1880 / 9 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Jan 1880 18:00:01 GMT) scan diff

‘den Unterschied dieser Bataillone von einer reinen Miliztruppe auch offiziell festzustellen, erhielten dieselben den Namen „regulirte Land- miliz“, vom Jahre 1746 ab die Bezeichnung „regulirte Landbataillone“, von zweien derselben, den Landbataillonen von Rohr und Hofmann wurde dann im Jahre 1791, wie bereits erwähnt, das Regiment „Erbprinz“ gebildet. Der zweite Abschnitt des Buches ist dem 1. Leib - Grenadier - Bataillon, dem späteren 1. Füsilier - Bataillon, während der Jahre 1790—1803. gewidmet, seiner Theilnahme an dem Feldzuge gegen die Franzosen am Main und Mittelrhein 1792 bis 1793, an dem Feldzuge in den Niederlanden 1793—95 und an dem Auétmarsch nach Kroatien und Istrien in den Jahren 1796— 97, Es hatte nämlich am 10. Juni 1796 Landgraf Ludwig X. einen neuen Subsidienrertrag mit der Krone England abgeschlossen, dem- zufolge drei Bataillone Infanterie noch im Laufe des Sommers nah Triest abgehen sollten, um von hier aus nach Gibraltar zur Ver- ftärkung der dortigen Garnison cingeschifft zu werden. Die Geschichte des Regimentes „Erbprinz“ während der Jahre 1791—1803 bildet den Inhalt des 111. Abschunittes. Hier werden des Näheren der Feldzug des 1. Batailions „Erbprinz“ am Rhein und an d r Nahe gegen die Franzosen (Juni-Dezember) 1795, sowie der Feldzug im Jahre 1796 am Mittelrhein und an der Lahn geschildert. Der vierte Abschnitt berichtet über die am 11. Juni 1803 formirt Brigade „Erbprinz“ und deren Erlebnisse während der Jahre 1803—1806 und der Brigade „Groß- und Erbprinz" 1806—1808, sowie über die Theil- nahme ter hessishen Truppen an dem Feldzuge 1806—1807 in West- preußen und Schwedish-Pommern. Am 23. August 1808 wurde die Brigade in ein Regiment „Groß- und Erbprinz“ umgewandelt, dessen Theilnahme an dem Kriege in Spanien, 1808—12, in dem nächsten Abscnitte des Buches zur Darstellung kommt. Die Hauptmomente bilden hier der Feldzug iy Biscaya und Navarra im Herbste 1868 und der Feldzug des 2. Bataillons in Estremadura (Januar bis Juli 1809), der Feldzug des 1. Bataillons in Galicien und Affturien (April bis Juni 1809), der Feldzug in der Mancha und Neu-Castilien (Juli bis November 1809) und die Vertheidigung der Feslung Badajoz (März bis April 1812), Im Iahre 1814 wurde das Regiment neu formirt und er- hielt am 31. Juli dieses Jahres neue Fahnen verliehen. Als im ————Sahre 1815 ver Feldzug gegen Napoleon wieder begann, stellte aud das Großberzocthuin Hessen zu den Armeen der Alliirten ein Truppencorps von über 8000 Mann, das tem oberrheinish n Kriegs- heere unter dem Fürslen Swarzenberg zugetheilt wurde. Mit den Ereignissen während des? Feldzuges im Jahre 1815 beschästigt sich der sechste Abschnitt des Buches. Die hessischen Truppen waren bc- theiligt an den Gefechten bei Rheiyzatern 23. Juni, Straßburg 28. Juni, an der Vlokate von Neu-Breisah 2. bis 10. Juli und ar der Belagerung von Hüningen, 15.— 26. August. Mit dem 1. Dezemker 1815 {ließt für das Regiment eine Zeit langjähriger Kämpfe; wäh- rend der verflossenen lezten 24 Jahre hatte es 14 Jahre im Felde gestanden. Mit dem Jahre 1816 aber beginnt für das Regiment eine lange Friedenêperiode, welbe 32 Jahre währte. Dieselbe wird in dem 7. Abschnitte kurz gescbildert, Im August 1848 rüdckte das Regiment nach Schleéwig-Holftein aus, um an dem Kriege gegen Dônemark Theil zu nehmen. Es sollte jedoch dem Regiment nicht beschieden sein, in die kriegerischeAktion einzutreten, da derWaffenstill stand von Malmö bereits Anfang September dem Kriege ein Ende machte, doch nahm das Regimeut im folgenden Jahre vom Mai bis Juli an dem Feldzuge gegen die badisch-pfälzishe Insurrektion thätigea Antheil. Es wirkte bei der Einnahme von Worms am 29. Mai, bei dem Ueberfall von Weinheim, 5. Juni, und bei den Gefechten von Großsachsen, 16. Juni, und Gernsbach, 29, Juni, mit. Der näcsie 9. Abschnitt ist dem Feldzuge von 1866 und den Friedens- jahren 1867—1870 gewidmet, während der folgende Abschnitt dann die Creignisse während deé Krieges 1870—71 schildert, foweit sie das Regiment betressen. In dem Feldzuge an der Mosel war das Regiment betheiligt an der Schlacht von St. Privat - Gravclotte, 18. August, an der Cernirung von Meß (19, August bis 29, Oktober) und an der Schlacht bei Noisseville, 31. August und 1. September. Die Kämpfe an der Loire im November-Dezember 1870 fübrfen das Regiment in die Sch{laht ron Orleans, am 3. und 4. Dezember, und das Gefe{t von Montlivault, welcher die Erf: ü1mung des S@losses Chambord, 9. Dezember, folgte. Ein eigener Abschnitt ift der Geschichte des ehemaligen Großherzoglichen essishen 2. Jäger-Bataillons (Leib-Jäger-Bataillons), jeßigen Leib- üsilier-Bataillons des Regiments, während des Krieges gegen Frank- rei 1870/71 gewidmet, und ein kurzes Schlußkapitel bericbtet über die das Regiment betreffenden Ereignisse der Friedensjahre 1872 bis 1878. Als Beilagen sind der gründlichen Arbeit, welche dem An- denken an den Prinzen Karl von Hessen und bei Rhein, dem lang- jährigen crsten Inhaber des Regiments, gewidmet ist, 8 Beilagen, bestehend in Verzeichnissen, Ranglisten 2c. scwie zwei Pläne, über die Belagerung von Badajoz im Jahre 1812 und über das Gefecht von Mcntlivault und Chambord am 9. Dezemker 1870, beigegeben. Vorträge über d1e Reihs-Civilproceßordnung, gehalten (in Leipzig und Kierißs{ch) vor praktischen Juristen im Früh- jahr 1879 von Dr. Adolf Walch, ordentl. Prof. ver Rechte in eipzig. Bonn, bei Adolf Marcus 1879, Die vorliegenden Wor- träge des Prof. Walch, die auf den Wuns seiner Zuhörer heraus- gegeben wurden, bringen nit eine Darstellung der gesammten neuen deuts{hen Civilprozeßordnung, sondern beshränken #ch auf die Be- sprehung ciniger besonders wichtigen Bestandiheile derselben, Der Verfasscr ging hierbei nicht darauf aus, nur den dem Wortlaut des Geseßes leiht zu entnehmenden, Jedermann ¿ugäng- Tien Inhalt desselben vorzutragen, sondern wo möglich in den von ihm berührten - Partien die Grundgedanken zu entwickeln. Dabei scheute er si a1.ch nit, hier und. da tiefer in die Auslegung hineinzusteiaecn, um auf Schwierigkeiten hinzuweisen, welche \sich bei der Handhabung des Gesehes herausstellen werden. Bei einer solchen Beschaffenheit können Walchs Vorträge troß und neben den vielen Ausgaben der Reichs-Civilprozeßortnung, die wir bercits besißen, keineswegs für überflüssig gelten, denn fie ergänzen dicselben mehrfach urd tragen zum besseren Verständnisse der neuen Civilprozcßordnung bei. Aus diesem Grunde dürften sie namentlich den Juristen niht unwillkemmen sein. Die einzelnen Vorträge bebandeln: 1) die Mündlichkeit und Schriftlichkeit, 2) das Ver- hältniß des Richters zu den Parteien, 3) die Stellung des Rechtéanwaltes, 4) die richterlichen Dekrete, 5) tas Versäumnißverfahren, 6) das Beweis- svstem, das Rechtêmittelsystem wobei die Berufung und die Re- vision eingebender besprohen werden —, und 7) die Zwangsvoll- streckung. Unter diesen Vorträgen scheint der erste, der sich über Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei der prozessualischen Handlung verbreitet, besonders wichtig. Hinsichtlih der Stellung des Anwalts timmt Walch Denjenigen zu, welche sagen, daß der Anrwealtsf\tand Last und Lcid der Reform vor Allem zu tragen haben werde, ist je- do zugleih der Ansicht, daß derselbe eine viel größere Bedeutung für die gedeihlihe Entwickelung des Rechtslebens gewinne, als er sie n. den Ländern des \{riftlichen Prozesses gehabt habe.

Das jüngst erschienene 7. Hest der im Nordwestdeutschen Volksschriftenverlage zu Bremen erscheinenden Sammlung: „So k ziale Fragen und Antworten“ behandelt das Thema Spar samkeit. Es ift ein zeitgemäßes Thema, über das hier in einer für weite Kreise verständlichen , beredten Weise gesprochen wird. Dafür zeugt {on der Umstand, ‘daß, wie die Verlags- handlung mittheilt , dieses Heft wenige Tage na der Aus- gabe bereits einen Absaß von nahezu 30000 Exemplaren gefun- den hat. Mit gutem Grunde verdient auch die jüngste Publikg- tion des thätigen Verlages, der \sich die Verbreitung guter Volks- schriften andauernd mit Eifer angelegen sein läßt, die Aufmerksamkeit und Verbreitung Seitens aller derer, denen das Wohl des Arbeiter- standes am Herzen liegt. Der Einzelpreis des Heftes beträgt 30 „§, 50 Gremplare 13,50 4, 100 Exemplare 24 4, 500 Exemplare 105 M, 1000 Exemplare 180 M u. f. f.

Gewerbe und Handel.

Wie aus Warschau gemeldet wird, is die Rinderpeft- in dem Dorfe Kenschin, Kreis Petrokow, aufs Neue ausgebrochen .

Von den von der Seuce ergriffenen vier Stück Vieh is eins gefallen, während drei Stück getödtet worden sind. Behufs Abwehr der Krankheit sind die erforderlihen Schußmaßregeln getroffen wor- den (cf. Nr. 303 des „Reichs-Anzeigers“ do 1879). E

Glasgow, 10. Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 425 500 k gegen 201 700 t im vorigen Jabre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hocwöfen 101 gegen 91 im vorigen Jahre. j : i:

hicago, 11. Januar. (W. T. B.) Hier sind 26 Millio-

nen Bushels Getreide angehäuft ; die noch s{chwimmenden La- dungen betragen 1 Million Bushels. Die Anhäuf1ug if durch anhaltende Ankäufe seitens des Syndikates hervorgerufen, welche die Preise auf einem Punkt forcirten, an welchem die Verschiffungen sich nicht reutirten.

VBerlín, den 12. Januar 1880.

Cöln, 11. Januar, 1 Uhr 20 Min. früh. (Telegramm.) Die englische Post vom 10. Januar früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 21 Minuten Abends, ist ausgeblieben.

Grund: Zugverspätung in Belgien.

Als König Friedrih T. am 18. Januar 1701 den Hohen Orden vom Schwarzen Adler stistete, bestimmte er zugleicb, daß die alte Kapelle im Königlichen Swlosse als Ordenskapelle für die Ceremorien des Ordens benußt werden scllte. Diese Kapelle und die Schloßkirhe ¿u Königsberg in Preußen werden auch in den Statuten des Ordens ausdrücklih als Ordenskapellen bezeicbnet. Bis zum Tode des Königs Friedrich 1. find au, wenn nicht bauliche Veränderungen daran hinderten, die Ordens-Ceremonien darin ge- halten worden. Unter den folgenden Königen hatten weder Investi- turen ncch Kapitel bes Ordens statt; ers König Friedrih Wil-

helm 1V. belebte den Orden aufs Neue, In den revidirten Statuten |_ 1 blieb die frühere Bestimmung in Kraft, daß die alke Kapelle Ordents-

kapelle sein solle; die Einrichtung derselben zu diesem Zweck unter- blieb aber zunächst, während die Paradekammern an der Lustgarten- seite sämmtlich wieder in Stand gefeßt wurden. Auf be- sonderen Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs ist nun im verflossenen Jahre die Restauration der Kapelle vorgenommen worden, Die Stuckarbeiten, die Vergoldungen, die Ansireicherarbeiten u, s. w. wurden auf das Sorg- fältigste wiederhergestellt, Alles Vorhantene ist dabei unverändert beibehalten, nur die Seite gegen die Vildergalerie, deren Architektur und Orpnamentirung früher nur gemalt war, ift plastish, den drei anderen Seiten entsprcechend, und unter Verwendung gleiher Mate- rialien ausgeführt worden. Zum Schmuck des Frieses über den Säulen i en relief vergoldet die Kette des Schwarzen Adler-Ordens angebracht worden. Das Deckenbild der Laterne is restaurirt, die Déeckenbilder der Voute aber sind, da die vorhandenen zersiört und ganz unkenntlich waren, vom Professor E. Ewald neu gemalt worden. Den Statuten des Ordens gemäß sind nach Angabe des Ober- Ceremonienmeisters Grafen Stillfried-Alcantara die Wappen der lebenden Mitter des Ordens in dcm Fries zwischen den Kapitälen der Wandpilaster angebraht worden. Zur weiteren Charakterisirung der Kapelle foll ein Bild des Stisters Über dem Kamin und ein großes Bild der Stiftung tes Ordens unter Benußung einer vor- handenen Skizze von Pcêne den Fenstern gegenüber an der Wand

Zur Erlangung von Entwürfen künstlerisch durchgebilde!er, bei mäßigem Kostenauswand auf das Bedürfniß weiterer Kreise bereh- neter Goldschmiedêarbeiten, wie sie cegenwärlig mit sichtlich \teigen- dem Erfolge die bisherige formlese Fabrikwaare mehr und mehr zu verdrängen beginnen, erläßt das Gewerbe-Museum zu Schwäbish-Gmünd, belanntlih einem Hauptsiß des betreffcn- den Kunstindustriezweigs, soeben ein Preisauss\chreiben, das die Einsendurg von Zeichnungen oder Modellen in beliebiaem Material zu zwei in Sold oter in einer Kombination von Gold und Silber auszusührenden Colliers nebst Armbände.n und Ohrgehängen zum Fabrikationépreise von 300 und von 150—180 M, zu einem gleichen S@muck in Silber zum Preise von 80—100 s und zu einer Broce oder einem Anhänger nebst Ohrgehängen im Preise von 30—40 # verlangt, während eine fünfte Aufgabe den Entwurf eines für 150 M46 herstellbaren silbernen Pokals fordert. Die in natürlicher Größe auszuf#ührenden Zeichnungen oder Modelle sind, mit einem Motto oder Mouogramm versehen, bis zum 15. März an den Vorstand des Museums, z. H. des Kommerzien- Raths I. Erhard, einzusenden; {ie werden öffentlich ausgestellt und durch eine aus Facmännern gebildete Jury von 7 Personen beurtheilt werden, der außer der Zuerkennung ter für jede der 5 Aufgaben aus-

eseßten je zwei, im Betrage ron 40—120 4 variirenden Preise die Ho weiterer tüchtiger Arbeiten durch Velobigungediplome zufällt. 7

Einen statltliden Zuwachs hat in diesen Tagen die reichhaltige, der Repräfentirung des ehemaligen Junungéwesens gewidmete Ab- theilung des Märkischen Provinzial-Museums durch die Uebernahme sämmtlicher Besißslücke des früheren Berliner Maurer- Gewerkts exfahren, die, obscon und zum Theil von eigentlich kunft- gewerktlichem Interesse, bei der Auflösung der Innung im Jahre 1869 dem damals nicht längst erst begründeten deuts{hen Gewerbe-Museum Überwiesen wurden, an ihrem neuen Aufber-ahrungsort aber ohne Frage einen ihrer worwiegend lokalgeschihtlihen Bedeutung weitaus angemesseneren Plaß finden. Aus der in sih sehr verschiedenartigen KoU ktion erwähnen wir als hervorrageydste Stücke zunächst drei silberne Trinkgefäße, einen mit drei Medaillons und mit Widmungen aus tem Jahre 1658 versehenen Becher und zwei getriebene Pokale, von denen der eine, dessen Decktel ein Löwe mit Wappen \cchild \{müdckdt, cin aus dem Jahre 1700 f\tammendes Geschenk des Hamburger Gewerks an die Berliner Genossen ist, während der andere, laut Inschrift eine Gabe des Moaurermeisters Dan. Christ. Kneisel als Deckelgriff den Berliner Bâren nebst cincm Scbilde mit dem Datum des 31. August 1817 zeigt. Dazu çesellen sih die einstige hölzerne Innungslade, zwei zinnerne Handwerkéschilder mit Inschriften und Insignien aus den Jahren 1660 und 1669, eine interessante geprägte Kupferplatte (¿ Dal f£ilf Mynt P. R. 8, 1727), eine Denkmünze auf den Brand der Stadt Frankenstein im Jahre 1858, deren Material dem kupfernen Dab des zerstörten Rathhauses entstammt, und, von zahl- reichen minder bemerkenswerthen Drucksachen abgesehen, der alte Druck eines Privilegiums des Gewerks aus dem Jahre 1734 und zwei von den Städten Berlin und Cöln an der Spree ausgestellte Urkunden in ten auf Pergament geschriebenen Originalen aus dem Jahre 1556, von denen bei der ersteren au das angehängte alte Wachssiegel erhalten is. Fast gleichzeitig mit diesen Stücken hat das Märkische Provinzial-Museum außerdem noch ein aus ver- schiedenen in Holz geschnitten und farbig bemalten Emblemen be- stehendes Gewerkzeihen der früheren Berliner Posamentier-Inuung erworben, das eine gleichfalls willkommene Bereicherung derselben Abtheilung seiner Sammlungen bildet.

In Hamburg ist gegenwärtig eine pla stishe Darstellung des Mondes ausgestellt, die von Hrn. Th. Dickert in Bonn ver- fertigt und von dem amerikanischen Major Steinbach erworben ist, um in nächfter Woche nah den Vereinigten Staaten eingeschi|t zu werden, Das ;plastishe Bild der von der Erde aus sihtbaren Halbkugel des Mondes besteht aus 116 Segmenten, welche aus Gips gefertigt auf einem halbkugelförmigen Gerüst in der Weise befestigt sind, daß die zwischenliegenden Nähte die Meridiane und BreitenparaUelen des Mondes von 15 zu 15 Grad bilden. Die

Oberfläche zeigt an 20000 Krater, Ringgebirge, Rinnen, Höbenzüge u. st. w. und ist im Maßstabe von 1:6000 000 nach den Karten von Beer und Mädler gearbeitet; jedoch hat der Verfertiger die Höhenmaße im Maßstab von 1 : 200 000 aehalten, weil die Gebirge \ L troß der Größe des Modells dennoch zu wenig ins Auge fallen würden.

Züri ch, 8. Januar. (N. Zürch. Ztg.) Auf der „Hafner* ge- heißenen Untiefe im Zürichsee, welche ein paar tausend Fuß von den Stadthausanlagen entfernt is und sib, von einer Anhöhe ges sehen, dur eine weißlihe Farbe und ein Schifferzeihen (Boje) be- merkbar macht, wird gegenwärtig unter Anwendung einer Bagger- maschine auf Anordnung der städtishen Bauverwaltung der Boden untersucht. Es ist sehr auffallend, wenn schon nit ganz unerwartet, daß bei dieser Stelle Reste einer alten Pfahlbauansiedlung zum Vorschein kommen, wel{he in einer Menge von Scherben grober und feiner Thongefäße, Kohlen 2c, auc einzelnen Bronzegeräthen bestehen und das jahrhundertelange Dasein einer Ansiedlung außer Zweifel seßen. Eine Unmasse von Pfählen bilden die Unterlage, auf welcher die Hütten errichtet waren.

„Sport“, Schwank in vier Akten, nennt sich die jüngste Arbeit von Julius Rosen, welhe am Sonnabend im Wallner- Theater zum ersten Male in Scene ging. Das Stück trägt das gleiche Gesicht, wie die meisten Arbeiten des fruchtbaren Verfassers, der übrigens seitdem {hon wieder ein Paar neue Stücke zur Auf- führung bereit haben soll. Unverkennbar is auc bei dem Schwank in Nede die uners{chöpfliche Erfindungskraft und Gewandtheit Rosens in der Herstellung komisher Situationen, welche so geschickt und wir- kung8voll angelegt sind, daß sie ihres Erfolges auf die Lachmuskeln der Zuhörer sicher sind; auch der Dialog ift reich gcwürzt mit jener Art von niht immer neuen und noch weniger immer gewählten Wortwiten, welche man nicht geschrieben haben möchte, die aber im flüchtigen Wort bei dem Ohre vorbeishlüpfen, ohne vom Nachdenken gewogen zu werden. Der Kurzweil lediglich. dient denn überhaupt die Muse Rosens und ein Shwank berechtigt auch zu keinen höheren

Ansprüchen. Auf. ..-die. Wahrscheinlichkeit der Begebenheiten, welche W——

Rosen auf der Bühne an uns vorüberziehen, auf die reale Möglich- keit der Personen, welce er vor uns agirea läßt, muß man die Ar- beitcn des Verfassers im Allgemeinen und auch diesen Shwank nicht prüfen Genug, daß er den Zuhörer ein Paar kurze Abendstunden angenehm. unterhält, und davon gab die heitere Stimmung und frohe Laune, in welcke das zahlreiche Auditorium, das sich vorgestern im Wallner- Z heater versammelt hatte, verseßt wurde und bis zum Schlusse ver- blieb, einen vollgültigen Beweis. Den Inhalt des Stückes zu er- ¿ählen, ersparen wir uns; der Inhalt an si gilt in einem Rosea- schen Stücke nichts, die Art und Weise, wie er szenish zur Geltung ge- bracht wird, ist Alles und das läßt sih in der trocktenen Erzählung nit zum Auédruck bringen, das muß man sehen und hören, und. zwar sehen und hören in einer so vorzüglichen Darstellung, wie sie dem Schwanke im Wallner-Theater zu Theil wird. Non den Dar- stellern is vor Allen Hr. Engels als „Kammerdiener Hermann Mil- hofer“ zu nennen, der diese Rolle als eine seinen früheren be- liebten Chargen ebenbürtige Leistung anreihte. Neben ihm erwarben sich lebhaite Anerkennnung die Damen Fr. Carlsen, Fr. Walther- Trost vnd Frl. Meyer, sowie die HHrn. Kurz, Kadelburg und Gallewski, Mit den Darstellern, welhe wiederholt durch Hervorruf A wurden, mußte auch ter Verfasser auf der Bühne er- einen.

Das Residenz-Theater ist zu seinen alten Traditionen, d, i. zum französischen Sittendrama zurückgekehrt und hat mit dem ersten Stück „Marmorkberzen“ von Theodor Barrière und L. Thiboust in der Veberseßung von H. Laube einen ersten und bedeutenden Erfolg errungen. Die „Marmorherzen“ Filles de marbre gehören noch zu den ersten Werken ihres dramatischen Genres; es. könnte. fast wunderbar erscheinen, sie noch mit Erfolg bei uns ausführen zu sehen, wenn nicht in den Hauptpersonen gesundere Charaktere und eine edlere Auffafsung der Aufgaben des Menschenlebens gezeichnet wären, als man es in den späteren gleichartigen Bühnenarbeiten gewohnt geworden. Fast will es s{einen, als ob die gute Absicht der Autoren, die Glo- rifizirung der Unsittlichkeit, des Gemeinen zu bekämpfen, jeßt besser gewürdigt wird, als es beim ersten Erscheinen des Stückes geschehen ist. Das Schauspiel wird dur ein allegorisches Vorspiel eingeleitet, welches din Zuschauer in das alte Griechenland verseßt und welches unter den Namen eines Phidias, Diogenes, Gorgias 2c. die Charaktere als typisch hinstellen will, die das jolgende vieraktige Sittendrama vorführt. Man darf gerechter Weise an der Wahrheit dieses Urtheils zweifeln; auch weiterhin bleibt in den Charafteren manches zweifelhaft und unglaubli{. Der Bildhauer Raphael in Verbindung mit einer fsolhen Marco erscheint ganz unverständlih; aber über alle folhe Zweifel führen uns der wißige Dialog, die geistvollen Bemerkungen und Wendun- gen und die an einigen Stellen wirklich gefühlswarme und sinnige Sprache leiht hinweg. Die Vorzüge des Stückes sind jedenfalls darin zu suchen, daß man wenigstens vor einigen der vorgeführten Gestalten sittlihen Respekt haben kann, während man bei den nah- folgenden Werken oft nihts als Abs%eu empfand. Die Dar- stellung war eine im Einzelnen wie im Ensemble recht erfreuliche. Der jetige artistische Leiter der Bühne, Hr. Keppler, hat das Stück mit Sorgfalt und hingebendem Fleiß in Scene geseßt. Von den Darftellern trugen die Herren Keppler, Paul, Beckmann und die Damen Fr. Ernst, Frl. Castelli und Frl. Laureux wesentlich zum Erfolge bei.

Im Concerthause brachte Hr. Hof-Musikdirektor Bilse am Sonnabend mehrere interessante Neuigkeiten zur Ausführung. Zu- nächst ein charakteristish-effektvolles Fantasiestück von Julius Urban „Der Rattenfänger von Hameln“, nach der bekannten Dichtung von Julius Wolff, dann ein zwar etwas phrafenreiches, aber für das lei- tende Instrument sehr dankbar geshriebenes Concert in D-moll (Nr. 11) für die Violine von dem einft sehr geschäßten, gegenwärtig {wer krank darniederliegenden Wieniawski, womit der jugendliche erste Geigen-Virtuose der Kapelle, Hr. Ysaye, stürmischen Beifall errang, und endlich ein neues symphonisches Wert des fruhtbaren Joahim Raff. Der Komponist bleibt darin seiner programmatischen Richtung getreu und betitelt diese seine 9. Somphonie (E-moll) „Fm Sommer“. Jeder cinzelne Say bietet eine Einzelshilderung sommerlicher Freuden, worin er, wie in seiner „Wald“-Symphonie, in eigenthüm- liher Verschmelzung, die eben uur musikalisch mögli ist, Geschöpfe der antiken und nordisen Mythologie auf \timmungévoll gemaltem Hintergrunde sch tummeln läßt. Indessen, so interessant auch diese neueste Schöpfung des Komponisten ist, so bietet sie gedanklich und erfinderisch doch nicht eben erheblich Neues, ja das Zurückgreifen auf bereits in jener genannten populärsten Symphonie angewandte Cffekke in der Harmonisirung ist mehrfach sehr auffällig. Dagegen ist sie in thematish-modulatorischer Hinsicht entschieden reifer und hält sich von fo gewagten Seitensprüngen, wie fie der leßte Saß der Waldsymphonie aufweist, fern. Das \{chwierige Werk wurde von der Kapelle vorzüglich exekutirt und dürste, nah dem gespen deten reichen Beifall zu schließen, sich auf dem Repertoire des Concerthauses erhalten. An dem morgen, Dienstag, stattfindenden Virtuosenabende werden die Herren: Ysaye, Krezma, Bast, Kohlert, Conrad, Hoch, Schenk und Frl. Jansen Kompositionen von Wientiawski, Ernst, Servais, Fürstenau, C. M. v. Weber, Hoc, Kühn und Parish 4lvars vortragen.

Redacteur: F. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Fünf Beilagen (zinschließlid Börsen-Beilage), (35)

Berlin:

‘gelernt, daß die alten Heiden

M D.

E E E

Nichkamlíliches. Preußen. Berlin, 12. Januar. Jm weiteren Ver- {aufe der vorgestrigen (33.) Sizung seßte das Haus

der Abgeordneten die zweite Berathung des Staats- Hhaushalt3-Etats pro 1880/81, und zwar des Etats des An anze Ministeriums (Kap. 58 Ober-Präsidien, Negie-

rungen 2c.) fort. Der Abg. Richter bemerkte, das Staats- Ministerium scheine die vom Abg. Rickert vorgetragene Be- günstigung der konservativen Blätter durch amtliche Jnserate ernster anzusehen, als die konservative Partei, und die Sache als zu. prinzipiellen Erwägungen Anlaß gebend zu betrachten. Das Centrum habe neulich, mit besonderer Bezugnahme auf die Ansicht des Abg. von Minnigerode dem nationalliberalen Archivdirektor eine Art von Verwarnung ertheilt ; er habe diese Verwarnung sachlich_ niht für gerecht- fertigt gehalten; hier aber lägen die Sachen so aktenmäßig klar vor, so daß er dem Abg. von Minnigerode empfehlen möchte, den Regierungs - Präsidenten, Polizei - Präsidenten und Ober-Präsidenten wegen groben Mißbrauchs ihrer Amts- gewalt zu Parteizwecken niht nur eine erste, sondern au eine zweite Verwarnung zu ertheilen. Die Abgg. von Schor- lemer und Rickert hätten ganz Reht. Die Geschichte mit dem „Posener Ae und der „Westfälischen Volkszeitung“ wiederhole fich (

fonds scheine viel Geld überflüssig zu haben. Jn Jnsterburg habe beispielsweise ein blutjunger Landrath auch die Grün- dung eines neuen konservativen Organs in die and genom- men. Daß sich die offiziösen Auslassungen dieser Reptilblätter widersprächen, sehe man alle Tage. Dies sei allerdings nur das Abbild der Haltung der Regierung, die das eine Mal das Centrum heranziehe, um sich die neuen Steuern gegen die Nationalliberalen bewilligen zu lassen, das andere Mal die Nationalliberalen, um sich die Eisenbahnen gegen das Centrum bewilligen zu lassen und vielleiht werde nächstens wieder das Centrum herangezogen, um die Verfassung des Reiches und dieses Hau- jes zu Gunsten einer Beschränkung des parlamentarischen Einflusses zu gewinnen. Nur die Fortschrittspartei sei von dem Spekulationskreis ausgeschlossen. Das zeige, wie fremd die Regierung dem Liberalismus als solhem gegenüberstehe. Den Justiz-Minister, der auf die Ridertshe Rede nicht geant- wortet habe, möchte er fragen, ob eine vor ein oder zwei Jah- ren vom Oberprokurator zu Elberfeld erlassene Verfügung wegen Nichtzuwendung von Jnseraten an fortschrittliche und kÉlerikale Blätter noch in Kraft sei. Zu den Fällen, in denen die Jnserate den Blättern vorenthalten würden, kämen solche, wo Privaten die Aufnahme von Znseraten in Kreisblättern verweigert werde. Der Landrath des Tilsiter Kreises habe vor den naten Wahlen die Aufnahme einer einfachen Ankündigung der Versammlung der Liberalen oder der Fort- schrittspartei in Tilsit in das Kreisblatt verweigert; derfelbe Fall habe im Untertaunuskreise gespielt, und die Regierung auf erhobene Beschwerde den Landräthen Ret gegeben. Schwerer liege der Fall in Osterode. Der dortige Landrath habe die Aufnahme einer Anzeige über einen von ihm (Redner) u haltenden Vortrag in das Kreisblatt verweigert, während in derselben Nummer, in der diese Annonce erscheinen sollte, eine Versammlung der Konservativen angekündigt gewesen sei.

Derselbe Landrath habe sich auch dem Kreisblatt gegenüber die |

Entscheidung über Aufnahme der Annoncen, weiche die An- kündigung von Versammlungen, die Aufforderung zur Aus- wanderung und Gesuche von Arbeitern enthielten, vorbehalten. In leßter Beziehung habe der Landrath die Aufnahme eines «znserats verweigert, worin für einen Marienwerder Deichbau 300 Arbeiter mit einem für Osterode ungewöhnlih hohen Arbeitslohn von täglih 16—20 Sgr. gesucht seien. Dies sei doch eine Regulirung des Arbeitsmarkts ganz im Sinne der Sozialisten, nur zu Gunsten der Arbeitgeber.

Der Abg. Dr, Windthorst erklärte, er hätte gewünscht, daß diese Preßdebatte bis zur Anwesenheit des Ministers des Jnnern aufgespart geblieben wäre. Der Finanz-Viinister könne jelbstverständlih über alle diese Dinge nicht unterriehtet sein, und behalte er sih vor, dieselbe Angelegenheit bei der Berathung des Etats des Ministeriums des Jnnern nohmals zur Sprache zu bringen. Die nationalliberale Partei könne sich aber nit Über die jeßigen Vorgänge beshweren, denn sie habe sie mit hervorgerufen. Das vom Abg. Rickert Vorgetragene sei gar nihts Unerhörtes, er und seine Parteigenossen hätten {on seit Jahren ähnliche Klagen geführt, ohne von den National- liberalen dabei unterstüßt zu werden. Der Abg. von Schor- lemer habe mit Recht gemeint, die Nationalliberalen erlitten nur, was sie verdienten. Die christlihe Liebe der National- liberalen habe das Centrum im Kulturkampf \o kennen : sich wundern müßten, daß im 19. Jahrhundert Derartiges möglih sei. Aber troß des früheren Schweigens der Nationalliberalen werde das Centrum ihnen do zur Seite stehen, ohne Reziprozität zu fordern. Das Jnseratenwesen müßte generell dahin ge- regelt werden, daß keine politishe Zeitung Jnserate und kein æ&nseratenblatt politischen Text bringen dürse; denn die Zei- tungen nähmen stets Rücksiht auf ihre Jnseratenleser, und nur daher käme die destruktive Nihtung der meisten Blätter. Die Centralstelle müßte den Beamten Kenntniß geben, in welcher Richtung sie die Geschäfte geführt zu sehen wünsche, dann käme Einheit in die Aktion und solche Beshwerden Über einzelne Mißgriffe würden vermieden. Allerdings hätte die e das Centrum im Kulturkampf bei manchen Beschwerden unterslüßt, aber nur, wenn es für ihre Interessen gepaßt habe. Das wundere ihn um sosmehr, als die Herren ja vorgäben, den Liberalismus xar' e#oyn» vertreten Üi wollen. Auf die vom Abg. Richter vorgetragenen Einzel- älle heute einzugehen, halte er für nit angezeigt, er werde daher darauf zurückommen, wenn der Minister des Jnnern anwesend sein würde.

Der Abg. Rickert bemerkte, der Abg. von Minnigerode habe auf die angeblihen Nuancen hingewiesen, die in der nationalliberalen Partei hervorgetreten seien. Er weise da- gegen auf die Aenderung hin, welche die Wirthschaftspolitik

er konservativen Partei erfahren habe. Vor 10 Jahren habe

auch in vielen anderen Gegenden, der -Reptilien- 1.

Erste Beilage ; zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaals-Anzeiger.

in, Montag,

diese Partei die Fahne des Freihandels mit der naltional- liberalen hochgehalten. Jeßt sei sie dabei angelangt, die Jn- teressen bestimmter Klassen zu vertreten. Es werde sich aber bald zeigen, wohin diese Vertretung bestimmter Jnteressen der Wirthschastspolitik führe, wohin man mit diesem Experimen- tiren kommen werde. Es sei von den Freihändlern gesagt worden, sie seien die Vertreter der Seestädte und ließen es sih angelegen sein, deren Jnteressen zu vertreten. Seien denn aber die Abgg. Frhr. von Frankenstein, Flügge, von Malgahn und von Wedell-Malchow, ¡die es 1870 sich noch zur Ehre rehneten, Freihändler zu sein, auch Vertreter der See- städte ? Das eigentliche Thema der Verhandlung habe aber der Bull von Minnigerode nicht berührt, und wenn Stillschweigen Zustimmung sei, so könne er die Konsequenzen daraus ziehen, die er vorhin daraus gezogen habe. Er wisse, daß sich das Centrum über jedes Ungemah, das den Nationalliberalen widerfahre, freue; er wolle niht untersuchen, wie weit das mit der Politik einer Partei der Wahrheit, Freiheit, des Rechts, der Humanität und Liebe übereinstimme. Er werde trop aller pikanten Sticheleien die Jnteressen des Landes, wie er sie verstehe, vertreten. Man sage nun, die Nationalliberalen hätten früher nichts gethan; sollten sie denn den Etat wegen der geheimen Fonds verwerfen? Habe denn jemals ein Antrag vorgelegen ? Bei

einer -darauf—bezüglihen—Jnterpellation des Abg: Schröder

(Lippstadt) habe fic) der fortschrittliche Abg. Windthorst (Biele- feld) gegen den Jnterpellanten ausgesprochen, also sei ‘die Hülfe der Fortschrittspartei auch nicht immer am Playe ge- wesen. Den Abg. von Minnigerode könne er beruhigen ; er habe nicht blos im Namen des linken Flügels gesprochen, fon- dern im Einverständniß mit sämmtlichen Parteigenossen, die in der Fraktionssißung anwesend gewesen seien, als ex die Sache vorgetragen habe. Er habe si gegen ein solches Partei- A der Negierungsbehörden erklärt und werde es künstig auc) thun.

Der Abg. von Tiedemann bemerkte dem Abg. Nichter gegenüber, daß die Gründung des „Posener Tageblattes“ ledigli, soweit ihm bekannt sei, aus Zeichnungen von Partei- genossen hervorgegangen sei. Danach könne man den Werth der Bemerkungen des Abg. Richter bemessen.

Der Abg. von Schorlemer-Alst erklärte, jedenfalls habe der Freiherr von Frankenstein in der Freihandelsvereinigung das Schädliche des Freihandels erkannt und si bekehrt. Wenn der Abg. Rickert meine, man habe doch den Etat nicht ablehnen können; so frage er, wer anders habe denn die geheimen Fonds bewilligt, als gerade die Nationalliberalen? Wenn der Abg. Nickert die stenographischen Berichte nachlese, werde derselbe eine wunderbare Kollektion von Junkonsequenzen der National- [iberalen sammeln. Wenn. der Abo. Richter meinè, das Centrum sei ein Spekulatiësnsobjekt für den Reichskanzler, so bémerke er, die Zoll: und Handelspolitik, welche der Reichs- kanzler jeßt verfolge, habe seine Partei stets verfolgt. Die Partei des Abg. Richter sei freilih kein Spekulationsobjekt, dieselbe sei zu klein dazu.

Der Abg. Bachem führte aus den stenographishen Berich- ten von 1875—79 die Fälle auf, in denen das Centrum ähn- lihe Beschwerden wie heute vorgetragen habe, ohne daß die Nationalliberalen sich darüber geäußert hätten; je mehr man zurüdgehe, desto kühler verhielten sie sih, in der leßten Zeit Jeien jie etwas empfindlicher geworden, weil sie selbst empfunden hätten, wie eine solche Behandlung thue.

Der Abg. Richter bemerkte, der Abg. .von Tiedemann habe die Glaubwürdigkeit seiner Angaben in Betreff der Betheiligung des Neptilienfonds bei dem Ankauf des „Posener Tageblatts“ bemängelt. Er habe überhaupt keine Behauptungen auf- gestellt, die er zu beweisen habe, sondern er habe nur eine Frage au den Minister gerichtet.

Der Abg, von Tiedemann entgegnete, daß erx als Mit- begründer dieser jeßt konservativen Zeitung von einer Suh- vention aus dem Reptilienfonds etwas wissen müsste, daß dies aber niht der Fall sei.

Der Titel wurde angenommen.

Bei Tit. 8 (zur NRenumerirung der außeretatsmäßigen Mitglieder der Regierungen 577 500 A) beantragte die Budgetkommission durch ihren Referenten Abg. Stengel 27 500 6 zu streichen.

Der Abg. Rickert bezeichnete diesen beantragten Abstrich als ein Minimum. Man habe nah Einführung der Selbst- verwaltung Verminderung der Beamtengehälter versprochen, diese Aussicht werde aber auch nah den neu vorgelegten Or- ganisationsgeseßen immer geringer.

Der Regierungskommissar widersprah dem Kommissions- antrage nit, bat aber, keinenfalls weiter zu gehen, da jeßt Dank dem Geseße, betreffend die Vorbereitung für den höheren Verwaltungsdienst, der früher jo s{hmerzlich éntbehrte Nach- wuchs an jüngeren Verwaltungsbeamten sich vermehre.

Nachdem der Abg. Freiherr von Minnigerode sih den Erklärungen des MNegierungskommissars angeschlossen hatte, wurde der Kommissions8antrag angenommen. :

Zu Tit. 12 (Dispositionsfonds der Ober - Präsidenten 39 000 6) wies der Abg. Dr. Lieber den Angriff des Abg. Richter gegen den Landrath des Untertaunuskreises, als _un- begründet zurück. Derselbe habe konsequenter und löblicher Weise alle Parteien gleihmäßig von der Benußung des amt- lichen Kreisblattes ausgeschlossen. i

Der Abg. Richter entgegnete, daß er seine Angaben der „Germania“ entnommen habe. Es handle sih hier niht um eine Parteipolemik, sondern um die prinzipielle Frage, ob der Landrath das Recht habe, eine einfahe Ankündigung im Jn- seratentheil des Amtsblattes zu verbieten |

Der Abg. Dr. Lieber wies darauf hin, daß in aer Heimath die Gewohnheit Se polemishe Artikel als Ale zu veröffentlichen. n dieser Hinsicht sei das Verfahren des Landrathes konsequent und korreït, worauf der Abg. Richter bemerkte, daß es sih hier niht um ein polemisches Jnserat, sondern um die einfahe Annonce einer Wahlversammlung ge- handelt habe. Die Beschwerde über dieses Verfahren sci aus dem Kreise selbst hervorgegangen.

Der Titel wurde bewilligt. i

Bei Kapitel 60 Titel 1 (Zushuß zur allgemeinen

_ A880.

Wittwen-Verpflegungsanstalt in Berlin 1746 480 6) be-

merke der Abg. Freiherr von Minnigerode, es handele sih hier um den Zuschuß zur allgemeinen Wittwen- und Waisen- Verpflegungsanstalt in Berlin, der laufend in jedem Etat zu erscheinen pflege, Er habe in der vorjährigen Etats- berathung Veranlassung genommen, auf die großen Härten hinzuweisen, die das Geseß enthalte, welches die zu zablenden Unterstüßungen zur Zeit regele, kurz zusammengefaßt dahin gehend: einmal, wenn der betreffende versicherte Beamte das dritte Jahr der Ehe nicht überlebe, dann bekomme die Wittwe nur ?/3 der Pension, überlebe derselbe das zweite Jahr der Ehe nicht, so bekomme die Wittwe nur 1/z derselben, und sterbe der Versicherte hon im ersten Jahre der Ehe, dann be- fomme die Wittwe überhaupt keine Pension. Das seien so große Härten, daß sie in sich selbst eine Bemedur erforderten. Die Harten Uaten abe Ul 9 greller hervor, wenn man si vergegenwärtige, daß nicht wie bei jeder anderen abzuschließenden Lebensversiherung dem Betreffenden die Auswahl der Gesell- schaft bleibe, und daß derselbe, je nachdem erx eine ungünstige Anfangschance mitnehmen wolle, etwa eine verhältnißmäßig niedrigere Prämie zu zahlen habe, sondern daß der Staat mit Recht von seinen Beamten hier Zwanagsversicherung verlange. Er bescheide sich aber gern mit Rücksicht auf die allgemeine

nidt dringend zu werden, mit weiterer Rücksiht au darauf, daß diese Materie für Preußen am besten in Zusammenhang mit der hoffentlih bald zu erwartenden Reichsgeschgebung auf demselben Gebiet sih regeln lassen werde. Er wolle ch9 in keiner Weise drängen, er habe vielmehr das Vertrauen, daß die peinlihe Sache selbst die Königliche Staatsregierung ver- anlassen werde, diese shweren Uebelstände fest und nachhaltig im Auge zu behalten. Je seltener gerade diese traurigen Fälle im Einzelnen eintreten mögen, um so drückender seien sie. Der Abg. Dr. Windthorst wünschte die hon vom früheren Finanz-Ministerium Camphausen versprochene Ermittelung, ob nach den bedeutenden Uebershüssen der in Nede stehenden Anstalt die Bezüge der Jnteressenten vermehrt werden könnten,

fortgeseßt zu sehen. dieses

Der Finanz - Minister Wunsches zu.

Der Abg. Schmidt (Stettin) ersuchte den Abg. von Minnigerode, daß er die Regelung des Beamtenpensionswesens im Reich im Reichstage urgiren möge, wie es bisher alljäyr- lih der Abg. von Bernuth gethan habe.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode erklärte, er theile vollständig die Auffassung des Vorredners, und er nehme seine Worte durchaus so auf, wie sie in förderndem Sinne gemeint seien. Nachdem er exst seit kurzem darüber e sei, daß die Regelung der betreffenden Verhältnisse für Preußen in CaeE Verbindung mit der gleihen Regelung für das Reih stehe, werde er naturgemäß fo zu prozediren haben, wie er eben berathen worden.

Der Abg. Dr. Windthorst wünschte bei einer allgemeinen Revision dieser Materie eine genaue Úntersuhung darüber, ob nicht für die Subalternen eine ausgiebigere Wittwenversorgung geschaffen werden könne.

Die Position wurde bewilligt.

Bei Kap. 63 Tit. 4 (Hauptextraordinarium für unvorhergesehene Ausgaben 1 200 000 F) beantragte die Budgetkommission eine Streihung von 200 000 4, weil, wie der Referent Abg. Stengel ausführte, die geforderte Summe in den leßten Jahren bei weitem nicht verbraucht sei.

Der Abg. von Wedell-Malchow bat im Gegensaß zu dem Beschluß der Budgetkommission, den alten Saß von 1200000 M zu bewilligen. Zuförderst möchte er das Haus darauf aufmerksam machen, daß diese Position des Etats, wenn er sich so ausdrüdcken solle, ein historisies Interesse tür das ganze preußische Etatsreht und für den preußischen Etat selbst habe. Das -Hauptextraordinarium habe schon lange Heit existirt, ehe die parlamentarisch-konstitutionelle Regierung in Preußen eingeführt sei. Dieser Fonds habe damals Haupt- extraordinarium der Generalstaatskasse zur Disposition Sr. Majestät des Königs geheißen. Als demnä chst das konstitutio- nelle Regime eingetreten sei, sei der Fonds vielfah Gegen- stand parlamentarischer Debatten gewesen, indem man diesem Fonds eine politishe Bedeutung beigelegt habe, die derselbe seines Erachtens noch niemals E habe und auch niemals haben sollte. Es han- delte fi damals hauptsählich darum, ob eine nachträgliche Genehmigung zu den auf diesen Fonds gemachten Ausgaben Seitens der Landesvertretung noch erfolgen sollte oder nicht. Diese Kämpfe seien vorübergegangen, nahdem in ihnen wech- selnd die Klausel hinzugefügt worden sei, daß eine solhe Ge- nehmigung nachträglih erfolgen müsse, und dieselbe dann wieder aufgehoben fei. Endlich seit dem Jahre 1871 sei man dahin gekommen, diesen Posten in der f vorliegenden Form in jeder Etatsberathung, denen er selbst sämmtli beigewohnt habe, unbeanstandet passiren zu laffen, jeßt fühle si jedoch die Budgetkommission veranlaßt, wie er annehme, eigentli ohne besonderen Grund, rein deswegen, wie es ihm schiene, um den Etat nominell, er sage expreß nominell um 200000 / zu erleichtern, diese allthergebrachte Position so bedeutend zu vermin- dern. Das Einzige, was seines Erachtens hierfür mit einigem Recht angeführt werden könne, sci der vom Berichterstatter bereits angezübrte Umstand, den au er nicht leugnen wolle, daß in den leßten Jahren der Fonds als solcher niht ers{öpft _wor- den sei. Nach seiner Meinung sei das aber ein Lob für die Regierung und zweitens eine Erscheinung, die aus der Natur des Fonds sih leiht erkläre. Erstens nämlih habe die Re- gierung Bedenken getragen, namentlih nah den verschiedenen konstitutionellen Anfehtungen, die sie Ende der sechziger und Ansang der siebziger Jahre erlitten habe, auf diesen Fonds irgend wie Ausgaben anzuweisen, die als solche bemängelt werden könnten, welche die Os hätte voraussehen können. Fürs Zweite aber, und das liege in der Natur des Fonds, müsse jeder Finanz-Minister seines Erachtens nah das größte Bedenken tragen, den Fonds während des Etatsjahres stark anzugreifen, weil derselbe niemals wissen könne, ob nicht in der lehten Zeit der Etatsperiode noch Anforderungen an ihn

sagte die Erfüllung

Finanzlage, ver Regierung in vier Frägéë im Augenblick T ai CENE