1880 / 23 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Jan 1880 18:00:01 GMT) scan diff

ane an der verans&lagenden Stelle für den Zwe@ feh-

en, allein wir haken keinen Grund, an der Richtigkeit der uns vorgelegten Positionen zu zweifeln, und teéhalb nit Arstand geriom- men, sie in die Vorlage hier aufzunehmen. Der dritte Unterschied ist die Einführung der neuen Organisation, welche {hon früher in Aussicht gestellt war, und welchbe in- der That sich als ein wirth- \chaftlides und finanzielles Bedürfniß ergiebt. Vorweg eine der leßten Bemerkungen des Herrn Vorredners herautgreifend, bemerke ich, daß die 471 000 M Ersparniß, welche er - als eine Frucht der neuen Organisation erblidt-hat, sich ledigli bezieht auf die alte Verwaltung, und si lediglich erstreckt auf die Bureaubeamten der- felben; daß also alle die großen mater!ellen Ersparnisse, welche wir erwarten, durch die Vereinigung der alten uud der neuen Bahnen Hierbei noch nit berüctsihtigt find und nicht. berüsihtigt werden konnten, und dies gilt namentli von denjenigen Ersparnissen, welche wir durch die Vereinigung der alten und neuen Bahnen, nachdem das Eigenthum der neuen Bahnen auf den Staat übergegangen, erwarten bekanntlich wird zunächst nur die Verwaltung über- eer va Diese werden dann einen nicht unerh.blichen Posten aus- machen.

Der Herr Vorredner hat die Frage berührt, daß in dem neuen Etat die

Unterbeamten anders behandelt werden. Es wird Jhnen bekannt sein, meine Herren, daß seit dern Jahre 1872 kis zum Erlaß des neuen Dante das Unterpersonal in diâtarishem Ver- hältniß angestellt war, aber immerhin im Beamtenverbhältniß Und daß die Pensionen, die Wittweuverpflegungsgelder, die Waisen- unterstößungen aus besonderen Kassen bestriiten warden, zu welchen der Staat einen erheblichen Beitrag leistete, im übrigen aber Bei- träge von den Unterbeamten geleistet wurde. Das hat sich seit dem Jahre 1872 geändert, es sind diese Beamten als etatêémäßige mit ihren Pensionen auf die Staatskasse übernommen, sie sind zur all- gemeinen Wittwenkafsse beitragspflich!ig und berechtigt geworden. Es geht das aber über das Bedürfniß hinaus, und es ift unsere Absicht, das frühere Verfahren wiederberzustellen, bei dem die Beamten sich febr wohl befunden baben. Natürlich würden nicht die bereits vor- handenen Beamten, sondern nur die neu aufzunehmenden von dieser neuen Einrichtung betroffen werden. Jh möchte dakei erinnern an einen Vorgang, den wir in Hanncver erlebt haben. In Hannover batte man bei Erlaß des Geseßzes vom Jahre 1856 „über die Verhältnisse der Königlichen Diener“ eine gleiche Einrichtung getroffen, wie sie inzwischen im preußischen Pensionsgeseß von 1872 eingeführt ist. Indessen auc dort haben die Erfahrungen gezeigt, daß man über das Bedürfniß hinausgegangen war, daß man die Staatskasse be- lastet haite in ciner Weise, die auf die Dauer gar nit zu ertragen war und man ist deshalb Anfangs der sechziger Jahre von dieser Einrichtung zurückgetreten, um si die Möglichkeit zu schaffen, die au wir erstreben, im Anschluß an die Bedürfnisse in den einzelnen Lantestheilen dieses Personal fo zu stellen, wie die lokalen Verhält- niffse es mit sich bringen, Gs ist das ein Uebelstand, taß z. B. ein Bahnwärter in den biüigften Gegenden Ostpreußens oter Schlesiens gerade so gestellt werden soll, wie ein Bahnwärter in den theuersten Gegenden der Rheinprovinz. Wir werden auf dem Ihnen vorgeschla- genen Wege die Mittel finden, eine Ausgleichung ohne Belastung der Staatskasse zu erreichen.

__ Lann hat der Herr Vorreduer sich ungünstig ausgesprochen dar- über, daß die Ersparnisse, ron denen wir in unsern früheren Vor- lagen gesprochen haben, im jeßigen Etat noy nit ersichtlich ge- macht seien. Das war nicht möglih. Meine Herren, es ist früher {on erwähnt, daß es tehnisch unausführbar sei, schon beim vor- liegenden Etat auf ale diese Punkte, die \ich erst im Laufe dex Zeit ergeben, {ou jeßt einzugehen. Ich habe mir noch erlaubt anzu- führen, daß die Ersparnisse rit über Nacht eintreten, sondern sich, indem wir sie in ihren cinzelnen Punkten verfolgen, finden werden, und daß bei der Vorlage des nächstjährigen Gtats Ihnen s{chon die Erstlinge werden vorgeführt werden könneu. Ih hoffe, daß das Gr- gebniß Sie dann befriedigt und zu der Ueberzeugung führen wird, daß wir zu dem, was dann erreicht ist, noch ein Weiteres zu ex- hoffen haben.

__ Der Herr Vorredner wünscht dann, daß die Grträge der einzelnen Linien für sich berechnet und die Ergebnisse für die Landesvertretung er- kennbar gemacht werden. Jh möchte aber doch bitten, von einem so generell ausgesprochenen Verlangen Abstand zu nehmen. Es würde das zu einer garz enorm s{wierizen Verrehnung führen ohne entsprechenden Nuyen. Wir haben bei der Vorlage des lezten Etats Ihnen bereits eine Uebersicht gegeben, wie die Resultate der verschiedenen Linien si stellen. Eine gleicde Uebersicht würde für diese oder jene Linie Ihnen auch in Zukunft gegebeu werden können, wenn das Haus Werth darauf legt. Ich bitte das aber uur auf das spezielle Be- dürfniß zu besGränken und das nit generell auszusprechen, weil daun ein großer Vortheil, den wir dur die Vereinfachung der Verwal- tung erzielen, verloren gehen wlirde ohne entsprechenden Nuyen. Es ist auch angeführt worden, daß die Rivalität der einzelnen Landes- theile zu Vergleichen über die Erträge der einzelnen Linien und über die Auéstaiturg mit Giseubahnen in der einen Provinz gegen die andern führen werde. Jch glaube aber, meine Herren, es ift gerade ein großer Vorzug der von Ihnen gebilligten Politik, daß wir eine Autegleihurg herbeisühren können zwischen den reicheren und den ärmeren Landestheilen, und damit die leßteren des Vortheils theilhaftig machen, einem großen, mächtigen Staate anzugehören.

Dann, weine Herren, möchte ih auch noch darauf hinweisen, daß die Reorganisation sih auf dem gegebenen Boden zu bewegen hat. Wir konnten das Vorhaudene niht mit einem Schlage um- werfen, sondern mußten an das Bestehente uns ans{ließen. Wir haben den früheren Grundgedanken aufrecht erhalten und die Mängel zu beseitigen gesuct, die darin bestehen, daß immer zu viel von der Spitze, der Centralyerwaltung verlangt wurde, daß man zu wenig sich an die Provinzialbehörden wandte und drittens, daß die Kommissionseinrihtungen sich als Hemmnisse in der Verwaltung herausstellten, was zu Kosten und zu Reibungen fühite, welche nicht im Irtcresse des Publikums und der Staaksfinanzen liegen. Die neue Drganisation beruht darauf, daß bestimmte Befugnisse beim Minifter bleiben, daß im Uebrigen der S{werpunkt der Verwaltung in der Provinz liegt, daß die Lokalinstanzen, die Bezirksbehörden unter, niht neben den Provinzialbehörden ebea, so daß das Publi- kum in Zukunft weiß, an wen es si zu wenden hat, um diesen oder jenen Wunsch befriedigt und Beschwerden abgcstellt zu sehen. Offen gefagt, ist der gegenwärtige Zuftand ein vtileidticer. Wenn Jemand in der Provinz gereist ist, und ein Coupé nit genügend geheizt findet, oder mit einem s{lechten Kaffee auf irgend fie Station ge- ârgert wird, dann wendet er sich an den Minifter. Das find nicht die Dinge, die die Centralverwaltung zu machen bat, man wende sich an die Provinz;ialinstanzen, und wenn erst das Gefühl durch- gedrungen ift, daß man in der Provinzialinstanz Abhülfe findet, fo wird in wichtigeren Beziehungen die Decentralisation ganz von selber si Anerkennung verschaffen. Es kommt nur darauf an, vab wir die richtigen Personen an die ribtizen Stellen seßen, wobei ich gleich bemerken wil, daß i keine Vorliebe habe, weder für das admini- strative, noch für das techuishe Element, es kommt immer auf den Mann an, Wir haben an der Spitze großer Direktionen technische wie administrative Beamte; haben sie die nöthigen Eigenschaften, dann werde ich wahrlich nit darauf sehen, wohec fie ihre Vorbildung ge- {ch¿pft haben. ;

Die neue Organisation wird, wenn fie ins Leben tritt, Ihnen ins- besondere den Beweis liefern, daß ich das technische Element nicht zurückgestellt habe; an der Spiye der Betriebsämter werden mehr Techniker ste wie bisher an der Spitze der Kommissionen über- haupt. Ich habe noch anzuführen, a wie auch der Herr Vor- redner bercits bemerkte wir auf Kräfte aus anderen Berufskreisen Rütsicht_ nehmen wollen, Kaufmännische Kräfte würden mir ja sehr erwlins{t sein, indessen die Stellung eines Staatseisenbahn- Direktors i\t für einen begabten, mit Erfahrung ausgerüfteten Kauf- mann selten sehr anziehend, weil die finanzielle Seite niht lockend genug ift, Die tüchtigen Kaufleute werden sih zu meinem Bedauern ang E an uns wenden, und untüchtige kann ih auch nicht ge- ¡rauchen.

Daun hat der Vorredner noch Bedenken geäaßert, wie sich denn wohl bei der neuen Organisation, mit ihren ausgedehnten Ver- waltiungékreisen die Einrichtng der Eisenbahnbezirksräthe wie sie nach der Beschlußfassung des hohen Hauscs ins Leben zu führen fein werden, gestalten wird. Ich kann darauf nur erwidern: wir haben jeßt {en den großen Komvl:x der Osibahn, wir haben den großen Komplex im Westen, in Schlesien und arch jeßt bestehen dort, wenn auch in anderer Weise komponirt, derartige Bezirks- räthe mit guten Erfolge, Jh habe aus allen Landeêtheilen, wo diese Einrichtunz besteht, nur beifällige Aeußerungen übec dieselbe vernommen, aus den Landestheilen, welche von den neu in die Staatsverwaltung _Üübergchenden Bahnen durchzogen werden, treten auch jeßt {hon An- träge an mi heran, folhe Eisenbahnräthe wo fie nit bestehen einzuführen. Ich habe die Absicht, diesen Wünschen stattzugeben. _ Die neue Organisation wird also niht Alles im Wesentlichen beim Alten lassen, fondern insbesondere auch darin wesentliche Vor- ¿ge vor der alten haben, daß sie sich mehr an die lokalen Bedürf- nisse anschließt, daß Instanzen gescaffen werden, die mit eigener Verant- wortung und im vollen Gefühle derselben die Verkehrsbedürfnisse im vollen Maße übersehen und ihnen geuügen können, Und damit das in erhöhtem Maße der Fall sein möge, haben wir die kollegialische Verfassung nit im vollen Umfange bestehen lassen. So wichtig sie ist für alle Justiz- und alle administrativ-rechtliden Entscheidungen, so wenig eignet ste sih für Behörden, bei welchen es wesentlich auf rasce Crekutive ankommt. Wix haben sie au nit bei der Pro- vinztalsteuerverwaltung und bei der Post. Wenn es richtig ift, was ich aber nicht überall gelten lassen kann daß bisher der Vorsit ende eines solchen Kollegiums der Ausschlag gebende Theil gewesen sei, dann möchte ih aber auch, daß er na außen hin mit der vollen Verantworilichkeit auftritt und er niht Gelegenheit finde, bei Dingen, die ihm nicht pafsen, sih- hiater die Ceulissen des Kollegiums zurückzuziehen.

Dann ist noch eingegangen auf die finanzielle Seite. Der Hr. Abg. Berger hat erwähnt, daß es irrig sei, wenn man einen Ueberschuß herauêrechne. Es komme in Betracht, daß nit die- selben Rücklagen für Grneuerungsfonds gemacht würden, welche bisber bei den Privatbahnen regulativmäßig zu machen waren. Das ist ja im Allgemeinen richtig, ih muß aber bemerken, daß die lebhaftesten Anträge mir von den betreffenden Verwaltungen bisher \{chon vor- gelegt worden sind, die Rücklagen, weil sie zu hoch seien, zu er- inäßigen, und daß die Staatsverwaltung kaum im Stznde fein würde, diesen Anträgen nicht dier und da in gewissem -Um- fange stattzugeben. Die Beträge, welche wir bei den neuen Bahnen für Erneuerungszwecke in den Etat für 1880 eingestellt baben, belaufen sich auf 6 542 000 6 rund, während an faktischen Aufwendungen ich rechne dahei das alte Material überall ab, im Jahre 1878 _bei denselben Bahnen nur aufgewendet {find 9 332 000 4 Wir würden also eine um 1209000 4 gegen 1878 E Aufwendung für das Jahr 1880 in Ausficht zu nehmen aben.

Ich erinnere au noch daran, daß wir andererseits in den Etat der Staatseisenbahnen auch diejenigen Bahnstrecken-Positionen übergeführt haben, welche bisher unter dem Titel „B.theiligung des Staates an Privateisenbahnen*, mit Zinszuschüssen für garantirte Babnen,. aufgeführt waren mit einer Summe, welche auh nah Ab- zug der jett konvertirten Prioritätsanleihen sich noc auf 3 869 000 4 beläust, daß wir fernerhin verlieren diejenigen Zinsen, welche die CEisenbahngeselischasten für ihre Bestände jähzlih erzielen konnten, während wir die Bestände sofort an die Staatskassen abzuliefern haben, Zinsen, welche sich für tas Jahr 1878 im Gesammt- betrage auf 1955000 M beliefen, ein Betrag, der der Staatäkafse zu Gute kommt. Es wird sih also auch dann noch immer cin Ueberschuß ergeben von, nach weiner Necchnuns, über 3 Millionen Mark, und wenn Sie in Betracht ziehen wollen, daß die Rücklagen für die Erneuerungsfonds zu hoch gegriffea sind . ein Uebers{uß von 9 018 000 , nach meiner Nechnung. Der Herr Finanz-Minister wird vielleiht in Folge dec Veränderungen, welhe an anderen Stellen des Etats eintreten, die Summe etwas anders berechnen, aber de fagto wird sich die Sache fo stellen, daß das Defizit des Ordinariums in Wesentlichen vershwunden ist, i

Die Be Ale Vorlheile werden ja, wie i{ch {hon zu erwähnen mir erlaubte, ih erst für die Zukunft herausstellen. Hoffen wir, daß von allen Seiten des Landes auch in der Erzielung dieser Vor- theile die nun zu Theil werde, auf dis wir ja. hier in diesem hohen Hause in fo reichem Maße rechnen durften ; hoffen wir ferner, daß bie wirthsaftlihen Verlheile, welche si an die Staats3- eifenbahnpolitik knüpfen, aud dur einen entsprechenden finanziellen Erfolg getragen uad gerechtfertigt werden.

Jch erwähne {ließlich noch in Beziehung auf eine beiläufig aufgewor- fene Frage, wie es mit dem ersten Quartal 1881 gehalten werden solle, indem die Vorlagen, die wir in der Borausseßung Ihrer Zustimmung zu den noch vor iegenden Verträgen gemacht haben, sih nur bis zum ôl. Dezember 1880 erstrecken, Des wir uns vit für verechtigt halten würden, für das erfte Quartal 1881 die Verwaltung in derselben Weise weiter zu führen, ohne Jhre ausdrückliche Safiknmana, Gs wird deshalb in Ermangelung eines anderen Ausweges unsere Auf- gabe sein, beim Beginn ter nächsten Session Zhnen sofort einen Ea vorzulegen, welcher sih auf das erfte Quartal 1881 erstreckt.

Der Finanz-Minister Bitter erklärte, nah den Berech- nungen, welche er in Folge der Veränderung des Eisenbahn- Etats habe anstellen lassen, werde der Uebershuß über die bisher angenommenen Reinübershüsse 4 774689 4 betragen. Dazu träten 300 000 6, welche aus den Reichsüberschüssen mehr, als bisher in dem Etatsentwurf angenommen fei, an die preußishe Regierung würden abgeführt werden können; es tämen also 5074689 als - Mehr- übershuß dem Etat zu gute. Das Defizit des diesjährigen Etat3entwurfs habe 5 607 350 /4 im Ordinarium betragen. Dieses würde also bei s des Nachtrag3-Etats und Berücksichtigung der 300 000 6 3 f A s auf 532 661 M vermindert werden. Er behalte sich vor, die speziellen Zahlen noch weiter zu präzisiren, sobald den Berechnungen der Budget- kommission gegenüber die noch zu erwartenden Abstreihungen und sonstigen Etaatsveränderungen Eine werden könnten. Jm großen Ganzen aber dürfe er wohl bestimmt sagen, daß ein irgend erheblihes Defizit im Ordinarium nicht mehr existire.

_ Der Abg. Rickert bemerkte, die lezten Ausführungen des E e wolle er nicht bestreiten, man könnte si die pezielle Summe mit Hülse der Vorlagen selbst ausrehnen. Das Defizit im Ordinarium vershwinden zu machen, sei sehr leiht gewesen, wenn man von Rüclagen für die Erneuerungs- fonds absehe und keinen Pfennig für das Extraordinarium der neu angekauften Eisenbahnen anseße, während die alten Bahnen ein Extraordinarium von 71/2 Millionen hätten. Und gewiß werde es dem Eisenbahn-Minister niht \{chwer werden, sofern nicht eine unerwartete unglücliche Aenderung der wirth e Zuslände eintrete, den

inanz-Minister ‘in den ersten Dezennien mit den Ne-

ultaten der neu erworbenen Bahnen {E Der hinkende Bote käme aber vielleiht nachher. x bean- trage, die Vorlage der Budgetkommission zu überweisen. Die Regierung erkläre, daß sie auf Grund dieses Nachtragsetats sich nicht für bercchtigt halte, im ersten Duartal 1881 ebenso weiter zu wirthshasten. Wäre nur wenigstens in den Mo- tiven bemerkt worden, ob die Staatsregierung die durh das Ankaufsgesch ihr gegebene generelle Vollmaht so auffasse, als ob die spezielle Vollmacht dur den Etat dadurch entbehr-

lih würde. Wenn nun aber, wie man im Jnteresse der Ér- ledigung der Geschäfte wünschen müsse, im nächsten Jahre der

S

Neichstag vor dem Landtag zusammenberufen wlirde, so müßte die Regierung für den Eisenbahnetat für das 1. Quartal 1881 eine Extrasession mahen. Es würde sich also empfehlen, schon jeßt die Verlängerung dieses Etats vorbehaltlich etwai: ger Nachtragsetats für das erste Quartal 1881 geseßlih fest- zustellen, denn die - Regierung könne N diese Spezial- vollmacht nicht weiter wirths{haften. Die formelle Aenderung des Eisenbahnetats in dieser Vorlage sei für die Budget: kommission höchst unbequem. Der Minister hätte dem Hause nah seiner (des Nedners) Ansicht den neu formulirten Etat {hon zu Anfang der Session vorlegen können, vermuth- lih habe derselbe dem Hause niht diese unangenehme Ueberraschung bereiten wollen und sei darin nur den anderen Verwaltungen gefolgt, Er freue sich, daß die Regierung auf eine weitere Spezialisirung eingehen wolle, und glaube, die Budgetkommission werde eine solche verlangen müssen, da der Nachtragsetat auch viele materielle Aenderun- gen enthalte. Er finde es ganz richtig, daß die Negicrung die Veranschlagungen der Bahnen so acceptirt habe, wie sie thr von diesen vorgelegt seien. Er frage aber, ob die Ne- gierung den dem Etat beigefügten „Uebersichten über die Ein- nahmen und Ausgaben der Cöln-Mindener Bahn u. \. w.“ den Charakter von Spezialetats im Sinne der bei den alten Bahnen aufgestellten Spezialetats beilege. Das Haus müsse darauf bestehen, daß auch solche spezialisirte, nah Titeln gez ordnete und im Einzelnen verbindlihe Etats aufgestellt würden, und deshalb müßten diese Uebersichten als folche ver- bindlihe Spezialetats ausgefaßt werden. |

Hierauf nahm der Staats-Minister May bach das Wort: Nur ein Wort zur Ents&wuldigung, daß die Staatsregiecung mit einer vollständig veränderten Etatsaufstellung erst so spät vor Sie etreten ist, Die Verhandluugen übec das neue Buchungsformular ind erst zu einer Zeit zum Abschluß gelangt, als wir den Etat bereits in der früheren Weise aufgestellt hatten, Gewiß würde es mir im hôcsten Grade erwünscht sein, Sie nicht so spät noch mit dieser Arbeit befassen zu müssen, allein es war nach Lage der Ver- hältnisse ein anderes nicht möglih, und bleibt mic nur übrig, aus diefen Verbältnissen heraus selbst die Entschuldigung zu \{chöpfen, die ih au gegen ihre Budgetkommission aussprechen möchte.

_ Auf den zweiten vorhin erwähnten Punkt wird mein Herr Kom- mifsarins antworten.

__ Der Regierungkonmissar bemerkte, die Uebersichten der Einnahmen und Ausgaben der Eisenbahnen sollten an Stelle der früheren Spezialetats treten und namentlih der Ober- Nechnungskammer gegenüber die Grundlage der Rehnungs- legung bilden.

__ Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, seine Bedenken gegen die VerstaatliGung der Eisenbahnen nit aufgeben zu können, er wolle si aber dem einmal gefaßten Beschlusse fügen und glaube, fich mit der von dem Minister befolgten Tendenz einversianden erklären zu können; er gebe aber zu bedenken, ob nit die Zahl der Eisenbahndirektionen noch verringert werden könnte. Namentlih könnte die in Cassel mit der in Frankfurt a./M. und die in Magdeburg mit der in Hannover vereinigt werden; es sei doch nicht recht verständlich, die Bahn Hannover-Altenbeken, die vor den Thoren Hannovers licge, von Magdeburg aus zu verwalten. Er empfehle dringend, den Beamten der angekauften Vahnen gegenüber mit mög- lihster Schonung zu vexfahren.

n E ergriff der Staats-Minister Maybach das ort:

Ih möchte auf cinige Bemerkungen des Herrn Vorredners etwas erwidern. Der Herr Vorredner findet es zweckmäßig, daß die Direktionsbezirke in einzelnen Theilen des Staates vergrößert werden möchten; daß beispielsweise die Direktion in Cassel in Wegs- fall kommen könne und daß es auch vorzuziehen sei, die Hannover- Altenbekener Bahn in Zukunft nit von Magdeburg, sonbern von Hannover aus zu dirigiren. Die Frage, ob die Main-Weserbain welche nach den bisherigen Verträgen besouders verwaltet werden muß vereinigt werdea kann mit einem größeren Komplex, befindet si noÞ in der Schwebe, wie dem hohen Hause aus frübecen Bermerken zum Gtat erinuerlih sein wird; sollten wir mit der Großherzoglih- hessishen Negierung zu einem Einverständniß gelangen, fo würde allerdings eine Vereinigung der Bezirke erreiht werden. Die Han- nover-Alteubekener Bahn wird gewiß in Zukurft zweckmäßiger von Hannover als von Magdeburg aus verwaltet werden. Eine solche Berleguug der Verwaltung nach Hanuover ist deshalb au in Aus- sicht genommen.

Bezüglich der Beamten kann ih nur sagen, daß bei den bis- herigen Staatsbahnen eine Aenderung zum Nachtheil der Beamten nicht eintreten wird, auch bei den bisher unter Privatoerwaltung fleheaden Bahuen, die in die Staatsverwaltung übergehen, wird eine Beuactheiligung nicht zu besorgen sein; entweder bleiben diese in den bisherigen Verhältnissen, oder sie treten in den Stagaisdieznst über mit allen denjenigen Vortheilen, welche der Staatsdienst bietet. Gs wird meine angelegeutlihste Sorge sein, so viel an mir liegt, dahin zu wirken, daß die Beamten mit Ruhe und guten PMuths der Zukunft entgegensehen kbanen.

Der Abg. Dr. Hammacher bemerkte, er könne die Bedenken des Abg. Berger gegen die diätarishe Anstellung der Eisenbahn- beamten nicht theilen und empfehle die neu eingerichteten Eisenbahndirektionen, die eine geeignete Jnstanz für Beschwer- den seien, während bisher alle Beshwerden im Ministerium zusammenliefen. Er müsse sich gegen die Verminderung der Zahl der Eisenbahndirektionen aussprechen, denn es komme dabei weniger auf den extensiven Betrieb, als auf die inten- sive Bedeutung der Eisenbahn für den betreffenden Vezirk an und er möchte eher empfehlen, am Niederrhein und in Ober- s{lesien, d. h. in den ZJndustriebezirken, die Zahl der Ein ban - Aemter zu vermehren. Dex Etat der Eijenbahnen sei in diesem Augenblicke sehr shwierig aufzustellen, einmal weil die Verhältnisse der neuerworbenen Bahnen der Regierung noch nicht speziell be- kannt seien und dann wegen der Steigerung in den Kohlen- und Eisenpreisen. Deshalb werde auch eine Mehreinnahme beim Eisenbahnetat nicht eintreten, sondern 1 beim Berg- werk8etat. Er bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß die noch nicht für andere Zwecke bestimmten Erneuerungsfonds zur Befriedigung außerordentliher Bedürfnisse verwendet würden; es habe si nämlih durch die gesteigerte Kohlen- und Eisenproduktion ein Waggonmangel herausgestellt; die Ver- S der Bahnen treffe in einen ungünstigen Zeitpunkt und man jolle dafür sorgen, daß nicht Mißmuth oder Miß- trauen im ersten Stadium eintrete.

Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum erklärte sich dem Wunsche des Abg. Ridckert auf größere Spezialisirung der einzelnen Titel nicht anschließen zu können, es werde dadur weder erhöhte Kontrole noh eine größere Sparsamkeit E

eführt; denn ein reihlich dotirter Titel werde ne t, ein pärlih dotirter leiht überschritten werden. Vorläufig solle man dem Minister freie Bahn lassen. Er möchte es wirk- [ih der E reaung des Hauses und der Budgetkommission an- heimgeben, ob man bei dieser Frage nicht alle politischen Erwägungen bei Seite lassen und rein vom pxaktishen Stand=z

punkt aus es bei der hier vorgelegten Paas der Titel belassen wolle. Er komme noch auf eins: Das Haus habe dem Minister durch die anläßlichG des Ankaufs der Bahnen angenommene Resolution ein großes Kompelle auferlegt, um möglichst sparsam zu wirthschasten. Wenn

man dem Minister die Möglichkeit dazu durch die Gestaltung des

Etats lasse, so werde derselbe in seinem Bestreben erleichtert,

die möglichsien Revenüen aus den Eisenbahnen herauszu- wirthschasten.

Dasselbe möchte er sagen hinsichtliG der Or- ganisation der Behörden. Er (Nedner) glaube, man könne in dieser Beziehung dem Minister das Vertrauen schenken

und auch die Erwartung hegen, daß derselbe das größte Interesse

daran haben werde, die Behörden möglichst praktisch und billig einzurihten. Jn dieser Beziehung sei er der Meinung, daß man wenigstens vorläufig dem Minister freie Bahn lassen müsse, und er erkenne an, die ganze Annahme dieses Nachtragsetats sci ein Vertrauensvotum in das Verwaltungs- talent des Ministers. Der Minister nehme mit großer Energie die Reorganisation der Eisenbahnen in Angriff, und nah dem, was derselbe bisher E habe, glaube er, könne man ihm das Vertrauen schenken, daß er etwas Gutes schaffen werde, und er (Nedner) spreche die Hoffnung aus, daß diese Organi- sation zum Heil der Eisenbahnverwaltung, also auch indirekt zum Heil der preußischen Finanzen gereichen werde. Er {ließe ih natürliÞ dem Antrage an, die Vorlage an die Budget- fommission zu überweisen.

Der Abg. Rickert trat der Anshauung des Vorredners entgegen, als ob die Spezialisirung der Etatstitel die unteren Organe der Staatsverwaltung veranlaßt habe, die bewilligten Gelder wöglihit zu verbrauchen, weil der Titel sonst gekürzt werden konnte; derartige Fälle seien ihm nicht vorgekommen, obgleich er nicht bestreiten wolle, daß man in einzelnen Etats mit der Spezialisirung zu weit gegangen sei.

Die Vorlage wurde an die Budgetkommission verwiesen.

Jn der nun folgenden zweiten Berathung des Entwurfs eines Feld- und R Es wurden 8. 25 und §8. 26 zusammen diskutirt; dieselben lauten:

8. 25, Mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark oder mit Haft bis zu ciner Woche wird bestraft, wer Anbesuet:

1) Dungstoffe von Aeckern, Wiesen, Weiden, Gärten, Obst- anlagen oder Weinbergen aufsammelt ;

2) Knocwen gräbt oder sammelt;

3) Nawlese hält.

8, 26. Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt:

1) abgesehen von den Fällen des §8. 366 Nr. 7 des Straf- geset\buh8, Steine, Scherben, Schutt oder Unrath auf Grundstücke wirft oder in dieselben bringt;

2) Leinwand, Wäsche oder ähnliche Gegenstände zum Bleichen, Trocknen oder anderen derartigen Zwecken ausbreitet oder niederlegt ;

5 D todte Thiere liegen läßt, vergräbt, nicderlegt oder auf- ng1; \ T Bienenstöcke aufstellt.

Dex Abg. Dr. Zehrt erklärte sich gegen diesen T Durch die Annahme derselben würde das Wohl. von Taujen- den von Familien auf das Schwerste geschädigt. Wer die Bevölkerung auf dem Lande und in den kleineren Städten kenne, der wisse auch, wel ein wihtiger Faktor für die Er- nährung des Volkes die Nachlese sei. Den armen Leuten auf dem Lande sei stets das Recht a worden, Nach- lese zu halten; hebe man dies Recht auf, so vershlechtere man das Brot Tausender von Familien, die man dur Entziehung dieser kleinen Vortheile dem Pauperismus in die Arme triebe; es sei Aufgabe der Volk3vertretung, sih vor Allem der Armen anzunehmen.

Der Regierungskommissar erklärte, es handele fi hier nicht um eine neue Bestimmung, sondern um eine selche, die bereits in der Feldpolizeiordnung vom Fahre 1847 getroffen sei. Es handle sich nur um die unbefugte Nachlese; wo die Nathlese zu Reeht bestehe, werde sie von dieser Bestimmung nicht berührt.

Der Abg. von Meyer-:Arnswalde bat, ihm Beh eine allgemeine Bemerkung zu gestatten. Er habe neulich für pro- vinzielle Regelung des Feld- und Forstpolizei-Geseßes ge- sprochen und sei durch die Debatte in seiner Ansicht eigenilich nochch bestärkt worden gerade durch die Gründe, die von der rehten Seite des Hauses vorgebracht seien, Es sei namenllich unterschieden worden ganz s{charf zwishen den Forsten im Westen und denen im Dften, e Laubholz- und Tannen- resp. Kiefernforst. Es sei besonders hervorge- hoben worden, daß die Touristen, denen man in den Forslen des Ostens begegne, in der Regel nur Holz- und Wilddiebe seien. Das könnte ihn also eigentlih nur bestärken, auf dem Standpunkte dexr provinziellen Regelung stehen zu bleiben ; indessen erx werde diesen Standpunkt doch wahrscheinlih ver- lassen und wolle nur abwarten, wie das ganze Geseß schließ- lih si stelle. Wenn cs sich dann mit dem gee von 1847 leidlich decke, dann werde er doch sür das Gejeßz stimmen, namentlich da er inzwischen erfahren habe, daß sogar die pro- vinziell besonders interessirten Landestheile, wie z. B. Hessen und seine Vertreter, mit der jeßigen Fassung des Gesetzents- wurfes zufrieden seien, Er müsse aber doch auf einige Er- klärungen des Ministers zurücckommen, anschließend an den 8. 25 und ebenfalls auch §. 26. Derselbe habe gesagt, die ¿Strafen der Feldpolizeiordnung von 1847 seien größtentheils ermäßigt. Er habe das nur für einen Fall [On fönnen, nämlich bei §. 24 Nr. 2, da sei die Strafe der alten Feld- polizeioxrdnung 1 bis 60 4/4 Dieselbe werde jeßt herab- geseßt auf 1 bis 10 #( Jn den folgenden Para- graphen sei aber die Sache gerade umgekehrt. Es sei in 8. 25 und einigen anderen Paragraphen das Strafmaß erhöht worden, ebenso in den §8. 26, 27 und 28. Für die- selben Fälle stelle die alte Feldpolizeiordnung ein Straf- maß von 50 .Z bis 9 M fest, und man habe hier ein Straf- maß von 1 bis 30 4 und von 1. bis 50 4 Das scheine ihm doch eine sehr bedeutende Erhöhung zu sein. Das Maximum würde ihn nicht weiter ängstigen, aber das Minimum fei be- denklih. Bekanntlih werde in derartigen Straffällen fast immer die Minimalstrafe festgeseßt, und dieselbe werde hier verdoppelt. Früher habe sie 50 -Z betragen, jeßt betrage sie 1 M Er würde sich indessen auch darin finden, denn seit 1847 sei eben auch der Geldwerth um die Hälfte. gesunken ; dieser Punkt würde ihn also auch nit abhalten, {ließlich für das Geseh zu stimmen. Dann sei von dem Minister für das Geseßz be worden, daß es ganz besonders sorgsam aus3- gearbeitet sei und eigentlih in vollendeter Fassung. Er be- dauere, sih dieser Ansicht niht anschließen zu können. Die Muthmaßung, daß deswegen ein Geseß besser werde, weil es durch verschiedene Kommissionen, Herrenhaus, Ah- geordnetenhaus mehrfach (egangen und hin und wieder ge hoben sei, sei nicht begründet. Auf diesem Wege würden die

Gesehe fast imntex schlechter, das sei cine bekantiké Erfahrung,

er beruje sih 4, B. auf die Kreisordnung, die bekanntli in |

ihrem ersten Entwurf viel korrekter gewesen sel, als fie in ihren späteren Konsequenzen durch die hin und her geschobene Berathung geworden sei. Er möchte beantragen, den Passus 3 ganz zu streihen. Dabei möchte er si die allgemeine Be- merkung erlauben, ob man nicht die wirklih höchst unerfreu- liche Kasuistik, die hier in einer langen Reihe von weiteren Paragraphen enthalten sei, dur eine allgemeine Bestimmung beseitigen könne. man doh nicht. Einen aura en müsse man

doch haben, und das bleibe bekanntli der §. 266 des Straf-

gesezbuchs, wo es heiße: Bis zu 150 A werde bestraft, wer groben Unfug verübe. Diese Bestimmung feld- und forst-

polizeimäßig zu formuliren, sei die Aufgabe, dann könne

man eine große Reihe von Paragraphen des Ent-

wurfes streicen. Er würde ungesähr folgende Fassung vor-

{lagen : „1) wer unbefugt fremde Grundstücke oder die darauf

befindlihen Gewächse, Anlagen oder Gegenstände benußt, be-

schädigt oder verunreinigt“, und der Sicherheit wegen ferner :

„2) wer in anderer Weise auf fremden Grundstücken groben

Unfug verübt, wird mit einer Geldstrafe bis zu 150 #6 oder

mit Hast belegt.“ Er möchte glauben, daß man in dieser

Weise das Geseg viel handliher machen könnte. Ein be-

stimmtes Amendement wolle êr nicht stellen; aber den Herren,

die sich überhaupt mit Amendements beschästigten, möchte er

diese Verallgemeinerung für die dritte Lesung empfehlen. Man

könne ihm erwidern, daß man mit diesem allgemeinen Para-

graphen eigentlich Alles in das Ermessen des Richters stelle.

Das sei wahr, aber thue die Kommission das nicht so au?

Sie stelle dem Richter fast bei jedem Paragraphen eine Latitüde

vón mindestens 30—60 /(6 Also auf den Richter und sein

gesundes Urtheil müsse man sich doch verlassen. Er beschränke

sih auf diese Andeutungen und bitte, dieselben vielleicht für

die dritte Lesung weiter zu erwägen. Er stelle den Antrag,

in 8. 26 die Nr. 3 zu streichen.

Der Staats-Minister Dr. Lucius erwiderte, er habe nicht behauptet, daß die Strafmilderungen gegenüber der Feld- polizeiordnung von 1847 eingetreten seien, sondern haupt- fählih gegenüber den verschiedenen alten Forstordnungen mit ihren vielfach exorbitanten Strafen. Die 88. 25 und 26 des Gesehes {lösen sich an bestehende Forstordnungen an ; eine Vergleihung würde ergeben, daß die voiliegenden Bestim- mungen minder scharf seien, als die bisherigen.

Der Abg. Dr. Windthorst führte aus, es sei niht zu leugnen, daß nah deutshem Nechte das Recht auf den Wald sich anders gestaltet habe, als nach römishem Recht. Das Leben sei eben stärker als das Net, und es sei unzweifelhaft, daß eine Reihe von untergeordneten Nußungen an Wald und Feld in den Händen der ärmeren Klassen ruhe, deren Besei- tigung große Bedenken hervorrufen müßte. Die Vorlage er- kenne dies auch an, indem fie stets von „unbefugten“ Hand- lungen sprehe. Es müße nur klar gestellt werden, was unter „Unbesugl“ zu verstehen sei; folle es sich dabei um cinen Nechtstitel handeln? Eine Gemeinde in Hannover habe den Forstfiskus verklagt, weil ihr das Beeren- und VPilzesam- meln verwehrt worden sei, welhes sie thatsächlich eine lange Reihe von Jahren geübt habe; das Gericht habe die Klage abgewiesen, weil niht nachge- wiesen sei, daß es sich un die Ausübung eines Rechtes der Gemeinde handle. Allerdings ständen die Vorschriften schon in manchen Gesegzen, aber sie ständen eben nux auf dem Papier, das Leben sei stärker gewesen und habe sie außer Anwendung gebracht. Das beweise eben nur, wie verkehrt es sei, diese Materie sür das ganze Land zu regeln, Man müsse mit großer Vorsicht verfahren und überall feststellen, ob ein verbrecherisher Dolus und Gewinnsucht vorhanden sei. Sonst könnte die Mißstimmung leiht fih so weit aus- dehnen, daß au die ländlihen Elemente der Sozialdemo- kratie zugeführt würden. Die Angriffe gegen das Eigenthum seien durch dessen Mißbrauch hervorgerufen, hauptsächlich beim Kapital ; daher das Anwachsen der Sozialisten in den Städten. Man solle sih heut in At nehmen, den Mißbrauch des Eigen- thums auf dem Lande durch solche Bestimmungen zu er- leihtern. Den Leuten, welche auf ihrer Scholle wohnten, würde er dies Gesetz gern geben, denn sie hätten ein Verständ- niß sür die Behandlung der armen Leute, niht aber die großen Herren, die in Paris, Wien, Bexlin u. st. w. lebten und ihre Güter durch Administratoren verwalten ließen, die keine Liebe sür Land und Leute hätten. Er empfehle des- halb, diese Punkte örtlich zu regeln.

Der Abg. Simon von Zastrow bemerkte, er möchte bei diesem seines Grachtens sehr harmlosen Paragraphen das Kapitel der Sozialdemokratie nicht erwähnen. Er habe sih nur zum Wort gemeldet, weil der Vorredner frage: was heiße „unbefugt Nachlese halten?“ und weil ihm die Ant- wort sehr einfa zu sein scheine. „Unbefugt“ gle derjenige Nachlese, wer sie „ohne Befugniß“ halte, und „ohne Befugniß“ halte sie der, welcher niht nußungsberechtigt sei und auch keine Erlaubniß von dem Nußungsberechtigten habe. Das sei die einfache Erklärung, und er glaube in der That, daß Die- jenigen, welche von dem Eigenthümer keine Erlaubniß hätten und auch nit selbst nußungsberechtigt seien, auch nicht Nach- lese halten dürften, und daß daher das Geseß mit Necht diese Leute mit Strafe belege, enn der Abg. von Meyer aa meine, daß mögliGer Weise unter die-

en Paragraphen auch diejenigen Leute fallen möchten, die von Wegen und äumen sich einzelne Halme abbrächen, irre derselbe sich darin, das heiße nicht Nachlese halten, das sei ein besonderer tehnisher Begriff. Dagegen spräche außerdem, daß solche Sachen, die auf dem Wege ver- loren seien oder auf den Bäumen lägen, vom Eigenthümer derelinquirt seien, dieselben könne sich Jeder aneignen, res nullius cedit prius occupanti, Selbst wenn man das Wort „Nachlese“ so auffassen wolle, wie der Abg. von Meyer er- wähnt habe, sei der, dex die Nachlese da fortnähme, kein Un- befugter. Ér glaube, daß dieser Paragraph einen außer- ordentlih einfahen Jnhalt habe, worüber man sich in keiner Weise alteriren brauhe. Er wolle den: Wunsch, den der Vor- redner ausgesprochen habe, man möchte die Saße nicht mit Leidenschast behandeln, von Herzen auch theilen. Ex möchte Niemanden kränken, aber am erregtesten seien doch wohl bis- her bei der ganzen Sache die Gegner dieses Gesehes gewesen. Die Freunde i erie seien nur dann hin and wieder einmal in Erregtheit gekommen, wenn man o-jeyen habe, welch un-

geheure Spibsindigkeit S LGEE werde, um ganz harmlose

Bestimmungen in ein möglih#, wundezrliches Licht zu stellen, Bar alle s hervorzuhebe”,, die möglicherweise durch den Paragraphen gefaßt wercken könnten. Da sei es, glaube er,

wenn auch nicht zu biligen, so doch zu entshuldigen, wenn 1

Alle Fälle, die man treffen wolle, treffe !

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die Vertheidiger auG errégt würden. Fm Allgeiteinen handle

es äch aber wirklich um Sat, bei denen sich Niemand

irgendivie leidenschaftlih erregt sühlen könnte.

Der Ahg. Graf Yorck von Wartenburg erklärte, er halte es flir seine Pflicht, den Vorwurf zurückzuweisen, als wolle man durch das Geseß die Nehte der Armen benactheiligen., Jn keiner Weise! Hier ständen Arme gegen Arme. Er wolle die Nachlese an sih nicht abgeschafft haben, sondern die unbe- fugte. Er wolle den Leuten auf dem Lande die Nallese auf den Feldern zuweisen, aber niht dem Strom von Städtern, die si eventuell über die Felder ergöfsen und den Landarmen das wegnähmen, was ihnen zukomme, Also wenn man seiner Partei den Vorwurf mache, gegen die Armen zu sprechen, so müsse er das entschieden zurückweisen. Er hege auch über das Wort „unbefugt“ gar keinen Zweifel. Wer bei ihm Nahlese halten wolle, melde sich, und die Arbkeiter, die bei ihm arbei- teten, bekämen eo ipso die Erlaubniß dazu, sie erhielten einen Hettel und hielten die Nachlese, wo sie wollten, und zu der Zeit, sobald man ihnen sage, jevt sei das Feld zur Nachlefe reif. Uber der Moment sei ein bestimmter. Würde die Na&- lese im Allgemeinen erlaubt, ja wann komme dai der richtige Moment? Wenn die Garben vom Felde geholt seien oder wenn nachgereht sei? Er bitte das, was sich ja in den alten e eldpolizeiordnungen auch -shon vorfände, hier stehen zu lassen. Er wolle die Armen in keiner Weise benachtheiligen, er wolle die Nachlese nur den Armen zuwenden, die dazu die aller- berechtigtsten seien. i “Nach Schluß der Diskussion empfahl der Referent Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa die unveränderte Annahme des 8. 25. Die Befugniß zur Nachlese könne hervorgehen aus einem Rechlstitel oder aus der Erlaubniß des Besitzers; diese Fragen müßten der Entscheidung des Richters überlassen bleiben, im Gesetze selbst seien sie nit speziell auszusühren. Hierauf wurde 8. 25 unverändert angenommen, dagegen im 8. 26 die Worte „oder aufhängt“ gestrichen.

Die §8. 27—31 wurden ohne Debatte unverändert ge- nehmigt. Dieselben lauten:

S. 27. Mit Geldstrafe b s zu funfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird beftrast, wer unbefugt: 1) abgesehen von den Fällen des §. 50 Nr. 7 des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874, Flachs oder Hanf rötet; 2) in Gewässern Felle aufweiht oder reinigt oder Schafe wäsht; 3) abgesehen von den Fällen des 8. 366 Nr. 10 des Strafgeseßbuchs, Gewässer verunreinigt oder ißre Benutzung in auderer Weise erschwert oder verhindert,

8. 28. Mit Geldstrafe bis zu funfziz Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt: 1) fremde auf dem Felde zurücllgelassene Alkergeräthe gebraucht; 2) die zur Sper- rung von Wegen *oder Eingängen in eingefriediate Grundstücke dienenden Vorrichtungen öffnet oder ofen stehen läßt; 3) Gruben auf fremdea Grundftücken anlezgt.

8. 29, Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen des 8. 367 Nr. 12 des Strafgeseßbuchs, den Anordnungen der Behörs den zuwider es unterläßt: 1) Steinbrüche, Lehm-, Sand-, Kies-, Mergel-, Kalk- oder Thongruben, Bergwerksschachte, Schürflöcher oder die durch Stockroden entstandenen Löcher, zu deren Eirfriedis guag oder Zuwerfung er verpflichtet ist, einzusriedigea oder zuzu- werfen; 2) Oeffnungen, welche er in Eisflächen gemacht hat, dur deuilie Zeichen zur Warnung vor Annäherung zu verwahren.

8, 39, Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft, wer unbefugt: 1) abzesehen von den Fällen des 8. 305 des Strafgeseßbuchs, fremde Privatwege oder deren Zubcßörungen beschädigt oder verunreinigt oder ihre Benußung in aintderer Weise erschwert; - 2) auf ausgebaguten öffentlichen oder Privatwegea die Nr Enguens befährt, ohne dazu genöthizt zu scin. (8. 10. Abs, 2), oder - die zur Vez&tMuung der Fahrbahn gelegten Steine, cder souftigen Zeichen entfernt oder in Unordnung bringt; 3) abgesehen von 8. 274 Nr. 2 des Strafgesezbuhs, Steine, Pfähle, Tafeln, Stroh- oder Hege-Wische, Hügel, Gräben oder ähnliche zur Abgrenzung, Absperrung oder Vermessung von Grundstücken oder Wegen dienenden Merk oder Warnungszeichen, desgleichen Merk- male, die zur Bezeichnung eines Wasserstandes bestimmt sind, sowie Wegweiser fortnimmt, vernichtet, umwirft, beshädiat oder un- kenntlich mat; 4) Einfriedigungen, Seländer oder die zur Spers rung von Wegen oder Eingängen ‘in eingefriedgte Grundstücke dienenden Vorrichtungen beschädigt oder vernichtet; 5) abgesehen von deu Fällen des §. 304 des Strafgeseßbuchs, stehende Bäume, Sträucher, Pflanzen oder Feldfrüchte, die zum Schuße von Bäumen dieuenden Pfähle oder sonstigen Vorrichtungen beschädigt. Sind junge stehende Bäume, Frudt- oder Zierbäume oder Ziersträncher beschädigt, so darf die Ecidstrafe nicht unter zehn Mark betragen.

8. 31, Mit Geldstrafe bis zu eiahundertundfunfzi; Mark oder mit Haft wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen der 88. 321 und 326 des Strafgesezbuchs unbefugt das zur Bewässerung vou Grundftücken dienende Wasser ableitet, oder Gräben, Wälle, Rinnen oder andere zur Ab- und Zuleitung des Wassers dienende Anlagen herstellt, verändert, beschädizt oder Leseitigt.

8. 32 lautet: 0

Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfunfzig Mark oder mit Hast wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen des §. 308 des Strafgeseßbuchs, eigene Torfmoore oder Haidekraut, Bülten od:r ähulihe Gegenftände im Freien ove {laubniß der Ortspolizei- behörde in Brand seyt oder im Fall ctheilter Erlaubniß die polizeilich angeordneten Vorsiht8maßr-e!:u außer Acht läßt. :

Der Abg. Eilers beantragte (ene Fassung: „Mit Geldstrafe bis 150 #6 oder Haft wird bestraft, wer, abge}ehen von 8§. 308 des Strafgeseßbuches eigene Torsmoore, Haide- kraut oder Bülten, im Freien ohne vorgängige Anzeige bei der Ortspolizeibehörde oder bei dem Ortsvorstande in rand seßt oder die bezüglih dieses Brennens polizeilich angeord- neten Vorsichtsmaßregeln außer Acht läßt.“ i

Nachdem der Regierungskommissar Ober - eas Donner sich mit diesem Antrage einverstanden er lärt hatte, wurde 8. 32 diesem Antrage gemäß angenommen. /

Die §8. 33—35 wurden unverändert ohne Debatte ge=

nehmigt. Dieselben lauten: 08, 8, 33. Milit Geldstrafe bis zu dreißig Mark oder mit Haft bis zu einer Woche wird bestraft, wer. abgesehen von den Fällen des 8. 368 Nr. 11 des Strafgeseßbuchs, auf fremden Grund|tücken unbefugt nicht jagdbare Vögel fängt, Sprenkel oder ähnliche Vor- richtungen zum Fangen von Singvögeln aufstellt, Vogelnester zer« stört oder Eier oder Junge von Vögeln ausnimmt. Die Sprenkel, oder ähnlihe Vorri{htungen find einzuziehen.

§. 34, Mit Geldstrafe bis zu cinhundertundfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft, wer, abgeschen voa den Fälle» ‘des 8. 3638 Nr. 2 des EAUNUCAEA „dea zum Schuß&-nüylicher oder zur Vernichtung s{ädliwer Thiere oder Pfläw* erlassenen Pol S E a p :

99, eldstrase bis zu enh” ert Mark oder mit

Hast ‘bis zu vter Wochen wird bestro®*,, wer A 1) an

sehenden Bäumen, an Slagb®" ¡ern, an gcfällten Stäm- men, an aufgeshihteten Sten von Torf, Holz oder anderen Walderzcugnissea das Zeichen des Waldhammers oder Rissers, die Stamm ode» Stoßnummer oder die Loosnummer vernichtet, unkenntli ma nacahmt oder verändert; 2) gefällte

¿

aschinen

Stämme oder aufges®" ptcte Stöße von Holz, Torf oder Lob*nde beschädigt, umflößt oder der Stüten beraubt, :