1879 / 293 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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ufi, und die FundschaftiéFärtler bedürsen nur kleinere Posten; die Umsäte erreichen daher keine besondere Höhe. Verkauft wurden Montag 250 Ballen, Dienstag 100 Ballen und heute 120 Ballen. Die Preise sind unverändert und namentlich gute hellfarbige Mittel- waare und Prima behaupten si fest, da nach_solhen gute Frage berrs{ht. Geringe Hopfen und die leihteren Qualitäten sind voll- ständig fraglos und unverkäuflih. Die Lager sind mit geringen Hopfen überfüllt, bessere Waare ist dagegen nur mäßig vertreten. Gute und schönfarbige Hopfen beginnen jeßt auf den Produktions- plôâßen rerhältnißmäßig selten zu werden. Die Notirungen für die geringen Qualitäten, mangels Umsaßes nur nominell, lauten: Marktwaare mittel 115—125 #4, prima 135—140 4; Gebirgs- hopfen 150—170 Æ; Hallertauer gering 120—130 #, mittel 145—165 MÆ, prima 185—195 4A; Spalter Land, leicktere Lagen, 180—220 Æ; Hallertauer Siegelgut (Wolnzach, Au) mittel 165— 185 Æ, prima 200—220 Æ; Württemberger mittel 135— 150 M, prima 170—180 Æ; Badischer gering 100—115 #4, mittel 130—140 M; Polnischer gering 120—130 Æ, mittel 135—145 M, prima 175—190 (4; Altmärker 90—110 4; Elsässer gering 110— 120 Æ, mittel 125—140 Æ, prima 165—170 ; Ober-Oester- reicher 115—125 4; Lothringer 100—120 46; Belgischer 99 bis 110 M London, 9. Dezember. (Allg. Corr.) Die Ausweise des britisben Handelsamtes für November kekunden wiederum eine wesentlihe Besserung der“ Ausfuhr wie der Einfuhr. Der Ausfuhrwerth für November beträgt 17051955 Pfd. Sterl. gegen 15 961 669 Pfd. Sterl, im November 1878 und 16 753 364 Pfd.

_ Sterl. is November 1877. Die Einfuhr für November erreichte tiner Werth von 34 343 338 Pfd. Sterl. gegen 25684557 Pfd.

Sterl. im November 1878 und 51 849 648 Pfd. Sterl. im Novem- bcr 1877. Faßt man die 11 abgelaufenen Monate des Iahres zu- sammen, dann freilich ift derAusfall gegen die beiden vorhergehenden Jahre ein bedeutender. Er bet: ägt nämlih bei den Einfuhrartikeln 121 resp. 247 Millionen Pfd. Stel, und bei den Ausfuhrartikeln 32 resp. 73} Millionen Pfd. Sterl. Der Edelmetallverkehr ergab in den ersten 11 Monaten folgerdes Resultat: / Import. ECrport. 1879 . , , 22696 740 Pfd. Sterl. 25 834 564 Pfd. Sterl. 1B 200042» i 24554 784. ù 95 897 432 Pfd. Sterl. + 1279 780 Pfd. Sterl. C. T. Getting u. Co., Kaufleute in London und Buenos A yres, haben ihre Zahlungen eingestellt.

MVerkehr3-Lnfitalten.

Verkehrsbeschränkung auf den Eisenbahnen in Rußland. Auf der Orenburger Eisenbahn is der Güterverkehr wieder hergestellt.

Berlin, den 13, Dezember 1879,

Auf der gestern im Grunewald abgehaltenen Hofjagd sind in einem, unweit des Sterns mit dunkelem Zeuge ein- gestellten Jagen von

Sr. Majestät dem Kaiser und König: 10 Schaufler und 20 Stück Wild,

hren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Wilhelm: 7 Schaufler und 26 Stück Wild,

dem Prinzen Carl: 8 Schaufler und 16 Stück Wild,

dem Prinzen O Carl: 9 Schaufler und 8 Stü Wild,

dem Prinzen August von Württemberg: 6 Schaufler und 11 Stück Wild und

der übrigen Fagdgesellschafst: 10 Schaufler und 207 Stück Wild, zusammen also 50 Schaufler und 288 Stück Wild zur Strecke gebracht worden.

Mit der Weihnachtemesse im Architektenhause verbindet sich seit einigen Tagen eine nicht minder interessayte, im unteren Saal des Gebâudes arrangirte Aus stellun g, welche die Arbeiten der di es- jährigen kunstgewerblihen Konkurrenz um die von dem preußischen Handels-Ministerium bewilligten zwölf Ehren- preise im Gesammtbetrage von 4800 M oder vielmehr, da für eine der vier Aufgaben des von dem Kunstgewerbe-Museum im Verein mit der Permanenten Vau-Auéstellung erlassenen Preisauss\chreibens der Einsendungêtermin verschoben wurde, wenigstens den größeren Theil derselben umfaßt. Fünf Bewerber mit zusammen acht Ein- sendungen betheiligten sich an der Lösung der Aufgabe, die in ciner Staffelei mit auflegbarer Mappe ein Ausstattungsstück sür ein elegantes Wohnzimmer verlangte; die drei von Schur in Berlin gelieferten Stücke, die sich wenig über das Niveau gewohnter Magazinaibeit erheben, und die gänzlich unbedeutende Arbeit von

® Meese in Hannover dürften jedo von vornherein kaum ernstlich in

Betracht kommen. Dur ihren verständig durhdahten Entwurf, durch wohlthuend harmonische Proportionen und dur ebenso ein- fache konstruktive Anlage wie angemessene und künstlerisch ansprechende Ornamentation fesselt dagegen die von Schaum gezeichnete, von B Scerk in Berlin in vershiedenfarbigen Hölzern gediegen aus- geführte Arbeit, die in dem aus drei kräftigen Balken und dcn sie fest vcrbindenden Querstäben bestehenden, dur saubere Jntarsur und maßrolles Schnitwerk dekorirten Gestell die Staffelei als selbstän- diges Geräth mit voller Rücksicht auf dessen praktishe Bestimmung ebcnso geshickt aufbaut, wie sie andererseits die abnehmbare Mappe, die ein dcm Charakter des Deckels als solchen angepaßtes Flach- ornament erhclten hat, zu der ihr gebührenden Geltung bringt und fie in Formen und Verhältnissen mit der eigentlichen Staffelei zu ruhia gé\{lossener, vornehmer Gesammtwirkung verbindet. Einen niht minder günstigen Eindruck erzielt ferner die durhweg in {warz gebeiztem Birnbaum ausgeführte, in dem Dekelfeld der Mappe mit ornamentalen galvanoplastischen Einlagen ge- f{müdte Arbeit von Kiefhaber in Magdeburg, die, im Gegensaß zu jener, Staffelei und Mappe zu einem untrennbar zu- sammenhängenden, in sih wieder reich und zierlich gegliederten archi- lektonishen Ausbau zusammenfaßt und dadur, daß sie die Vorder- seite der Staffelei wie eine durhbrochene Wand behandelt, auch die efllige giebelartige Bekrönung derselben, die bei anders gearteter Anlage meist nur als müßige, übermäßig lasteade Zuthat wirkt und deéhalb in der Arbeit von Scherk mit vollem Recht fortgeblieben ist, durh- aus berechtigt ersheinen, in der sreistehenden, mit dem Vordertheil unge- nügend verbundenen dünnen hinteren Stütze der Staffelei aber einen hin- reihcnd sicheren Halt derselben vermissen läßt. Von den beiden von Ew. Ph. Meyer in Berlin ausgestellten, von dem Bildhauer Peters ausgeführten Stücken endlih widerspricht die gespreitzt aus- einandergercckte, mit unverhältnißmäßig winziger, viel zu hoch ge- rücktter Mappe verschene Staffelei, deren drei dünne Latten gerade unter” alb des auf ihnen ruhenden Aufsaßes am dünnsten werden, leidcr so fehr jedem Geseß fkonstruktiven Aufbaues und orga- nischer, wohlproportionirter Gliederung, daß einzelne zierliche ornamentale Details hierfür in keiner Weise zu entslädigen ver- mögen. Die zweite Arbeit, eine von zwei zusammengekauerten phan- tastischen Greifen getragene prächtige Mappe mit einem in Kinder- figuren die Künste versinnlicenden Reliefbild in vollendet präziöser monumentaler Umrahmung und vier als Eckmedaillons eingefügten Portraitkupfern, imponirt gleih der plastishen Bekrönung, zwei um eine Muschel gruppirten und von einer jubilirenden Drofsel über- wachten Genien, dur originelle Komposition und dur hohen künst- lerishen Reiz der meisterhaften Schniterei, läßt aber durch die leßtere das eigentliche Geräth doch allzusehr überwuchern, und macht nicht hierin allein die Rüasiht auf die praktishe Benußbarkeit zur Nebensache. Um die Lösung der Aufgabe, die eine Garnitur von Tafelgläsecn “für den Gebrauch eines gutbürger- lihen Hauses forderte, konkurriren sechs Ausfteller mit zu- fammen acht Kollektionen, von denen drei auf Hetert

in Petersdorf entfallen, die eine turch ein in lihtblauen Emätle farben aufgeseßtes Blumencoraarment geschmückt, die andere, eie von Cremer gezeichnete und gleich deven der ersten Reihe in Handarbeit hergestellten Stücke durch graziöseste Linienführung entzücken, nur dur feine Goldlinien dekorirt, die dritte endli, die mit Rücksict auf die vorgeschriebene Bestimmung um ihres dur die Herstellung in (gleizeitig vorgeführten) Formen ermöglihten mäßigen Preises willen zumeist in Betracht kommen dürfte, bei trefflichem Material dur gelungene Zeicnunz der einzelnen Stücke und durch vorzüg- lichen Krystall ‘chliff ausgezcihnet. Hierzu gesellen Harsch u. Co. in Berlin eine bis auf das etwas {chwere Rheinweinglas durch ein- fache Noblesse der Gesammterseeinung hervortretende Kollektion mit goldenen Rändern und Monogrammen verzierter Gläser, die sich nur \{werlich innerhalb der erforderlihen Preisgrenze halten mobten, Und M Wentzel ta Breslau cite _mit meisterhafter Graviruog im Stil edler Frührenaissance ebenso ange- messen wie gefällig dekorirte Garnitur von durchweg zierlich und \{chwungvoll gestalteten Stücken, während Rauter in Chrenfeld die Wirkung der trefflichen Behandlung durch zum Theil mangelhafte Formen einigermaßen {chädigt und Raddaz u. Co. in Berlin, noch weit mehr aber die Glosëhüttenwerke Weißwasser in empfind- licher Weise ein einheitlices und ftilvoll durhgearbeitetes Gepräge vermissen lassen. Den verhältnißmäßig am wenigsten günstigen Erfolg hatte endlih die Aufgabe, welche die Anfertigung eines leinenea Tischgedecks mit farbiger Borte vorschrieb und fünf Be- werber mit je einer Einsendung fand. Von ihnen können Bredereck in Waldenburz mit einem groben naturalistischen Muster und Auer- bah in Sorzu mit einem das or»amentale Motiv des teut- sen Reichsadlers von neuem mißbrauchenden, von \chweren schwarz - weiß - rothen Streifen eingefaßten Gedecke über- haupt ni&t in Betracht kommen, während À, Müller in Berlin durch das mit einer breiten, gut gegliederten Borte in Roth und Schwarz im Charakter \lavisher Ornamentik verzierte Gedeck durch: aus dem vortrefflihen Nuf- seines Etablissements entspricht, für den rothen Faden aber die durch die Aufgabe doch wohl ausge\schlo\sene Baumwolle verwendet, Trautvetter, Wiesen u. Co, in Wüste- waltersdorf für ihre dunkelblaue Bordüre im Stil altdeutscer Leinenstickerei cine etwas breitere und vollere Wirkung wünschens- werth machen und das sehr stattlihe Damastgewebe von I. F. Beer in Hilde-heim in dem von Fischbach herrührenden, streng stilifirten blauen Kornblumenmuster in Orange-Cinfassung mit einer namentlich in den Een etwas diffizilen Farbenkombination zu kämpfen hat.

Nß. Jn der Besprechung der „Prometheusgruppe“ (Nr. 291 D L) U U 9 See 7 v. o. alt „Sreibelt zu lesen „Seinheit“.

Vaterländischer Frauenvercin.

In Folge des am 3. d. M. zum Besten der nothleidenden Distrikte Oberschlesiens von uns erlasse‘en Aufrufs sind bei unserm Schaßmeister eingegangen von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin 300 4, Prinzen Auçust von Württemberg 500 46, «us Nauen 20 4, Frau Hedwig Koene 100 4, Familie F. 20 4, P. M. 50 #Æ, Premier-Lieutenant Simon 5 4, Frau L. B. 300 4, Gustav Bild 15 4, Frau H. Jacoby 10 4, Frau Professor Plo- horst 6 M, von Ribbeck in Ribbeck bei Nauen 55 X, Frau von Vol- lard hier, 15 4, Sen-té-Präsident von Holleben 30 4, J. G. H,., Berlin, 5 4, „Gutes Beispiel“ 15 &, Frau Professor Kirchhoff und Fräulein Franke 50 4, Frau Geheimrath Schubarth und Tochter 12 &, R. 3 #, Frau P. 10 6, A. B. 10 §3, H. S. 2M D 2/0 A K 36 von S. 2 H#Æ# Excelleiz Costenoble 30 #4, Frau Geheim-Rath Schulz 15 , Fräulein Wiebe 2 #, Rentier Sc(üler 3 , Frau Kriegs-Minister v. Ka- meke, Excellenz, 100 4, Ungenannt in Reichenbach bei Dresden 100 M, Ungenannt 3 M, v. B. in D. bei Halle a./S. 50 4, Gräfin von Schwerin in Tamsel 50 4, Prediger Reuscher in Vieß 10 X, Ursinus, Geheimer Ober-Regierungs-Rath, 30 4, aus Dortmund 15 Æ, Pastor Junghans in Werder bei Jüterbon 7,50 4, J. M. 3 M, Germar, Geheimer Ober-Finanz-Rath, 30 4, Zweigverein Jastrow 14 4, Frau Gräfin von Bokblen 25 4, Frau v. H. 3 M, Bankier von Krause 250 4, Zweigverein in Potsdam 525 M.

Mit aufrichtigstem Danke jür diese Spenden“bitten wir, fernere Gaben unserem Schaßmeister, Hrn. von Krause, gütigst zugehen zu lassen.

Berlin, den 11, Dezember 1879.

Der Vorstand des Vaterländischen Frauenvereins, Charlotte Gräfin von Jzenplit.

Der Centralverein für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschiffahrt beschäftigte sich in seiner von auswärts sehr zahlrei besuchten Ausschußsizung am 10. Dezember mit der Vorlage an den Landtag über die Regulirung des Rheins, der Weser, Elbe, Oder und Weichsel, für welche bekanntlich in der nächsten Etats- periode 5 330 000 A aufgewendet werden follen. Als General- rejerent sprach sich Hr. Prof. Schlichting-Charlottenburg zwar für die Bewilligung aus, unterzog aber die bisherigen Methoden der Stromregulirung einer Kritik. Für die einzelnen Ströme waren auf Ersuchen des Vereins durch die betreffenden Handelskammern Spezialreferenten bestellt worden. und zwar für den Rhein: Direktor Fettich-Nuhrort, für die Weser: Fabrikbesißer Wigand-Oeynhausen, für die Elbe: Handelskammer-Sekretär Zwicker-Ma1deburg, für die Oder: Dr. Eras-Breslau. Ueber die Weichsel lag ein \chrifstliches Gut- achten der Handelskammer Danzig vor, das im Auszug durch Dr, Rent zum Bortrag gelangte. Sämmtliche Spezialreferenten stimmten darin überein, daß die für die Regulirungen jedes einzelnen Stromes aus- geworfenen Beträge, wenn auch hier und da zu knapp bemessen, als Abs(ylagszahlunçgen dankend zu begrüßen seien, und dieer Ansicht {lossen fi für jedes einzelne Stromgebiet dessen erschienene Ver- treter und Angehörige an. Daneben fehlte es aber nicht an zahl- reichen speziellen Wünschen, von denen als die wichtigsten zu nennen sind: für den Rhein: die Abkürzung der Regulirungsarbeiten statt 18 auf nur 10 Jahre; Vertiefung der Wasserstraße bis Ruhrort bez. Cöln auf 33—4 wm, um Seeschiffen von mäßigem Tiefzang das Auf- wärtsfahren bis zu den rheinishen Kohleneinladepläßen zu ermöglichen; für die Weser: Verbreiterung der Schleusen, Kanali- sirung der Fulda, Korrektion der Werra; für die Oder: Beschleunigung der äuf nur 4 Jahre zu hemessenden Bauten; für die Weichsel: Verhandlungen mit Rußland wegen Regulirung der polnischen Weichsel, Korrektion der Weichselmündungen, Aus- führung der Bauten auf der ganzen preußischen Weichselstrecke durch nur eine Strombau-Direkticn. Die Debatte, an der sich au mebrere der erschieneren Landtagsabgeordreten betheiligten, war schr lebhaft. Ueber die Nothwendigkeit, mindestens die ausgeworfenen Bausummen durch den Landtag bewilligt zu erhalten, war volle Ein- stimmigkeit vorhanden, dagegen gelangte man troß mehrstündiger Be- rathungen in Bezug auf die zahlreichen speziellen Anträge nicht zu positiven Beschlüssen, vielmehr wurden dieselben einer Kommission zur Vorberathung bis zur nächsten Sißung überwiesen. Die Ver- handlungen sollen nah den stenographischen Niederschriften gedruckt und zunächst dem Abgeordneten- und Herrenhause überreicht werden.

__ Für den Weihnachtstisch. Von den Anregungen zu häus- liher Kunstpflege, welhe Georg Hirth in München unter dem Titel: „Das deutsche Zimmer der Renaissance" heraus- giebt, liegt jeßt das zweite Heft vor. Schon jeßt hat dieses für stilvolle Einrichtungen unentbehriiche Werk 92 e Abbildungen von ganzen Zimmern, wie von einzelnen Möbeln, Geräthen 2c. ge- bracht, während der begleitende Text sich bisher namentlich mit der Farbe in der Dekoration beschäftigt hat. Das ganze Buch soll 9 Lieferungen umfassen, doch bilden auch schon die jet erschienenen zwei ein praktisches Geschenk für Alle, denen die stilvolle Einrichtung ihres Heims am Herzen liegt.

__ Von desselben Herausgebers „Formen schaß" liegen bereits die ersten drei Hefte des Jahrgangs 1880 mit reichem, vorwiegend

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das praktishe Bedürfaiß berücksihtigendem Inhalt vor. Beide Werke (im Verlage von G. Hirth in Leipzig und Münchea) sind wohl d1zu angethan, unserem Kunstgewerbe eine sichere, gediegene Richt- \{chnur zu geben, und können allen Fachleuten und Dilettanten ange- legentlih empfohlen werden. Ueberdies ist der Preis derselben lroy elegantester Ausftattung ein Ü.berraschend geringer.

Aus der Kunstwerkstätte für Lichtdruck, Heliochr omographie lithographishen Farb.ndruck 2c. des Hof - Kunsthändlers Edm. Gaillard in Berlin is ein neues Produkt des von Hrn. Gaillard eingeführten, auf der Berliner Gewerbeausstellung durch die Stagats- Medaille ausgezeihneten heliohromogravhischen Verfahrens hervor- gegangen: Charles Hoguets „Leßte Mühle auf dem Mont-Martre“, nah dem Original in der National- Galerie. Dieses Bild, dessen Preis mit 8 A sehr gering nor- mirt erscheint, zeigt die hohe Vollklommenkbeit, welche jenes Verfahren erlangt hat und welche im Gesammteffekt dem Original fehr nahe fommt. Bei dieser Gelegenheit machen wir auf das reiche Lager von Oelfarbendruckten des Hrn. Gaillard (Lindenstr. 69) aufmerksam, wo die besten Erzeugnisse des Oelfarbendrucks zu außerordentlich billi- gen Preisen verkauft werden.

_ Die Direktion des Residenz-Theaters theilt mit, daß für Montag, den 15. Dezember, eine Vorstellung arrangirt worden ist, deren voller Brutto-Ertrag zum Besten der nothleidenden Familien in Dbershlesien verwendet werden soll. Frau Josefine Gallmeyer hat sich bereit erklärt mitzuwirken und verzichtet auf jedes Honorar. Das Repertoire des Abend3 wird aus den drei einaktigen Stücken „Aus Gefülligkeit“, „Lolotte“ und „Sräslihe Jrrungen“" bestehen,

Belle-Alliance-Theater. Ja der 6. Abtheilung des Volksfiüds „Der Rattenfänger von Hameln“ werden mor- gen zum ersten Male 2 neue lebende Bilder arrangirt, betitelt; „Traurige Weihnacht“ nah Friy Reuters „Großmutting, hei is dod“ und „Fröhlihe Weihnacht“ nach Becker. Die Direktion beabsichtigt. da das Stück einen ganz außerordentlihen Erfolg erzielt und für die nächste Zeit. einzig das Repertoire der Bühne beherrschen wird, all- wöchentlih 2 neue lebende Bilder cinzuschaltea.

Im Germania-Theater ging gestern die angekündigte Novität „Landolin“, Schauspiel in 4 Akten von Gustav Wuns\{- mann (na dem Roman von Auerbach), mit gutem Erfolge zum ersten Male in Scene. Wir kommen auf das Stück noch zurück.

Der Circus Nenz, welcher seit Ende vorigen Monats wieder seinen Einzug in Berlin gehalten und sih in dem glänzend renovir- ten Circus der Markthallen inftallirt hat, „übt dem sehr vortbeilhaf- ten Rufe gemäß, dessen sich dieses bedeutendste deutsche Institut für equestrishe Kunst seit langen Jahren erfreut, wicderum eine große An- zichungékraft aus, so daß sämmtliche Pläße des weiten Naumes all- abendlich gefüllt sind; und in der That verdienen die qus einem reihhaltigen, mannigfahe Abwechselung bietenden, Pro- gramm zusammengeseßzen Vorstellungen das rege Interesse, welches sie erweden. Hr. Direktor Renz hat dafür Sorge getragen, den Berlinern wiederum das Beste zu bieten, was auf dem Gebiete sciner Kunst zu geben ist; denn sowohl die äußere Aus- stattung in Geschirren, Kostümen 2c. wie auch das Pferdematerial ist durchweg von vorzügliher Güte und Vollendung und zeigt über- all von feinem Geshmack und treffliher Kennerschaft alles dessen, was in das Fach der höheren Pferdedressur und Reitkunst \{chlägt, Ebenso hat Hr. Nenz nur solche Kräfte in seiner Gesellschaft, welche das Hervorragendste in ihrer Branche leisten. Um jedem Geshmack Nechnung zu tragen und, besonders der Kinderwelt zu Liebe, ist das mit der eigentlichen Reitkunst und Drefsur nicht in unmittelbarem Verbande stehende, jedoch die Pausen zwischen den equestrishen Nummern des Programms angenehm ausfüllende tomische Element des Circus wiederum durch eine große An- zahl voa Clowns vertreten, welche die sch{wierigsten, von großer körperlihe Kraft und Gewandheit zeugenden Produktionen mit den heitersten, die Lachlust anregenden Intermezzos abwechseln lassen. Unter den equestrischen Leistungen nimmt das Hoheschulereiten und die Vorführung von edlen Pferden, welche si ch sowohl dur eine meisterhaste Dressur, wie durh {chönen Bau aus- zeichnen für den Freund der höheren Reitkunst eine erste Stelle ein. Daran reihen sich das sehr interessante Reiten von Quadrillen in reiben Kostümen, welche Quadrillen in exactester Weise aus- geführt werden, sowie das IJagdreiten und die verschiedenen Rennen, welche die Sicherheit und Kunst der Reiter, ebenso wie die Kraft und Sculung der Pferde im hellsten Lichte zeigen. Außerdem bietet das Programm eines jeden Abends eine lange Reihe von Pieçen der schwierigsten Künste und Evolu- tionen auf gesatteltem und ungesatteltem Pferde, welhe von den Damen wie Herren der Gesellschaft stets mit staunenswerther Sicher- heit und Kühnheit und mit scheinbar spielender Leichtigkeit aus- geführt werden. Wir müssen uns für heute versagen, auf die einzelnen Leistungen zäher einzugehen, behalten uns aber vor, bei späterer Gelegen- heit darauf zurützukommen. Nur die Hauptnummer des Programms: die große equestrishe Ballet-Pantomime: „Napoli, oder: Salvator Rosa und die Banditenfürstin“, welche Hr. Direktor E. Renz selbst auf das Glänzendste und Geschmackvollste in Scene geseßt hat, dürfen wir nicht unerwähnt lassen. Die Pantomime besteht aus 3 Abtheilungen oder Tableaux. Das erste Tableau zeigt etne Herberge in Neapel in der Straße nah Sorrento. Hier wird uns das bunte farben- reihe Volksleben Neapels mit seinen nationalen Tänzen: einem Fischertanz, einer Siciliana und einer Tarantella, welche reizend arrangirt sind, vorgeführt nebs mannigfachen humo- ristis{en Intermezzos. Das zweite Tableau stelit einen Kampf in den Steinbrüchen des neapolitanisben Appennins dar. Ein reisender Engländer mit seiner Frau, welche mit einem eleganten Ponny-Vor- gespann angefahren kommen, werden von Salvator Rosa, dem be- rühmten Maler und Räuber, und der „Banditenfürstin“ Fiammetta mit ihrer Räuberbande überfallen und geplündert; der fh hierbei entspinnende Kampf bietet ein bewegtes, lebendiges Bild, in welchem der Pas stratégique genannte Tanz eine geschmackvoll arrangirte orcestrishe Gabe bildet. Die dritte und letzte Abtheilung der Pantomime schildert die mit verzweifelter Gegenwehr verbundene Gefangennahme Fiametta’s in Salvator Rosa’s Atelier dur) Königliche Carabinieri. In dem Atelier, welhes ein Meisterfiück scenisher Einrichtung ist, gruppirt sih um ein kolossales \{ön geformtes Modell eines Pferdes in der Mitte des Raumes unter glänzender elektrischer Beleuchtung ein ungemein plaftisch wirkendes8, gestaltenreihes lebendes Bild, Die ganze Pantomime ist in den Kostümen wie in allen fonstigen sceni- \hen Requisiten reich und prächtig ausgestattet und findet den leb- haftesten Beifall, der auch den übrigen Produktionen in vollstem Maße gespendet wird. In der Vorftellung am leßten Donnerstage, um noch cin einzelnes Beispiel anzuführen, fand auch die Scblußpieçe, ein großes Hurdle-Rennen, welches von Damen und Herren auf 20 \{chônen Springpferden mit großer Verve und Kühnheit geritten wurde, allgemeine lobende Anerkennung. Um eine angenehme Ab- wechselung in den das Programm bereichernden Ausftattungsstücken zu bieten, hat Hr. Direktor Renz für heute Sonnabend das früher hier mit großem Beifall gesehene Stück: „Ein Karneval auf dem Eise“ in ganz neuem Arrangement und glänzender Inscenirung auf das Repertoire geseßt. Dasselbe soll mit der oben genannten Pan- tomime alterniren.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (K e \\el). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (einsch{ließlich Börsen-Beilage).

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/ Erste Veilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 13. Dezember

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NHichtamtli@es.

Preußen. Berlin, 13. Dezember. Jin weiteren Ver- saufe der gestrigen Sißung Des Herrenhauses wurden, nachdem der Neserent, Herr von Behr-Shmoldow, und Der Negierungs-Kommissar, Geheime NRegierungs-Nath Fastenau, dies befürwortet, die Artikel I. bis III, des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des Fischereigeseßes für den preußischen Staat vom 30. Mai 1874, ohne Diskussion nah der Fassung der Negierungsvorlage angenommen.

Der Art. I1V. der Regierungsvorlage lautet: 4

An die Stelle des ersten Absaßes im §. 45 des Fischerei- neseßes vom 39. Mai 1874 tritt folgende Vorschrift: dem Fischereiberechtigten ist gestattet, Fischottern, Taucher, Eisvögel, Neiher, Kormorane, Fishaare und Möven ohne Anwendung von Schießwaffen zu tödten oder zu fangen und für fi zu behalten.

Hierzu stellte der Fürst Haßfeldt den Antrag, die Worte und Möven“ zu streichen und befürwortete denselben damit, daß die Möve kein der Fischerei gefährliher Vogel sei. Auch Fürst Lihnowsky {loß si dieser Meinung an, und der Ne- gierungskommissar und der Referent widersprachen im Prinzip diescr Ansicht ebenfalls niht. Das Haus genehmigte den An- trag und mit demselben den Art. IV.

Als Art. V. hatte der Referent folgenden Zusaß zu dem E M Shube der Fische gegen vie Beschädigungen durch Tur- binen können die Minister für Handel und für Landwirthschaft die Herstellung und Unterhaltung geeigneter Vorrichtungen (Git- ter u. \. w.) auf Kosten des Eigenthümers rüctsidtlich folcher Turbinen jederzeit anordnen, welche nah dem Inkrafttreten dieses (Gesetzes angelegt werden. - :

Der Referent wies auf den erheblißhen Schaden hin, welchex dur die Turbinen der Fischzucht zugefügt werde und welcher unbedingt den Erlaß solcher Bestizrnmungen fordere. Herr von Rath bestätigte dies und hob gleichzeitig hervor, daß auch durch Wasserräder den Fischen erheblicher Schaden zuge- fügt werde. Er beantragte deshalb, vor dem Worte „Tur- binen“ die Worte „Wasserräder und“ zu seßen. L

Der Negierungskommissar gab zu, daß die Zurbinen der Fishzuht gefährlich seien; in Betreff der Ta errder jedo bezweisele er dies, er besinde si in Vezug auf den Antrag des Herrn von Rath ohne Fnformationen. Dem Antrag des Referenten e a E nicht gegen sein, er bitte

)eV [ben folgende Fassung zu geben: E E e Für A uns für Landwi1thschaft sind befugt, zum Schuß der Fische gegen Beschädigung durch Turbinen bei jeder nah dem Jukrasttreten des Gesetzes erfolgenden Turbinen- anlage dem Eigenthümer der letzteren jederzeit die Herstellung und Unterhaltung von Vorrictungen (Gitter u. f D); weiche das Eindringen der Fische in die Turbinen verhindern, auf seine Kosten ufzuerlegen. 2 L \ Voten noch die Herren Graf Brühl und Fürst Blücher sih gegen den Antrag von Rath ausgesprochen, zog der An- tragsteller denselben zurück. Auch der Reserent erklärte, daß er seinen Antrag zu Gunsten der von dem Negierungskom- missar vorgeshlagenen besseren Fassung fallen lasse, und wurde hierauf die von Leßterem vorgeschlagene Fassung und mit dieser das ganze Gese mit großer Majorität angenommen.

Ohne weitere Diskussion wurden odann nah Antrag des Referenten die Petitionen von Fischern im Amte Winsen a. d. Luhe und des Fischers P. Stoef und Genossen in Hoopte, Amtes Winsen a. d. Luhe, betreffend Nevijion der Fischereiverordnungen der Königlichen Staatsregierung als Material für die in Aussicht gestellte Revision „der Ver- ordnungen zum Fischereigeseß vom 30. Mai 1874 über- wiesen. ls folgte als zweiter und leßter Gegenstand der Tages- ordnung die einmalige Schlußberathung über den von der Königlichen Staatsregierung vorgelegten Nechen/ haf 18- bericht über die weitere Ausführung des Ge)eßes vom 19. De- zember 1869, betreffend die Konsolidation preußisher Staats- anleihen. : : x

Der Neferent Graf von der Schulenburg-Angern bean- tragte, die im §8. 8 des Gesezes vom 19, Dezember 1869 VOL- geschriebene Rechenschaft durh den Bericht des Finanz- Ministers als abgelegt anzuerkennen.

Das Haus {chloÿ sich ohne Debatte diesem Antrage an.

Schluß der Sißung 3 Uhr, nächste Montag 11 Uhr.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (24.) Sißung seßte das Haus dex Abgeordneten die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Erwerb mehrerer Privatbahnen für den Staat fort. Der Abg. Dr. Windt- horst erklärte, das Centrum hätte keine Veranlassung, der Frage nah der Verstaatlichung weiterer Bahnen in der Kommission näher zu treten, da es eine grundsäßlih ablehnende Haltung in dieser Frage cinnehme. Das wäre Sache der Majorität gewesen. Nach den beredten Worten des Abg. Miquel hâtte ex allerdings, wenn auch nicht einen Stillstand, do ein lang- sameres Tempo in den Ankaufsverhandlungen erwartet, die für den Geldmarkt eine außerordentlich wichtige Frage seien.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Ma yba ch erwiderte :

Ich gestatte mir, MgIaee en auf S. 82 der Regierungsvorlage, wo ausdrücklich gesagt ist: : |

Mit bee Ae bing dieser 4 Unternehmungen kann jedoch die nächste Ausgabe des Staates für den Zweck der Durchführung des Staatzeisenbahnsystems nuoch nit als abgeslofjen be» trachtet werden. Um dieselbe zu einem vorläufigen Abs{chluß zu bringen, empfiehlt es sich, zugleih der Erwerbung des Berlin-Anhalter und des Rheinischen Cisenbahnunter- nehmens näher zu treten, und den Erwerb des Berlin-Potsdam- Magdeburger Cisenbahnunternehmens "zu geeigneter Zeit, sobald sich eine rihtigere Werthshäßung desselben bei den Ufktionären Bahn gebrochen haben wird, im Auge zu behallen.

Die Staatsregierung hat also aus ihren Anschauungen lein Hehl gemaht. VBezüglih des Standes der Verhand» lungen mit der Anhalter Eisenbahn glaube i, Ihnen sagen zu können, daß das hohe Haus in dieser Session nmicht mehr mit einer Vorlage über deren Erwerbung befaßt werden wird. Nach den statutarischen Bestimmungen dieser Bahn ist ein so langer Zeitraum zwischen den einzelnen Generalversamm- lungen erforderli, daß selbst, wenn wir über die Bedingungen des Ankaufs einig wären, was noch nicht dêr Fall ist, beinahe der Spät» sommer herankommen müßte, ehe die Angelegenheit Ihrer Beschluß« assung unterbreitet werden könnte.

jpumiziitinai Gi NG E i

D a U e L E E I I

Bezüglich des Potsdamer Eisenbahnunternehmens werd:n wir, wie ih hoffe, die Ehre haben, bald nah Ihrem Wiederzusammen- E nah Neujahr Ihnen cine entsprehende Vorlage zu unter- retten.

Was das rheinische Eisenbahnunternehmen angeht, dcssen Hier aub gedacht ist in den Motiven, so steht es noch sehr dahin, ob wir Ihnen eine Vorlage werden machen können, weil über die Bedingun- E der Ueberlassung, welche wir nur dann als angemessen betrachten önnen, wenn sie das Staatsintercsse nah allen Rücksichten wahren, eine Einigung noch nicht erzielt is. Sollten wir mit diesen 3 Un- ternehmungen in dieser oder der demnächstigen Session Sie befassen, so hält die Staatsregierung vorläufig in der Hauptsache die Durch- führung des Staatseisenbahnsystems für gesichert. Die Gerüchte, welche die Spekulation geschäftig ausstreut über die Absicht der N2- gierung, bald dirses, bald jenes Eisenbahnunternehmen erwerben zu wollen, bitte ih eben zu betrachten als Gerücbte, welche nur spekula- tiven Zwecken dienen. Jch kann Jhnen die Versicherung geben, daß es der Staatsregierung bisher fern gelegen hat, sih in Verhandlun- gen über derartige Erwerbungen einzulassen.

Der Abg. Richter bemerkte, der Minister habe {on früher einmal den Kreis seiner Pläne und zwar in sehr kurzer Zeit erweitert. Jm Sommer sei hochoffiziell ver- sichert worden, man dächte gar nicht daran, die Rheinische und die Anhalter Bahn in den Kreis der Erwerbungsprojekte hin- einzuziehen; gleih darauf sei ebenso hochoffiziell das Gegentheil versichert. Der Minister verweise auf die Motive ; zwischen der Abfassung der Motive und heute liege aber die Nede des Abg. Miquel, in der derselbe im Namen der Ma- jorität dem Wunsch nach ciner Pause Ausdru gegeben habe, der niht berüdcksichtigt sei. Bei der Potsdamer Bahn mache sih die höhere Forderung gegen früher nur in Beschränkung der Umtauschfrist in Konsols bemerkbar, bei der Rheinischen aber habe die Iegierung die Jnitiative ergriffen und statt 6 Proz. plößlich 61/2, Proz. geboten. Und dieje Erhöhung sei den Börsenkceisen durhaus nicht unerwartet gekommen; in der Nähe des sogenannten Gifstbaumes habe man sich {on im Oktober auf 61/, Proz. eingerihtet. Wer hier der Witterung der Börse mehr geglaubt habe, als ven offiziösen Versiche- rungen, habe dabei ein sehr gutes Geschäft gemacht.

Der Abg. Cremer gab einige Ausschlüsse aus den Kom- missionsberathungen, aus denen hervorgehe, daß, wenn das Haus über fernere Verstaatlichungspläne der Bahnen nicht vollständig unterrichtet sei, das niht Schuld der Regierung, sondern der Kommission sei, aber niht der Minorität, der er und seine Fraktionsgenossen angehörten, sondern der Majori- tät, der Anhänger des Staatshahnsystems.

Der Abg. Freiherr von Hammerstein erklärte, in der That konstatiren zu müssen, daß diese Frage in der Kommission nicht unerwähnt geblieben sei. Der Abg. Cremer habe sich schon auf die Stelle im Generalberichi bezogen, welche auf diese Thatsache hindeute. Man finde auf Seite 25 des Ge- neralberihts die Mittheilung, daß, als die Kommission über den Antrag eines Mitgliedes berathen habe, daß das Haus seine Zustimmung zu dem Erwerb dicser Privatbahnen ab- hängig machen solle von dem vorherigen Erlaß eines Garantie- geseßes, ein Mitglied ausgeführt habe, es lege keinen erheb- lihen Werth, weder auf den vorherigen Erlaß eines Gesetzes, noch selbst auf die vorherige Zusage der Königlichen Staats- regierung, daß sie einèn folhen Geseßentwurf demnächst vor- legen wolle. Dieses Mitglied sei er gewesen, und er habe damals seine Ansicht ausdrücklih damit motivirt, daß, da er es für eine unabweisbare Nothwendigkeit halte, daß, wolle man die Vorzüge des Staatsbahnsystems ganz genießen, man genöthigt sei, rasch und ohne Säumen das Staatsbahn- system zu einem vollen, abgeschlossenen auszubilden, daß also weitere Erwerbungen von Privatbahnen in sehr naher Aus- sicht stehen müßten, und daß deshalb die Gewißheit ge- nüge, daß die Königliche Staatsregierung nicht wohl an den Erwerb noch anderer Eisenbahnen denken könne, ehe sie ein Gescß, entsprechend den von der Kommission, beziehungs- weise vondem hohen Hause ausgesprochenen Fntentionen bezüglich der Garantien, vorgelegt haben würde. Er habe damals aus- drücklih seinen grundsäßlihen Widerspruch betont gegen die vom Abg. Miquel hier im Plenum gemachten Ausführungen, der, wie vorhin hier erwähnt sei, ausdrüdcklih eine Pause in der weiteren Verstaatlihung der Privatbahnen verlangt habe. Es sei in der Kommission nicht widersprochen, und er dürfe auch wohl seinen Auéführungen gegenüber das „qui tacet consentire videtur“ in Anspru nehmen.

Der Abg. Berger erinnerte sich ciner privaten Aeußerung eines hervorragenden Konservativen, dahin gehend, daß den Konservativen nach Bewilligung der zur Diskussion stehenden Bahnen mindestens fünf Fahre warten wollten, um den wirthschaftlihen und finanziellen Effekt zu prüfen, ehe sie weiteres bewilligten, Er glaube, es hätte zu den zwei vorliegenden Resolutionen noch eine dritte treten sollen, in der die Regierung aufgefordert werde, mit dem Ankauf neuer Bahnen so lange zu warten, bis die Re- sultate der jeßt genehmigten klar lägen. Nachdem man die erste Milliarde verausgabt habe, wolle man, da der bekannte Gistbaum sich als willfährig gezeigt habe auch an die zweite gehen und sih in das Bett, das die Börse und die Wahlen bereitet hätten, vollständig hineinlegen. Wenn die Majorität noch diese weitere Verantwortlichkeit Überneh- men zu können glaube, möge sie es thun.

Der Abg. Dr. Miquel erwiderte, er habe nicht im Namen seiner Partei, sondern nur in scinem eigenen den Wunsch ge-

äußert, daß man vorläufig mit den Ankäufen von Bahnen nicht

weiter vorgehe, und wünsche au heute noch, daß man ab- warte, wie sich die finanziellen Resultate der erworbenen Bahnen stellten. Da

Der Staats-Minister Maybach entgegnete, die Regierung habe dem Hause mit aller Offenheit gesagt, daß sie in weiteren Unterhandlungen stehe; einen Vorwurf könne man der Re- gierung deswegen niht machen. Jn den Worten des Abg. Miquel bei der ersten Lesung habe er kein absolutes Veto gegen cin weiteres Fortschreiten erbliden können. Wolle man einmal ein, System inauguxriren, dann müsse es wirtsam ge- chehen ; denn wirthschafstl(he und finanzielle Vortheile wüchsen

mit dex Arrondirung. Nur durch einen bestimmten Abschluß könne der Geldmarkt beruhigt werden und dieser Abschluß

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tönne erst in der Erwerbung der drei Bahnen gefunden wer- den, über welche jeßt noch verhandelt werde.

Der Abg. von Nauchhaupt erklärte, es sei eine unerlaubte Fn- diskretion Seitens des Abg. Berger, Privatäußerungen konservativer Abgeordneten hier in die Debatte zu ziehen; dieses Verfahren werde den Mitgliedern der konservativen Partei zeigen, wie weit man sih mit dem Abg. Berger über- haupt noch unterhalten könne. Was die Aeußerung des Abg. Cremer betreffe, so sei das Schriststück, dessen Existenz derfelbe als auffallend bezeichnet habe, einfach auf folgendem Wege entstanden: Er (Redner) habe, wie das Haus eben gehört habe, behauptet, die Vorlage habe eine Lücke, man sehe niht, was die drei noch zum Kauf stehenden Bahnen koften follten. Der Abg. von Wedell habe sih hierauf das Schriftstück von den Re- gierungskommissarien geben lassen und dasfelbe zu den Akten übergeben; es sei während der ganzen Kommissionssißzungen bei den Akten gewesen, der Referent habe es s{ließlich benußt, und das sei der auffallende Berlauf, welchen der Abg. Cremer jeßt hier geschildert habe. G

Der Abg. Richter hielt die vom Abg. Berger citirte Ansicht eines konservativen Abgeordneten, daß man mit wei- teren Erwerbungen von Privatbahnen wenigstens noch 5 Fahre - warten müsse, für eine recht staatsmännische. Es wäre - doch sehr zu wünschen, daß bei der jeßigen traurigen exinanzlage dem Eisenbahn-Minister gegenüber den finanziellen Standpunkt etwas mehr vertreten würde. Die Erklärung des Abg. Frhrn. von Hammerstein beunruhige ihn nicht, er sei dagegen überzeugt, daß wenn der Abg. Miquel auf seinem Standpunkt, den derfelbe in der ersten Generaldiskussion ver- treten habe, stehen bleibe, sein Einfluß im Hause genügen werde, um mweitere Ankäufe zur Ablehnung zu brin- gen. Was das vom Minister befürwortete Arrondirungs- system anlange, so kaufe man 18 000000 Braunschwei=- ger Aktien mit der Berlin - Potsdamer Bahn, dann habe man den größten Theil der Braunschweiger Aktien; der Nest befinde sih im Besiß der Bergish-Märkishen Bahn, und wenn man diesen Rest ecwerbe, dann sage man, nun schließe

sich die Bergisch-Märkische Bahn naturgemäß an, und diese

Bahn spekulire {hon ganz gehörig darauf. Es fei ja auch der Giftbaum über die Bestrebungen des Ministers jehr er- freut, und die großen Finanzmächhte würden die Verstaat- lihung der Bahnen gewiß fleißig befürworten und fördern. Ihm sei glaubwürdig mitgetheilt, der Erfolg der Verhand- lungen mit der Rheinischen Bahn hinge davon ab, daß die Regierung die Dortmund-Enscheder Bahn mitkaufe. Die Dis- kontogesellschast solle die meisten oder alle Aktien derselben be- fißen, sie sei wiederum in der Lage durch die in ihrem Besiß befindlichen Rheinischen Aktien über den Ankauf dieser Bahnen zu entscheiden und möchte bei der Gelegenheit die alten Ladenhüter Dortmund-Enschede an den Mann bringen. Ec spreche dies heute aus, weil er niht wünsche, daß eine ähnliche Verquickung wie zwischen Magdeburg-Halberftädt und Hannover- Altenbeken sih hier wiederhole.

Der Staats-Minister Maybach erwiderte, er wolle auf die persönlichen Angriffe des Vorredners niht eingehen. Er wolle nux erklären, daß die Absicht, durch den Ankauf der Potsdamer Bahn und der in threm Besiß befindlichen 18 000 000 Braunschweiger Aktien den Erwerb der Bergisch- Märkischen Bahn vorzubereiten, nicht vorliege; auch der Er- werb der Dortmund-Enscheder Bahn fei nicht beabsichtigt.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die Regierung bleibe hei ihrer Ansicht, auch noch weitere Bahnen zu erwerben, stehen, während der Abg. Miquel dies nicht wünschte. Es wäre aber zu wünschen, daß der Minister eine Definition von „System“ und „Arrondiren“ gäbe, Der Abg. von Wedell glaube erst im Reichseisenbahnsystem alle Vortheile zu er- bliken, und er möchte sagen, daß das System erst vollendet sei, wenn alle europäishen Bahnen in einer Hand vereinigt seien. Der Appetit sei beim Essen gekommen, und man werde nicht cher aufhören, als bis man alle Eisenbahnen im preußîi- schen Staaätsgebiet angekauft babe, er möchte nur wünschen, daß man dies nicht in einem Tempo thue, das alle Geldver- hältnisse des Landes auf den Kopf ftelle. 7 : /

Der Abg. Baare führte aus, daß die Jndustriellen, die Hauptbefrachter der Bahnen, sich im Allgemeinen gegen die Staatsbahnen erklärt hätten, weil diese die Konkurrenz be- seitigten; au er habe dagegen opponirt, aber licgt sei man zu der Ueberzeugung gekommen, daß eine Befferung im Tarifwesen nur bei Durhsührung des Staatsbahnsysiems zu. erreihen sei. Wenn dieses System aber durchgeführt werden solle, dann sei die Verstaatlihung der Berlin-Potsdamer und: Rheinischen Eisenbahn sehr erwünscht, da der Anfausf diejer Bahnen dem Staate keine Gefayr, sondern nur großen Nugzen bringen würde. Die finanziellen Bedentan- seien nicht erheba lih, denn die Konfols würden kaum auf den Markt kommen und mit den Prioritäten werde die Regierung langsam

"und vorsichtig operiren. Die allerdings kolossale Berz

mehrung der Staatsschuld habe keine Gefahr, da dieselbe auf rentablen Unternehmungen bashire. Ein englisher Bankier habe ihm gesagt, dis preußischen Konsols würden einen Weltmarkt haben, wenn sie nicht in so geringem Betrage vorhanden wären. Es müf ten Zinszahl= stellen in London und Amsterdam exrichtet werden, um 016 Anlage ausländischer Kapitalien in Konfols zu ermöglichen. Er müsse den Versu, der Abgg, Richter und Windthorsk zurückweisen, dur die Aeußerung des Abg. Miquel die ganze Fraktion als gebundem zu erachten; darin täusthten sie ih entschieden. 2 : : /

Der Finanz-Minister Bitter entgegnete, er sei dem Bor= redner dankbar für feine Bemerkungen, aber er denke nicht davan, den ausländischen Markt in England und Holland für die preußishen Konsols aufzusuchen, um dort einen größeren Markt zu finden. Preußen brauche denselben Gott sei Dank! nit. Sollte Preußen in, diese Lage gedrängt werden, dann würde es in die Reihe oerjenigen Staaten zurücktreten, die in ihrem eigenen Lande aiht Kraft genug, fänden, ihren Kredit aufrecht zu erhalten ; er erinnere z. B. an die Türkei. Außer- dem würde der preußische Staat daun den Schaden bei der Einlösung dex Coupons zu tragen haben, da wahrscheinli hierbei nux die Agenten profitiren würden.

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