1880 / 43 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Feb 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Der Schlußberiht über die gesirige Sißung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen 4. Sißung des Reichstages, welcher der Chef der Admiralität, Staats-Minister von Stosch, der Unter-Staatssekretär Scholz und zahlreihe andere Mil- glieder des Bundesraths beiwohnten, wurde in der ersten Berathung des Reichshaushalts - Etats für 1880 81 fortgefahren. Der erste Redner, Abg. von Kardorff, erklärte sich für zweijährige Budgetperioden, aber für jährlihe Berufung des Reichstags als unentbehrliches Bindemittel für das noch junge na des Reiches und für die Verstärkung des Reichsheeres mit Rücksicht auf die verän- derte politishe Situation in Europa. Gegen die gestrige Rede des Abg. Richter konstatirte er die Erstarkung der Bnltariss und die beginnende heilsame Wirksamkeit des neuen

olltariss, obwohl er für eine gerehte Beurtheilung derselben einen größeren Zeitraum in Anspruch nehmen müsse. Bei Sqluß des Blattes erhielt der Abg. Dr. Bamberger das Wort.

Jn der heutigen (20.) Sißung des Herren- hauses, welche der Präsident, Herzog von Ratibor, um 12 Uhr % Minuten eröffnete, und welcher der Vize-Präsident des Staats - Ministeriums, Graf zu Stolberg, die Staats- Minister Graf zu Eulenburg, Maybac, Bitter, Dr. Friedberg und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, erfolgten zunächst geschäftlihe Mittheilungen. Die Kommission zur eventuellen Vorberathung des Gesetentidurfs über die Orga- nisation der Allgemeinen Landeserwaltung ist vor der Sißung gewählt worden und hat si der Art konstituirt, daß Herr von Bernuth den Vorsig führt, Graf zur Lippe Stellvertreter des- selben is und die Herren von der Osten und Brüning als Schriftführer fungiren.

Dann trat das Haus in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand die einmalige Schlußberathung über den Antrag des Königlichen Staats-Ministeriums an das Herren- haus wegen Ertheilung seiner Zustimmung zu der Ver- tagung des Landtages war. Der Berichterstatter Herr -von interfeld beantragte, dem Antrage des Staats- Ministeriums die Zustimmung zu ertheilen. Graf Brühl er- klärte, er wolle die Nothwendigkeit der Vertagung nicht anzweifeln, bedauere aber, daß eben diese Nothwen- digkeit vorliege. Um solche Vorkommnisse in Zukunst zu vermeiden, bitte er die Staatsregierung, darauf hinzuwir- ken, daß die Thätigkeit der beiden De des Landtages be- schränkt werde, denn er glaube, daß viele Dinge, zu welchen jeßt die Thätigkeit des Landtages gefortert werde, sih auf dem Wege Allerhöchster Verordnung erledigen ließen. Die Diskussion wurde darauf geschlossen und der Antrag des Re- ferenten angenommen.

Es folgte der zweite Bericht der Matrikel-Kommis- fion. Auf Antrag-des Grafen zur Lippe beschloß das Haus ohne Diskussion: die Legitimation des Kammerherrn Marcell von Zoltowski auf Czacz und des Rittecgutsbesißers Joseph von Morawski auf Kotowieco als geführt anzuerkennen.

Der nächste Gegenstand war der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über die Uebersicht über den Stand und

Fortgang derjenigen Staatseisenbahnbauten in der

eit vom 1. Oktober 1878 bis Ende September 1879, für welche die erforderlichen Geldmittel durch b. sondere Geseße oder unter den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben des Etats der Eisenbahnverwaltung bewilligt worden sind. Auf Antrag des Referenten Herrn Brüning erklärte das Haus die Ueber- siht durch Kenntnißnahme für erledigt. Derselbe Bericht- erstatter berihtete Namens derselben Kommission über den Bericht, betr. die Ergebnisse des Betriebes der Staatseisenbahnen im Etatsjahre 1878/79, und auf seinen Antrag erklärte das L auch diesen Bericht durch Kenntnißnahme für erledigt.

m Namen derselben Kommission beantragte ferner der genannte Berichterstatter, über die Petitionen der Gemeinde Suurhusen und der Amtsversammlung des Amtes Emden, be- treffend den Ausbau der projektirten ostfriesishen Sekundär- Eisenbahn, weil bie Petenten den JInstanzenzug nicht inne- gehalten haben, zur Tagesordnung überzugehen. Das Haus trat dem Antrage ohne Debatte bei.

Dann folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission über die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des ersten Vierteljahres 1877 nebst den dazu gehörigen Anlagen. Der Referent Graf von der Sculenburg-Angern be- antragte in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause, mit einem Vorbehalt bezüglih der von der Ober-Rchnungs- fammer bemängelten Rechnung der Niedersch!esis{ch-Märkischen Eisenbahn die Entlastung der Staatsregierung auszusprechen. Das Haus trat diesem Antrage ohne Diskussion bei. (Schluß des Blatts.) /

Jn der heutigen (66.) Sißung des Hauses oer Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums Graf zu Stolberg, der Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg, der Finanz - Minister Bitter, der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer und mehrere Kommissarien beiwohnten, trat das Haus in die Berathung des Antrages des Staats-Ministeriums, betreffend die Vertagung des Landtages ein, Der Dr. Windthorst wies darauf hin, daß eine Nach- session sehr unerwünsht und die Verwaltungsgeseße nicht so dringlich seien. Troÿdem würde seine Partei dem be- stimmten Wunsche des Ministers des Fnnern nicht wider- prechen, falls derjelbe erklärte, daß die Hauptaufgabe der

acsession nur die Berathung des Organisationsgeseßes fein

e. Der Minister des Jnnern erwiderte, daß diese Vorausseßung zutreffe, obwohl er nicht exklären könne, daß niht auch an- dere minder wichtige Geseße zur Erledigung fommen sollten. Die Verwaltungsgejeße seien zur Geseßgebung reif und sie seien nothwendig zur Weiterentwickdelung der Verwaltungs- reform. Der Abg. Frhr. von Huene richtete die Bitte an ie Regierung, {hon in der Nasession die zur dauernden Ab- hülfe des Nothstandes in Oberschlesien in Aussicht estellten Eisenbahnvorlagen zu machen. Der Finanz-Minister ent- gegnete, daß er niht in der Lage sei, die Beendigung der Lbnis en Vorarbeiten für diese Vorlagen troy der eifrigfsten örderung derselben bis zum Juli bestimmt in Îus- iht zu stellen. Die Abgg. Frhr. von Zedliß und Neukirch und von Rauchhaupt erklärten, ihre Parteien würden für den Antrag stimmen. Letterer wies den in der Presse erhobenen Vorwurf, daß das Haus niht mit Es aller seiner Kräfte e gearbeitet habe, als durhaus unbegründet zu- rück. Es sei allerdings wüns{henswerth, das parlamentarische Leben etwas von Arbeit zu entlasten. Der Abg. von Bennig- sen {loß sich im Ganzen den Ausführungen des Ministers

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des Jnnern an. Der Abg. Richter erklärte, die Vereinfahung der parlamentarischen Geschäfte niht in einer - zweijährigen Etatsperiode, sondern in der Beseitigung des Herrenhauses und in der Ausarbeitung der Regierungsvorlagen mehr in Uebereinstimmung mit der Majorität der Volksvertretung suchen zu müssen. Die Bemerkungen des Redners über die bisherige geringe Betheiligung an den Kommissionsberathungen wiesen die Abgg. von Bennigsen, von Benda und Frhr. von Zedliß und Neukirh als nicht ganz berechtigt zurück. Der Antrag der Staatsregierung wurde darauf fast einstimmig ange- nommen.

pn dritter Berathung wurde sodann der Geseßentwurf, bctreffend die Abänderung der 88. 9 und 12 des Geseßes über die Auflösung des Lehnsverbandes der dem Sächsi- hen Lehnrechte, der Magdeburger Polizeiordnung und dem Longobardishen Lehnrehte sowie dem Allgemeinen preußischen Landrehte unterworfenen Lehne in den Provinzen Sachsen und Brandenburg vom 28. März 1877, unver- ändert ohne Debatte angenommen. Bei der dritten Berathung des Geseßentwurss, betr. die Verwendung aus dem Ertrage von Reichssteuern an Preußen zu über- weisenden Geldsummen, erklärte sih der Abg. Grumb- ret gegen die Bestimmungen der Vorlage, welche einen raten- weisen Erlaß der Steuer anordne. Es wirke das erfahrungsgemäß wie ein Lotteriegewinn, es verführe die Menschen zu unnöthigen Ausgaben. Der Abg. von Hülsen erklärte, das Geseß sei für ihn und viele seiner Freunde in seiner jeßigen Gestalt unannehmbar. Auf eine Anfrage des Abg. Berger antwortete der Regierungs- kfommissar, General-Steuerdirektor Burghart, daß die Regie- rung die den Steuerempfängern etwa durch dieses Geseß ent- stehenden Verluste auszugleichen suchen werde. Ueber den Modus, wie das geschehen solle, könne jeßt eine Erklärung nit erfolgen. Die Vorlage wurde darauf unverändert an- genommen.

Es folgte die erste Berathung des Gesehentwurfs, be- treffend das E der emeritirten Geistlichen.

Der Kultus-Minister von Puttkamer legte den Jnhalt des dieser Vorlage zu Grunde liegenden Kirchengesehes dar und führte aus, daß das Staatsgeleß nux eine logische Kon- sequenz des lehteren sei. Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Gringmuth, Richter, Dr. Bitter (Waldenburg) und Dr. Virhow wurde die Vorlage genehmigt ; desgleichen obne Debatte in zweiter Berathung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Uebertragung von Befugnissen, welche den Provinzialbehörden und deren Vorstehern geseßlich vorbehalten sind, auf die Königlichen Eisenbahn- direktionen und deren Vorsteher, nahdem der Re- ferent Abg. Spener in einem kurzen Bericht darauf hinge- wiesen, daß die Zusammenseßung der e ard Eisenbahn- direktionen, in welchen die juristischen itglieder in fast gleid,er Zahl wie die technischen vertreten seien, eine genügende Garantie fúr eine gerehte Handhabung der ihnen zu über- weisenden Disziplinarbesugnisse biete.

Der leyte Gegenstand der Tagesordnung war die erste Berathung des Geseßentwurfs zur Abänderung und Ergän- zung des Geseße&.vom 18. März 1868, betr. die Errich- tung dffentliWer, ausschiießlih zu benugender Schlachthäuser, Für den Zweck desselben, den Schuß des Publikums gegen den Genuß von Fleish, das von franken Thieren herrühre, trat der Abg. Dr. von Heyde- brand und der Lasa, sowie Seitens der Staatsregierung der Regierungskommissar Unter - Staatssekretär Dr. Jacobi ein, der zugleih die Abwesenheit seines Chefs entschuldigte ; außerdem der Abg. Dr. Virchow für den zugleich daraus resultirenden Vortheil, daß die besseren und geringeren, d. h die theuern und billigen Fleischsorten getrennî zum Verkauf gestellt werden müßten. Die Vorlage wurde \{ließlich an eine Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen, worauf st|ch das Haus um 1 Uhr vertagte.

Durch Cirkularerlaß vom 8. d. M. hat der Minister des Innern die Regierungen und Landdrosteien angewiesen, dem Central-Direktorium der Vermessungen im preußischen Staate bis zum 15. Februar eines jeden Jahres über die im Laufe des vorhergegangenen Jahres ausgeführten und in Angriff genommenen größeren kommunalen Vermessungs- arbeiten, fowie über die das Ressort der Verwaltung des Jnnern berührenden Veränderungen in den Generalstabskarten Mit- theilung zu machen oder Vakat-Anzeigen zu erstatten. Die erste Anzeige, welche zum 15. Februar 1881 fällig ist, hat nicht allein die im Jahre 1880, sondern auch die Hahec schon vor- gekommenen größeren kommunalen Vermessungen und Ver-

änderungen in den Generalstabskarten zu umfassen, soweit die- |

selben nicht hon anderweit zur Kenntniß des Central-Direkto- riums der Vermessungen im preußischen Staate gebraht worden sind. Die den Regierungen und Landdrosteien bur den Cirkular- erlaß vom 14. Mai 1875 auferlegte V-xpflihtung, dem Central-Direktorium der Vermessungen von fee eingetretenen Ortsnamenveränderung unmittelbar nach der staatlihen Genehmigung derselben direkte Mit- theilung zu machen, bleibt auch für die Folge bestehen.

Die vorsäßliche zeitweilige Entziehung einer Brief- oder Padetsendung aus dem Postverkehr Seitens eines Post - beamten is, nah einem Erkenntniß des Reihsgerichts, I. Strafsenats, vom 8. Dezember 1879, ebenso wie dic dauernde Entziehung als Unterdrückung der Sendung zu bestrafen, gleichviel, welchen Erfolg der Beamte durch die zeitweilige Entziehung zu erreichen, beabsichtigt hat, also auch selbst dann, wenn der Beamte dabei niht von der Absicht geleitet war, das rechtzeitige Eingehen der Sendung bei dem Adressaten zu verhindern.

ae Die Verübung eines Betruges mittelst einer ge- fälshten Urkunde is, nah einem Erkenntniß des Reichs- ß erichts, Ill, Strafsenats, vom 3. Dezember 1879, als qua- ifizirte Urkundenfälshung aus 8. 268 Str. G. B. zu bestrafen; Ma Gegen ist niht auf eine Gesammtstrafe wegen der in der Handlung des Thäters liegenden beiden Vergehen (Urkunden- fölshung und Betrug) zu erkennen.

Der General der Infanterie von Prißelwiß, Gouverneur von Mainz, welchem kürzlih der Charakter als General der Jnfanterie verliehen worden , ist aus diesem Anlaß zur Abstattung ersönliher Meldungen mit Urlaub von Mainz hier eingetroffen. y

Als Aerzte haben fich niedergelassen die Herren Assistenzarzt Dr. Gaffky in Pr. Stargard, Geppelt in Kroków, Dr. Ammon in Schlochau, Sergot bei der Zrrenanstalt in Sch{wey, Dr. Schimanski in Stuhm, Dr, Schüle in Stolp- münde, Dr. Greve in Niederbreisig.

Bayern. München, 17. Februar. Die „Allg. ag schreibt: Wie wir in zuverlässigster Weise vernehmen, ift die Mittheilung verschiedener Blätter, daß der Kri egs-M inister von Maillinger bei Sr. Majestät dem König bereits um seine Entlassung eingekommen sei, unbegründet.

Der Finanzaus\{chuß der Kammer der Abgeord- neten will heute Abend die Berathung des Gesetzentwurfs bezüglich eines Vors chußkredits für außerordentliche Be- dürfnisse des Heeres zum Abschluß bringen und morgen Vormittag den Entwurf des Seen den Schlußstein des Budgets, berathen, so daß derselbe in den leßten Tagen der Woche von beiden Kammern wird erledigt werden fönnen.

18. Februar. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe hat heute, entgegen dem von der Abgeordneten- kammer gefaßten Beschlusse, auf den Antrag des Prinzen Ludwig 20 000 6 für die Würzburger Jubiläumsfeier einstimmig bewilligt und ebenso einstimmig die von der Zwei- ten Kammer bei dem Eisenbahnetat beschlossene Erhöhung der Personen tarife abgelehnt.

Sachsen. Dresden, 18. Februar. (Dr... J) De Erste Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sißung den Etat des Ministeriums des Junern, soweit derselbe nicht schon früher erledigt worden ist, mit der alleinigen Ausnahme, daß die von der Zweiten Kammer abgelehnte Theilung der Amts- hauptmannschaft Dresden in zwei Amtshauptmannschaften ein- stimmig gebilligt wurde, im Wesentlichen nach den Beschlüssen der Zweiten Kammer.

Württemberg. Ulm, 12. Februar. (U. Tagbl.) Heute Vormittag kam Zhre Königliche Hoheit Prinzes | in Georg von Sachsen mit Gefolge hier an und fuhr auf der oberen Donaubahn nach Sigmaringen.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 18. Februar. (W. T. B.) Aus Anlaß der Errettung Sr. Majestät des Kaisers von Rußland fand heute Nachmittag in der hie- sigen griehishen Kapelle in Gegenwart Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs ein feierlihes Tedeum statt.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 17. Februar. Der Landesausschuß beendete in seiner gestrigen Sizung die zweite Berathung des Etats der Wasserbauverwaltung.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Februar. (W. T. B.) Jm Abgeordneten hause stellte heute der Minister-Präsident Graf Taaffe dem Hause zunächst den neuen Kultus-Minister Baron von Eybesfeld und den neuen Finanz-Minister Freih. von Kriegsau vor und beantwortete sodann die vom Abg. Pienger und Gen. am 7. d. M. eingebrachte Interpellation, betreffend die Eingabe der böhmischen Bischöfe wegen der Schule, wie folgt: Die Eingabe der böhmischen Bischöfe sei im Wesentlichen nur eine Erneurung der seit dem Bestand der neuen Schulgeseße aus den Kreisen der Kirche wiederholt hervorgegangenen Erklärungen, es sei be- kannt, daß den Schulgeseßen von je her vom kirchlihen Standpunkte aus mannigfah widersprcchen worden sei, auch die gedahte Eingabe der böhmischen Bischöfe halte diesen Widerspruch ausrecht und gehe nah Jnhalt und Form aus der Jnitiative der Bischöfe hervor. Was die Frage des Fn- terpellanten betreffe, ob es, um die Achtung vor dem Geseße aufrecht zu erhalten, keinen andern Weg gebe, als den, das Gesch, so lange es in Kraft sei, zu vollziehen, sich aber den Wahrnehmungen und Erfahrungen nicht zu verschließen, welche die Ausführung desselben in Betreff der Zweckmäßigkeit seiner einzelnen Bestiinmungen an die Hand gebe, so habe die Re- gierung sich die Sammlung dieser Erfahrungen während des zwö!fjährigen Bestehens der Schulgeseßze sowie deren unbefangene Würdigung zur besonderen Aufgabe gemacht. Die Regierung sehe es als ihre Pflicht an, da, wo fie Verbesserungen des Bestehenden auf der Grundlage der von ihr gemachten Erfahrungen für nothwendig erach:e, solche im administrativen und legislativen Wege zur Geltung zu bringen. Unter allen Umständen werde jedoch die Regie- rung ihrer Pflicht, auch auf diesem Gebiete den Geseßen Achtung zu verschaffen und zu sichern, innerhalb ihres ver- fassungsmäßigen Wirkungskreises zu entsprehen wissen. Am Schluß der Sizung erklärte der Abg. Fürst Liechtenstein, daß er in Folge der Beantwortung der Mengerschen FJnter- pellation durch den Minister-Präsidenten Grafen Taaffe seinen

Antrag, betreffend die Schulgeseße, zurüziehe. i

Der neu ernannte Kultus- und Unterrichts-Minister von Eybes feld erklärte bei der Vorstellung der Beamten seines Ministeriums, daß er die Geschäste ganz im Geiste seines Vorgängers weiterführen werde. :

19. Februar. ie die „Presse“ erfährt, sind die Verhandlungen zwischen der österreihishen Süd- bahn und der ungarishen Regierung nahezu perfekt. Nath denselben soll eine Verlängerung der Steuersreiheit be- willigt werden, dagegen soll die Südbahn die Linie Agra m- Karlstadt zu dem approximativen Kostenpreise überlassen.

Der Kaiser Fran; Josef hat sofort nah dem Bekanntwerden der im Winterpalais zu St. Petersburg statt- gefundenen Explosion ein Glücckwunschtelegramm an den Kaiser Alexander gerichtet. Von den österreichi- chen und ungarishen Journalen wird das Attentat auf das Schärfste verurtheilt. i

Aus Veranlassung der gl ücklihen Errettung des Kaisers von Rußland fand heute in der hiesigen russishen Kapelle ein Tedeum statt, welchem der Minister-Präsident Baron von Haymerle, mit den Sektions- cefs, und die Mitglieder des diplomatischen Corps beiwohn- ten. Dieselben hatten sih gestern sofort nah dem Bekannt- werden der Nachricht von der Errettung des Kaisers Alexander nah dem Hotel der russischen Botschaft begeben, um ihre Glüdckwünsche darzubringen.

Jhre K. und K. Hoheiten der E erzog Rainer und die Erzherzogin Marie sind, einem Madrider Telegramm der „Agence Havas“ vom 14. d. M. zufolge, von Madrid ab- gereist, um nah Desterreih zurückzukehren.

Der „Neuen freien resse“ zufolge wird der Abschluß einer Anleihe von 40 Mill. Fl. zwischen der Regierung und der Kreditanstaltsgruppe heute oder morgen perfekt. Soweit die Anleihe den Bedarf für Szegedin betrifft, bleiben die Ab- machungen bindend; sür den Bedarf der L eißregulirungs- gesellschaften bleiben die Bedingungen in der chwebe, bis der Finanz-Minister sich mit denselben einverstanden ‘erklärt hat, es scheint jedo, daß Szapary die Verpflirhtung übernommen habe, die Gesellschaften zur Ratifikation des abgeschlossenen Geschäftes zu vermögen.

Agram, 17. Februar. (Pest. L.) Seit der Rüdckehr des Banus Mazsuranics aus Wien gilt dessen Rücktritt in den bestunterrichteten Kreisen als vollendete Thatsache. Als sein Nachfolger wird Graf Ladislaus Pejacsevicch bezeich- net, der die ihm wiederholt angebotene, von ihm aber stets refusirte Stelle des Banus nunmehr auf ausdrücklihen Wunsch Sr. Majestät angenommen hat.

Schweiz. Lugano, 17. Februar. (Bund.) Am S@hluß der gestrigen Verhandlung im Stabio-Prozeß hat der Prä- sident der Kriminalkammer den Obersten Mola und die übrigen Angeklagten in Haft seßen lassen. Die Vertheidiger protestirten gegen dicses Verfahren.

Großbritannien und Irland. London, 17. Februar. (Allg. Corr.) Aus der Capstadt wird dem Reuterschen Bureau (via Madeira) vom 27. Januar gemeldet: Sir Garnet Wolseley hat mit Mr. Pretorius eine Unter- redung gehabt, die, wie es heißt, erfo!glos gewesen ist. Mr. Pretorius hat es abgelehnt, in dem Executivrath von Trans- vaal einen Siy einzunehmen. Der geseßgebende Rath von Natal hat sih geweigert, irgend welche Mittel für den Unter- halt eines britischen Residenten im Zululande zu bewilligen. Es ist jedoch ein Amendement eingebraht worden, welches die nochmalige Erwägung der Frage befürwortet. Der Rath hat die Einführung einer Vermögenssteuer in Natal be-

\{chlofsen.

Die Regierung von Kanada zieht gegenwärtig einen von dem Gouverneur von Neufundland, Sir John Glover, herrührenden Vorschlag, St. Johns zum Sommerhafen für das ganze Dominion zu machen, in Erwägung. Die Jdee ist, St. Johns dur eine Eisenbahn quer über die Jnsel und durch eine Linie von Dampffähren über die Meerenge von Belle-Jsle mit dem Festlande in Verbindung zu bringen, von wo eine Eisenbahnlinie eine Verbindung mit der inter- colonialen herstellen würde. Durch dieses Arrangement wür- den die Schiffe 2 bis 3 Tage gewinnen und die Hülfsquellen Neufundlands ershlossen- w:rden.

18. Februar. (W. T. B.) Jhre Majestät die Königin hat unmittelbar, nahdem sie die Nachricht von der gestrigen Explosion im Winterpalais zu St. Petersburg erhalten hatte, Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland und der Kaiserlich“ russishen Familie telegraphish ihre Glü- wünsche zu deren glücliher Errettung ausgedrüdckt. Die LeUungen geben übereinstimmend ihrer Entrüstung über das

reigniß im Winterpalais Ausdruck.

Frankreich. Paris, 18. Februar. (W. T. B.) So- gleih nach dem Bekanntwerden der Explosion im Winterpalais zu St. Petersburg sprah der Präsident Grévy den Kaiser Alexander telegraphish seinen Glückwunsch zu dessen Errettung aus. Der Conseils-Präsident de Freycinet und die übrigen Minister statteten heute Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Nicolaus von Rußland, sowie dem russischen Botschaster Fürsten Orloff Besuche ab. Mlle Zeitungen drücken ihren Abscheu über das Ver- brechen aus.

—_— (Fr. C.) Dex Senat wird die Verhandlung über die Ferry’ sche Vorlage, betreffend den höheren Unter- riht, am nächsten Montag eröffnen. Nah dem Bericht, welchen Hr. Jules Simon dem Senat erstattet hat, sind die Petitionen gegen den Artikel 7 von 1809 115 Per- sonen, nämlih von 1 039 357 männlihen und 769 758 weib- lichen, unterzeichnet.

Spanien. Madrid, 18. Februar. (W. T. B.) Die amtlihe „Gaceta“ publizirt das Geseg über die Auf- hebung der Sklaverei. Nach einem amtlichen Tele- aramm sind vier der Räuber, welche vor einigen Tagen einen Raubanfall auf den andalusishen Eisenbahnzug ausführten, sowie der Anführer derselben ergriffen worden und haben ein Geständniß abgelegt. Jn Leon, Zamara, CTaroque und Alcala sind große Uebershwemmungen eingetreten ; ein Theil der Eisenbahnen in Leon, Asturien und Galizien steht unter Wasser. Jm Meere von Biscaya herrschen arge Stürme; in dem Hafen von Bilbao sind an 150 Kauffahrteischiffe zurückgehalten.

Jtalien. Rom, 18. Febvuar. (W. T. B) Sé. Majestät der König hat in seinem Namen, sowie im Namen Qs Majestät der Königin und des italienishen Volkes

r. Majestät dem Kaiser von Rußland telegraphisch seine Glüdckwünsche zu der Errettung desselben ausgesprochen. Gleich nah dem Bekanntwerden der Nachricht von der Explosion im Winterpalais zu St. Petersburg begaben sich der Minister- präsident Cairoli, die übzigen Mrs und die Mitglieder des diplomatischen Corps auf die russishe Botschaft. Der Pap hat ebenfalls ein Glückwunschtelegramm an den Kaiser Alexander gesandt.

Der Senat wählte seine früheren vier Sekretäre wieder und ferner die Senatoren Chiavarifla und Vittelleschi zu Quästoren. Die Deputirtenkammer hat Farini mil 213 von 280 Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt, (61

Stimmzettel waren unbeschrieben). Zu Vize-Präsidenten wurden

gewählt die Deputirten Spantigati, Pianciani, Tajana, und Maurogonaio.

Türkei. Konstantinopel, 18. Februar. (W. T. B. Der Sultan hat dem Kaiser von Rußland anläßli dessen Errettung telegraphish seine Glücckwüns\che Üüber- mittelt. Um dem Eindringen der Phylloxera nach der Türkei vorzubeugen, ist die Einfuhr von Pflanzen ausländi- {her Provenienz verboten worden.

Philippopel. Dem Reutershen Bureau wird unterm 13. d. M. von hier gemeldet: „Die Provinzial- versammlung wird gegen Ende dieses Monats für eine außerordentlihe Session einberufen werden, um das Budget für das nächste Finanzjahr zu votiren. Die Lage der türkischen Flüchtlinge in Ostrumelien hat sich in Mioe der Anstrengungen der Behörden und der dur die ae E gewährten Unterstüßung wesentlih ge-

Nußland und Polen. St. Petersburg, 18. Februar (W. T. B.) Unmittelbar nach der Explbiton n E: palais begab sich der deutsche Botschaster, General von Schweiniß, zu Sr. Majestät dem Kaiser, um denselben anläßlich seiner Errettung zu beglückwünschen. Heute erschien der Botschafter im Palais, um offiziell im Namen des diplo: matischen Corps dessen Glückwünshe zu überbringen. Der Kaiser beauftragte den Reichskanzler Fürsten Gortschakoff, dem Doyen und den Mitgliedern des diplomatischen Corps seinen Dank auszusprehen. Fn dem Winterpalais fand ein Tedeum und in allen Kirchen feierliche Gebetsgottesdienste statt.

Die Untersuchung über die Explosion ist in vollem Gange. Jn dem unter dem Boden des Hauptwache-Saales befindlihen Raume, in welchem die Explosion erfolgte, sind 3 Arbeiter beschäftigt gewesen, von denen einer die Flucht er- griffen hat. er Play vor dem Winterpalais ist angefüllt von Personen, welhe Sr. Majestät dem Kaiser ihre Huldi- gungen darbringen wollen. Die ganze Stadt hat festlichen Agentur angelegt. Die zufällige Verspätung des

aisers mit dem Diner hatte ihren Grund darin, daß Se. Majestät Sih zum Empfange des hier eingetroffenen Prinzen von Hessen begeben hatte.

Die Meldung des „Standard“ über die Sendung des Generals Jgna tieff nah Teheran in besonderer Mission ist, bestem Vernehmen nach, grundlos.

19. Februar. (W. T. B.) Der „G olos“’ meint, daß mit Rücksicht auf eine -möglichst ungehinderte Unter- suchung über den traurigen Vorfall im Winterpalais eine Veröffentlichung sicherer Details erst nach Abschluß derselben zu erwarten sei. Das Blatt weist auf die pflichtgetreue Hand- lung der Soldaten des finnländishen Garde-Regiments hin, welche, obwohl verwundet, ihren Posten nicht eher verlassen wollten, als bis sie vorschriftsmäß!g abgelöst wurden. Jm Bureau des „Golos“ sind zahlreid,e Gaben zum Besten der verwun- deten Soldaten von Privatpersonen niedergelegt worden.

Der General-Gouverneur Gurko hat gestern fol- genden Tagesbefehl an die Truvpen erlassen: Gestern Nachmittag gegen 7 Uhr erfolgte unter dex Hauptwachiiube im Winterpalais eine mittelst Anwendung einer bedeutenden Dynamitladung hervorgerufene Explosion. Der freche Misse- thäter bekundete augenscheinlih einen Höllenplan gegen die geheiligte Person Sr. Majestät des Kaisers, da er die Zeit des Mitta sessens Sr. Majestät wählte und den Schlag auf die Mecniditüns des Speisesaales Sr. Majestät richtete. Gott hat das theure Leben des Gesalbten errettet und uns Allen dadurch avermals eine große Gnade erwiesen. Beeilen wir A in warmem einstimmigen Gebet dem Herrn dafür zu

anken.

—19. Februar. (W. T. B.) Der „NowojeW remja“ zufolge ereignete sih die Explosion unter dem Speisesaale im Winter- palais, woseibst das Kaiserliche Familiendiner um_6 Uhr be- ginnen sollte, zufälligerweise jedoch um eine halbe Stunde auf- gesh oben war. Die Explosion, welche vom Erdgeschosse aus, wo si die Central-Heizungseinrihtung befindet, erfolgte, trat genau in dem Momente ein, als Se. Majestät der Kaiser in Begleitung des Prinzen von Hessen und des Fürsten von Bulgarien durch die eine Thür, die gesammte Kaiser- lihe Familie, mit Ausnahme der franken Kaiserin, durch die andere Thür eintreten wollten. Die Explosion war dermaßen stark, daß die Gewölbe des Erdgeschosses, sowie der Wachstube durchbrohen und in dem Kaiser- lichen Speisesaale die Dielen krumm gezogen und die Tische und das Geschirr auseinandergeshleudert wurden. Zwei im Saale befindliche Diener erhielten Verleßungen. Für die Krast der Explosion spricht ferner die große Zahl der im Winterpalais und in den benachbarten Häusern am Newaquai zersprungenen Fenster. Da durch den Luftdrud das Gas ausgelöscht war, so herrschte nah der Explosion voll: fommene Finsterniß. Der Kaiser bewahrte während des ganzen Vorfalls volle Geistesgegenwart.

(W. T. B.)

Amerika. Washington, 18. Februar. Der Gesetzentwurf, betreffend die Konvertirung der fünf- und sechsprozentigen Bonds in 31/„prozentige Obligationen, ist dem Nepräsentantenhause zugegangen und foll am 92, März c. daselbst zur Berathung gelangen.

Die Finanzkommission hat bezüglih des Geseß- entwurfs, im Jahre 1881 eine Ausstellung zu New-York zu veranstalten, einen günstigen Bericht erstattet. Die Regie- rung würde nah dem Berichte zu den Kosten der Ausstellung

nichts beizusteuern haben.

New-York, 16. Februar. (Allg. Corr.) Berichten von der mexikanis{hen Grenze zufolge is eine Kolonne Bundestruppen auf der Verfolgung einiger Fn- dianer in Neu-Mexiko am 10. ds. in einen Hinterhalt ge: fallen und zum Rückzuge genöthigt worden, wobei sie mehrere nua einbüßte und ihre Proviantvorräthe im Stiche lassen mußte.

Der „New-York Herald“ veröffentlicht ein Telegramm aus Aspinwall, vom gestrigen Tage, welhes meldet, daß die von Hrn. von Lesseps ernannten Jngenieure zur Prü- fung der vorgeschlagenen Route für den Panamakanal ihren Bericht erstattet haben. Sie begünstigen einstimmig einen Niveaukanal und veranschlagen die Kosten desselben auf 843 000 000 Fres. Hr. von Lesseps wird jeßt, wie es heißt, ein Cirkular veröffentlihen, worin er die Amerikaner einladen wird, eine Hälste dieses Betrages zu zeihnen. Die Herstellungsarbeiten werden, wie man erwartet, aht Jahre in Anspru nehmen. Hr. von Lesseps hat sich nah ew-York begeben.

Afrika. Egypten. Alexandrien. Den „Times“ wird von hier telegraphish gemeldet, daß der Vertrag über die pachtweise Abtretung der egyptishen Eisen. bahnen an ein Syndikat, an dessen Spiße der englische Herzog von Southerland steht, unterzeichnet sei und nur noch der Genehmigung des Khedive bedürfe. Die Pachtdauer be- trägt 50 Jahre; die egyptishe Regierung hat für die Be- \{hädigungen, welche der Nil an den Bahndämmen anrichtet, aufzukommen. (Die Gesammtlänge der egyptishen Bahnen betrug zu Anfang des vorigen Jahres 1500 km).

Aus dom Wolffshen Telegraphen-Bureau.

Dresden, Donnerstag, 19. Februar. Aus Anlaß der lücklihen Errettung Sr. Majestät des Kaisers von Rußland and heute in der hiesigen russischen Kirche ein feierliher Dank- ottesdienst statt, welhem auch ein Vertreter Sr. Majestät des öónigs beiwohnte.

Neichstags- Angelegenheiten.

Die I1I. Kommission des Reichstages für den RNeichs- haushalts-Etat hat sich wie folgt konstituirt: von Bennigsen, VPorsitender, von Kardorff, Stellvertreter des Vorsitzenden, Frei- herr von und zu Bodman, Scriftführer, Dr. Boretius, Schbrift- führer, Loewe (Berlin), Schriftführer, von Puttkamer (Lübben), Schriftführer, Freiherr von Malyahn-Gülß, Freiherr von Minnige- rode, Dr. Frege, von Knapp, Graf von Behr-Behrenuhoff, Stumm, Berger, Schlutow, von Hölder, MWulfshein, Dr. Karsten, Staelin, Freiherr von Soden, Freiherr zu Frandckenftein, Dr. Buk, Dr. Frei-

herr ‘von Hertling, von Benda, Kiefer, Rickert, Graf von Fugger- Kirchberg, Freiherr von Schorlemer-Alst, Graf von Galen.

In die IV. Kommission des Reichstags für die Rech- nungen über den Reihshaushalt sind folgende Abgeordnete gewählt worden: Riert, Vorsitzender, Streder, Stellvertreter des Vorsipenden, Horn, Schriftführer, Schön, Stellvertreter des Schrifts führers, Freiherr v. Tettau, Hermes, v. Reden (Lüneburg).

Land- und Forstwirthschaft.

Der XI. Kongreß deutscher Landwirthe wurde gestern durch den Oekonomie-Nath CENpE DeorE eröffnet. Das Prä- sfidium wurde, wie folgt, durch Akflamation gewählt : T. Vorsitzender: Oekonomie-Rath Schüße-Heinsdorf, 11. Vorsißender: Erb-Jäger- meister von Jagow-Nühftädt, 111, Vorsitzender : Frhr. von Thüngen- Roßbach. Vor Eintritt in die Verhandlung brachte de: Vorsißende ein Hoh auf Se. Majestät den Kaiser aus. Zu Punkt 1 der Tages- ordnung: Welche Bestrebungen sind fortan von der ge- fammten nationalen Produktion der Landwirth- \chaft, dem Handwerk und der &Fndustrie gemeinsam anzubahnen? referirte Dr. Frege-Abtnaundorf.

Derselbe verlas sodann folgende Resolution :

Der Kongreß Deutscher Landwirthe erklärt

1) in Grwägung, daß die Continuität der nationalen Wirth- \{aftspolitik des Jahres 1879 die Basis aller wciteren wirths{haft- lien Reformen ist;

2) in Erwägung, daß die Solidarität der Interessen der Lands

_ wirthschaft, des Kleingewerbes, der Judastrie und des Handels auf

der Grundlage „Deutschland für die Deutschen“ sich von Jahr zu Jahr mehr bethätigen muß und wird;

3) in Erwägung, daß eine Klärung und Sichtung der nationalen Forderungen und Bedürfnisse der verschiedenen Erwcrbszwei;e durch einen ständigen , wirthschaftlichen Beirath die Stellung der geseßz- gebenden Körperschaften keineswegs beeinträchtigen, sondern vielmehr unterstüßen und vor Ueberbürdung mit volkswirthschaftlichen Auf- gaben {ühßen wird;

4) in Erwägung, daß die {hon bestehenden Einzelvertretungen dec verschiedenen Erwerbszweige, wie der deutsche Landwirthschafts- rath, die Centralverbände der Industriellen und der deutsche Handels- tag heilsame Bindeglieder zwischen den landwirthschaftlichen Vereinen, Gewerbe- und Handelskammern einerseits und dem volkswirth\chaft- lichen Senate andererseits bilden werden ;

5) in Erwägung, daß das Wohl der Gesammtheit nur erreicht wird; wenn die ein;elnen Erwerbszruppen vereint der Hebung und Förderung der deutshen produktiven Arbeit auf allen Gebieten sich unterziehen;

6) in Erwägung, daß das Wohl der Gesammtheit untrennbar ift von dem Blühcn und Gedeihen des deutschen kleinen, mittleren und großen Gru: dbesites

sein Einverständniß zur Bildung eines volkswirthscaftlichen Senats, wenn in demselben der deutschen Landwirthschaft die ihr ges bührende Stellung eingeräumt wird. -

Herr Gontard-Viockau verlas folgende Resolution: „Der XI. Kon- greß deutscher Landwirthe verzichtet aus Opportunitätsgründen darauf, Anträge in Beziehung auf den bestehenden Zolltarif zu stellen, kann aber nit umhin, seinem Bedauern Ausdruck zu geben, daß in dem- selben drei wichtige Produkte, nämlich Flachs, Wolle und Raps, theils ganz unberüsitigt blieben, theils mit zu geringen Zollsäßen eingestellt wurden“, und besprach die Gründe derselben.

Beide Anträge wurden angenommen.

Ueber Punkt 2 der Tagesordnung :ZWas hat der Grundbesiß zu thun, um in Verbindung mit dem mittleren und dem Kleingrunds besi seine Aufgabe auf politischem, wirthscaftlihem und sozialem Gebiete zu erfüllen ? referirte Freiherr von Schorlemer-Alit,

Der Kongreß erklärte seine Zustimmung zu den ausgesprochenen

Grundsätzen. Getverbe und Handel.

Washington, 18. Februar. (W. T. B.) Der Schah- sekretär Sherman hat heute zum Zweck der Amortisation 5: und 6% Obligationen im Betrage von einer Million Dollars angekauft und zwar 6% Obligaiionen von 1880 zu 3,95 à 3,97, 60/0 Obligationen von 1881 zu 3,56 à 3,75 und 5% Obligationen

zu 3,50 à 3,67. Verkehrs: Anstalten. Southampton, 18. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ ist heute hier eingetroffen.

Berlin, 19. Februar 1880.

Bei dem Vaterländishen Frauen-Verein sind zum Bestea der nothleidenden Distrikte berschlesiens bis zum 16. d. M. 91129 M 88 «j eingegangen. Die zur Fortführung des Unterstütungswerkes dem Verein zugedahten Gaben nimmt dessen S Hr. Bankier von Krause hierselbst, Leipzigerstraße 45, entgegen.

Die Lutherstiftung für die Waisen des Berliner Lehrerstandes hielt am Mittwoch in der Aula der Königlichen Augusta- schule ihre 34. Jahresversammlung ab. Nach dem von dem Vorsißenden Stad!shulrath Bertram erf!atteten äFahresberiht befanden sich für Recbnung des Vereins 77 Waisen in Pflege; von diesen waren 9 noch nicht \{chulpflihtig, während 12 Kommunalschulen, die übrigen höhere Stulea besuhen. Baar wurden unterstüßt 29 Familien laufend mit 4860 #4, 10 Familien einmalig mit 230 #4; an Winterunter- stüßzungen wurden 630 4 an 48 Familien, an Weihnachtsgaben 1837 M an 46 Familien vertheilt; für Lehrmittel wurden 158 #, für Schulgeld 12 4 verwendet. Die Gesammtausgaben betrugen 8094 M, die Gesammteinnalmen, einschließlich 375 M vom Kaiser- liden Hause, 935 #4 Geschenke und 3394 Beiträge der Wohlthäter, 8722 4, so daß 628 #4 Bestand verblieb. Das Ver- mögen beträgt zur Zeit 15 900 #6

Der Moonsche Blindenverein hielt am Mittwoh unter Vorsiß des Generals von Egloffstein seine diesjährige General- versammlung ab. Dem Jahresbericht zufolge hat der Verein 14 ciner Pfleglinge dur den Tod verloren, 14 weitere liegen zur Zeit in Kranken- und Siechenhäusern {wer frank darnieder. 180 Blinde find monatlich mit zusammen 6592 unterstüßt worden. Bei der Weihnachtsbejchecrung konnten an 186 Blinde je 6 4A und Kleis dungsstüte im Gesammtwerth von 2456 M. vertheilt werden. Die Einnahmen betrugen 18 915 4, die Ausgaben 12146 4; das Ver- mögen des Vereins ist auf 35 639 H gestiegen.

Rom, 12. Februar. Der hiesigen Geographischen Ge- \ell\chaft sind unter dem 20. November v. J. von den Ufern des Flusses Hawash datirte Briefshaften des Kapitäns Mactini zu“ gegangen. Bis zu jenem Tage war die Reise gut von Statten ge- gangen, und Martini boffte in zwei Tagen Farré, einen bereits innerhalb der Grenzen des Königreichs Shoa gelegenen Flecken, zu erreihen. Auch von Seite des Marchese Antinorîi, des Führers der ersten italienishen Expedition na dem inneren Afrika, sind aus Let-Maresia vom 4. September und 20. Oktober 1879 datirte Briefe eingelaufen, in welchen er mittheilt, daß er si wohl befinde und eine dritte wissenshaftlibe Sammlung zur Absendung, in die Heimath zusammengestellt habe. In Betreff sciner beiden Gefährten, der HH. Ceccbi und Chiavini, über deren Geshick man seit Dezember 1878 im Dunkeln war, theilt Antinori mit, daß si dieselben im Februar 1879 oder um jene Zeit in Kaffa befanden, Beide gesund waren, ih einer guten Aufnahme und Behandlung Seiteus des dortigen Königs zu erfreuen hatten und im Begriffe standen, wieder aufzubrechen und die Reise nah den Acquatorialseen fortzuseßen.