000 Pfd. Sterl, in der Ausfuhr (192 848 914 : 198 790 000 Pfd. Sterl ) 5 986 000 Pfd. Sterl. Die Abnahme der Eir fuhr erklärt sih durch die bessere Ernte 1878 und die Bankkrisis desselben Jahres, die der Aus- fudr dur die der Vankkrisis folgende Zerrüttung der Kredite. An Weizen allein wurten im Jahre 1878 64 Millionen Pfd. Sterl. wentger eingeführt als in 1877, an Baumwollenwaaren allen ostwärts 185000000 Yards im Werthe von 21 | Millionen Pfd. Sterl, weniger ausgeführt. Nach den berich- | tigien Jahrestabtellen belief sid die Einfuhr 1878 auf 367 934 090 Pfd. Sterl, 26 000 000 Pfd. Sterl. oder 6% weniger als in 1877. Nährstoffe find in jener Summe mit 165 032 000 Pfd. Sterl. over 45,1% enthalten, auéländische Fabrikate mit 47 290 000 Pfd. Sterl. oder 12,8%. Bei den leßteren war Deutschland vertreten mit Leder- waaren 83 000 Pfv. Sterl. (gegen 9400 Pfd. Sterl, in 1877, 161000 Pfd. Sterl. in 1876), Papier 287 000 Pfd. Sterl. (278 000 Pfd Sterl. in 1877), Wollwaaren 665 000 Pfd. Sterl. (1877 1 099 009 Pfd. Sterl.) u. \. w., wobei aber zu berücksichtigen ift, daß fi in den zollamtlichen Listen unter den niederländishen und belgi1en Waaren auc noch viele deutsche finden.

„_ Die Zolleinnahmen betrugen im Jahre 1878 20191 526 Pfd. Sterl. brutto (351 205 Pfd. Stcrl. mehr, als im Vorjahre) und

Fernhaltung !

*) S. Reichê-Anz. v. 23. Oktober v. J.

20 087 200 Pfd. Sterl. netto

= 1,1 0/

en R 0. Von der Ausfuhr 1878 (192 848 914

auf den Verkehr mit britishen Kolonien. und Deutschland (um 12 500 000 Pfd. Sterl.) abzenommen.

Werthe von 4338011 Pfd. Sterl, geführt als im Jahre 1877.“

Im ersten Halbjahr 1879 betrug die Einfuhr

nicht raffinirter Zulker +— 2083 717 Pfd.

+ 8953 922 Pfd, Wollgarne + 421009 Pfd. und Kohlen —+ 151999 t. An Edelmetallen wurden 8 940 000 Pfd. Sterl. Gold und 6 340 000 Pfd. Sterl. Silber eingeführt (gegen das erste Halb- jahr 1878 + 1 999 000 bezw. 1 35d 000 Pfd. Sterl.), 4 597 000 bezw. 6 000 0C0 Pfd, Sterl. au8gefübrt (— 4 636 000 bezw. 869 000 Psd, Sterl.). Die Einfuhr von Nährstoffen erreichte den Werth von 42 821 900 Pfd. Sterl., 8 169 000 Pfd. Sterl. weniger als im ersten Halbjahr 1878.

__ München, 14, Novemker. (Allg. Ztg.) Im Saale des Kunstgewerbe-Vereins hierselbst hielt am vergangenen Montag vor den Mitgliedern des polytecnischen Vereins, welche äußerst zahlrei erschienen waren, Hr. Professor Hoyer einen sebr interessauten, mit grozem Beifall aufgenommenen Vortrag über Weltausftel- Tlungen im Allgemeinen und mit Berücksibtiguug auf eine im Jahre 1881 hier abzuhaltende Jndustric-Ausstellung. Zum Beginn seines Vortrags gab der Redner eine statistische Uebersicht über die fieben zwischen den Jahren 1851 bis 1878 abgehaltenen Weltaus- stellungen. Daraus ergiebt sich die Thatsache, daß beispiel3weise bei der leßtcn Ausstellung in Paris ein Besucher, der es fih vorgerommen, einem jeden Aussteller bei der Besichti- gung eine Minute Zeit zu widmen und tägli hierzu 5 Stunden zu verwenden, zu diesem Zweck ungefähr 6 Monate Zeit gebraucht haben würde. Professor Hoyer {loß aus diesem wie aus mehreren anderen Umständen, die er eingehend beleuchtete, daß in so gigantishem Maßstab angelegte Weltausstellungen im großen Ganzen wohl eigentlih nie recht den Zweck erfüllen werden, den fie erfüllen sollten, nämlich deñ?t ein genaues bis ins Detail richtiges Bild nicht gur der Leistungsfähigkeit verschiedener Länder, sondern auch der cin- zelnen Ausfleller zu geben. Es wird hierbei cben nur das Große, Blendende, in die Augen Fallende Beachtung finden, während die Mehrzahl an dem Kleineren, wenn auß noch so Tüchtigen und Be- achtung8werthen, gleichgültig vorübergeht. Professor Hoyer ‘redete darum auch ganz entscieden fleineren Landeb- oder Lokal- Ausfiellungen das Wort, wobei namentlich die Interessen tüchti,er Kleinindustriellen viel bessec gewahrt würden, als dies bei größeren Ausstellungen der Fall sein könne. Auch andere Herren, namentlich Professor Stölzl und Fabrikant Billing, {lossen fich dieser Ansicht an. Hr. Billing beleuchtete überdies wie er es nannte die Unfitte des Prämiirens auf sehr drastische Weise und gab zu großer Heiterkeit durch Erzählung de3 folgenden eklatantesten Beispiels Anlaß: „Die bekannte Firma für Feingold- ¡chlägerei Simmerlein dahier hatte sich mit mehreren anderen hie- figen Fabrikanten zur Ausstellung in Wien im Jahre 1873 ange- meldet, war aber durch einen unvorhergeschenen Zwischenfall verhin- dert, die Ausstellung zu beschiken. Dessen ungeachtet befand sich die genannte Firma zum Erstaunen und zur Freude des Hrn. Simmer- Lein unter den, und zwar mit der goldenen Medaille, Prämiirten.“

London, 17. November. (Allg. Corr.) Ein Kabeltelegramm, datirt North-Eastham (Massalujetts) 16, November, 6 Uhr ‘übends, meldet: Das Küstenende des neuen französisch-atlantischen

| Kabels wurde celandet und Signale zwischen den Gestade und dem

Kabeldampfer „Faraday" ausgetauscht. Letzterer segelt morgen früh bei Tagetanbruch ab, um 17 Meilen vom Gestade die Verbin- hung zroischen dem Küstenende und dem Tiefscekanal zu vollenden.

19. November. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll- aufttion waren 119786 Ballen angeboten. Die Konkurrenz war lebhaft. Australishe Merino-Wollen 10, Kreuzzucbten 15 %/0, Kap- wolle 1 d. böber.

Glasgow, 18. November. (W. T. B.) Die Vers iffun- gen der leßten Woche betrugen 13 149 Tons, gegen 7512 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 18. November. (W. T. B.) Der Dampfer

des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ ist hier eingetroffen.

Berlin, den 19. November 1879,

Graf Albert von Hohenberg, Rotenburg und Haigerloch vom Hohenzollern-Stamme, der Sänger und Held. Ein Cyklus von kulturhistorishen Bildern aus dem dreizehnten Jahrhundert, von Prof. Dr, Ludwig Schmid. Zwei Bände. Mit drei Illustrationen. Stuttgart, J. G. Cotta'\che Buch- handlung. 1879.

__Das vorliegende Werk soll, wie der Verf. selbs bevorwortet, weder ein Geschichts- oder Geschichten-Buch, noch ein historischer Noman sein, sondern dem Leser ein interessantes Stück des deutschen Mittelalters, nämlich die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts, ia einem Cyklus von frei bearbeiteten historischen, zumeist aber fkulturhistorishen Bil- dern vorführen. Alle zusammen geben ein Totalbild des bezeichneten Zeitabschnitts, jedes einzelne aber ist ein abgeruudetes, für fich ver- ständlihes Ganzes. Das dargestellte Stü Kulturgeschichte lehnt sid jedoch an eine Hauptpyerson und ihr Leben an, deren Wirksam- reit fast ganz in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fällt, das ist der auf dem Litel genannte Graf Albert von Hohenberg. Ginem alten, s{wäbischen Geschlehte angehörend, welches zu den Ahnen der erlaubten Hohenzollern und Habsburger unserer Zeit in nahen verroandtschaftlihen und sonstigen mannichfachen Beziehungen gestanden, wird derselbe na feinen Hauptburgsißen bald von Hohen- berg, bald von Rotenburg, bald (und zwar namentlich als Minne- fänger) von Haigerloch genanut. Er entstammte derjenigen \{wäbi- ¡cen Linie des Grafenstammes Zollern, welche sich gegen das Ende des 12. Jab rhunderts von demselben abtrennte und die genannten Burgen erbte, indessen {hon im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts im Mannesstamme ausgestorven ist. Die Teibliche Schwester unseres Helden aber, Gertrud mit Namen, w:lce sich mit dem Grafen Rudolf von Habsburg, dem nach- maligen deutshen Köniz vermählte, glänzt als die hohe Ahn- frau des öôsterreihishen Kaiserhauses, während das bayerische Köntgshaus als folhe des Grafen Albert Nichte, Mechthilde, verehrt. Graf Albert hat zu seiner Zeit entschieden eine hervor- ragende politishe Rolle gespielt; er galt als ciner der ersten Tour: nier-_ und Krie 18helden, erprobte fh als gewiegter Staatsmann und Diplomat und glänzte endlich in zwiefahem Sinne auch als Sänger. So sind denn die Geschichtschreiber und Dichter des Mittelalters wie der Neuzeit seines Lobes voll : der cine rühmt Alberts Nechtschaffen- heit, Weisheit und Thatkraft, ein anderer seine Milde, Freigebigkeit und Mensczenfreundlichkeit, ein dritter preist ihn als hohen Verehrer

4 _N (gegen 1877 + 350 989 Pfd. Sterl.). Nach Abrechuung des seit 1, April 1878 erhöhten Tabakszolls ver- bleibt jedo gegen das Vorjahr ein Ausfall von 225 445 Pfd. Sterl,

Pfd. Sterl.) fallen 126 610 000 Pfd. Sterl. (2 360 000 Pfd. Sterl. oder 1,9 i Tatrps als in 1877) auf den Verkehr mit fremden Ländern und 6 624 000 Pfd. Sterl. (3 680 000 Pfd. Sterl, oder 5,3 %/o weniger als in 1877) i t Die Ausfuhr hat haupt- fählid nab den Vereüiigten Staaten (um 26 100000 Pfd. Sterl.)

An baumwollenen Stückgütern wurden 219 155 555 Yards im verihe vo! ; I, an leinenen Stückgütern 16 964 827 Yards im Werthe von 386 223 Pfd. Sterl. weniger aus-

: von Waaren 172 641 723 Pfd. Sterl., 17 006 131 Pfd. Sterl. oder 9% weniger als im ersten Halbjahr 1878. Den größten Ausfall zeigten gegerbte Häute 9 822 222 Pfd., Thee 6 021 588 Pfd., Weizen 2688 748 Ctr., die größte Zunahme Wolle —+- 27 521 888 Pfd., i : Die A usfuhr von Waaren belief sich auf 88 826493 Pfd. Sterl., 5 833 907 Pfd. Sterl. oder 6,1 % weniger als im ersten Halbjahr 1878. Der größte Ans- fall war in baumwollenen Stückgütern 53 146 400 Yards, Wor- cefter-Waaren 12 144 700 Yards, Baumwolengarne 11 522 800 Pfd., Leinenwaaren 3 141 800 Pfd. ; die größte Zunahine in Wolle

der Frauen und Muster ritterliher Galanterie im besten Sinne deg Wortes; ein viertcr hält ihn für den ersten Ritter seiner Zeit für den Besten an ritterlihec Tugend beim Turnei und Me as E meint, e S mee ou l ehr geboren werden u. \. w, as vollaültigfte Zeugni jedo für des Grafen hervorragende Tüchtigkeit Îls Staaten und ritterliher Feldherr darf man darin sehen, daß fein Königlicher Schwager sehr Großes auf ihn gehalten und in der \chwierigsten Lage seines Lebens sich vornehmlih an ihn um Rath und Hülfe e hat. Für seinen Neffen aber, den Herzog Albrect von esterreih, seyte er gegen Adolf von Nassau Gut und Blut ein um ibm die deutsche Krone zu verschaffen; er fiel am 17. April 129g | im Kampfe mit dem Herzog Otto von Niederbayern, gänger Adolfs, bei Leinstetten im württembergishen Oberamt Sul; k Sein fittlich reiner Charakter tritt uns namentlih ia dem auf unz Ÿ gekommenen Gedichte von ihm deutlih entgegen. Nach alledem ? lohnte es sfich wohl, eine fo ritterliche Persönlichkeit zum Mittel y punkte der kulturhistorishen Schilderung zu machen.

Wenn wir diese selbst näher betrachten, so werden im ersten Bande die Charakterbilder von Vater und Mutter des Helden, eine Darstellung ihres Lebens, der Erziehung und Jugend ihrer Kinder È namentlich ihrer Erstgebornen, Alberts und seiner Shwester Gertrud | gegeben. Eingeflohten sind als besondere Bilder die Verlobung | dieser mit dem Grafen Rudolf von Habsburg, Alberts Nitters{l | durch Leßteren u. a. Nebenber wird d-r Leser über Rüstung, Waffen L und Noß des Ritters, das Burgen- und Jagdwesen, Kleiderstoffe und | Trachten und insbesondere auch über das Klosterwesen des Mittelalterz | in ungezwungener Form belehrt und in Geschichte und Sage, Sitten | und Gebräuche jener Zeiten in anregendecr Weise eingeführt.

m zweiten Bande tritt der Held als Mann und Meichsstand P auf. Er ¿eigt ihn uns als Regenten eines mittelalterlihen Klein staates (einer Grafscaft), schildert das Hof- und NRegierung8twesen das Beamten- und Dienerpersonal, die Thätigkeit des Grafen als NeicSs{andvogt, als hôcbster Nichter, und seine Funktion als Lehnsherr Der 2. und 4. Abschnitt insbesondere führen heitere Cpisoden aus dem Leben des gemeinen Volks vor, während der 7. und 12. das heitere, geistig gehobene Leben an des Grafen Hofe in frei erfundener novellistisher Form darstellen. Wo sich die Gelegenheit darbietet sind poctisde Erzeugnisse der Dichter und Sänger und ¿war meist in der Ursprache mit danken3werthen Erklärungen eingereiht. Am S@luß „wird der Leser zu der Nubestätie des Helden, der ehemaligen Klosterkirhe zu Kirchberg (jeßt Könialih württembergishe Domäne und Aerbauschule) geführt, und mehrere Stellen aus Dichtern, die den Tod des Grafen beklagen, wie der Reimdichter Ottokar und A a Konrad von Ammenhausen (in dem „Schachzabelbuch") zitirt.

Die Benußung des Werks, in welchem eine große Summe von Arbeit und Studium aufgespeichert i, sowohl als belehrende Unter, L baltungslektüre wie au zu wissenschaftlihen Zwecken möglichst be- | quem zu macen, hat der Verfasser keine Mühe gescheut. Nicht nur ist der Text dur zahlreihe Anmerkungen erläutert, sondern au ein alphabetises Personen-, Orts- und Sachregister angehängt und der Hauptinhalt oben über der Seite bezeichnet. Dasselbe dürfte in seiner anregenden, unterhaltenden Form si sehr geeignet erweisen, bei der Jugend die Liebe zum deutshen Vaterlande zu pflegen und in deutsch-nationalem Sinne erziehend zu wirken.

Das Sr. Königlichen Hoheit dem Fürsten Anton von Hohen- zollern „gewidmete Werk ist gut ausgestattet und mit den Abbildungen des Neitersiegels des Grafen, seines Grabsteines (zugleih der seiner Gemahlin Margaretha von Fürstenberg) sowie einer \{önen kolorirten | Tafel geziert, welhe nach der berühmten Manessischen Bilderhand- {rift das Ende des Grafen in dem reffen bei Leinstetten in naiver Weise veranschaulicht.

(H. B.) Am Sonnabend, den 15. d. Mts., zwischen 4 und 5 Uhr, (ging ein Boot von der, auf Station vor Cuxhaven liegenden Galliote „Johann Christian“, „Medea zu geben. Bei dem starken Nord- | é i Ebbstrerm war die Sce sehr bewegt, und das Boot erhielt, mehrere Brecseen, in Folge dessen es einige Schiffslängen von der „Medca“ entfernt fken- terte. Die „Medea" ging sofort mit voller Kraft rückwärts, welches | Manöver bei dem hohen Seegang aber nur sehr unvollständig aut ge{ührt werden Tonnte und von dem sogar bald abgestanden werden mußte, da eine norwegische Bark in voller Fahrt auf das Dampf- \chciff zukam. Der sich wieder aufrihtende Lheil des Lootsenboote®, an dem sich, wie die Besaßung der „Medea“ gesehen haben will, noch mehrere Leute festhielten, sank, ehe der Dampfer \ih demselben nähern tonnte. Inzwischen hatte auh die Galliote ihre Ankerkette geshlippt und eilte, aber leider ohne Erfolg, zur Rettung herbei. Die Namen dec in ihrem Berufe verunglückten sieben braven See- leute find: Lootse Thode, Dammann, Behnke L, Harkberxs und Heuck L, und Matrose Münster und Kreienberg.

) einen Lootsen wind und dem ausgehenden

Cöln, 18. November. (Cöln. Ztg.) Dem Autor des Bismartck- denkmals, Professor Schaper in Berlin, ist vom hiesigen Aus chuß für die Errichtung eines Moltkedenkmals nun auch die Aus- führung dieses Monuments nah dem von ihm eingesandten, mit dem ersten Preise ausgezeichneten Wtodell übertragen worden. Hr. Schaper hat si bei seiner Anwesenheit in unserer Stadt für die Aufstellung des Denkmals auf dem Laurenzplaß ausgesprochen; er gedenkt dafsclbe bis zum letzten Drittel des Jahres 1881 fertigzustellen.

Luzern, 15. November. (Bund.)

lôfte sih eine große Masse Gestein vom fogenannten Viznauer- tod auf der Nordwestseite des Nigi und stürzte in cine große Rinne, welche sich zwischen dem Viznauerstock und dem eigentlichen RNigi be- findet, circa eine Stunde vom Dorfe Viznau cntjernt, hinab. Die Leute wollen ein Zittern des Erdbodens wahrgenommen haben, allein es wäre auch mögli, daß die Erdbewegung selbst dieses könnte her- Lot noth N 211 to ; Sf » \ ihre beigeführt haben. Vorläufig liegt die ganze Masse am Orte ihres Absturzes still, allein sie liegt dech mehr oder weniger in einem Bach- bette, das freilih gegenwärtig kein Wasser führt. Merkwürdiger Weise strömte nun aber heute Vormittag weiter unten eine solche Masse schwarzen, s{lammigen Wassers dur das Bacbbett daher, daß in Bizuau die Sturmglocke ertönte, um Mannschaft Herbeizu- rufen zur Beobachtung des Bachbettes, damit dem Wasser der Aus- lauf in den See durch Steine oder Holz nicht verspecrt werde.

In der Nacht auf heute

…_ Rom, 14. November. Aus Neapel schreibt man, daß si die Vesuv-Ekuption, der gegenwärtigen abnehmenden Mondes- phase zum Trotze, in fortwährend zunehmender Thätigkeit befindet. Der Shlund, welcher den Krater von 1872 bildete, ist von den Laven bereils gänzlich ausgefüllt und der neue Eruptiontkegel im Steig.n begriffen. Die Laven, welche diesem entströmen, fließen die Hänge des Berges hinab und \chlagen theilweise die Nihtung nach dem „Atrio del cavallo“ cin. Von Neapel aus gesehen ift das Schau? piel, welches der Vesuv gegenwärtig bietet, ein prächtiges und zur Nachtzeit dec Wiederschein des Feuers lebhaft.

Nedacteur: - J. V. Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. El3 ner. Vier Beilagen (einsch{licßlich Börsen-Beilage).

Berlin:

auf t M glei E

Nachmittags der äußeren

Kavt. Beckmann, ab, um dem einkemmenden holländischen Dampfer

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M De 2

S Ä S E S I E S S

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 19. November. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (11.) Sißung ging das Haus der Ab- geordneten zur ersten Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend die Steuer vom Vertriebe geistiger Ge- tränke, über. Der Abg. Zelle erklärte sih gegen die Vor- lage. Alle Parteien des Hauses seien darüber einig, daß man niht ohne dringende Nothwendigkeit solche Geseße erlassen dürfe, welche, wie das vorliegende, so tief in das Leben der Bevölkerung einschnitten. Diese Novelle habe die aus- gesprochene Absicht, die Zahl der Gastwirthschasten zu be- schränken, und bevor noch dieses Geseg wirklih zur Aus- führung gekommen sei, verfolge man mit der gegenwärti- gen Vorlage dasselbe Ziel, niht acchtend die Regel: nec bis in idem. Die in der Begründung angegebenen Motive Beförderung der Sittlichkeit und Verbesserung der finan- ziellen Verhältnisse der Kommunen wären einzeln gewiß recht s{ón, aber so wie hier geschehen, mit einander verbun- den, wirkten sie nicht anders als zwei Pferde, von denen man eins vorn, das andere hinten an den Wagen spanne. Das Motiv der Sittlichkeit gebiete Verminderung, das finanzielle Motiv Vermehrung der Schankstätten und damit auch der Steuern. Was die Frage der Sittlichkeit betreffe, so müsse man fragen, ob denn die Klasse der Gastwirthe im Allgemeinen eine jo unmoralische sei, daß bei ihnen eine fo strenge Nemedux nothwendig erscheine. Schon die jeßige Geseßgebung schreibe eine Kontrole der Person und des Lokales vor, wie bei keinem anderen Gewerbebetriebe. Dazu komme der 8§. 53 der Gewerbe-Ordnung, wonach im Falle des Mißbrauchs die Konzession jederzeit entzogen werden könne. Das Geschäft der Restaurateure und Schankwirthe sei keines- wegs ein fo lukratives und mühcloses, wie es in den Motiven dargestellt werde; zu dem Betriebe des Schank- gewerbes gehörte niht weniger Umsicht und Thätigkeit, als zu jedem anderen kaufmännischen Gewerbe. Der Verfasser der Motive scheine das praktishe Wirthshausleben gar nicht zu kennen. Wenn auf die bedeutende Vermehrung der Schank- wirthschaften seit dem Eintritt der neuen Gewerbe-:Drduung hingewiesen werde, so sei doh zu berücsihtigen, daß man in Preußen scit Emanation derselben überhaupt noch keine nor- male Zeit gehabt habe, ert die Zeit der Milliarden, dann den furchtbaren Rückgang in geschästliher Beziehung. Was nun die in den Motiven erwähnte allgemeine Lukrativität dieses Gewerbes anbetrefse, so lieferten die Berichte des städtifchen Steueramts zu Berlin die zahlreihsten Beweise davon, daß die betreffenden Gewerbetreibenden sich niht in der Lage be- fänden, ihre laufende Steuer zu entrichten, und daß deshalb versügte Exekutionen sruchtilos ausgefallen seien; und wie die Verhältnisse in Berlin lägen, so lägen sie auch anderwärts. Die Ueberhandnahme der Schankstätten, von denen die Mo- tive sprächen, habe si in der Gründe:zeit vollzogen, gleichwie bei anderen Gewerben, z. B. den Ziegeleien. Seitdem aber jene Milliardenzeit geshwunden, hätten sich auch, wie dies bei den anderen Gewerben geschehen, auch die Schankstätten ver- mindert, und es wäre wohl wünschenswerth gewesen, wenn d¿r Minister auf statistishem Wege hätte Er- mittelungen anstellen lassen, in wie hohem Maße die Zahl der Schankstätten seit den leßten zwei Jahren abgenommen habe. Die Zunahme der Schankstätten bedeute noch nicht gleichzeitig eine Zunahme des Konsums. Er glaube, der Spirituosenkonsum habe mit der Vermehrung der Restaura- tionen niht Schritt gehalten. Jm Jahre 1857 habe der Vor- gänger des Finanz-Ministers eine Erhöhung der Gewerbe- steuer sür Schankwirthschasten beantragt und dabei troß der verringerten Zahl derselben einen vermehrten Besu kon- statirt. Und damit harmonire, daß ein Mitglied des dies- jährigen Gastwirthstages in München eine Verminderung der Restaurationen und Schankstellen deshalb dringend em- pfohlen habe, weil seit der großen Vermehrung derselben die meisten leer seien. Dann müßte man seines Er- ahtens doch einen Unterschied zwischen Hotels, Wein-, Bier- stuben, Rettaurationen, Konditoreien, Cafés einerseits und den Schnapskneipen andererseits machen, was in der Vorlage niht geschehen sei. Die an Unmöglichkeit grenzende Schwie- rigkeit, diesen Unterschied im Rahmen des Gesetzes zu statuiren, sprehe eben gegen das Geseg, Die Motive nennten den Branntwein das Getränk des armen Mannes. Diese Worte tlängen trostlos, wenn man die Folgen des Branntweins bedenke. Als Axiom möchte er sie übrigens nicht hinstellen, Jn vielen Orten würde wohl {hon eine Abnahme des Branntweintrinkens auch bei der niederen Bevölkerung zu konstatiren sein, und noch bis zum ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts sei Branntwein durchaus kein üblihes Ge- tränk gewesen, nicht einmal bei der niederen Bevölkerung. Diese habe damals Bier getrunken, und in der That müsse man doch zugestehen, daß das Bier der größte Feind des Branntweins fet, daß gerade der Biergenuß es dahin gebracht

habe, daß der Genuß des Branntweins immer mehr zurück-

edrängt und bekämpft werde. Er erinnere das Haus an die önstruktion des Ministers des Fnnern vom 26. August 1861 an die Behörden, wonach „neue Bier- und Weinstuben nicht blos unbedenklih, sondern als Gegengewicht gegen den üblen Einfluß der Branntweinschänken als erwünschte und nüßliche Anlagen zu erachten seien, deren Vermehrung nicht hemmend cntgegen zu treten sein dürfte.“ Wenn nun die Motive be- haupteten, „namentlih in großen Städten wende sich bekannter- maßen der Andrang vorzugsweise solchen Lokalen zu, in denen Schaustellungen und Vergnügungen von zweifelhaftem ästhetishen und sittlihen Werthe dargeboten würden“ so bestreite er die Richtigkeit dieses Satzes entschieden. Gute Wirthshäuser und Restaurateure seien ebenso nothwen- dig, wie jedes andere Gewerbe. Jn Berlin z. B. cxistirten Über 300 000 selbständige Personen, welche mit ihren Bedürf- nissen und ihrer Existenz geradezu auf die Nestaurationen an- gewiesen seien. Was dagegen die niederen Schankstätten, die jog. Tingeltangel, angehe, so habe er schon lange bedauert, daß die Polizei nicht viel schärfer gegen dieselben eingeschritten sei. Eine Maßregel, wic das Gesetz sie enthalte, belaste diese Klasse von Gewerbtreibenden doppelt und dreifah zu Unrecht

Erste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 19. November

gegenüber den anderen Gewerbtreibenden. Wenn je aber eine Zeit ungeeignet sei zur Einführung dieser Steuer, so jei es die jeßige. Die Gastwirthe hätten unter der Vertheuerung der Nahrungsmiitel durch die gZölle anm eien U leiden: Dann solle man doch aber. au die Hausbesizer bedenken. Wenn die Vorlage be- rechne, daß 14676 Schankstätten durch diese Maßregel unter- gehen würden, so könne schon aus diesem Grundeder Rückschlag auf die Hausbesitzer kein geringer sein. Schon heute sei die Miethe von sfolhen Geschäften {wer zu erhalten; dies werde zum Schaden dex Hausbesißer noch shwerer werden. Daß die Haus- besitzer in einer Kalamität sich befänden, wenigstens in Berlin, gehe daraus hervor: in Berlin ständen augenblicklich 20 093 Wohnungen leer. Die Miethen seien seit 1875 um ca. 26 Proc. heruntergegangen, und die Gebäudesteuer betrage nah der neuen Einschäßung jeßt 5687 907 4, während sie bisher 3908 292 6 betragen habe, weise also eine Ver- mehrung zu- Lasten dex Hausbesißer dieser einen Stadt auf um 1779615 #4 Wenn die Motive sagten, die Regierung wolle den Kommunen mit dieser Steuer zu Hülfe kommen, dann hätte die Regierung es nur den einzelnen Kommunen- überlassen sollen, ein Steuer- objekt aufzufinden, sie würden schon ein anderes und besseres gefunden haben, als diese so viele Existenzen bedrohende Steuer. Die Fortschrittspartei sei gern bereit, die Hand dazu zu bieten, den Branntweinkonsum zu vermindern, es scheine ihr aber, daß zur Beseitigung dieses Uebels es geeigneter fei, da den Hebel anzuseßen, wo die Quelle fließe, an der Pro- duktion. Er empfehle dem Hause mit Nücksiht auf die großen Bedenken, die er gegen die Vorlage habe, dieselbe einer be- sonderen Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen mit der dringenden Aufforderung, reiflih zu erwägen, ob es wohl- gethan sei, mit einem Schlage so viele zuf rechtlihe und ge- segliche Weise zu ihrem Gewerbebetriebe gelangte Leute jeßt zu ruiniren und in ihrer bürgerlichen Existenz zu vernichten.

Der Abg. Dr. Kropatscheck konstatirte, daß die Klagen über die Belastung der Kommunen schon sehr oft laut ge- worden seien, und wan, da dieselben nur zu wohl begründet seien, gezwungen sei, die Einnahmen derselben zu vermehren, denn eine Verminderung ihrer Bedürfnisse werde wohl kaum möglich sein. Das Haus sei ja noch neulich mit einer Vor- lage beschäftigt gewesen, welhe den Kommunen eine Mehr- einnahme in Aussicht stelle, aber nux in Aussicht stelle. Hier werde eine ziemlich bed utende Einnahme gewährt. Er unter- lasse es, auf den Einwand einzugehen, daß man den Brannt- wein an der Quelle, bei der Produktion besteuern müsse; diese Frage würde sih hier doh nicht austragen lassen. Den Einwand, daß durch die Besteuerung des Branntweins gerade der arme Mann betroffen werde und man desha?b die Steuer niht einführen dürse, könne er, obwohl er auch mit den Herren übereinstimme, die stets auf das Wohl des armen Mannes bedacht nähmen, nicht gelten lassen, deun wenn man durch das Geseg e¿ne Verminderung des Branntweinkonsums in der ärmeren Bevölkerung erzielte” so würde dies eine Wohlthat für dieselbe sein. Wenn der Vorredner gemeint habe, man habe früher den Branntweingenuß nicht bekämpft, so müsse er darauf verweisen, daß {hon 1586 der Kurfürst von Sachsen eine scharfe Polizeiverordnung dagegen erlassen habe, auch alle preußishen Könige hätten denselben auf das Entschiedenste bekämpst. Deshalb begrüße er die Vorlage mit Freuden. Wenn nöch 1877 einer Aenderung des 8. 33 der Gewerbeordnung habe entgegengehalten werden können, daß eine besorgnißerregend: Konsumverstärkung nicht nachgewiesen sei, so führe die heutige Vorlage den Gegenbeweis. Es liege eine bedeutende Vermehrung der Schankstätten in den leßten Jahren vor, und ohne Zweifel sei cine bedeutende Vermeh: rung des Konsums damit verbunden. Fn der Rheinprovinz fomme eine Schanfkslätte auf 135, in Westfalen auf 149 See- len, in einzelnen Städten und Aemtern stelle sich die Sache noch s{limmer. Er erinnere an das Wort des Geh. Rath Michaelis bei der Berathung der Gewerbeordnung im Reichstage, daß es die Aufgabe der Regierung sei, dem überhandnehmen- den Branntweinkonsum entschieden entgegen zu treten. Man müsse alle Maßregeln gegen den Branntweingenuß mit Freu- den begrüßen. Fndessen habe er doch s{chwere Bedenken bei diesem Geseße gegen die Form der Besteuerung, besonders auch gegen deren Anschluß an die Gewerdbesteuern, welche man mit Recht als sehr s{hlechte Steuern bezeichnet habe, da sie den kleinen Gewerbetreibenden viel härter träfen, als den wohl- habenderen. Die Schanksteuer werde dies in noch größerem Maße thun. Besonders aber werde die Steuer die Schank- stätten auf dem Lande sehr empfindlih treffen. Er wolle niht behaupten, daß man die Steuersäße herabseßen müsse, aber jedenfalls würden die soliden Gastwirthschaften haupt- sählich darunter zu leiden haben. Vielleiht ließe sich nah dem Vorbilde des \{chwedishen Geseßes die Steuer nah dem Umfange des Absatzes entrichten. Daß einer folchen Steuerart erheblihe Schwierigkeiten entständen, sei doch noch kein Grund, dieses Prinzip zu verwerfen; jedenfalls würde man dadurch manche nicht ungerechtfertigte Bedenken beseitigen können. Den Mittelsaß für Berlin von 180 4/6 würden die Berliner Geschäfte {hon tragen können, könnten sie es nicht, so würde er ihren Untergang niht sehr beklagen; die Be- \chränkung derselben sei ja auch ein Ziel des Geseßzes. Wenn man den Branntweingenuß beschränke, so hebe man damit die sittliche, aber au die materielle wirthschaftlihe Lage des Volkes, denn die Leute würden arbeitsfähiger und arbeits- lustiger werden, die Kommunen würden an den Armengeldern sparen, denn die meisten Krankheiten, Verbrechen u. \. w. entsiänden aus dem Einfluß des Schnapsgenusses. Manche Hoffnungen, welche die Negierung an das Geseß knüpfe, würden zwar nit erfüllt werden; um der Trunksuht abzuhelfen, müßte man zu anderen Maßregeln greifen, wie dies in der engli- schen, s{chwedishen und französishen Geseßgebung geschehen fei. Das Meiste aber müsse man von einer Besserung der Sitten, von einer religiösen Erziehung in Kirche und Schule erwarten. Wegen aller dieser Bedenken beantrage er, den Entwurf an cine Kommission, vielleiht an die Gemeinde- kommission zu verweisen. E :

Der Abg. Grumbrecht erklärte sih gegen das Gese. Alle

1879.

Mitglieder des Hauses seien wohl darüber einig, den Brannt- weingenuß zu beshränken; es haudele sich hier nur um die Wege, welche zu diesem Ziele führen sollten; daß er keine Begünstigung des Branntweintrinkens wolle, sei allgemein bekannt; er habe ja {hon 1869 bei Berathung der Gewerbe- ordnung die Anträge gestellt, welhe jeßt Gesey geworden seien. Er billige die Ziele des Gesetzes, nicht aber die Mittel, denn nicht den Schnaps, welchen man beseitigen wolle, werde man treffen, sondern nur den Geldbeutel des soliden Schank- wirths. Das finanzielle Resultat, welches der Zweck dieser Vorlage sei, werde nil errei! Werden QUO der Vorredner wolle ja den Kommunen damit eine Einnahme zuwenden, wenn aber die vorgeschlagenen Steuer- säße angenommen werden sollten, so würden dadurch so viel Wirthschasten ruiniri werden, daß der Steuerausfall si auf die Hälfte belaufen würde. Der Geseßentwurf sei außerdem fehr oberflächlih gearbeitet, man ersche gar nicht, nah welchem Maßstabe die Steuer zugemessen werden solle. Bedenklich sei die Bestimmung im §8. 5, wonach sich die Steuer nah dem Umfange des Geschäftes rihten solle. Da werde man vor allem die soliden Restaurationen von größerem Umfange, wo Bier geschenkt werde, treffen, niht aber die Branntwein- schänken, die man treffen wolle, die sih meist in beshränkten Räumen befänden. Wenn man den Branntweingenuß be- schränken wolle, was sehr lobenswerth sei, warunz be- stèuere man dann Bier Und Wein äre als Schnaps? Er wolle nun die Vorlage nicht ein- fah ablehnen, sondern möchte darauf hinweisen, daß eine Be- steuerung der Schankstätten nah ihrem Absate vielleiht em- pfehlenswerth sei. Man kenne den Branntweinkonsum pro Kopf nicht; aber den Biergenuß habe man im ehemaligen Norddeutschen Bund auf 90 | taxirt. Nehme man für Ber- lin 70 1 an und erhebe von jedem Liter 1 4, so gebe das einen Ertrag von 700 000 6, oder wenn man annehme, daß 20 1 pro Kopf unversteuerl getrunken würden, von 500 000 in Berlin allein. Aehnlich ließe es sich mit dem Branntwein- konsum machen. Er lasse dahingestellt, ob nicht eine Fabrikat- steuer vom Branntwein noch ertragreicher wäre. Er beantrage, die Vorlage an die Gemeindekommission zu verweisen und diese ad hoc um 7 Mitglieder zu verstärken.

Der Abg. Dr. Bitter begrüßte die Vorlage mit Freuden, weil sie gegen die Trunksucht und Völlerei gerichtet fei ; da es si herausgestellt habe, daß auf dem Lande die polizei- lihe Kontrole zur Einschränkung der Schankstätten nicht ge- nügt hakte, so bedürfe man gegen die Trunksucht einer neuen Waffe, welche die jeßige Vorlage gewähre. Gerade in den leßten beiden Jahren hätten die Schankstätten und in Folge derselben die Trunksucht zugenommen. Es sei kein Zufall, daß in den Gegenden, wo die meisten Schankstätten ih befänden, die wenigsten Militärpflichtigen ausgehoben werden könnten, dagegen die Verbrehen und Vergehen zu- nähmen. Jn den Jndustriebezirken würden die Schank- wirthe reih und die Arbeiter arm. Auch die Tanzlustbar- keiten beförderten Trunksuht und Völlerei und deshalb müsse gerade dahin gestrebt werden, diese Wirthschaften , welche sih nur durch Tanzlustbarkeiten halten könnten, zu beseitigen. In dem Kreisblatt einer schlesishen Mittelstadt habe man an einem Tage allein 81 Kirmeß-Tanzlustbarkeiten angekündigt gefunden. Das sei ein Krebsschhaden und die Polizei könne dagegen nichts machen, er erinnere das Haus nur an die Angriffe. gegen das hiesige Polizeipräsidium wegen seines neulihen Vorgehens in dieser Frage. Er glaube, daß dies Gesetz, troß shraffer Hand- habung desselben den Kommunen eine erklecklihe Einnahme brin- gen werde, denn es sei allseitig anerkannt, daß die Spirituosen ein geeignetes Steuerobjekt seien. Der Erlaß des Ministers des Jnnern, welcher die Prüfung der Bedürfnißfrage auf Grund der Gewerbeordnungsnovelle für die Schankstätten in Preußen wieder anordne, habe wie ein erlôsendes Wort gewirkt, genüge aber niht, nahdem vom PDber - Verwaltungs- gericht dahin präjudizirt sei, daß ein Bedürfniß {hon vor- liege, wenn eine Anzahl Personen sich an ein Schanklokal gewöhnt hätten. Das sei überall leiht zu bewirken. Troßdem er mit den Zielen der Vorlage vollkommen einver- standen sei, habe er doch gegen dieselbe shwere Bedenken. Ein pommerscher Landkreis werde nicht denselben Mittelsaß von 72 ÁÆ1 tragen können, wie ein westfälisher Jndustriekreis. Diese steuerliche Ungleichheit müsse entweder dadurch korrigirt werden, daß man innerhalb der Schanksteuerpflichtigen drei Abtheilungen bilde, wie in der Gewerbesteuer, oder daß man die Konzessionsgebühr einführe. Leßtere habe den Vorzug einer gewissen Elastizität Und sei geeignet, das über- mäßig ofte Wechseln der Fnhaber von Schankwirthschaf- ten zu hindern. Er hoffe jedo, daß es gelingen werde, die Mängel des Gesetzes in der Kommission zu beseitigen. i:

Der Abg. Dr. Petri erklärte, er könne dem Entwurfe keine Sympath'en entgegenbringen, denn derselbe bringe statt ter erwarteten Erleichterungen wiederum nur neue Steuern. Für den Steuerzahler sei es ganz gleihgültig, ob derselbe seine Steuern an die Kommunen oder an den Staat zahle. Der Kommune werde vielleiht dur dieses Geseß eine neue Einnahmequelle ershlossen, aber zu beneiden seien sie darum doh niht. Auch die liberale Partei wünsche ebenfalls eine Einschränkung des Branntweingenusses, obwohl derselbe sich in nördlichen Gegenden, namentlih bei mangelnder Fleish- nahrung, nie ganz beseitigen lassen werde. Am besten erreiche man dieses Ziel durch Substituirung anderer Getränke, V, des Bieres. Bertheuere Man den Qs gleichzeitig mit dem Biere, so blieben nicht nur die Brannt- weintrinker, sondern man degradire auch viele Biertrinker zu solchen. Die Vorlage mache eine Ausnahme für die Wein- bauern, welche ihr eigenes Gewächs verzapsten, der Verfasser dokumentire dadurch eine Unbekanntschaft mit den realen Verhältnissen in den KRheinlanden. Diese Art des Schank- betriebes jei die verwerflihste von allen, denn sie sei nah dem Vorbilde jener beiden Berliner Eckensteher konstruirt, welche für einen Silbergroschen, der von einer Tasche zur anderen wantdere, sih gegenseitig so lange Schnäpse abkauften, Lis ihr Faß leer sei. Man thue nicht allen Kommunen einen Gefallen mit der Einschränkung der Schankstätten, im Gegentheil würde man dadurh die Badeindustrie mancher rheinischen