1902 / 11 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jan 1902 18:00:01 GMT) scan diff

seits die Bankkrisis, die wir leider haben durmathen müssen, in eine gewisse Verbindung gebraht mit den Bestimmungen des Börsengesetzes

und mit der Ausführung dieser Bestimmungen.

gegangen, und man hat demgemäß zuviel produziert gegenüber de dauernden Absazmöglichkeit.

Was aber unsere Bankkrisis anbetrifft, so hätte auch durch die strengste DurWführung des Börsengesches die Bankkrisis an sih nicht verhindert werden können. Zunächst sind die Kassapaptere, ebenso wie die unter die Vorschriften des Terminhandels fallenden Papiere, in könnte kein Bêrsengeseß verhindern, daß Manipulationen vorgenommen werden, die man als Betrug, als Fälschung, als strafbaren Eigennuß charakteri- fieren muß. Solche Dinge kann man nachher bestrafen, aber nicht

die Höhe getrieben worden. Aber abgesehen davon,

dur ein Börsengesetß verhindern.

Aus diesem traurigen Bilde, das die Bankkrisis bietet, welche wir durdgemacht haben, sollte das Publikum die eine Lehre \{öpfen das Publikum, das sich in allen Kreisen der Gesellschaft findet —, \{lesien bei der derung Auseinandersetzungssachen zu bearbeiten ge- daß man in der Regel niht ungewöhnlih hohen Zinsgewinn mit

Man sollte au in Deutschland mehr erkennen, wie man das in anderen Ländern längst

einer dauernd siheren Anlage verbinden kann.

erkannt hat, daß Vermögen und namentlich kleines Vermögen am besten angelegt wird in unbedingt sicheren, wenn auch bescheiden ver- zinslihen Papieren. Wenn wir sehen, daß so zahlreiche offene Depots bei den Banken verloren gegangen \ind, und wenn wir näher nach- forshen nah den Eigenthümern, so find da viele Depots darunter von Leuten, die absolut nicht in der Lage sind, zu spekulieren, die aber troßdem ofene Depots binterlegt haben, um daraufhin besonders gewülnbriugénde Ges{äfte zu machen. Personcn, die bierbei Verluste erlitten baben, baben keinen besonderen Anspruch auf Mitleid.

Ich meine also, man kann weder unsere Bankkrisis noch unsere Absaßkrisis irgendwie in Zusammenhang bringen mit der Durhfübhrung des Börsengeseßes. Jch babe jeßt keine Veranlassung, mi darüber mit Ihnen zu unterhalten, in welcher Weise das Börsengescß durch- geführt ist oder nicht. Die Durchführung des Börsengeseßes wie aller Reichsgesetze geshicht durch die Einzelstaaten. Die Börsenfrage ist überwiegend brennend in Preußen, und deshalb hat auch die preußische Regierung einen Antrag auf Aenderung des Bôörsengesetzes beim Bundesrath eingebracht. Wenn dieser preußische Antrag hier ver- handelt werden wird, wird auch der Augenblick gekommen scin, darüber zu diéfutieren, ob das Börsengesey zutreffend ausgeführt ist, und welche Aenderungen desselben unbedingt nothwendig sind. Ñ

Abg. Dr. Hermes (fr. Volksp.): Unser Urtbeil über den Fall Spahn wird bestimmt durch die Haltung meiner Partei in ähnlichen Fragen. Ich stehe ganz auf dem Standpunkt des Professors Mommsen

und der Zustimmungsadressen der Universitäten, namentli der Bres- lauer Adresse. Wir bedauern, daß \ich bei Beseßung der Lebrstellen

Einflüsse geltend machen, die geeignet sind, tüchtige Kräfte zurüczu- drängen. Nicht die Zugebörigkeit zu irgend einer Konfession, sondern die wissenschaftliche Qualifikation darf entscheidend sein. Der Aba. Oertel bofft erbeblice Ginnahmen aus dem Sactharingéses. Mit Unrecht, denn das Gesez würde eine Einschränkung der Produktion zur Folge baben. Sie (rechts) \prechen immer von dem Schuß der nationalen Arbeit, der nationalen Industrie. Js das Saccharin nicht au cin Zweig der nationalen Industrie? Es werden überbaupt nur 100 000 kg im Jahre in Deutschlarid produziert und davon wird die Hälfte expörtiert. Sie werden nichts Anderes erreichen, als diese Industrie ins Arstland zu treiben.

Abg. Fürst Radziwill (Pole): Herr Arendt übersiebt, taß au eine fiarke Minderheit das Ret hat zu existieren. Seit 100 Jahren besteht in Preußen eine Polenfrage. Die beutige Rede tes Neichs- fanilers im preufis{hen Abgeordnetenhause beweist klar, daß die polnische Bevölkerung seit 100 Jahren nicht zurückgegangen, sondern erftarkt ift. Der Abg. Sattler hat gemeint, wir hätten uns überzergt, daß seine Ausführungen über die galizisGen Verbältnisse niht zu widerlegen seien. Wir find nur deshalb nit darauf cingegangen, weil die Be, svrechung unserer Interpellation vertagt worden ift, und weil wie annebmen, daß diefe Besprechung demnächst stattfinden wird. Es ift durhaus fals, daß wir feinen Werth auf diese Besprehung legen ; im Gegentbeil, wir legen den größten Werth darauf, daß sie beendet wird. Die Bébauptung des Abg: Sattler, daß cs in Galizien keinc einzige ratherishe Volksschule mehr gebe, wird dur die offizielle An- gebe widerlegt. Die Rutbenen baben mchr Vol!kschulen als es ibrer Bevöl! iffer entspricht. Auf die übri Schauergeschichten tes A Sattler gebe ih nidt ein. In Preußen besteht für drei Millionen Unterthanen auch nit eine Volléshule mit polnis@&er Unterrichteïprohe. Auch wir wollen im nationalen Kampf nit unter die Näder kommen.

Hierauf vertagt sich das Haus.

Bebel (Soz) erklärt, daf er morgen verreisen müsse und S ld die Antwort auf die Reten des Neichskaralers und tes Kriegs-Minisiers für die einzelnen Etats vorbehalte

Sáluß nah 6/7 Uhr. Nächste Sizung Dienstag 1 Uhr. (Fortsczung der Etatsberathung. Interpellation Arendt, be- treffend die Veteranenbeihilfe, Jnterpellation Oriola. betreffend die Militärpensionsgesch ebung, Jnterpcllation Albrecht, be: treffend die Acdeitslofgkeit.)

Prenszischer Landtag. Haus der Abgeordneten

3. Sizung vom 13. Januar 1902, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung stehen die Interpellation der Abga, Hobrecht nl.) und Genossen, betreffend den Schuz des Deutshthums in den öfilicen Frooiagin, und die Jauterpellation der Abgg. Dr. von Ja:dzewsfi ( ) und Genoßen, betreffend Wreshener Shulvorgêänge und die Aenderung der Bestimmungen über den Neligionsuntetriht in den sprahlih gemishten

Landestheilen Hobrecht und Genossen lautet : die S iridite

E L

Ich halte mich deshalb für verpflichtet, hier von diesem Platze auf das entsciedenste

zu bestreiten, daß unsere Absaßkrisis oder unsere Bankkrisis in irgend einem Zusammenhange steht mit der Ausführung des Börsengesetzes. Unsere Absaßÿkrisis, meine Herren, ist eine natürlihe Erscheinung, die sih au in anderen Ländern wiederholt; auch England klagt über cine Absaßkrisis, auch in Frankreich klagt man über eine Absaßkrisis. Die Absaßkrisis besonders in Deutschland beruht darauf, daß man vielleicht in zu sanguinisher Weise Anlagen begründet hat auf Kon- junkturen, ven denen man sih sagen mußte, daß sie in diesem Um- fange nur vorübergehender Natur sein können. Man hat zu große Kapitalien investiert, man ist mit neuen Anlagen zu {nell vor-

staatsfeindliGe Bestrebungen Mtdee Se UNE

l 1 u verhüten? * Die Junterpellation der

bgg. Dr. von Jazdzewski un Wortlaut:

dieselbe in Anbetradt der bekannten Sch und im öffentlichen Interesse überhaupt es nicht

schulen der

nungen einer Abänderung zu unterwerfen.“

r | {lossen wird, diese gemeinsam erörtert werden sollen. Nachdem der Präsident des Staats-Ministeriums, Reichs kanzler Graf vou Bülow auf Anfrage des

worten, begründet die erste Interpellation der

Abg. Hobreccht (ul.): Es war vorauszusehen, daß diese Vor sten unser Jnteresse zunä

auf Wunsch meiner glaube, Niemandes

als die meinige. Ich hatte \{hon 1848 im

habt; ih habe mih bemü au ging, mit den Polen in ihrer Sprache zu reden. an der sel. Die pessimistishe Behauptung, da thum in dieser Zeit zurückgegangen fei, möcht ß aber die Einheitlich t sind gewachsen, feindlith

olnische Agitation hát außerordentlich zugenommen.

und sie is vor allem entschieden

Maßregeln der Regierung, sondern in der ungeheuren Dexdeß

unserer gesammten pelnischen Bevölkerung, die durch die Um- wälzungen unseres Verkehrs erleichtert wurde. Jn die Zeit dieser ewa lgen Umwälzungen sind auch die nationalen Umgestaltungen Ztaliens und des Deutschen Reichs, die Butwilelung des Ver- fassungslebens, die Freigebung der Presse und des Vereins- und Versammlungsrechts8 gefallen. Diese Vorgänge konnten richt obne Einfluß auch auf die Gestaltung der volnisen Bewegung bleiben; sie führten ihr Vortheile zu, die früher nicht existierten. Bei der Besprehung des Wreschener Prozesses ist auf die Naschheit hin- gewiesen worden, mit der das Ausland sich für diese Vorgänge inter- cssiert hat. Die Aufgabe des éêsterreichishen Staats, eine große Reibe verschiedener Nationalitäten zusammenzubalten, von denen feine nah ibrer Zahl und inneren Kraft eine dauernde Vorherrschaft fest- zuhalten im stande zu sein sheint, ist cine der {wersten und inter- essantesten, die je einem Staat zufielen. Die Bestrebungen der Re- gierungen, dieses Problem zu lôfen, fann ih nur mit größter Theil- nahme begleiten, aber ein Vorbild für uns, wie man es angedeutet hat, kann ih darin nit erblicken. Der preußische Staat ist gewasen und groß geworden als nationale einheitliche Macht; es ist sein Glück und das Verdieust seiner Führer, daß bei seiner Wiederaufrihtung ibm nur ein kleines Stückchen außerdeutsches Land zufiel, so viel nur, um die Grenze nach Osten zu sichern. In dieser nationalen Ge- schlossenheit hat der preußishe Staat die Kraft dazu gefunden, das Deutsche Reich aufrichten zu belfen. Was die polnische Agitation cr- strebt, . ist in seinen leyten Konsequenzen nur zu erreichen durch die Zershlagung Preußens. In den volnishen Blättern finden Sie dies auch unbedingt anerkannt. Dadurch ist unsere Position wie dur eine eiserne Nothwendigkeit bestimmt, niht dur irgend welche Ueberspannung des Nationalitätögefübls, niht durch Ghauviniêmus. Diese strenge Alternative zwingt uns auch in allen einzelnen Streitfragen zu einer Vorsicht, die sont wirklih nicht er- forderlih wäre i des Herra von Jazdzewéski betrachten. In den Rechtöfragen bin ih nit enüigend informiert, meines Erachtens s{chwebt der Wreschener Proteß noch; ist das Urtbeil w hart, so wird sih au in Preußen ein milder Richter finden. Wir haben es bier nur mit den Maßnakmen auf dem Gebiete der Unterrichtsverwaltung zu thun. Religion und Seins in Familie und Haus stehen im festen inneren Zusammendbange mit der Mutteriprahe; deshalb babe ich nicht verstehen können, wie die Aeußerung jenes armen Weibes in Wreschen, daß die Mutter Gottes jede Sprache versteht, in der sie angerufen wird, Verwunderung erregen konnte. Aber Kirche und Haus gewähren ihnen ja avch die Untenwecisung in polnischer Sprache. (Die folgenden Ausführungen des Redners werden auf der Tribünc im Zusammenhange nit verstanden.) Uasere Interpellation bezweckt, daß uns die Zusicherung gegeben werden soll, daß wir auf die Bei- behaltung des seit cinigen Jahren cinge!{lagenen Kurses zu renen baben. Da kommt vor allem die Unterrichtsverwaltung in Betracht. Hoffentlich giebt sie uns die Zusicherung, daß sie tacan festhalten wird. Es fönate ja gewiß auch in diesem oder jencm Punkte anders, vielleicht besser gemacht werden, aber das Bessere ist des Guten Feind, und keine Aenderung ist im stande, ten {weren Schaden wieder gut zu machen, der dadurch entsteht, daß, unsere deutschen Landsleute ihr Vertrauen in die Festigkeit und Stetigkeit der Verwaltung erschüttert sehen. Gerade

diese Sicherung wollea wir dur unsere Juterpellation erreichen. Jch wiederhole, ih enthalte mi

eder Kritik ter Vorgänge, welche in unserem, uns so nabe befreundeten Nachbarstaat, in Oeiterreich, sich abgesvielt baben. Aber alcihzültig können wir nicht bleiben gegen die Vorgänge im galizishen Landtage. Eine Wiederholung würde die obnebin s{bwere Aufgabe unserer Regicrung apf diesem Gebiete schr er- s{weren, und ih würde mich freuen, wenn dic Regierung, uns au in dieser T fór die Zukunft bcrubigente Versicherungen geben könnte. Gatl hofe ih aud auf die Zusicherung, dak die Fürsorge der Regierung für die Woblfabrt der östlichen Provinzen fortzauern und sich noch steigern wird. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- bunterts find außerordentliche soziale Umwälzungen vorgekommen, die Auswanderungen allein erreichten einen ungemein boben Grad. Heute ist diese Ershcinong in der Abnahme begriffen. Es genügt uns, wenn wir vou der Staatsregierung die Zusicherung bekommcn: Wir wolica in tem Bestreben für die Hebung des Oflens urd der Pro- dultion in den éfllichen Provinzen unsere Fürsorge fortsehen. unst Preußens nah seiner inneren Eatwikelung licgt im Often. ie fortera ron der Staatsregierung die Erhaltung der uralten Kulorarbeit, und wir find überzeugt, daß wir damit für das ganze Volk das Beste leisten, was wir köagen. Zur Begründung der zweiten ZJnterpellation erhält das

?

: a tert amáé in ten e ia zet L) vater der ter Rarñtern Saltorarbeit unr frtreS bat, das j pflegen,

abzuwehren und das Zurückdrängen

Genossen, welche auch vom Zentrum unterstüßt ist, hat folgenden

„Wir richten an die Königliche Staatsregierung die Frage, ob ulvorgänge in Wreschen der

: ür geboten er- achtet, die auf dem Gebiete des Religionsunterrihts in den Volks-

rahlich gemischten Landestheile getroffenen Anord-

fell A, Vorschlag E B u Age auern eide Znterpellationen bei der Berathung dergestalt verbunden i daß zuerst die beiden Jnterpellanten zur Begründuna, darauf dem Namen, Volkosch der Vérireter der Negierung zur Antwort das Wort erhalten und dannz falls eine Besprehuna der Jnterpellationen be-

( Präsidenten sih bereit erklärt hat, die Juterpellationen sogleich zu beant-

gänge im V Q beherrschen würden, deshalb wollten meine Freunde diesen Gegenstand vor anderen Berathungs-

egenständen wvorwegnehmen. - Obwohl ih in der leßten Zeit ie einzelnen Konflikte nit aufmerksam genug verfolgen konnte, und obwohl ih bei der Atusti dieses Hauses mit

der Schwierigkeit meiner Stimme zu kämpfen habe, babe ih doch reunde die Begründung überuommen, denn ih rfahrung in diesen Dingen reiht weiter zurück

B sten ein Landrathsamt u verwalten und lange Jahre in Posen, Westpreußen ‘und Ober-

t, polnisch zu lernen und, so \{le{cht es l Auch bin ih seit nes Jahrzehnten Vertreter eines \prachlih gemischten Kreises eih das Deut sch- e ih nicht bestäti Sie anwälte niht ein, obwohl die Lehrer von dem Fihtigungüreht in feit und das Geschick ihrer Führer und ihre Mittel l e deuts- ? geworden. Die früheren polnishen Erhebungen, namentlich die von 1846, batten wesentlich lokalen Charakter. Solche Erregungen unter den Polen von den Karpathen bis zur Düna, wie die jeßigen, waren früher unmöglih. Die Erklärung aber liegt niht in unbi E zwischen dem König Friedrich Wilhelm 111. und dem Minister Harden-

In diesem Sinne müssen wir au die Interpellation .

Wir wollten die Staatsregierung darüber P, in welGg Weise und mit welchen Gründen die Staatsregierung den Abs nitt d | der Thronrede, der \ih auf die Verhältnisse iu den emifht\prächigèn ‘Landeêtheilen bezieh , und der geradezu auf einen Vernichtungöfaun in wirthschaftliher und politisher Beziehung gegen die Polen hinaus, läuft, mit den Bestimmungen der Verfassung und den Forderungen Gerechtigkeit in Einklang bringen will. ‘Neues kann in diesér râge allerdings nicht gesagt werden, aber die Pflicht gebietet uns, diefe Fr immer wieder zu erörtern und zu fägen, wie das Ge Negterung, systcm gewirkt hat und wirkt. Dieses Regierungssystem L id einmal în ganz Europa Erstaunen erregt. ir haben eine Volks\chule ohne Volkssprache; das versteht man in der ien Welt nicht vo einem Kulturstaat wie Pteuben, Ist das nicht ein Widerspruch mit ule selbst? Einen NReligionsunterricht,. erteilt

gegen die Grundsäße der Kirche, gegen den ausgesprohenen Willen be

geistlichen Oberen und der Eltern, welcher mit dem Stocke des Lehrers an Kinder gegen wird, nennen niht nur wir, sondern die ganze Welt eine Barbarei. Nach der Verfassung haben die Neligionsgesell\chaften - | den Religionêunterricht zu leiten und nit die Staatsre ierung. Ueber

die Vorgänge in Wreschen haben die Zeitungen falsche Mitibeilunge,

gebraht. Nah der Verordnung von 1873 soll der Religions, unterricht in der deutschen Sprache nur ertheilt werden, wenn. die Kinder , | des Deutschen vollständig mächtig sind. Nachdem eine Aenderung am

1. April 1901 angeordnet war, baten die Eltern vergebens um Zu- rücknahme der neuen Verfügungen. Die Eltern mußten {h darein gen, daß ihre Kinder möglichénfalls in falscher Weise religiös unter, richtet würden, oder sich gegen die neue Anordnung {träuben. Sie wählten das lehtere, und nun trat die üchtigung der Kinder ein, weil sie den Befehlen ihrer Eltern gehordten. Für das. Ver, halten der Eltern sind nun Strafen bis zu 24 Jahren Gefängniß verhängt worden. Dem Justiz-Minister kann ih niht verheh en, as das ganze Gerichtsverfahren darauf hinausgegangen ist, ‘aus

am das Ganze zu bedecken. (Präsident von Krö cher: Diese Bemerkung gegen ein Gericht geht doch zu weit, ih rufe Sie zur Ord- nung.) örpeilihe Züchtigung ist allerdings ein Zuchtwmitte] der Schule, aber die humanen Bestimmungen der Zentralbehörde und der Provinzialbehörden über die e dieses Strafmittels werden leider nicht gerade in humaner Weise ausgeführt. Die Lehrer überschreiten das Züchtigungsreht, dagegen schreiten. die Staats,

weit höherem Maße Gebrauch machen, als es selbst die Elkern nad dem Geseß dürfen. Wenn der Kultus-Minister auf seinem Schein be-

steht und den Religionsunterriht für die polnischen Kinder in der deutshen Sprache weiter ertheilen bt kann er g über die Erregung

der polnishen Bevölkerung niht wundern. Kämen wir auf die Grund- säße zurück, welche auf dem Wiener Kongreß und in dem Schriftwcchsel

berg über die Behandlung der Polen aufgestellt wurden, daun. hätten wir einen vollkommenen Frieden im Lande. Der König hat den Polen damals zugesichert, daß ihre Muttersprahe und ihre Nationalität er- balten werden follen. Aber jeßt wird selbs im NReligionsunterricht die polnische Sprache unterdrückt, und da wundert man ib, däß einmal die Gefühle der polnishen Bevölkerung in elementarer Weise zum Ausdruck gelangen. Wir verlangen nichts weiter als die - Er [tung

unserer Nationalität und Gerechtigkeit. Dann werden wir unsere Pflicht als preußishe Staatsbürger erfüllen.

Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler Graf von Bülow: Meine Herréèn! Jh bin diesem hoben Hause dankbar, daß és die beiden Interpellationen, welche soeben entwickelt worden sind, zusainmen- gelegt und mir dadur die Möglichkeit geboten hat, mi über den Gegen- stand, welcher diesen Interpellationen zu Grunde liegt, im weiteren Rahmen auszusprechen. Ich darf es dem Herrn Kultus. Minister über- lassen, Ihnen über die Vorgänge iu Wreschen eingchende Aufklärungen zu geben. Was ih aber meinerseits sofort feststellen möchte, ist, wie maßlos der Wreschener Vorfall nit nur von der polnischen Presse, sondern zu meinem Bedauern auch von dem Herrn Abg. De. von Jazdzewski übertrieben und aufgebauscht worden ist. (Hört, Hört! rechts; Widerspruch bei den Polen.) Man hat diese Vor- gänge nicht nur zum Gegenstand politisher Demonstrationen in der Presse uud in Versammlungen gemacht, sondern man bat sogar versucht glüdliher Weise völlig vergebens versucht —, diese Vorfälle auszubeuten, um uns internationale Shwierig- keiten zu bereiten. (Hört, hört! rechts und im Zenkrum.) Nun wird aber der Herr Kultus-Minister nachweisen, daß das Vor- geben unserer Schulverwaltung in Wreschen in keiner Hinsicht ein novum enthielt. Jn ten Schulen der Stadt Wreschen sind uur diejenigen Bestimmungen über die Unterrichtssprache bei der Érthei- lung des Religionsunterrihts in Anwendung gebracht worden, die in den gemischtsprahigen Provinzen scit dreißig Jahren generell bestehen. (Hört, hôrt!) Von der ibnen geseßlich zustehenden Befugniß haben die Re- gierungen in Posen und Bromberg einen sehr vorsichtigen und sebr all- mähblichen Gebrauch gemacht. Wenn insbesondere die Regierung in Posen die Kinder der katholischen Stadtschule in Wreschen in der Kenntniß der deutschen Sprache für so weit gefördert hielt, daß sie derm Ünterricht in dieser Sprache mit vollem Verständniß folgen könnten, so bewegte sie sih bei der Einführung der deutschen Unterrichtssprache in den Religionsunterricht durchaus innerhalb der bestehenden Bestimmungen und hat ihre Zuständigkeit in keiner Weise überschritten. Wenn es troydem in Wreschen zu jenen bedauerlichen Vorgängen gekömmen ist, die zum Landfriedensbruch und zur Bestrafung ciner Argahl Ein- wohner dieser Stadt geführt haben, so lag die Schuld nicht an den Organen der Königlichen Staatsregierung, sondern sie lag an ciner planmäßigen Agitation (sehr richtig! rechts und bei den National. liberalen), welche darauf abzielte, die Kinder gegen ibre Lehrer, dic Eltern gegca ihre Obrigkeit aufzubeyen. (Zufslimmung rechts, Wider- spruch bei den Polen.) Meine Herren, die preußische Schulverwaltung ist von Grausamkeit gerade so weit entfernt wie die deutsche Rechts- pflege (Bravo !), und wenn es was ih tief bedauere in Wreschen Opfer gegeben hat, so waren es Opfer jener Agitation, die sich nicht damit abfinden fann, daßdie chemaligen polnischen Landestheile Posen und West- preußen unwiderruflich deutscher Boden geworden sind. (Bravo! rechts.) Auch die Lebrer in Wreschen haben sich, wie dies die gerlchklichen Verhandlunzea ergeben haben, in den Grenzen des dem Lehrer zu- slehenden Züchtigungörechts cehalten. Troydem will ich keinen Ansland nebmen, zu sagen, daß gerade im- vorliegenden Fall, im Neligions- unterribi, die Anwendung körperlicher Strafen, auh wenn sje, wie dies hier thatsächlih der Fall war, in zulässigen und ia unshuldigen Grenzen geblieben ist (Widerspruch bei den Polen), nicht wünschens- werth erscheint. Es ist dafür Fürsorge getroffen worden, däß körper- lihe Strofen als Disziplinarschulmittel im Religionsunterricht nicht mehr zur Anwendung gelangen sollen. (Bravo! rechts und im Zentrum.) Die Schulverwaltung in Posen, die ih vollsiändig ia Schuy nehmen

Der. F aid : [mif i vate X Vas Ja) vewori (Pole): Die pelnische gation bat Reitbofanzler ave theilweise E atb, be baiten iafolae Borgánge in 23 baben n ‘g Nachdem aber Le S Lde tr S Jer T E

rubin haben feft ‘tonen un E 30 méchte Ihnen aber den Jualit dieser Zuterpellation tete

' i i is der Wenn darauf gehalten wird, daß den Kindern polnischer Zunge Religionsunterricht mit Ausnahme der Unterstufe in den westprcußishen

nd oberschlesischen Schulen i l 6 buoviti Posen, soweit das Verständniß der Kinder dies gestattet, in déutscher Sprache ertheilt wicd, darin i Verfassung. Denn die Verfassung enthält über die Sprache, in wéèl{her der Unterricht in der Volksschule ertheilt werden soll, über- haupt keine Bestimmung, ‘und wir haben nicht das Recht, in die Ver- fafsung hineinzutragen und hineinzuinterpretieren, was nicht in der Ver- | ke faffung steht. (Sehr richtig! rets.)

Königliche Staatsregierung den wolle. \hiedenheit zurückweise. ) Zunge bedienen fich ihrer Muttersprache : gésélligen Zusammenkünften, im Berkehr unter einander. bei!“ den hindert sie gewälhsen ist. Zünge sollen E im Verkehr mit den Behörden, Hee! at sie für Ls geshäftlihen Verkehr der deutschen Sprache mächtig

Zweite Beilage

(Fortsegung aus der Ersten Beilage.) Nun hat Herr von Jazdzewski weiter behauptet, daß unsere

i i im Wi ä | . | bet ulpolitik im Osten im Widerspruch stände mit der Verfassung S A iHbereti, in Wirklichkeit befinden wir uns durchaus auf ver- ssungömäßigem Boden. er at stellt die beiden nachstehenden Leitsäge auf:

Artikel 24 der preußischen Verfassungs-

Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die | zu konfessionellen Verhältnisse msglichst zu berücssichtigen. :

“Den religiösen“ Unterricht in“ der Volksschule ‘leiten die be- treffenden Réligionsgesellschaften.

grundsäßlih, in den Schulen der

so liegt darin keine Verleßung der

Herr Abg. von Jazdzewski weiter erklärt, daß die NLZELAE f; Polen ihre Muttersprache rauben Das ist“ eine unbegründete Beschuldigung, die ih mit Ent- Die preußischen Staatsbürger polnischer in der Familie, bei ihren (Widerspruch Herren, kein Mensch

; Doch, meine P 5 ihnen der Schnabel

daran, zu reden, wie /

Aber die preußishen Staatsbürger polnischer d au die deutshe Sprache kennen lernen, weil weil sie für den Dienst im Heer,

sein müssen. Die preußischen Unterthanen polnischer Zunge follen in ves Dia Ri Citi an den deutschen külturellen Einrichtungen theilzunehmen. (Zwischenruf des Abgeordneten von Jazdzewski.) Herr von Jazdzewski, ih habe Sie, während Sie redeten, das werden Sie mir selb bezeugen müssen, niht mit einer Silbe unterbrochen, weder dur Heiterkeit, noch durch Murren, oder fonst irgendwie. So würde ich Ihnen auch sehr dankbar fein, wenn Sie mi außreden lasen wollten (Bravo! rets). Ich sage also, daß die preußischen Unterthanen polnischer Zunge in den Stand verseßt werden sollen, theilzunehmen an ben Wohlthaten der deutschen fulturellen Ein- rihtungen. Deshalb wird ihnen der Unterricht in der Bolkss{hule in d Sprache ertheilt. l Aae RRCUGHGIGEE soll niht ein Mittel der Germanisierung sein. Dazu ist der Religionsunterriht au nach meiner Ansicht nit bestimmt, und der beste Beweis dafür, taß uns dabei nit der Zweck der Germanisierung leitet, ist, daß in vielen S{hulen der Provinz Posen der Religionsunterrißt noch in polnischer Sprache ertheilt wird. Die Bedeutung der Ertheilung des Religionsunterrichts in deutsher Sprache, wo dies zulässig ist, liegt darin, daß dadur der éhile cin einbeitlih deutsher Charakter gewahrt wird und daß ins besondere die Schulbehörden der Nothwendigkeit enthoben werden, den gesammten Unterricht polnischen Lehrern anziwertrauen, Feren Zu- verlässigkeit leider oft zu wünschen übrig läßt. (Sehr richtig! rets.) Bit werden diése Grundsäye, die mit der Verfassäng im Einklang steben und die sich in einer langen Praxis bewährt baben, au ferner- bin durchführen, ohne Kleinlichkeit und ohne überflüssige Härte, aber au ohne Zögern und ohne Schwanken. (Bravo!) Wir werden ins- besondere nit tulden, daß der Religionsunterriht mißbrauWt wird (Bravo!), um deutsche katholische Kinder zu polonisieren. (Bravo!) E48’ is unsere Pflicht, die deutsche katholische Minderheit im Osten gegen Polonifierung zu {üßen. (Bravo!) Das ift für uns ein Ge- bot der Gerechtigkeit ebenso, wie ein Gebot der deutschen Staats- raison, dem wir uns nicht éntziehen werden. (Bravo!) : Meine Herren, man liebt es auf polnischer Seite, polnis mit fatholi{{ und deuls{ mit protestantish zu identifizieren. Darin liegt cine Irreführung der öffentlichen Meinung, und damit werden der Königlichen Staatöregierung Tendenzen untergeshoben, welche ihr in Wirklichkeit völlig fern liegen. Die Königliche Staatsregierung ver- langt und kann verlangen, und sie muß verlangen, daß si die Geist- lihfeit fern halte der national-polnishen Agitation, welche ihre Spiye aegen den preußischen Staat und gegen das Deutsche Neich richtet. Aber die Königliche Staatsregierung denkt nicht daran, den Rechten der katholischen Kirche und den Empfindungen der fatholishen Staats- bürger im Often irgendwie zu nahe treten zu wollen. Die Königliche Staatsregierung wird diese Rechte und diese Empfindungen auf t«s zewissenbasteste respektieren. Nach einseitigen konfessionellen Gesichts- vunkten : werde ih Ihnen die Politik dieses Landes nicmals ¡urechtschneiden. Ich werde Ihnen ebensowenig eine protestantisch- fonfessiónelle oder eine fkatholish-konfessionelle Politik machen, wie ih Jhnen eine liberale oder konservative Parteidolitik machen kann and will. Für mich als Minister-Präsident und Reichskanzler giebt

4 weder ein katholishes, noch ein protestantisches, weder cin liberalet, 10ch cin konservatives Preußen und Deutschland, sondern vor meinen Augen steht nur die eine und untheilbare Nation, untheilbar in aateriellèr und untheilbar in ideeller Beziehung. Wenn es eine Lehre giebt, die für mich resultiert aus der deutschen Geschichte der leyten vier Jahrhunderte, \o ist es die, daß jeder Versuch der cinen Kon

i ; : : i i ts{- sein, meine Herren, daß die Verschiedenheit der Konfessionen in Deu

land dem inneren Leben der Kirche zum Segen gereicht hat. Das will ih hier nit entsheiden. Aber vom politischen Standpunkt aus

der Vergangenheit eine Quelle großer Leiden gewesen, und sie er- fordert noch heute i Abg. von Jazdzewski, noch irgend ein anderer der polnischen Herren

eine vorsichtige und behutsame Hand. Sich über prinzipielle Fragen prinzipiell ‘zu verständigen bis auf das Tüpsfelchen über dem i, das ist eben überall \{chwierig und in Deutschländ doppelt \chwierig, aus Gründen, die mit den Stärken wie mit den Schwächen des nationalen Charakters zusammenhängen. Aber ih bin überzeugt, daß es in der Praxis möglich ist, weil es mögli sein muß, bei voller Wahrung der natürlichen und verfassungsmäßigen Rechte des Staats doch ein friedliches Nebeneinanderleben der Konfessionen untereinander und der Konfessionen mit dem Staat zu erzielen, wenn nur allseitig fest- gehalten wird an dem Geiste der Mäßigkeit, Billigkeit und Duldung. Deutschland kann ‘nur dann eine Weltmacht bleiben, wenn wir

nationalen Geschlossenheit. (Sehr rihtig!)) Noch mehr wie die Zu- kunft jedes andern Volkes hängt die Zukunft des deutschen Volkes davon ab, daß wir Deutschen uns immer an das erinnern, was uns Deutschen allen gemeinsam ist, und au davon, daß wir über manches

inwegkommen und manches vergessen. j Ca gerecht denke ih wiederhole Ihnen, ih versichere Sie als ehrliher Mann, daß mir jeder Gedanke án ein Zurückdrängen, eine Zurücksezung der katholischen Kirche auch in den ehemals polnischen Landestheilen vollständig fern liegt, daß ih im Osten wie ini Westen auf

wünsche, daß jedem die Religion erhalten bleibé, in der er si glücklih fühlt und in der er hofft, einst selig zu werden —; ih sage, wenn ih in 3: mandhen liberal denke, i net Spaß. (Beifall.) Es hantelt \sih im Osten nicht um die Vertheidi- gung der katholischen Kirche und des fatholishen Glaubens, fondern es handelt \sih darum, daß preußisches Staatsbewußksein und deutsches Nationalgefühl, daß deutshe Sprache und Gesittung nicht zu Grunde gehen. Es handelt sih nicht um fonfessionelle, sondern és handelt sich um nationale Aufgaben, und an solchen Aufgaben können und sollen sih die Vertreter aller Konfessionen betheiligen.

östlihen Provinzen? Früher kam dort eigentlih nur der polnische Adel in Betracht. ruhe bei den Polen)

Berlin, Dienstag, den 14. Januar

rachtet, ist die Verschiedenheit der Konfessionen in Deutschland in d

brauht mich weder der Herr

daran

erinnern bei jedem leitenden deutshen Staatsmann

inen Riß aufkommen lassen in dem Gefüge unserer

Wenn ich ‘in konfessionellen

em Boden der Gleichberechtigung der Konfessionen ftehe, daß ih

Fragen gerecht denke, wenn ih in in nationalen Fragen verstehe ich feinen

konfessionellen

Meine Herren, wie liegen denn heute die Nerbältnisse in unseren

Der nahm in der polnishen Bevölkerung (Un- ih sage das síns ira ot studio, ih konstatiere ja nur die ges{hi{htliche Entwickelung die führende Stellung ein und leitete die polnische Agitation. Ein sehr armes länbliches und städtishes Proletariat lebte im Schatten des Adels und ähm keinen Antheil am politischen Leben. Diese Situation bat ih im Laufe der lezten Jahre verändert. Dank dem Schuy, dank dem befruhtenden Segen. der preußischen Verwaltung, dank ‘unseren verfassungêmäßigen Zuständen ist in den Städten des Ostens ein polnisches Bürgerthum herangewachsen, welches die Leitung der Massen an sid gerissén hat und unter Verdrängung des Adels und bis zu einem gewissen Grade im Gegensaß zum Adel einem Gegensaß, ähnli wie er in Böhmen zwischen Jungczehen und Altczechen besteht die Führung der Ams polnischen Agitation in demokratischem Sinne ubernommen hat. In Stadt und Land, wo Sie hinblicken, finden Sie jetzt polnische Aerzte, polnische Advokaten, polnische Kaufleute und Handwerkèr, welche, unterstügt von dem Ihnen bekannten Marcinowsky-Verein und unter rüdcksihts- loser Boykottierung deutsher Gewerbetreibender, sich ihre Stellung be- gründet haben und auf der Grundlage dieser Stellung in fanatischer Weise die nationalpolnische Agitation betreiben. Diese Elemente, in steter Verbindung mit einander stehend, dehiten ihre Agitation auf alle chemals polnischen Landestheile aus und erstrében die Wiedergewinnung dieser ehemals polnischen Landéttheile. Fragen Sie alle dicjenigen, welche die Verhältnisse im Osten aus eigener Anschauung kennen, fragen Sie alle Deutschen im Osten: wenn eine bisher mit einem Deutschen besetzte Rechtsanwallbstelle oder Arztstelle oder Apotheke frei wird, sucht sie ein Pole zu gewinnen. Wo éin städtisches oder läntlihes Grundstück zum Verkaufe ausíleht, stellt sich éin polnischer Käufer ein. Hand in Hand damit geht die einsige Thätigkeit der polnischen Ansietelungtbanken, die erreicht haben, daß troy dec Thätigkeit der deutschen Ansictelungs-Kcmmission in den leyten Jahren weit mehr Grundbesiy aus deutscher in polnische Hand über- gegangen is als umgekehrt Gegenüber dieser planmäßigen nd stetigen polnischen Agitation, der es au nit an den erforderlichen Geldmitteln fehlt, und die in enger Fühlung steht mit jener groß- polnischen Propaganda, welche die Wiederherstellung des utatus quo ante 1772, d. h. cin selbständiges Polen von Meer zu Meer an- strebt, ih sage: gegenüber dieser planmäßigen und fstetigen polnlichea Agitation befindet sih die deutsche Bevölkerung in den öst- lichen Provinzen in großer Schwicrigkeik, ih in ihrem Besiy zu er- balten. Sie if vielfa ich glaube, daß der verehrte Herr Abg. Hobrecht die Lage cin wenig zu ertimisiish beuttbeilt in die Defensive gedrängt, sie giebt leiter vielfach den wirthschafklichen und pelitischen Kamtf auf, sie rlumt das Feld, verkauft Haus urid Hof, Hab und Gút, fle kehrt det Ostmark e E u sich in reindeutshen Gégenden cine neue Heimath zu | : Meine Herren, ih babe zwei Berichte dor mir liegen von unseren Ober-Präsidenten in Posen urd Wes / au denen iS mit Er-

12:

“zum Deuishen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1902.

Abzug der durch die Königliche Ansiedelungs-Kommission heran- gezogenen deutschen Bauern sogar nur auf ca. 14 9/0 zu schäpen ist; dabei hat die Gesammtbevölkerung des preußischen Staats in

er gleichen Zeit um etwas mehr als 15 %/o zugenommen. Gérade

in den Kreisen des Netedistrikts im Regierungsbezirk Bromberg und in denjenigen Kreisen des Regierungsbezirks Posen, die an rein deutsche Landestheile wie die Provinz Schlesien und Brandenburg grenzen und die stets als überwiegend deuts galten, ist mit einem Zuwachs der polnischen Bevölkerung von rund 13 9% in einzelnen Kreisen, bei gleichzeitigem Rückgang der Deutschen um ca. 104 % fogar mit einem Zuwachs von ca. 14è %% zu rechnen.

Fn den vier Jahren von 1897 bis 1900 gingen mit Einschluß

der Erwerbungen der Ansiedelungs-Kommission 1910 Grundftüdcke mit einem Flächeninhalt von 32260 ha aus deutschem in polnischen Besitz über, während umgekehrt nur 158 Grundstücke im Gesammt- umfang von 16 263 ha von Polen auf Deutsche übertragen wurden. Der Verlust der deutshen Hand betrug also 1752 Grundstücke mit

einer Flähe von 15997 ha. Ohne die Erwerbungen der An- siedelungs-Kommission würde der Verlust der deutschen Hand in diesen vier Jahren allein 27 346 ha, also ungefähr 5 Quadratmeilen, be- tragen haben. Das gleiche Bild gewährt die Grundbesiybewegung in den Städten der Provinz. So gingen, um nur einige prägnante Fälle herauszugreifen, im leßten Jahrzehnt in Ostrowo 31 ‘Hausgrundstücke aus deutshem Besiy in polnishen über, während nur fechs von Deutschen aus polnischer Hand erworben wurden. In Krotoschin stehen 64 Erwerbungen von Hausgrundstücken durch Polen aus deutscher Hand nur 20 Erwerbungen durch Deutsche aus polnischer Hand gegenüber. In der Stadt Posen sind während der letzten béideu Fahre 64 Grundstücke von deutschem in polnischen und nur 59 von polnishem in deutshen Besiy übergegangen. Diese Differenz ift anscheinend nur gering, indessen betrug der Werth der erfteren 4 790 000 MÆ, der der leßteren 3 530 000 M4, fodaß der Werthé- verlust der deutschen Hand 1260 000 MÆ, d. h. mehr als ein Viertel des Gesammtwerths der ersteren 64 Grundstücke, beträgt. Was den Rüdckgang des deutschen Elements, inébesondere des Mittel[- standes, in den Städten anlangt, so bietet einen interessanten Beitrag dafür der Wechsel im Besiye der Apotheken. Von den vor 10 Ichren vorhandenen 125 Apotheken befanden fi 98 in deutschen und 27 in polnischen Händen, während zur Zeit von 134 Apotheken nur noch 85 von Deutschen und bereits 49 von Polen besessen werden, die ihren Besißstand mithin um 15 °/ erweitert haben. Sehr ungünstig haben sih auch die Verbältnifse für die deutschen Handwerker entwickelt. Früher lag der überwiegende Theil des Handwerks, mit Ausnahme vielleiht des Schubmathergewerbes, auch in Städten mit überwiegend polnischer Bevölkerung in deutscher Hand. Auch jeyt steht der deutshe Handwerkerstand dem polnischen ziffernmäßig zwar noch gleich gegenüber, hat aber keinen entsprechenden Nahwuhs mehr. So sind z. B. in der Stadt Posen bei tem vor zehn Jahren überwiegend von Deutichen aus- geübten Baugewerbe, einschließlich der verwandten Fächer, gegen- wärtig 133 Meister mit 508 Gesellen und 131 Lehrlingen als deutsche, dagegen 137 Meister mit 1212 Gesellen und 309 Lehr- lingen als polnische zu bezeichnen. Nicht anders liegt das Ver- bältniß in den andern Gewerben der Stadt Posen, was aus der Thatsache hervorgeht, daß bei 715" deutschen Meistern 1528 deutsche Gesellen und Lehrlinge, dagegen bei 1365 polnischen Meistern 3686 polnische Gesellen und Lehrlinge , also prozentual ganz er- beblih méhr beschäftigt werden. Auch in der ganz übenwiegend deutshen Stadt Bromberg stellt sich der prozentuale Antheil der polnischen Lehrlinge und Gesellen im Verhältniß zu den polnischen Meistern noch höher wie in Posen. Die auf die Bovkottierung der deutshen Geschäftswelt gerichteten Bestrebungen sind \{on älteren Datums. Die Agitation auf diesem Gebiete hat sich aber von Jahr zu Jahr verschärft, und es unterliegt keinem Zrocifel, daß die politische Führung der Polen eines ihrer Ziele in dem völligen Bruch mit dem deutschen Gewerbe sieht. Der Natur der Sache nah lassen sih nah dieser Richtung hin zahlen- mäßlge Nachweisungen nicht geben. Wie die Verhältnisse liegen, ergiebt sich aus mündlichen und schriftlichen Mittheilungen cines erfahrenen und zuverlässigen Großkaufmanns in der Provinz. Nach seinen Angaben hat jeyt noch der deutsche Greßbandel am wenigsten zu leiden, ta die deutschen Geschäfte die polnischen gleicher Art zur Zeit noch überflügelten. In viel \s{limmerer Lage seien bereits jeyt die Detailgeschäfte, da polnische Konkurrenzgeschäfte in den letzten Jahren in großer Anzahl entstanden selen und durch die nah dieser Richtung bin stark beeinflußte polnishe Bevölkerung nad Kräftea únterslüyt würden. Am härtesten werde der Boykoit im Baugewerbe empfunden, weil die Bezugöquellen der Lieferungen für Bauunternehmer schr leicht zu kontrollieren seien. Ein pol- nischer Unternehmer habe noch kürzlich geäußert, er würde gern deutsche Geschäftsleute bei seinen Bauten berücksichtigen, fônne es aber nichi, da erx polnischerseits zu streng überwacht werde. Dieje Darstellungen können auf Grund sonstiger Mittheilungen nur als utrefend anerkanat werden. v ON Döer-Palsident voa Westpreußen, Herr von Goßler, ciner unserer hervorragendslen Beamten, berichtet mir unter dem 3. d. M: Die étonomiichen Fortschritte, welche das Polenthnum in den

hat, finden in der zunehmenden Ansammlung lezten Jahren gemacht Cid

Volkszählung 1 bis pi der 1900 um circa 71 % verméhet Der Zuwalhs der pélulhen Be- vie” Zünahme der Deutsihen mur auf ca. N % und nah

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