1879 / 298 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Dec 1879 18:00:01 GMT) scan diff

1799, daß die Schule nicht ein Fnstitut einzelner Konfessionen, Die Mischung der Konfessionen sei !

sondern des Staats sei.

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fügen.

11. Fahrhundert der Jnvestiturstreit gewesen, der Streit um d e Weltherr|haft. Seine Partei aber wolle, daß die kon- fessionelle und die Simultanschule die Grenzen innchielten, die mit der Fnnehaltung der staatlichen Schulpflicht verträg- lih sei. Er sei gegen den Kommissionsantrag, ziehe aber nicht die Konsequenzen, die verschiedene Herren aus der Rede des Ministers gezogen hätten, dem bei dieser Diskussion vor seinen eigenen Freunden etwas bange hätte werden können ; er bitte das Haus, den Antrag Gneist anzunehmen.

Der Regierungskommissar, Unter - Staatssekretär von Goßler erwiderte, es habe den Anschein gehabt, als ob der Gang der Erörterungen in der Kommission dahin habe führen wollen, daß lediglich von der Beantwortung einer staatsrehtlihen Frage die Entscheidung abhängig ge- macht werden sollte. Nichts davon sei hier vorgebracht worden, überall seien andere Motive geltend gemacht und im Namen der nationalliberalen Partei seien eben Erklärungen abgegeben worden, welche in keiner Weise mit den Ausfüh- rungen des Abg. Gneist zusammenfielen. Der Abg. Petri habe ausgeführt, daß alle die Elemente gegen Simultanschulen jeien, welche gegen die Größe und den deutschen Beruf Preu- ßens seien. Preußens größte Zeit sei doch wohl 1866 und 1870 gewesen, wenn nun 1872 nur 60 Simultan- shulen vorhanden gewesen seien, so wisse exr nit, wie das mit der Behauptung des Vorredners stimme. Der Abg. Petri habe dann von seinen Erfahrungen in Nassau gesprochen; hätte derselbe die Zahlen genauer an- gesehen, so wäre er zu seinen Schlußfolgerungen nicht ge- tommen. Fm ganzen preußishen Staate habe man 9798 mehrklassige Schulen, davon seien 502 simultan; im Regie- rungsbezirk Wiesbaden seien 245 mehrklassige Schulen, darunter 73 simultane vorhanden; diese 73 seien diejenigen Schulen, welche der Abg. Petri als das Palladium des ganzen nassauiscen Landes hinstelle. Dem Abg. von Sybel jei es weniger um die Anstellung von Lehrern aller Kon- fessionen zu thun, derselbe sehe mehr auf die konfessionclle Mischung der Kinder. Von allen 9798 vorhandenen mehr- klassigen Schulen seien 7149 rein konfessionell, in 1420 Schulen seien weniger als 18 Kinder von einer anderen Konfession, und nur in 429 Schulen seien mehr als 18 Kinder einer anderen Konfessign narhanden. Der Abg. Birchow habe 1h eîwas mehr auf den prinzipiellen Stand- punkt gestellt und die Einführung der paritätishen Schulen in größeren Städten als einen Fortschritt bezeihnet. Wenn auch die Verwaltung dem nicht zu folgen vermöge, Verwaltung auf- Dann habe Vergangenheit

weil sie die Kontinuität mit der früheren ret erhalten wolle, so sei das doch sehr interessant. der Abg. Virchow gemeint, man solle doch die ruhen lassen und bei der Gegenwart bleiben; in der Ver- gangenheit habe in Elbing der Kulturkampf großcn Einfluß

gehabt, das sei nunmehr vorbei. Die Beschwerde vom 5. Fe- bruar 1879 beweise indeß, daß die Angehörigen der römisch- katholishen Konfession \ich verleßt gefühlt hätten, was der Magistrat auch insofern anerkannt abe, als Der: selbe gesagt habe, daß sich nicht recht erweisen lasse, was în der Schule passirt sei, es bleibe nur übrig, was der Lehrer, über den man sih beschwert, außerhalb der Schule ge- sagt habe. Daraus ergebe si, daß die Beruhigung der Be- völkerung noh nicht eingetreten sei, die Katholiken und au ein Theil der Evangelischen hegte! Mißtrauen gegen die Simultanschule und diese Erklärungen stammen aus der Gegenwart. Der materielle Schaden sei dem Anschein nah erledigt gewesen, heute komme der Abg. von Sybel mit den ideellen Schaden, daß die Mädchenschulen simultan, die Knaben- shulen konfessionell scien. Gewiß möge ja das ein uner- wünscltes Verhältniß sein; aber dasselbe Verhältniß herrsche do da, wo gewisse Schulen simultan andere konfessionell Jelen, wie in Crefeld, wo von 29 Schulen 13 fimultan seien mit 5000 Schülern, während die 16 konfessionellen 4000 Schüler hätten. Die unglücklichen drei Männer, welche die Be- s[hwerde unterzeichnet hätten, seien auch ein Gegenstand der Debatte gewesen. Thatsachen, auch wenn sie bei einer sonst perversen Beschwerde ans Licht kämen, müßten doch berüdsihtigt wer- den und eventuell müsse der Minister einschreiten. Die Dar- stellung des Falles, wie sie in dem Separatvotum niedergelegt

Jahren gebe es vielleiht in Preußen keine Ortschaft ohne gemischte Bevölkerung. Da sei die Frage, welcher Kon- fession die Lehrer angehören sollten, ganz untergeordnet ; den Kindern gegenüber könne doch der konfessionelle Unterschied nicht durchgeführt werden ohne die größte Glaubenstyrannei ; oder aber man müßte die allgemeine Schulpflicht aufheben. Die Ultramontanen allerdings drängten auf die konfessionelle Schule hin, weil sie Gegner der allgemeinen Sculpflicht seien. Viele kirchliche Behörden agitirten gegen die allgemeine Shul- pflicht in Pamphleten und Broschüren, indem sie behaupteten, man müsse eher sein Blut vergießen, als sih dieser Tyrannei Das Centrum wolle dem Staat die Schule entreißen, um dieselbe in die Hand der Kirche zu bringen ; der General- vikar August Windishmann habe ganz richtig gesagt, der Streit um die Schule im 19. Jahrhundert sei, was im

artig mißahtet werde? Er gebe nomie in Schulsahen gar nihts; und habe man denn

Gemeindebehörden eingeseßt hätten, ebenso sei es am Rhein. Diese Oligarchie könne er als angemessene Vertretung der Bürgerschaft niht anerkennen! Der arme Arbeiter habe aber bezüglich der Regelung des Schulwesens dasselbe Jnteresse wie der reihe Mann. Wenn in der Elbinger Volksschule unter 20 Volks\chulklassen 8 über die vorschrifstsmäßige Anzahl von 80 Schülern hinaus aufnehmen müßten, und diese Zahl sich in der untersten Klasse einer Gemeindeschule bis auf 112 ver- steige, dann sorge die Gemeindeverwaltung in Elbing nicht in angemessencr Weise für die Schule. Die rheinischen Städte brächten im Vergleih hierzu ganz andere Opfer für ihre Volksschule. Durch die fraglihe Verfügung sei demgemäß das Znteresse der Gemeinde Elbing in keiner Weise ge- s{hädigt. Ein Schulhaus sei dort nicht überflüssig. Elbing müsse au bei konfessionellen Schulen ertragbare Verhältnisse haben. Wenn der Magistrat bei der Simultanschule erklärt habe, es müsse für andere Schullokale gesorgt werden, dann müsse derselbe in billiger Berücksichtigung des Umstandes, daß die katholischen Bürger ebenfalls dazu beitrügen, au für die katholishe Schule sorgen. Seines Dafürhaltens sei überdies die Errichtung zweier neuer Schulen dort ein dringendes Be- dürfniß. Die Gemeindeoligarchie Elbings habe andererseits ihre Macht in unerhörter Weise gegen die Minorität ausge- nußt. Er rufe in Bezug auf das, was er hier vorbringe, den Abg. Wiedwald aus Elbing zum Zeugen an; derselbe möge ihn berichtigen, wenn er sich irren sollte. Der Abg. Virchow habe von dieser Unduldsamkeit gehört, wenn auch nicht der ganze Bericht darüber zu seiner Kenntniß gekommen sei. Als nämlich 1870 das Dogma der Unfehlbarkeit ergangen sei, habe der Magistrat zu Elbing si berufen gefühlt, in den Volksshulen Propaganda für die Altkatholiken zu machen. Es sei von den Lehrern vor ihrer Unstellung eine schriftliche Erklärung darüber verlangt worden, daß sie das Dogma nicht anerkennten. (Redner verlas hierauf ein dies- bezügliches Aktenstück des Magistrats zu Elbing, in welchem leßterer ausführte, daß er es niht dulden könne, wenn An- hänger der in der Encyklika ausgesprochenen Lehren ein Lehr- amt in der Stadt bekleideten.) Jn diesem Reskript werde von dem Unfehlbarkeitsdogma in einer Weise gesprochen, daß kein Katholik demselben zustimmen könne; selbst der frühere Kultus- Minister habe gelegentlih erklärt, daß mit diesem Cirkular der Magistrat in das innere Gebiet des Volks\{hulwesens übergegriffen habe. Von 13 katholischen Lehrern in Elbing bekennten sich 7 zum Altkatholizismus. Die Katholiken be- {hwerten sih in Folge dessen; niht blos die berühmten drei vom Abg. Virchow erwähnten Männer, vielmehr 400 katholische Hausväter, mit ihnen die gesammte Geistlichkeit. Als darauf von dem Minister verfügt sei, daß der Unterricht von römisch- katholischen Lehrern e At würde, erklärten zwei Lehrer, ste seien röômish-fatholis@* ‘Die Unterdrückung der katholischen Minorität gehe bis af den heutigen Tag... Jm Jahre 1876 sei die Simultanisirung der Mädchenschule ohne viele Um- stände vor si gegangen. Der Religionsuntterricht der Kinder müsse selbstverständlih darunter stark leiden, obgleich eine Nothlage nicht vorhanden sei, da zur Aushülfe Seitens des Propstes Hülfsgeistlihe angeboten worden seien. Die Geist- lichen seien jedoch selbst auf die Gefahr der Jntoleranz aus- geshlossen. Eine große Mence katholischer Kinder erhalte aus diesem Grunde gar keinen NReligionsunterriht; so in einer Gemeindeschhule 37 Kinder, während es in den höheren Schulen noch s{limmer sei. Jn einer höheren Töchterschule seien 26 Schülerinnen ohne NReligionsunterriht. Anerkennend müsse er zwar erwähnen, daß die israelitishen Schüler durch einen von der Stadt honorirten Rabbiner ihren Religionsunterriht empfingen. Wn a n den beiden gehobenen Volksschulen eine bedeutende An- zahl der Zöglinge keinen Religionsunterricht erhalte, troßdem derselbe do obligatorisch sei, fo halte er die Staatsregierung für verpflichtet, dagegen einzuschreiten. Wundern müsse er sich über die Sprache, welche die Elbinger der Aufsichtsbehörde gegenüber führten, nahdem sie in höherem Maße Staats- zuschüsse erhalten hätten, als andere Städte, die aus eigenen Mitteln viel mehr leisteten als Elbing, wo die Schullast pro Kopf uur 12/3 M. betrage, während sie z. B. in Cöln bei höherem Schulgelde sich auf 4 M belaufe. Aus sachlichen Gründen könne cr die Entscheidung des Ministers nur billigen, jedoh sei er mit dem Abg. von Sybel darin einverstanden, daß die Mädchenschulen ebenso behandelt werden müßten, wie die Knabenschulen, und er hoffe, daß ein Zusammenwirken der protestantischen und katholischen Elemente dem Simultanschul- wesen Einhalt thun und die daraus entstehenden Schäden be- seitigen werde; er bitte das Haus, den Antrag der Kommissson anzunehmen.

Die Diskussion wurde auf Antrag des Abg. von Raul{-

sei, sollte beweisen, daß die Wechselrede zwischen Magistrat und Regierung zu Ende geführt sei und dabei spielten Druckfehler eine bedeutsame Rolle. Deshalb glaube er, daß man den faktischen Ausführungen des Abg. Gneist und der Minorität der Kommission nicht folgen sollte. Er meine, daß die Majo- rität der Kommission faktisch und rehtlich das Richtige getrof- fen habe und bitte das Haus, den Antrag auf Tagesordnung anzunehmen.

Der Abg. Dr. Röckerath führte aus, es hätten sich inter- essante Widersprüche zwischen den Abgg. von Sybel und Gneist und zwischen den heutigen und früheren Ausführungen des Abg. von Sybel ergeben. Der Abg. von Sybel habe den Mitgliedern der Kommission und besonders ihm persönlich vorgeworfen , daß der Antrag sih gegen den Schulzwang erklärt habe und sih bezügli seiner Person auf eine Ver- sammlung in Cöln berufen, in welcher er sih gegen den Schulzwang ausgesprochen haben solle. Er habe aber in der betreffenden Versammlung überhaupt nicht das Wort ergriffen. Der Konfessionalismus sei das nothwendige Korrelat zum Schulzwange, darum sei er aber noch nicht ein Gegner desselben. Auch ständen die katholischen Bürger in der Sorge um den Schulunterricht ihrer Kinder keiner anderen Religionspartei nah. Der Abg. Petri predige Toleranz, habe dabei aber selbst in Unduldsamkeit das Un- glaubliche geleistet! Man brauhe nur die Kulturkampfreden dieses Abgeordneten naczulesen, um sich davon zu überzeugen.

Druckfehler, wie ihm der Abg. Nöerath vorgeworfen, überhaupt in seiner Rede erwähnt habe.

verstehe, aber sein früherer Ausdruck „Gottesbedürfniß und Gottesvertrauen“ und fides,

Überseßze.

Diskussion die freikonservative Partei verhindert worden sei, ihren Standpunkt zu dieser dauerte der Abg. Wiedmald, den sei, worten.

einer persönlichen Bemerkung

haupt geschlossen.

Persönlich verwahrte sich der Abg. Dr. Vorwurf des Regierungskommissars, daß er seinen in der Kommission zuerst eingenommenen Standpunkt geändert habe. Man dürfe solhe Behauptungen doch nicht auf unzuverlässige und unzusammenhängende FZeitungsberihte über die Kom- missionsverhandlungen gründen. Der Abg. Dr. von Sybel bestritt, daß er den Gneistschen

Gneist gegen den

Er habe auch seinen Glaubens- habe heute nit von seinem der Volksschule zu lehrenden

Er könne zwar niht vom derselbe Latein und Griechisch

standpunkt nicht geändert, er eigenen, sondern von dem in Glaubensbekenntniß gesprochen. Abg. Nöerath verlangen, daß

1 sei nur eine Uebersezung der Worte eor die man gewöhnlih mit „hristlihem Glauben“

Der Abg. Stengel konstatirte, daß dur den Schluß der

Frage darzulegen. Ebenso be- | ild, daß er dadurch verhindert wor- auf die Provokationen des Abg. Rökerath zu ant- Der Abg. Dr. Nötkerath glaubte, daß dies im Rahmen hätte geshehen können. Er ver-

wenig Berechtigung, da unter Mitwirkung desselben ein {lim- merer Fndex hier zu Stande gebracht sei. Die Elbinger Schul- nun mit der Vermehrung der Verkehrsmittel fortgeschritten, | einrihtungen, sage man, seien durch die Regierung in will- kürlihster Weise in ihrer Entwickelung gestört worden, wohin gelange man aber, wenn so die Gemeinde-Autonomie der- auf Gemeinde-Auto-

in Preußen überhaupt Gemeinde-Autonomie? Die Statistik lehre, daß kaum 7 Proz. der Reichstagswähler Elbings die

würden in den Nothstandsdistrikten nicht fehlen. rung werde ihre Aufmerksamkeit darauf richten ,

Theilen schaftlichen Betriebes, dortigen kreises für die Dauer derlei Nothstände dort zu verhüten.

bekenntniß zu fassen, dessen Griehish und Latein man län st vergessen habe, bald verstehe man auch sein Deutsch nit me r.

Der Abg. Dr. Hänel bestritt, daß sein Fraktions enosse Wiedwald im Rahmen einer persönlichen Bemerkung \achlig auf Nökeraths Provokation hätte antworten und das reiche Material, in dessen Besiß derselbe sei, entwickeln können. Und dieses Material werfe auf Röckeraths Ausführungen cin be- deutsames Licht. j

Der Berichterstatter Abg. Graf Clairon d'Haussonville erÉlärte hierauf, daß er nah der eingehenden Diskussion auf das Schlußwort verzichte und nur die Bitte an das Haus zu richten habe, den Antrag des Abg. Dr. Gneist abzulehnen, dagegen den Antrag der Kommission anzunehmen.

Nunmehr schritt das Haus zur Abstimmung über den Antrag des Abg. Dr. Gneist auf Ueberweisung der Petition an die Staatsregierung zur Berücksihtigung. Die Abstim- mung war eine namentlihe und das Resultat derselben die Ablehnung des Antrages mit 245 gegen 147 Stimmen. Von derselben Majorität wurde alsdann der Antrag der Koms- mission, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen, angenommen, worauf sih das Haus um 3!// Ühr vertagte.

M der Deutigen 29) Sibung Des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Jnnern, Graf zu Eulenburg, der Finanz-Minister Bitter, der Minister für Landwirthschaft 2c. Dr. Lucius, der Minister der geist: lichen 2c. Angelegenheiten von Puttkammer und mehrere Kom- missarien beiwohnten, gelangte die Jnterpellation des Abg. Frhrn. v. Huene zur Verlesung. Dieselbe lautet:

1) Welche Resultate haben die amtlihen Ermittelungen über den Umfang des in Oberschlesien eingetretenen Nothstandes ergeben ?

2) Welche Maßregeln hat die Königlich:&Staatsregierung ge- troffen, um dem Nothstande zu begegnen? ®*

3) Beabfichtigt die Königliche Staatsregierung eventuell mit einer Forderung an die Landesvertretung heranzutreten behufs Be- schaffung außerordentlicher Mittel zur Beseitigung des Nothstandes ?

Der Finanz-Minister Bitter ertlärte sich auf Anfrage des Präsidenten zur sofortigen Beantwortung der «Fnterpellation bereit. Der Fnterpellant wies zunächst auf die Unterstüßung hin, welche seine Fnterpellation im Hause bei allen Parteien gefunden habe. Das Volk und das Haus wünsche statt un- vollständiger Zeitungsnachrichten authentische Erklärungen über den Umfang des Nothstandes in Oberschlesien von der Regierung zu haben. Dieser Wunsch habe die erste Frage der Znterpellation diktirt. Die zweite gehe keineswegs aus Mißtrauen gegen die Fürsorge der Staatsregierung hervor, sondern ihre Beantwortung jolle nur zur Beruhigung des Landes dienen. Die dritte Frage solle nur die Bereit- willigkeit des Hauses dokumentiren, für die Linderung des Nothstandes außerordentliche Mittel zu bewilligen.

Der Finanz-Minister Bitter konstatirte, daß der Nothstand sich seit vier Wochen sehr gesteigert habe und 80—85000 Menschen bedrohe. Die Bergwerksbezirke seien von dem eigentlichen Noth- stand verschont, da dort fortwährend lohnende Arbeit vorhanden sei, Ueber Mangel an Feuerungsmaterial werde in den Nothstandsbezirken nicht geklagt, doch behalte die Re- gierung diesen Punkt sorgsam im Auge: Die volle Schärfe des Nothstandes werde sih erst jeßt entwickeln, bisher habe er durch die den Behörden zu Gebote stehenden Mittel bewältigt werden können. Eine Mißernte have den Noth- stand der Bevölkerung, die auch in guten Fahren nur von Kartoffeln und Kraut lebe, verursaht, und zur Milderung desselben müsse die Provinz und der Staat eintreten, da die Kommunalverbände dazu nicht im Stande seien. Außerdem sei die dortige arme Bevölkerung vollständig in den Händen des Wuchers. Geldmittel und im Frühjahr Aushülfen zur Saatfruht und anderen wirth- schaftlihen Angelegenheiten würden unerläßlich sein, und das Haus werde die bezüglichen detaillirten Vorlagen bald nah seinem Wiederzusamment.itt nah Weihnachten erhalten. Bis dahin seien ote erforderlihen Mittel zur Bewältigung des Nothstandes vorhanden, und es werde nicht an der Finanz- verwaltung liegen, wenn sie niht in jedem Augenblicke, wo es erforderlich sein werde, zur Verwendung gelangten. Eine organif{e Verbindung der Provinzial- und Staatsbchörden mit der Privatwohlthätigkeit werde das ermöglichen. Der Staat habe dem Kommunalverbande von Cosel 300 000 /6, dem von Ratibor 400 000 f, dem von Rybnick 150 000 4 unter günstigen Bedin- gungen als Darlehn überwiesen. Dem Ober-Präsidenten seien zum Bau von Vizinalwegen 75000 46 à fonds perdu zur Disposition gestellt worden. Die Steuereinzichung werde mit der nöthigen Milde erfolgen. Der Transport von Lebens- bedürfnissen werde zu ermäßigten Tarifen nach den Nothstandsbezirken geregelt. Dem Landarmenverbande sei der Ersaß der über seine Kräfte hinausgehenden Opfer für den Nothstand Seitens des Staates in Aussicht gestellt worden. Es werde für Arbeitsgelegenheit und so- weit nöthig für unentgeltlihe Gewährung von Lebensbe- dürfnissen, mit Auss{luß von Geldunterstüßungen, gesorgt werden. Die Provinz habe für den Bau von Chausseen 880 000 6 aus ihren Fonds bewilligt und den Kommunal- verbänden in den vom Nothstand bedrohten Kreisen als Dar- [lehn für gleihe Zwecke 11/5 Millionen, darunter 10 Proz. à fonds perdu gegeben. Der Wegebaufonds der Provinz sei um 500000 6 verstärkt und die zur goldenen Hochzeitsfeier Fhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin zu Stiftungszwecken bewilligten 400 000 /4 dem Landarmen- vexbande zur Disposition überwiesen worden. Der Gesund- heitszustand sei bis auf einige sporadische Fälle nicht besorgniß- erregend, und es sei Vorsorge getroffen, daß bei einer eventuellen Epidemie sofort die nöthige Hülfe vorhanden sei. Kartoffeln Die Regie- l dur eine verbesserte Kommunikation jener Distrikte mit den übrigen des Landes und durch Hebung des landwirth- der Bildung und Erwerbsfähigkeit der Bevölkerung sowie durch Erweiterung ihres Arbeits-

Der Abg. Dr. Virchow spra die Erwartung aus, daß

diese leßten Ziele schon bei den demnächst in Aussicht gestellten A berücksichtigt werden würden, und verzichtete deshalb arauf, s war dieser Gegenstand erledigt. Jn dritter Berathung wurden betreffend das Verfahren in Auseinanderseßzungs- Angelegenheiten und betreffend die Feststellung eines Nachtrages zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1879/80 angenommen. :

die

die Besprehung der Jnterpellation zu beantragen.

sodann ohne Debatte unverändert die Gesezentwürfe,

Jn der dritten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend

Der Ausfall desselben Herrn gegen den päpstlichen Jndex habe

zihte, den Abg. von

Sybel bei seinem positiven Glaubens-

Anlage der zweiten Geleise auf der Mosel-

und Saarbahn, sprah der Abg. Berger den Wunsch

aus, daß der Bahnhof in Coblenz mit dem dortigen Hafen in NRerbindung gebracht werde, und bedauerte, daß der Militärfiskus der preußishen Regierung in Bezug auf die Rheinbrücke bei Coblenz sich so wenig ent- gegenkommend gezeigt habe. Der Regierungskommissar erklärte, daß der erste vom Vorredner angeregte Punkt sicch noch im Stadium der technishen und finanziellen Erwägung befinde und daß der Bau einer zweiten Brücke über den Rhein an und für sih nothwendig gewesen sei. Auf eine Anregung des Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) bemerkte der Regierungskommissar, daß die neue Rheinbrücke erheblich höhere Kosten verursaht haben würde, wenn man sie auch für den Fuhrwerksverkehr hätte einrichten wollen. Die Vorlage wurde unverändert angenommen. Die dritte Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Perwendung der verfallenen Kaution für das Gennep - Goch - Weseler Eisenbahnunternehmen, wurde auf Antrag der Abgg. Dr. Windthorst und Frhr. von Minnigerode von der heutigen Tagesordnung abgeseßt. Den Nachweis, betreffend die Verwendung des in dem Etat der Eisenbahnverwaltung pro 1. April 1878/79 unter Tit. 37 der einmaligen und außerordentlichen Ausga- ben vorgesehenen Dispositionsfonds von 900 000 s, erklärte das Haus auf Antrag der Budgetkommission für er- braht. Für die Rechnungen der Kasse der Dber-Rech- nungskammer auf das Etatsjahr 1. April 1877/78 er- theilte das Haus auf Antrag der Nehnungskommission Decharge. Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des Fischereigeseßes für den preußishen Staat.

Die Kommission zur Ausstellung eines Entwurfs des amtlihen Waarenverzeihnisses zum Yolltarif vom 15. Juli 1879 hat ihre Arbeiten vollendet und dem Bundesrath den 416 Seiten umfassenden Entwurf eines solchen Verzeichnisses zur Genchmigung vorgelegt.

Der verantwortliche Redacteur einer Zeitung ist nach dem Reichs-Preßgesey als Verfasser derselben und deshalb rücksichtlih dey durch dieselbe begründeten stra\baren Handlungen als Thäter zu beurtheilen und zu bestrafen, wenn niht durch besondere Umstände die Annahme seiner Thäter- {hast ausgeschlossen wird. Zu diesen die Strafbarkeit als Thäter auss{ließenden besonderen Umständen ist nah einem Erkenntniß des Reichsgerihts, Il. Strafsenats, vom 14. November 1879 nicht zu zählen, wenn der Redacteur wegen Antritts einer Reise sih von den Redaktionsgeschäften selbst dispensirt hat oder si hat dispensiren lassen.

Der General-Lieutenant von Schmeling, Kom- mandant von Danzig, hat sich nach beendetem Urlaub nah Danzig zurückbegeben.

ern. München, 17. Dezember. (Allg. Ztg.) Die E bi ere ntanmes trat heute in die Generaldebatte über den Etat des Justiz-Ministeriums. Der Abg. Schels spra in längerer Rede über die materielle Lage und die Ver- hältnisse der Justizbeamten. Jn der Debatte über „diesen Gegenstand, beziehungsweise die Aufbesserung der Verhältnisse der Justizbeamten, sprachen ferner Herz und „Frankenburger. Rittler erklärte eine solche Aufbesserung“ für wünschens- werth, bei der jeßigen Finanzlage aber für unthunlich. Der Justiz-Minister Dr. von Fäustle erwiderte, daß in der That die Aufbesserung der Richtergehalte nothwendig und eben deswegen hierzu von der Staatsregierung mehrfache Bersuche in der Kammer gemacht worden seien; nur das Resultat dieser Versuche und die Aussichtslosigkeit ihrer Erneuerung in der Kammer habe die Regierung von einer Vorlage zux Auf- besserung der Gehalte abgehalten. Lerzer sprah gegen die- selbe. von Schauß empfahl dem nächsten Landtag eine Auf- besserung zu beschließen. Jn der Spezialdiskussion wurde bei den persönlichen Ausgaben des Justiz-Ministeriums nah Be- fürwortung Seitens des Justiz-Ministers_ und des Abg. Dr. Völk das Postulat für 2 neue Ministerial-Rathsstellen mit 78 gegen 67 Stimmen abgelehnt.

achsen. Dresden, 18. Dezember. D) ie Zw Ar Can mer bewilligte heute die Zuschußkapitel 4 und 5 des Staatshaushalts - Etats, Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden, in der postulirten Höhe und erledigte sodann eine Anzahl Petitionen, von welchen eine Petition des Vereins sädsisher Gemein? ebeamten, um Gleichstellung der Gemeinde- beamten mit den Staatsdienern in Bezug auf die Pensions- verhältnisse, zu einer längeren Debatte Veranlassung gab. Die Kammer ließ die Petition auf sich beruhen.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, Meiningen, 14. Seiler (Magdb. Ztg.) Der Landtag hat zwei Sißungen mit Wahlprüfungen ausgefüllt, aus welchen die Gültigkeit aller Wahlen hervorging, wenn auch für zwei der- selben die Einsendung der Ortswahllisten noh aussteht. Nath der Vercidigung der neu eingetretenen Abgeordneten erfolgte die Bureauwahl. Der Abg. Dr. Runkert wurde mit 15 von 24 Stimmen wiederum zum Präsidenten gewählt. Von elf Abgeordneten is eine Fnterpellation wegen des mit Preußen abgeschlossenen Staatsvertrages betreffs der Eisen- bahn Erfurt-Ritschenhausen eingebraht worden. Um dem Nothstande in den thüringer Waldorten diesseitigen Gebiets zu begegnen, begehrt die Régicrung die Bewilligung von 10 000 6, nahdem die Kreiskasse Hildburghausen bereits 5000 M bewilligt hat. Aus der Mitte des Landtages wird überdies der Bau einer Waldstraßenbahn beantragt, um die beschäfstigungslosen Arbeiter mit Arbeit und Verdienst zu ver- sorgen.

Samburg, 18. Dezember. i ers ban der Sonnt der Bürgerschaft hatte zugehen lassen, {loß mit einem Defizit von 2655 480 s 71 -. Nachdem nun der Budgetausschuß der Bürgerschaft mehrere Wochen eingehend den ganzen Entwurf durchberathen hat, sind allerdings einige Posten aufgefunden worden, welde erspart werden können, indessen ergiebt sich nur cine Ver- mindezung von 16 978 M.

*lsaß - Lothringen. Straßburg, 18. Dezember. W. D) Un Schlusse der gestern Abend zu Ehren des andesaus schusses gegebenen Tafel, an welcher die meisten Mitglieder desselben Theil nahmen, hielt der Statthal- ter Sr. Majestät des Kaisers, General-Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, folgende Ansprache: „Fch kann die Herren des Landetausscbusses, die ih zum ersten Male die Freude hakte, an meiner Tafel zu sehen, nicht \cheiden lassen, ohne ihnen ein herzlices Willkommen zu sagen. Vielen vot

(Wes. Ztg.) Der Budget-*

tagen. Daß Sie das thun, ist eine Bewährung von wahrem Pa- triotismus. Fern sei es von mir, Diejenigea rihten zu wollen, die Elsaß - Lothringen heute den Rücken wenden, ihre Kinder nicht auf heimathlichem Boden erziehen, nicht inmitten der Sitten und Bräuhe des Landes agaufwachsen lassen, oder diejenigen, welche in Groll über die Gestaltung der Dinge sich fern halten von den Berathungen der Kreistage, der Be- zirkstage, des Landetaus\chusses. Aber die Geschichte hat ihr Urtheil gesprochen über die Emigration. Nußen tat Frankreich nit von ihr gehabt, den Lauf der Dinge hat sie nit geändert, und schon Achilles hat sein Schmollen mit dem Tode des Freundes bezahlt und seinen Waffengefährten fh doch wieder anschließen müssen. Ih wünscbe und hoffe, daß ohne solhes Opfer die Kräfte für Elsaß-Lothringen balo wiedergewonnen werden, die sih ihm jeßr entziehen. Sie, meine Herren Mitglieder des Landesauë- \husses, bitte ih, den Yutdruck meiner warmen Anerken- nung des elsaß-lothringishen Patriotismus, den Sie durch Ihr Hierscin bewähren, freundlich aufzunehmen. Und nun erlauben Sie, daß ih von mir selbst und meiner persönlichen Auffassung über unfer Verhältniß spreche. Jch thue dies"mit voller Dffenheit. Denn Sie müssen wissen, wie es in meinem Innern aussieht. Meine Frau war frank, als ih in mein Amt trat. Sie ist mir hierher gefolgt und hat sich von der Anstrengung der Reise nicht mehr erholen Tönnen'; fie int \rüher gestorben, als die Aerzte es erwarteten. Da ist mir aus allen Theilen des Landes und aus allen Städten Theilnahme erwiesen worden, ohne daß ich und meine Frau gekannt waren. Rein menschliches Mitgefühl am Geschick des Nächsten zeigt gesunden Sinn einer Be- völkerung, und die Theilnahme der Clsaß-Lothringer hat mir unendlich wohlgethan. Ernste Kämpfe habe ih in den [eßten Wochen in meinem Innern durchgekämpft. Die Sehnsucht, in meinem Alter mich zurück- zuziehen, das Grab zu pflegen und der Erinnerung allein zu leben, wurde mächtig und N Aber N e: n Aufgabe freiwillig vom Playe zu weichen, entsprähe weder meine

B E R E wäre es im Geiste der Entshlafenen. Jch will mit Gottes Hülfe Herr werden über -diese uamännlihe Sentimentalität, und wie die Dogen von Venedig einstmals sich mit dem Meere ver- mählten, will ih werben um Elsaß-Lothringen und will mit ihm die Anerkennung seiner vollen Selbständigkeit in der Gesetzgebung und in der Verfassung des Reicbes erstreben. Denn Glsaß-Lothringen ist lein offupirtes, kein anneftirtes Land. Es ist nah einem Kriege, der Deutschland aufgedrungen wurde, diesem von Neuem beigesellt, man fönnte sagen revindizirt, und von welch tiefer Bedeutung ist das! Vor 1ausend Jahren wurde dieses Land auch erst nach blutigen Kämpfen dem Deutschen Reiche zugesprochen, und von da an stieg dieses mehr und mehr und wurde die erste weltliche Macht. Als es dann von dieser Weltstellung herabsank und die Centralgewalt zu s{chwach geworden war, um die Grenzen des Reiches mit den Waffen zu behaupten, verlor es einen Theil derselben, und zuleyt kam felbst Straßburg und mir s{neidet es in das Herz, diese alte deutsche freie MReichs\tadt noch) nicht in dem Landesaus\chusse vertreten zu schen kam {selbft Straßburg an Frankreich. Und jeßt, beim Wiedererstehen des Deutschen Reiches, ist Elsaß-Lothringea ihm wiedec zugesprohen. Ic sehe hierin ein glückliches Omen für Deutschlands Zukunft. Daß diese Wieder- vereinigung abermals im Verfolge großer Feldsblachten gesehen, bringt der Gang der Weltgestbichte mit sich. Denn darin beruht ja die Poesie bei unserm vielfah eintönigen Soldatenleben, daß wir es wissen, wie von uns die Entscheidung der Schlachten abhängt und von dieser Entscheidung wieder das Geschick der Völkec. Diesem Geschicke war nun auch Elsaß-Lothringen verfallen, aber von dem Augenblicke an treten seine alten deutshen Landesrechte wieder ins Leben. Nie hat cs diese verwinkt Nicht freiwillig war es zu Frankreich getreten, die Schwäche des Reiches hatte das herbeigeführt. Gleichberehtigt mit allen Ländern, die das Reich bilden, hat es inmitten derselben seinen Plat wieder einzunehmen; do, wie bei allen Staaten- und Machtveränderungen, die den zunächst davon n nicht nur in materieller Beziehung, sondern vor allem n Den Gefühlsleben Shweres auferlegea, so befindet sich auc Eljaß-Lothringen in solcher Uebergangs8periode. Da wollen wir ehr- lich und offen znsammenhalten, tas Schwere uns gegenseitig tragen helfen und vereint dahin streben, durch weises Maßhalken und richtige Erkenntniß der Verhä!tnisse diese Uebergangsperiode selbst abzu- kürzen. Habe ich das erreiht, dann spreche ih mir die Berechtigung zu, das liebe Grab zu xflegen und der Erinñerung zu leben, Dis dahin aber rufe ih bell und laut in das Deutsche Reich hinein: „Elsaß-Lothringen hoch!“

Betroffenen

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18, Dezember. (W. T. B.) Die Ansprache des Delegations-Präsidenten von Schmerling an den Kaiser giebt der tiefsten Ehrfurcht und treuesten Ergebenheit für den Kaiser, sowie den ehrfurchts- vollen Glückwünschen der Delegation anläßlih des im Früh- jahr gefeierten Jubelfestes Ausdruck und fährt dann fort: Die Aufgabe der Delegation sei eine bedeutende, denn die Dele- gation solle die Anforderungen prüfen, welche für die Vetretung Oesterreihs auf dem völkerrechtlichen Gebete und für die Heeresmacht zur Wahrung der Sicherheit und Fntegrität des Reichs gestellt würden. Die Aufgabe sei aber auch eine s{wie- rige, weil auch die finanziellen Hülfsquellen und die Leistungs- fähigkeit der Bürger in sorgfältige Erwägung zu ziehen seien. Dieje Bedenken dürften und würden die Delegation indeß nicht abhalten, mit aller Kraft an ihre Mission zu, gehen, die Delegation könne vorausseßen, ‘daß auch die Regierung beî den Vorlagen den Zeitverhältnissen in jeder Richtung Rech- nung getragen habe und daß dadurch eine Uebereinstimmung ihrer Postulate mit den gerehten Erwartungen der Dele- gation herbeigeführt werde. Mit dieser Hoffnung dürfe die Delegation einer gedeihlichen Lösung der s{chwebenden Fragen entgegenschen. Die Ansprache chließt mit der Bitte um die Gnade und das Vertrauen des Kaisers. :

Die Aniwort des Kaisers auf die Ansprache der beiden Präsidenten der Delegationen lautet:

„Ich danke Ihnen für die Versichc-rungen treuer Hingebung, welche Sie Mir soeben ausgesprochen haben und die Mich stets mit gleicher Freude und Genugthuung erfüllen. Nicht minder herzlih danke Ich für die Erinnerung an die jährige Geier Meiner Ver- mählung, welhe Mir und der Kaiserin und Königin so Unvergeye und rührende Beweise der Liebe und Anhänglichkeit alier Meiner treuen Völker gebracht hat. Es gereiht Mir zur Befriedigung, Ihnen auch diesmal sagen zu können, daß die Beziehungen der Monarchie zu allen auswärtigen Mächten fortdauernd die freundschaftlichsten sind. Ich hoff-, daß die Segnungen des Friedens Meinen Bölkern ungetrübt erhalten bleiben werden. Das innige Einvernehmen zu dem Deutschen Kaiserreiche bietet Mir eine verstärkte Bürgschaft dafür, daß jene allgemeine Beruhigung eintreten werde, welche der friedlihen Arbeit ihre volle Entfaltung sichert. Wenn au, die Nachwirkungen des Krieges in den Gebieten des türkischen Reiches noch nicht behoben sind, darf doc erwarlet werden, daß die fon- sequente Durchführung des Berliner Vertrages auch auf der Balkanbhalbinsel den vollen Frieden und in seinem ege bessere Zustände brin-en wird. Meine Regierung hat mit Grnît und Sorgfalt die Aufgabe verfolgt, den durch Vernas lâssizung und tie Wirren von Jahrhunderten {wer geprüften Ländern Boßs- nien und Herzegowina die Wohlthaten der Ordnung, Sicherheit und KulturZuzuwenden. Bei dem fortschreitenden Erfolge dieses Friedent- werkes und nachdem in Ausführung des Berliner Vertrages, im voll- sten Einvernehmen mit Sr. Majeität dem Sultan, die Besepung einiger Garnisonpunkte im Sandschak Novibazar, Dank der muster-

hasten Führung und Haltung Meiner Truppen, friedlich erfolgt

Ihnen mag es shwer geworden sein und noch s{werer werden, unter den gegebenen Verhältnissen und den gegebenen Bedingungen hier zn

ift, konute Ih schon im Laufe des Jahres und jüngst abermals

des Truppenstandes in jenéi Läus dern eintreten lassen. Es ist dadurch möglich geworden, bie Ausgaben für die Okkupation in namhafter Weise - herab- zuseßen. Was Ich im vorigen Jahre als anzustrebendes Ziel bezeichnete, daß die Verwaltung von Bosnien und der Herze- gowina aus dena Mitteln dieser Länder bestritten werden könne, geht bereits in diesem Jahre seiner Berwirklihung entgegen. Die Ordnung in der Verwaltung und die Sicherheit in den Rehts- verhältnissen werden die reihen Hülfsquellen dieser Länder in zu- nehmendem Maße erschließen. Aus den Vorlagen, welche Ihnen Meine Regierung zur verfassungëmäßigen Behandlung übergeben hat, werden Sie entnehmen, daß dieselbe der Finanzlage der Monarchie volleRücksiht getragen und alle Anforderungen aut ge\chlofsen hat, welche nicht durch die Mir und Jhnen gleih theueren Interessen der Monarchie und durch die Stellung, welche sie unter den anderen Mächten einnimmt, unabweislih geboten erscheinen. Ihr erprobter Patriotismus, Ihre bewährte Cinsicht werden Sie in der Erfüllung Ibrer verfassung®- mäßigen A as Fch vertraue darauf und heiße Sie auf das Herzlichste willkommen.“ i

as Da das Herrenhaus auf seinem Beschlusse be- treffs des Wehrgeseßes einstimmig beharrte, wurden in beiden Häusern Aus gleihskommissionen gewählt, welche morgen zusammentreten. . j | Der „Polit. Corresp.“ wird aus Bukarest gemeldet, der neu ernannte Gesandte Ftaliens sei am 16. d. da- felbst eingetroffen und as dem Fürsten heute sein Beglau- bigungsschreiben überreichen. : :

E 2 T Dezember. Die heutigen Morgenblätter äußern sih auf das Besriedigteste über die Antwort. des Kaisers auf die Ansprache des Delegations-Präsidenten. Dieselben erblicken in der vom Throne herab gegebenen Er- flärung, „daß die Beziehungen zu allen Mächten die freund- \chaftlichsten“, und in der besonderen Betonung des innigen Einvernchmens mit Deutschland die sicherste Friedens- und Zukunftsbürgschaft. Ebenso konstatirendie Blätter einmüthig den günstigen Eindruck der Kaiserlichen Antwort auf die Delega- tion3mitglieder. Auch die ungarischen Blätier äußern sih im gleichen Sinne. Der „Pesti Naplo“ sagt, die Betonung der innigen Beziehungen zu Deutschland erhebe die Thronrede zu einem politischen Ereigniß.

Schweiz. Vern, 17. Dezember. (Bund.) Der Stände- rath hat gestern das Geseß, betreffend die Ankündigung und den Vertrieb von sogenannten Geheimmitteln, Patent- medizinen und Spezialitêten, mit 19 gegen 15 Stimmen an- genommen. Der Geseßentwurf, betreffend die civilrehtlihen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter, is an den Bundesrath zurückverwiesen worden, damit dieser die Ange- legenheit zur geeigneten Zeit wieder vorlege. Der National- rath trat diesem Beschlusse mit großer Mehrheit bei. Der Ständerath ertheilte ferner u. a. einem Verfassungs8geseß des Kantons Uri über die Wiedereinführung der Todesstrafe die bundesgemäße Garantie und stimmte {hließlich dem Beschluß des Nationalraths bei, daß eine außerordentliche Session der Bundesversammlung im nächsten Frühjahr nicht stattfin-

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E (N. Zür. Ztg.) Jm Nationalrath begründeten heute Philippin und Frei ihre Fnterpellation wegen der Stabio- Angelegenheit. Der Bundes-Präsident Hammer ant- wortete: das politishe Departement habe im Einverständniß mit dem Bundesrath offiziós bei den maßgebenden Persönlich- feiten beider Parteien im Jnteresse der Beruhigung Schritte wegen der Amnestie gethan. Die Hoffnung auf einen günsti- gen Erfolg sei indessen nicht groß, da beide Parteien cine ab- lehnende Haltung beobachten.

Großbritannien und Jrlaud. London, 17. De- zember. (Allg. Corr.) Jn dem am Montag auf _Swloß Windsor unter dem Vorsige Fhrer Majestät der Königin abgehaltenen Conseil wurde die Einberufung des Par- laments für Donnerstag, den 5. Februar 1880, beschlossen. Die diesbezügliche, in der „London Gazette“ veröffentlichte Proklamation der Königin besagt, daß sh das Parlament am gedahten Tage zur Erledigung „verschiedener dringlicher und wichtiger Angelegenheiten“ versammeln soll. Das Kir- chenparlament soll am 6. Februar zusammentreten. :

Die Liberalen haben der konservativen Partei einen Siy im Unterhause entrissen. Bei der gestern statt- gehabten Wahl für die irische Grafschaft Donegal wurde der von der liberalen Partci aufgestellte Kandidat, Mr. Lea, an Stelle des verstorbenen Konservativen Wilson, mit 2313 Stimmen zum Mitgliede gewählt. Auf den konservativen Kandidaten, Mr. M'Corkell, entfielen nur 1630 Stimmen. Mr Lea genoß die Unterstüßung der Homerulers. :

Die Dubliner „Evening Mail“ dementirt die von den meisten Londoner Morgenblättern unlängst gebrachte Mittheilung, daß die Regierung beschlossen habe, die gegen die irischen E eingelcitete Kriminal-

zedur niederzuschlagen. i i 4 " Times“ ‘hat längere Berichte aus Kabul er- halten über den agen Angriff, dem die englische Armee

8gese ewesen 1j: : N Cu A \&on seit längerer Zeit, daß er wahr- \cheinlib Zusammenrotitungen von Mißvergnüzten werde gegen eere treten müssen. Eine von diesen hat ihren ersten Kern in A Nähe ron (Fhuzni und gewann durch die Predigten fanatischer Mollahs feste Gestalt bei Maidan; eine andere Zusammenrottung fand in Kohistan, eine dritte in Zaimukht statt, endlich noch eine in „ae Da dieselben gefährlich zu werden droht-n, so Leshloß General Rober:s dagegen aufzutreten. Er sandte demnach _am 9, Dezember Eeneral Baker mit vier L, fünf Zügen Punjab-Kavallerie, 450 Mann vom 92, Hocblän “p und 450 Mann vom 5. Punjab-Jnfanterie-Regiment ab, die ü er Charasiab und über den Kabulfluß den Zujammenrottungen bei Maidan in den Rückten kommen sollten, während General Ss mit zwei Schwadronen Ulanen, vier Geschützen, einer Gebirgs! atterie, dem 67. Infanterie-Regiment, 900 Mann rom 3. Sihks Regimeai und dem d. Gurkha-Negiment auf der Straße nah Ghuzni vorrüen sollte, um eine Verbindung ¿wiscen den „ZusammenroLnnien e Ghuzni und Kohifian zu verhindern. Am 10. Dezember ae a Macpherson mit leichter Mühe die Aufständischen aus L 4 rascher herangerüct waren, als die von Gduzni. Genera S ; der nun auch bei dem Corps von Macpherson si einfand, A ibm, am andern Tage auf Urghundah auf der Straße nach O weiter vorzurücken, während General Mafsy mit einiger Kavallerie und f re- tillerie auf dem Wege durch das Thal mit ihm zusammen operiren sollte. General Massy ging auf einem s{wierigen Terrain mit zu großem Bertrauen vor, traf unerwartet auf die Aufftändischen von Ghuzni und anstatt sich vorsichtig zurückzuziehen, verwickelte_ er sich in a Gefecht mit ihneo. Zweimal versuchte er durch Kavallerieangri E seine Gebirgsgeshüße zu befreien. _Es gelang nicht, und er mußte dieselben in den Händen des Felndes lassen und sich zurüdziehen. Einige Offizicre vom Hauptkcorps sammelten die Kavallerie und nahmen die Geschütze wieder, welche der Feind nicht hatte fortbewegen können. Die Aufständischen waren inzwischen auf dem Wege über Detimozmag

beträhtlihe Verminderungen

K il ätten die Stadt vor den Engländern er- auf Kabul vorgerückt und hätten die Stadt i glän! ' reicht, wenn nicht General Roberts die Vorsicht gehabt hätte das