1879 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

E S U C R r A int T A Ca e.

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E T UR S E a A

Der Bundesrath, die vereinigten Ausschüsse des- selben für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Ver- kehr, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie der Auëshuß für Zoll: und Steuer- wesen hielten heute Sißungen.

Der S@hlußberiht über die gcürige Sißung des Herrenhauses und des Hauses der Abgeord- neten befindet sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen(5.)Sißung desHerrenhauses, welcher der Minister des Fnnern Graf zu Eulenburg, der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, erfolgte zunächst die Vereidigung der Herren Kommerzien-Rath Lotichius und Graf von dem Bussche-Fppenburg. Dann trat das Haus in die Berathung des Berichtes der Kommission für Agrarverhältnisse über den Geseßentwurf, betreffend die Verwerthung von Forstnußungen aus den Staatswaldungen in den vormals kurhessischen Landestheilen. Der Geseßentwurf wurde auf Antrag des Referenten Herrn von Woyrsh ohne Debatte in der von der Regierung vorgelegten Fassung angenommen.

Bei Schluß des Blattes trat tas Haus in die Berathung des Berichts der Kommission für kommunale Angelegenheiten über den Geseßentwurf, betreffend die Bestreitung der Kosien für die Bedürfnisse der Kirhengemeinden in den Landesthei- len des linken Rheinufers, ein.

Jn der heutigen (26.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Lucius und mehrere Kommissarien beiwohnten, seßte das Haus die gestern abgebrochene zweite Berathung des Entwurfs eines Feld- und Forstpolizei- geseßes fort. Von dem Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst ist ein Antrag eingegangen, die Vorlage zur Prüfung der Frage der provinziellen Regelung mit allen dazu gestellten Anträgen nochmals in die Kommission zurüc{zuverweisen. Zu Gunsten dieses Antrages zog der Abg. von Ludwig den seinigen zurück. Auch der Abg. von Meyer (Arnswalde) erklärte sih für den Antrag von Schorlemer, indem er die ost fômischen Konsequenzen solcher allgemeiner Polizeigeseße hervorhob. Die Angelegenheit werde am besten provinziell geregelt. Der Abg. Dr. Seelig spendete der Presse großes Lob, daß sie in dieser Frage so lebhaft die öffentlihe Meinung zur Geltung gebracht habe. Sie verdiene deshalb nicht den Vorwurf des Referenten. Der Redner widerlegte sodann den Einwurf, daß das Freigeben des Sammelns von Beeren und Pilzen auf kommunistishen Grundsäßen basire; es sei viel- mehr uraltes deutsches RNeht. Auch der Abg. Prinz Reuß sprach sich gegen die allzu harten Bestimmungen dieser Vor- lage aus, obwohl er eine geseßlihe Regelung der Materie überhaupt für wünschenswerth halte. Wenn man selbst das unbefugte Begehen von Grundstücken. unter Strafe stelle, dann chikanire man die Vergnügungsreisenden und vernichte den Erwerb ganzer Gegenden. Das gelte besonders für den von ihm vertretenen Kreis Hirschberg.

Der Abg. Dr. Hänel führte an einzelnen Bestimmungen der Vorlage aus, daß man entweder nur allgemeine Norma- tivbestimmungen treffen und die Details den Polizeiverord- nungen überlassen könne oder die ganze Angelegenheit der pro- vinziellen Regelung überlassen müsse. Der Abg. Knebel erkannte das Bedürfniß der Vorlage an, bemerkte aber, daß dieselbe wegen einzelner Bestimmungen für ihn unannehmbar fei. Seien diese wenigen Bestimmungen aus dem Geseße entfernt und auf den Weg der provinziellen Geseßgebung verwiesen, so könne man doch hier im Plenum ein brauchbares und nüßliches Geseß zu Stande bringen. Er bitte deshalb, alle gestellten dilatorischen und präjudiziellen Anträge abzulehnen. Einen gleichen Standpunkt nahm Namens seiner politischen Freunde der Abg. Dr. Meyer (Breslau) ein. Er wolle den Grundbesißer schüßen gegen Frevel, aber nicht eine übertriebene Abstraktion des Eigenthumsbegrisfes. Es gebe gewisse Gewohnheitsrehte Aller an dem Wald, den deutschen Dichtern und dem deutschen Volke müßten diese Rechte gewahrt werden. Der Abg. Graf Clairon d'’Haussonville verwahrte sich gegen den Tadel, welchen der Abg. von Ludwig gestern gegen die kulturkämpferischen \{lesfischen Gutsbesißer gerichtet habe. Der Abg. von Eynern erklärte, daß er einem einheit- lichen Geseße zustimmen würde, wenn dasselbe niht über das a was jeßt Rechtens sei oder im Volksbewußt- ein des Volkes lebe. Man müßte den Wald schüßen, die Holzzucht und die Aufforstung befördern, aber nicht dem Volke den Genuß des Waldes entziehen. Redner wies be- sonders auf die Verhältnisse der westlichen Provinzen, namentliÞh des Rheinlandes hin, welhe die Vorlage als unannehmbar erscheinen ließen. Der Abg. Dr. Grimm hob in ähnlicher Weise die Verhältnisse Hessens hervor und empfahl deshalb den vom Abg. Frhrn. Schorlemer und ihm gestellten Antrag. Der Abg. Dr. Miquel hielt dagegen eine provinzielle Regelung nicht für angängig, sondern glaubte, daß man nux eine Scheidung zwischen den Ländern dies- und jenseits der Elbe eintreten lassen dürste, aber auch nur in einzelnen Punkten, während in anderen eine einheitliche Ge- seßgebung möglich wäre.

Der Minister für Landwirthschaft 2c. Dr. Lucius empfahl dagegen die weitere Berathung der Vorlage und wies beson- ders darauf hin, daß einzelne Bestimmuugen der Vorlage jeßt schon zum Theil zu Recht beständen. Die pro- vinzielle Regelung der Frage würde ebenso große Schwierigkeiten bieten, wie die einheitliche. Sollte aber das Haus die Zurückverweisung an die Kom- mission beschließen, so möchte er die Hoffnung aussprechen, daß das Haus si bald wieder mit der Vorlage beschäftigen und Stellung zu derselben nehmen würde. Nachdem der Re- ferent Abg. von Heydebrand und der Lasa das Vorgehen der Kommission nohmals vertheidigt hatte, wurde der Antrag der Abgg. Frhr. von Schorlemer-Alst und Grimm auf Zurück- verweisung an die Kommission angenommen, worauf ih das Haus um 13/, Uhr vertagte.

Nach: den Bestimmungen in den 88. 16 und 41 der Anweisung vom 30. August d. J., betreffend die Behandlung der bei den FJustizbehörden entstehenden Einnahmen und Aus- gaben, und nah den Anordnungen im §. 13 Absaß 3 der Vorschriften über die Fondsverwaltung bei den Justizbehörden vom 28. September d. F. haben die Gerichts\{hreiber aus ihren Hebungen an Gerichtskosten die Zeugen- und Sachverständigen-Gebühren, die Transportkosten, eds die Tagegelder und Reisekosten der Ge-

chworenen, Schöffen und Mitglieder des Wahl- ausschusses êzu zahlen und die über diese Zahlungen

sprechenden Beläge bei den täglichen Ablieferungen an Gerichts- kosten in Anrechnung zu bringen. Nach einein Reskript des Finanz-Ministers vom 5. d. Mts. ist es zur Vermeidung der vielen, zur Sprache gebrahten Beschwerden des Publikums geboten, den Gerichts\{hreibern an denjenigen Gerichtsstellen, an welchen eine Regierungs- oder Bezirks-Hauptkasse, bezw. eine Spezialkasse derselben oder eine mit der Gerichtskosten- Erhebung betraute Steuerhebestelle sich nit befindet, besondere Mittel zu diesen Zahlungen für den Fall zur Verfügung zu stellen, daß die Hebungen der Gerichtsschreiber zur Bestreitung der Ausgaben nicht zureihen. Jm Einvernehmen mit dem Justiz-Minister hat deshalb der Finanz-Minister die Bezirks- regierungen ermächtigt, den Gerihts\{reibern an den gedachten Orten eiserne Vorschüsse zu bewilligen.

Beleidigt ein Dienstbote seine Herrschaft dur Schimpsworte oder Thätlichkeiten oder begeht er eine andere Handlung, wle der Herrschaft das Recht zu sofortiger Dienst- entlassung giebt, so kann die Herrschaft mit der sofortigen Dienstentlassung die Aufforderung verkünden, daß si der Dienstbote aus ihrer Wohnung entferne. Leistet der entlassene Dienstbote dieser Aufforderung keine Folge, so ist er nah einem Erkenntniß des Reichsgerichts, l). Strafsenats, vom 3. November 1879 wegen Hausfriedensbruchs zu bestrafen. Selbst das Verweilen des Dienstboten in der an die Herr- shaftswohnung anstoßenden Treppen- resp. Hausflur, an welcher die Herrschaft mit anderen Hausbewohnern zugleich ein Mitbenußungsreht hat, wird unbefugt und strafbar, wenn die Aufforderung der Herrschaft zur Entfernung au darauf si erstreckt.

Sachsen. Dresden, 15. Dezember. (Dr. J.) Die Zweite Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sißung auf Antrag der Finanzdeputation ohne Debatte den Geseßentwurf, betreffend den Umtausch der abgestempelten Greiz-Brunner und Gößniß-Geraer Eisenbahnaktien gegen Schuldverschrei- bungen der 3 proz. Rentenanleihe von den Jahren 1876 und 1878, und nahm hierauf die Anzeige der 1. Abtheilung ent- gegen, daß die Wahl des Abg. Knechtel im 29. länd- lien Wahlkreise geprüft und gültig befunden worden sei. Der von der Abtheilung an diese Anzeige ge- knüpfte Antrag, der Königlichen Staatsregierung zur Er- wägung anheimzugeben, ob nit zu gleihmäßigerer und ge- nauerer Handhabung der form: llen Vorschriften für die Land- tagswahlen, insonderheit auch der in §. 43 des Wahlgeseßes und in §. 22 der Ausführungsverordnung enthaltenen, ins Künstige so wie bei den Reichstagswahlen Formulare auszu- geben seien, wurde einstimmig ançenommen, nachdem der Re- gierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath von Koppen- fels, Namens der Staatsregierung die gewünschte Erwägung zugesagt hatte. Zum Schluß wurden einige Berichte der Be- shwerde- und Petitionsdeputation erledigt.

Das „Dresdner Journal“ veröffentlicht das Geseßt, die provisorische Forterhebung von Steuern und Abgaben im Jahre 1880 betreffend, vom 10. Dezember, und die Bekannt- machung, die dermalige Zusammenseßung des Landtag3aus- schusses zur Verwaltung der Staatsschulden betreffend, vom 11; Dezember d. J tex

Schwaärzburg-SHnderöhausen: Sondershausen,

13. Dezember. * (Lpz. Ytg,) Das dem Landtage vorgelegte '

Finanzgeseß für die Finanzperiode 1880 bis 1883 setzt die Einnahme auf jährlich 2126 695 4, die Ausgabe auf jährlich 2 080 456 6 fest, so daß ein Uebershuß von jährlich 46 239 M, bleiben würde, welcher als Resérvefond zu dienen hat. Außer- dem s{lägt die Fürstlihe Regierung vor, in jedem der vier «zahre der Finanzperiode ein Quartal der Klassensteuer in der ersten Hauptklasse und in der ersten Stufe der zweiten Hauptklasse zu erlassen, sowie zur Fortsezung des Vizinal- und Waldwegbaues im Walddistrikte des Geh- rener Bezirks als Extraordinarium die Summe von 60000 # aus dem Kassenvorrathe der Staatshauptkasse zu entnehmen. Was den Einnahmeetat betrifft, so wird von den Steuererträgen des Reichcs eine jährliche Rückvergütung von 95 000 M erwartet, aber nur 48761 M in den Etat, der Rest von 46 239 # in den Reservefond gestellt, welche Summe als etwaiger Uebershuß zwishen Einnahme und Ausgabe an- genommen wird. Gegen den letzten Etat sind 116 164 M, finanzielle Vortheile zu verzeichnen, darunter 57 358 4 als Wegfall der Zinsgarantien für die Nordhausen-Erfurter und Arnstadt-Dietendorfer Eisenbahn ; dem stehen aber 139 440 M finanzielle Nachtheile, nämlich die Erhöhung der Pensionen um 32440 6 und an Mindereinnahme an Nuß- und Brennholz 107 000 M. gegenüber. Die eingestellte Mehrforderung an Gehalten zur Aufbesserung beträgt 23 836 4; der vorgeschla- gene Steuererlaß macht 11 668 M erforderlich.

Sesterreich - Ungarn. Wien, 14. Dezember. Jhre Majestät die Kaiserin trifft, wie die „Pr.“ meldet, morgen, 15. d., aus Gödöllö hier ein. Das Weihnachtsfest wird die Kaiserfamilie in diesem Jahre das erste Mal seit dem Ableben der Frau Erzherzogin Sophie in Wien begehen. Graf Julius An drassy ist gestern aus Pest hier einge- troffen. Der deutsche Botschafter Prinz Reuß ist am 12. mit Familie von Mauer nach Wien übersiedelt.

15. Dezember. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat das provisorische Budgetgesez angenommen und dem Vertrage mit Frankreich hinsichtlich des Armenrechtes, sowie der provi- sorishen Handelskonvention mit Frankreich seine Zustimmung ertheilt. Das Gesetz, betreffend die Ermächtigung zur Ver- längerung des Handelsvertrages mit Deutschland wurde nah längerer Debatte unter Ablehnung des von Fried- rih Süß gestellten Antrages auf nur zweimonatlihe Verlän- gerung unverändert angenommen. Am Mittwoch wird der Wehrauss{huß mündlichen Bericht erstatten.

16. Dezember. Der Wehrausschuß des Abgeord- netenhauses hat mit 14 gegen 7 Stimmen den Antrag angenommen, den Beschlüssen des Herrenhauses bezüglich des Wehrgeseßes beizutreten, nahdem vorher die Anträge der Liberalen bezüglich dreijähriger resp. einjähriger Fortdauer des Wehrgesetßes abgelehnt worden waren.

Agram, 14. Dezember. (P. L.) Der Landtag wurde heute durch Krestics eröffnet. Folnegovics und Genossen interpellirten, wie die Regierung den renitenten Wahlauss{huß von Vukovar zu der Wahlvornahme zu zwingen beabsichtige. Marsó interpellirte, warum der Abgeordnete des Tovarniker Bezirks, der hon am 26. Juli gewählt wurde, noch nicht sein Mandat eingereiht habe. Banus Mazsuranics legte die Geseßentwürfe, betreffend die Jndemnität und die Ver-

längerung des Aus gleihs vor. Hierauf wurde die Sizung geschlossen.

Heute wurde im Beisein von über 100 Gewerbe: treibenden aus allen Theilen des Landes im Redoutensaale der erste kroatishe Gewerbetag abgehalten. Derselbe faßte unter dem Präsidium des Obmannes der Gewerhe- sektion der hiesigen Handelskammer Resolutionen, eine Ah: änderung des Gewerbegeseßes in dem Sinne anzustreben, daß nur Derjenige ein selbständiges Gewerbe ausüben dürfe, dey es erlernt hat, und daß sih weiter die Gewerbetreibenden zu Genossenschaften verbinden, welche die gewerbliche Ausbildung der Jugend zu überwachen haben. Weiter wurden Resoly-: tionen gefaßt in Betreff der Organisation dieser Genossen: schaften und ihrer Rechte, in Betresf der Organisation des fachmännischen gewerblichen Unterrichts, der Abänderung dey bestehenden Marktordnung, der boldigen Veranstaltung einer Landesausstellung, der Einschränkung des Hausirhandels und der Sträflingsarbeitcn, damit diese die Gewerbe weniger schä: digen; endlich in Betreff der Bildung von Hülfsvereinen be: hufs Ausbildung von Gewerbetreibenden.

Schweiz. Bern, 14. Dezember. (Bund.) Die Re- vifloiskommission des Nationalraths hat sih mit 6 gegen 1 Stimme gegen eine Revision der Bundesver fassung entschieden. Die radikal-demokratische Gruppe der Bundes: versammlung hat beschlossen, den Bundesrath darüber zu interpelliren, ob und mit welchem Erfolge er in der St abio- Angelegenheit Schritte gethan habe. L

7:40, Dezember, (W: D. B) Der Nationalrath hat den Antrag auf Aufhebung des Banknotenmonopols in der Verfassung mit 105 gegen 16 Stimmcn abgelehnt.

Großbritannien und Frland. London, 16. De- zember. (W. T. B.) Die heutigen Morgenblätter halten die Lage in Afghanistan für kritish, glauben indessen po daß bis jeßt zu ernsteren Besorgnissen kein Grund vor- iege.

Kalkutta, 15. Dezember. (W. T. B.) Nach einem Telegramm des Generals Roberts dauern die Kämpfe ununterbrochen fort; der Feind ist noch immer mit starken Streitkräften im Vormarsch begriffen. General Roberts hat beschlossen, die Höhen oberhalb Kabuls zu verlassen und seine Truppen in dem Cantonnement Sherpur zu konzentriren, General Gough, welcher sich in Gandamak, und General Arbuthnot, der sich in FJellalabad befindet, haben Befehl er- halten, nah Kabul zu marschiren. Die Verbindungen sind nit unterbrochen, doch herrsht Besorgniß, daß die Agitation unter den verschiedenen Stämmen weiter um sich greifen werde. Die Regierung hat hinreichende Streitkräfte zur Ver- fügung, um allen Eventualitäten entgegentreten zu können.

Frankreih. Paris, 15. Dezember. Das heutige „Journal officiel“ enthält ein Dekret des Präsidenten, vom 13., welches die Ausführung der Beschlüsse der römischen Kurie, betreffend die Errichtung der Kirche von Salette und die Krönung des Standbilds Unserer Lieben Frau von Salette, r Ae Bischof von Grenoble für einen Mißbrau erklärt.

15. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sigßung der Deputirtenkammer zeigte Legrand an, daß er nah Vertheilung des Gelbbuchs im näl,sten Januar die Regierung bezüglih der Lage der rumänischen Jsraeliten zu! inter- pelliren beabsichtige; zur Zeit richte er die Frage an die Re- gierung, ob sie die Unabhängigkeit Rumäniens anzuerkennen gedenke. Der Conseilspräsident Waddington erwiderte, daß die Regierung die Angelegenheiten Rumäniens stets mit Wohl: wollen behandelt habe; seit dem Berliner Kongreß sei der Einfluß eFrankreichs beständig zu Gunsten dieser Nation ausgeübt wor- den, und es sei auf das Begehren Frankreichs geschehen, daß Rumänien in Kompensation der verlorenen bessarabischen Ge bietstheile eine anderweitige Terrainentschädigung * erhalten habe. Bezüglich der Verfassungsrevision seien {on bedeutende Erfolge erreiht worden; die Frage sei gegenwärtig aus dem konstitutionellen in das legislative Gebiet getreten. Frankrei

verfolge die bezüglichen Verhandlungen in Uebereinstimmung | mit den anderen Mächten, von welchen es sih nicht trennen | könne. Man dürfe wohl hoffen, daß die Anerkennung der |

Unabhängigkeit Rumäniens demnächst eine vollzogene That- sache sein werde. (Lebhaster Beifall.) Für die Vizinal- wege wurde ein Kredit von 80 Millionen Francs bewilligt.

Die Budgetkommission hat sämmtliche von dem |

Senat beschlossene Modifikationen des Budgets abgelehnt.

Türkei. Konstantinopel, 15. Dezember. (W. T. B.) | Die bereits signalisirte Mittheilung der Pforte vom | 13. d. bezüglich Montenegros ist an das Kabinet von | St. Petersburg gerichtet und den übrigen Mächten zugestellt |

worden. Dieselbe lautet wie folgt:

„Nach Mittheilungen der General-Gouverneure von Monastir | und Kossovo an die Hohe Pforte ist es in leßterem Orte zu einem | Konflikte zwischen den Albanesen und Montenegrinern gekommen, ,

welcher voz den Montenegrinern hervorgerufen worden sein soll. Da die Kaiserliche Regierung ihre Truppen aus Gu/sinje zucükgezogen hat, so kann sie die Nichtigkeit dieser Mittheilungen nicht fkonsta- tiren. In jedem Falle ist aber dec fragliche Konflikt bei Weitem nicht von solher Bedeutung, als man ihm Anfangs beilegte. Wir find der Kaiserlich russischen Regierung denkbar, daß sie die Aufrichtigkeit der Intentionen der Hohen Pforte bezüglich der Frage betreffs Gussinjes anerkannt hat. In der That hat sich die Kaiserliche Re- gierung konsequent und fest gezeigt. Nachdem sie an Stelle Gussinjes ein wihtigeres und reicheres Gebiet vergeblih angeboten hatte, hat sie ohne Zeitverlust energisch und thatkräftig gehandelt. Meoukhtar Pascha erhielt den Befehl, fich mit 15 Bataillonen in Marsch zu seßen, um mit dieser Truppenmacht die Mittel der Ueberredung zu unterslüßen, durch welche jeder weitere Konflikt zwischen den Mon tenegrinern und Albanesen und somit auch jedes Blut vergießen vermieden werten sollte. Bei seiner Ankunft in Calfkfandelen erließ Moukßtar Pascha eine Proklamation, in

welcer er die Bevölkerung von Prizrend zum Gehorsam aufforderte. Der Muschir rih'ete an die Einwohner von Gussinje sowie an di s von Yawna und Ipek eine neue Proklamation, deren Abschrift dur [F den Courier übermittelt werden wird. In dieser Proklamation! F theilte er den Einwohnern den festen Willen der Kaiserlichen Regie! F rung mit, sich an den Vertrag von Berlin zu halten. Gleichzeitiß forderte er sie auf das Entschiedenste zum Gehorsam auf, indem e [F auf die Folgen hinwies, welche aus einem Widerstande für sie ent |

stehen würden. Zugleich stellte der Muschir seine Armee so auf, t

daß er jede Hülfe, die die Einwohner in ihrem Wider |

stande hâtte bestärken Fönnen und jedes Eindringen il Gussinje verhindern konnte. Um die militärishen Maßnahmen il vervollständigen, ließ er aus Mitrowißza 7 weitere Bataillone kon men, von denen er 4 gegen Ipek hin dirigirte. So war eine stark Barriere zwischen den Cinwoohnern von Gussinje und denjenigen vot Prizrend gezogen. Um den Willen der Kaiserlilßen Regierung jedod noch klarer darzulegen, gab Moukhtar Pascha dem Kaimakam und dem Kadi, den einzigen in Gussinje verbliebenen Behörden, Befehl,

Dai a a É I R

us Gussinje zurüczuziehen. Dies sind die Maßnahmen, welche Me Moukhtar Pascha im Einvernehmen mit dem Ga Mee neur und dem Militärkommandanten von Kossova bei der Zufammenkunft in Prizrend traf. Diese Maßregeln zeugen weder von Langsamkeit, noch von Shwähe. Nichtsdestoweniger hat der montenegrinische Gesandte uns eine Mittheilung zuzestellt, in welcher erklärt wird, daß seine Regierung nicht länger warten könne und daß die Truppen des Fürstenthums mit Gewalt in Gufssinje ein- dringen und die Einwohner mit der größten Strenge behandeln würden. Indem die Kaiserliche Regierung allen ihren Behörden Befehl gab, sich zurückzuziehen, handelte sie vollkommen regelrecht. Das, was sie jeßt thut und fernerhin thun wird, um Blutvergießen zu verhindern, muß als ein Beweis ihrer loyalen Gesinnungen und ihres Willens betracbtet werden. Mehr von ihr zu verlangen, würde heißen, sie zu unklogen Maßregeln zwingen, die ihrer Natur nach die Lage nur verwickelter machen könnten. Die Hohe Pforte thut ihr Möglichstes und wird niht aufhören, alle ihre Kräfte aufzubietcn, um ein neues Blutvergießen zu verhindern. Wenn man jedoch einen Kon;likt hervorrufen follte, so werde die Hohe

forte ihn nit nur tief beklagen, sondern sie werde auch das Be- wußtsein baben, Alles gethan zu haben, um ihn zu verhindern. Ew. Excellenz werden ersucht, das Vorstehende zur Kenntniß des St. Petersburger Kabinets zu bringen. Abschrift dieser Depesche ist in gleiher Weise den Repräsentanten der Pforte im Auslande, wie den Repräsentanten der Großmächte in Konstantinopel mitgetheilt worden.

Zufolge Nachrichten, welche aus Albanien in Ragusa am 15. eingegangen sind, hat die Pforte eine Proklamation erlassen, in weicher sie daran erinnert, daß die Cession der Distrikte von Plava und Gussinje durh den Vertrag von Berlin auferlegt worden sei. Der von einem Theile der Bewohner beabsichtigte Widerstand würde keinen anderen Er- folg haben, als ein unnüßes Blutvergießen, welches von dem heiligen Geseße verdamnt würde. Die Proklamation appellirt s{ließlich an den Patriotisfnus der albanesishen Bevölkerung und fordert dieselbe auf, alle Pläne zu einem Widerstande auf- zugeben, welcher nur eine {were moralische und materielle Verantwortlichkeit nah sih ziehen- würde.

Pera, 14 DGember,. (W Pr.) Die Kalserlichèn Beamten in Gussinje und Plawa, welche diese Ortschasten schon vorgestern, den 12. d. M., hätten verlassen sollen, er- hielten Befehl, noch auf ihren Posten zu verbleiben, um so die Nuhe daselbst aufrehterhalten zu können. Dagegen wurde ihnen gestattet, ihre Familien in Sicherheit zu bringen.

Fussuf Bey, Kriegsdirektor der albanesischen Liga, ist mit Gefolge im Lager Moukhlar Paschas eingetroffen, um bei der Uebergabe von Gussinje mitzuwirken. Fn Jpek und Osakova wurden mehrere Hodschas, welche die Bevölke- rung gegen Montenegro aufreizten, verhaftet.

P ata s au Cre Wb r E E Lte Me P Ut MIVA. B L S I 0 F nad et I I O

Numänien. Bukarest, 15. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sißung des Senats verlangte Fepureano, daß der Senat sih in den Sektionen niht mit dem Eisen- bahnrüdckauf beschäftige, weil die Aktionäre die Verhand- lung mit der Regierung abgebrochen hätten. Catargiu und Florescu unterstüßten dieses Verlangen. Der Kultus-Minister Creßulesco und Statescu bekämpften dasselbe. Der Senat beshloß, die Verhandlungen über die Eisenbahnkonvention in den Sektionen zu beginnen. Von Lascar Catargiu wurde eine Juterpellation an die Regierung darüber einzebrah*, ob es wahr sei, daß die Regierung eine telegraphische Mittheilung aus Berlin erhalten habe, wonach die Eisenbahnunterhandlun- gen in Folge des von der Kammer beschlossenen Amendements abgebrochen seien.

Montenegro. Cettinje, 14. Dezember. (W. Pr.) Moukhtar Pascha, der sih noch in Prisren befindet und zehn Tabors bei sich hat, verlangt noch zwanzig Tabors als Sufkkurs. Ali Beg vor Gussinje erwartet Hülfe von den Albanesen. Die Türken machen eine Diversion gegen K 0o- laschin.

Nußland und Polen. Moskau, 7. Dezember. (N. Ztg.) Durch Vermittelung des Generals von Werder, Militêrbevollmächtigten in St. Petersburg, der si ebenfalls im Kaiserlichen Zuge befand, haben die deutschen Reichsangehörigen Moskaus Se. Majestät den Kaiser Alexander in folgender Adresse beglückwünscht :

Allerdurchlauchtigster Czar, Allergnädigster Kaiser und Herr!

Das \&bmachvolle Attentat, das in kaum vollendeter Jahresfrist aufs Neue Ero. Majestät geheiligtes Leben bedrohte, nicht nur in Rußlands weiten Grenzen, nein, in der ganzen Welt ruft es Swrecken und Entsetßzen hervor. Doch deutsche He. zen berührt die Kunde besonders \{chmerzlich; denn sie weckt trübe Erinnerungen an eine Zeit, da auch unseren Kaiser des Mörders Kugel suchte und fand. Da waren es vor Allen Ew. Majestät und mit Ew, Mas jestät das ganze russishe Volk, die durch ihre innige Theil- nahme des tiefgebeugten Herrschers Sinn trösteten und hoben. Und fo werden heute in allen teutschen Landen, soweit die Sthreckensnachriht gedrungen, heiße Dankgebete emporsteigen, daß des Allmächtigen Hand wiederum so sichtbarlich beshüßt hat unseres Kaisers und unseres Reiches treuesten Freund. Uns Deutsche aber, die wir in Rußlands alter Herrscherstadt fo lange glücklih und zufrieden leben und uns immerdar der besonderen Kaiserlichen Huld erfreut haben uns drängt es, gleichsam als Herolde unseres Volkes, Ew. Majestät in erster Reihe die e)rfurchts- vollsten Glückwünsche in u wwandelbarer Liebe und Verehrung darzu- bringen. Gott der Allmäthtige \hüße und erhalte Ew. Majestät noh viele, viele Jahre !

Amerika. Washington, 16. Dezember. (W. T. B.) Der Bericht des Agrikultur-Departements über die Heit bis zum 1. Dezember bestätigt im Wesentlichen den im

ovember erstatteten Bericht. Das Wetter wird als günstig bezeichnet. Es hat sogar eine gewisse Zunahme der Baum- wollerträgnisse in Texas, Louisiana und Arkansas stattgefun- den. Das Erträgniß der Getreideernte stellte si geringer, weil das Getreide nicht recht reif geworden ist. Die Produktion hat in Folge dessen um 55 Millionen abgenommen. Nichts- destoweniger übertrifft das diesjährige Ernteerträgniß das vor- lährige um 150 Millionen Bushels.

Nr. 50 des „Central - Blatts für das Deutsche Rei ch“, herausgegeben im Reichskanzler-Umt, hat folgenden In- halt : Verbot einer ausländishen Druckschrift. Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. Uebersicht über die Ausprä- ung von Reichs-Gold- und Silbermünzen. Bundesrathsbes{luß, etreffend Tarifirung von Cichorien; desgl, betreffend Zollbehand- lung verdorbener Heringe aus Privattransitlägern. Bekanntmachung zur Ausführung des Gesetzes, betreffend die Besteuerung des Tabaks. Aufhebung des Kartoffeleinfuhrverbots in Frankrei. Ab- erufung eines Stationscontroleurs. Eröffnung der Bahnstrecke Backnang - Bietigheim. Ertheilung eines Flaggenattestes. Be- Prüf einer Seeschifferprüfungz desgl. einer Seefteuermann?- E A

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Neich9tags - Angelegenheiten.

Im 4. Gumbinner Reichstags8wahlbezirk (Stallu- pönen-Darkehmen-Goldap) ist der Unter-Staatssekretär von Goß- ler, welcher sein Mandat wegen seiner Beförderung niedergelegt hat, mit 7091 von 10214 Stimmen zum Mitglied des Reichstags wiedergewählt worden. Sein Gegenkandidat, Gutsbesißer Donalies- Milluhnen erthielt 3101 Stimmen.

Statistische Nachrichten.

Nach dem Arbeitsplan für das Jahrbuch für bremiscch'e Statistik, herausgegeben vom Bureau für bremische Statistik, soll dasselbe regelmäßig in zwei Hesten erscheinen; das erste Heft soll die Statistik des Schiffs- und Waarenverkehrs, das zweite Heft die all- gemeine Statistik des leßten Jahres bringen. Nachdem diese Regel- mäßigkeit einige Jahre unterbrohen war, ist sie mit dem soeben erschienenen I1. Heft des Jahrganges 1878 (Bremen, Kommissions- verlag von G. A. von Halem 1879) wieder hergestellt worden. Dasselbe enthält zunächst die neuesten Daten über das Staatsgebiet, welches nah den im Jahre 1878 angestellten Ermittelungen 25 549,58 ha umfaßt, Wasserstand, Temperatur, Luftdruck, Niederschläge, Luft- strömungen, Witterung und Witterungsbeobachtungen auf dem Levcht- thutm in der Wesermündung. Es folgen fodann die Zahlen über die Bevölkerung nach der Zählung von 1875 nnd diejenigen über die Bewegung ter Bevölkerung von 1874—1878. Es kamen im Jahre 1878 auf je 24,18 Einwohner 1 Geburt, gegen 23,83 in 1877, 23,30 in 1876, 23,26 in 1875 und 23,13 in 1874. Unter den Geburten waren im Jahre 1878 5,11% uneheliche (gegen 4,66, bzw. 4,95, 4,93 und 5,29% in den Vorjahren 1877—74) und 3,5 Lodtgeborene (gegen 3,28, 3,32, 3,39 und 4,06 9% in 1877—74). Auf 100 geborne Knaben kamen in 1878 105,54 Mädchen (gegen 101,79, 103,95, 105,02 und 106,26 in 1877—74). Gs fam auf 45,34 Lebende 1 Todeéfall (aegen 41,17, 42,36, 39,06 und 39,76 in den Vorjahren 1877—74). Die Todesursahen sind in sehr eingehender Weise statistish erörtert worden. An- Eheschließungen kam im Jahre 1878 1 auf 1159 Einwohner (gegen 106,5, 104,1, 93,3 und 847 in den Vorjahren 1877—74). In den Staatsverband wurden 439 An- gehörize anderer Staaten aufgenommen (gegen 500, 828, 1018 und 11488 in den Vorjahren 1877— 74). Auf- nahmeurkunden wurden 417 Personen (gegen 457 in 1877) ertheilt, Wiederverlcihungsurkunden 2 Personen (gegen 17 in 1877), Naturalisationsurkunden 20 Personen (gegen 26 in 1877). Aus dem Staatsverbande wurden 48 entlassen, ebensoviel wie in 1877, 216 (1877 208) wanderten aus. Die Berölkerung nahm im Jahre 1877 um 1,416% zu, gegen 0,522% in 1876, 1,398% in 1875 und 3,903 9% in 1874.

Im 3. Abschnitt wird das Grundeigenthum behandelt, Von den 25 549,58 ha fallen 1451,47 ba avf Gebäude und Hofräume, 9382,22 ba auf Ader- und Gemüseland, 9104,68 ha auf Wiesen, 414,62 ka auf Holzung und Busch, 111,96 ha auf Heide und Moor, 235,21 ha auf Ded- und Unland, 954,19 ha auf Straßen, Wege, Deiche und 774,48 a auf Gewässer. Der Steuerwerth des steuer- pflichtigen Grundeigenthums betrug Ende 1878 512 661 300 M. (gegen 521 808 590 4 Ende 1877, 521 826 660 6. Ende 1876, 512338410 4 Ende 1875 und 476 143 140 Æ Ende 1874), davon 259 094 440 M in der Stadt Bremen (gegen 267 605 670 4 in 1877, 270 656 2804 in 1876, 264 795 620 in 1875, 218 540 380 M in 1874).

Der 4. Abschnitt handelt von der Landwirthschaft, der s. von der Industrie. Die Polizeidirektion in Bremen hatte im Jahre 1877 157 gewerbliche Streitigkeiten, das Gewerbegericht 232 Klagen zu entscheiden. An Marken find im Jahre 1878 von 2 Firmen 9 angemeldet worden, an Mustern von 12 Urhebern 24. An Patenten sino im Jahre 1878 24 an Bewohner des bremischen Staats ertheict worden. Ueber die Zahl der bei den Gewerbebetrieben find seit dem Jahre 1875 keine Ermittelungen angestellt worden. Dagegen ift hinfichtlih der Produktion im Jahre 1878 festgestellt worden, daß die in Bremen vorhandenen 3 Eisengießereten in 4 Defen aus 25 874 Ctr. Eisenmaterial 20 390 Ctr. Maschinentheile im Werthe von 233 873 A. und 3635 Ctr. sonstige Gufwaaren im Werthe von 44 154 M, zusammen 23 935 Ctr. = 278 027 M hergestellt haben. An Schiffen wurden im genannten Jahre 33 von 10333 Reg.- Tons an der Unterweser erbaut, davon 23 von 5692 Reg.-Tons (1877 25 von 11523 Reg. - Tons) auf bremischen Werften. An Neu- bauten wurden 97 im Werthe von 1 050000 #. ausgeführt (gegen 227 im Werthe von 1 886 000 A in 1877 und 638 im Werthe von 6 530 000 Æ in 1874). Umbauten wurden im Werthe von 100 000 (1877 150000 M) vorgenommen. An Cigarrenfabriken waren im Jahre 1877 im Deutschen Reih für bremishe Rechnung im Betriebe 176 Geschäfte mit 241 Betriebsstätten und 6654 Arbeitern ; sie fertigten aus 53 380 Ctr. Tabak 294007 Mille Cigarren zum Lerkaufspreise von 13 935977 F (gegen 319410 Mille zum Preise von 7815 321 M in 1851). Auf das nichtbremische Zollgebiet fielen hiervon 88 Fabriken (36,51 9/6), 4582 Arbeiter (68,86 9/0), 37 734 Ctr. Tabak! (70,69 9/6), 207 626 Mille Cigarren (70,62 9%) und 9 072 739 h. Verkaufspreis (65,10 9/9), Der Werth der Ausfuhr bremischer Industrieerzeugnisse belief sch im Jahre 1878 auf 22 223 359 M, gegen 22 589 899 M. in 1877, 21 464123 in 1876, 20407 903 A in 1875 und 26 536 010 Æ in 1874. G (Schluß folgt.)

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 13. d. M. starb in Bonn der ordentliche Professor der Jurisprudenz Dr. Ferdinand Walter. : E

Cin Muyusterwerk des deutschen Buchhandels, die Arbeit jahre- langen Forscherfleißes und Künstlershaffeus, ein Werk, dessen Name zu den populärsten Literaturerzeugnissen zählt: „Brehms Thier- leben“ (Leipzig, Verlag des Bibliographischen Instituts), ist soeben durch Vollendung des leßten (8.) Bandes (die „Fi sche“) in seiner zweiten umgearbeiteten Auflaze beendet worden, noch zeitig genug für den Weihnachtstisch, für den diese staitlihe Reihe von zehn elegant ausgestatteten Bänden, an denen nichts gespart wurde, um dem ge- diegenen Inhalt auch ein würdiges Kleid zu geben, eine treffliche Zierde sein würde. Selten vereinigten sich bei einem Werke von folhem Umfange Eigenschaften, die den Beifall, den dasselbe von der Kritik und in weiten Kreiscn der gebildeten Welt gefunden hat, fo wie bei Brehms CThierleben: die fsorgfältigsten Studien während eines ganzen Menschenalters, eine besonders begnadete Naturbeobach- tung in allen Zonen und die Kunst der geschmackvollen, fesselnden Wiedergabe des Erlebten und Gesehenen —z; selten aber auch hat dem Schriftsteller eine so liebe:olle Pflege von Seiten des Verlegers zur Seite gestanden. i :

Es ist oft betont worden, daß gerade dieses Werk die besondere Gattung dem Leben abgelaushter und dabei streng wissenschaftlicher Thierbilder geschaffen hat; niht weniger als 174 JUustrationétafeln und 1779 Abbildüngen im Text sind in dem bändereihen Buch ent- halten und seßen da ein, wo die Rede des Verfassers an ihren natür- lichen Grenzen angelangt war. Ueber ihre hohen künstlerischen Gigen- {chaften herrs{ht Einstimmigkeit der Anerkennung; Italien, Frank- reich und England, Rußland, Schweden und Dänemark haben fi beeilt, dieses deutshe Nationalwcrk durch Uebertragung in ihre Sprache ihrer Literatur einzuverleiben. i :

Die Verlagsbuchhandlung hat das Probeblatt einer Ausgabe mit Farbendrucktafeln hinzugefügt, die, was naturgeschichtliche Abbildung in Wiedergabe der natürlichen Farben zu leisten vermag, Vorzügli es verspricht. Den Besitzern der Originalausgabe sollen diese neuen Bildertafela billig nachgeliefert werden.

Gleichzeitig kündigt die Verlagshandlung an, daß das drone Werk in der Schilderung der Pflanze und des Bodens, der le trägt, seine Fortseßung, in der Darstellung des Menschen setnen Abscluß finden wird: eine Schilderung des Erdganzen als eines in \ich und durch sich bedingten Organismus, wie sie in solcher Weise bi2- her zu keiner Zeit und von keiner Nation noch versucht ward.

Dieses weite Gemälde soll, wie das Buch, an das es sih an- \{ließt, streng auf dem Boden der exakten Forschung stehen und fich, von vorgefaßten Meinungen fern und gefeit gegen die Macht auch

noch so geistvoller Hypothesen, nur auf der Wahrheit thatsächlicher

M Game T É S I iam m I is aa Ram r S I N mm a a E u End a.

Erkenntniß erbauen; es wird aber das Erkannte nicht in der gelehrten Form der Forschung geben, fondern diese geradezu geflissentlih ver- meiden, mehr noch vermeiden, als dies selbst im „Thierleben der E ist. Eben in den gemeinsamen gegenfeitigen Beziehungen der

esen zu einander wird es seine wissenscaftlih: Einheit sehen, und die äußere Darstellung wird sih demgemäß frei von allen Schranken gelehrtec Systeme entwickeln können; ungebunden, fefsellos, bar der trockenen Terminologie des Lehrbuches, die oft nur dem Fahmanne “6% eus ist, wird sie ihren Weg zum Kopfe uad Herzen des Lesers uchen.

Zu dem „Thierleben“ wird \ich zunächst das Leben der Pflanzen gesellen. Das Verhältniß der Pflanzen unter ein- ander, die Ge/selligkeit oder sporadishe Verstreuung, in der sie leben, die mächtigen Waldreiche, die sich quer durh die beiden amerika- nishen Kontinente ziehen, die unabsehbaren Graësftaaten im Osten der Felsengebirge: all dies wird ebenfo sehr in Betracht gezogen, wie die Beziehungen des Nußens und Schadens, in welchen die Pflanzen zum Menschen stehen. Wie sie ihm zu leiblihem Genusse dienen in Nahrung und Kleidung, oder zu geistigem, indem fie als malerische Gestalten sh mit dem Boden zum Bilde der Landschaft vereinigen, wie sie dem einfahen Sinne kindlicher Bölker Wohr ung und Sym- bol der Gottheit sind, wie sie dem Menschen den Tod bringen oder die Genesung geben: all dies soll in bunter Lebendigkeit zur Dar- stellung gelangen. : /

Die Gesteine und die geologishe Entwickelung der Erde, ihre Bildung und ihr Bau, von den harten Knochen des Granites bis zu der weicheren Haut alluvialer Gebilde, mit all den räthsfelhaften Thier- und Pflanzengestalten, die sie in ihrem Schooße birgt, mit allem Stoffe und Steine, die sie unseren Bedürsnissen bietet, wird die Aufgabe eines anderen, geringeren Theiles sein.

Den Swhluß bildet dann das Buch vom Menschen. Nach- dem die’ Beziehungen des Menschen zu den einzelnen Naturreichen in den vorhergehenden Büchern erörtert sind, soll er hier selbft betrahtet werden, der Bau und die Eigenschaften seines Leives und Be On seines Lebens, die Beschaffenheit seiner seelischen

räfte.

Mit dem vorliegenden Dezemberhest {ließt der 25. Band von „Dr, A. Petermanns Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt“, herausgegeben vo1 Dr. E. Behm und Dr. M. Lindeman. (Gotha, Justus Perthes.) Das Hest bringt Mittheilungen von Dr, W. Junker über die ägyptischen Aequatorial-Provinzen, Ergebnisse seiner Reisen im Westen des Weißen Nil (nebst großer Karte) und Polarnachrichten, nämlich über Nordenskjölds Expedition. über norwegische Fahrten im europäischen Eismeer und über die Hamburger Polarkonferenz vom 1. Oktober, endlich die geographisch?e Monats- und Literaturübersicht.

Von dem bekannten Kommentar „Das allgemeine Han- del8geseßbuch“, von H. Makower, ist die achte vermehrte und verbesserte Auflage (Berlin, J. Guttentag D. Colin 1880) er- schienen. Dieselbe trägt dem Uebergangszustande Rechnung, in welchem sih das gerihtlihe Verfahren zur Zeit befindet. Die bis zum 1. Oktober d. J. und die nachher gültigen Bestimmungen sind deshalb neben einander geg ben, die ersteren weil sie transitorish noch ferner zur Anwendung kommen und weil fie historisch von Bedeutung sind. Zwectmäßigerweise ist ein Auszug aus den neuen Justizgesegen, Joweit dieselben für das Verfahren vor den Kammern für Handels- sachen von Bedeutung sind, vorausgeshickt. Das Werk felbst bedarf keiner Empfehlung. i | :

In demselben Verlage erschien: Das Verfahren in bürger- lihenRechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten, desgl. vor den Landgerichten, Ober-Landesgerichten, obersten Landesgerichten und dem Reichsgerichie, in tabellarijcher Form zusammengesteUt von Dr. Joh. Merkel (Pr. 1,20 bzw. 1,50 4). Der Verfasser giebt hier in Tabellenferm \ystematisch geordnete J. haltsverzeichnisse zu den be- treffenden Gesetzen, die cinen {nellen Üeberblick gestatten und das Aussuchen der entsprewenden Bestimmungen erleibtern

München, 9. Dezember. (Lpz. Ztg.) Se. Majestät der König hat den Profenor der Astronomie und Direktor der Stern- warte in Kiel, Christian August Friedrih Peters, dea Geheim- Rath und Professor Dr. Albert von Kölliker an de: Universität zu Würzburg und den Maler Karl Passini in Venedig zu Mit- gliedern des PViaximilian?-Ordens für Wifssenshaft und Kunst er-

nannt. Gewerbe und Handel.

Dem Geschäftsberihte des Wesstfälishen Draht- industrievereins für das Iahr 1878/79 entnehmen wir, daß im abgelaufenen Betriebsjahr 51 600 000 kg Walzfabrikate (Luppzn- und Walzdraht) und 27 400 000 kg fertige Fabrikate (Draht, Nägel, Ketten) mit einem Umsaßwerth von rund 7000000 M produzirt worden. Die Dividende be.rägt 54 ‘/)0. Die Gesammtabschreibungen in den 7 Jahren seit Bestehen des Vereins beziffern sih auf 1 100 000 : :

London, 13, Dezember. (Allg. Corr.) Die Londoner Ver- lagsfirma Chapman u. Hall hat si in cine Aktiengesell- \cha#ft mit beschränkter Haftpfliht verwandelt. Das Kapital be- trägt 150 090 Pfd. Sterl. in Aktien von je 20 Pfd. Sterl. Der Werth des Geschäfts der Firma, welches das Verlagsreht dec Werke von Charles Dickens, sowie ein Interesse an den Verlagsrechten der Werke Carlyle’'s, Anthony Trollope’s und anderer berühmter eng- lischer Schriftsteller umfaßt, ist auf 105022 Pfd. Sterl. ver- anschlagt. Die Direktoren der London & Westminster Bank werden in ihrer nächsten Sizung den Vorschlag macea, daß ihre Gesellshast als eine Gesellschaft mit be- \chränkter Haftpflicht registrirt werde. Ferner werden sie die Emission von 40 0.0 neuen Aktien, auf welche 20 Pfd. Sterl. per Aktie sofort eingezahlt werden follen, beantragen.

Verkehrs:-LUnfstalten.

Breslau, 16, Dezember. (W. V. B,) Heute Nacht ent- gleiste auf der Rehten-Dder-Ufer-Bahn zwischen Zembo- wiß und Sausenberg ein gemishter Zug in Folge cines Radreifenbruchs. Der Lokomotivführer und der Heizer kamen dabei ums Leben; drei Beamte wurde L Die Lokomotive und acht Wagen sind stark beschädigt, das Geleise gesperrt. i

N hagen, 15. Dezember. (W. T. B.) Der Sund ist nunmehr frei vom Eise.

O T 16, Dezember, (W S. B) Ber Damp rer „Spain“ von der National-Dampfschiffs -Compagnie (C. Messingsche Linie) ift hier eingetroffen.

Plymouth, 15. Dezember. (W. T. B.) Der Hambucger Postdampfer „Lessing“ ist hier eingetroffen.

Berlin, den 16, Dezember 1879.

Kiel, 16. Dezember, 10 Uhr Vorm. (Telegramm.) Das Postdampsschiff aus Korsör ist wegen starken Nebels heute früh erst um 6,30 in Kiel eingetroffen; die Briefe sind daher erst um 7,15, die Päckereien erst um 11,12 Vorm. von Kiel weiterbefördert worden.

Cöln, 16. Dezember, 1 Uhr 26 Min. früh. (Telegramm.) Die englische Post vom 15. Dezember früh, ps in Verviers um 8,21 Uhr Abends, hat in Cöln den Anschlu an die Züge nah Norddeutschland nicht erreiht. Grund: Verspätete Abfahrt von Verviers.

Kleidungsstücke für Oberschlesien.

Als id am Anfang diescs Jahres die bekannte, ja \prichwörtlich gewordene Opferwilligkeit und Mildthätigkeit der Residenz aufrief, um dem beispiellosen Unglück der Bewohner an der Theiß mit prak« tischen Liebesgaben zu Hülfe zu eilen, sind mir im Laufe weniger Wochen über Bier Hundert Zentner der werthvollsten Kleidungs-

stüke und Wäsche selbst aus den entferntestea Gegenden der