1879 / 273 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Nov 1879 18:00:01 GMT) scan diff

* worgen nach Dschellalabad abgehen. Die Grasschnitter sind ent- lassen worden, und sollen die s foriges{chickt werden, so bald sie nit mehr verwendet werden können; allein die Kavallerie muß den Vorräthen entsprechend reducirt werden. Die Höhe der Kaufzahlung, welche die Stadt zu erlegen hat, ist noch nicht bekannt geworden.

Aus Kabul wird dem „Standard“ unterm 14. d. M. gemeldet :

Die mit der Untersubung gegen die Soldaten, welche sich an dem Angriffe gegen die britishe Gesandtschaft betheiligt hatten, beschäftigte Militärkommission seßt noch immer ihre Sitzungen fort. Im Ganzen wurden 49 Afghanen der Theilnahme an der Meyelei für {uldig befunden und gehenkt. Das aus dem Bala Hissar weggeschafte Pulver wird vernichtet, indem es zuerst in den Gräben außerhalb der Citadelle durchnäßt und dann, wenn es theilweise wiederum getrocknet ist, verbrannt wird. Die Einkünfte Kabuls dürften sib auf ein „Coore“ und 25 Laks Rupien belaufen. Locknab Josuf Khan und sein Bruder stiften in Kohistan eine Insurrektion an. Gestern wurde hier eine leihte Erd- ershütterung verspürt. Es verlautet, daß Unruhen im Ghuzni- lande befürchtet werden. In Folge der Knappheit an Fourage in hiesiger Nachbarschaft is es wahrscheinlih, daß der größere Theil der Kavallerie in der Umrunde von Jellalabad überrwintern wird. Die Meldung, daß Mannschaften des 72. Regiments bei Charasiab einige der verwundeten Feinde verbrannt hätten, entbehrt der Wahrheit.

Frankreich. Paris, 19. November. (W. T. B.) Der Finanz-Minister Léon Say hat dem Staatsrathe eine Vorlage unterbreitet, durch welhe das Dekret von 1855 über die Zulassung ausländisher Werthpapiere zur Cotirung an der Börse dahin geändert werden soll, daß künftig die Agents de change, nicht die Regierung, über die Zulassung zu entscheiden haben.

Spanien. Madrid, 17. November. (Ag. Hav.) Die Kammer hat das Projekt einer Nord-Ost-Eisenbahn, welche eine direkte Verbindung zwischen Madrid, Segovia und Palencia im Anschluß an die galizischen und asturischen Linien schaffen soll, angenommen.

Îtalien. Rom, 19. November. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer theilte heute der Minister-Präsident Cairoli mit, daß das Ministerium sein Entlassungs- gesucch eingereiht habe und er von dem Könige mit der Bil- dung eines neuen Kabinets beauftragt worden sei. Cairoli ersuchte sodann die Kammer, ihre Sißzungen und die Ein- bringung der heute angemeldeten Jnterpellationen bis zum 27. d. M. zu vertagen.

Türkei. Konstantinopel, 20. November. (W. T. B.) Dem „Reutershen Bureau“ wird von hier vom 19. d. M. gemeldet, das Jrade, durch welches die Machtbefugnisse Baker Paschas definirt werden, soll am 20. d. unterzeichnet werden. Baker Pascha werde nur eine reine Exekutivgewalt besitzen und die für nothwendig erachteten Reformen dem Sultan direkt vorschlagen.

Serbien. Belgrad, 19. November. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Ristic hat sih heute nah Nisch begeben, um den Sigßungen der Skupschtina beizuwohnen. Die Miliz- truppen haben ihre Lagerübungen beendet.

, Numäánien. Bukarest, 19. November. Jn der Depu- tirtenkammer verlas der Minister des Auswärtigen, Boe- rescu, zwei Botschaften des Fürsten, durch welche die außerordentliche Session der Kammern bis zum 26. d. Mts. verlängert wird und? die Häfen von Tultscha und Küstendsche für Freihäfen erklärt werden.

Nußland und Polen, St. Petersburg, 18. No- vember. (St. Pet. Ztg.) Die „Moskauer Ztg.“ veröffentlicht folgende Depesche des Chefs der Expedition zur Unter- juhung des Terrains behufs Erbauung einer mittel- ANOSA Eisenbahn und zur Erforshung des Amu-

arja:

„Katty-Kurgan, 2. November. Am 7. Oktober hatten wir auf dem linken Ufer des Amu beim Anfange des trockenen Fluß- bettes eine Zusammenkunft mit dem Khan von Chiwa und brachten einen Tag mit ihm in Urgentsh zu. Der Khan gab die Bedin- dungen an, unter welchen er einverstanden sei, das Wasser in den Usboi leiten zu lassen, und gab, als Beweis seiner Bereitwilligkeit, der russischen Regierung in dieser Sache behilflich zu sein, den Befehl, den Bentdamm am Ausflusse des Lausan und den Schamuratdamm am Darjalyk zu zerstören. Die Aeltesten der Jomuden und Ts\cheu- deren machen sih anheischig, unverzüglih Arbeiter zum Reinigen des Usboi zwischen Sary-Kamysh und dem Kaspischen Meere zu stellen. Die näheren Details werden zugleih mit dem allgemeinen Bericht über die Arbeiten der Expedition mitgetheilt werden.“

Amerika. Washington, 19. November. (W. T. B.) Der Voranschlag für den Ausgabe-Etat des mit dem 30. Juni 1881 endenden Finanzjahres beziffert si auf 136 Mill. Dollars. Der von dem Schaßmeister er- stattete Jahresbericht konstatirt eine Abnahme des Noten- saldos des Schayamtes, die in Folge der Ankäufe von Silber- barren zum Zweck der Münzausprägung eingetreten sei. Diese Ankäufe würden dazu führen, daß das Saldo des Schaßamtes fortan eventuell aus\{ließlich in Silber bestehe.

New-York, 7. November. Ueber die Wahlen des 4. November schreibt die „New-Yorker Hdlsztg.“: Die Wahlen fielen in der Mehrzahl wenig zur Ermuthigung der demokratischen Partei aus, indem in den meisten Staaten ih ein entschiedenes Uebergewicht zu Gunsten der republikanischen Partei ergab, obgleih in unserem Hauptstaate New-York das Wahlergebniß in Bezug auf die Staatsbeamten Uunter- halb des Gouverneurs ein auf beiden Seiten so knappes ist, daß es zur definitiven Feststellung desselben einer amtlichen Stimmenzählung bedürfen wird. Jn Bezug auf das Gou- verneursamt entschied eine relative Stimmenmehrheit (Plura- lität), welche “für jegt auf ca. 35000 Stimmen angeshlagen wird, zu Gunsten des republikanischen Kandidaten Cornell, während die Stadt New-York cine flarle Mehrheit für den Tammanyprätenden- ten Kelly und Kings County mit dem Mittelpunkte Brooklyn eine ebenso starke für den regulären demokratischen Kandidaten Robinson und das übrige Ticket abgegeben hatte. Das Votum der Sozialistenpartei wurde in einigen städti- schen Bezirken als nicht unbedeutend berihtet und im Ganzen auf das Doppelte der vorigen Wahl angeschlagen. Die Wahlen für die Legislatur fielen überwiegend zum Vortheil der Republikaner aus. Nach der gegenwärtigen Berehnung wird der Senat aus 24 Republikanern und 8 Demokraten bestehen, und in der Assembly wird das Ver- hältniß 89 Republikaner und 39 Demokraten sein. Ein zweiter Sieg der Republikaner, welcher von allgemeinem «nteresse ist, ist der in der iee von o a- dhusetts, jd lag die Entscheidnng wesentlich zwischen dem regelmäßigen republikanischen Kandidaten Long und dem

Demagogen Benjamin Butler, der als „unabhängiger“ Kan- didat der Arbeiter: und Papiergeldpartei und des unzufrie- denen Theils der Demokratie einen hißzigen und kostspieligen Wahlkampf geführt hatte. Das Resultat der Wahl war eine Pluralität für den republikanischen Kandidaten von ca. 13 000 Stimmen, womit General Butlers Go, sich der obersten Magistratur von Massachusetts zu bemächtigen, zum dritten oder vierten Male fehlgeschlagen sind. Die für den Kan- didaten der regelmä „igen Demokratie, J. Q. Adams, unter diesen Umständen abgegebene Stimmenzahl war sehr unbedeutend. Jn Pennsylvania, wo die Wahl sih um dasStaatsschaßmeisteramt drehte, erhielt der republikanishe Bewerber eine Mehrheit, die sich nah den amtlichen Berichten auf über 50 000 belaufen soll. Jn Connecticut, wo es sich im Laufe des nächsten Jahres um die Wahl eines Vereinigten Staaten Senators an die Stelle des jeßigen strikten Demokraten Eaton handeln wird, nehmen die Republikaner bei gemeinschaftliher Ab- stimmung in der Legislatur eine Mehrheit von 90 Stimmen in Anspruch, während diese im lezten Jahre nur 47 betrug. Auch in der Geseßgebung von New- Jersey, das in General McClellan einen demokratischen Gouverneur besißt, machten die Republikaner beträchtliche Gewinne und erwarten eine Mehrheit von 3 im Senate und von 18 im Hause, gegen eine frühere „join ballot“ Majorität von 7. Von Minnesota, Nebraska, Wisconsin, Kansas und Jllinois werden, bei zum E noch sehr unvollständigen Berichten, doch überall republikanishe Majoritäten und mehr oder weniger beträchtlihe Gewinne gemeldet. Die Wahl in Virginia soll eine geringe Mehrheit in der Legislatur für die dort ge- hegten Pläne einer theilweisen Repudiation der Staats\chuld ergeben haben. Gegen die in den meisten Staaten von der republikanischen Partei errungznen Vortheile fallen die demo- kratishen Erfolge in Maryland, wo die Demokratie eine Majorität von gegen 20 000 in Anspruch nimmt, und in Mis- fis f ippî, wo die Demokraten gegen die Greenbacckler und Un- abhängigen im Allgemeinen siegreich waren, nur unbedeutend ins Gewicht. Als Gesammteindruck der Wahlen des laufenden «zahres kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Agitation der Leiter der republikanischen Partei für einen entschiedenen Widerstand gegen den nationalen Einfluß eines „geeinigten Südens“ auf die Stimmmassen der nördlichen Abtheilung niht ohne Wirkung gewesen ist. Wie weit sih diese Wirkung auf die Entscheidung der Nationalwahl im nächsten Jahre ausdehnen wird, ist eine Frage, die zur Zeit noch Niemand zu beantworten vermöhte, wenn auch nicht zu bezweifeln ist, daß die republikanische Partei vermittelst der Wahlen dieses «jahres den Grund für einen erfolgreihen Feldzug im künf- tigen in guter Vorbereitung übernehmen wird.

Südamerika. (Allg. Corr.) Nach den neuesten Be- richten aus Valparaiso fand daselbst am 20. v. M. bei der Einbringung des „Huascar“ in den Hafen durch chile- nische Schiffe eine Kundgebung statt. Die erbeutete Flagge wurde unter den enthusiastishen Zurufen der Einwohner dur die Stadt getragen. Der Thurm und der Rumpf des peruanischen Widderschiffes sind an mehreren Stellen von Kugeln durhbohrt, aber die Chilenen hoffen, das Schiff in zwei Wochen völlig ausbessern zu können. Nach Berichten aus Lima gab daselbst die am 10. Oktober eingetroffene Kunde von dem Verlust des „Huascar“ zu einem Volksaufruhr und einer Demonstration des Militär& gegên den Präsidenten und die Re- gierung Anlaß. Am foigenden Tage gab das peruanische Kabinet seine Demission. Der Präsident erließ eine er- muthigende Proklamation an die alliirten Armeen Perus und Bolivias. Die peruanischen Häfen wurden für 6 Monate mit Mundvorräthen versehen. Der peruanisheMonitor „Mancocapac“ und das Kanonenboot „Pilcomayo“ warfen auf der Höhe von Arica Anker, und der Monitor „Alabualpa“ sowie die Kor- vette „Union“ kamen in Callao an. Große Entrüstung herrscht in Peru gegen den Befehlshaber der „Union“, weil er den „Quascar“ im Stich gelassen. Den neuesten Berichten vom

riegsschauplaße an der Westküste zufolge is die hilenishe Armee im Vorrücken begriffen, während die Bolivianer, wie es heißt, auf dem Punkte stehen, sich zurüclzuziehen, weil Streitigkeiten zwischen ihnen und den Peruanern entstanden wären.

Brasilien. Rio de Janeiro, 1. November. (Allg. Corr.) Der Kaiser eröffnete am 30. Oktober eine außer- ordentliche Session der Legislatur. Hauptvorlage ist das Wahlgeseß.

Argentinien. Buenos Ayres, 25. Oktober. (Allg. Corr.) Die Regierung hat den Ankauf zweier weiterer Panzersch iffe in Europa angeordnet. Jn der ganzen Re- publik ist reihliher Regen eingetreten, und die aus den Pro- vinzialdistrikten eingegangenen Berichte schildern den Saaten- stand als einen prächtigen. Der Präsident Avellaneda ist im Begriffe, Santa und andere Provinzen zu besuchen. Die dur die Wahlen erzeugte Aufregung hat nachgelassen.

Asien. China. Peking, 9. September. Seit einiger Zeit enthalten europäische Zeitungen wiederholt Korrespondenzen, namentlich P Berichterstatter, welche von Unruhen in der Kaschgarei sprehen und bald der Eroberung der Stadt Kaschgar selbst durch Ausfständische, bald der Wieder- einnahme dieses Platzes durch die chinesishen Truppen Er- wähnung thun. Nach dem, was hier in Peking selbst, an maßgebender Stelle in Erfahrung gebraht werden konnte, entbehren diese Gerüchte jeder Begründung. Dagegen soll der cinesishe Rebellenführer E Nina Hai an der Grenze von Tonkin und China in der That eine vollstän- dige Niederlage erlitten haben. Nachrihten aus Canton zufolge dürfte dadurh der Aufstand als beendigt anzusehen sein. Jn Bezug auf die Beziehungen zwischen China und Fapan, welche in Folge der Einverleibung der Liu-Kiu-Fnseln in Japan einen etwas bedenklichen Charakter angenommen hatten, verlautet, daß die Unter- handlungen zwischen den Höfen von Peking und Tokio ununterbrochen fortdauern und daß die chinesishe Regierung seit Kurzem eine versöhnlihe Haltung angenommen Va, 70 daß die Gefahr eines Krieges zwischen China und Fapan nun sehr vermindert ist.

Der früher in London beglaubigt gewesene chinesische Gesandte Ku o-sung-tao is, auf seinen Wunsch, wegen Krankheit aus dem Staatsdienst entlassen worden.

Die Jnthronisation des Dalai-Lama is am 31. Juli erfolgt und ist demselben gestattet worden, im Jahre 1880 eine Tributgesandtschast nah Peking zu entsenden.

Landtags: Angelegenheiten.

Die XIY. Kommission des Abgeordnetenhauses zur Vor- berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Steuer vom Ver- triebe geistiger Getränke, hat sih folgendermaßen konsti- tuirt: Dr. Bitter M Landrath, Schriftführer. Bossel- mann, Dekonomie-Rath und Rittergutspächter. Christophersen, Hof- besißer. Franssen, Rentier. Edler, Pfarrer. Dr. Kolberg, Suh- regens, Schriftführer. Bernards, Landgerichts-Rath. Maiß, Land- gerichts-Rath. Müller (Prüm), Kaufmann. v. Wedell-Piesdorf, Landrath a. D. und Rittergutsbesißer. v. Colmar-Meyenburg, Kammerherr und Landrath, Vorsißender. Eilers, Kreishauptmann. v. A geinib, Ae Herr, Regierungs-Rath. Berling, Postmeister, Kammer-Rath. Brons, Konsul. Strücker, Kanfmann und Handelskammer-Präsident. Dr. Petri, Ober-Landesgerichts-Rath. Hansen, Hofrath, Stellvertreter des Vorsißenden. Zelle, Stadt syndikus. Steffens, Kaufmann.

Statistische Nachrichten.

Einem Artikel der österreichishen „Statistishen Monats- \hrift“ entnehmen wir die nachstehenden Daten über die öster- reichischen Sparkassen im Jahre 1878. Das Jahr 1878 zeigte sich den Sparkassen wesentli günstiger, als die beiden Vor- jahre, wiewohl bei den meisten Instituten der Zinsfuß herabgeseßt worden war. Im verflossenen Jahre zählte Oesterreich 321 Spar- Tassen, mithin um 8 mehr als im Jahre 1877 (speziell / in Böhmen wurden 3 neue Sparkassen gegründet); zwei davon kamen jedo zur Auflösung, so daß Ende 1878 im Ganzen 319 Sparkassen bestanden. Mehr als die Hälfte derselben (168) verdankt ihr Entstehen dem leßten Dezennium, wovon jedochþ auf die ersten 5 Jahre (die Zeit des „volkswirthscchastlihen Aufschwunges“) 110, auf die O e Lo Ut 08 entfallen. Die meisten Sparkassen besißt Böhmen (83), so daß hier eine auf 626 gkm und auf 65 504 Einwohner entfällt; hierauf folgt Niederöfterreich mit 59, Steiermark mit 46, Mähren mit 38, Oberösterreich mit 32 u. \ w. Die Bukowina weist nur eine einzige Sparkasse auf, wäh- rend je 2 in Krain, im Küstenland und Dalmatien vorkommen. Im Durcbschnitt entfällt je eine Sparkasse in Oesterreich auf 941 qkm und auf 68 874 Einwohner. Verhältnißmäßig erscheinen die Spar- kassen am dichtesten in Ober-Oesterreich, da daselbst eine bereits auf 23447 Einwohner kommt, während die einzige Sparkasse in der Bukowina den Bedürfnissen von 559 434 Einwohnern genügen muß. - -Was die Theilnahme der Bevölkerung an den Sparkassen anbelangt, so gab es Ende 1878 im Ganzen 1 424 388 umlaufende Sparkassenbücher (in Böhmen 363 928), um 20462 mehr als im Vorjahre (in Böhmen stieg diese Summe um 14146); auf je 1000 Einwohner entfallen daher 65 Sparkassen- bücher. Die Gesammtsumme der Einlagen belief si auf 185 142 490 Fl, um 1192 526 Fl. weniger als im Vorjahre, wo jedoch das Minus mehr als 17 Millionen betrug. Mit der höchsten Ziffer betheiligt sich in dieser Gesammtsumme Böhmen (57,94 Millionen), Niederösterreih (48,72 Mill ), Steiermark (23,74 Mill.) u. f. w.; die geringste Summe von Einlagen (0,06 Mill.) weist Dalmatien auf. Am empfindlich|ten ist der Rückgang in Niederösterrei, wo die Etozahlungen von 91 Millionen im Jahre 1873 bis auf 48,72 Millionen abnahmen. Die Rützahlungen betrugen im ver- flossenen Jahre im Ganzen 191 227 394 Fl, daher um §8 782 172 Fl. weniger als im Vorjahre; auf Böhmen entfallen hiervon 60,53 Mil- lionen (—2,67 Mill.), auf Niederösterreih 54,64, auf Steiermark 29,32, auf Dberösterreich 12,31 Mill.; die geringste Summe (0,07 Mill.) wurde in Dalmatien rückerhoben. Ueberhaupt waren bei 9 Ländern im Jahre 1878 die Rückzahlungen um 10,54 Mill. Fl. niedriger, in den 5 übrigen aber nur um 1,76 Mill. höher als im Vorjahre. Auf die Zinsenkapitalisirung entfällt im ISahre 13878 die Summe von 29678092 Fl. (um ein: volle Million mehr als im Vorjahre). Ueberhaupt war der Einlagen- stand mit Jahress{chluß 648 617 547 Fl., so daß das Durchschnitts- guthaben per Sparkassebuch 455,37 Fl. und per Kopf der Bevölke-

rung 29,92 Fl. betrug; auf Böhmen entfällt hiervon der Betrag von 210 %ièill., auf Niederösterreih 186 Mill., Steiermark 71 Mill., ODberösterreih 52 Mill. Die Reservefonds betrugen im Ganzen 333 39 337 Fl, vermehrten sich daher um mehr als 2 Millionen (in Böhmen erreichten diese Fonds eine Höhe von 11203 Mill. Fl, um 0,832 Mill. mehr als im Vorjahre), doch erfuhren 28 Anstalten eine Verminderung ihrer Reserven im Betrage von 273 231 Sl, wovon auf Böhmen 52 895 Fl. entfallen; die übrigen 290 Anstalten weisen eine Reservefondsvermehrung von 2 585060 Fl. auf (davon 885 066 Fl. in Böhmen).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

_Dem „Canadian Institute“ zu Toronto is durch eines seiner Mitglieder, den Cbef-Ingenieur der „Canada Pacific“ -Eisen- bahn, Mr. Sandford Fleming, eine Denkschrift übergeben wor- den, welche sich mit der Bestimmung eines internationalen Ersten Meridians und eines von allen Völkern zu adoptirenden gemeinsamen Syftems der Zeitrechnung beschäftigt. Diese Denkschrift ift von dem genannten Institute dem General-Gouver- neur von Canada, Marquis of Lorne, überreicht worden, welcher, wie es in der Vorrede der später veröffentlihten Denkschrift heißt, im Hinblickte auf die wichtigen internationalen Interessen, die mit der Frage verknüpft sind, es übernahm, den Gegenftand der Kenntniß der großbritannifschen Regierung zu unterbreiten, um die Aufmerksamkeit der Behörden und wissenschaftlichen Autoritäten Großbritanniens und der anderer Länder darauf zu lenkcn. Es wird bemerkt, daß die geographischen Verhältnifie Canadas, seine Lage zwischen beiden großen Ozeanen, der betreffenden Frage für die Be- völkerung des Landes ein besonderes Interesse verleihen und daß die eigenthümliche politishe Lage der Kolonie in gewisser Hinsicht die Vertreter der Wissenschaft in Canada kefähige, zwischen ihren Berufs» genossen in den verschiedenen, bei den in Rede stehenden Fragen mehr un- mittelbar interessirten Ländern, zu vermitteln. Der Senat des „Ca- nadian Institute“ ist bereit, Mittheilungen jeder Art, welche ihm zur Förderung des beregten Gegenstandes zugehen, in Empfang zu nehmen, und dieselben allen den wissenschaftlihen Körperschaften mit- zutheilen, mit welchen das Institut Publikationen austausht. Zu- glei beabsichtigt er alle Bemerkungen, Vorschläge oder Meinungs- außerungen über die Frage, welhe ihm mitgetheilt werden, zit sammeln.

Die Verlagsbuhandlung von G. D. Baedeker in Essen ha den von ihr herausgegebenen Berg- und Hütten- Kalender jeßt auch für das Jahr 1880 erscheinen lassen. Es ift dies der 29. Jahrgang des für den Berg- und Hütten-Ingenieur sehr nüß- lichen Kalenders. Die erste Abtheilung desselben, dessen Umfang wieder vergrößert worden ist, hat eine Umgestaltung erfahren und bringt dieses Mal eine Zusammenstellung der gesammten preußischen Berggeseßgebung in ihrer heutigen Gestalt, in übersichtlicher Form und mit den nothwendigsten Grläuterungen, von Berghauptmann Huyssen. ,Dem Behördenverzeichniß ist eine Uebersicht der Rangverhältnij}se der preußishen Bergbeamten mit Angabe der den einzelnen Kategorien derselben gleichftehenden Beamtenkategorien anderer Verwaltungszweige hinzugefügt worden. In die zweite Abtheilung wurde die Tafel der Briggschen Logarith- men nebst Anleitung zur Berehnung der natürlichen Logarithmen aus leßteren, sowie eine auf neueren Versuchen beruhende Labelle über die Stärke und Tragfähigkeit der Seile wieder aufgenommen. Außerdem ist diese Abtheilung durch nähere Angaben über die ein mustergültiges Beispiel von solhen Maschinen darstellenden neuen Wassersäulenmaschinen auf dem Königin Marie-Schachte bei Claus- thal, sowie durch Notizen über Root-Blowers vervollständigt wor- den. In den Abschnitten „Mechanik“ und „Maschinenlehre“ ist dur eine zweckmäßigere Anordnung der Ueberschriften das Nach- {lagen wesentlih erleihtert worden. Einen großen [Umfang

m V Â m I B ne a

haben die vom Ober-Bergrath Ulrich bearbeiteten statistischen Uebersichten durch Aufnahme der neuesten, größtentheils aus amt- lichen Quellen stammenden Uebersihten über die Ein- und Ausfuhr von Metallen und anderea für die Bergwerksindustrie wichtigen Produkten in den größeren europäishen Ländern und den Vereinigten Staaten von Nordamerika erhalten. Bei der Wichtigkeit der Zoll- fragen werden diese Uebersichten, ebenso wie] das e geles über den neuen par un» dieser selbst, willkommen sein. Dec Porto- und der Telegraphentarif sind in größerer Vollständigkeit, als im vorigen Jahrgange, und mit Rücktsiht auf die neuesten Veränderun- gen aufgenommen worden. Auch is dem Kalender eine Übersichtliche Eisenbahnkarte von Mittel-Europa und eine Steindrucktafel, welche Metermaßstäbe und Maßstabe von dem bisherigen preußischen Lachter- und Fußmaß darstellt, beigefügt. Dietypische Ausstattung des Kalenders, welcher in einem wegen des häufigen Gebrauches ret praktischen, dauerhaften Ledereinband gebunden ist, ist wiederum eine sehr saubere und gefällige.

_ Das astronomische Observatorium auf dem Aetna ist fast vollendet, und nur der starke Schneefall hat bisher die Ein- seßung der drehbaren Kuppel und des Fernrohrs verhindert. Das Observatorium liegt 9000 Fuß hoh über dem Meere.

London, 18. November. (Allg. Corr.) Die Royal Society in London hat ihre Copley-Medaille dem Professoc Clau- sius in Bonn für seine Forschungen über die Wêrme zuerkannt.

Kopenhagen, 17. November. Der Rektor der hiesigen Uni- versität, Professor J. N. M adwig, der auch in Deutschland sehr ge- schäßte Philologe, feierte heute sein 150jähriges Professor-Jubiläum, aus welcher Veranlassung dem Gelehrten zablreihe Beweise der Hochachtung und Ergebenheit seitens seiner Kollegen, sowie des Hofes U En der Gelehrtenwelt des Fn- und Auslandes zu Theil wurden.

Land- und Forstwirthschaft.

Die Weinernte in Frankreich und in der Schweiz im Jahre 1879. (Stat. Corr.) Der Ertrag der Weinberge in Frank- rei is, wie bekannt, in den leßten Jahren durch die starke Vermehrung der Reblaus (Phylloxera vastatrix) sehr beeinträchtigt worden. Der Schaden, welchen dieses Insekt auch in diesem Jahre den Weinbergen zugefügt hat, wird gleichfalls sehr hoh geschäßt. Die durch die Reblaus, das Aéfallen der Weinbeeren, die ungünstige Witterung, insbesondere durch den in einzelnen Departements vorzeitig einge- tretenen Frost herbeigeführten Nachtheile werden für so erheblich erachtet, daß na den für die einzelnen Weinbaudistrikte vorgenom- menen Ermittelungen die Weincrescenz dieses Jahres nur auf 30474533 h] geschäßt wird, während im Jahre 1878 48 720 613 hi1 geherbstet wurden.

Sollten diese niedrigen, bis jeßt nur auf Schäßung beruheuden Ertragsziffern der Wirklichkeit entsprehen, so würde allerdings die diesjährige Weincrescenz d-n geringsten Ertrag liefern, der innerhalb der leßten Jahrzehnte geherbsiet wurde, und noch weit hinter den Jahrgängen 1860, 1873 und 1876 mit 39 558 000 bezw. 35 770 000 und 41 848 000 h1 zurückbleiben, während der Abstand gegenüber den guten Weinjahren 1869, 1874 und 1875, die einen Ertrag von 71 376 000 bezw. 63 146 000 und 83 632 909 hl ergaben, sehr erheb- lih ist. Im Durchschnitt nahm man vor Einbruch der Reblaus einen Ertrag von 60 Millionen Hektolitern zum Werthe von 1200 Millionen Franken an.

Gewerbe und Handel.

Neueren Nachrichten aus Warschau zufolge, ist in dortiger Stadt die Rinderpest wieder aufgetreten und sind 4 daran er- kranfte und 4 verdächtige Kühe getödtet worden. Ebenso wird gemeldet, daß die Seuche auf dem Vorwerke Sluzewiec im Kreise Warschau ausgebrochen ift und daselbst 116 Stück krankes und ver- dächtiges Vieh getödet worden find.

Berner liegen Nachrichten vor über die Fortdauer der Krankheit in dem Dorfe Ojacz-Wilka und über déren Ausbruch in Gniewniewice- Stare und Gniewniewice-Novo, Kreis Sochaczew.

Die gestrige Generalversammlung der Berliner Weiß- bier-Brauerei-Aktien-Gesellscha ft, vorm. Carl Landré, genehmigte den vorgelegten Geschäftsbericht nebs Bilanz und er- theilte Decharge. Die auf 9F % festgesetzte Dividende ist vom 20. d. M. ab mit 57 4 zahlbar. i :

LONDONn, 19 November. (W. D. V) Bel der gestrigen Wollauktion waren 119 786 Ballen angeboten. Die Konkurrenz war lebhaft. AustralisWe Merino-Wollen 10, Kreuzzuchten 15 %/, Kapwolle 1 d, höher. /

Liverpool, 19; November. (W. T. B)“ Bet der gestrigen Wollauktion war starke Konkurrenz; Preise 15—20 9/9 höher.

Havre, 19, November. (W. T. B.) Wollauktion Ange- boten 2216 B,, verkauft 1012 B. Bei ziemlich lebhaftem Geschäft Buenos-Ayres-Wollen 10, Montevideo-Wollen 15 höher als die September- Auktionspreise.

Me Vou, L6G Jovenber, (W. L D) Weizenver» \chiffungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der Vereinigten Staaten: nach England 200 000, do. nach dem Kontinent 80000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 40 000 Qrtrs.,, Visible Supply an Weizen 29 625 000 Bushel, do. do. an Mais 11 375 000 Bushel.

Verkehrs-Anstalten.

Am 15. d. M. ist die neuerbaute Eisenbahnbrücke über dio Weichsel bei Graudenz feierlihst eröffnet worden.

Berlin, den 20, November 1879,

MNCTvol0o0g. Bernhard Ernst von Bülow.

Bernhard Ernst von Bülow , aus der ältesten der acht Linien dieses weitverzweigten Geschlechtes, wurde am 2. August 1815 zu Cismar in Holstein geboren , als einziger Sohn des Königlich dänishen Amtmanns und Kammerherrn Adolf von Bülow. Sein Vater, der dritte Sohn des mecklenburg- s{hwerinschen Ober - Hofmarschalls Bernhard Joachim von Bülow, war in der Zeit der größten Zerrüttung aller deutschen Verhältnisse (1807) durch die Freundschaft, welche seine Familie mit denjenigen der Grafen von Bernstorff und Schimmelmann verband, veranlaßt worden, in den dänischen Staatsdienst zu treten, an den ihn überdies seine Ver- heirathung mit der einzigen Tochter des damaligen Gouverneurs von Kopenhagen und Oberst-Kammerherrn Carl Ludwig Grafen von Baudissin dauernd fesselte. Dänemark war damals fast der einzige europäische Staat, der sih ohne Krieg frei von fremdländishem Einflusse erhalten hatte. Der rei begabte Vater starb, kaum 29 Jahre alt, {hon im De- zember 1816, und die Erziehung des verwaisten Knaben fiel damit der Mutter zu, einer ausgezeichneten Frau, die, nach- dem sie sih später mit dem Kammerherrn und Ober-Jäger- meister des Herzogthums Holstein, Hans Adolph von Warn- stedt, wieder verheirathet hatte, erst im Jahre 1874 hoch- bejahrt mit Tode abgegangen - ist. Ein Bruder des Vaters war der rühmlih bekannte Königlih preußische Minister der Auswärtigen O, Heinrih von Bülow, der Schwiegersohn Wilhelms von Humboldt. /

Bernhard von Bülow absolvirte die juristishen Studien auf den Universitäten zu Berlin, Göttingen und Kiel und

trat im Fahre 1839, dem Beispiel seines Vaters folgend, in den dänischen Staatsdienst. Er ward in Kopenhagen zunächst in der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Kanzlei, dann in dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten angestellt, im Jahre 1842 zum Legations-Rath und im Jahre 1847 zum Geschäftsträger bei den POUe S und zum Kammerherrn ernannt. Nah Ausbruch der S@&leswig-Holsteinshen Wirren verließ von Bülow den Staatsdienst, in den er am Schlusse des Jahres 1849 wieder eintrat und zum Vertreter Dänemarks wegen Holstein und Lauenburg bei der Frankfurter Central- Kommission, dem wieder zusammentretenden Bundestage und den Dresdener Konferenzen ernannt wurde. Nach Beendigung der leßteren im Jahre 1851 wurde er Bundestagsgesandter in Frankfurt a. M., und hier war es, wo sich zwischen ihm und dem jeßigen Reichskanzler, Fürsten von Bismarck, zuerst follegialishe und freundschastlihe Beziehungen knüpften. Nach einer mehr als zehnjährigen amtlihen Wirksam- keit in Frankfurt erbat Bernhard von Bülow seine Entlassung aus dem dänischen Staatsdienste und er- hielt dieselbe unter Ernennung zum Geheimen Konferenz- Rath. Er siedelte in das Heimathland seiner Familie, Medcklenburg, über und wurde im November desselben Jahres von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Mecklen- burg-Streliß zum Staats-Minister und Vorsitzenden der Lan- desregierung, sowie 1864 zum Ordenskanzler ernannt. Nach- dem er als Bevollmächtigter des Großherzogs an den Be- rathungen und Verträgen über Gründung und Verfassung des Norddeutshen Bundes in den Jahren 1866 und 1867 Theil genommen, wurde er im September 1868 als Gesandter der beiden Großherzoge von MeckXlenburg am Königlich preußi- schen Hofe, sowie als: deren Vertreter im Norddeutschen Bundes- rath später in dem des Deutschen Reiches beglaubigt. Damit trat Bernhard von Bülow erneut in direkte amtlihe und

persönliche Beziehungen zu dem damaligen Bundeskanzler, | die fo überaus zahlreiche Betheiligung an seiner Leichenfeier

Graf.n von Bismarck und fand als thätiges Mitglied des Bundesraths Gelegenheit, seine reiche Begabung und geschäft- liche Tüchtigkeit an den Tag zu legen. Eingedenk dieser Eigen- schaften brachte Fürst Bismarck, als es ih im Jahre 1873 um die Wiederbesezung des erledigten Postens des Staats- Sekretärs im Auswärtigen Amte handelte, ihn für diesen widtigen und schwierigen Posten bei Sr. Majeltat dem Kaiser Und Konge (in Vors6lag, und es wurde ihm durch Allerhöhste Ordre vom 19. September 1873 die gedahte Stellung unter Bei- legung des Ranges eines Staats-Ministers übertragen. Jm Juni 1876 wurde Bernhard von Bülow unter Beibehaltung seines Postens als Staatssekretär des Auswärtigen Amtes definitiv zum Königlih preußisGen Staats - Minijter er- nannt und nahm seitdem an allen Berathungen des Staats - Ministeriums Theil. Nachdem er während der Beurlaubungen des Fürsten Bismarck denselben in der Leitung des Auswärtigen Amtes \{chon mehr- fah vertreten hatte, wurde ihm auf Grund des Stell- vertretungs-Geseßes vom März 1878 die Vertretung t-2s Reichskanzlers in Bezug auf die Auswärtigen Angelegenheiten definitiv übertragen.

Die überaus angestrengte und Thätigkeit, welche der Staatssekretär von Bülow mit der ihm eigenen Gewissenhastigkeit entwickelte, hatte “all: mählih seine an und für sich gesunde und fräftige Körperkonstitution untergraben. Schon im Frühjahr dieses Jahres zeigten sich die ersten Spuren eines Leidens, dessen Heilung die Aerzte von dem Gebrauche einer Badekur in Marienbad und Gastein erhofften. Als jedoch Herr von Bülow Ende August nah längerer Beurlaubung die Geschäfte des Auswärtigen Amtes wieder übernahm, trat bald eine Steige- rung des Leidens zu Tage, welche eine weitere mehrmonatliche Enthaltung von seinen Berufegeschäften unabweislih erscheinen ließ. Auf ärztlihen Rath verließ Herr von Bülow am 17. Oftober Berlin, um die Wintermonate im Süden zuzubringen. Kaum war er jedoch in Frankfurt a. M., dem Orte seiner früheren langjährigen amtlihen Wirksamkeit an- gelangt, so traf ihn ein Nervenschlag, der hon am 20. Okto- ber, Nachmittags um 21/5 Uhr, seinem Leben ein Ende machte. An seinem Grabe trauern die liefgeveugte Wittwe Louise Victorine, geb. Nücker, eine Tochter des weiland Konsuls Rücker in Hamburg, und sechs Söhne, von denen die vier ältesten bereits im Staats-, resp. Militärdienste stehen.

Dies das äußere Lebensbild eines Mannes, durch dessen Hinscheiden niht nur seine Familie, mit welcher ihn Bande der zärtlichsten Liebe verknüpften, sondern auch Se. Majestät der Kaiser und das Vaterland einen sehr shweren, in vielen Beziehungen unerseßlichen Verlust erlitten haben.

Die Verhältnisse des diplomatischen Dienstes, in welhem Herr von Bülow thätig war, bringen es mit ih, daß seine hervorragenden Leistungen nicht in weiterem Umfange in die Oeffentlichkeit dringen konnten. Nur einem verhältnißmäßig kleinen Kreise ist es vergönnt gewesen, Zeuge des fruht- bringenden Schaffens zu sein, welches er, als der verständ- nißvolle, jederzeit treu befundene Gehülfe des Reichs- fanzlers, auf dem politishen Gebiete und in derx Leitung des Auswärtigen Amtes entwickelt hat. Wenn aber dereinst auf Grund archivalisher Quellen die politishe Ge- \chichte der leßten bewegten Jahre geschrieben werden wird, jo werden die ausgezeihneten staatsmännishen Eigenschaften des Verewigten ganz und voll zur allgemeinen Würdigung gelangen. Einer solchen Würdigung hat er si schon bei Lebzeiten von Seiten Sr. Majestät des Kaisers im vollsten Maße zu erfreuen gehabt, Allerhöchstwelcher seine Verdienste durh Gewäh- rung hoher Ordensauszeihnungen anzuerkennen geruhte. So wurde ihm im Jahre 1875 der Königliche Kronen-Orden erster Klasse mit dem Emaillebande des schon früher erhaltenen Rothen Adler-Ordens verliehen, im Fahre 1877 am Allerhöchsten Ge- burtstage das Kreuz der Großkomthure des Königlichen Haus- Ordens von Hohenzollern, und am 5. Dezember 1878 dem Tage der Wiederübernahme der Regierungsgeshäfte durch Se. Majestät das Großkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Eichenlaub. Letztere Auszeihnung erhielt der Staats- sekretär von Bülow vornehmlih in Anerkennung der von ihm als zweiter deutsher Bevollmächtigter auf dem Berliner Kon- greß entwickelten Wirksamkeit. Die Allerhöhste Ordre, mit welcher ihm diese Dekoration zugefertigt wurde, liefert den treffendsten Beweis dafür, wie hoh Se. Majestät die Thätig- keit und die Verdienste des Verewigten s{häßten. Dieselbe lautet:

In dankbarer Anerkennung der Verdienste, welche Sie Sich ebensowohl durch die hingebende und erfolgreihe Auéübung Ihres \{chwierigen Amtes in der Wahrnehmung der Auswärtigen Angelegen- heiten des Deutschen Reiches, wie durch Jhre wirksame Theilnahme

verantworiungsreiche

; s 0s m É m L I O I D T G E D I T I IIDI D naa m M S I I S É T E E O I

an den Arbeiten des im Laufe des Sommers hier versammelt ge- wesenen Kongresses erworben haben, verleihe Ih Ihnen hiermit das Großkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Eichenlaub und lasse es Mir zum besonderen Vergnügen gereichen, in Erledigung einer der ersten Regierungshandlungen nach Meiner Genesung Ihnen die In- fignien unmittelbar mit dem Wunsche zu übersenden, daß Sie dem Vaterlande Jhre treuen Dienste noch recht lange widmeu mögen. Berlin, den 5, Dezember 1878. Wilhelm. An den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Staats-Minister von Bülow.

Die Beziehungen des verstorbenen Staatssekretärs zum Reichskanzler, welche, wie oben angedeutet, {hon vor dem Amtsantritt des Ersteren freundschaftliche gewesen waren, ent- widelten sich während der sechsjährigen Amtsführung des Herrn von Bülow je länger je mehr zu innigen, von dem unbedingtesten Vertrauen des Fürsten Bismarck getragenen.

Jn seltenem Maße und in glückliher Mischung besaß der Verewigte diejenigen Eigenschaften des Charakters und des Gemüthes, welche ihn zur Leitung gerade einer Behörde, wie das Auswärtige Amt es ist, hervorragend qualifizirt erscheinen ließen: scharfe Auffassungsgabe, unermüdliche Arbeitskraft, Takt und Gewandtheit, liebenswürdige Formen, konziliantes und wohlwollendes, dabei aber do energishes Wesen. Dank dieser Eigenschaften des Staatssekretärs von Bülow walteten jederzeit die besten Beziehungen zwischen ihm und den hier beglaubigten diplomatischen Vertretern ob, und es trugen ihm auch seine Untergebenen, denen er stets ein leuchtendes Vor- bild treuer Pflichterfülung war, die größte Liebe und Ver- ehrung entgegen.

Welcher allgemeinen Achtung und Beliebtheit der Ver- ewigte sih auch in weiteren Kreisen erfreute, davon legte

eugniß ab. Dieselbe fand am 24. Oktober in der hiesigen

t. Matthäikirhe statt derselben Kirche, zu deren sonn- täglichen Besuchern er vermöge der ihm beiwohnenden tiefen Neligiosität gehörte. Se. Majestät der Kaiser, Allerhöhst- welcher bereits auf die erste Nachriht von dem Hinscheiden des Staats-Ministers von Bülow der Wittwe desselben von Baden- Baden aus Seine tiefempfundene Theilnahme in warmen Worten ausgedrückt hatten, geruhten bei dieser Leichenfeier persönlich zu erscheinen und damit öffentlih zu bekunden, wie tief Er den Verlust Seines bewährten Dieners ktetrauere.

Das Andenken des Staatssekretärs von Bülow wird mit der politischen Geschichte dieses Dezenniums dauernd verknüpft und bei Allen, die ihm persönlich näher gestanden haben, ein bleibendes und gesegnetes sein.

Das unter dem Protektorate Jhrer Majestät der Kaiserin stehende Elisabeth-Diakonissen- und Krankenhaus feierte am Mittwoch, dem Namenstage der Königin Elisabeth, in der mit Topfgewächsen, Laubgewinden und Blumen reih ges{mückten An- staltskirhe sein 46, Jahresfest. Nach Gesang und Liturgie richtete zunächst der Vorsitzende des Kuratoriums, General-Superintendent Dr. Büchsel, eine Ansprache an die Versammelten, der die Fest- predigt und der Bericht des Anstaltsgeistlihen Kuhlo folgte. Dem Berichte entnehmen wir, daß sh im laufenden Jahre die Zahl der Diakonissinnen von (0 auf & erhöht hat. Probeschwestern traten 12 ein, 4 von ihnen gingen wieder ab. Krankenpflege außer tem Hause leisteten die Schwestern an 220 Zagen, während 230 Nächten und 244mal Tag und Nacht. Im Krankenhause selbs wurden 1122 Kranke 45 360 Tage hindurch ver- pflegt. Zur Zeit beherbergt das Haus 103 Kranke. Sonntag und dreimal in der Wocbe besuchen Schwestern des Hauses das Weiber- gefängniß in der Barnimstraße. Außerdem siud Schwestern in Weißenfels und Zeit stationirt. Die Einnahmen aus milden Gaben u. dgl. betrugen 7333 M, die Autgaben für Armenkranken- pflege, namentlich auch zur Unterhaltung der überreich besuchten Polt- flinik, beliefen sich auf 6762 A4 Nach Erstattung des Berichtes wur- den 4 Diakonissinnen durch den Pastor Kuhlo eingesegnet.

Die V, Geflügelausstellung des Deutschen Vereins für Vogelzuht und Akklimatisation (Aegintha) wird am Freitag in den nach der Behrenstraße zu gelegenen Räumen der Kaisergalerie er3ffnet werden.

LiterarisheNeuiglkeiten 1nd periodishe Sc)riften«

Gegen die Freitiheits strafen. Ein Beitrag zur Kritik des heutigen Strafensystems. Von Dr. Otto Mittelstädt. 2. Aufl. Leipzig, Verlag von S. Hirzel. 1879.

Kiejstut. Trauerspiel in 5 Akten von Adam Asnyk. Ueber- seßt von M. von Reden. Posen, Verlag von Jolowicz. 1880.

Zeitschrift für preußishe Geschichte und Landes- kunde, unter Mitwirkung von Droysen, Dunker und L. v. Ranke, herausgegeben von Constantin Rößler. 16. Jahrg. Novbr.-Dezbr.- Heft (Nr. 11 u. 12), Berlin 1879, Ernst Siegfr. Mittler u. Sohn. Inhalt : 1. Die evangelishen Kurfürsten und der Reichskanzler Orenstiern nah Gustaf Adolfs Tod. G. ODroysen. II, Zur Be- antwortung der Frage: Wo {lug Hermann den Varus? oder, die Lage des Teutoburgergebirges. De. H. Böttger. II[. Neuere Forschungen. i : L

Friedreihs Blätter für gerichtliche Medizin und Sanitätspolizei, Unter Mitwirkung der Dr. u. Prof. L. A. Buchner, ‘H. Ranke, I. N. v. Nußbaum und v. Krafft-Ebing, her- ausgegeben von Dr. C. v. Hecker, Ob.-Med.-Rath 2c.,, und Pr. C. Klinger, Ob. -Med.-Rath. (Nürnberg, Fr. Kornshe Buchhandlung, 1879.) 30. Jahrg. b. Heft: Novemb.r und Dezember. Inhalt : Jahresbericht über die Leistungen im Gebiet der gerichtliben Psycho- pathologie. Mitgetheilt von N. von Krafft-Ebing. Ein Richter erschießt seine Gattin. Ob in Folge psychischer Entartung? Mit- getheilt von Dr. Zimmermann, Hofgerihts-Direktor zu Darmstadt (Schluß). Gerichtlihe Entschei dungen. : :

Social-Correspondenz, Organ des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, herausgegeben von Dr. Victor Böhmert und Arthur v. Studniy. Nr. 45. Inhalt ; Der Nothstand in Oberschlesien. Die Arbeit und die Bibel. Er- gebnisse des Sozialistengeseßes. Das Ausgabebüchlein als Wir1h- \chafts8gewissen. Die gewöhnlichen Fehler vieler Geschäftsleute. Arbeitsmarkt.

Monats\chrift sür Deutshe Beamte, Organ des Preußishen Beamten-Vereins. Medigirt von L. Jacobi, Königl. Geh. Regierungs-Rath. (Liegniß.) 3. Jahrg. 1879, 11. Heft. Grünberg i. Shl., Verlag von Fr. Weiß's Nachfolger. (Hugo Söder- strôm.) 1879. Inhalt: L, Angelegenheiten des Vereins. Bes- kanntmachungen der Direktion des Preußischen Beamten-Vereins. Halle Gefellige Zusammenkunft des Bezirksvereins des Preußi- \chen Beamten-Vereins. II. Rechtsverhältnisse der Beamten: A. Ge- seßgebung und Verordnung. B, Gerichtliche Entscheidungen. C. Ab- hanèlungen über Fragen des Beamtenrehts. Vorschläge zur Ver- hütung von Kassendefekten bei den Truppen. Zur Ürlaubsfcage. Wöohlfahrtsanfstalten der Reichs - Postoerwaltung. Postkarten im Amtsverkehr. IIl, Abhandlungen und Aufsäße allgemeinen Inhalts. Die Wohnungsnoth in großen Städten, fpeziell in Berlin, und deren Abhülfe. IV. Vermischtes. V, Sprechsaal. VI. Bücherschau. Briefkasten.