Kenntniß gebracht, daß die Liquidation
des verbotenen
Vereins der Vorrichter und Stepper Berlins be-
endet ist. Berlin, den 5. Dezember 1879. Königliches Polizei-Präsidium. Schmidt.
Abtheilung Il,
BeranntmaGUNn
Es wird hierdurch zur öffentlihen Kenntniß gebracht,
daß zum Zweeke der Auszahlung der von dem Landgericht I.
und dem Amtsgericht T. hierselbst anzuweisenden Zeugen- und Sadhverständigen-Gebühren, ferner der Tagegelder und Reise-
kosten der Geshworenen, Schöffen und Mitglieder des Wahl- auss{chusses, sowie der Transportkosten, zwei Zahlstellen, die eine im Gerichtsgebäude Jüdenstraße Nr. 59, im Erdgeschoß, Zimmer Nr. 38, und die andere im Gerichtsgebäude Molken- markt Nr. 3, im Erdgeschoß, Zimmer Nr. 27, vom 10. d. Mts.
ab in Wirksamkeit treten werden.
Die Zahlstelle in dem Gerichtsgebäude in der Jüdenstraße ist für die betreffenden Zahlungen in sämmtlichen Civil- sachen des Land- und Amtsgerichts 1. hierselbst: bestimmt; die Zahlstelle im Gerichtsgebäude am Molkenmarkt wird die |! betreffenden Zahlungen in sämmtlichen Strafsachen der beiden
vorgenannten Gerichte leisten.
Beide Zahlstellen werden an den Wochentagen von 10 Uhr
Vormittags bis 5 Uhr Nachmittags geöffnet sein. Berlin, den 6. Dezember 1879. Der Provinzial-Steuer-Direktor. Hellwig.
Béelanntmaäach Una. _ Für die nächstjährige Heeres-Ersaß-Aushebung wird den- jenigen jungen Männern, welche in dem Zeitraum vom 1. Ja- nuar 1858 bis zum 31. Dezember 1860 geboren sind und sich hierselbst aufhalten, in Erinnerung gebracht, daß, soweit die- jelden mit Taufscheinen oder sonstigen Beweismitteln über die Zeit und den Ort ihrer Geburt noch nicht versehen sind, fie sih zur Abwendung sonst unausbleiblither Nachtheile der- gleichen Bescheinigungen nunmehr zu beschaffen haben. DIE-FAX diesen Zweck aus den Kirchenbüchern 2c. zu er- theilenden Bescheinigungen werden kostenfrei ausgefertigt. Der Zeitpunkt zur Anmeldung behufs Aufstellung der Rekrutirungs-Stammrolle wird in der ersten Hälfte des Mo- nats Januar k. F. bekannt gemacht werden. _Verlin, den 4. Dezember 1879. Die Königlichen Ersaß-Kommissionen der Aus- hebungsbezirke Berlin.
Nichtamtliches. Deutsches Nech.
__ Preußen. Berlin, 9. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des PolizÞi- Präsidenten von Madai und des Generals von Albedyll eit- gegen.
— FJhre Majestät die Kaiserin empfing gestern den Landgrafen Alexis thal-Barchfeld.
_ _Jhre Majestät genehmigte die Ueberreichung des Aller- höchstderselben gewidmeten Werkes über eide und Gestaltung des Heeres - Sanitätswesens der europäischen
taaten“ dur den Verfasser desselben, Major Knorr vom Nebenetat des Großen Generalstabes. aud Heute (bn bie E A Oen Talais ein größeres Diner ail, zu welchem die hier anwesenden Botschafter und Militär- Bevollmächtigten geladen find. La e
S C Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm im Laufe des heutigen Vormittags mili- tärishe Meldungen entgegen. Nachmittags besuchte Höchst- derselbe den Bazar des Friedrich-Wilhelm-Stistes. i:
— Jn der heutigen (21.) Sigung des Haufes d Abgeordneten, welcher der Vie Rrlsibent tos S Er Ministeriums Graf zu Stolberg-Wernigerode, Kriegs-Minister von Kameke, der Minister der öffentlihen Arbeiten Der Finanz-Minister Vitter und der Minister für geistliche 2. Angelegenheiten von Puttkamer sowie mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß eine Interpellation des Abg. von Wierzbinski, betreffend die Umwandlung althergebrahter polnischer Ortsnamen, und ein Antrag des Abg. von Bandemer, betreffend die Wieder- eröffnung der Rentenbanken, eingegangen sei.
Sodann trat das Haus in die zweite Berathung des Ge- seßentwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privat- eisenbahnen für den Staat. Vorab gab der Staats- Minister Maybach im Auftrage des Staats-Ministeriums die Ertlärung ab, daß das Leßtere den Bedingungen, von welchen die Kommission ihren Antrag auf Genehmigung der Vorlage ab- hängig mache, zustimme, falls das Haus den Kommissions- antrag annehme.
5 M ronaantrag lautet:
as Paus der Abgeordneten wolle bescbließen: 1) d - entwurfe, betreffend den Erwerb mehrerer S elierbibeE für ven Staat, in der anliegenden Fassung die Zustimmung zu ertheilen 2) diese Zustimmung jedoch von der Zusage der Königlichen Staats- regierung abhänaig ¿u machen, daß dieselbe dem Landtage noch in gegenwärtiger Session, jedenfalls bei dessen näcbstjährigem Zusammen- tritt, Gescßentwürfe vorlegt, weGs folgende Grundsäße festitellen:
I. Die Jahresüberschü}e der Eisenbahnverwaltung nach Maß- gabe des Etats im Ordinarium werden für folgende e M naftehend angegebenen Reihenfolge veranschlagt und verrechnet : 1) Zur Deckung der Renten-, Zins- und Amortisationsverpflichtungen aus den mit Privatbahngesellshaften geschlossenen, dem Landtage jetzt vorliegenden, fowie aus solchen in Zukurft zu \{hließenden Verträgen ; 2) zur Verzinsung der jeweiligen Staatseisenbahn-Kapitalschuld (11); 3) so oft und soweit na der Uebersicht der Einnahmen und Aus-
aben eines Rechnungsjahres oder bei dem Voranschlage im Staats- aushalts.Gtats sih ein Defizit herausstellt, zu dessen Deckung ay- dernfalls Anleihen aufgenommen werden müßten, bis zur Höhe von 2 200 000 M zur Ausgleichung dieses Defizits; 4) zur Bildung eines Cisenbahn-Reservefonds, dessen Bestände in Schuldverschreibungen des Staates oder des Reiches anzulégen find. Derselbe dient aus- \ch{liefilich zur eventuellen Ergänzung der für die Verzinsung der Staatseifenbahn-Kapitals{uld erforderlichen Jahresübershüsse, Der 19/
| munal-Landtage u. | der landwirtbschaftlichen Centralvereine auf die Dauer von drei | Jahren gewählt.
| gangs erwähnten Geseßes soll bei Bewilligung von Krediten für j
¡ Staatsmitteln | bahnen in
| abgeseßt und demgemäß der abzuführende Zinsbetrag vermindert. IV, Die Verwaltung dés Reservefonds wird der Hauptverwaltung
der jeweiligen Staatseisenbahn-Kapitalshuld übersteigende Betrag des Reservefonds is alljährlich bis zur Höhe von 3% der jetzt fest- geseßten Staatseisenbahn-Kapital schuld einscließlih der na Ik, 1II. hinzutretenden Beträge derselben zur Amortisation zu verwenden. Der alsdann noch verbleibende Betrag wird zur Amortisation der Staatseisenbahn-Kapitalshuld verwendet, wenn und in soweit nicht durch das Staats-Haushaltsgeset eine anderweitige Berwendung fest- gestellt ist. 11. Die Staatseisenbahn-Kapitalshuld wird zu dem Zwecke der Verrechnung und Verwendung der Eisenbahn-Verwaltungsüber- | {üsse auf den nach dem Etat pro 1880/81 sich am 1. April 1880
ergebenden Betrag der gesammten Staats\{uld von 1 396 000 000 4 festgestellt und demgemäß die Summe der aus den Ueberschüssen der Cisenbahnverwaltung zu verwendenden Zinsen auf 59 800 000 4 be- stimmt. Jede Vermehrung der Staats\huld nach dem 1. April 1880 bis zum (Frlasse des im Eingang erwähnten Geseßes in Folge bereits für Eisenbahnzwecke erlassener oder noch zu erlassender Kreditgesetze | wächst der Eisenbahn-Kapitalscbuld hinzu: Dasselbe gilt, wenn in | &olge des Ankaufs von Privatbahnen eine Vermehrung der Staats- | fchuld vor dem 1, April 1880 stattfindet. Ill. Nach Erlaß des Ein-
Bewilligung von
sowie Betrieb von Eisen-
bei außerordentlicher für
: den Bau Und! * den 1 jedem einzelnen Falle bestimmt werden, ob und in welcher Höhe vie bewilligten Summen der Staats- cisenbahn-Kapitalschuld zuwachsen. Fehlt eine solhe Bestimmung, fo wird angenommen, daß der Zuwachs in Höhe der ganzen be- willigten Summe erfolgen und die Verzinsung mit 4% gesehen soll. Jede in Gemäßheit des zu erlassenden (Besetzes stattgefundene Amortisation der Staatseisen-Kapitalshuld wird von der leßteren
Eisenbahnzwecke
der Staatsschulden unter Kontrole der übertragen. den Etat oder cin besonderes Gesetz verfügt werden.
Staat: schuldenkommission
| Finanz-Ministers, { und Forsten; e. aus je drei Mitgliedern beider Hâufer des Landtags ! nebt je drei Stellvertretern, i;
| Personen und Gütern und die allgemeinen
Maybaqh, |
| der Betriebs- und Bahxpolizei-Reglements, soweit sie nicht tebnische
É REE E A E
| die Provinzen S{hlesien, | nebst einer gleichen Anzahl von Stellvertretern dur die Bezirks- und Königin | S LENE aus den E der Landwirthschaft, der Industrie, S A | de3 Ha sftandes in er S es of Hessen-Philipps- D Handelsstandes innerhalb der Provinz, bezw. des
j bezirks oder der Stadt, auf die Dauer von dret
| Behufs Auskonftsertheilung zuzuziehen.
| einer übersihtlichen Darstellung des Ergebnisses derselben und der
B,
I, Der Minister der öffentlichen Arbeiten wird in Zukunst dem Entwurfe des Staatshaushalts-Etats eine Uebersicht der auf den für Rechnung des Staates verwalteten Eisenbahnen zur Erhebung zu bringenden Normal-Transportgebühren für die Beförderung von Personen und Gütern beifügen. Il. Es sind einzuseßen : a, Bezirks- Cifenbahnräthe, welche den Staatseisenbahn-Direktionen und ». ein Landes-Cisenbahnrath, welcher der Centralverwaltung der Staats- eisenbahnen zu beiräthlicher Mitwirku»g auf folgender Grundlage beizegeben werden: 1) Die Bezirks-Eisenbahnräthe werden zut fammengescßt aus einer centsprechenden Anzahl von Ver- tretern des Handelsstandes, der Industrie, der Land- und Forst- wirthschaft. Dieselben werden von den Provinzi:l-Aus\cüssen, bezw. den Verwaltungsausschüssen der Prooinzial-Landtage (Kom- \. w.) nach Anhörung der Handelskammern und
Für die Städte Berlin und Frankfurt a./M. i das Wahlre{t der städtishen Ve: tretung s Der Mitifter e öffentlichen Arbeiten bestimmt den Vorsitzenden. 2) Der Lande2- cifenbahnrath besteht: a, aus einem Vorsißenden respektive desseu Stellvertreter , _welche von dem Könige ernannt wer- den; b, je einem Kommissarius des Ministers der öffent- lichen Arbeiten, des Ministers für Handel und Gewerbe, des des Ministers für Landwirthschaft, Domänen | i welche für die Dauer der Legislatur- periode gewählt werden und bis zur Neuwahl beim Beginn der fol- genden Legislaturperiode fungiren; d. aus je cinem Mitgliede für den Regierungsbezirk Cassel, den Regierungsbezirk Wiesbaden, die Stadt Berlin „und die Stadt Frankfurt a. M,, aus je zwei Mitgliedern für die Provin¿kn Dftpreußten, Westpr6ußen, Pommern, Brandenburg, Posen, Schleswig-Holstein, Sachjên, Han: or, aus je’ drei Mitgliedern für We#tfalen und die RNhéinprovinz, welche
des Regierungê- Jahren gewä
werden. Dem Minister der öffentlichen Arbeiten dip Pa s halten, in geeigneten Fäilen Spezialsachverständige bei den Berathungen l ; ; 3) Aus feiner Mitte bestellt der Landeseisenbahurath einen ständigen Ausschuß zur Vorbereitung seiner Berathungen. Er kann auch in eiligen Fällen zur Abgabe von Gutachten Seitens des Ministers der öffentiichen Arbeiten aufgefor- dert werden, soweit der Gegenstand des Gutachtens nit unter 5a, fällt. Der Ausschuß besteht außer dem Vorsitzenden des Landeg- eisenbahnrathes, respektive dessen Stellvertreter, aus zwei Ministerialkommissarien (2b), aus je zwei Mitgliedern der Häuser des Landtages (2e.) und aus vier Seitens dec Bejzirks- cisenbahuräthe in den Landeseisenbahnrath gewählten Mitgliedern (2 d.). Für die vorbezeichneten Mitglieder des Autschusses (2e.—24.) sind Stellvertreter zu bestellen. 4) Die Bezirkseisenbahnräthe sind wie seither in allen die Vertehrsinteressen des Bezirks oder einzelner Distrikte desselben berührenden witizen Fragen zu hôsren. 5) Dem Landeseisenbahnrath sind vor der Einführung, beziehungsweise vor der Vorlage an den Landtag zur Aeußerung vorzulegen: a. die in Ausficht zu nehmeaden Normalsäte f Beförderung von Bestimmungen über deren
für die Þþ, Anordnungen betreffs Zulassung i und Differentialtarisen (unregel- Anträge auf allgemeine Aenderungen
Anwendung (Tarifvorschristen) ; oder Versagung von Ausnaßme- mäßig aebildeten Tarifen); e.
Bestimmungen betreffen. Die Tagesordnung für die Situngen des Landeseisenbahnraths ist mindestens aht Tage vorher von dem Vor- lißenden zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Die von der Staats- regteruyg bei Gefahr im Verzuge getroffenen Anordnungen sind dem Landeseifenbabnrath bezw. dem Aus|chuß bei seinem nächsten Zusammen- tritt mitzutheilen. 6) Der Landeseisenbahnrath kann in Angelegen- heiten der vorstehend sub 5 erwähnten Art auch selbständig Anträge an die Staatsregierung richten und von dieser Auskunft verlangen. D) Die Bezirkseisenbahnräthe wie der Landeseisenbahnrath treten wenigstens vierteljährlih zusammen. Der Geschäftsgang wird bei den ersteren dur ein von dem Minister der öffentlichen Arbeiten, bei dem leßteren durch ein vom Staats-Minijterium zu ge- nehmigendes Regulativ geordnet, 8) Erachtet der Bezirks- eisenbahnrath, bezichentliÞd der Landcseisenbahnrath bei seiner Bescblußfassung Vorerhebungen für erforderlih, #o er'olgen dieselben durch die betreffenden ODirektionen, beziebentlich durch den Minister der öffentlichen Arbeiten. 9) În -drin- gendèn Fällen kann die Aeußerung des Ausschusses (ctr. Nr. 3) von dem Minister der öôffentlihen Arbeiten au im Wege \criftlicher Umfrage eingeholt werden. 10) Die Verhandlungen des Landeg- Cifenbahuraths werden von dem Voisißeuden an den Minister der össentlichen Arbeiten eingereidt und von diesem unter Beifügung
l getroffenen Entscheidungen alljährlih dem Landtage mit-
Nach dieser Erklärung stellte der Referent Abg. Dr. Hammacher den Antrag, die Vorlage in der Fassung der Kommission anzunehmen. Nach einer längeren geschäftlichen Debatte stellte der Präsident zunächst den Vertrag, betr. die Berlin-Stettiner Bahn, zur Diskussion. Der Abg. Dr. Roeckerath bedauerte, daß in der Berathung dieser Vorlagen weniger die nüchterne Berehnung als das unbe- stimmte Sentiment ausschlaggebend gewesen sei. Der Staat habe durch Berlin-Webßlar oder vielmehr durh die Linie Eydtkuhnen-Sierck einen Einfluß erlangt, welcher keinerlei Dominirung durch die Privatbahnen zulasse. Jn dem Vor-
Veber die Verwendung und Herausgabe darf nur durch *
Privatbahnen. Die anzukaufenden Bahnen seien auch viel zu theuer, denn die Börsenspekulation habe ledigli im Hin- blickd auf das Staatsbahnprojekt den Cours um 80 Millionen in die Höhe getrieben. Man suche die soliden Prioritätenbesißzer durch die Konvertirung ihrer 5 prozentigen Prioritäten in 4pro- zentige Konsols zu schädigen auf Kosten der spekulirenden Aktienbesißer. Fm Gegensaß zu der großen Masse der Be- amten der Privatbahnen erhielten einzelne derselben eine un- verhältnißmäßig hohe Abfindung. Gegenüber der außerordent- lih gesteigerten Anzahl der Staatsbeamten und des gesteigerten politischen Einflusses der Regierung müsse man geheime Abstimmung für alle politishen Wahlen fordern. Durh diese Vorlagen und ihre nothwendigen Konsequenzen werde der Privatindustrie ein befruchtendes Kapital von circa drei Mil: liarden Mark entzogen. Mit Ausnahme von Hannover Alten- beken sei der Vertrag über die Berlin-Stettiner Bahn der geschäftlih ungünstigste. Alle generellen Bedenken träfen be- jonders für die Berlin-Stettiner Bahn zu.
_ Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) betonte dagegen, daß man nicht {nell genug aus dem jeßigen Zwischenzustand der Bah- nen und dem Handel an der Börse herauskommen könne. Der jebige Zeitpunkt sei für die Verstaatlihung der denkbar günstigste. Mit der Linie Berlin - Weßlar mache der Staat den von ihm beaufsichtigten Privatbahnen die rüdsihtsloseste Konkurrenz und vernichte ihre Werthe. Mit dem Ankauf der Privatbahnen erweise der Staat diesen einen Dienst. Wollte der Staat sofort alle Privatbahnen verstaatlichen, so hätte dies nur auf dem Wege der gesez- lichen Expropriation geshehen können. Auf dem jeßt ein- geschlagenen Wege könne der Staat gerehter und billiger sein und für die Privatbahnen einen etwas höheren Preis als den wirklichen Werth zahlen. Niemals habe man die Kon- vertirung eines höher verzinslihen Papieres in ein niedriger verzinsliches, falls sie mit Zustimmung des Eigenthümers ge- schehen sei, für eine Schädigung desselben gehalten, denn der niedrige Zinsfuß rechtfertige sich durch die erhöhte icher- heit. Er könne nicht zugeben, daß die Aktien nur in den Händen der Spekulation seien, das werde erst durch ein längeres Hinziehen der Verstaatlihung geschehen. Gerade die Geschichte der Berlin-Stettiner Bahn mache dieselbe zum An- kauf sehr geeignet.
Der Abg. Quadt motivirte die negative Stellung seiner Partei diesen Vorlagen gegenüber mit dem Hinweis auf die zweifelhafte Rentabilität der Staatsbahnen in Rücksicht auf ihr gewaltiges Anlagekapital. Seine Partei wolle auch nicht dazu mitwirken, den Minister in der Tariffrage omnipotent zu machen. Auch von den finanziellen Vortheilen des Ankaufes speziell der Berlin - Stettiner Bahn, nament- lich wenn man die hohen Abfindungssummen für die Direktoren in Betracht ziehe, habe sich seine Partei nicht überzeugen können. Der Abg. Frhr. von Zedliß- Neukirch wies als Spezialreferent die Einwürfe der Vorredner gegen die Rentabilität der Berlin-Stettiner Bahn eingehend zurü. Der Generalreferent Dr. Hammacher verwahrte die Kammission gegen den Vorwurf des Abg. Dr. Röckerath, daß bei Entscheidung dieser Fragen nur ein allgemeines Sentiment maßgebend gewesen sei. Eine technisch genaue Prüfung der richtigen Bemessung der Kausfpreise habe allerdings die Kom- mission ohne Prüfung der Details durch besonders Dazu depu- tirte Untersuchungskommissionen nicht eintreten lassen können. Die Verantwortlichkeit für die thatsächlihe Richtigkeit des beigebrachten Materials trage die Staatsregierung. Auf Grund dieses Materials habe aber die Kommission äußerst sorgfältig geprüft. Der Vertrag, betreffend die Berlin-Stet- tiner Bahn, wurde angenommen, und darauf ging das Haus zur Diskussion des Vertrages, betreffend die Magdeburg- Halberstädter Bahn, über. Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Dr, Röôteraty das Wort.
_— Ein auf Grund der geseßlichen Erbfolgebestimmungen errihtetes Testam ent ist, wenn nicht das Testament entgegen- stehende Erklärungen enthält, nah einem Erken ntniß des Neichsgerichts, Iv, Civilsenats, vom 3. November 1879, nach den geseßlichen Bestimmungen desjenigen Landesgebiets auszulegen, in welchem der Testator zur Heit der Errichtung des Testaments gewohnt hat, selbst wenn er sodann sein Do- mizil verändert und in einem Landestheile stirbt, in dem andere geseßlihe Bestimmungen gelten.
Bayeru. München, 6. Dezember. (Allg. Ztg.) Jn der heutigen Sizung des zweiten A us usses M mer der Neihsräthe wurde beschlossen: die Linien Neu- marfkt-Landshut und Gemünden-Hammelburg, neben den drei Linien, über welche bereits ein Gesammtbes{hluß besteht, in bas Eisenbahngesey aufzunehmen; für die Lauterecker Bahn soll eine Zinsgarantie von 4 Proz. bewilligt werden.
Die unter dem Namen Neujahrgelder u. dgl. bestehenden Abgaben der Jsraeliten in einigen Theilen Bayerns, deren Aushebung durh einen dem Landtage vorliegenden Geseßz- entwurf erfolgen soll, belaufen sich nach gepslogenen statistischen Erhebungen nah dem Durchschnitt der leßten zehn Jahre auf 2912 M. 59 S; Abgaben die auf Grund und Boden lasten, wie auch persönliche Abgaben, deren Leistung israelitischen Staatsangehörigen ohne Rücksicht auf ihr Glaubensbekenntniß obliegt, sind hierbei außer Ansaß geblieben. «Fn den Anfall theilen sich 325 Berechtigte, so daß auf einen derselben ein Durch- schnittserträgniß von 8 4 96 - trifft. Der wirkliche Einzelbetrag erreicht jedoch oft nur einige Pfennige und steigt nur in einem Fall bis zu jährlih 70 H 12 F. Jn Unterfranken beträgt der jährliche Durchschnittsbetrag 1203 M 57 5, in Oberfranken 730 M 26 3, in Mittelfranken 704 M 85 5, in Schwaben 267 A 74 S und in der Pfalz 6 M 7 S. Jn Ober- und Niederbayern und in der Oberpfalz bestehen solche mittelalter- liche Abgaben nicht. Als geschichtliher Entstehungsgrund der fraglichen Abgaben wird, wie die Motive zu dem Geseh- entwurf ausführen, allseitig das früherhin empfundene Bedürf- niß bezeihnet, den fatholishen und den protestantischen Pfarrern und anderen Kirchendienern für den durch den Uebergang von Häusern christliher Familien in die Hände eingewanderter Fsraeliten entstehenden Ausfall an Stolaebüyren ein Aequivalent zu gewähren. Jn den meisten Fällen lasse si die Abgabenerhebung auf allgemeine landesherrliche Anordnungen aus früheren «Fahrhunderten, wie des Näheren mitgetheilt wird, zurückführen; häufig aber könne der Rechtsbestand solcher Abgaben nur auf Ver- jährung oder Herkommen basirt werden. Obwohl im Laufe der Zeit — so führen die Motive aus — die soziale Lage der Jsraeliten in Bayern si fortwährend gebessert hat und dieselben nunmehr mit den übrigen Staatsein-
gehen des Staates, jeßt nur drei große Privatbahnneße an-
zutaufen,slliege eine innere Unbilligkeit] gegen die übrigen
wohnern vollflommen gleiche bürgerlihe und politische Rechte genießen, ist ing der Verpflichtung zurÿY Entrich-
tung der jüdishen - Neujahrgelder keine rechtlihe Aenderung eingetréten und sind bis zur Stunde noch abgabepflichtige sraeliten im Weigerungsfall auf Antrag der Bezugsberech- tigten mittelst staatlihen Zwanges zur Leistung zu ver- halten. Die endliche Beseitigung dieses den heutigen Rechts- anshauungen widerstrebenden Zustandes werde sich um so mehr rechtfertigen , als die Führung der Geburts-, Trauungs- und Sterberegister, welhe früherhin fast allenthalben auch bezügliÞh der Fsraeliten den christ- lihen Pfarrern oblag, zufolge des Reichsgeseßes Über die Beurkundung des Personenstandes vom 6. Februar 1875 den Geistlichen abgenommen und mithin die einzige Gegenleistung in Wegfall gekommen ist, welche an die Vereinnahmung der jüdischen Neujahrgelder durch katholische | und protestantishe Pfarrer geknüpft waren. Es hatten \ich denn auch die sämmtlihen einvernommenen Aemter und | Stellen und ebenso die betheiligten firchlichen Oberbehörden | übereinstimmend für Aufhebung dieser Abgaben gutachtlich | ausgesprochen. j
Sachsen. Dresden, 8. Dezember. (Dr. J.) Jn der heutigen Sißung der Zweiten Kammer wurde der Geseß- entwurf, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Civil- staatsdiener, der Geseßgebungsdeputation überwiesen. Eben- dahin wurde verwiesen ein Antrag des Vize-Präsidenten Dr. Pfeiffer auf Erlaß eines Geseßes, betreffend eine Erläuterung des Gesehes über den Antheil Sachsens an der sranzösischen Kriegskostenentschädigung vom 25. Juni 1874. Dieser Antrag, nah welchem in Zukunst bei Berehnung des Antheils, welcher nah 8. 36 des genannten Geseßes aus den Nußungen des Bezirksvermögens an solhe Gemeinden zu gewähren ift, die
durch örtliche Einrihtungen bereits Fürsorge für Anstalten getroffen haben, zu deren Errichtung und Erhaltung Nußungen des Bezirksvermögens verwendet werden sollen, der in 8. 2 des Gesetzes festgestellte Vertheilungsmaßstab zu Grunde ge- legt werden soll — wurde von dem Antragsteller damit moti- virt, daß in den genannten Fällen in verschiedenen Bezirken die Vertheilung mitunter nah dem Maßstabe der Bezirks- steuern vorgenommen worden sei.
Baden. Karlsruhe, 7. Dezember. (K. Z.) Jn der Budgetvorlage ist eine Verdoppelung der Branntwein- steuer vorgeschlagén. Dieselbe hat bisher jährlih ungefähr 400 000 6 Ertrag geliefert, wovon mehr als 300 000 4 auf die Uebergangssteuer entfallen sind. l zuhalten, noch vor Fnkrafttreten der Steuererhöhung große Vorräthe ausländischen Branntweins zum Nachtheil fsüxc die Staatskasse sowie zur Schädigung der inländischen Fabrikation einzusühren, möchte die Regierung die erhöhte Steuer alsbald in Kraft treten lassen und hat deshalb gestern einen bezüg- lichen Geseßentwurf mit dem Wunsche beshleunigter Berathung vorgelegt. Für Branntwein, der zu gewerblihen Zwecken verwandt wird, soll eine Nückvergütung eintreten.
Meekienburg. Sternberg, 8. Dezember. (W. T. B.) Jn der legten La ndtagssißung forderte die Regierung die Stände aut, die Wahl von Deputirten zur Wiederauf- nahme der Verhandlungen wegen Modifikation der be- stehenden Landesverfassung zu erneuern.
Sachsen-Meiningen-SHildburghausem, Meiningen, 7. Dezember. (Magdb. Ztg.) Heute wurde der Landtag feierlich eröffnet. Da ein Landtagsgebäude noch nicht wieder errichtet ist, fand nah voraufgegangenem Gottesdienst die Er- öffnung im Schwurgerichtssaal des Landgerichtsgebäudes statt. Von den 24 Abgeordneten find 7 neu eingetreten. findet unter Leitung des Alters-Präsidenten die Wahl der
Legitimationskommission statt, und dann folgt die Wahl des |
Präsidiums und der Ausschüsse; Vorlagen von Erheblichkeit sind niht vorhanden. — Gestern haben die Anwälte des Jenaer Ober-Landesgerichtsbezirks den Vorftand der thürin - gishen Anwaltkammer gewählt; es waren zu diesem Behufe 43 Anwälte in Jena anwesend.
Desterreich-Ungarn. Wien, 9. Dezember. (W. T. B.) Die Kommission des Herrenhauses hat den vom Ab- geordnetenhause abgelehnten 8. 2 der Wehrvorlage, betreffend die 10jährige Verlängerung des W ehrgesetßes, ein- stimmig wieder hergestellt.
Pest, 8 Dezember. Die Schneemassen und die Niederschläge der vergangenen Woche haben an ver- schiedenen Orten Hochwasser verursaht. Bei Großwardein ist der Körös ausgetreten, in einem Theile Großwardeins stand das Wasser einen halben Tag hindur 50 cm hoch; seit gestern ist die Gefahr abgewendet. Der weiße und der s{hwarze Körös sind bedeutend angeschwollen ; die Dämme find mehrfach durchbrochen, einige Ortschaften stehen unter Wasser. Das Wasser der Maros und der Samos sind ebenfalls sehr gestiegen; die Samos ist in Siebenbürgen ausgetreten.
— Amtlichem Ausweise in der „Austria“ zufolge sind în den Monaten Januar bis incl. September d. F. an Zöllen und Nebengebühren im allgemeinen österreichish-unga- rishen Zollgebiete eingegangen: 6 031 138 Fl. in Gold, 8 742 018 F[. in Silber mit Aufgeld und 379 397 Fl. in Bank- valuta. Jn der gleichen Periode 1878 sind eingegangen : 13 744 726 Fl. in Silber und 206 674 Fl. in Bankvaluta.
Scchweiz. Bern, 6. Dezember. (Bund.) Der Na- tionalrath erledigte heute den Gescßentwurf über die civil- rechtlihen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter bis auf die Bestimmungen über die familienrechtlihen und die erbrechtiihen Verhältnisse. j
Die vereinigte Bundesversammlung ist auf Miitwoch, den 10. ds., zusammenberufen zur Wahl des Bundes-Präsidenten und des Vize-Präsidenten des Bundesraths für das Jahr 1880 und zur Wahl eines Mitgliedes des Bundesgerichts (an Stelle des demissio- nirenden Bundesrichters Niggeler) für die Amtsdauer bis Ende 1880. Für die Bundesrichterstelle wurde von einer Ver- sammlung radikal-demokratisher Mitglieder der Räthe ein- stimmig vorgeschlagen Ober-Geriehtspräsident Leuenberger von Bern. Als Bundes-Präsident wird selbstverständlih gewählt det gegenwärtige Vize-Präsident Welti. Zum Vize-Präsidenten L die erwähnte Versammlung vorgeshlagen den Bundesrath
nderwert ; eine Minderheit vereinigte sih auf den Bundes- rath Droz. :
Gestern Abend is in Bern nach längerer Krankheit der Oberst Siegfried von Zofingen, der langjährige Chef des eidgenössishen Stabsbureaus, noch nicht 60 Fahre alt, gestorben.
Um die Spekulation ab- |
Morgen |
Jn Vevey ist wieder ein Theil des Quais in den Genfer See versunken. Vorgestern Abend um 6 Uhr wurde ein Erdstoß in Genf verspürt.
Großbritannien und Jrland. London, 6. De- zember. (Allg. Corr.) Die amtlihe „London Gazette“ meldet die Beförderung des Prinzen Eduard von Sachsen-Weimar, Obersten des 10. Jnfanterie-Regiments und Befehlshabers des südlichen Militärbezirks, zum General in der britishen Armee.
Sir Harcourt Fohnstone, Unterhausmitglied für Wey- mouth, äußerte auf einem liberalen Meeting in Scarborough U. A.: Es wäre ein Jrrthum zu glauben, daß Hr. Glad- stone wieder die Führerschaft der liberalen Partei über- nehmen werde. Er könne dies aus Hrn. Gladstones eigenem Munde versihern. Der ehemalige Premier, sowie Hr. Bright seien treue Anhänger Lord Hartingtons, der 1874 im Reformklub einstimmig zum Führer der liberalen Partei ge- wählt wurde, gewesen und würde fortfahren dies zu sein.
Den „Daily News“ wird aus Kabul unterm 4. d. M. telegraphirt: Der Gouverneur von Maidan wurde gestern Abend von regulären Truppen und Bergbewohnern ermordet. Der Feind zog sih ins Gebirge zurück. Die Gouverneure von Kohistan und des Logarthales sind A worden.
Dubli, S Dan D B) Dhomas Brennan, der als Haupttheilnehmer an der von Parnell ins Werk geseßten fenischen Agitation verhaftet worden war, ist nunmehr vor die Assisen verwiesen und gegen Kau- tion auf freien Fuß geseßt worden. Die von hier verbreitete Nachricht von der Verhaftung Parnells beruht auf einem S
Frankreich. Paris, 7. Dezember. (Cöln. Ztg.) Das
| „ournal .de l'Armée Française“ meldet die Reorganisation
des Ober-Kriegsraths; dessen Mitglieder sind der Prä- sident der Republik, der Präsident des Conseils, die Präsi- denten der beiden Kammern, die Minister des Krieges und der Marine, die Präsidenten der Bewaffnungsausschüsse und andere hohe Beamte.
— 8. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Senats sißung legte Jules Simon den Bericht der Kom mission zur Vorberathung des Ferry’schen Unterrichts geseßes vor. Jn dem Berichte wird der Artikel 7 des Gesegentwurfs, welcher alle vom Staate nicht autorisirten Kongregationen von der Ertheilung des öffentlichen Unter- richts ausschließt, verworfen. — Der Senat begann ferner die Berathung des Ausgabenbudgets und stellte bei der Berathung des Kultusetats die in der Regierungsvorlage für die Besoldung der Bischöfe angeseßten Summen wieder her, welche die Deputirtenkammer seiner Zeit herab- gescßt hatte.
Spanien. Madrid, 8. Dezember. (W. T. B.) Ueber die eingetreteneMinisterkrisis schreibt die „Correspondencia“: Der Finanz-Minister habe in dem statthabten Minister- rath darauf hingewiesen, daß die Vorlage über die Refor- men in Kuba das Defizit vermehren werde, und daran die Bitte geknüpft, daß an seiner Statt ein anderer Minister er- nannt werden möge. Drei andere Minister hätten darauf gleihlautende Erklärungen abgegeben. Der Kammer- präsident de Posada Herrera, welher vom König mit der Neubildung des Ministeriums beauftragt wurde, hat die- selbe aufgegeben.
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talien Rom, s Dieinber.. Q. D. B) Déx „Fanfulla“ erwähnt eines Schreibens des Reichskanzlers Fürsten Bismarck an den Senator Facini anläßlih der Schrift des Leßteren: „Die Konservativen und die natürliche Entwickelung der politishen Parteien in Jtalien.“ Schreiben heißt es: Nur das Einvernehmen der Mächte, die entschlossen seien, eine streng konservative Politik zu verfol- gen, würde eine partielle Abrüstung gestatten, welche Das cin- zige Mittel sei zur Hebung der Finanzen und zur Besserung der Lage der Bevölkerungen. Die Nachricht von der be- vorstehenden Abberufung des hiesigen russishen Botschafters von Uexküll wird als unrichtig bezeichnet.
Türkei. Konstantinopel, 9. Dezember. (W. T. B.) Die Pforte hat nunmehr, wie beabsichtigt war, ein Nund- schreiben an die Mächte gerichtet, in welchem sie auf die beklagenswerthe Lage der muhamedanischen Emigrir- ten hinweist, welhe an der bulgarischen Grenze unter dem Vorwande aufgehalten würden, daß den Pässen das Vidi des bulgarishen Agenten fehle. Nachdem die Pforte deshalb dringende Vorstellungen an den Fürsten von Bulgarien gerichtet hatte, habe sie erfahren, daß in einem Rundschreiben der bulgarishen Regierung an die Ver- treter der Mächte in Sofia erklärt werde, die Emigrirten würden erst nach dem Aufhören der shlechten Witterung und nach erfolgter Verifizirung ihrer Fdentität repatriirt werden. Diese Maßregel ausgeführt, ohne die Pforte zu Rathe zu ziehen, sei eine Berlezung der Rechte des fuzeränen Hof:s und der Vorschriften des Berliner Vertrages. Da jedoch die Pforte vor der Prüfung dieser Beshwerden den hülflosen Emigrirten Schuß gewähren wolle, so appellire sie im Namen der Humanität an die Mächte, in Bulgarien dahin zu wirken, daß den Emigrirten die sofortige Nückkehr in die Heimath gestattet werde unter Vorbehalt der Lösung der von Bulgarien aufgeworfenen Frage. — Jn Folge eines Artikels des türkischen rFzournals „Kaikat“ über die geschichtlihen Beziehungen Frankreichs und der Türkei seit 3 Jahrhunderten erging Seitens der Pforte an alle Journale ein Communiqué, in welchem bei strenger Strafe die Veröffentlihung von Artikeln untersagt wird, welche die sreundschaftlihen Beziehungen der Pforte zu den auswärtigen Ptächten kompromittiren könnten.
— Der Londoner „Allgemeinen Correspondenz“ wird hier gemeldet: „Die
unter dem 22. November von hiesigen Regierungsbeamten werden, nachdem sie ein gewisses Alter erreiht haben, entlassen und besißen keinerlei Anspruch auf |taatlihe Unterstüßung. Es ist dies einer der Gründe, warum man in Stambul hunderte von alten Leuten in Lumpen sieht, welhe von Almosen leben ; er- kundigt man sich, so erfährt man, daß der Eine seinerzeit sogar ein Kabinetsmitglied, ein Anderer ein Ula (Beamter ersten Ranges) 2c. 2c. gewesen war. Fn jüngster Zeit hat man si für diese alten Leute zu interessiren angefangen ; als Be- weis hierfür diene, daß der Minister des Fnnern sämmtliche Civilbeamten der Provinzen, welche außer Stellung sind, zu sich berief und denselben erklärte, daß er ihnen auf
Befehl des Sultans die Mittheilung zu machen habe, daß in | Zukunft alle alten und loyalen Beamten mit einer Pension
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belohnt, die jüngeren und arbeitsfähigen aber beschäftigt werden sollen, sobald sich ein Amt für sie finde. — Die türkish-russishe Kommission für die Begleichung der Ansprüche bezüglih der russishen Unterthanen zugefügten Kriegsschäden seßt ihre Arbeiten ununter- brochen fort. Die vollständige Liste der Ansprüche darf kaum vor einem Jahre erwartet werden. Der russis{h- türkishe Vertrag seßt bezüglich dieses Punktes die Maximalsumme von zehn Millionen Rubel fest; allein man erwartet, daß dieser Betrag durch die russishen Kom- missäre selber ansehnlich vermindert werden wird. — Eine weitere Angelegenheit ist zwishen der Türkei und Rußland zu begleichen, nämlih die Entschädigung, welche erstere Rußland für die Erhaltung der tückishen Kriegsgefangenen zu vergü- ten hat. Die Unterhandlungen zwischen den beiden Regie- rungen dauern fort, allein es steht kaum zu erwarten, daß sie vor zwei Fahren beendigt sein werden“.
— Man schreibt der „Augsb. Allgemeinen Zeitung“ aus Philippopel, 25. v. M.: „Jm Verfolge der Maßnahmen für die Aufhebung der Turnvereine hat das Gouvernement
| noch folgendes Dekret erlassen: „Um unsere vorausgegangene
Verfügung vom 830. Oktober (11. November) zu vervollständigen, treffen wir noch folgende Bestimmungen: Die Mannschaften, welche die verschiedenen Corps der Miliz und der Reserve bilden und welche sih niht unter den Waffen befinden, wer- den nach Maßgabe der folgenden Anordnungen zu den Ma- növern einberufen: 1) Vom 26. Oktober bis 1. April werden die Waffenübungen zwei Mal wöchentlich stattfinden und zwar innerhalb des Rayons einer jeden Gemeinde. 2) Vom 1. April bis 20. August werden die Waffenübungen nur jeden Sonntag ausgeführt werden. 3) Zwischen dem 20. August und 20.September werden während fünfzehn Tagen größer: militärishe Uebungen stattfinden und zwar nah Maßgabe der dur die Provinzial- versammlung zu treffenden Bestimmungen. 4) Die Mann- schaften, welche die verschiedenen Kadres der Miliz vervoll- ständigen, haben jedesmal, wenn sie zu größeren Manövern einberufen sind, ihre eigenen Waffen mitzubringen. 5) Die militärishen Uebungen haben unter Aufsicht und Kommando der Offiziere und Unteroffiziere der verschiedenen aktiven Armee-Abtheilungen stattzufinden. 6) Die Waffendepots dcr bisherigen Turnvereine werden in Depots der Reserve des provinzialen Heeres umgewandelt“. Gez. Vogorides. Wenn es bei diesen Bestimmungen bleibt, so is eigentlih die Auf- hebung der Turnvereine illusorish, denn nah wie vor werden diese Mannschasten in den Waffen geübt und verbleiben die Wasffendepots den Gemeinden, lediglih die Benennung dieser Depots hat eine unwesentlihe Veränderung erfahren. Man versichert, daß sich zur Zeit in den Händen der Turnvereine 90 000 Kenkagewehre und 15 Millionen Patronen befinden“.
Serbien. Nisch. Der W. „Presse“ wird von ihrem Belgrader Korrespondenten untez2m 30. v. M. gemeldet: „Nachdem der Adreßauss{huß mehrere Tage mit dem Prä- sidenten der Skupschtina über die als Beantwortung der Thronrede dem Fürsten vorzulegende Adresse berathen hatte, theilte sich der Ausshuß in eine Majorität von 22 und in eine Minorität von 9 Stimmen. Jn dem Entwurfe der Majo- rität und Minorität wird dem Fürsten die tiefste Ergebenheit und die Bereitwilligkeit ausgesprochen, die Geseßesvorlagen der Re- gierung in Berathung zu ziehen. Beide Adreßentwürfe zählen einige Geseßentwürfe auf, welche als Ausdruck der Wünsche des Volkes in der Adresse Aufnahme finden sollen. Während der Majoritätsentwurf die Bemühungen und die Thätigkeit der Regierung anerkennt, geht der Aoreßentwurf der Minorität mit Stillschweigen darüber hinweg und spricht sein Mißtrauen aus, ohne Denjenigen zu bezeichnen, gegen den es gerichtet ist. Drei Tage lang dauerte in der Skupschtina die Diskussion über die beiden Adreßentwürfe, und nahdem von beiden Seiten eine Neibe von Rednern gesprochen, wurde die Debatte mit einer längeren Rede des Minister-Präsidenten geschlossen, wo dann der Adreßentwurf der Majorität mit 113 gegen 33 Stim- men angenommen wurde.“
Bulgarien. Sofia, 8. Dezember. (W. T. B.) Das neue Ministerium besteht aus dem Bischof von Tirnowa, welcher das Präsidium und das Unterrichts-Ministerium über- nimmt, Natchovics als Minister des Auswärtigen und interimistishen Finanz-Minister, Grecof Justiz-Minister und interimistishen Minister des Jnnern und Parenzoff Kriegs- Minister.
Nufßland und Polen. St. Petersburg, 9. De- zember. (W. T. B.) Gestern fand im Winterpalais die St. Georgs-Parade statt. Die Ausstellung der Truppen begann Morgens 11 Uhr. Se. Majestät der Kaiser erschien um 121/23 Uhr und sprach seinen Dank für ihre Leistungen aus. Nachmittags um 1 Uhr besuchte der Kaiser die Palaiss kirche, und alsdann begann unter dem Kommando des Kaisers die Parade. Nach der Parade fand in dem Georgs-Saale Gottesdienst statt. Darauf trat der Kaiser wieder vor die Truppen, dankte denselben nochmals und sprah ihnen hinsicktlich ihrer künftigen guten Dienste sein Vertrauen aus. Die Truppen antworteten mit begeisterten Hurrahrufen. Um 51/2, Uhr erfolgte ein großes Diner im Winterpalais, an welchem alle hier befindlichen Fnhaber des St. Georgs-Ordens* Theil nahmen. Der Kaiser brachte den ersten Toast aus auf den ältesten Georgs-Ritter, seinen unwandelbaren Freund, den Kaiser Wilhelm, welcher 653Fahre das Georgskreuz trage,Zihm Glüdck und Gesundheit für viele Fahre wünschend. Der Toast wurde mit begeisterten Hurrahrufen aufgenommen. Die Musik intonirte die deutshe Nationalhymne. Ein weiterer Toast des Kaisers galt den Fnhabern des St. Georgs-Ordens aller Klassen, wobei der Kaiser die jungen Truppen für ihre Tapferkeit im vergangenen Kriege belobte. Er fei stolz, daß sih der junge Nahwuchs in Armee und Marine ebenso tüchtig gezeigt, als die älteren Krieger. Shließlih sprah der Kaiser den Wunsch aus, Rußland solle si auf friedlihem Wege entwickeln und glücklih und ruhmvoll sein. Die An- wesenden antworteten mit niht endenwollenden Hurrahrufen. Der Kriegs-Minister Graf Miljutin brachte den Toast auf den Kaiser aus, der mit gleicher Begeisterung aufgenommen wurde.
Amerika. New-York, 8. Dezember. (W. T. B.) Jm Senate wurde heute von Voorhees ein Antrag eingebracht, der sih gegen eine zu Gunsten der unbeschränkten Silber=- ausprägung stattfindende Verminderung des Umlaufs von Papiergeld ausspricht.
Nachrichten aus Aspinwall, vom 29. v. M., melden von heftigen Stürmen, die am 20. und 25. v. M. an der Küste gewüthet haben. Die norwegische Bark „Albatroß“ und
mehrere andere Schiffe seien gescheitert, der Chagres-Fluß aus