1902 / 7 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Jan 1902 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 112. Sißung vom“ 8. Januar 1902. 2 Uhr.

Am—Tishe des Bundesraths: Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von E Tate und Staatssekretär des Reihhs-Schaßamts Freiherr von Thiel- mann.

Der - Präsident Graf von Ballestrem eröffnet die Sißung mit folgenden Worten:

Die geehrten Herren Kollegen erlaube ih mir bei Beginn des neuen Jahres auf das Herzlichste zu begrüßen und den Wunsch aus- zusprechen, daß dieses neue Jahr ein glücklihes und gesegnetes sei \owohl für unsere gemeinsamen Arbeiten zum Wohle des Vaterlandes als auch für jeden Einzelnen von uns. Dies ist mein aufrichtiger Wunsch.

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Feststellung des Neichs- haushalts-Etats und des Haushalts-ÉEtats für die Schußgebiete für 1902.

Staatssekretär des Reichs-Schaßamts Freiherr von Thiel - mann: :

Meine Herren! Als ich im verflossenen Jahr Ihnen von der Ungunst der Reichsfinanzen spra, da wurde ih vielfach der Schwarz- malerei beschuldigt. Zu meinem eigenen Bedauern habe ich Necht behalten, und die Verhältnisse haben sih so gestaltet, daß meine Borhersage nicht allein in Erfüllung gegangen ift, sondern die Ver- hältnisse haben si sogar erheblich ungünstiger erwiesen, als wir vor einem Jahre vorhersehen konnten. Der Aufschwung, der die letzten Jahre des verflossenen Jahrhunderts kennzeichnet, hat nicht allein nach- gelassen, er hat einer Depression Platz gemacht, die von sehr störenden Nebenerscheinungen in Form großer Bankerotte bei den wichtigsten Bankinstituten und anderen Unternehmungen begleitet war. Solche Ereignisse können die Reichsfinanzen niht unberührt lassen. Ehe ich daher auf das nähstliegende Thema des heutigen Tages, den Etat für 1902, eingehe, möchte ich Jhnen mit kurzen Worten ein ver- gleihendes Bild des letzten Jahrfünfts vorlegen, wie es sich in den Reichsfinanzen darstellt.

In den sechs Jahren, beginnend mit dem Etatsjahre 1895/96 und abshließend mit dem Rechnungsjahre 1900, sind alle Neichseinnahmen ausnabmslos in erfreulihem Steigen begriffen gewesen. Ich werde Jhnen daraus die wichtigsten Zahlen anführen. Zölle, Zukersteuer, Salzsteuer, Branntweinsteuern aller Art, Brausteuer und Stempel- abgaben, die in dem ersten der erwähnten Jahre, nämlih 1895/96, 733 Millionen brahten, haben in dem leßten Jahre dieser sechs Jahre, 1900, 896 Millionen gebraht: das ist eine durschnittliche jährliche Steigerung von mehr als 32 Millionen. Für das laufende Jahr, 1901, erwarten wir aber troy der stattgehabten Erhöhungen der tarifmäßigen Sätze bei verschiedenen Stempelabgaben aus den ge- nannten Quellen nur eine Gesammteinnahme von 909 Millionen und baben für das kommende Jahr 1902, dessen Etat heute zur Be rathung vorliegt, na den bekannten Durchschnittsberechnungen auch nur 910 Millionen verans{lagen können. Hätte die durchsch{nittliche jährlihe Zunahme von 32 Millionen angedauert, fo würden wir nicht 919 Millionen verans{lagen können, sondern 960 Millionen. Dieses ergiebt bereits einen Ausfall von 50 Millionen gegenüber der bisberigen Steigerung.

In viclen Beziehungen noch ungünstiger steht es bei anderen Reichseinnabmen. Ich nenne als s\oldhe Post und Telegraphie, Reichsdruckterci, Reichseisenbahnen, Bankwesen und allerhand Ver- waltungseinnabhmen und Ausgleichsbeträge. Diese haben zwischen 1895 und 1899 ih betone, daß ih hier das Jahr 1899 als Sch{lußjahr nehme und nicht 1900, wie vorher, weil bei diesen Ein- rabmen \ich bereits 1900 ein Abfall gezeigt hat also in den Zahren 1895 bis 1899 haben die soeben genannten Einnabmequellen geliefert 1895: 75 Millionen, 1899: 107 Millionen; der Abfall bat si bei ibnen schon 1900 gezeigt: in diesem Jahre haben die Einnabmen nur §1 Millionen betragen. Dieses unerfreuliche Er- gebniß beruht allerdings zum theil auf einer vorübergehenden Er

stehende Summe von 24 Millionen ‘hinaus ‘gesteigert werden sollte, sich nicht anders helfen können, als Landesanleihen aufzunehmen, um das Reichsdefizit ‘auszufüllen. Das wäre ein ganz ungesunder Zustand. Es ist seitens einiger ‘Redner bei früheren Etats in erster Linie immer auf die sogenannte Uebershußwirthschaft des verstorbenen preußis

chen Finanz-Ministers hingewiesen worden. Die Mehrheit dieses Hauses hat si, glaube ih, diesen Ausführungen des Herrn Abg. Richter nicht angeschlossen, aber ih möchte, um für das kommende Sahr 1902 den Standpunkt Preußens vorweg zu kennzeihnen, Sie daran erinnern, daß in der Thronrede, mit welcher vor wenigen Stunden der preußische Landtag eröffnet worden ist, ausdrücklih betont wurde, daß die preußischen Staatseinnahmen und -Ausgaben sich bei dem Anwachsen der Matrikularbeiträge an das Reich nur dur energische Abstriche an. den inneren preußischen Staatsausgaben haben eben balancieren lassen. Von einem Uebershusse ist da also keine Rede mehr. In Bayern, meine Herren, ist in der dortigen Kammer über die bayerische Finanzlage gegen Schluß des vorigen Jahres ausführlich gesprochen worden; daß diese minder gut ist als früher, ist den Herren allgemein bekannt. Ebenso wird Jhnen bekannt sein, daß das König- reih Sachsen, um seinen inneren Finanzschwierigkeiten zu begegnen, einen erheblichen Zuschlag zu der Einkommens- ‘und Vermögenssteuer zu erheben im Begriff steht. Würden beim Königreich Sachsen" noch erhöhte Matrikularbeiträge hinzutreten, so würden diese Zuschläge noch größer und für das wirthschaftlihe Leben Sachsens noch störender werden. In Hessen is es ähnlich. Aus den Zeitungen werden Sie ersehen haben, daß auch in Hessen Zuschläge zur Vermögens- steuer geplant werden. Am s{chlimmsten aber steht es in den kleineren Staaten Thüringens. Diese Staaten haben keinen eigenen Cisenbahn- besi, und wenn si die größeren Staaten mit eigenem Eisenbahnnetz durch die größere Elastizität, die ein solch größeres Eisenbahnwesen dem Etat verleiht, momentan über Schwierigkeiten hinweghelfen können, so fällt dies Mittel bei den kleineren Staaten ohne weiteres fort. Hier bleibt nichts übrig als kräftige Zuschläge zur Einkommen- . steuer und zur Vermögenssteuer, soweit eine solhe in den Staaten eingeführt ist. Jh führe als Beispiel an, daß ein ungedeckter Matrikularbeitrag von 10 Millionen an das Reich in den meisten der thüringishen Staaten einen Zuschlag von 6 %/ zur Einkommensteuer bedeutet; 24 Millionen ungedeckter Matrikularbeiträge bedeuten also hon 15 9/6 Zuschlag. Wird der Zuschlag aber voraussichtlich im wirth\chaftlihen Interesse stärker auf die oberen Klassen gelegt als auf die unteren, so werden die oberen Klassen zu der Einkommensteuer sih Zuschläge von 25 9/6 und mehr gefallen lassen müssen. Dies tritt ein bereits bei den 24 Millionen ungedeckter Matrikularbeiträge, die im Etat stehen, und die Zuschläge würden ganz erheblih verschärft werden müssen, falls der Reichstag, was ih niht erwarte und was ih nit hoffe, beschließen sollte, die Ziffer von 24 Millionen un- gedeckter Matrikularbeiträge noch zu erhöhen.

JIch will jeßt die einzelnen Einnahmequellen, die ih bisher zu- sammengefaßt habe, in zwei große Gruppen, die Gruppe der Steuern und Zölle auf der einen und die Gruppe der sonstigen Einnahmen auf der anderen Seite, im Einzelnen beleuchten. Bei den Zölen, nebst Tabacksteuer, aber obne die Zölle auf die fünf Hauptgetreide- arten, deren Veranschlagung bekanntlich auf anderen Durchschnitts- ziffern beruht, war von 1895 bis 1898 ein regelmäßiges Ansteigen zu verzeichnen. Sie stiegen in diesen Jahren von 291 Millionen auf 360 Millionen. Seit 1899 is ein Stillstand eingetreten. 1899 und 1900 haben sie rund 373 Millionen geliefert, für 1901 s{häßen wir sie auf 366 Millionen; für 1902 verans{hlagen wir fie nah dem üblichen Durchschnitt wieder auf 373 Millionen. Ein Abfall ist hier nit zu bemerken, aber das weitere Anstcigen hat bereits seit drei Jahren aufgehört. Anders steht es bei den Getreidezöllen. Die Ge treidezôlle werden nah dem dreijährigen Durhschnitt berehnet, und der sebr \{wankende Ausfall der Ernten giebt natürlich auch ein \{wankendes Ergebniß der in den Etat eingesezten Schäygungen. Es kommen dabei Sprünge vor, die bei den übrigen Zöllen nicht so leb- baft auftreten. Die Getreidezölle haben 1900 105 Millionen ge-

\ceinung, nämlih den großen Reformen im Postwesen, die dem Roich die erbebliche einmalige Abfindung an die Privatpostanfialten aufaebürdet baben. Aber diese einmalige Abfindung erklärt nur einen Theil des Abfalls; der Rest des Sinkens der Einnahmen ist a die ungünstigen wirtbs{aftlihen Verhältnisse im

j schreiben. Für das laufende Jahr 1901

aus den ebengenannten Einnahmequellen noch

Vetrag von rund §1 Millionen, den das Jahr 1900 gebracht batte, f

d

us

Li

T » s allgemeinen

erwarten wir

ali nur 78 Millionen, und für das Jahr 1902 können wir troy Wiederaufsteigens der Posteinnahmen nah der sorgfältigsten Be- bnung auch nur 115} Millionen veranshlagen, und zwar einschließ H des Münzgewinnes, der innerhalb der leyten 10 Jakre von der leibe abgeschrieben worten war. wie sie f uvischen 1895 und 1899 gezeigt hat, und die jährlich

Millionen mehr veranshlagen können, als geschehen ist. Wir ¿ben also binter der durdschnittlichen Steigerung der fetten Jahre fommenten Iabre 1902 im Ganzen um etwa 65 Millionen zurück, mlich um 50 Millionen aus Steuern und Zöllen und um 15 Millionen den übrigen Reichécinnahmen “ait Nun ift ja oft geiagt worden

T r e! I bl tre na a D

î

vor Matrikularbeiträgen zuschicßen.

derz Wortlaut der Verfassung entsprechend G’.

fa in allen ire Neich, und der Etat {ließt also troy r: “den fell

Mit finanztechnischen Gründen ist dieses Vorgehen nicht zu ret fertigen. Ich bin der Erste, der tas anerkennt. Aber, meine Herren

ich bin uberzeugt, daß Sie den wirthschaftlichen Gründen, welche zur

S -theilung tieses Etats geführt haben, Jhre Anerkennung nich

gperden versagen können; denn es hieße das Reich schädigen, wenn Sie wirthschaftlichen Niedergangs die einzelnen Staaten so {arf anfassen wollien, daß terea cigene Wirthschaft nicht

ir cinem Augenblicke

alicin geschädigt, sondern auf das shwersie geschädigt „würde. Viel d-e Staaten

weniger als den |

Hätte die durhschnittliche Steige- |

Hierin, meine Herren, steckt das | ein

das Reich bat kein Defizit; was | müßen zur Balancierung des Etats die Einzelstaaten in Gestalt Meine Herren, das ist theoretish Praktish können wir awärtia damit nicht leben: denn in den Einzelftaaten, und zwar bat das Natblassen der wirthschaftlichen Thätigkeit eizen ebenso ungünstigen Einfluß auf die Einzelfinanzen gehabt wie | aber niht der Fall Das Jahr 1900 hat dér 24 Millionen un- | 123 adeckter Matrikularbeiträge, die drinfiehen, ab mit einem ganz echten Teäzit von 35 Millionen, das dur eine Ergänzungsanleihe gedeckt

ih werde Ihnen cinige Beispiele nennen würden, 20s der Betrag der ungedeckten Mattrikularbeiträge über die im Etat

liefert, 1901 werden sie voraussihtlich 135 Millionen liefern, und für | 1902 verans{lagen wir sie auf 111 Millionen Daß diese 111 Millionen eingeben werden, muß bedauerlicher Weise als sicher | angenommen werden, denn die s{lechte Ernte des vorigen Jahres | wird selbst dann, wenn der nähste Sommer eine gute Ernte bringen | sollte, was wir alle hoffen, auf die ersten Monate des neuen Recbnungsjahres noch eine Rückwirkung autüben. Die Zuckersteuer, meine Herren, batte längere Jahre stark an- steigende Beträge geliefert. Die Steigerung zwischen 1897 und 1900 betrug im Durchschnitt 13 Millionen; 1901 werden wir etwa 107 Millionen daraus cinnehmen, während eine gleiche Steigerung,

| wie sie in den Vorjahren stottgefunden hat, uns niht auf 107 Millionen, sondern auf 136 Millionen gebraht haben würde. | 1902 fônnen wir nach der Durchschnittäberehnung auch nur knapp

2 § Millionen betrug, weiter angehalten, so hätten wir für 1902 | 115 Millionen einstellen. Nun ist behauptet worden, das günstige Ergebniß von 1900 bernhe allein auf den mit der Gründung des

sogenannten Zuckerkartells in Verbindung stehenden, auffallend starken Versicuerungen in den Monaten Mai und Juni 1900 crhebliher Rü&schlag folgen müße Dieser allerdings zum theil geeignet, die

steuer w erklären, aber auch nur noch erbebliche andere Gründe mit cinflufsen

1900 ein wesentli unfreundliches Gesicht zeigen müssen

Millionen gebracht, ein überaus Wirkungen dieser starken Vorversteuerung

und es sei natürli, dak auf so starke Versteuerung in ywei cinzelnen Monaten Umstand is Séhwankungen bei der Zucker-

zum theil, denn es wirken welche diese Schwankungen be- Der Rücktscblag batte bercits im Juli 1900 begonnen, und wenn dieser Nückslag nah den starken Versteuerungen des Mai und Juni die einzige Ursache gewesen wäre, dann hätte bereits das Jahr Das war im Gegentheil günstiges Ergebniß. Die

so mötte ih sie nennen

im Mai und Juni 1900 sind im Gegentheil noh auf das Jahr 1901 übergegangen mit Rücksicht auf die Stenerkredite, und wir werden - | 1901, im laufenden Jahre, nur 107 Millionen einnehmen, nicht allein , | infolge der Wirkung dieser Vorversteuerung im Mai und Juni 1900, sondern zuglei wegen der erbeblih wachsenden Ausfubrzuschüfse t | Jch werde Ihnen die Ziffera der deutsben Zueterproduktkbn iogleid nennen: Sie werten darzus ersehen, dah wir gegenwärtig noch viel

gleihung- aller einshlägigen-Ziffern ergiebt äber, daß diese:Behauptung

gegenwärtig nit erwiesen ist. Sie mag es in Zukunst werden; zur

Zeit ist es noch nicht der Fall. i Ne

Es ist den Herren bekannt, daß die internationale Konfgxenz zur

Abschaffung der Zuckerausfuhrprämien, die in Brüssel bereits einige

Sitzungen vor Weihnachten abgehalten hatte, im Laufe der nächsten

Wochen wieder zusammentritt. Es is nahgerade Glaubensartikel

geworden, daß sämmtliche Zuckerkonferenzen im Sande verlaufen; ih

möchte Sie aber bitten, auf die demnächst wieder zusammentretende

Konferenz in Brüssel. die gleihe Befürchtung nicht anzuwenden.

Es maht sich in jedem Jahre bei einem größeren Kreise

von Staaten und bei einem jeden dieser Staaten in \{ärferer

Weise der Nothstand geltend, welcher aus den Zuckerprämien

entspringt. Jn Frankrei sind die Einnahmen aus der Zuckersteuer

erheblih zurückgegangen gerade wegen der hohen Ausfuhrzushüsse;

andere Staaten, wie Italien und Rumänien, haben neuerdings eine

eigene, ursprünglih kleinere Industrie größer herangezogen und sind

gewissermaßen als neue Konkurrenten in diesem Wettkampf aufgetreten.

Selbst England, das bisher keine Zuckersteuer kannte, hat aus politischen

Gründen auf anderem Gebiete eine solche einführen müssen und hat eine

Zuersteuer eingeführt, die für die eigenen Raffinerien mit einer kleinen

Prämie bedachl ist. Hoch ist diese Prämie nicht; sie macht si bei

dem scharfen Wettbewerb auf dem internationalen Markte aber

immerhin geltend. Also wird das Interesse an einer endlichen

Negelung dieser Frage mit jedem Jahre neue Kreise ergreifen, und es

ist deshalb nicht daran zu verzweifeln, daß endlich einmal ein Er-

gebniß erzielt werde. Es kommt dazu, daß nicht allein neue Zucker-

länder zu den alten hinzugetreten sind ih habe vorhin Jtalien

und Rumänien erwähnt —, sondern daß auch in den alten Zuker-

ländern die Produktion erheblich zunimmt. Jn Deutschland haben wir zwischen 1896 und 1900 ungefähr 1,8 Millionen Tonnen erzeugt ; im Betriebsjahre 1900/1901 kamen wir auf beinahe 2 Millionen

Tonnen und werden in der jeßigen Campagne die Ziffer von 2 Millionen

Tonnen wahrscheinlich überschreiten. Jn Amerika is die Zunahme

beim Rübenzucker \prungweis und ziemlich stark. Vor drei Jahren war die Ausbeute des nordamerikanischen Rübenzuckers für den Weltmarkt noch ohne Belang; im laufenden Betriebsjahre wird sie ungefähr 150 000 t betragen, und eine weitere Vermehrung der Fabriken \teht in naher Aussicht. In Cuba hat sich nach dem spanisch - amerikanischen Kriege die Erzeugung um rund 300 000 t

gehalten, während sie in alten Zeiten unter der spanischen Herrschaft bis auf 1 Million gestiegen war. Au hier in Cuba sind im ver- flossenen Betriebsjahre {hon 630 000 t geerntet worden, im laufenden werden 850 000 t geerntet werden, und die Ziffer von 1 Million ist also bald wieder erreiht. Das müssen wir bedenken. Wenn auch die Leistungsfähigkeit der alten Zuckerlandshaft von Cuba, des mittleren Theils der Insel, damit ungefähr erschöpft ist, so giebt es im Osten der Insel doch noch weitere Gebiete, die der Zuckerkultur ershlossen werden können, sobald das nordamerikanishe Kapital sich dorthin wirft. Daß Nord-Amerika Kapitalien auf solhe Unternehmungen aufzuwenden bereit ist, haben wir an anderen Beispielen vielfa gesehen.

Wir müssen also für die Zukunft mit einer über eine Million gesteigerten Zuckerausbeute Cubas renen. Jede einzelne der auf der Konferenz in Brüssel betheiligten Regierungen wird von dieser an- wachsenden Ausbeute an Rohrzucker und an Rübenzucker berührt, und wir dürfen deshalb niht daran verzweifeln, daß der Drang der Ver- hältnisse s{ließlich zu einer Einigung führen wird, mit der der einzelne Staat und das Deutsche Reich, soweit wir voraussehen können, zu- frieden sein kann. l

Vom finanziellen Standpunkt habe ih über die Branntweinsteuer aller Arten, die Salzsteuer und die Brausteuer wenig zu sagen, ibr Ertrag hat in den leyten Jahren kanm ges{hwankt. Die Branntwein- steuer bewegt sih zwischen 125 und 127 Millionen, die Salzsteuer um 49 Millionen und die Brausteuer um 40 Millionen. Bemerkenswerth ist nur, daß die Brausteuer einen kleinen Ausfall im laufenden Jahre von etwa einer halben Million aufweisen wird. Auch in Bavern, das ja zur Reichssteuer nicht direkt beiträgt, hat sich ein Rüdgang des Bierverbrauchs infolge des Nachlassens der Bauthätigkeit bereits kon- statieren lassen. Ob ein Aehnliches in Preußen der Fall gewesen ist oder ob andere Verhältnisse dazu beigetragen haben, weiß ih nicht jedenfalls werden wir die Brausteuer für das laufende Jahr rund eine balbe Million geringer verans{lagen müssen.

Meine Herren, ein Schmerzenökind der Steuergeseßgebung ist der Börsenstempel. Es ist kurze Zeit erst her, seitdem die verschiedensten Ingenieure beschäftigt waren, die Maschine besser in Gang u bringen; es ist ihnen nicht gelungen. Das Höherschrauben des Stemveltarifs ist von der Börse mit einer Abnahme der Geschäfte beantwortet worden, und ih glaube, daß der Bogen etwas zu stra" gespannt war. Wir werden, wenn wir aus dem Börsenstempel mebr einnebmen wollen, mit einzelnen oder allen dieser Säye wohl wieder etwas beruntergeben müssen. Wann und in welcher Gestalt das wird zu gesehen haben, läßt sih heute s{hwer sagen; wir werden wok! nob cin, vielleicht zwei Jahre Erfahrungen abwarten müssen. Die iüngste Stempelnovelle ist seit so kurzer Zeit erst in Kraft, daß et s absolut nicht sagen läßt, ein wie großer Theil am Nachlassen der Einnabmen auf die Erhöhung des Börsensteuwels zu {reiben ift und cin wie großer Theil auf den allgemeinen Rückgang der Ge- schäfie. Bis 1900 war die Gesammtcinnahme aus den Stempeln, und mwvar cins{licklih des Wechselsiempels, aber ohne den Lotterie- stemvel, langsam gestiegen, 1900 ergab sie etwas über 54 Millionen Für das laufende Jahr können wir nur auf 49 Millionen rethnen und für 1902 baben wir 55 Millionen eingeslellt. Ob aber diese 56 Millionen auch sicher einkommen werden, kann heute noch nieman? sagen; dazu muß die Geslaltung der Verhältnisse an der Börse eri abgewartet werden

Besser ift es mit dem Lotteriestempel bestellt, und hier tritt die Erhöhung des Stempels auf das Doppelte ziemlich voll in Kraft. Wir baben aus dem Lotteriesiempel, der früher zwischen 16 unt 18 Millionen brachte, für das laufende Jahr 35 Millionen zu erwarten und fönnen fúr 1902 rund 39 Millionen einsiellen. Es ist das eine Bethätigung des Grundsayes, dah diejenigen nicht alle werden, die in der Lotterie lhr Glôck rersudhen

Traurig, meine Herren, sieht es aber aus mit den Posicinnahmes

mehr an das Ausland abzugeben haben als in den leyten Jahren Wenn wir dic Summe ziehen aus allen Erscheinungen, die sich bei

| Die gewährten Verkehröserlelhterungen, von denen man in arcter | Kreisen annahm, dah sie ih durch Steigerung tes Verkehrs balt

e | der Zueersteuer gezeigt haben, so ergiebt sub, daß cine Abäahme des | wieder in ihren finanziellen Ergebnissen einbringen würden, haben tat

Zuckerverbrauchs auf den Korf neh nicht nabgewiesen werden kann | Sie ift in der Presse mehrfach behauptet worden, eine genaue Ver- " Ausgleichöbeträge von Baveta uad Wárttemberg und einschließlich e:

| alt gethan. Der Hécbiibetrag an reinem Ueberschuß, einschliehlich det

Reichsdruckerei, ist im Jahre 1899 mit 48 Millionen zu verzeihnen gewesen. 1900 fam ein Rückschläg auf 14 Millionen, also ein Verlust von fast drei Vierteln der Einnahme, allerdings zum theil, in Höbe von 7 Millionen, beeinflußt durch die einmalige Auszahlung an die Privat-Postanstalten. Gleihwohl bleibt nach Abseßung dieser 75 Millionen ein reiner Einnahmeausfall von 264 Millionen zu ver- zeichnen, der also lediglich auf die Verbilligung der Tarife zurückzuführen ist und welcher zeigt, daß man mit der Verbilligung von Tarifen, sei es bei der Post, sei es bei der Eisenbahn, nur dann vorgehen fol, wenn man darauf gefaßt ist, einen größeren Ausfall dur mehrere Jahre zu ertragen. So \{nell bringen sich solche Verkehrserleichterungen nicht ein, daß bereits das nächste Jahr dieselben Ziffern aufweist wie das Vorjahr. Für das laufende Jahr wird ih der Ausfall auch

noch stark fühlbar machen. Wir können die Post- und Telegraphen- -

einnahmen nebst den Ausgleichsbeträgen und dem Ertrage der Neichss druckerei nur auf 29 Millionen veranschlagen. Das ist weniger, als wir 1895 {on gehabt hatten. Erst 1902 werden wir die Ziffern von 1899 wieder erreichen, sogar um ein Geringes überschreiten, aller- dings nur mit einem kleinen Kunststük, indem wir 20 Millionen für die Fernsprechleitung auf die Anleihe nehmen. Das i} aber zu rehtfertigen ; denn die schnelle Ausdehnung unseres Telephonbetriebs blickt weit in die Zukunft hinaus, und das Anlagekapital, das darin steckt, wird sih zum theil erst in der Zukunft nußbar machen. Es ist also sehr wohl vertretbar, wenn die Zukunft cinen Theil dieser Kosten zu tragen hat.

Ich habe Ihnen bis jeßt die einzelnen Einnahmequellen nah ihrem Schwanken und ihrem thatsächlihen Ergebniß in den letzten Jahren seit 1895 gekennzeihnet und will nur noch einige Worte über die allgemeinen Ergebnisse der drei Etats von 1900, 1901 und 1902 sagen und dann speziell auf den vorliegenden Etat für 1902 eingehen. Die Haushaltsübertßt für 1900 liegt Ihnen bereits vor. Sie ergiebt bei den Neichseinnahmen eine Mehreinnahme von 7 Millionen. Der steht aber gegenüber eine Mehrausgabe in Höhe von 9 Millionen. Der Etat für 1900 {ließt also mit einem Fehlbetrag von 2 Millionen ab, dem ersten Fehlbetrag seit einer Reihe von Jahren. Die Mehr- einnahmen 1900 werden hauptsächlich bedingt durch das sehr günstige Ergebniß der Zuckersteuer und durch die starken Mehreinnahmen aus dem Bankwesen 11 Millionen —, ihnen steht aber gegenüber die große Mindereinnahme bei der Post, die ih Ihnen bereits gekenn- zeichnet habe, und infolge dessen {ließen wir, wie gesagt, mit einem Fehlbetrag von 2 Millionen ab. Auch bei den UVeberweisungs\teuern wäre cin kleiner Mehrbetrag zu verzeihnen gewesen in Höhe von etwa 9 Millionen, wenn die Stempelnovelle nicht einen Theil der erhöhten Stempelabgaben der NReichs-Hauptkasse als Betriebsmittel zugewiesen hätte. Da dieses der Fall gewesen ist, sind Mebhr- einnahmen bei den Ueberweisungssteuern nicht eingetreten, im Gegen- theil eine Mindereinnahme von 64 Millionen, welche die Bundes- staaten zu tragen haben. Von einer lox Lieber ist für das Jahr 1900 de faecto feine Rede.

Ich komme noch mit einigen Worten auf die Betricbsmittel der Reichs-Hauptkasse, welche durh die Mehreinnahme aus der Stempel- novelle in erfreuliher Weise gestärkt worden sind. Sie sind gestärkt worden, sind aber noch viel zu {wach. Wir haben, wie den Herren bereits bekannt ist, fortwährend große Vorschüsse zu leisten auf Grund der Arbeiterversicherung aller Art. Diese Vorschüsse haben beispiels- weise im April 1901 rund 140 Millionen betragen. Das war der hôchste Betrag, der bis jeßt je vorgekommen is, und wenn man hiervon dén Antheil abzieht, welhen das Reich kraft des Etats als Zushuß zu den Versicherungsrenten zu leisten hat, so ergiebt \sich immer noch ein reiner Vorschuß der Reichs-Hauptkasse in Höhe von 108 Millionen. Wo wir einen Vorshuß von 108 Mil, lionen in Zeiten sinkender Reichseinnahmen hernehmen wollen, ist mir unklar, und ih kann deshalb nur sagen: die Reichs-Hauptkasse bedarf verstärkter Betriebsmittel, und wenn verstärkte Betriebsmittel seitens des Reichstages in künftigen Jahren nicht bewilligt werden, dann muß eben der Reichs - Schaßanweisungökredit, der jett in maximo 175 Millionen beträgt, um eine runde Summe erböbt werden; scnst tritt eines s{chönen Tages bei der Neichs-Finanwerwal- tung der Zustand ein, daß die Reichs-Hauptkasse nicht mebr ablen fann, und daß die Reihs-Schuldenverwaltung \sih cinfah weigert, ncue Sdchayanweisungen auszufertigen. Das ist ein Zustand, meine Herren, den Sie selber niht wünschen wetden. Wenn ih Jhnen vorhin die höchste Ziffer dieser Reichszushüsse uannte, so will ih JIbnen auh die niedrigste Ziffer nennen. Die niedrigste Ziffer des Reichs zushusses für die Arbeiterversicherung betrug im Juni 1901 : 67 Millionen, und wenn man davon wieder den Antheil der Monate April, Mai, Juni am Reichszushuß abzieht, immer noch 59 Millionen Mark. Also unter 59 Millionen betrug der Vorschuß, welchen die Reichs- Hauptkasse infolge der sozialpolitischen Gesetne leistet, nie: er steigt aber gegenwärtig bisweilen bis zu 108 Millionen netto, und er wird mit jedem Jahre weiter steigen. Meine Herren, das sind Verbält- nisse, die auf die Dauer nicht weiter bestehen können. (Glocke des Präsidenten.) Die Folge dicses Zustandes ist, daß wir gegenwärtig, troydem wir im leyten Frühjahr erst 300 Millionen Anleihe auf- genommen, s{hon mit rund 100 Millionen Mark wieder in den Schay- anweisungen sind, und daß es ih in Zukunft leiht ereignen kann, daß wir genöthigt sind, eine Anleihe zu einer Zeit aufzunehmen, wo e sich aus anderen wirthschaftlichen Gründen widerrathen würde. Die Reichs-Finanzverwaltung befindet sich aber bei solchen Verhältnissen ia einer Zwangslage, an der sie nichts ändern kann.

War das Jahr 1900 bereits unbefriedigend in seinen Schluß- ergtbnissen, so ist das Jahr 1901 das s{lechteste, das wir seit langer, langer Zeit gehabt haben. Der Fehlbetrag tes IAahres 1901 wird voraussichtlich mehr als 43 Millionen betragen, und bei den Ueber- weisungösieuera außerdem noch 18 Millionen, im Ganzen also ein Fehlbetrag von fast 62 Millionen.

An diesem ungünstigen Ergebniß tragen nicht etwa große Mehraus- s2ben die Schuld. ‘Mebransgaben baben wir überbaurt im laufenten Jahre, soweit ich shäye, im Reih nur wenig über 4 Millionen zu erwarten, nad diese béeinflussen das Etgebniß nicht wesentlich. Zutem beruht tin Theil dieser Techrausgaben, wie ih gleich erwähnen kann, auf sichlicher Grundlage: 1 V. cine Million bei der Jnvalidenversicherung, tine halbe Million beim Pensionsfonds, und fast cine Million bei der Marine ist die Folge gefteigerter Kohlenpreise. Das sind Sathen, die Vemand ändern fann. Vielmehr machen die Mindereinnahmen den eigentlichen Feblbetrzg aus. Die Mindereinnahmen betragen bei der

174 Millionen gegenüber tem Etatsanschlag. Die Gründe da- den habe ih Jhnen bereits vorhin auscinandergeseyt und brauche fie

hier - nicht zu wiederholen. Die kleinen Reihs-Eisenbahnen ih sage kleinen im Vergleich zu dem großen preußischen Eisenbahnneßz werden mit einem Minderbetrag von 10 Millionen abschließen. Meine Herren, diejenigen von Ihnen, die im preußischen Landtage sißen, werden die Ziffer vielleiht mit Interesse hören, weil sie einen Rüks{luß auf die Mindereinnahmen bei den preußishen Staats- eisenbahnen zuläßt. Die Zuckersteuer bringt 4 Millionen unter dem Anschlag, die Maischbottichsteuer 2 Millionen unter dem Anschlag und die Brennsteuer 24 Millionen. Ich erwähne die Brennsteuer hier speziell, weil es ja eigentlih wie cin. Unding klingt, daß die Brennsteuer einen Minderertrag liefern follte; ihr Ertrag war ja überhaupt niht dazu bestimmt, in die Neichskasse zu fließen. Das hängt folgendermaßen zusammen: Wir haben in den ersten Jahren des Bestehens der Brennsteuer niht sofort den ganzen Betrag aus- shütten können, weil wir nicht wußten, wie sih die Verhältnisse ge- stalten würden, und die Vergütung für denaturierten Spiritus und Aehnliches ist deshalb ér von Jahr zu Jahr allmählih bis auf ihren Endbetrag gesteigert worden. Es hatte si \o ein kleiner Fonds. an Ueberschüssen angesammelt, und dieser Ueberschuß ist zu den leßten Brennsteuervergütungen im verflossenen Sommer verwendet worden. Er mußte aber, da er mangels einer geseßlichen Grundlage aus früheren Jahren nicht als besonderer Fonds hatte zurückbehalten werden können, aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden, und infolge dessen erscheint diese Brennsteuer im Fehlbetrag des Jahres 1901 mit einem Betrage von 24 Millionen.

Von den verschiedenen Verwaltungseinnahmen erwähne ih nur, daß cin Erlös von 44 Millionen, der veranschlagt worden war für den Verkauf des Exerzierplaz-Grundstücks vor dem Schönhauser Thor in Verlin, nicht eingegangen ist; er hat wieder abgeseßt werden müssen, weil nah näherer Prüfung es ih gezeigt hat, daß es un- wirthschaftliß wäre, dieses Grundstück jeßt {on zu veräußern. Es wird wahrscheinlich in Zukunft bedeutend bessere Preise bringen. Deshalb erscheint auch bei den verschiedenen Verwaltungéeinnahmen ein kleiner Ausfall, während ohne diese 44 Millionen wahrsch{heinlich ein Uebershuß geblieben wäre.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, daß das \{hlechte Ergebniß des Jahres 1901 auf dem Rückgang im Verkehr beruht, im Verkehr bei der Post, im Verkehr bei der Telegraphie und im Verkehr bei der Eisenbahn Bei den Ueberweisungssteuern ist es auch wieder der Verkehr, der uns im Stiche gelassen hat. Hier wird der Börsenstempel voraussihtlich um 28 Millionen hinter dem Vor- anschlage zurückbleiben, falls die lêhten Monate des Rechnungsjahres niht ein Wiederaufleben des Börsengeshäfts bringen sollten, was weuig wahrscheinlich ist. Auf die Gründe des Nachlassens des Börsenstempels bin ih vorhin eingegangen und brauche sie hier nit zu wiederholen. Das Gesammtergebniß der Ueberweisungssteuer wäre wahrscheinlih noch s{lechter, als es voraussihtlich sein wird, wenn die Zölle niht 94 Millionen über den Anschlag bringen würden.

Der laufende Etat zeigt deutlih, daß man solche Verkehrösteuern wie den Börsenstempel, nicht zu {arf anziehen soll, wenn sie mebr eintragen sollen, und daß man bei den Verkehrsinstituten die Ver- billigung der Tarife niht eher fordern soll, als bis man gewillt ist, den dadurch in einer längeren Reihe von Jahren sicher entstehenden Ausfall auf andere Weise zu decken.

Ich habe den Etat für 1902, obgleih ih seine einzelnen Ziffern bisher niht erwähnt habe, doch in großen Umrissen bereits gekenn- zeihnet, und werde deshalb in seinen Einzelheiten kürzer sein können. Wenn der für 1902 vorliegende Etatsans{hlag nur durch eine Er- gänzungsanleihe balanciert werden kann, so erwarte ih allerdings ten Einwurf: weshalb hat der Bundesrath niht mehr an den Ausgaben gestrihen? Jch kann Ihnen die Versicherung geben, daß der Bundes- rath den Etat so \{arf angefaßt hat, als es irgend möglich war; aber an denjenigen Titeln, die sonst am meisten zu Streichungen einladen, den Bauten, kann beim besten Willen nichts mehr abgestrihen werden. Jch würde dringend rathen, das auch in diesem hoben Hause nicht weiter zu versuchen. Wir baben an ersten Raten im Etat 15 Millionen stehen natürlich Schiffsbauten, also nur Hochbauten und andere und 72 Millionen an den Fortsezungêraten. Fast allenthalben im Deutschen Neich bat sich Arbeitélosigkeit bemerkbar gemacht, und die großen Eiscubabn- verwaltungen find in dankenswerther Weise damit vorgegangen, bereits geplante und verans{hlagte Bauten ‘in bes{hleunigatem Maße zur Ausführung zu bringen, um den Leuten mehr Gelegenbeit zur Arbeit zu verschaffen. Jh möhte Sie also bitten, hier keine ersten Raten abzustreihen und keine Fortsetungöraten zu s{mälern, denn mit jedem Abstrih an dieser Stelle entziehen Sie so und Arbeitern ihr Brot.

Einzelheiten aus dem Post-Etat unterlasse ih zu erwähnen. Ich

ohne die

0 viel

mache nur darauf aufmerksam, daß die Frage der Postassistenten. die den Reichstag so oft beschäftigt “bat, im Jahre 1902 ihre Lösung findet. Es ift cin Gesammtmehrbetrag eingeseßt werden von rund 14 Millionen, der es crmöglichen soll, die Gehälter der Postafsistenten in einer im Reichstage oft besprochenen Art und Weise schneller an- steigen zu lassen.

Im Invalidenfonds ist der Titel für die hilsöbedürftigen Kricgs- theilachmer, die sogenannten Veteranen, um eine volle Million & höht worden, um allen solchen, wel&e sich bis jeyt als bedürftig er wiesen haben, die Woblihat der 120 A zu gute kommen zu lassen Die Juaterpellation des Herrn Abg. Arndt wird Gelegenheit geber, diese Sache näher zu besprechen, und ih unterlasse es deshalb, jeyt darauf einzugehen. Aber ich kann nicht unterlassen, Ihnen erneut zu sagen, daß der Invalidenfoads stark auf dem Aussterdbe-Etat sicht. - IH dabe Ibnen | bereits in der verflossenen Tagung dieses hohen Hauses gesagt. der Invalidenfonds ift bankerott, und in dem Sinne, in dem ich den Aus- druck im vorigen Winter gebraudht habe, gebraucde ih ibn au beute noch. Bankerott ist der Invalidenfonds, weil er nieht im stande ist den idm zugewiesenen Aufgaben mit den rothandenen Karitaldeständen und der Zinseneinnahme gereckt wu werden. Das li dec Fall niht allein wegen . der Erhöhung der Bewilligung für die | Veteranen, sondern ia erster Linke ilt es der Fall infelge der Etr- | höhung der Kriegöpension durch das Gesey vom Il. Mai 1901 welches den Invalidenfonds zur Zeit jäbelih mit rund 15 Millionen mehr belastet. Wann der Fonds zu Ende gehen wird, weil id nitt: id habe angeordnet, daß eine außerordentlicde Bilanz aufgestellt werde und ih hoffe, daß das Ergebali der Bilanz vorliegen wird, lobalt die Budgetkommission in der Lage ist, Kd mit dieer Frage zua de

schäftigen. Dann werden wir uns cingedendexr In der Budactkom mission darüber unterhalten können. Ader von dem. was id da

F

gesagt habe, ter Invalidenfonds is bankerott, nehme ih nicht ein Wort zurü. i :

Beiläufig erwähne ih aus dem Etat für 1902, daß die Ein- nahmen aus dem Münzwefen, die im Laufe der leßten zehn Jahre immer von der Schuld abgeschrieben worden waren,* jetzt wieder den ordentlichen Einnahmen zugewiesen werden sollen. Es ist das finanziell keine große Frage, es handelt sich nur um wenige Millionen und es hat auch prinzipiell keine Bedeutung; denn wollten wir 1902 diese Einnahmen aus dem Münzwesen wieder von der Anleihe abschreiben, so würde die Ergänzungs- anleihe um dieselbe Summe gesteigert werden müssen, in Wirklichkeit würde die Gesammtauleihe dieselbe bleiben. Für die Kosten unserer Münzreform in den 70er Jahren haben wir seiner Zeit ungefähr 464 Millionen Anleihe aufnehmen müssen. Durch die Uebermeisung der Einnahmen aus dem Münzwesen auf die Schuld find im Laufe der leßten zehn Jahre 264 Millionen Mark abgebürdet worden, also hon mehr als die Hälfte jener 464 Millionen. Wir werden sider zu dem System der Abschreibung vom Schuldentitel zurüdfehren, sobald wir mit einer günstigeren Lage des Etats renen können. Für 1902 wäre es aber eine Art Selbsttäushung, wenn wir den Münz- gewinn wieder von dem Schuldentitel abs{hrieben und die Ergänzungs- anleihe dann wieder entsprechend erhöhen wollten.

Im Heeres Etat. finden Sie eine Neuerung betreffs der Festungs- baufonds. Ich möchte diese Neuerung mit einer kurzen historischen Einleitung begleiten. Durch das Geseh vom 30. Mai 1873 roar ein MNeichs-Festungsbaufonds von 216 Millionen begründet worden. Er hat bis 1888/89 ausgereiht, um die nothwendigen Bauten an den deutschen Festungen zu decken. Dann wurde ein System eingeschlagen, nach welchem die weiter nöthig werdenden Festungsbauten besonders im Etat erschienen, und es wurde zu gewissermaßen laufenden Bauten bei einer Reihe von minder wichtigen Festungen ein Sammelfonds gebildet und in gleicher Höhe autgestattet wie die aus diesen Festungen eingehenden Erlöse für Grundstücéverkäufe. Die beiden Posten glichen

sih also ab. Von 1893/94 ab mußten indeß neue Mittel bewilligt werden. 1895/96 wurde ein allgemeiner Fonds von 334 Millionen geschaffen und 1899 auf 834 Millionen

erhöht, auf welchen Fonds in den einzelnen Etats bis jeßt im Ganzen 74 Millionen bewilligt worden sind, sodaß noch rund 94 Millionen zu bewilligen bleiben. Die Veränderung in dem gesammten Festungs- wesen und Artilleriewesen wird aber die Bildung eines neuen größeren Fonds für die nächsten Jahre nöthig maheu. Das Nähere darüber werden Sie in der Budgetkommission erfahren. Auf diesen neuen Fonds sollen vorläufig im Kap. 12 der Anleibe 194 Millionen an- gewiesen werden. Das ist der Zusammenhang dieser Festungëébaufrage, welche manchen der Herren, wenn sie lediglih die Ziffern des Etats gelesen haben, vielleiht nicht ganz flar geworden sein dürfte. In Ver!indung hiermit steht die Neuerrihtung von 10 Kompagnien Fuß- Artillerie, weil die neuen Festung2werke begreifliher ‘per stärkten Besatzung bedürfen.

Ich komme nun noch mit wenigen Worten zur ostasiatischen Expedition. Soweit die vorliegenden Zusammenstellungen reien, find für die Expedition nach Ost-Afien bisher endgültig verrzchnet 128 Millionen auf die Kredite von 1900 und 43 Millionen auf die Kredite von 1901, zusammen 171 Millionen. Es stehen nah den sorgfältigsten Schäßungen bis zum Schlusse des Rechnungéjahres 1901

Weise einer vers

S U Lj noch Zablungen zu erwarten von 7 Millionen auf 1900 und von 48 Millionen auf die Kredite von 1901, scdaft un die Expedition, abgesehen von den Zinsen der

ai a Cts zinsen der aufgenommenen Anleibe,

Kredite v

- e l

e D

e goCc V 5 D T4 s : C 1 S L rund 226 Millionen gekostet haben wind. Die zusammen in Höhe A 7ER M f] 5 c. - é

von 276 Millionen bewilligten Kredite werden für die cigentliche Erpedition also vorauésichilich niht voll in Anspru genommen

werden. Es bleibt, soweit die bisherigen Schäßungen es zulassen, noch eine aktive Spannung von rund 50 Millionen. China bat uns

als Entschädigung 85 Millionen Taels zugesagt. Diese §5 Millionen Tacls ergeben nah dem gegenwärtigen Kurse von 3 4 und eciniacn

Pfennigen für den Tael, falls dieser einigermaßen stabil blcibt, rund 260 Millionen Mark. Der Gewinn, den das Reich aus der Gegenüberstellung dieser 260 Millionen mit den L zaben für 1900 und 1901 erzielt, ist aber uur von dieser Spannung von 34

die Zinsen der aufgenommenen Anleibe für die Zwischenzeit Eingeben der erften Nate don nweitens die

ungünftiger Kurtshwankungen, welde den Goltwertbh des Taels herabdrückden können; es fönnten au verspätete Ratenzablungen cin- treten, obgleih allgemein von Kennern Chinas bebauvtet wird, China

Millionen sind

0E zum Möglicdkeit

Shina dina

werde der pünktlihste Zabler der Welt sein. Außerdem sind auf die 4 Millionen ader noch anzurehnen die NeuanschaFungen und der

Minderwertb an Kriegs- und SHifsämaterial theil gelitten baben und Hinterdliedenenbezüge, die infolge der oñaßiatisden Ervedition wu zablen fein

zehnte zu zahlen icin werden. Also alle diese,

CL noch nicht feititedenden, zum theil erf

S cid die in Ost-Afien zum allem der Kapitalrwerth der Pensionen

un “cer S Lm .

H « dee «ars

ibrer Höhe nach t in îpâte Zukunft fallenden 34 Millionen sicher

E e d T CT u Den

Si * denen cinige lange

-

ai H Ä D M Ausgaben werden jene Spannung don crreiSen

ad.

übersteigen

Die von China zu zablende Entschädigung hat noch cinen klcinen Begleiter. Das sind die 5 Millionen zur Enrichädiguag der Privaten dergiebt, welche durh die Wirren in verschiedenen Theilen Chinas zu Schaden gekommen sind. Nun wird bekanntlich die ganze dine Kricgöentsdädigung, soewebl die % Millionen an das

D

die China

| Deutsche Neich wie die 5 Millionen an die Privaten, in ciner Summe

verzinst und amortisiert. Wenn man sich deshalb auf den Stant

| dunkt des strengen Netdnungsdeamten, möchte ich sagen, Fellea will, io Kis S K p - d * Ï Y 2 | bätte von der ersten Rate das Deutsche Reich “5 und die Privaten

nur * ch, also ‘14, wu beanspruchen. Es wäre aber unwvirthiSaitlid

| die Privatleute, Firmen, Rhedereien, MYsonen und wer cs son sein

mag, die dur die Wirren in China geiSädigt find, auf 40 Zahre zu verirêften, und deshald lagen die verbündeten Regierungen Ihñüen dor, die erste vón China zu zablente Rate vorweg auf die 5 Millionen Taels Entschädigung an Privatleute zu derrechnen und diese Fort voll m cntshDigen. Das Neid lann hedenfalls desser ein Jahr länger warten, als diese Leute e# lénneu. Dann muß ich, vorgreifend auf künftige Ire. noS den reébiliden Charakter der Herauszahlungen von China kurz berühren. Die Heranszadlungen von China seyen id aus wei Raten zusammen: aus ciner Ameortisationdrate, das f die Abzablung auf das Kurital der ® Millionen Taecls, und aus ciner Zindrade, das it Ae Ver- zinsung für den noh nichi dezahlten Theil der W Millioven. Daß

t R