1879 / 291 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

E "aa russishen Ober-Kammerherrn, Grafen Chrepto- wit.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte heute einer Vorstandssizung des Frauen-Lazareth- Vereins bei.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm im Laufe des gestrigen Vormittags mili- tärische Meldungen entgegen.

Der S@hlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

Fn der heutigen (23.) Sißung des Da ia der Abgeordneten, welcher der Minister der öffentlihen Ar- beiten Maybach, der Finanz-Minister Bitter und mehrere Kommissarien Hdbeiwohnten, theilte der Präsident mit, daß ein Antrag des Abg. Kantak wegen Einstellung des gegen den Abg. Szumann schwebenden Straf- verfahrens , für die Dauer der Session eingegangen sei. Darauf trat das Haus in die Berathung der von der Eisenbahnkommission vorgeschlagenen Resolutionen (f. Nr. 289 d. Bl.), und zwar zunächst der “ersten, welche die finanziellen Garantien enthält. Der Präsident ließ hierbei eine allgemeine Debatte über die Garantiefrage zu. Der A0. Dv ReiMensperger (Olpe) ertlätte, er ver- misse in den vorgeschlagenen Resolutionen die nöthigen konstitutionellen Garantien, um das Gleichgewicht der Macht der Landesvertretung mit derjenigen der Regierung herzustellen. Die Macht des Landtages sei eine zu geringe, als daß sie solcher Garantien entbehren lönne. Des- halb müßte das Haus bei der Regelung der Tarife entschei- dend mitwirken. Der Abg. Frhr. von Zedliß-Neukirh (Berlin) befiritt dem Vorredner, daß der Einfluß der Landesvertretung ein zu geringer sei. Gerade die Ereignisse des leßten Jahres hätten gezeigt, daß auch die stärkste Regierung auf die Dauer einer parlamentarishen Mehrheit nicht entbehren könne. Diese allgemeinen Garantien würden verstärkt durch die hier vorgeschlagenen speziellen. Es sei aber nicht räthlih, eine parlamentarishe Körperschaft mit der Tarif- regelung alljährlich zu belasten und sie so zu einer Juteressen- vertretung herabzuseßen. Die Konsequenz der jeßigen Vorlage werde der Uebergang der Staatsbahnen auf das Reich sein, denn die Vorlage sei ein nothwendiges Korrelat der im Reiche durhgeführten Wirthschaftsreform. Er wünsche eine bessere Vorbildung der Eisenbahnbeamten und die Er- rihtung einer technishen Centralkommission zur Prüfung aller einschlägigen neuen Erfindungen.

Der Abg. Richter führte aus, er vermöge die jeßigen Ga- rantien nicht als fo weittragend anzuerkennen, wie er sie nah der Nede des Abg. Miquel in der ersten Lesung erwartet habe. Die beiden bei diefen Bahnen {hon vorhandenen finanziellen Garantien, die Amortisationspflicht rück|ihtlich der Prioritäten und die Erneuerungs- und Reservefonds würden jeßt auf- gehoben und an Stelle derselben nah hannoverischem Muster völlig unwirksame Garantien eingeführt. Denn in Hannover hätten diese Gcrantien durhaus niht ihren Zweck erfüllt. Der hier vorgeschlagene Reservefonds werde überhaupt erst eine prafktishe Gestaltung - annehmen, wenn entgegen vielen Befürchtungen der Ertrag der Eisenbahnen die Normalrente bersteige. Geschehe das, so habe der allgemeine Haushalt keinen Vortheil davon, trete das Gegen- theil ein, so werde die Garantie des allgemeinen Haushalts wirksam, welchem auch noch die verstärkte Pensionslast des Eisenbahnressorts obliege. Die Trennung des Eisenbahn- haushalis von dem allgemeinen Haushalt und das da- durh gefährdete Prinzip der sparsamen Wirthschaft in jenem, hâtte durch einen verstärkten Einfluß des Finanz- Ministers und des Landtages auf den Eisenbahn-Minister paralysirt werden müssen. Statt die Befugnisse der Landes- vertretung bei der Etatsberathung durch diese Vorlage einzu- schränken, hätten sie gerade wegen dieser Vorlage durch Ge- währung des Steuerbewilligungsrechts erweitert werden müssen. Bei S0(hluß des Blattes hatte der Abg. Miquel das Wort.

__— Um die Bewegung der Holzpreise für einen längeren Zeitraum im Zusammenhalt mit der Bewegung der Kornpreise und der Tagelohnssäße übersehen zu können, hat der Minister für Landwirthschaft 2. veranlaßt, daß die Ober- förster einen darauf bezüglichen Fragebogen, welcher in den speziellen Rubriken bis zum Jahre 1800 zurückreicht, aus- zusüllen und bis spätestens zum 1. Juli k. J. direkt an das Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten ein- zureichen haben.

Der General-Lieutenant von Lyncker, Commandeur der 9. Division, ist mit Urlaub hier eingetroffen.

Der Kaiserlich österreichishe Militär Bevollmächtigte Oberst-Lieutenant Prinz Liechtenstein ist von einem Tarn Urlaub hierher zurückgekehrt.

Cassel, 9. Dezember. Jn der heutigen siebenten Sißzun des Kommunal-Landtags des Negierungsbezirks Qisel wurde zunächst die Mittheilung gemacht, daß der ständische Verwaltungsaus\huß dem Ortsarmenverbande in Tann an der Rhön zur Linderung des dortigen Nothstandes vorläufig 1500 6 aus Landarmenfonds bewilligt habe und weitere Beschlußfassung eintreten lassen werde, sobald die im Gange befindlichen näheren Ermittelungen über die gegenwärtigen Verhaltnisse in Tann zum Abschlusse gelangt seten.

Sodann wurde ein Betrag von 3000 «4 aus dem Landes- meliorations-Fonds zur Einrihhtung einer zweiten Fischbrut- anstalt bewilligt.

«In Betreff einer größeren Anzahl von Eingaben erfolgte a L nach den Anträgen des Hauptaus\chusses, nachdem N A sehr umfassende Verhandlungen vorausgegangen

Schließlich wurde in geheimer Sißung über eine in Personalfragen eingreifende Petition eines ständishen Bau- beamten Vi aen

10. Dezember. Fn der heutigen Sißzung wurde mit Rücksicht auf den Umstand, daß die frühere Bewilligung von Unterstüßungen zu Gemeinde-Uferbauten aus Staatsfonds ferner nit erfolgen fann, beschlossen, den ständishen Ver- waltungsaus\{uß, unter Nichtanerkennung einer Verpflich- tung des Kommunalverbandes zur Betheiligung an Wasser- bauten, zu ermächtigen, bedürftigen Gemeinden zur Ausfüh-

stüßungen aus dem Landesmeliorations-Fonds zu gewähren. Zugleich wurde ein Ersuchen an die Königliche Staatsregie- rung beschlossen, um eine regelmäßige Einschärfung der gesehß- lichen Vorschriften über die Abräumung der Ufer an Flüssen und Bächen zu veranlassen. :

Jn Bezug auf den Vau einer Sekundärbahn von Cölbe nach Laasphe wurde zunächst beschlossen, die unentgeltliche Benußung der in Betracht kommenden Landstraßentheile un- ter der Bedingung zu gestatten, daß die Königliche Staat3- regierung sich verpflichtet, alle Kosten sür eine in Folge des Betriebes der projektirten Eisenbahn im Jnteresse des öffent- lihen Verkehrs Seitens der Landes-Polizeibehörde etwa für nothwendig erachtete Verbreiterung oder Verlegung der be- nußten bezw. adjacirenden Landstraßenstreen innerhalb des Kommunalbezirks Cassel zu tragen. Ferner wurde in der Er- wägung, daß durch den Bau der erwähnten Sekundärbahn eine nicht unerhebliche Entlastung des Landstraßenbaufonds erwartet werden darf, beschlossen, eine Beihülfe von 74 000 aus dem Straßenbaufonds zu den von dem Kreise Marburg für die Bahn aufzubringenden Kosten zu gewähren.

Zum Schluß wurde der Etat der Generalbrandkasse das ahr 1880 festgestellt.

Bayern. München, 10. Dezember. (W. T. B.) Die

Abgeordnetenkammer berieth heute den Eisenbahn- Etat pro 1880/81. Auf eine Bemerkung des Abg. Dr. Frank, in welcher die Vesorgniß vor einem Uebergange der baye- rishen Bahnen an das Reich ausgesprochen wurde, erklärte der Minister-Präsident von Pfreßschner: die Ausbaushung des Eisenbahngeseßes zu einer hochpolitishen Diskussion komme ihm zwar unerwartet, da exr jedoch provozirt werde, so müsse ex nothgedrungen antworten. Die Be- hauptung des Abg. Dr. Frank über sein (des Ministers) Verhalten im Reichstage anläßlih der Berathung des Stell: vertretungsgeseßes sei unrichtig; gerade bei dem erwähnten Geseße habe man ihm seinen föderativen Standpunkt vorge- worfen. Jn Betreff des Reichseisenbahnprojekts erinnere er an seine frühere Antwort auf die diesbezügliche Jnterpellation; er hoffe, daß «seine Antwort deutlih genug gewesen und vom ganzen Hause verstanden worden sei. Er müsse sich aber da- gegen verwahren, daß der Abg. Dr. Frank seine zukünftigen Beschlüsse schon jeßt glaube voraussehen zu können. Zu Kapitel 1 der Vorlage beantragte der Abg. Daller, die Summe der Einnahmen für die Personenbeförderung durch Erhöhung der Fahrpreise von 18 126 500 6 auf 20 Millionen Mark zu erhöhen. Der Antrag wurde nach lebhafter Debatte mit 74 gegen 58 Stimmen angenomn:en. ___— (Allg. Ztg.) Während auch im verflossenen Monat sich in hiesiger Stadt im Allgemeinen eine Zunahme der Ge- werbe ergab bei einem Abgang von 341 Gewerben ein Zugang von 438 und demnach eine Vermehrung um 97 hat sih bei den Beherbergungs- und Bewirthschaf- tungsgewerben —bei einein Zugang von 74—ein Abgang von 112 und demnach eine Minderung dieser Gewerbe um 38 ergeben.

Sachsen. Dresden, 10, Dezember. (Dr. J.) Jn der heutigen Sißung der Ersten Kammer erstattete die 1. De- putation Bericht über den Gesezentwurf, betresfend die ge- werblihen Schulen welchen die Deputation mit einigen for- mellen Abänderüitigen zur Annahme empfahl. Di- Diskussion bewegte sich in déêr Hauptsache um die Frage, ob und inwie- weit das Geseß auf bereits bestchende gewerblihe Schulen Anwendung zu finden habe. Zur Begutachtung dieser Frage wurde der Entwurf, nachdem die einzelnen Paragraphen durchberathen und den Deputationsanträgen gemäß zur An- nahme gelangt waren, an die Depution zurückverwiesen.

Die Zweite Kammer.verwies das Königliche Dekret, betreffend den Personal- und Besoldungsetat der Landes- immobiliar-Brandversicherungsanstalt auf die Jahre 1880 und 1881, an die Finanzdeputation, und beschäftigte si sodann mit einer Petition, den Hausirhandel mit Seilerwaaren be- treffend. Jn der Diskussion sprachen die Abgg. Hildebrandt und Ackermann für eine geseßliche Beshränkung des Hau sir- handels, worauf der Regierungskommissar, Geh. Regierungs- Nath Meusel erklärte, daß sih die sächsische Regierung der Reichsregierung gegenüber für eine Einschränkung des Gewerbebetriebs im Umbherzichen ausgesprohen und namentlich auch zur Erwägung gegeben habe, ob nicht der genannte Gewerbebetrieb für die einzelnen Ver- waltungs- bez. Regierungsbezirke von dem Maße des vorhan- denen Bedürsnisses abhängig zu machen sei. Was die kom- munale Besteuerung der Wanderlager betreffe, so bestehe war zur Zeit noch das Hinderniß, das der 8. 8 des Frei- zügigkeitsgeseßes dieser Besteuerung entgegensete, es sei aber zu hoffen, daß dieses Hinderniß in nit zu ferner Zeit ih beseitigen lassen werde. Die Kammer bes{chloß, die Petition, insoweit sie eine Abänderung der Ausführungsverordnung zu dem Geseze über die Besteuerung des Gewerbes im Umher- ziehen vom 1. Juli 1878 verlangt, auf si beruhen zu lassen, soweit sie aber eine Revision der Bestimmungen der deutschen Zewerbeordnung über den Gewerbebetrieb im Umherziehen BA der Staatsregierung zur Kenntnißnahme zu über- weisen.

Das „Dr. J.“ \{reibt: „Jn der Zeit vom 1. Zuli bis 15. Oftober 1880 soll in Leipzig eine Ausstellung bat deutschen Wollenindustrie abgehalten werden, unt an einem Wendepunkte der industriellen Lage ein Bild der Leistungsfähigkeit dieser bedeutungsvollen Fabrikationsbranche zu geben. Die Ausstellung soll Rohmaterial, Garne, Gewebe und Hülfsmaterialien, Maschinen und Apparate umfassen, nächstdem sich aber auch auf Geschichte, Statistik und Han- del, Unterricht und Literatur, Arbeiterverhältnisse, Jngenieur- und Bauwesen der Wollenindustrie erstrecken. Bei strenger Begrenzung auf dieses eine Fach ist zu erwarten, daß leßteres in großer Ausdehnung zur Anschauung gebracht und, im Gegensaßze zu Weltausstellungen, mit seiner au sachverstän- dige Besucher zerstreuenden Mannichfaltigkeit zu eingehe.:derem Studium geboten werden wird.“]

Württemberg. Stuttgart, 9. Dezember. leßten Freitag sind fünf Abgeordnetenwahlen vorge- nommen worden. Jm Bezirk Cannstadt wurde Kommerzien- Rath Hartenstein gewählt, in Tübingen Professor von Weber, in Geislingen Landgerichts-Direktor Hohl (Wiederwahl), in Gaildorf O.-A.-Pfleger Haaf. Jn Gmünd (zum Ersaß des Reichsgerichts-Naths Streich) kam die Wahl, da nitt die Hälfte der Stimmberechtigten zur Abstimmung erschien, nicht zu Stande; am 12. d. findet die Ergänzungswahl statt,

für

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Am

rung der ihnen nach der kurhessishen Wasserbau-Ordnun vom 31, Dezember 1824 obliegenden Wasserbauten Utiter-

10 DONE O L) De Ae 4vov04 Eisenbahn-Anleihe von 15 Millionen ist, wis die

„Württembergishe Landeszeitung“ meldet, gestern zum Course von 96?/, mit den bekannten drei Finanzgruppen welche bereits die leßten Anleihen negoziirten, abgeschlossen worden. Das neue Anlehen wird zu einem Emissionscourse von 971/,- Proz. zur Subskription aufgelegt werden, gleichzeitig mit dem Betrage der von den privaten Inhabern etwa no

nicht konvertirten 5proz. Obligationen, welche leßtere 43 Mil: lionen betragen. Die obigen Konsortien werden den unkon- vertirten Rest übernehmen wie die neue Anleihe. Die Kon- vertirung der öproz. Obligationen in 4proz. erfolgt auf der Basis cines Courses von 791/, Proz., mit einer Élei- nen Bonifikation für die Zinsdifferenz bis zum Heimzahlungs- tage der öproz. Obligationen.

Desterreih-Ungarn. Wien, 10. Dezemker. (W.T. 9" Der heute Vormittag hier eröffnete A g rartag fi N landwirthschaftlichen Gesellschaften und Vereinen aller Kron: länder beschickt und hat den Fürsten Sapicha (Lemberg) zum Präsidenten, den Grafen Attems (Wien) und den Fürsten Schwarzenberg (Prag) zu Vize- Präsidenten gewählt. Die Dauer der Verhandlungen ist vorläufig auf 5 Tage festgeseßt __… 41. Dezember. Der volkswirth\chäftlihe Aus: \chuß hat die Verlängerung der Handelsverträge mit Deutschland und Frankreich angenommen. In der gestrigen gemeinsaaen Ministerkonferenz wurden die Vertragsverhandlungen mit Deutschland berathen und die Berichte der österreichish-ungarischen Bevollmächtigten über ihre Berliner Mission entgegengenommen.

Pest, 9. Dezember. Unter den Vorlagen, welche den

Delegationen Seitens der gemeinsamen Regierung zugehen werden, wird sih nah einer Meldung hiesiger Blätter außer dem gemeinsamen Voranschlag für 1880 auch eine Vorlage über die Fndemnitäts-Ertheilung für die ersten zwei, eventuell drei Monate des nächsten Jahres befinden. Für die Bedeckung der außerordentlihen Kosten der Militärverwaltung in Bos: nien wird wahrscheinlich eine Pauschalsumme verlangt werden. Das gesammte nächstjährige Budget für Bosnien und die Herzegowina soll mit aht Millionen präliminirt werden. e 10. Dezember. Das Unterhaus wird si vom 13. d. M, vis zum 20. k. M. vertagen. Bei Arad sind bereits mehrere Ortschaften übershwemmt, die Maros ist auch schon in die niedrig gelegenen Theile der Stadt eingedrungen ; bej einem weiteren Steigen des Wassers ist eine allgemeine Ueber- s{chwemmung der Stadt zu erwarten. Heute früh war indeß der Wasserstand in Arad um 7 cm gefallen.

Sebweiz. Bern, 10. Dezember. (W. T. B.) Von der Bundesversammlung wurden Pr. E. Welti mit 133 von 150 Stimmen zum Präsidenten und F. Anderwert mit 106 von 160 Stimmen im ersten Scrutinium zum Vize- Präsidenten des Bundes gewählt. Jm zweiten Scrutinium wurde der Bundesgerichts-Sekretär Hafner mit 91 von 160 Stimmen zum Bundesrichter gewählt.

Großbritannien und Zrland. London, 11. De- zember. (W. 2D) De „Times“ spri®t sih für die baldige Räumung Afghanistans, sowie Ur Die strifte Aufrechterhaltung des Vertrages von Gandamak gus und betont, daß die Räumung jetzt sicher und ehrenvoll ge- schehen könnte, daß sich derselben aver später Hindernisse ent- gegenstellen DUTITEN, Der englishe Botschafter in St. Petersburg, Lord Dufferin, tritt heute die Reise nah St. Petersburg an.

(Allg. Corr.) Aus Kabul wird unterm 6. ds. berichtet:

¡ Mustafi Wazir und andere Sirdars sind verhaftet worden und sollen nah Indien deportirt werden. -—- Hashim Khan, ein Enkel Dost Mahomeds, begiebt sih als Gouverneur nah Turkestan. Wadi bleibt hier. Der Einfluß der ofkalen Stämme ist jeßt sehr beschränkt, Die nah Turkestan führenden Straßen sind abge- sperrt. Der Handel mit Bofkhara ijt suêpendiut. Gholam Hyder hat, wie man glaubt, Balkh verlassen. i;

Dem „SlUuNndard wird Unter dem 7. d, aus Thy etmyo in Birma gemeldet:

Die birmanische Geiandtschaft, welche einige Zeit Hier zurückgehclten wurde, um die Erlaubniß der indischen Regierung zur Weiterreise abzuwarten, hat durh den obersten Kommissär eine Mittheilung des Vizekönigs nachstehenden Inhalts erhalten. Der Vizekönig erklärt sein ernstlihes Mikfvergnüzen bezüglich der Stellung und Behandlung unseres Residenten am birmanischen Hcfe während der leßten Zeit ; eine derartige Behandlung sei gänzlich un- vereinbar mit den Betheuerungen der Freundschaft der birmanischen Regierung und der gewohnten diplomatischen Höflichkeit. Es erscheine daher verfrüht, daß der König eine Beglückwünschungsmission entsende und annehme, daß dieselbe in freundlicher und ehrenvoller Weise von derselben Regierung aufgenommen werden würde, deren Vertreter in Mandalay mit beharrlicher Unhöflichkeit behandelt würden. Während der leßten zwölf Monate habe der Resident leine Gelegenheit verabsäumt, um den Ministern des Königs die An- sihten und Wünsche der buitishen Regierung bezüglich verschicdener Fragen kundzugeben, insbesondere in Bezug auf die diplomatischen Vorrechte, welche ihm zukommen, und den standesgemäßen Wohnsitz, der ihm in der Hauptstadt zugewiesen werden solite. Da die Ge- sandtschaft nit bevollmäctigt ist, diesbezügliche Borschläge zu machen, welche eine Ausficht auf Anvahme hätten, so könnte eine Fortsetzung der Reise weiter keinen Zweck haben. Wenn der Gesandte sich ver- anlaßt fehen sollte, seinen Hof um weitere Instruktionen anzugehen, und falls er hierauf in der Lage wäre, bestimmte Ancrbietungen zu machen, so werde der Oberst-Kommissär von der indischen Regierung beauftragt werden, derartige Mittheilungen entgegenzunehmen und darüber zu verhandeln ; andernfalls könne der Gesaudte nicht em- pfangen werden. Die Gesandtschaft wartet nunmehr auf Instruk- tionen aus Mandalay. N

Frankreich. Paris, 9. Dezember. ou, O, Durch Dekret vom 3, Dezember ist Hr. Ches Aud Adjunkt im Marine- und Kolonien-Ministeriuum, zum Kom- mandanten der französischen Niederlassungen in Oceanien und Kommissar der Republik auf den Gesellschaft s- inseln an Stelle des Hrn. Tartara ernannt worden, welcher seine Entlassung gegeben hat.

(NRép. fr.) Der Munizipalrath ter Stadt Paris hat gestern einstimmig 500 000 Fr. zum Besten der Pariser Armen votirt.

Spanien. Madrid, 10. Dezember. (W. T. B.) Das neue Ministerium hat sich heute dem Senat und der Kammer vorgestellt. Bezüglih der Ministerkrisis er- klärte der Mimister-Präsident Canovas del Ca stillo: die- selbe sei durch die Abfassung des Geseßentwurfs, betreffend die Einführung von wirthschaftlihen Reformen auf Cuba, veran- laßt worden. Das gegenwärtige Kabinet werde ebenso wie das bisherige für die Abschaffung der Sklaverei eintreten

und eine neue Form für die Ausgleihung der Jntexessen

Spaniens und Cuba's vorschlagen. Die Gesezentwürfe, be- treffend Cuba, würden in Kurzem vorgelegt werden. Die Erklärungen des Minister-Präsidenten wurden mit Beifall aufgenommen. Wie die „Correspondencia“ meldet, haben 15 Generale ihre Entlassungsgesu che eingereiht.

Türkei. Skutari, 9. Dezember. Der Kampf, welcher am 7, d. M. bei Welika am Lim zwischen Albanesen und Montenegrinern stattgefunden, war ziemlih bedeutend. Die Albanesen griffen, wie dem „Pest. L.“ von hier gemeldet wird, die nur aus etwa 300 Mann bestehenden montenegri- nishen Posten mit überlegenen Kräften an. Die Angaben über deren Zahl variiren zwischen 1500 und 1800 Mann. Ueberdics gesellte sich zu der Ueberlegenheit der Kräfte noch die vorzügliche Bewaffnung; fast jeder Albanese besaß ein vor- treffliches Henry-:Martinigewehr. Fndessen wankten die Monte- negriner nicht und Wojwode Marko Miljanoff verstand es, dur erfolgreihe Anordnung sich so lange zu halten, bis aus dem Gebiete Vassojevics Hülfe anlangte, Nachdem über 1000 Mann zu Miljanoff gestoßen waren, gingen die Montenegriner zum Angriffe über und nun entwitelte si ein Kampf, in welhem Mann gegen Mann stand, so daß ein fürchterliches Gemeyel angerihtet wurde. Man giebt die Zahl der Gefallenen auf beiden Seiten auf mehrere Hundert an, ja nah einer Version sollen die Albanesen allein mehr als 1000 Kämpfer eingebüßt haben; so viel steht fest, daß das Ringen auf beiden Seiten ein verzweifeltes war und daß die Zahl der Gefallenen fehr bedeutend it. Gegen Nachnit- tag entschied sich das Kriegsglüc für die Montenegriner, denen es gelang, die eingedrungenen Alvanesen über die Grenze zu werfen. Der Oberwojwode Bozo Petrovicz eilte mit mehreren Bataillonen an die Grenze, um nun, auf eine ansehnliche Macht gestüßt, jenen Eventualitäten mit Nuhe entgegenzusehen, deren man allenfalls noch zu begegnen gewärtig ist,

Bulgarien. Sofia, 10. Dezember. (W. T. B.) Ueber

die jüngste Krisis wird Folgendes bekannt gegeben: Nach- |

dem die Kammer dem Ministerium ein Tadelsvotum ertheilt hatte, gab das Ministerium seine Demission, welche von dem Fürsten angenommen wurde. Der Fürst forderte den Führer der Opposition, Karaveloff, auf, ein neues Ministerium zu bilden. Derselbe sah sih jedoch nah 14 Tagen vergeblicher Versuche genöthigt, von dem erhaltenen Auftrage abzustehen. Der Fürst entshloß sich aus Veranlassung zahlreicher Peti- tionen gegen die Machinationen der Kammer, lehtere aufzulösen und ein neues Ministerium zu ernennen. Das neuernannte Ministerium besteht aus dem Bischof von Tirnova, welcher das Präsidium und das Unterrichts-Ministerium übernommen hat, aus Grecoff als Justiz-Minister und interimistischen Minister des Junern, aus Natchovics als Minister des Aus- wärtigen und interimistishen Finanz-Minister, und Parenzoff als Kriegs-Minister. Man hält die Ernennung des früheren Präsidenten der konstituirenden Versammlung, Jconomoff, zum Finanz-Minister und des Präsidenten der ostrumelischen Deputirtenkammer, Geschoff, zum Minister des Jnnern für sehr wahrscheinlih,. Dem Fürsten Alexander sind für den von ihm gefaßten Entshluß aus ailen Theilen des Land es zahlreiche Zu stimmungsadressen zugegangen.

Numänien. Bukarest, 10. Dezember. (W. T. B.) Das von der Kammer votirte Gesetz, betreffend den Nück- kauf der Eisenbahnen ändert nihts an dem finanziellen Theile der Vorlage. Dagegen besteht die Kammer darauf, daß als Aequivalent für die gebrachten Opfer der Siß der Gesellschast aus Gründen der Administration und Exploitation alsbald nah Bukarest verlegt werde.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. De- zembor. (Journ. de St. Pet.) Se. Majestät der Kaiser hat am Montag den Vize-Admiral Fonkheer de Kasem- broot empfangen, welcher in besonderer Mission Sr. Majestät des Königs der Niederlande hier eingetroffen ist.

Amerika. Washington, 10. Dezember. (W, T. B.) Alexander Ramsay ist zum Kriegs-Minister ernannt worden. Im Repräsentantenhause ist der Antrag auf eine Resolution eingebraht worden, in welcher die Re- vision der Verfassung im Sinne des Verbots der Poly- gamie verlangt wird. Der Kongreß wird sih vom 19. d. M. bis zum 6. Januar vertagen.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. Dezember. (W. T. B.) Nath hier eingegangener Nachricht ist Dberst Gordon heute

[s

Abend in Massuah eingetroffen.

StcichStags- Angelegenheiten.

Magdeburg, 10, Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Neuwahl eines Reichstags-Abgeordneten erhielt Stadtrath Dr. Max Weber 5149, Viereck 4721, Eisenbabßndirektor Büchte- mann 4018, Reicbseisenbahn-Präsident a. D. Steele 669, Windthorst 214 Stimmen Es ist demnach eine Stichwahl zwishen Weber und Viereck erforderlich.

Kunst, Wissenschaft uud Literatur.

Die Berliner Malerschule, 1819—1879. Studien und Kritiken vcn Adolf Rosenberg. Berlin, Verlag von Ernst Was- muth, 1879, Die vorliegende Schrift versucht die Cinführung des Begriffs einer „Berliner Malerschule“ in die vaterländische Kunst- geshihte. Da aber die Kontinuität einer bestimmtea s{chulgemäßen Ü-cberlieferung, wie im Veclaufe der Darstellung zugestan- den werden muß, fehlt und die verschiedenartigen sehr he- trrogenen Richtungen in einzelnen Essays zur gesonderten Betrach- tung gelangen, so ist der Titel nicht sehr glücklih gewählt: er anti- zipirt etwas, das sich ja zum Glück in erfreulichem Werden befindet, aber doch selbst heute noch nicht eigentlich vorhanden ist. Dagegen kann man das Werken als Versuch einer Geschichte der Berliner Malerei in den leßten 60 Jahren wohl gelten lassen. Der als Kunstkritiker bekannte Verfasser war bei dem Mangel an wissenschaft- lichen Vorarbeiten über die jeßt bereits historisch gewordene frühere Periode auf die damalige Tageskritik, Biographicn, Briefwechsel-Publi- tationen und Aussagen noch lebender Zeitgenossen angewiesen gewesen und bittet daher um Nachsicht, während er für die neuere und neueste Zeit als langjähriger Kritiker eine folde nicht nöthig hat. Das ihm erreichbar gewesene Material ift mit unleugbarem feuille- tonistishem Geschick zu einer Reihe fesselnder Essays verarbeitet, die in der Kunst nahestehenden Kreisen gewiß Beifall finden werden. Und da die biographishen Daten auf guten Quellen beruhen, so dürfte das Werkchen auch als handliches, leiht orientirendes Þiach- \chlagebuch wohl verwendbar fein. Der Maler selbst aber wird für seine Kunst s{werlich daraus eine Richtschnur entnehmen können ; dazu ift der Verfasser troß all seiner Kennerschaft xiel zu sehr von jener autoritätlojen negirenden Subjektivität durchdrungen, die geradezu ein Symptom unserer Zeit ist, und für die er darum auch nicht verantwortlich ge-

| an einen Freund reibt:

macht werden soll. Vor den herrlichen Corneliusshen Cartons leat jenem Werke als eine niht minder eigenartige und bedeutende Leiftung er der jüngeren Generation die wenig s{chmeicelbaften Worte in den | folgte. Imponirender aber als in diesen und in allen anderen bis- Mund: „Das ist nicht Geist von unserem Geiste!“ und motivirt den ! herigen Arbeiten seiner Hand enfaltet sich diz hohe Meisterschaft des

jenes großen Künstlers auf die | Gpigonen geübt hat, mit den Worten: „Der Geist läßt sch | nicht mittheilen und vererben. WBei dem vollständigen Ueber- | gewicht des Geistigen über das Tecnische hatten die Apost1 | der neudeutshen Kunst nichts, was sie ihren Schülern hinter- i lassen konnten, Das Vermächtniß eines Cornelius, eines Overbeck, eines Schnorr von Carolsfeld, eines Rethel ist uns heute mehr ein Palladium gegen den nivellirenden Ansturm des gedankenlosen Rea- ! lismus, als ein Leitftern für die \chaffende Künstlergeneration“. Aber auch von dem eleganten, satirischen Kaulbah, dem Antipoden des Cornelius, muß er bekennen, daß es ihm nicht gelungen sei, Schule |! zu machen. „Nicht Begriffe und Ideen habex in der Malerei der | neueren und neuesten Zeit Schüler gebildet, sondern rein äußer- ! lide tehnishe Dinge sind die treibenden Kräfte gewesen, welche die Malerei als solche vorwärts gebracht haben“. Das ist leider richtig, und demgemäß erkennt er an, daß seit der Reorganisation der Akademie, im Jahre 1874, der junge | deutsche Maler niht mehr nöthig habe, nach Antwerpen odec Paris zu gehen, um hinter die Geheimnisse des Kolorits zu kommen. Ja, er hofft, daß von Berlin eine Renaissance der deutschen Kunst augehen werde. Wie er sich diese deukt und nah welcher Nich- tung, darüber freilich bleibt dèr Leser im Unklaren, Der Verf. bezeichnet alles als in der Gähruna begriffen, tadelt die heute sid breitmacbende platte Faustfertigkeit der Koloristen nah fran- zösishem Muster gleichwie die vou A. von Werner aagestrebtz Ver- \öhnung des Nealismu3 mit dem Idealismus auf seinem Siegedz- | säulenbilde und hält einen Cornelius für so gut wie abgethan. Und | doch wäre gerade heute mehr als je die Mahnung zu beherzigea, welche der Letztere gegen die bloße Handfertigkeit an einen Kunstgenossen richtet, und die der Verfasser selbs mittheilt: „Wenn Sie malen“, jagte er, „malen Sie um Himmels Wilen nicht auf den Pinsel hin! Der Pinsel ist der Verderb unserer Kunst geworden, er führte von der | Natur ab zum Manierièmus. Sehen Sie die alten Meister an! Sehen Sie da den Pinsel? Nein, die Natur! Wenn Sie malen, malen Sie nur Ihre Gedanken und die Natur!“ Und welch ein impontrender Kontrast zu der Schwäche, mit der die Mehrzahl un- j serer heutigen Künstler dem Publikum und seinem Geschmacke \{chmeicheln, wenn 1nan von dem Stolze liest, mit dem Cornelius im | Jahre 1859 aus Nom über die Ausstellung seiner Cartons hierselbst |

„ich hoffe. sie werden durhfallen!“ Im | Vollgefühl feiner Gentalität braucht er Worte, die wenigstens | für die damaligen Berliner keineêwegs schmeichelhaft waren. ; Aber haben Diejenigen mehr Achtung vor den Genius, möchte man fragen, welche heute mit der Forderung auftreten, die unförmlichen „Papierdinger“" in der Nationalgalerie möchten dur Photographien |} in fleinem Maßstabe crießt werden, um den Meisterwecken der Ge- genwart Plaß zu machen? Sehr ungerect ist übrigens der Ver- fasser gegen Anton v. Werner und namentlih sein Kaiserproklama- tionsbild. Er meint, die Hauptfiguren hätten in der Komposition „anders hervorgehoben werden müssen“. Wie will aber der Verfasser die schwierige Aufgabe anders lösen? Der Kaiser und die Fürsten auf dem Podium des Saales mußten doch nothwendig von Angesicht dargestellt werdeaz das Gefolge aber, unten auf dem Parquet, sollte auch in den Hauptpersonen porträtirt und erkennbar sein; da beide Gcuppen sih aber, dem historishen Vorgange gemäß, gegenüber stehn (die leßtere ohnehin ian zum Theil aufs Aeußerste wverkürztem Profil), so war, nah mens{chlichem Ermessen, eine andere Lösung garnicht denkbar. Noch härter lautet das Urtheil über den sehr bteachtenswerthen „Christus mit dem Zinsgroscben“ von der leßten Ausstellung, den er ein „flahes akademishes Machwerk“ nennt, ohne irgend welche Gründe anzufühcen. Für neutestamentliche Gegenstände scheint dem Verf. aber überhaupt die Sympathie zu fehlen, wie denn auch der trefflihe Plockhorst wenig Gnade vor seinen Augen findet. Auf S. 100 15 v. o, ist übrigens Hacert statt E und auf S. 242, leßte Zeile „Gesichter“ stait Geschichten zu lesen.

geringeu Einfluß, den der Genius

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Gewerbe und Handel.

Die Nassauische Landesbank kündigt den stehenden Rest ihrer 44% igen Obligationen Litt, A.

noch aus- von 1869 |

nahme des Betrages kann unter Vergütung von 4#°/o Zinsen bis zum Zahlungstage auch {hon vom 2. Januar an geschehen. Mit

(grüne Farbe) zur Nücfzahlung auf den 1. Juli 1880, Die Empfang- |

Künstlers in der jeßt vollendeten Kolossalgruppe, der in der ein- müthigen Bewunderung der sie Tag für Tag dicht umdrängenden Beschauer die einer auserlesenen Schöpfung vollauf gebührende Theilnahme in reihem Maße entgegengebraht wird,

Der auf Zeus’ Befehl an die öde Klippe geshmiedete, dem herbeigeeilten Adler preisgegebene Promotheus, von dem die aus der Fluth emporgetauhten Töchter des Okeanos das gräßlihe Verhäng- niß abzuwehren sich mühen, bildet das Motiv der in glücklichster Gliederung sich ftattlih aufbauenden Komposition. Auf der Höhe des breit aufragenden Felsens sißt die edle Gestalt des Titanen, das kärtige Haupt mit zugleih troßigem uad \{merzerfülltem Blick nab rechtshin aufwärts gewendet, in ihrer der Richtung des Auges folgen- den, unwillig und stolz sih aufbäumenden Bewegung durch die Fesseln gehemmt, die, nur den nach unten ausgestreckten linken Fuß \reilassend, das Gelenk des im. Knie gebogenen, mit den Zehen dea Klippenrand krampfhaft umklammernden rechten Beins und die hinter dem Rücken nah links hin festgeketteten Arme ums{lofsen halten. Von rectsher ist mit ausgebreiteten Schwingen der von Zeus gesandte Adler eben auf den Verurtheilten losgestürzt und, die scharfen Krallen in Seite und Schulter des Unglücklichen ein- bobrend, s\treckt er den gierig vorgereckten Schnabel gegen sein Opfer aus, Noch aber wehrt ihm die eine der beiden in liebeoollem Miit- leid herbeigeeilten Ofeaniden die ersehnte Beute; mit in den Nacken gebeugtem lodtigen Haupt hoch und \&lank aufgerichtet, das rechte Knie auf einen Vorsprung des Gesteins stützend, die Spiße des linken Fußes gegen den Bodea anstemmend, |ößt sie mit der erhobenen Linken \{ÜBtßend Brust und Hals des räuberischen Vogels zurück, indeß auf der an- deren Seite des Felsens ihre jugendlichere Genossin, die vergeblih die harte Fesscl des Gefangenen zu locktern suchte, bereits oÿnmächtig zusammengebrochen ist und mit in Ermattung sich lösenden Gliedern, die zahrte Rechte nob um den Fuß des Titanen s{chlingend, den er- \{chlaften linken Arm und den auf die Schulter zurückfallenden Kopf kraftlos niedersinken läßt.

Groß und edel wie der Gedanke, der dem Künstler diese Schöpfung eingab, ist der nach allen Seiten hin gleich glücklich avgerundete Aufbau der mächtigen Gruppe, die nirgeads eine todte Stelle darbietet, vielmehr in jeder Ansicht immer wieder von Neuem fesselt, In ihrer kla durhdachten Gliederung und in dem vollendet harmonischen, lebendig bewegten Gleichgewicht der Massen offenbart sie als Ganzes dieselbe staunenswerthe Freiheit des Gefühls für S@hwung und NRhythmus der Unte, die in feder einzelnen der zu ihr verbundenen Gestalten das Auge unwiderfstehlich entzüctt. Diese Schönheit der Form aber erscheint nur wie dec felbst- verständliche Ausfluß des sie erfüllenden und bescelenden inneren Lebens; Idee und Erscheinung haben sich eben in diesem herrlich ge-

| lungenen Werk gegenseitig völlig durhdrungen, und was dem Blick

des Beschauers entgegentritt, ist in jedem Zuge das reinste unge- stôörteste ECbenmaß.

Vom Niedrigen wie vom Erhabenen ift die Eigenart Ed. MÜüUers gleich weit entfernt. Das Reich, in dem er als Meister gebietet, ist das der reinen, lauteren Schönheit, der ät menshlihen, edlen und feinen Regungen des Herzens. Die Natur, die er bildet, weiß er zu adeln, ohne sie auch nur des verborgensten ihrer intimen Reize zu berauben, und auf der anderen Seite wieder sie in jeder, auch der \s{einbar inhaltlosesten ihrer Acußerungen zu schüdern, ohne dabei jemals die Sphäre des Gewöhnlichen oder gar Gemeinen zu streifen. Hierin ist die hohveglückende Wir- fung begründet, die seine Kunft auf uns ausübt, hierin aber zugleih auch die Grenze enthalten, die seinem Talent so gut wie dem jedes anderen Meisters gezogen is. Von seinem Prometheus ließ fich da- her von vornherein erœwarten, daß das Gewaltige und Dâmonische der Erscheinung des göttertroßenden Titanen in ihm viel weniger

} zur Plastishea Au: gestaltung gelaugen würde als das dem Bereich

des rein Menschlihen angehörige Dulden und Leiden ciner edlen, \{chönen Natur. Man mag in dem dadurch bedingten Charakter der Gestalt des Gefesselten dem von der Dichtung dargebotenen Stoff gegenüber immerhin einen Mangel erkennen, und man wird doch widerspruchslos zugestehen, daß die Hauptfigur der Gruppe zum mindesten so stolz, kühn und vornehm wirkt, daß sie troß der unvergleihlihen Schönheit der mit allen Reizen holder weib- licher Anmuth ausgestatteten beiden Okeaniden den ihr innerhalb des Rahmens des vollendeten Kunstwerks gebührenden Rang vollauf behauptet, und .vor Allem wird man ihr das Eine nachrühmen müssen, daß sie in jeder Linie der Bewegung von der

dem 1. Juli 1880 endet die Verzinsung. Den Besitzern der 42°/o igen Obligationen wird aber freigestellt, bis zum 15. März 1880 zu er- klären, daß sie mit Herabseßung des Zinsfußes auf 4" einver- standen sind.

Bukarest, 11. Dezember. Die Geheim-Räthe von Hansemann und von Bleichröder haben, wie „W. T. B,“ meldet, der rumä- nischen Regierung in Bezug auf die Abstimmung in der Kammer über die mit ihnen geschlossene Konvention in der Eisenbahn- frage ertlärt, daf sie durch jedes Amendement die Konvention als nicht acceptirt ansehen würden. E8 würde dann ihrerseits auch kein Grund vorliegen, eine Generalversammlung der rumänischen Eisen- bahngesellschast zu veranlassen.

Verkehrs-nstalten.

VBerlia, den 11. Dezember 1879. Preußische Klassenlotterie. (Dhne Gewähr.) Bei der heute beendigten Ziehung der 3. Klasse 161. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen :

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 26786.

1 Gewinn von 6000 4 auf Nr. 78 807.

2 Gewinne von 3000 /( auf Nr. 29 590. 81 152,

3 Gewinne von 1800 6 auf Nr. 13 304. 47 236. 73 187.

1 Gewinn von 900 46 auf Nr. 9978.

10 Gewinne von 300 6 auf Nr. 11 034. 21 357. 36 112. 38 775. 40 424. 43 997. 45 379. 51 659. 60 688. 63 032,

Cöln, 11. Dezember, 1 Uhr 16 Minuten früh. (De- legramm.) Die Englische Post vom 10. Dezember früh, planmäßig in Verviers um 8,21 Uhr Abends, ist ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in Belgien wegen Schneefalls.

Die Prometheusgruppe von Gduard Müller.

Im Skulpturensaal der Königlichen Nationalgalerie ist, wie an dieser Stelle bereits gemeldet wurde, seit Kurzem ein längst mit Spannung erwartetes Meisterwerk moderner deutscher Plastik zur Aufstellung gelangt, die Promotheusgruppe des aus Coburg ge- bürtigen, in Rom ansässigen Cduard Müller, der auch dem Berliner Publikum seit Jahrea als einer der bervorragendsten lebenden Bild- hauer woblbekannt ist. Die geistvoll erfundene elastishe Jünglings- gestalt des Satyrs mit der Maske, mit dem er auf der akademishen Ausftellung des Jahres 1871 einen seltenen Erfolg und als dußeres Zeichen desselben die große goldene Medaille errang, steht jedem Freunde l Kunst sicher noch ebenso lebendig vor Augen, wie die an- muthige, in natürlih graziöser Bewegung der Glieder sich aus

dem Schlummer losringende Mädchenfigur, die ein Jahr später

i Und

Southampton, 10. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer | des Norddeutschen Lloyd „Nürnberg“ ist hier eingetroffen. |

plastischer |

vollen inneren Wahrheit der in ihr dargesteilten Aktion überzeugt eine gerade hier nahe genug liegende Gefahr glänzend ver- meidend auch nicht die leiseste Spur einer Erinnerung an das Modell wachruft.

Minder glücklih als die Konzeption des sitzenden Prometheus und der einen, in elastisher Bewegung der in reichster Jugendscböne- heit prangenden Glieder sich hoch zu ihm emporhebenden, den Adler abwehrenden Okeanide erscheint das Motiv der dritten Gestalt der Gruppe, der lieblichen, erst halb erblühten Mädchenfigur, die unten am Fuße des Felsens eben ohnmächtig zusammensinkt, Zwar das Genremäßige dieses Gedankens, das bei herberer und strengerer Auf- fassung des Werkes aus dem Charakter desselben entschieden | herausfallen würde, widerspricht der um cinen Ton weicher und milder, gegriffenen, aus dem Dramatischen mehr ins Lyrische hinüberspielenden | Stimmung der Müllershen Komposition viel weniger; dadurch aber, daß der Künstler hier ein durhaus naturalifstisches _Motiv wählte, vor dessen konscquenter Durchführung seine feinere Empfindung doc wieder zurückwich, hat, wie uns bedünkt, die nun allzu momentane } Bewegung der dur ihre holde Anmuth wahrhaft rührenden Gestalt | einen leisen, obshon kaum merklich stôrenden Anflug einer Unficher- | heit crhalten, die uns sonft an keiner Stelle des in seiner gleih- | mäßigen Vollendung nahezu einzig dastehenden Werkes beg-gnet. _

; Wie der gewaltige Block, aus dem der Künstler die kolossale Gruppe bis auf die angeseßten Schwingen des Adlers in einem | Stück herausmeißelte, so ist auch die Behandlung dieses Marmors | durhw«g von tadelloser, unübertrefflicher Schönheit. In ihrer vror- i nehmen Wirkung durch den leichten, warm gelblichen Ton, der dem | feinkörnigen Stein gegeben wurde, noch gesteigert, bringt hie jede | Feinheit der meisterhaft charafkterisirenden Modellirung, die mit so \charfem Blick wie eht poetishem Gefühl das zarteste Maskelspiel des menschlichen Leibes belauscht und mit geläu- terter künstlerischer Empfindung wiedergiebt, zu ungetrübter, den vollen Schein blühenden Lebens erweckender Geltung, o daß auch nah dieser Seite der denkbar höchsten technishen Durchbildung, die doch nirgends sich um ihrer selbs willen hervordrängt und am wexigsten etwa. an die äußerliche, virtuoje Bravour italienischer Marmorarbeiter anklingt, diz Gruppe Ed, Müllers als eine der föftlihsten Zierden unserer Nationalgalerie zu beg:üßen ift.

Die Kupferstihsammlung des Germanischen Museums zu Nürnberg, hat, wie der „Anzeiger für Kunde der deutshen Vorzeit mittheilt, wiederum sehr erfreulichen Zuwachs erhalten. Der in Kissingen verstorbene Königlich bayerische Hofrath Erhardt hat näm- li seine große Porträtsammlung dem Museum vermaht und der Senator Römer in Hildesheim demselben ferner eine etwa 5000 Nummern zählende ähnlihe Sammlung zugewiefen, so daß diese Abtheilung, welcher bei der Neuordnung bereits 15 000 Nummern ergeben hatte, dadurch eine außerordentlide Bereicherung erfährt. Für das Handelsmuseum ift das Interesse ebenfalis im Wasen und zeigt fich in den eingehenden Geschenken und der weiteren Zeichnung von Antheilssheinen, namentlich in Handelskreisen. Der Verwaltungs- rath hat daher auch bereits mit Ankäufen beginnen können | zunähst 6000 # dazu bestimmt und damit für die Bibliothek einige hunvert Bände älterer, für die Handelsgeschichte wichtiger Werke, sowie eine beträchtlihe Anzahl zum Theil sehr sel- | tener Münzen, eine Reihe von Schiffsmodellen, einige Frahtwagen- | modelle, interessante Maße und Gewichte, Kupferstiche u. a. erwor- ¡ ben. Das Novemberheft des „Anzeigers“ enthält an größeren