1880 / 28 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Feb 1880 18:00:01 GMT) scan diff

erhebliche fiskalishe Jnteressen mitspielten, die durh das Geseß einen solennen juristishen KAusdruck erhalten ollten. Der Ulserbesißer werde vom Ufer und vom

lusse thatsäthliÞh abgeschnitten und könne erst wieder u demselben gelangen, wenn er binnen einer ganz kurzen

räflusivfrist (drei Monate) sich über den Kauf der Alluvion erkläre; au der Preis könne event. recht hoh ausfallen, da der Mehrwerth des Grundstücks sehr beträchtlich werden müsse, wenn man nur mit dem Bes 8 der Alluvion zum Ufer ge- langen könne. Das preußische Landrecht sei in diesen Be- ziehungen schr unklar, auch in den Partikularrehten sei die Eigenthumsfrage durchaus kontrovers. Werde also die Ne- gierungsvorlage verworfen, dann bitte erx den Antrag des Grafen Püdler anzunehmen, niht aber, wie die Kommission wolle, die Sache in der Schwebe zu lassen. Demnächst vertheidigte Herr von Woyrsh sein Amende- ment , während Herr Hasselbach dem Antrage des Grafen Pückler beitrat. Graf Brühl vertheidigte die Kommissions- beshlüsse, Herr Wever erklärte sih dagegen mit dem Regie- rungsvorschlage einverstanden.

Darauf nahm der Minister der - öffentlihen Arbeiten Maybach das Wort: Der Antrag des Grafen Pückler sei eben- sogut von fiskalishem Fnteresse diktirt, wie der Passus der Regierungsvorlage, wenn überhaupt von fiskalishem Jnteresse die Nede sei. Er erkläre, daß, wenn die Regierungsvorlage nicht die Mehrheit finde, der Regierung au die Fassung der Kommissionsbeschlüsse acceptabel erscheine; jedenfalls aber bitte ex den Antrag Pückler ablehnen zu wollen.

Die Anträge der Kommission wurden hiernach mit dem Amendement Woyrsch angenommen, dagegen die Anträge des Grafen Pückler abgelehnt.

Die 88. 7, 8 und 9 wurden gemäß den Vorschlägen der Kommission unverändert in der Fassung der Regierungs- vorlage genehmigt. Für den §8. 10 dbeantragte die Kommission folgende Fassung:

„Unbeschadet weitergehender durch deichgeseßlihe Vorschriften begründeter Verpflichtungen baben die Uferb sier hochstämmige VBâume und Unterholz, dur welche das Wasserprofil und der Gis- gang beschränkt wird, auf Ecfordern der Strombauverwaltung in einer Entfernung von zehn Metern von der Linie des mittleren Wasserstandes (S. 2.) ab zu beseitigen und nöthigenfalls auch die Wurzeln der Bäume auszuroden. Eine Entschädigung kann nur beansprucht werden, insoweit Bäume und Buschwerk bereits beim Inkrafttreten dieses Geseßes vorhanden waren und die Beseitigung derselben nach den bisher bestehenden Vorschriften niht gefordert werden konnte.

Kommen die Uferbesißer der Anordnung der Strombauver- waltung nicht binnen der gestellten Frist na, so ist leßtere be- rechtigt, die Beseitigung auf Kosten der Säumigen zu bewirken“.

__ Graf Püller beantragte zum Schlußsate des ersten Alinea hinter den Worten: „insoweit Bäume und Buschwerk bereits Tbelt Inkrafttreten dieses Geseßzes vorhanden waren“ einzu-

halten :

„Oder durch eine nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ein- tretende Erhöhung des mittleren Wasserstandes erst in jenen Be- r.ih fallen. Der Entschädigungsanspruch tritt nit ein, wenn die Beseitigung nach den bisher bestehenden Vorschriften gefordert werden Tann.“

Herr Dr. Dernburg empfahl die e dieses Antrages, ebenso der Aniragsteller, und nahdem der Regierungskommissar Fryr. von Zedliß-Neukirc erklärt hatte, daß die Staatsregierung gegen denselben nichts einzuwenden habe, wurde derselbe und mit ihm der §. 10 ohne weitere Diskussion vom Hause an- genommen.

Auch die §8. 11 und 12 wurden ohne Debatte nach den Vor- shlägen der Kommission genehmigt. Den §8. 13 empfahl die Kommission in folgender Fassung anzunehmen :

„Die Strombauverwaltuzg wird innerbalb der Grenzen dieses Gulenes von dêten Lokalbanbeamten vertreten.

egen die Verfügungen derselben findet die Beshwerde in den Bezirken der Rhein-, Elb- und Oder-Strombaudirektion an den Ober-Präsidenten der Rheinprovinz, beziehungsweise von Sachsen und S(lesien, im Stadtbezirk Berlin an den Ober-Präsidenten,

im Uebrigen an die Regierungs-Präsidenten beziehungsweise Land-

drosten und gegen deren Entscheidung der Rekurs an den zu- ständigen Minister statt.“

Ein Antrag des Herrn Struckmann: anstatt „Land- drosten“ zu sagen: „Landdrosteien“, fand nicht genügende Unterstüßung, und das Haus genehmigte die Fassung der Kommission ebenso für die 88. 14 und 15 folgende

Fassung :

S. 14, „Wer chne Genehmigung der zuständigen Behörde oder unter eigenmäWtiger Abweichung von dem genehmigten Bau- plan unterhalb der Linie des mittleren Wasserstandes Bauten oder Bauarbeiten ausführt oder ausführen läßt, Anlandungen, Sand- bänke oder Inseln bepflanzt, ganz oder theilweise beseitigt oder künstliche Anlandungen, ungeatet der Untersagung durch die zu- ständige Behörde, in einer den Stromregulirungs8werken \{ädlihen Weise benußt, wird, sofern er niht nach den allgemeinen Straf- geseßen eine höhere Strafe verwirkt, mit Geldstrafe bis zu ein- hundertfünfzig Mark bestraft.

Nicht genehmigte Anlagen und Anpflangungen der gedachten Art ist die Strombauverwaltung auf Kosten des Unternehmers z1 beseitigen befugt.“

L F 15. „Alle entgegenstehenden Vorschriften treten außer raft.

Die Ufer-, Ward- und Hegungsordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft S6 vont 12, Serteribes 1768 A aufgehoben.“

__ Sodann hatte die Kommission noch die folgende Nesolu- tion zur Annahme empfohlen :

Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: „bei der Aus- führung von Stromregulirungen zweckentsprechende Vorkehrungen zu treffen, durch welcke verhindert wird, daß in Folge voa An- lagen die Abbröckelung des Ufers bewirkt, beziehungsweise gefördert werde unv in denjenigen Fällen, in welchen solche Abbröckelungen entstanden sind, die Beseitigung dieser Beeinträchtigung des beshä- digten Uferbesitzers durch geeignete Uferdeckungen herbeizuführen“.

Nachdem der Regierungskommissar erklärt, daß die Regierung mit den Tendenzen der Resolution einverstanden sei, wurde dieselbe D weitere Debatte genehmigt und ferner die Ueberschrift des Gesehes folgendermaßen festgestellt : „Ent- wurf eines Geseßes, betreffend die Befugnisse der Strombau- verwaltung gegenüber den Uferbesißern an öffentlichen Flüssen, und die Aufhebung der Ufer-, Ward- und Hegungs- ordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glaß vom 12, September 1763“, und {hließlich das ganze Gesetz in dieser Form angenommen.

Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der Bericht der Matrikelkommijsion, welhen Gkaf zur Lippe erstattete. Die Mittheilung des Referenten, daß die Kommission in Folge Ablebens die Löschung von 14 und in Folge Verlustes der Eigenschast, in welcher die Berufung er-

von 29 neu in das Haus berufenen Mitgliedern als gesührt anzuerkennen, riefen keine Diskussion hervor.

_ Weiter beantragte der Neferent zu erklären: „daß das Mitglicd des Herrenhauses, der zugleich zum Kronsyndikus bestellte frühere Königlih preußishe Vize-Präsident des auf- gehobenen Ober-Tribunals, Wirklihe Geheime Ober-Justiz- Rath Dr. Paul Henrici, nunmehrige Senats-Präsident bei dem Reichsgericht. zu Leipzig, wohnhaft in Leipzig, zur Zeit das Recht auf Sig und Stimme im Herrenhause E niht befugt und von Einladungen zu dessen Theilnahme an den Sigungen des Herrenhauses einstweilen Ab- stand zu nehmen sei.“ Herr Dr. Dernburg erklärte, er wolle, gegenüber dem klaren Wortlaut der Königlihen Verordnung gegen den Antrag keinen Widerspruch erheben, glaube aber, daß die Auslegung der Matrikelkommission dem Geiste der- selben nicht entsprehe. Zu bedauern sei, daß infolge der Ver- legung des Reichsgerihts nah Leipzig dem Hause durch die Verseßung früherer Mitglieder, welche ehemals Mitglieder des Ober-Tribunals gewesen und jeßt Mitglieder des Reichsgerichts seien, ganz empfindlihe Verluste zugefügt würden ; er wünschte wohl, daß ein Weg gefunden würde, um ihnen die Aus- übung ihres Rechts und die weitere Verbindung mit dem preußischen Herrenhause zu erhalten. Herr Hasselbach bemerkte hierauf, daß der Antrag vollkommen korrekt sei. Die in Rede stehenden Personen zahlten in Preußen keine Steuern mehr, hätten also auch keine Pflichten gegen dasselbe und könnten somit in diesem Staate auch keine Rechte aus- De Der erwähnte Antrag wie auch die ferneren An- träge der Matrikelkommission wurden demnächst vom Hause angenommen.

Den Schluß der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Kommission für Communalangelegenheiten über

Petitionen. Auf Antrag des Referenten Herrn von Voß wurden die Petitionen der Amtsversammlung des Amts Ein- beck um Neuordnung der auf den Amtsverbänden der Provinz Hannover ruhenden Landstraßenbaulast und des Kaufmanns Dürschnabel aus Alt-Damm um Prüfung der dortigen Ver- hältnisse und Aufhebung der Bestätigung der dortigen Bürger- meisterwahl durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt und dann um 4 Uhr die Sißung geschlossen. Nächste Sitzung Dienstag 12 Uhr.

__— Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (50.) Sitzung seßte das Haus der Abgeordneten die dritte Be- rathung des Entwurfs eines Feld- und Forstpolizei- geseßes mit §. 18 fort. Dieser Paragraph lautet nah den Beschlüssen zweiter Lesung: j

„Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder mit

Haft wird bestraft, wer Gartenfrüchte, Feldfrüchte oder andere

Bodenerzeugnisse aus Gartenanlagen aller Art, Weinbergen, Obst-

anlagen, Baumschulen, Saatkämpen, von AedFern, Wiesen, Weiden,

Pläßen, Gewässern, Wegen oder Gräben entwendet. Die Ver-

folgung tritt nur auf Antrag ein. Das Sammeln von Pilzen

auf nicht künstlib§ angelegten, auch nit eingefriedigten Weiden und Triften unterliegt der im §8. 41 auszesprochenen Bestimmung.“ Zu diesem Paragraphen lagen folgende Anträge vor:

Der Abg. Dr, Windthorst beantragte statt: „Die Ver- folgung tritt nur auf Antrag ein“, den Saß einzuschalten : „Liegen die Vorausseßungen des 8. 370 Nr. 5 des Strafge- jegbucchs vor, tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein.“

Der Abg. Dr. Grimm beantragte die Worte: „Die Ver- folgung tritt nur auf Antrag ein“ zu streichen.

Der Abg. Leonhard beantragte für den Fall, daß der Saß: - „die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein“ gestrihen werden sollte, an dessen Stelle zu seßen:

„Die Bestrafung fällt weg, wenn der Grundbesißer auf die- selbe bis zur Verkündigung eines Urtheils oder bis zum Ablauf der gegen das polizeilihe Strafmandat zulässigen Einspruchsfrist verzihtet, In diesem Falle trägt die bis dahin abgelaufenen Kosten der Grundbesißer, sofern solche nit vom Beschädigten übernommen werden.“

Der Abg. Fiebiger führte aus, daß ein Zustandekommen des Gesetzes sehr zu wünschen sei, damit der großen Menge willkürliher Polizeiverordnungen ein Ende gemacht werde, die zum Theil sehr scharfe Bestimmungen enthielten. Die große Schwierigkeit der Regelung dieser Materie liege darin, daß das Geseß schwere und leichte Fälle zusammenwerfe. Was die léßteren Fälle anlange, so glaube er, daß bei derartigen Ent- wendungen das Vorhandensein des Dolus erwiesen sein müsse, wenn A eintreten solle. Er frage, ob nach Ansicht der Negierung die Jutepretation dieses Paragraphen dahin gehe.

Der Staats-Minister Dr. Lucius erklärte sich zwar gern bereit, die vom Vorredner gewünschte Jnterpretation zu geben, er müsse indeß konstatiren, daß bei Handhabung dieses Ge- seßes, welche durh Amtsvorsteher und Bürgermeister erfolge, die Interpretation, die man hier gebe, den Ausführenden kaum zu jeder Stunde gegenwärtig sein würde; dieselbe werde also ohne Werth sein. FJndessen nehme er keinen Anstand, zu be- stätigen, daß, wer eine Handlung begehe, in der Jdee dadur Niemandem zu nahe zu treten, dadurch nicht gegen die Jnten- tionen des Eigenthümers zu fehlen, sich nicht in dec Lage be- finde, Etwas zu thun, was unter den Begriff einer strafbaren Handlung falle. Er könne versichern, daß er, wenn er Amtsvorsteher wäre, hiernah verfahren würde. Er halte sich aber als landwirthschastliher Minister kaum für befugt, Worte authentisch zu interpretiren, die rihterlih bereits eine feststehende Jnterpretation gefunden hätten. Wenn der Abg. Fiebiger als bedenklich an diesem Paragraphen be- tont habe, daß derselbe leihte und {were Fälle kombinire, so könne man denselben Vorwurf dem ganzen Reichsstraf- geseßbuh machen. Der Paragraph richte sih, wie er wieder- holt betone, gegen Diebe und Waldfrevler, und niht gegen harmlose Spaziergänger. Dem Beschlusse des Hauses zu S. 18 în zweiter Lesung müsse er entschieden widersprechen, weil derselbe sich im Gegensaß zum Strafgeseßbuch stelle, in- dem derselbe Verfolgung eines Diebstahls von einem Antrage abhängig mache. Prinzipaliter sei er (Redner) für den An- trag Grimm, eventuell würde er auch gegen den jeßigen Antrag Windthorst keine sonderlichen Einwendungen haben, da der- selbe nit mehr zu den Mißdeutungen Anlaß geben könne, lag E E dieses Abgeordneten in zweiter Lesung zuge- assen habe. :

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, die in diesem Para- graphen erwähnte Entwendung sei nichts anderes, als der Diebstahl im Sinne des Strafgesezbuhs, das zwishen s{hweren und leichten Fällen insofern unterscheide, als die ersteren ohne, die leßteren aber nur auf Antrag bestraft würden. Er halte es ‘für selbstverständlih, daß zur S von Ueber- tretungen oder Vergehen der Nachweis des Dolus erforderlich

wlirde damit eine sehr gefährlihé Bahn betreten, die nan nur schon zu häufig gegangen sei. Jm Uebrigen sei es ihm angenehm, konstatiren zu können, daß der Minister sich mit seinem Antrage eventuell einverstanden erklärt habe.

___ Der Abg. Dr. von Heydebrand und dex Lasa bemerkte, die Verfolgung nur auf Antrag eintreten lassen, hieße einen förmlichen Handel mit Anträgen etabliren und allen möglichen Mißständen Thür und Thor öffnen. Auf die Modifikation des Antrags Windthorst sei er nicht getommen, habe vielmehr die vollständige Beseitigung des Antrags für zweckmäßig gehalten und sei dieser Ansicht noch jeßt.

Der Abg. Simon von Zastrow beantragte ebenfalls die Antragsfklaujsel zu streihen, da andernfalls - mancher ältere ländliche Besißer, der niGt {reiben könne, von der Ver- folgung eines ihm zugefügten Schadens abschen müßte. Den Antrag Windthorst würde er als minder s{hädlih eventuell auch acceptiren.

Nachdem darauf der Abg. Leonhard seinen Antrag zurück- gezogen hatte, wurde 8. 18 Alinea 1 mit dem Amendement Windthorst angenommen. Die Abstimmung über Alinea 2 wurde bis zu 8. 41 ausgeseßt.

Die 88. 19 und 20 wurden ohne Diskussion nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen.

8. 21 lautet:

__ Auf Gefängnißstrafe von Einer Woche bis zu Einem Jahre ist zu erkennen: 1) wenn im Falle einer Entwendung der Schuldige sich im dritten oder fernzren Rückfalle befindet; 2) wenn die Ents- wendung zum Zwecke der Veräußerung des Entwendeten oder daraus hergestellter Gegenstände verübt ist; 3) wenn die Hehlerei gewerbs- oder gewohnheit8mäßig begangen ist.

Der Abg. Francke wies, wie s{hon in zweiter Lesung dar- auf hin, daß unter der Veräußerung auch ein Verschenken zu verstehen sei, also der Vater, der im Walde eine Pfeife shneide und diese seinem Sohne schenke, mindestens mit Einer Woche Gefängniß bestraft werden müsse, ex beantrage die Streichung des Alinea 2.

Der Regierungskommissar Geheime Justiz-Rath Frhr. von Bülow bestritt dies und bemerkte besonders, daß beim Fortfallen dieser Nr. 2 derartige Entwendungen als Diebstahl bestraft werden müßten.

Der Abg. Dr. von Cuny sprach die Meinung aus, daß nur entgeltlihe Veräußerungen in diesem Paragraphen ge- meint sein könnten.

Der Abg. Fiebiger erklärte, daß nah dem Wortlaute des Alinea 2 auch Derjenige mit Gefängniß nicht unter einer Woche bestraft werden könne, der eine Gerte abschneide und sie seinem Kinde schenke.

Hierauf bes{hloß das Haus die Nr. 2 zu streichen und nahm den §. 21 im Uebrigen unverändert nah der Fassung der zweiten Lesung an. Desgleichen die 88. 22 und 23.

8. 24 lautet:

Mit Geldstrafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen der 88. 18 und 30, unbefugt : 1) das auf oder an Grenzrainen, Wegen, Triften oder an oder in Gräben wachsende Gras oder sonstige Viehfutter abschneidet oder abrupft; 2) von Bäumen, Sträuchern oder Hecken Laub abpflückt oder Zweige abbriht. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. :

Zu diesem Paragraphen lagen folgende Anträge vor:

Der Abg. Dr. Petri beantragte, in Nr. 2 hinter dem Worte „abbriht“, die Worte hinzuzufügen: „insofern dadur ein Schaden entsteht“.

Der Abg. Frhr. von Fürth beantragte, den ganzen Paragraphen zu streichen, event. dem ersten Absaßze des Paragraphen hinter dem Worte „unbefugt“ zuzuseßen die Worte: „und mit Verleßung bestehender Polizeiverordnungen“.

Der Abg. von Eynern beantragte, den ganzen Paragraphen zu streichen; da derselbe dem vom Abg. Windthorst auf- gestellten Axiom vom christlihen Gebrauche des Eigenthums widerspreche.

Der Staats - Minister Dr. Lucius erklärte sich gegen den Antrag des Abg. Frhrn. von Fürth und bat, die Beschlüsse der zweiten Lesung aufrecht zu erhalten.

Der Abg. Frhr. von Hammerstein wandte sih dagegen, daß man dem Grundbesißer gegenüber immer von sittlichen Pflichten rede, während das mobile Kapital sich stets davon zu emanzipiren wisse. Diese sittliche Pflicht könne immer nur eine freiwillige sein. Wolle man dies nicht zugestehen, sondern geradezu das Necht des Nichtbesißenden auf einen Genuß, der demselben nicht zustehe, konstruiren, dann solle man lieber glei die Konsequenz ziehen und dem Darbenden gestatten, wenn er hungere, sih seinen Bedarf zu nehmen, wo er ihn finde. Der größte Fehler der heutigen Zeit sei, daß man dem Eigenthum, welches heilig sei, vorwerfe, es werde niht mehr christilih gebrauht. Dies sei ein rein fozialistisher Vorwurf. Das Christenthum stelle den Saß auf: „Alles was mein ist, ist Dein“, der Sozialismus sage: „Alles was Dein ist, ist mein.“ Wenn man dem Eigenthümer das Recht des Verbots streitig mache, so liege darin eine Fixirung jener sittlichen Pflicht für den Grundeigenthümer, die zurückzuweisen sei. Er bitte um Annahme des ganzen 8. 24.

Der Abg. Cremer behauptete, daß doch gewisse Dinge in Feld und Wald existirten, die Gemeingut seien; wenn man das als eine sozialistishe Anschauung betrachte, habe cr nichts dagegen. Der Grundeigenthümer habe die ausgedehnteste NUß- nießung von seinem Eigenthum, aber auch die sittlihe Pflicht, den Bedürftigen mitzutheilen. Es sei ein Beweis, wie schr das Bewußtsêin dieser Pfliht vershwunden sei, wenn man arin erinnern müsse. Er bitte, den ganzen Paragraphen zu

reichen.

Der Abg. Frhr. von Heereman führte aus, daß die christlihe Eigenschaft des Eigenthums nur in der Verwaltung zur Erscheinung komme; man könne eine Strafe nicht ein- treten lassen, wenn ein Schaden nicht entstehe; deshalb bitte er, die Nr. 2 zu streihen oder wenigstens den Antrag Petri anzunehmen.

Der Abg. Dr. Langerhans erklärte, wenn man die Nr. 2 streiche, könne der ganze Paragraph fallen, denn die Fälle der Nr. 1 seien auch unter Nr. 18 zu subsumiren. Man sollte nicht so rigorose Geseße machen, sonst gewinne es den An- schein, als ob das Volk nur dazu da sei, um mit Strafen be- droht und mit Steuern belastet zu werden.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, wenn sih die Sozial- demokraten auf die ersten Christen beriefen, so geshehe dies nur, weil eben das Eigenthum jeßt nicht christlich gebraucht werde ; cs sei aber unrecht, wenn man meine, dieser christliche Gebrauch könne geseßlih erzwungen werden. Wenn man das Bereehtigte im Sozialismus anerkenne, bekämpfe man denselben

folgt war, die Löschung von 2 bisherigen Mitgliedern in der Matrikel versügt habe, sowie der Antrag, die Legitimation

sei. Den Versuch, neben dem Gesez auch noch eine Inter- pretation desselben zu geben, weise er entschieden zurück ; man

besser, als durch gewaltsame Niederhaltung. Hätte man mehr Positives geleistet, so würde man scho viel weitex mit dem-

selben sein; aber, wenn man die Kirche knechte, so sei die Sozialdemokratie zu bekämpfen, ein thörihtes Beginnen.

Der §. 24 wurde darauf mit dem Antrag Dr. Petri zu Nr. 2 angenommen, ebenso unverändert nach der - zweiten Lesung die §8. 25 und 26.

§. 27 lautet:

Mit Geldstrafe bis zu 50 4 oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt: *) abgeschen von den Fällen des §. 50 Nr. 7 des Fischereigeseßes vom 30. Mai 1874, Flachs oder Hanf röôtetz 2) in Gewäfsern Felle aufweiht oder reinigt oder Schafe wäst; 3) abgesehen von den Fällen des §. 366 Nr. 10 des Strafgeseßbuchs, Gewässer verunreinigt oder ihre Benußung in anderer Weise ershwert oder verhindert. i:

Der Abg. Dr. Petri beantragte, die Bestimmung in Nr. 2, daß Derjenige mit Strafe bedroht werde, der unbesugt in Gewässern Schafe wasche, zu streihen. Wo sollten denn die Bauern ihre Schafe anders waschen, als in Gewässern ? Sollten sie etwa für die Schafe besondere Badehäuser bauen ?

Der Staats-Minister Dr. Lucius erklärte, der Einwurf wäre berechtigt, wenn niht das Wort „unbefugt“ in dem Paragraphen stände. S :

Der Abg. Dr. Petri entgegnete, auch bei dieser Bestim mung dürsten die Bauern doch immer nur dann Schafe in Gewässern waschen, wenn sie ein nahweisbar wohlerworbenes Privatrecht darauf hätten.

Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa bemerkte, wo hätten denn die Bauern bisher die Schafe gewaschen ? Diese Bestimmung stehe in der alten Feldpolizeiordnung und die Bauern hätten ganz gut gewußt, wo sie die Schafe waschen sollten. Diese Einwürfe würden nur vorgebracht, um die Debatte aufzuhalten. / i |

Der Abg. Pr. Petri verbat sich den Vorwurf, daß er die Debatte aufhalten wolle.

Der Antrag Petri wurde darauf abgelehnt und §. 27 unverändert nach der 2. Lesung angenommen, ebenso die 88, W—35.

8. 36 lautet : i i

„Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt auf Forstgrundstücken : 1) außerhalb der öffentlichen oder solder Wege, zu deren Benußung er berechtigt ist, mit Werkzeugen und Geräthen, welche zum Fäller, Sammeln oder Wegschaffen von Holz oder anderen Walderzeug- nissen geeignet sind, si aufhält; 2) Holz ablagert, bearbeitet, be- \{lägt oder bewaldre{htet; 3) Einfriedigungen übersteigt ; 4) Forst- kulturen betrittz; 5) folche Schläge betritt, in welchen die Holz- hauer mit dem Eins{hlagen oder Aufarbeiten der Hölzer beschäf- tigt, oder welGe zur Entnahme des Abraums nicht freigegeben sind. In den Fällen der Nr. 1 können neben der Geldstrafe oder der Haft die Werkzeuge eingezogen werden, ohne Unterschied, ob sie dem Schuldigen gehören oder nit.“ \ :

Hierzu beantragte der Abg. Dr. Petri, Nr. 1 dieses Paragraphen zu streichen, während die Abgg. Frhr. von Fürth und Dr. Seelig folgende Fassung vorschlugen:

„Mit Geldstrafe bis 50 f wird bestraft, wer außerhalb der ffentlihen oder fsolwer Wege, zu deren Benußung er berechtigt ist, mit einem Werkzeuge, welches zum Fällen von Holi, oder mit einem Geräthe, welcbes zum Sammeln oder Wegschaffen von Holz, A Streu oder Harz seiner Beschaffenheit nah bestimmt ist, erscheint.“ : Ï Der Abg. Dr. Petri erklärte, der Präventivcharakter des

Gesebes, der demselben namentlih in Hessen so viele Feinde gemacht, trete besonders in diesem Paragraphen hervor. Wenn Jemand, der Werkzeuge nah einem Ort jenseits eines Waldes schaffen müsse, den Waldweg also gar nicht vermeiden könne, bestraft werde, so höre doch fürwahr Alles auf. Das Gesetz sei vielmehr zum Schuße des Wildes, als des Waldes und Feldes gemacht. Es werde Haß in der Bevölkerung erregen, und dieser werde sich_nicht gegen das Geseh, sondern gegen den Wald und die Waldbesißer wenden. Er empfehle den Konservativen das S:udium der Werke des Kulturhistorikers Riehl, dessen Bemerkungen über den Wald nicht in der Studir- stube ausgedacht seien; er selbst habe denselben manchen Tag auf seinen Zügen durch den Taunus begleitet. Die Ansicht, die diesem Geseß zu Grunde liege, daß die Feld- und Forst- hüter alle Engel und alle anderen Menschen prädestinirte Wilddiebe und Waldfrevler seien, werde sich nicht Bahn brehen. Man rechne dabei auf den Verstand der Waldbesißer und Beamten. Aber der Unverstand sei in der Welt immer viel größer gewesen, als der Verstand. :

Der Staats-Minister Dr. Lucius bemerkte, dieselbe Be- stimmung habe in Hessen-Nassau bis zum 1. Oktober 1879 gegolten; er bitte daher, den Antrag Petri L E a Gegen den Antrag von Fürth-Seelig habe die Regierung Nichts einzuwenden. | ;

Der Abg. Dr. Seelig führte aus, daß das Géseh mit Unrecht schon jeden für des Diebstahls verdächtig ansehe, der die zum Diebstahl geeigneten Werkzeuge bei sih führe. Be sonders sei dies für den Botaniker sehr beshwerlih. Linns

abe nicht, wie der Abg. Freiherr von Hammerstein behauptet

abe, {hon unter den Bestimmungen der Feld- und Forstpolizei- ordnung und des Forstdiebstahlgeseßes botanisirt, denn derselbe sei längst vor Erlaß dieser Geseße gestorben. Durch die Drohung des Abg. Freiherrn von Hammerstein mit der Selbsthülfe der Forst- beamten dürfe man sih nicht beeinflussen lassen, denn er wisse aus eigenem Umgange mit Forstbeamten, daß sie an Selbst- verleugnung in der Ausübung ihres Berufs gewöhnt seien und die Geseße zu respektiren wüßten. Nicht dur Polizeigeseße könne die hohe Aufgabe der Waldkultur gelöst werden, sondern besser dadur, daß der Wald in den A des Staats und folcher Korporationen ko11me, denen es au den finanziellen Ertag nicht so ankomme. |

Der Abg. Freiherr von Fürth bemerkte, daß nicht alle zu Waldfreveln geeigneten Werkzeuge und Geräthe in straf- barer Absicht getragen würden ; es dürfte daher nur das Tra- gen der ihrex Bestimmung nach zum Sammeln und dergl. dienenden Gegenstände bestraft werden. j

Der 8. 36 wurde darauf mit dem Antrag von Fürlh- Seelig - angenommen, ebenso nach der Fassung der zweiten Lesung die 88. 37—40.

8. 41 lautet : :

„Mit Geldstrafe bis zu zehn Mark oder mit Haft bis zu dret Tagen wird bestraft, wer cuf Forstgrundstücken: 1) bei Ausübung ciner Waldnußzung den Lezitimations\chein, den er nah den geschz- lichen Vorschriften, nah dem Herkommen oder nah dem Inhalt der Berechtigung lösen muß, nicht bei sich führt; 2) einer Polizei- verordnung zuwider oder gegen ein Verbot des Waldeigenthümers unbefugt Kräuter, Beeren oder Pilze sammelt, oder, falls er einen Erlaubaißschein erhalten hat, denselben beim Sammeln nicht bei fich führt. Das Sammeln kann nur da, wo dasselbe nit auf Berechtigung oder Herkommen beruht, durch Polizeiverordnung oder durch den Waldeigenthümer verboten werden. Die Verfol- gung tritt nur auf Antrag cin.“

Hierzu beantragten : :

Der Abg. Windthorst den §. 41 also zu fassen; „Mit Geld-

strafe bis zu zchn Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird besirajt, wer auf Forstgrundftlücken bei Ausübung einer Wald- nußung den Legitimations\chein, den er nach den .gesetlihen Vor- \rifte, nah dem Herkommen oder nah dem Inhalt ter Berech- tigung lôsen muß, nicht bei sih führt. Die Bestrafung erfolgt auf Antrag. In Beziehung auf die Bestrafung des Sammelns von Kräutern, Beeren und Pilzen wird besondere gesetzliche Yege- lung vorbehalten ;“

Die Abgg. Dr. Grimm und Schmidt (Sagan), in Nr. 1 hinter „Vorschristen“ hinzuzufügen : „oder Polizeiverordnungen“ und die Nr. 2 zu streichen; i:

Die Abga. Frhr. von Fürth und Dr. Seelig die Worte: „oder mit Hast bis zu drei Tagen“ zu streichen.

Der Abg. Dr. Schellwiß beantragte eine besondere Ah- stimmung über die Worte in dem Beschlusse zweiter Lesung: „einer Polizeiverordnung zuwider oder gegen ein Verbot des Waldeigenthümers“ und über die Worte „das Sammeln“ bis „verboten werden.“

Die Abgg. Dr. Petri und Windthorst als leßtes Alinea hinzuzufügen: „die Bestimmung in Nr. 2 findet für die Vro- Un Hessen-Nassau, Hannover und Schlesien keine Un- wendung.“

Der Abg. Dr. Schellwiß führte aus, daß eine generelle Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen niht mög- lih sei; ohne die verschiedenen bestehenden Rechte zu schädigen, die in den einzelnen Landestheilen sich in verschiedenartiger Weise entwidelt hätten. Aus diesem Grunde sei der Antrag des Abg. Windthorst, der eine besondere geseßzlihe Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen bezwecke, niht an- nehmbar.

Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa erklärte, der vorliegende Paragraph in der Fassung der zweiten Lesung sei nach der Meinung vieler Juristen eine wahre Fundgrube für Prozesse, und derselbe werde felbst in den Landestheilen, wo das Sammeln der Waldprodukte bereits geregelt sei, neue Schwierigkeiten hervorrufen. Um das zu vermeiden, sei es am besten, die ganze Nr. 2 des §. 41 zu streichen, damit dieser Punkt einer vielleicht provinziellen Regelung vorbehalten blei- ben könne. Es sei der ausdrücklihe Wunsch seiner politischen Freunde, das Geseß zu Stande zu bringen, und dieser Wunsch werde von fast allen Parteien getheill. Man müsse daher darauf bedacht sein, dem Geseße cine Form zu geben, die es dem Herrenhause möglih mache, dasselbe en bloc anzuneh ven, und die Regierung in den Stand seße, die Beschlüsse dieses Hauses im Herrenhause ihrerseits zu vertreten. Geschehe das nicht, so sei das Gesey für diese Session begraben. Fede Partei müsse daher ihre persönl:chen Wünsche so weit wie möglih unterdrücken,

Der Staats-Minister Dr. Lucius konstatirte, daß aller- dings in diesem Paragraphen der Punkt liege, in welchem noh zur Stunde eine Verständigung nothwendig sei, wenn überhaupt das ganze Geseß zu Stande kommen solle. Wie in der zweiten Lesung müsse er auch heute gegen den zweiten Saÿg der Nr. 2 sih erklären. Die zweifclhafte juristische De- finition des Begrisfes „Hcrkommen“ würde eine Quelle fort- währender Streitigkeiten werden. Er bitte daher den Saß zu streichen, denn die Regierung würde sonst nicht in der

age sein, das ganze Geseß anzunehmen. Als Basis einer Verständigung müsse er auch heute noch die ursprüngliche Regierungsvorlage bezeichnen, nahdem dieselbe aber durch die

weite Lesung beseitigt sei, könne er unter gewissen Voraus- bieten sih mit den Beschlüssen der zweiten Lesung ein- verstanden erklären. Jn der Nr. 1 des §. 41 müßten die Worte - „oder Polizeiverordnung“ eingeshoben werden. Der Antrag des Abg. Windthorst auf besondere geseßliche Regelung des Sammelns von Beeren und Pilzen sei für ihn niht annehmbar; durch denselben würde die Regelung durh polizeiliche Verordnungen ausgeshlossen und auf jeden Fall eine Schädigung der Waldeigenthümer herbeigeführt werden. Besser sei es, die Nr. 2 ganz zu streichen, als den Antrag Windthorst anzunehmen; dann blieben wenigstens die bis- herigen Bestimmungen bestehen und es würde kein Bacuum eschaffen. Dies Geseß habe nicht die Absicht, neues Recht zu afen oder zu nehmen. Das Zustandekommen des Ges-ches hänge davon ab, daß es eine Form erhalte, in der es die Staatsregierung vor dem Herrenhause vertreten könne. Das sei nur mözlih, wenn die Nr. 2 der zweiten Lesung beseitigt und der Antrag Windthorst abgelehnt werde. Prinzipaliter empfehle er die Streichung des 2. Absatzes der Nummer 2; eventuell glaube er, daß der gänzlißhe Wegfall der ganzen Nummer 2 auch noch als Boden einer Verständigung dienen könne,

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die Erwägung, daß dies Haus bei der Berathung dieses Geseßes darauf bedacht sein müsse, dem Herrenhause das Geseh so zu überweisen, daß cs von demselben en bloc angenommen werden könne, treffe für ihn nit zu. Er glaube, das Herrenhaus müsse dem Geseye ebenso wie dies Haus eine genaue Erwägung zu Theil werden lassen. Es sei wohl klar, daß seine Anträge eine ver- mittelnde Tendenz hätten, und dem Wunsche entsprängen, das Zustandekommen des ganzen Gesetzes zu ermöglihen. Man solle eben den Stein, den man gegenwärtig nicht heben könne, liegen lassen. Er ziehe den Beschluß der vorigenSißung seinem Antrage vor, weil derselbe bestimmter"ausdrückle, daß da, wo das Sam- meln der Beeren und Pilze auf einer Berechtigung oder einem Herkommen beruhe, keine Strafe eintreten solle. Der Minisier sage, das Gesetz habe nicht die Absicht, neues Recht zu schaffen, oder zu nehmen; er nehme den Minister beim Wort. Auch er wolle kein neues Recht schaffen oder nehmen. Bei verstän- diger Behandlung dieser Angelegenheit werde man zunächst im Administrativwege klarzulegen haben, wie es mit diesen Befugnissen vom Beeren- und Pilzesammeln in den einzelnen Provinzen sich verhalte , und erst , wenn die nöthige Klarheit geschaffen sei, könne man dem Besißer geben, was demselben gehöre. Es handele sich darum, Strafbestimmungen zu ver- meiden über Verhältnisse, die noch nit klar feien. Nach Annahme seines Antrages durch beide Häuser des Landtages werde sich die Regierung wohl hüten, das Geseß nicht zu publiziren, denn sie habe ein wesentliches Jnteresse an diesem Geseß, auch nach Streichung der von ihm zur Beseitigung vorgeschlagenen Nummer.

Der Staats-Minister Dr. Lucius entgegnete, zunächst möchte er dem Vorredner gegenüber richtig stellen, daß er von der en bloc-Annahme des Gesetzes im Herrenhause mit keincr

e

Silbe gesprochen habe. Sodann betone er, daß durch die Nichtannahme der Nr. 2 dieses Paragraphta durchaus noch kein Vacuum entstchen würde; es bliebe xben dann bei den

Produkten aus dcetUelben unbedingt verbieten könite, die Er- träge aus diesen Proôukten bildeten bekanntlih in verschiede- nen Distrikten eine wefentliche Einnahmequelle, und das Sammeln dieser Produkte sei an finanzielle Gegenleistung geknüpft. Jn diese Bestimmungen greife man niht ein. Ein Vacuum, er wiederhole es, entstehe dur die Ablehnung dieser Nr. 2 nicht.

Der Antrag Windthorst wurde darauf mit 175 gegen 174 Stimmen angenommen und waren damit die übrigen Anträge erledigt. Jn Folge dieser Abstimmung wurde al. Il des 8. 18 gestrichen.

Die §8. 42 und 43 wurden unverändert nach der zweiten Lesung ohne Diskussion angenommen.

8. 44 lautet:

Mit Geldstrafe bis zu funfzig Ma:k oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer: 1) mit unverwaßrtem Feuer oder Licht den Wald betritt oder sich demselben in gefahrbringen- der Weise nähert; 2) im Walde bren ..ende oder glimmende Gegen- {tände fallen läßt, for‘wirft oder unvorsichtig handhabt; 3) abge- sehen von den Fällen des §.368 Nr.6 des Strafgeseßbuchs im 2Zalde oder in gefährlicher Nähe desselben im Freien ohne Erlaubniß des Ortsvor- stehers, in dessen Bezirk der Wald liegt, in Königlichen Forsten ohne Erlaubniß des zuständigen Forstbeamten, Feuer anzündet oder das gestatteter Maßen angezündete Feuer gehörig zu beaufsictigen oder auszulöschen unterläßt; 4) abgesehen von den Fällen des S. 360 Nr. 10 des Strafgeseßbuchs bei Waldbränden, von der Polizeibehö: de, dem Ortsvorsteher oder deren Stellvertreter oder dem Forstbesitßer oder Forftbeamten zur Hülfe aufzefordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eizene Nachtheile genügen konnte. h

Zu diesem Paragraphen beantragten die Abgg. Dr. Seelig und Frhr. von Fürth Strcihung derjenigen Bestimmung, nah welcher Derjenige mit Geldstrafe bis zu 50 4 oder mit Hast bis zu 14 Tagen bestraft werde, wer, abgesehen von den Fällen des §8. 360 Nr. 10 des Strafgeseßbuchs bei Wald- bränden, von der Polizeibehörde, dem Ortsvorsteher oder deren Stellvertreter oder dem Forstbesißer oder E ZUL Hülfe aufgefordert, keine Folge leiste, obgleih derselb: der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr genügen könnte.

Nach einigen Worten des Abg. von Ludwig, welchzer sh gegen den Antrag Dr. Seelig erklärte, wurde nah Ablehnung des Antrages Dr. Seelig der 8. 44 unverändert angenommen, Gn alsdann ohne jede Diskussion der ganze Rest des

eJeßes, z

Nunmehr beantragten die Abgg. Dr. Seelig und Frhr. von Fürth folgende Resolution:

„Nach Ablehnung des Gesetzentwurfs im Ganzen die Königliche Staat8regietung aufzufordern, den Gesetzentwurf mit den dazu an- genommenen Abänderungßsanträgen den Provinzial-Landtagen zur Be- gutahtung vorzulegen und nach Eingang dieser Gutachten die Frage in erneute Erwägung zu nehmen, ob niht der Gegenstand zweck- mäßiger durch Provinzialgeseze als durch ein einheitlihes Landes- gesey zu regeln ist.“ :

Der Abg. Dr, Windthorst erklärte, daß die Schlußahstim- mung mit Motivirung nicht zulässig sei. Es müsse allein über das Geseh abgestimmt, und erst dann könne eine Ne- solution beschlossen werden.

Der Abg. Dr. Virchow erklärte sich Namens der An- tragsteller damit einverstanden, ebenso der Abg. Nichter.

Vei der S&lußabstimmung wurde das ganze Geseß an- genommen, die Resolution Dr. Seelig und Frhr. von Fürth war damit gefallen. ' 5

Darauf ersuchte der Abg. Rickert den Präsidenten, die

Nummer 4 der Tagesordnung vor die Nummer 3 zu seßen. Es sei nämlich der Wunsch laut geworden, über diesen Gegen- stand (Verwendung der aus dem Ertrage der Neichsfteuern an Preußen zu überweisenden Summen) einen schriftlichen Bericht der Budgetkommission zu verlangen ; sollte dies die Absicht des Hauses sein, so sei es wünschenswerth, heute noch darüber zu beschließen, damit am Dienstag der Bericht vor- liege. : Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er sei niht damit ein- verstanden, wenn dur den schriftlichen Bericht eine Verzöge- rung entstände. Für diesen Fall wünsche er einen mündlichen Bericht, denn die Sache müsse in dieser Session noch irte werden, damit das Volk sehe, daß die an die neue Wirth- schaftspolitik geknüpften Versprehungen nicht vertagt werden ollten. / Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, seine Pari wolle dies so wichtige Geseß nicht auf Grund eines mündlichen Be- richtes erledigen. Die Herren von der linken Seite, welche gegen die Zollpolitik gestimmt hätten, hätten gar kein Recht an diesem Gesebe. :

Der Abg. Richter erklärte, wenn er und seine Freunde auch gegen die neuen Steuern gestimmt hätten, so. teien fie doch in der Lage, dieselben mit bezahlen zu müssen, nachdem die Herren von der Rechten sie bewilligt hätten. Aus diesem Grunde wünsche er an den Steuererlassen Theil zu nehmen, insoweit sie die Lasten verminderten. Wenn auch nicht die blasse Aussicht sei, daß auch nur ein baarer Pfennig an Steuern erlassen würde, so möchte er doh wenigstens das leere Portemonnaie sehen, damit er, wenn einmal die schöne Zeit komme, wo wirklich Steuecrerlässe einträten, dann wenig- stens den Geldbeutel zur Hand habe, in welchen er das Geld einpaŒen könne. Das Geseh müsse in dieser Session zu Stande kommen und gerade die Herren, welche die neuen Steuern bewilligt hätten, sollten wenigstens den guten Willen zeigen, wenn sie au kein baares Geld hätten. L

Der Abg. Rickert konstatirte, daß in der Budgetkommission von keiner Seite ein s{riftliher Bericht gefordert worden sei. Seitdem seien mehrere Wochen verflossen, also sei es do jeßt wünschenswerth, diese Frage zu entscheiden.

Der Abg. Stengel erklärte als Berichterstatter der Budget= kommission, es sei doch eine Grausamkeit gegcn den Berichts erstatter, nahdem man vor 3 Wochen einen mündlichen Be- riht für genügend erachtet habe, wenn man ihm nunmehr zu=- muthe, vielleicht mit Zuhülfenahme der Nacht einen \christ= lichen Bericht zu liefern. Er könnte ja denselben bis Montag fertig stellen, allein derselbe müsse von dexr Budgetkommission geprüft und genehmigt, fer».ex gedruckt werden, so daß die Berathung dann erst am Freitag oder Sonnabend erfolgen könnte. /

Der Abg. von R°- uchaupt glaubte troß eines Fraktions- beschlusses nach die ¿x Erklärung des Referenten den Antrag auf schriftlihe richterstattung zurückziehen zu können.

11 O V’ rtagte sih das Haus um 2/, Uhr auf Diensiag

zur Zeit bestehenden geseßlihen Befnmmungen, nah denen

da, wo keine besondere Berelticang existire, der Waldeigen- thümer das Betreten des Waldes und die Entnghme von