1924 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Jan 1924 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

Preußisher Landiag. : 994. Sißung vom 26. Januar 1924, Vormittags 11 Uhr. Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Die Aussprache über die Erwerbs8losenfürsorge usw. wird fortgeseßt.

Abg. La dendorff (Wirt. Part.) bezeihnet die Notlage als Folge des Irrwahns vom 9. November 1918. (Unruhe b. d. Soz.) Die Substanz des DAEbE ues stelle heute nur noch den vierten Teil des irüheren Wertes dar Es leien angemessene Goldmieten festzusetzen. Dem Hausbesizer müsse ein solcher Anteil am Hausbesiy gelassen werden, daß er eine Neparaturbypothef aufnehmen könne. Alle bis- herigen Maßnahmen auf dem Gebiet des gemeinnüßgigen Bauwesens seien zujammengebrohen. (Widerspruh links) Preußische Höchst- mietenverordnung wie Reichemietengeïeß bätten verjagt, ebenso das Mieter1hutzgeiez, unter dessen Schuß Ausländer für ein paar Bettelpiennige bei uns wohnten. Die Zwangewirt\cha|t habe ungeheure Steuerauéfälle, Unterbindung jeder geregelten Bautätigkeit und Schaffung eines Verwaltungsapparates zur Folge gebabt, der in seiner Stärke nahezu die des früher von den Soizial- demokraten io verpönten Heeres erreiht habe. (Heiterkeit rechta.) Das alles einem Phantom zuliebe! Noch nie sei das Volk jo be- logen und betrogen worden, wie durch die Verhe!ßungen der Sozial- demofkratie. Nur die Aufhebung der Zwangswirtschaft könne zur Gefundung führen. Habe. das Baugewerbe erft wieder Beschäitigung, so lebe die ganze Wirt\cha\t wieder auf. Es sei doch geradezu eine „Verzauberung des Verstandes“, wenn Millionen auf der einen Seite nah neuen Wohnungen \chreien und andererseits Tausende von Baubandwerkern erwerbslos seien. Die endlihe Wiedereintührung des Leistungésprinzips, die Wiederßerstellung der Achtung vor dem Privateigentum, das in der Verfassung gewährleistet sei, müsse Xommen, um aus der Not herauézuführen.

Minister für Volfkswohlkfahrt Hirtsiefer: Meine fehr ver- ebrten Damen und Herren! Zu meinem Bedauern konnte ich gestern niht von Anfang an den Verhandlungen beiwohnen, da ih einer anderen wichtigen Sitzung beiwohnen mußte. Ih habe mir daher zunächst über die ersten Redner gestern Bericht geben lassen, hoffe aber, auf die wesentlihsten Einwände ebenfalls eingehen zu können.

Durch den Urantrag der Herren Limbery und Genossen werden mehrere Probleme angeschnitten, die in der gegenwärtigen Zeit jür uns alle von ganz außerordentlih großer Bedeutung sind. Natur- gemäß steht das Erwerbslosenproblem zurzeit im Vordergrund des Interesses. JIch fkann da zunächst als immerhin er, freulih feststellen, daß die Zahl der Erwerbslosen sowohl wie auch die der Kurzarbeiter in der leßten Woche wiederum nicht unerheblich zurückgegangen ist. Im unbeseßten Gebiet if die Zahl der Vollerwerbéloseu um rund 20000 zurückgegangen, die der Kurzarbeiter um 46 000, und im beietzten Gebiet die Zahl der Voll- erwerbëlosen um rund 60 000, die der Kurzarbeiter um 25 000, so daß immerhin ein Rückgang der Erwerbslosen in der leyten Woche um 80 000 und der Kurzarbeiter um 70 000 stattgefunden hat. Ste werden mit mir darin übereinstimmen, daß das immerhin ein erfreuliches Besserungszeichen für unsere Wirtschaft ist.

Die Erwerbslosenfürsorge ist, wie ih bereits sagte, ein ganz außeror dentlich wichtiges Problem der Gegenwart. Es bietet große Schwierigkeiten, besonders auf finanziellem Gebiet. Sie wissen, daß es niht nur dem Staat an Geld gevricht, sondern auch der Privat- wirtschaft, daß die Umsiellung von der Papiermarkwirtschaft auf die Stockungen im Wirtiastéleben zue Folge” haben” mu fe. tagt aber hofsen, gemeinsam dieser großen Schwierigkeiten Herr zu werden. Das Wohlfahrtsministerium ist bereits im leßten Jahre, und ih darf wob! sagen, mit Erfolg, bemüht gewesen, den unzureihenden Staats- mitteln in mögli{st großem Umfange private Mittel hinzuzufügen. Es ist uns besonders gelungen, für Talsperren, für Bodenverbesse- rungégenossensca|ten, für Oedlandkultur in großem Umfange, so weit es sih um Anlagen handelte, die |später rentierlih werden, Privat- Xapital und dadurch im großen Umfange Arbeitsgelegenheit zu be- schaffen. Das is natürlih zurzeit wegen der Geldknapvheit und Versteifung {wer ; wir hoffen aber, daß auch hier in den nächsten Wochen und Monaten si wieder eine Milderung, eine Erleichterung vollziehen wird und daß es uns doch wieder möglich sein wird, im größeren Umfange private Mittel für Notstandsarbeiten los zu machen.

Daß die Erwerbslosensäte zurzeit zu niedrig sind, ist auch uns durchaus bekannt. Ich muß dabei nur leider fagen, daß wir bei der Festiezung diefer Säße nicht gehört worden find (Hört, hört! bei der Ver. Soz -Dem. P.), und daß wir poemeinsam mit den anderen Ländern dauernd bemüht sind, eine Erhöhung der Erwerbskosensätze herbeizuführen, foweit es sich mit den Neichs- und Staatsfinanzen irgendwie vereinbaren läßt. (Zuruf bei der Ver. Soz -Dem. P.: Ift aber notwendig!) Gewiß ift es notwendig. Aber troy alledem wissen Sie auch, verehrte Kollegen, daß da, wo nichts ist, früher der Kaiser und heute auch der Präsident sein Recht verloren hat. Es muß irgend woher beschafft werden. Es ist \{hwierig, es zu beshaffen. Wir hoffen aber troydem, daß es möglich fein wird. Ich kann Ihnen allerdings mitteilen, daß bereits in den legten Tagen wieter eine nicht unerhebliche Besserung einge- Îreten ift, daß insbesondere bei denjenigen Erwerbslosen, die zu Ar- beiten herangezogen werden, der Betrag von 40 auf 50 % erhöht werden fonnte und auch bereits bei einer geringeren Ueberstundenzahl dieje Erhöhung eintritt, so daß immerhin eine nicht unerbebliche Verbesserung eingetreten ist, und ih kann Shnen die Versicherung geben, daß wir weiter bemüht bleiben werden, auch in Zukunft das Los der Erwerbélosen, soweit es irgendwie in den Kräften des Staates steht, zu lindern.

Auf der anderen Seite muß seitens der Aufsichtébebörde der miß- bräuá lichen Venut ung der Erwerbslosenfürsorge dur Erwerbslose durch Gemeinden und durch Staatsbehörden möglichst ein Riegel vor- geschoben werden. Bezüglich der Erwerbs!osen begrüßen wir ins- besondere die Selbsikontrolle, die teilweise von den Erwerbslosen ein- ge1ihtet ist, damit nicht Unberehtigte Erwerbélojenunterstüßung be- kommen. Wir fommen aber mit dieser Selbsikontrolle der Erwerbs- Iosen allein nicht aus, sondern sind darüber hinaus in den leyten M onaten bemüht gewesen, anch durch staatliche Kontrolleure dafür zu sorgen baß, um den wirkli Berechtigten merklile und ausreihente Unterstühzungssäßze zu geben, eine möglichst scharfe Kontrolle nah der Richtung hin ausgeübt wird, daß Unberechtigte auch vom Bezuge der Erwe1bslosenunterstüßung ansgeshlossen werden. Jch denke, daß Sie damit durchaus einverstanden sein werden, weil es sonst bei der

*) Mit Ausnahme der dur Sperrdbruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben find.

\{chwierigen Finanzlage des Staates auf andere Weise ükerhaupt nicht

möglich ist, dem entgegenzutreten. : Natürlich ist auch die mißbräuchlihe Benußung durch) Gemeinden

und Erwerbélose tehr sharf zu bekämpfen. Wir sind auch dort bestrebt Ausnuzungen unberechligter Art entgegenzulreten. Ich darf teitens der Gemeinden an das Austragen der Steuerkarten, an Straßen- reinigungéarbeiten erinnern, die nicht immer mit den Bestimmungen in Einklavg zu bringen waren, und darf weiter auf Unternehmer hin- weisen, die durch die billigen Erwerbslolenarbeitea sich Vorteile zu verschaffen trateten, denen wir nah Viöglichkeit entgegengetreten sind. Wo sich detartige Mißstände zeigen, sind wir auch in Zukunst bestrebt, ihnen entgegenzutreten.

Der Herr Abg. Lüdemann hat mit Necht hervorgehoben, daß die beste Bekämpfung der Erwerbslosigkeit die Beschaffung von Arbeit sei. Jch habe Ihnen eben bereits gesagt, wie wir insbeiondere auf dem Gebiete der Oedlandkultur, der Bodenverbesserung bestrebt ge- wesen sind, den staatlihen Mitteln private Mittel hinzuzufügen. Jch gebe aber zu, mit Melioratiouen allein wird die große Zahl unserer Arbeitélosen nicht beshättigt werden können, sondern eins muß vor allen Dingen wieder in Gang kommen, und das ist unser Wohnungsbau. Wenn die Dinge jo einjach wären, wie sie von verschiedenen Rednern

in der Aussprache dargestellt worden sind, dann würden die Dinge niht so s{hwierig liegen, wie sie tatsächlih liegen. Wir sind doch immerhin zu der Feststellung“ be-

rechtigt, daß das, was vom Zufammenbruch der Wohnungéwitt- schaît durch die Zwangswirt|hatit hier geredet wird, absolut nicht zutrifft. (Sehr gut! bei der Ver. Soz.-Dem. P.) Ich will mir gestatten, dafür einige Zahlen anzutühren. Sie wissen ja, daß nach der Richtung hin immer Zahlen am besten beweisen. Wit haben im Jahre 1922 ungefähr 74 000 Wohnungen fertiggestellt, und ungefähr 65 000 Wohnungen waren am Schluß des Jahres noch im Bau be- griffen. (Hört, hört! bei der Ver. Soz.-Dem. P.) Die Zahlen sind in dem Jahre 1923 troy der besonders shwierigen Verhältnisse, die dieses Jahr auswies, ungefähr die gleichen geblieben, wenigstens was die Fertigstelung von Wohnungen anbelangt. Wir haben im Jahre 1923 72 000 Wohnungen fertiggestellt, und nur die Zahl der nicht tertiggestellten Wohnungen ist nicht so groß, nämlih ungefähr nur die Hälite, 32000. Das sind natúrlich ungünstigere Aussichten für die Wohnungswirtschaft des Jahres 1924.

Wie müssen wir aber nun versuchen, auf einer anderen Grund- lage aufzubauen? Von einem Zusammenbruch der Wohnungêwiit- shaft durch die Zwangswirtschaft können wirklich nur Interessenten reden (sehr wahr! bei der V. Soz. P.), die ein besonderes Interesse daran haben, daß gewisse Dinge, die jezt auf eine andere Art und Weise bewerkstelligt werden, wieder in ihrem Sinne erledigt werden sollen. (Sehr richtig !) Auf eine andere Art und Weise kann wirklich von einem Zusammenbruch der Wohnungswirtscha\st nicht die Nee sein.

Jch darf noch kurz hinzufügen, daß bei der Oedlandkultivierung sich besonders erjchwerend die Beschaffung von Krediten bemerkbar macht, weil diese Kredite naturgemäß auf lange Sicht gegeben werden müssen, die Oedlandkultivierung sih aber nit sofort und auch noch nicht nach dem ersten Jahre rentiert. Deshalb müssen die Mittel, die dafür aufgewendet werden, zunächst auf lange Sicht gegeben werden, und zurzeit ist es ganz ungeheuer s{chwer, solche Kredite zu

fommen. Wir find nun im vorigen Jahr und au hon zur Zeit hefoqunen, eir IWasTt benirevr gewesen, wertbe1ländige Kredite auf

möglichst lange Sicht hinaus zu bekommen, aber auf diese Art und Weise ist es bisher nicht möglich gewejen.

Wenn ih dann zum Wohnungébau zurückehren darf, so möchte ih mich zunähst gegen die Behauptung des Herrn Abg. Latendorff wenden, daß die gemeinnühßig erstellten Wohnungen unter dem sozialen Dru schon nah zwei Jahren zusammengebrochen feien. (Abg. Ladendorff : Sehr richtig!)) Es wäre mir sehr wertvoll, Herr Kollege Ladendorff, wenn Sie mir einmal Häuser nennen würden, die gemeinnüyig erslelt und nach zwei Jahren zusammengebrochen sind. (Abg. Ladendorf: Sehr gern, Herr Minister!) Ich gebe Jhnen die Versicherung, daß uns bisher solhe Fälle nicht bekannt geworden sind, und wahrsceinlich werden wir alle zusammen nicht so lange leben, bis diese Bauten zusammenbrechen. Ich möchte Jhnen da einige Bespiele anführen. Aehnliche Zustände, wie wir sie in den leßten Jahren hatten, hatten wir auch nach dem Kriege von 70/71. Damals wurdeu in meiner Vaterstadt Essen von der Firma Krupp sogenannie Sclweizerhäu}er, wie sie im Volksmunde genannt wurden, gebaut. Wer sich mit Wohnungsbau beschäftigt hat, wird die Verhandlungen kennen. Der Schälerhof und der Nordhof in Essen wurden damals für vorübergehende Venußung gebaut, und sie stehen heute noch, und sie werden wahriheinlich noch 100 Jahre stehen. Wenn Sie sich diese Bauten einmal ansehen, Herr Ladendorff und wenn Sie dazu Gelegenheit haben, so bitte ich Sie darum —, dann werden Sie zugeben, daß diese Bauten noch viel leichter ge- baut sind als irgendwelhe anderen Bauten, die in den leyten Jahren gemeinnützig erstellt worden sind. (Zuruf rechts.) Diese Häuser verursachen die Koften an Miete wie andere Wohnungen auch! Herr Kollege, ih möchte Sie doch bitten, niht mit sollen Vebertreibungen zu arbeiten. (Sehr richtig!) Mit solchen Ueber, treibungen ist wirklich der Sace in keiner Weise gedient. Es muß uns doch, meine ih, leyten Endes darauf ankommen, die Dinge sachlich weiter zu bringen; das muß unjere Aufgabe sein. Deshalb bedauere ih es auch außerordentlich, daß der Herr Abg. Meyer gestern mit apodiktisher Schärfe den Saß aufgestellt hat, daß die Wohnungs- zwangéwirtschaft die private Bautätigkeit erstickt habe. (Abg. Laden- dorf : Sehr richtig!) Damit, daß Sie sagen: sehr richtig, ist noch fein Beweis erbracht.

Wenn ich kurz die Frage aufwerfen darf, wie wir denn im Frieden Wohnungen gebaut haben, so wird jeder zugeben müssen, daß für jedes Haus, das gebaut wurde, die Hälfte der Baukosten als erste Hypothek gegeben rourde und dazu meistens noch eine zweite Hypothek von 30- bis 40 000 Mark hinzukam. Nun frage ih, wo in den lezten fünf Jahren und wo gegenwärtig Hypotheken zu bekommen sein sollten. (Sehr richtig!) Das sokl mir einmal jemand sagen. Wir haben nach unseren FVesistelungen in den lehten Jahren rund 300 000 Wohnungen gebaut. Wenn ih die Baukosten nach den Friedenépreisen berechne, dann würden sie vielleicht mit 7, bis 8000 Æ pro Wohnung anzuschlagen sein. Woher wollen Sie allein diese ersisteligen Hypotheken für diese 300000 Wohnungen, die in deu leßten fünf Jahren unter der Zwangswirt- schaft gemeinnüpig erbaut worden sind, hernehmen? Kein Mensch hat in den leßten fünf Jahren daran gedacht auch niemand von

übel —, Geld auf Hypotheken auszugeben. Das ift so au®gesdToNe wie irgend etwas. Jn diefer Lage sind wir aber auch beute ey wenn wir auch hoffen, daß, wenn uns die Stabilisierung elingen sollte, wir auch wieder Kapitalien, wenn au nur in geringem ne fange, auf Hypotheken anwachjen lassen vnd in den nächsten Monaten oder Jahren wiederbekommen werden. Dann wird jedermann inkb daß ein einigermaßen ausreidzendes Bauprozrawmm für 1924 obne öffentlihe Zuihüsse überhaupt niht durchzuführen ist (Sehr rihtig! Abg. Ladendorff: Weil die Zwangéwirtschaft besteht Nein, nit weil die Zwangswitrtichaft besteht, Herr Abgeordnetey Ladendorff, sondern umgekehrt! (Sehr richtig! links.) Zq dar Ihnen dajür ein Rechenexempel aufmachen. Untere Baukosten waren im Verhältnis zu den Friedensbaukosten hinaufgeshnellt wie 3:1: das werden Sie bestätigen. (Sehr richtig!) Sie sind in den leßten Wochen auf Grund der allgemeinen Preitentwicklung vieiteilht her, | untergegangen auf 1,5 oder 1,6 : 1, vielleicht noh etwas mehr. Nun müssen Sie aber doch damit renen, daß jeyt eine Wohnung die früher 20000 A gekostet hat zum mindesten annähernd 30 000 4 fostet. (Lebhaste Zurufe bei der D. Vp.) Nein, das ist niht richtig! Sehen Sie sih, bitte, die Statistit an! Die niedrigen Löhne haben sich in den Baustosfen. noch nicht so ausgewirkt, daß deswegen die geringsten Abschläge gee macht werden könnten, Die Baukosten stellen fich gegenüber dey Friedensbaufosten also immer noch wie 1,5 : 1, und mit einer der: ariigen Verteuerung müssen Sie unter allen Umständen renen, (Sehr richtig! links.) Wir hoffen, daß das keine dauernde Teuerung sein wird; es ist aber vorläufig noch eine sehr vage Hoffnung, uny: es fann fein Mensch voraussagen, ob sie eintreffen wird. Nun fkönner Sie doch niemand zumuten, daß er in der gegenwärtigen Zeit def derartigen erhöhten Baukosten und bei dem Fehlen jeglichen Real! fredits irgendwie eine Wohnung erstellt. Was das mit de Zwangswirtschaft für alte Wohnungen zu tun hat, Herr Kollege: Ladendo1ff, ift mir unerfindlih. (Sehr richtig! Uinks). Das hängt damit niht zusammen, auch wenn in den alten Wohnungen dig! Wirtschaft absolut frei. wäre, würde doch damit noch fein Realkredit geschaffen sein. (Zurufe bei der D. Volksp.) Es wirk bestritten, daß so viel Geld vorhanden ist. (Wider)pruh bei der D. Volksp.) Daun bedauere ich, daß die Hypothekenbanken das Gelz den Leuten niht zur Verfügung stellen. (Sehr richtig! links.) sind außerordentlih viele Leute da, die bauen wollen, wenn ihnen nur das Geld zur Verfügung gestellt würde. (Sehr richtig! links. —, Zurufe bei der D. Volköp.) An den Sparkassen liegt es gewiß nicht; sie würden zweifellos in der gegenwärtigen Zeit gern einen Teil ihrer Spareinlagen für weitbeständige Anleihen abgeben; si haben aber kein Geld. Wenn Sie die allgemeine Verkuappung auf dem Geldmarkt bestreiten wollen, dann scheinen Sie, Herr Kollege“ Ladendorff, die Verhältnisse do nicht richtig zu beachten.

Es kommt aber hinzu, daß wir an sich nicht in der Lage sind, die Friedentmieten ohne weiteres wieder zu bezahlen. Denn tas einzige, was wir doh s{ließlich unseren Beamten, Angestellten und Arbeitern noch an plus bieten können, heute, wo die Beamtengehältet zum Teil kaum die Hälste dessen ausmachen, was sie im Fuieden be trugen, ist die Miete. (Sehr richtig! links. Abg. Ladendorff: Abet die Miete ist nur /z der Friedensmiete!)) Nach den neuerlichen Festiegungen ; darauf lommt es aber niht an. Sie haben behaupteh die Armut könnte nur durxch die Auihebung der Zwangéwirt|chask beseitigt werden. Sie sind sich do klar darüber: in dem Augen haben Sie zum mindesten die Friedenémiete wieder. (Sehr rihtig links.)

Ich gehe aber noch weiter. Sie haben auch die große Vo hauptung aufgestellt, Herr Kollege Ladendoff, daß durch die Zwangþ wirtschaft dem Staate ungeheure Summen Steuern verloren ginge Ih darf Ihnen darauf sagen, daß die gegenwärtige Grundlage det Staat1s- und Gemeindefinanzen die Grundsteuer ist, die überhaupk niht möglih wäre, wenn wir keine Zwangswirtschaft hätten. (Se) richtig! links.) Fragen Sie einmal die großen Gemeinden, wie diess gegenwärtig ihre Finanzen auh nur irgendwie balanzieren wollen oh die Grundsteuer! Das ist absolut undenkbar. Wie aber soll diess Grundsteuer aufgebracht werden ohne die Zwangswirtschast, dann müßten Sie ja immer über die Friedenemiete hinautge dann müßten wir bei halbem Einfommen mehr als die Friedenémiett haben, und wie das von den breiten Massen der Bevölkerung getragek werden soll, werden Sie mir “au nichi plausibel machen, Herl Ladendorff. (Zuruf des Abg. Ladendorff.) Sie haben durchaus dat Necht dazu, rechnen Sie es bitte aus. (Große Heiterkeit lints.) Ei haben in so vielen Kommunen Ihre Vertreter sißen, daß Ihnet möglich sein wird, das auézurechnen. Ich bchaupte vorläufig immt noch, daß der Vouteil, den die Allgemeinheit von der Zwangswirtsast hat, fo groß ist, daß die Kosten, die verursacht werden, gar nicht it Betracht kommen. Nur von Interessenten wird das Gegenteil be hauptet. (Sehr richtig! bei der Ver. Soz.-Dem. P.) Bewiejen if nach dieser Nichtung noch gar nichts. - (Zuruf des Abg. Ladendorf} Jch glaube alles, was mir {warz auf weiß bewiesen wird. halte es immer noch mit dem Dichterwoit:

Denn was man schwarz auf weiß besißt,

kann man getrost nach Hause tragen. - Mit Behauptungen allein ist uns gar nit gedient ; geben Sie unl die Beweise. Dann sind wir gern bereit, die Folgerungen zu ziehew Diese Beweise find „bieher nicht erbracht worden, Herr A geordneter Ladendorff, obwohl ih Sie mehrmals von dieser Sts um den Beweis Ihrer Behauptung ersucht habe. Dadurch, daß mak eine Behauptung an die andere reiht, wird die Behauptung natürlk nicht wahrer. i

Daeselbe trifft zu bezüglih der Wohnungsbauabgabe. Auch t# ist gesagt worden, sie hâtte versagt. (Sehr richtig! bei der Wi“ shaftspartei.) Nein, niht die Wohnungébauabgabe hat versa jondern der Umstand hat ihr, wenn ih so sagen darf, das Genick 0 brochen, daß sie nicht früher wertbeständig gemacht worden ist, dk unser Bestreben, sie wertbeständig zu machen, leider keinen Er! hatte. An diesen Shwierigkeiten is sie gescheitert, weil man glaub man könnte es auf diese Art und Weise anders machen. (Zuru!} Nein, so ist es nicht mit der Wohnungsbäuabgabe gewesen. » stimme durchaus dem Herrn Abgeordneten Lüdemann und au einigen anderen Herren zu, die das ausgeflhrt haben: ohne M wir in diesem Jahr wieder eine Wohnungsbauabgabe bekommt ohne daß wir dadurch Mittel bekommen, öffentliche Zuschlisse ¿zu ge wenn au nicht à fond perdu, sondern solche, die in die Verzin/un# und Tilgung hereingezogen werden können, werden wir zu einem einige maßen auskömmlichen Bauprogramm überhaupt nicht kommen. (Zu

Ihnen; nehmen Sie mir das nicht übel; ih nehme es auch niemandem |

| des Abgeordneten Ladendorss.) Wie die Reichsregierung denk

deres. Ich habe hier nicht die Reichsregierung, sondern die Etaatsregietung zu vertreten Das haben Sie nachher mit hregierung auszumachen. Ich sage : das ist bei uns ebenso „josen wie in Eagland. In England hatte die lebte Regierung fostenzuschüsse eingeführt. (Abgeordneter Ladendorff : Sie sind ‘geschafft. ) Das wird bestritten Die gegenwärtige Regierung ‘Baukoslenzuschüsse auch beibehalten. Wie wir unseren inneren (n Ordnung bringen wollen, ohne daß das Baugewerbe n Betrieb kommt, darüber möchte ich gern eine Antwort _ aher ohne ‘Zuschüsse. Wie wollen Sie heute Realkredit n Herr Abgeordneter Ladendorff? Wir haben in lezter Zeit e Landpfandbriefe eingeführt. Wir geben seit dem vorigen (tbeständige Hyvotheken aus. Wir könnten viele Hypotheken , wenn die Pfandbriefe im nötigen Umtang gekauft werden. ¡unte viel zur Fördernng der Bautätigkeit beitragen. Gegen- ehen aub die übrigen Pfandbriefanstalten dazu über, solche indigea Hypotheken auszugeben. Jch bitte Sie, recht sehr jnutreten, daß die Pfandbriefe von den Hypothekenbanken ge- vecden, 0 daß wir Mittel zum Realfredit bekommen. (Ab- jr Ladendorff : Das Volk hat kein Vertrauen mehr dazu !) eordneter Ladendorff, das können Sie auf feinen Fall be- (Es ist son verschiedene Male darauf hingewiesen worden, je bisher mit eigenen Mitteln oder öffentlichen y bauten Wohnungen bereits seit dem Jahre 1919 weder der nahme noh der Nationierung noch der Höchstpreisbildung gendwelchen Beschränkungen unterliegen. Das Vertrauen [o auf keinen Fall ershüttert sein. Den Standpunkt haben jher vertreten und werden es auch in Zukunft tun. Es t sei dank noch Leute, die soviel Vertrauen haben, sogar mit eignen Mitteln ‘in den leßten Jahren Woh- gedaut haben. Der Kreis dieser Leute, die aus eigenen h bauen, ist aber leider sehr klein, es sind allzuwenige. Schon n Kriege haben die Unternehmer weniger Wohnungen für die ute gebaut, sondern meistens erst von einer Stufe ab für solche hie die Wohnungen auch bezahlen können. Ih habe zu meiner sststellen können, daß der Herr Abgeordnete Ladendorff zwar serer neuen Mietszinsregelung nit zufrieden war, der Frage hr entschieden bessere Seiten abgewonnen hat als früher.

r haben in unserer Bekanntmachung vom 12. Januar die {goldmiete von 30 09% eingeführt. JIch habe nicht alle Anrempelungen, die in der Presse gegen das hrtéministerium, mitunter in sehr unjahliher Form, wurden, einzugehen. Viele Zeitungen haben es sich flären können, warum wir neben der 30 9% igen Goldmiete Friedensgrundmiete haben bestehen lassen, die heute wahr- h in Zahlen niht mehr ausgedrückt werden kann. Diesen den möchte ih sagen, sie scheinen sich wenig der Tatsache ju sein, daß wir immer noch ein NReichsmietengesey haben, } dieses Neichsmietengesey immer noch die Friedensgrundmiete Vir haben geglaubt,“ mit einer Neuregelung nit so lange j müssen, bis eine Aenderung des Neichsmietengeseßes herbei- i, sondern haben geglaubt, die von uns als notwendig und fannten Maßnahmen so {nell wie mögli durhtühren zu Daher haben wir uns ents{losßen, diese Grundmiete noch zu lassen. ieter über die Grundmiete einigen können.

bin mir avch klar, daß auch diese 309% der Friedensmiete ndgültiges darstellen. (Abg. Ladendorff : Sehr richtig !) Wir der Ansicht, daß es dasjenige ist, was im gegenwärtigen if von - unserer Wirtschaft eben noch getragen werden kann. sen uns doch einmal über die Situation in der Wirtschaft den. Wir haben im leßten Jahre sozusagen nihts expor- Innen. Wir sind von allen Weltmärkten verdrängt worden, ere Völker haben sih auf diesen Weltmärkten eingenistet. sen wir zunächst einmal wieder dahin kommen und das wird Virischaft {wer werden. Da unterstreihe ih das, was Herr Abg. Schmidt (Hirschberg) gesagt hat: unserer Wirt- id das sehr schwer werden. Es ift ausges{lossen, das aus uwärtig da1niederliegenden Wirtschaft herauszuholen. Deshalb auch nicht dazu gekommen, zu sagen, daß die Friedenêmiete inem bestimmten Termin, etwoa bis zum 1. Oktober, erreicht soll, weil fein Mensch übersehen kann, wie unsere Wirtschaft Oftober aussteht. (Sehr richtig! bei der Ver. Soz -Dem. Vir sind jederzeit wieder als vernünftige Menschen zu- Kommen wir gemeinschaftlih zu der Ueberzeugung, daß unsere if wieder mehr tragen dann, dann sind wir die allerlebßten, tiner derartigen Erkenntnis entgegenstellen. Aber so müssen ¡ist abwarten, wie \sich unsere Wirtschaft weiter entwickelt, ) dann gern bereit, dementspredbend auch die weiteren Konse- aus diesem Schritt zu ziehen. (Abg. Ladendorff: Dann se die Wohnungs8zwangswirt schaft aufgeben !) Nein, dann vir nicht die Wohnungs8zwangéwirtschaft aufgeben, im Gegen- Abg. Ladendorff : wir können den gegenwärtigen Verhält- t Wintschaft nur dadurch Recbnung tragen, daß wir die (twangtwirtschast beibehalten und die der Wirtschaft ent- ten Korrekfluren an unseren Anordnungen vornehmen. s der einzige Weg, auf einem anderen kommen ht zum Ziele. (Zuruf des Abg. Ladendorff.) Das ist Lehauptung, Herr Abg. Ladendorff, die. Sie nicht fônnen. (Zuruf des Abg. Ladendorff.) Ih habe Ihnen (lagt, weil sie keinen Nealkredit für die Wohnungen sckaffen andem zumuten können, selbs wenn er es könnte, heute zu wil die Baukosten viel zu boch sind und er niht weiß, wie \chen Baukosten aufbringen foll. Niemand baut Häuser zum (n der anderen, sondern er will eine Kapitalanlage haben e ih ihm auch nicht übel —, aber anders sind die Dinge nahen. Auch wir betrachten die Wohnungszwangswirt schaft ! nit als das Ideal, und sind au nicht der Ansicht, daß \sweck sein joll. Aber wir sind der Ansicht, Herr Ab- t Ladendorff, daß die freie Wirtschaft in der Wohnungs- it erst wieder eingeführt werden kann, wenn sich Angebot und | die Wage halten. (Abg. Ladendorff : Wie wollen Sie die ?) Unter der Zwangswirt schaft können wir das, das tun wir ot in großem Umfange, und i habe Ihnen bereits gesagt, Herr endorf, daß wir in den leyten tünf Jahren über 300 000 en gebaut haben. Die würden ohne öffentliche Zuichüsse dt nicht gebaut worden sein. Sie sind auch jedenfalls gesünder îse Quartiere, die mit fünf oder sechs Hinterhöfen gebaut

bin davon überzeugt, daß in den :. euen Wohnungen ein Gelhlecht aujwächst als das, worüber wir uns heute beklagen,

In den meislen Fällen werden sich wohl Meieter |

ohne uns klar zu sein, wieviel die Leute selbst daran {Guld sind. ] Es hat niemand von dem Zuflande der Wohnungen geredet, sondern jemand hat von der Anlage der Wobhuungen gesprochen, wie sie mit fünf oder jechs Hinterhöfen, mit Kellerlöchern usw. trüher in Berlin in der freien Wirtschaft üblih war. Darum sage ih noch einmal, ih bin fest überzeugt, daß wir aus den Wohnungen, die in den letzten Jahren gebaut worden sind, ein gejunderes und vaterländi)cher denkendes Geschlecht hervorgehen sehen werden, als das, das aus den Kellerlöchern usw. hervorgegangen ist. (Zuruf.) Die Häuter werden viel länger stehen, als Jhnen wahrscheinlih lieb ist. Sie werden wohl niemals begreifen können, daß das anders geworden ift.

Ich sage also, wir wollen in dem Umfange, wie es sür unsere Wirtschaft tragbar erscheint und ih glaube, daß ih darin mit einer großen Zahl von Mitgliedern dieses Hauses konform gehe (Zuruf) das Gegenteil bätten Sie zu bewei)en. Herr Abgeordneter Ladendorf auf dem Gebiete der Regelung der Mitverbältnisse der tatsähhliGen Verhältnissen Nehnung tragen. Sollten sid einige Korrekturen bezüglih der Grundsteuerentwicklung, die fein Mensch jeßt übersehen fann, vorher als notwendig erweisen, dann sind wir selbstverständlich vernünftig genug, um diesen Dingen in einem Um- fange, der notwendig ist, Rechnung zu tragen. (Zuruf.) Mit diesem eintahen Schlagwort „freier Mietsvertrag“ sind die Dinge wirklich niht geregelt. Wenn wir uns alle einmal angewöhnen fönnten, auf diesem Gebiet etwas weniger mit Schlagworten und etwas mehr mit vernünftiger, ruhiger Ueberlegung zu handeln, dann, glaube ih, wären wir ein großes Stück weiter. (Zuruf.) Durchaus einverstanden ; wir nehmen das auch für uns in Anspruch, selbstverständlich.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, bisher haben an der preußischen Mietpolitik eigentlich eine durchgreifende ernstere Kritik nur die Interessenten geübt, die dabei in Frage kamen. Ich habe s{hon früher gejagt, und darin hat mir Herr Abg. Ladendorff niht Unrecht geben können: die Dinge so zu regeln, daß beide Teile zufrieden waren, war niemandem möglih, Wenn wir aber die all- gemeine volkswirtshaftlihe Wirkung unserer Mietzinsbestimmungen der Wohnungspolitik in Preußen betrachten, dann sage ih heute noch: das war das einzig Richtige, was wir in den leßten Jahren machen fonnten. (Sehr richtig! bei der Ver. Soz. P.) Eine andere Politik in den leßten Jahren zu machen, wäte uns einfa nicht möglich gewesen, es wäre für die allerbreitesten Volks\schichten geradezu fkatastrophal geworden, es hätte für die breiteslen Volksschichten die s{limmsten Folgen gehabt, und wie wir dann die Dinge in unserem Staate wieder hätten in ruhige Bahnen bringen jollen, das hätte niemand sagen können. Das ist eine Behauptung, die ih genau so aufrechterhalte, wie Sie Jhre Behauptung aujrechterhalten. (Zuruf.) Das hat mit der Ein- falkulierung nichts zu tun, sondern es hat damit zu tun, daß wir bisher die Dinge so geregelt haben, wie sie den tat}ächlihen Ver- hältnissen entspraden. (Lachen und Zuruf rechts.) Nicht auf Kosten der Allgemeinheit, sondern auf Kosten derjenigen, die fonst einen unberehtigten Vorteil eingesteckt hätten, weil ih absolut nicht gesehen habe, daß von der Seite die armen Hypo1hekengläubiger, die um ihr Geld gekommen sind, irgendwie unterstüyt worden wären. Das sind doch die einzigen Leidtragenden. Der Hausbesiy hat doch immer seine Sachwerte behalten, wenngleih sie niht in dem Zu- siande sind, wie es wünschenswert wäre, das kann man zugeben. Aber der Hypothekengläubizer, genau so wie der Pfandbriesgläubiger, der Gläubiger des Staats und dex Spaxkasseneinleger, fie haben alles verloren ; sie können sich höchstens ihre Dokumente einrahmen lassen. :

Diese Mietpolitik Preußens hat sich bisher als einzig richtig er- wiesen, und sie hat auch bisher das Vertrauen der Mehrheit dieses Hauses ; die Mehrheit dieses Hauses hat sich hinter dieje Politik ge- stellt, und ih glaube, die Ergebnisse, die wir haben, auf der einen Seite einigermaßen erträglitde Wohnungsverhältnisse, auf der anderen Seite einen Neubau von 300000 Wohnungen in fünf Jahren, ein Ergebnis, das Sie kaum in irgendeinem Sieget1lande im Verhältnis zur Bevölkerung feststellen können. Dieses Ergebnis berehtigt zu der Feststellung, die ich gemacht habe. Auf keinem anderen Gebiet der Volkswirtschaft werden Sie ähnlihe Ergebnisse au nur einigermaßen anführen können (Zuruf), wie wir sie mit unserer preußischen Wohnungéöpolitik erreicht haben. (Zuruf des Abg. Ladendorff.) Die Statistik haben wir Jhnen aufgemacht, die können Sie jederzeit kentrollieren. Deshalb, sage ih, muß ih diese unsabgemäßen Angriffe, die von einzelnen Seiten gegen diese Politik gemacht sind, ira Interesse des Volïéganzen ablehnen. (Zuruf bei den Soz. Widerspru rets.) Die überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes hat Interesse daran, daß diese Politik konsequent fortgeführt wird, und nur einige besondere Interefsengruppen haben Interesse daran, daß hier überstürzte Maßnahmen ergriffen werden. Wir werden in Zu- funft an dieser Politik festhalten- und sind jederzeit gern bereit, den vernünftigen Erfordernissen der Wirtshaft Rechnung zu tragen. Das haben wir mit unseren 30 9/9 bewiesen. Der Verband der deut: nationalen Hausbesißzer hat in seinem Schreiben nachgewiesen, daß er im Oktober, November und Dezember noch weniger bekommen hatte, 8 % für sämtliche Umlagen von der Friedensmiete und 8 % für alle Zuschläge, ‘das sind nur 16 9/0. Wir sind generös gewesen und haben 30 9/6 festgesept, um fo den großen Widerstand auszuräumen. Dann hat Herr Ladendorff gesagt, daß man im großen und ganzen mit dieser Negelung sehr zufrieden sein kann. Alle Wünsche sind naturgemäß nicht befriedigt, und das werden wir auch nit erwarten können. Ich hoffe, daß wir auf diese Weise im Interesse dar großen Mehrheit des preußishen Volkes arbeiten werden. Ih werde stets bestrebt jein, allen berechtigten Wünsclhen Rechnung zu tragen; aber mit einer Aenderung des Grund- sayes, mit einer einfachen Aufhebung der Zwangtwirtichaft, bei der Tausende und Millionen unjerer Volkésgenossen unter die Näder fommen würden, werten wir uns niemals abgeben können, so lange nit die Zeit dazu gekommen ist. Jh hoffe, daß diese Zeit noh fommen wird, und will dann gern auch diesen leßten Schritt tun. Jh ‘hoffe, daß dann unsere Wi1tschaft so gesund gewerden ist, daß sie diese Belastung ertragen kann, und daß wir dann eine bessere Zeit erreicht haben, (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)

Damit schließt die Ausspr ache.

Abg. Mee ver - Solingen (Soz.) beantragt in seinem S{hluß- wort, den Antrag dem Hauptaut|cbuß zu überweisen. Er wendet fich dann insbesondere gegen die Aueführungen des Abg. Ládendorff. Den Mietern dürfe nicht mehr abgenommen werden, ais unbedingt not- wendig fei. Ein CTrugschlvß sei es, zu glauben, eine Aufhebung der Zwangéwirtschatt würde die Wohnungénot bald beseitigen. Es sei sestgestelt, daß die Bauindustrie im leyten Jahre ihre Friedens- leistung erreiht und vieltah überschritten habe. Die hohen Bau-

losten hätten nicht in den Löhnen, fondern in den wucherischen Bau-

stoffpreisen ißre Ursale. Die Einführung der freien Wirtschaft winde bald drei- bié viertade Fuiedenemieten mit sih bringen. Solche Goldmieten fönne niemand bezahlen Nur zahl'ngs!ähige Aueländer und Schieber würden dann noch Wobnuungen belommen. (Der ŸÎiedner wird vom Abg. Ladendorff dauernd durch lebhajten Widerspruch unter- brochen. Zuruf b. d. Soz. : Hausschieber !)

Der Antrag über die Not der Erwerbslosen usw. geht an den Hauptausschuß.

Der Antrag Dr. Porsch (Ztr.) auf vorläufige Außers hebungseßung eines Teils der Grundsteuer wird wegen der Erkrankung des Finanzministers von der Tagesordnung abgesezt.

Es folgt die Beratung der deutshnationalen Großen Anfrage über das Abkommen der V.S P.D. mit der Sozialdemokratie Dänemarks, betr. die endgültige Anerkennung der jeßigen dänischen Grenze.

Abg. Dr. Milberg (D. Nat.) begründet die Anfrage und bes dauert zunächst, daß zu dieser wichtigen Angelegenheit weder der Miinisterprösident noch der Minister des Innern anwetend jeten. Die neue dânishe Grenze ist infolge des Versailler Vertiages zu Unrecht festgejsezt worden. Das haben auch tübrende Sozialdemokraten. wie der frühere Neichêminister des Aeußeren Dr. Köster und der preußiscbe Ministerpräsident Braun, anerkannt. Durch das Abkommen hat die Sozialdemokratie also einen vollkommenen Umschwung vollzogen. În dem Abkommen wird von einer vereinbarten Grenze gesprocwen. Davon fann doch gar feine Rede sein. Die Festsezung der Grenze erfolgte auf Grund einer ungerechten Abstimmung und bedeutet einen Raub deut\hen Gebietes. (Lebhafte Zustimmung.) Wenn die Sozialdemokratie jede irrecentistiihe Bewegung abs lehnt, so ist das eine bewußte Preitgabe der zu Unrecht an Dänemark gefallenen deutschen Volféteile. Diese müfsen das Recht haben, zu ihrem Vaterlande zurückzukehren. Auftällig ist, daß uns mittelbar nah dem Abkommen in Dänemark eine Sammlung zue gunsten der deutschen jozialistiihen Presse eingeleitet wurde. Bes dauerlih ist, daß der Minister Severing fein Wort der Verurteilung für das sozialdemokratische Vorgehen gefunden hat. Er verfolgt ans geblih mit großer Schärfe diejenigen. die die Einheit und den Bestand des Neiches schädigen, er wendet sich dabei stets jedoch nur gegen rechis. Vom preußischen Ministerpräsidenten verlangen wir eine bündige Eiklärung der Mißbilligung des fozialdemokrati\chen Vorgehens. În Schlesroig-Hol stein steht das gesamte Bürgertum in der Grenzfrage geschlossen und einig, will die zu Unrecht von uns abgetrennten Brüder und Schweftern wieder mit uns vereinigt fehen und wird jeden weiteren Vorstoß der Dänen abwehren. (Beijall rechts. }

Ministerialrat Dr Rat hena u verweist auf die Antwort dee Negierung auf die Anfrage der Frau Voigt und fährt fort: Die Stellungnahme der Regierung wind durch das Abkommen der däânia

chen und der deutschen Sozialdemokratie in keiner Weije beeinflußt. Andere Erklärungen hat die Staatsregierung nichi abzugeben. (Lachen und Lärm rechts. Zurufe : Das ist eine Regierung! PÞfui Deidel !)

Auf Antrag des Abg. Milberg (D. Nat.) wird zunächst die Beiprehung der Anfrage, sodann die Herbeirufung des Ministerpräsidenten beschlossen und die Aussprache bis dahiæ ausgesezt.

Es folgt die erste Beratung des Antrags Dr. von Camps (D. Vp.), wonach § 8 Abs. 2 des Geseyes über die Bes stellung von Mitgliedern des Reichsrats durch dis Provinzialverwaltungen vom 8. Juni 1921 aufs gehoben wird.

Abg. Dr. von Campe (D. Vyp.) weist in ‘der Begründ darauf hin, daß die Instruierung von Vertretern der Provinz dur

reußen das Reich nichts angehe. Auch in der Nationalverjamm! ung ei zum Auédruck gebrahk worden, daß für den Neicherat daëseldck gelte, wie für den früheren Bundesrat. Der RNeichsrot sei eine Eins ribtung zur Vertretung von Neichsinterefsen ; im Neichtinteresse liegs aber die Erhaltung eines \tarfen Preußens. Deshalb müsse das Geseß geändert werden, um den Zusiand zu beseitigen, daß die preußischen Stimmen im Reichsrat einander aufheben fönnen. S6 habe im Widerspruch mit der Stellung der anderen Vertreier Preußens der Vertreter des Nheinlandes gegen das Ermächtigungss. geseß gestimmt; das jei ein üimhaltbarer Zustand.

Abg. Dr. Oppenhoff (Ztr.) hält den Antrag Campe für ges eignet, besonders auch im beseyten Gebiet lebhafte Bedenken zw erregen.

Abg. Dr. Negenborn (D. Nat.) äußert gleichfalls {wers Bedenken. Auch er wünsche, wie die Vorredner, ein starkes Preußen. Bei der heutigen Nechtélage müsse aber die Stimmabgabe für dis Vertreter der Provinzen frei fein. Wenn der Antrag von Campe verwirkliht werden tolle, bedürfe es einer Aenderung der Veichss verfassung. Seine Fraktion stimme zwar der Revision dieser Vers fassung, die ja dur die baverishe Denkschri]it ganz besonders ans geregt worden sei, im gesamten zu ;- sie aber im einzelnen immer wieder zu ändern, sei sehr vedenklich.

Abg. Grzesinski (Soz.) spricht sich Ausschußberatung- des Antrags aus.

Abg. Dr. Preu (Dem ): Falls es zur Nevision der Weima Verfassung kommen jollte, wird für Preußen die Revision des Art. 6 zu den wichtigsten Fragen gebören, ob das für Bayern besonters vo1teils haft wäre, ist eine andere Frage. Daß die Vertretung der preußi|cherst Provinzen im Reichsrat Unstimmigkeiten erzeugt bat, ist von mik ichon trüher zugegeben wo1den. Ich warne ader angesichts der tate sächlihen Verhältnisse vor übereilten Schritten. reußen fênnte nach meiner Meinung weit zurücktreten, aber das müßte nur geschehen zugunsten einer starken Neichsgewalt, was Bayern erstrebt, ist das Gegenteil. Der Vertassungsäausshuß wird sich der näheren Prüfung des Antrags zu unterziehen haben.

Abg. Dr. Bredt (Wiri)chaftsp.): Das Gese von 1921 ift is der Tat mit der Verfassung nicht vereinbar ; es muß irgendwie hier Memedur geichaffen werden.

nzwischen ist der Ministerpräsident Braun Es das Haus tritt in die Besprehung der Großen Anfrage Deutschnationalen, betr. die dänische Grenze, ein.

Abg. Milberg (D.-Nat.) gibt eine kurze Refapitulation seines Bearündung, um den Ministerprasidenten zu informieren, und tagte es handele sich .um den Bestand des preußischen Staatcs da müsss bei einer solchen Erörterung der Ministerpräsideut zugegen sein.

Ministerpräfident Braun: Meine Herren! Ich bedauere lebs haft, daß ‘ih durch den Beschluß des Landtags hierher zitietf* und dadurch einer augenblick1ich mir sehr viel wichtiger erscheinenden Vers handlung über die Nhbein- und Nuhrfrage entzogen worden bin. (Sehr gut! bei der Ver. \oz.-dem. P.) Die Anfrage, die hier zur Beratung steht, ist durch das Staatsministerium dem zuständigen Herrn Innenminisier zur Beantwortung "überwiejen worden und isk woh! auch von diesem Minister durh feinen Kommissar hier beant« wortet worden. Jch habe dieser Antwort nihts hbinzuzusezens (Bravo! bei der Ver. soz.-dem. P. Große Unrube und Zurufe bet der d.-nat. V.-P.) Ich habe dieser Antwort nichts hinzuzusegen. IÆF stehe bezüglih der Frage, die hier zur Debatte stebl, noch auf dent gleihen Standpunkt, den ih von dieser Stelle aus s{on mebr}jack#F prôzisiert habe. Genügt das dem hohen Hause nicht, so muß ih Sick bitten, falis Sie eine weitere Beautwortung von mir besonde: wünschen, eine erneute Beschlußfassung des Staatäministeriums abzu

warten und die Debatte hinavtzuschieben bis zu dem Zeitpunkt, wet

das Staatsministerium erneut dazu Stellung genommen hat und?

Ihnen eine weitere Antwort gegeben werden kann. (Bravo! bei de® Ver. soz.-dem. P.) Abg. Milberg (D. Nat.) beantragt bierauf Vertagung der:

Besprechung bis Mittwoch unter der Voraussezung, daß dis dah

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