1880 / 45 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Feb 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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lagen, B. die Uebersiht der ordentlihen Ausgaben und Ein- nahmen auf Reste aus den Fahren 1871 bis 1877/78.

Die Vorlage wurde auf Antrag des Abg. Möring der Reehnungskommission überwiesen.

Es folgte die erste und zweite Berathung des Entwurfs eines Geseßes, betreffend die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des Deutschen Reichs. i

' Der Bundeskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Roesing leitete die Debatte ein, indem er in Abwesenheit seines Chefs, des Staatssekretärs des Jnnern, welcher zu seinem Bedauern durch Unwohlsein an das Zimmer gefesselt sei, die Vorlage dem Wohlwollen des Hauses empfahl. Wenn die Konsulate ihrer Aufgabe, den Jnteressen des Handels und der Schiffahrt zu dienen, genügen sollten, so müßten sie regelmäßig, prompt und vollständig von der Anwesenheit der Sthiffe in ihrem Amtsbezirk unterrichtet sein. Zn allen \{iff- fahrttreibenden Ländern seien die Schiffer geseßlih verpflichtet, si bei den Konsuln ihrer Nation bei threr Ankunft zu melden und über die relevanten D Auskunft zu geben und bei der Abreise sich wiederum abzumelden. Von der Voraus- sezung einer solchen geseßlichen Verpflihtung in Deutschland E auch das Gese vom 8. November 1867 aus. .Die zu diesem Geseße erlassene Dienstinstruktion verpflichte die Kon- suln, dem Reichskanzler die unterlassene Meldung unverweilt zu berihten, damit derselbe das Strafverfahren gegen die säumigen Schiffer einleiten könnte. Diese Meldungspflicht beruhe aber in Deuts&land bis jeßt nur auf partikular- staatlichen, unter einander verschiedenen und zum Theil ganz veralteten Vorschriften. Jn N fehle eine solche Vorschrist ganz. Dieser Zustand habe manche Mißhelligkeiten zwishen Schissern und Konsuln wverur- saht, da beide Theile über e geseßlichen Pflichten niht ganz im Klaren seien. Jn Folge dessen habe bereits vor 3 Fee der Vertreter Bremens im Bundesrathe die reihsgeseblihe Regelung dieser Materie beantragt, und der Bundesrath habe diesen Antrag angenommen und den Reichs- kanzler um Vorlegung eines diesbezüglichen Geseßentwurfs er- sucht, Diese Vorlage basire auf einer Ausarbeitung der tech- nishen Kommission für die Seeschiffahrt, welche noch zu Gunsten der leßteren verbessert worden sei. Die Meldungs-

fliht werde geseßlich konstatirt, der Jnhalt der Meldung Mur Kaiserliche Verordnung festgestellt, deren ebenfalls nah den Vorlagen der tehnishen Kommission ausgearbeiteter Entwurf der Vorlage beigegeben sei. Dieses Gese würde dem Hause früher vorgelegt sein, wenn es niht nöthig ge- wesen wäre, behufs Beseitigung einer Geldauslage, welche Unordnung in das Rehnungswesen der Konsulate gebracht habe, über die sogenannte periodische Fahrt, Ermittelungen anzustellen, um zu ermessen, welche Folge die Aufhebung dieses Privile- iums auf die Einnahmen der Konsulate haben würde. Die Resultate dieser Ermittelungen, welche sich auf den ganzen Erdkreis erstreckten, eue das Haus in dem vorgelegten Nach- weis, welcher ergebe, daß die Aufhebung dieses störenden Pri- vilegs ganz ohne Bedeutung sei. Mit Ausnahme der Gebüh- ren in den westindishen Häfen, bei welchen es noch sehr zweifelhaft sei, ob die Erfordernisse der periodischen Fahrt von den Konsuln beachtet seien, belause sich das ganze Objekt auf faum 1000 6 Dem gegenüber biete die Vorlage der Schiff- fahrt bereits eine Erleihterung in der Abfertigung der Ladung. Es solle nämlih na derselben den Schiffen gestatt6t sein, nit allein wie bisher, Passagiere, sondern auch Ladung einzunehmen, ohne daß sie genöthigt seien, sih an die Konsuln zu wenden. Nicht allein hierin liege fb eine mehr als hinreichende materielle Kompensation, fondern sie seien auch nit mehr genöthigt, ih persönlih bei den Konsuln zu melden ; es könne dies vielmehr \chriftlich geshehen. Nach nene der Vorlage werde der Schiffer genau wissen, was derselbe dem Konsul zu melden habe, und es werde dur Aufstellung der Meldung schon während der Fahrt jede Belästigung durh die Meldungspflicht beseitigt. Dem konsularishen Dienste werde eine viel größere Zuverlässigkeit und Stetigkeit gewährt. Er glaube damit genug gesagt zu haben, um dem Hause die Annabme der Vorlage zu E /

‘Die erste Berathung wurde geschlossen, und da die Vor- lage an eine Konimission nicht überwiesen wurde, sofort die zweite Berathung éxöffnet.

Zunächst wurde §.. 1, welHer lautet:

„Der Führer eines deutshen Kauffahrteischiffes ist verpflichtet, die Ankunft des Schiffes in einem zu dem Amtsbezirke eines deutschen Konsulätés gehörigen Päfen und den Abgang des Schiffes aus einem solchen Hafen dem Konsul mündlich oder \chriftlich zu melden. Die Meldung der Ankunft hat innerhalb der beiden nächstfolaenden Tage, die Meldung des Abganges vor der Abfahrt des Schiffes zu and

ohne Debatte genehmigt. ZU 8. 2, welcher lautet: „Die Meldungen sind nit erforderli, wenn das Schiff den Hafen nur angelaufen hat, um 1) auf Wind oder Gezeit zu war- ten, 2) den Bedarf an Proviant, Wasser oder Ausrüstungsmaterial zu ergänzen, 3) Lootsen einzunehmen oder abzuseßen, 4) Personen oder Ladung einzunehmen oder abzusetzen, sofern der hiermit ver- bundene Aufenthalt nicht länger als bis zum Ablauf des auf die Ankunft folgenden Tages währt, 5) Briefe oder Ordres in Em- pfang zu nchmen odex abzusenden, 6) etwaigen Polizei-, Zoll- und anderen am Orte bestehenden Vorschriften naGzukommen.“ beantragten dié Abgg. Möring und Meier (Schaumburg- Lippe) statt der Worte: „als bis zum Ablauf des auf die Ankunft folgenden - Tages“, die Worte zu seßen: „als 48 Stunden“. Der Abg. öring befürwortete E ae Antrag. Er begrüße diese Vorlage mit: Freuden. Die Regierung dokü- mentire dadurch, daß sie bestrebt sei, auf dem Wege der Ge- ebgebung im Fnteresse der Seeschiffahrt vorzugehen. Sein mendement beruhe -selbstverständlih auf keiner prinzipiellen Meinungsdifferenz zur Vorlage; dasselbe bezwecke nur eine Verbesserung im nteresse der Geretigkeit. ah der Fassung des Entwurfs könne ein Schiff, das eine Minute nah Mitter- V in einen Hafen einlaufe, eron 48 Stunden weniger 1 Minute liegen, ohne sich zu melden, während ein Schiff, das 1 Minute vor Mitternacht einlaufe, dies nur 24 Stun- den und 1 Minute dürfe. Das könne die Absicht der Regie- rung. nicht sein. Nach seinem “Vorschlage sei die Frist für jedes Schiff Es lang bemessen. Das Haus werde gewiß den Vorzug seines Amendements anéetkennen, und hoffe er, daß auch Seitens des Bundesraths demselben niht würde EoDa werden.

Der Bundeskommissar bedauerte, daß er dem Amendement Möring nit zustimmen könne. Er könne die erwähnte Möglichkeit nicht bestreiten, gane aber, daß dié Fassung des Entwurfs dem praktischen Bedürfniß bereits entsprehe. Jn der Ausdehnung der Zeit bis zum Ablauf des auf die Ankunft folgenden Tages liege bereits eine Konzession.

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Y Die Regel sei bei andern Schiffsmeldungsordnungen, daß die Frist bei der Ankunft an den Bestimmungshäfen auf 48 Stunden und an den Zwischenhäfen auf 24 Stunden bemessen sei. Das sei auch der erste Vorschlag der technishen Kommission für Seeschiffahrt gewesen. Aber weil es immer mißlich sei, eine Frist nach Stunden- und Minutenzahl zu bestimmen und über die Minuten im Laufe des Tages, wo die Frist abgelaufen sein solle, sehr leicht Differenzen zwischen dem Schiffer und dem Konsul entstehen könnten, L man die Zeitbestimmung nah Stunden in eine solde nah Tagen umgeändert. Wenn man ier die Frist nah Stunden einführen wollte, würde au ein angel an Konformität in das Geseß kommen, nachdem das Haus im §, 1 habe stehen lassen : „innerhalb der beiden nächst- folgenden Tage“. Daß die Frist in jedem Falle genüge, be- weise der Umstand, daß in Southampton, bekanntlih einem Hauptanlandungshafen, der Konsul bereits erklärt habe, daß, da die Expedition eines Dampfschiffes dort siets am Tage der Ankunst oder spätestens am darauf folgenden Tage beendet sei, er seiner ganzen Schiffsgebühreneinnahmen dur diese Bestimmung verlustig gehen würde, und deshalb den Antrag angekündigt habe, ihm (dem Konsul) die Kosten seines Kon- sulats mit ungefähr 440 Pfund Sterling aus Reichsmitteln zu erstatten. Aehnliche d ar walteten in Havre ob, wo die Hamburger Dampfer anliefen und für die trans- atlantishen Schiffe werde es ziemlich gleihgültig sein, ob das Haus eine Frist von dur@schnittlich 11/, Tagen oder von 48 Stunden annehme, da, soviel er wisse, in den transatlantischen und auch in manchen außereuropäis{hen Ländern der Schiffer, wenn derselbe Ladung abseßen oder einnehmen wolle, durch die Landesgeseße gehalten sei, sih der Vermittlung des Konsuls" zu bedienen, um sein Schiff zu expediren. Jn diesem Falle würde derselbe die Gebühr be- ahlen müssen, weil das Konsulat in Thätigkeit genommen li und es würde demselben keine großen Beschwerden machen, dann auch die Meldung nach dem vorgeschriebenen Formular auszufüllen. Da - er die Nothwendigkeit der Abänderung nit einsehe, so könne er das Haus nur bitten, es bei der Vorlage zu belassen. 6 Der Abg. Stellter empfahl das Amendement Möring seiner größeren Präzision wegen und weil man bei Straf- bestimmungen, die die Bestrafung veranlassende Handlung nicht genau genug präzisiren könne. A Der §. 2 wurde darauf mit dem Amendement Möring- Meier angenommen. Zu 8. 3, welcher lautet: i „Die näheren Bestimmungen zur Ausführung dieses Gesetzes werden durch Kaiserliche Verordnung erlassen. Die Verordnung bestimmt insbesondere die Punkte, über welhe der Schiffsführer dem Konsul bei der Meldung Auskunft zu ertheilen hat.“ / \sprah der Abg. Dr. Gareis den Wunsch aus, daß die Kaiserliche Ausführungsverordnung, die nah §. 3 zu er-

q lassen sei und deren Entwurf bereits den Motiven beiliege,

niht dem Grundsaß des Handelsgeseßbuchs entgegentrete, daß der Schiffer von dem Jnhalte der Ladung keine Kenntniß zu A brauche, da das Konnossement auch lauten könne: „ZJn- alt unbekannt“, oder: „Maß, Zahl, Gewicht unbekannt“. Es könnte scheinen, als ob durch die Bestimmung des Entwurfs der Verordnung, daß - der jer die, Ladung dem Konsul anzeigen mil}se,' eir e*d en Grändsag widersprehends Deklarationspfliht eittgeführt werden folle. Er wünsche die vor Allem nicht wegen der Wichtigkeit dieser Deklarations- pfliht in Bezug auf Kriegskontrebande, wie sich bei dem Luxorfall gezeigt habe. Die völkerrehtlihe Stellung des Deutschen Reichs zu dieser Frage solle doch dur dieses Ge- seß niht geändert werden.

Der Bundeskommissar erwiderte, die Kaiserliche Ver- ordnung stehe noch nicht fest, und da auch noch nit mit- getheilt sei, in -welhem Maße das Mee hier an- gewendet werden solle, so könne er sich wohl eines weiteren Eingehens auf den fraglichen Wunsch enthalten, derselbe werde jedoh nicht unerwogen bleiben. Aber der Vorredner habe die Bestimmung doch wohl nicht richtig verstanden. Es sei durch- aus niht die Absicht und eutsprehe auch niht dem bisherigen Verfahren, daß der genaue Jnhalt der Ladung dem Konsul angezeigt werden solle, es sei ausdrüdcklih von einer summa- rishen Bezeihnung der Ladungsgegenstände die Rede, und es werde dies nach der bisherigen Praxis weiter nichts sein, als im Allgemeinen zu sagen: das Schiff sei angekommen nmiit Manufakturwaaren und dergleichen, so daß damit das Ein- gehen auf die einzelnen Bestandtheile gewiß niht gemeint sei. Der Wunsch, den der Vorrednex ausgesprohen habe, werde von Seiten des Bundesraths volle Berücksichtigung finden.

8. 3 wurde hierauf angenommen.

8, 4 lautet:

„Der Schiffsführer, welcher, den Vorschriften dieses Gesetzes zuwider es unterläßt, die Ankunst oder den Abgang des Sciftes rechtzeitig zu melden, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Mark bestraft, Die gleiche Strafe trifft den Schiffsführer, welcher eine den Bestimmungen der” Kaiserlihen Verordnung (8. 3) nicht ent- sprechende Meldung der Aufforderung des Konsuls ungeachtet zu vervollständigen unterläßt,“

Der Abg. Stellter bemeckte, daß die Fassung e Para- raphen im Widerspruch mit dem deutschen Strafgeseßbuch ehe. Er behalte sich für die dritte Lesung einen Ver esse-

rungsantrag vor.

Hierauf wurde §8. 4 angenommen, womit die zweite Be- rathung der Vorlage beendigt war.

Das Haus schritt darauf zur Wahl des zweiten Vize- Präsidenten.

Es wurden 202 Stimmzettel abgegeben, davon waren 94 unbeschrieben, also ungültig; von den übrigen 108 erhielt der der "M0 Ackermann 102, die Abgg. von Benda und Fribsche je 2, Thilo und Vahlteih je 1 Stimme. Der Abg. Aer- mann war somit gewählt. Derselbe erklärte sich. bereit, die auf ihn gefallene Wahl anzunehmen. Er danke den Herren, welche ihm ihr Vertrauen und Wohlwollen geschenkt hätten, und bitte, wenn er einmal berufen sein sollte, die Verhand- lungen des Hauses zu leiten, um die Unterstüßung des Hauses, ohne welche er nihts zu Stande bringen könne.

ut u vertagte fd das Haus um 31/4 Uhr auf Montag r,

Für die Zeit vom 1. April 1879 bis zum Schlusse des Monats Januar 1880 sind im Reiche an Einnahmen enl ließli der kreditirten Beträge) aus Zöllen und gemein-

chaftlihen Verbrauchssteuern, sowie anderen Einnah- men (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 122 061 164 M (4+ 31 465 451 ge Rübenzuckersieuer : 45 073 675 # (—- 1020818 6), Salzfteuer 30822031 M (4 445119 M),

Tabaksteuer 954489 # (+ 83 617 M), Branntweinsteuer 30 402 948 6 (— 830 107 A6), Uebergangsabgaben von Brannt- wein 104 868 4 (+12 442 M), Brausteuer 13 613 569 4 (— 302 904 A6), Uebergangsabgaben von Bier 810194 35568 M), Summe 243 842 938 M4 (+ 31 930 004 M), Spielkartenstempel 912333 #, darunter Nacsteucr 19559 M (4483224 6). Die zur Reichskasse gelangte Jsstt-Einnahme abzüglih der Bonifikationen und Ver- waltungskosten betrug bis Ende Januar 1880: Zölle 115751163 (+ 834709990 M), Rübenzuckersteuer 47 283 339 M. (144589865 M), Salzsteuer 28 057 410 M (+ 197 049 A6), Tabaksteuer 797 368 M6 (+ 84 294 A), Branntweinsteuer und Ueber Gas abe von Branntwein 30 802 227 M (+ 129 552 0, ifieiter und Uebergangs- abgabe von Bier 12 234032 M (— 229443 #6), Summe 234 925 539 A (+ 39 481 307 A), Spielkartenstempel (ein- \chließlih der Nachsteuer) 906 421. f (+ 701 508 46).

Hinsichtlich der Uebungen des Beurlaubten- standes für das Etatsjahr 1880/81 ist Folgendes bestimmt : 1) Es werden zu diesen Uebungen aus der Landwehr und der Reserve einberufen : a. bei der Fnfanterie 89 700 Mann, b. bei den Jägern und Schüßen 2400 Mann, c. bei der Feld: Artillerie 6100 Mann, d. bei der Fuß-Artillerie 5500 Mann, e, bei den Pionieren 2500 Mann, f. bei dem Eisenbahn-Re- iment 400 Mann, g. bei dem Train 3565 Mann (einschließ- ih der vom Kriegs-Ministerium festzuseßenden Zahl von Unteroffizieren, Lazarethgehülfen 2c.) Die Bestimmung über die erti Vertheilung hat durch das Kriegs-Ministerium zu erfolgen. | 9 Ueber Einziehung von Mannschasten des Beurlaubten- standes zur Kompletirung der an den großen Herbstübungen theilnehmenden Truppentheile ist besondere Versügung ge- troffen worden. :

3) Die Dauer der unter 1 gedachten Uebungen für die Landwehr und alle Trainmannschaften die Tage des Zu- sammentritts und Auseinandergehens am Uebungsorte mit einbegriffen beträgt 12 Tagè. Wo es im Fnteresse der Ausbildung für wünschenswerth erachtet wird, kann für die Reservisten, je nach Bestimmung der General-Kommandos bezw. obersten Waffeninstanzen, diese Uebungszeit bis zu 20 Tagen verlängert werden.

Die zu diesen Uebungen aus dem Beurlaubtenstande ein- zuziehenden Offiziere oder Unteroffiziere haben überall einen Tag früher am Uebungsorte einzutreffen wie die übrigen Mannschaften. : |

4) Die Uebungen bei der Jnfanterie werden dur die General-Kommandos, bei den anderen Waffen durch die obersten Waffeninsianzen geleitet. S

5) Die Uebungen der Landwehr - Jnfanterie finden in Bataillonen, und nur wo lokale oder andere Verhältnisse dieses durchaus bedingen, in Compagnien, die der Landwehr- Fuß: Artillerie in Compagnien, wo mehrere derselben den gleichen Uebungsort haben, in Bataillonen, die des Trains in Compagnien bezw. Sanitäts-Detachements statt, welche sämmt- lih zu diesem Zweck besonders formirt werden.

Reservisten der Jnfanterie sind nur dann in Uebungs- Bataillone der Landwehr einzustellen, wenn ausnahmsweise besondere Gründe dafür sprechen. L |

6) Ob bei den Pionieren und dem Eisenbahn-Regiment die Formation besonderer Compagnien erforderlih ist, ent- scheiden die betreffenden obersten A Nane i

7) Die Uebungsorte der Garde- Landwehr -FFnfanterie werden Seitens des General-Kommandos des Garde-Corps bestimmt. Als Uebungsorte für die Provinzial-Landwehr- Infanterie werden in der Regel Garnisonorte der ZFnfanterie gewählt. E _

8) Jäger (Schüßen), Pionmeré und Train-Mannschasten üben im Anschluß an die betreffenden Linien-Truppentheile.

9) Die Uebungsorte für die Feld- und Fuß-:Artillerie und für die Mannschaften des Eisenbahn-Regiments bestimmt die General-Jnspektion der Artillerie bezw. der Chef des Generalstabes der Armee im Einverständniß mit den bezüg- lichen -General-Kommandos.

10) Der Zeitpunkt der Uebungen wird Seitens der Ge-

neral-Kommandos bezw. obersten Waffen-Fnstanzen nah Ver- einbarung mit den ersteren, im Allgemeinen in die Monate April, Mai und Juni d. J., für die Schiffahrt treibenden Mannschasten in das Winterhalbjahr 1880/81 gelegt. Die Train-Uebungen finden' nah beendeten Be der be- treffenden Armee-Corps statt. Die Sanitäts-Detachements Ae zu gleicher Zeit mit den Krankenträgern des Friedens- tandes. ___ 11) Aus den Hohenzollernschen Landen üben die bezüg: lihen Offiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes der Provinzial-Armee-Corps aus\{ließlich der L mit denen des XIV. Armee-Corps gemeinsam. Die Jäger, sowie die im Bezirk des XIV. Armee-Corps befindlichen Offiziere und Mannschaften dieser Waffe üben nah näherer Bestim- mung der betreffenden Jnspektion beim Rheinischen Jäger- Bataillon Nr. 8 bezw. Lauenburgischen Jäger-Bataillon Nr. 9. Mannschasten des Beurlaubtenstandes des Garde-Corps aller Waffen, welhe nach dem Königreih Württemberg verzogen sind, werden nicht herangezogen.

12) Bei jedem Armee-Corps können 26 Reservisten der Kavallerie auf die Dauer von 6 Wochen zu den Kavallerie- Regimentern bezw. Train-Bataillonen über den Etat ein- gezogen werden.

Die größere Pontonier-Uebung bei Harburg (\. Nr. 35 d. Bl.) wird niht „6“, sondern „3“ Wochen dauern.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich fächsishe Wirklihe Geheime Rath Dr. Stichling is in Berlin angekommen und der Lan zum Bundesrath Geheime Finanz-Rath Heerwart nah Weimar abgereist.

Bayern. München, 20. Februar. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer hat heute den für außerordentliche Heeresbedürfnisse geforderten Vorshußkredit nah dem vom Ausschuß gestellten Antrage mit 144 gegen 3 Stim- men bewilligt und ebenso den definitiven Kredit für die außer- ordentlichen Heeresbedürfnisse mit dem vom Abg. Fugger be- züglih des Ausbaues der Festung Jngolstadt gestellten An- trage mit 139 gegen 11 Stimmen genehmigt. Vor der Ab- stimmung erklärte der Kriegs-Minister: er konstatire mit Vergnügen, daß die vertragsmäßigen Verpflihtungen Bayerns gegen das Reih vom Jahre 1873 zum ersten Male im Hause offene Anerkennung gefunden hätten. Man habe ihm die

ite der Pflichten gegen das Reih wohl \{chwer, aber doh nicht unmöglih gemacht, und erkläre ex sih mit dem uggershen Antrage einverstanden. Die Abgeordneten- ammer hat die von der Reichsrathskammer für die Würz:

burger Jubiläumsfeier bewilligten 20 000 /4 mit 76 gegen 75 Stimmen abermals abgelehnt. E

Sachsen. Dresden, 20. Februar. (Dr. J.) Beide Kammern hiellen n Sißungen. Die Erste Kammer genehmigte die Nachtragsbudgets für die Finanzperioden 1876/77 und 1878/79 nah den Beschlüssen der Zweiten Kammer, {loß sich dem jenseits gefaßten Beshlusse, den An- trag des Abg. Kökert und Genossen auf Einführung eines kürzeren Verfahrens bei Grundstückszusammenlegungen der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen, an und er- ledigte eine größere Anzahl von Petitionen.

Die Zweite Kammer verwies einen Gesetzentwurf, be- treffend einige weitere Abänderungen des Geseßes vom 13. No- vember 1876 über die Erbschaftssteuer, an die Finanzdeputation und genehmigte nah kurzer Diskussion einen weiteren Geseß- entwurf, nah welchem bei der Berehnung der Renten, die für die interlassenen der am 1. Dezember 1879 im 2. Zwickauer Brüdcenbergshahte verunglückten Bergleute durch Ver- mittlung des Centralhilfscomité bei der Altersrenten- bank erworben werden, die geseßlihe Herabsezung der Renten um 10 Prozent zur Deckung unvorhergesehener Ausfälle und als Aequivalent für den vom Staate übernom- menen Verwaltungsauswand nicht stattfindet. Ein dritter Geseßentwurf, welcher unter Zurückziehung des vor einiger Zeit an die Kammer gelangten Geseßentwurfs über die Er- hebung von Gerichtskosten in nictstreitigen Rechtssachen eine Erhöhung der nach Maßgabe der bestehenden Taxvorschriften in Ansaß zu bringenden Gerichtsgebühren um 25 Proz. fest- seßt, wurde der Finanzdeputation überwiesen, ein zwischen dem Königlichen Haus-Ministerium in Vertretung der Civil- liste und dem Königlihen Finanz-Ministerium in Ver- tretung des Staatsfiskus abgeshlossener Vertrag, dur welchen die in Dresden befindlihen Stallamtswiesen in die freie Ver- fügung des Staates übergehen, dagegen die Domäne Pillniß dem Kronfideikommiß einverleibt wird, genehmigt. Die Kammer trat sodann dem von der Ersten Kammer gefaßten Beschlusse, dem Landtagsauss\chusse zur Verwaltung der Staats- schulden rücksichtlich der von demselben über die Verwaltung auf die Jahre 1876 und 1877 abgelegten Rehnungen den gewöhnlichen Justifikationsschein zu ertheilen, bei, und erledigte zum Schluß eine Reihe von Petitionen.

__ Württemberg. Stuttgart, 19, Februar. Jm König- lihen Schlosse fand heute ein griehisher Dankgottes- dienst für die glückliche Rettung der russischen Kaiscrfamilie statt. Mittags passirte Großfürst Nikolaus auf der Rück- reise von Paris nah St. Petersburg Stuttgart.

__Sessen. Darmjtadt, 20. Februar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer bewilligte 100000 4/4 aus den bereitliegenden Mitteln der Staatskasse zur Abwehr des Nothstandes in den ärmeren Gegenden des Landes. Die e des Großherzogthums ist zum 2. k. M. hierher einberufen.

Hamburg, 2. Februar. (Hamb. C.) Die Bürgerschaft besteht nah den Bestimmungen der revidirten Verfassung.aus 160 Mitgliedern, von denen 80 aus allgemeinen Wahlen aller steuerzahlenden Bürger, 40 aus Wahlen der Grundeigen- thümer der Stadt, der Vorstadt und der Vororte hervorgehen und 40 von einem Kollegium gewählt werden, welches die gegen- wärtigen und früheren bürgerlichen Mitglieder der Gerichte und Verwaltungsbehörden umfaßt. Die allgemeinen Wahlen haben heut stattgefunden.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 19. Februar. (Els.- Lothr. Ztg.) DerLandesaus\chuß seßte gestern die Berathung des Budgets und zwar der Ausgaben für yöheres Unterrichts- wesen, Wissenschaft und Kunst fort. Bei der Theatersubven- tion (128 000 M) fügte der Landesausshuß auf Antrag der Kommission die Bedingung hinzu, daß das Theaterunternehmen auf dem Wege der Konkurrenz vergeben werde, derart, daß nach Ablauf der bestehenden Verträge ein neuex Vertrag nur auf Grund vorheriger Konkurrenz ges{hlossen werden soll.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 20. Februar. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“’ meldet aus Konstantinopel: Die Pforte beschloß, den Botschaftern der auswärtigen Mächte zu notifiziren, daß sie die zur Prüfung der neuen türkischen Justizgeseße aus den Dragomans der Gen gebildete Kommission nur insoweit anerkenne, als sich die Prüfung auf die Verein- barlichkeit der neuen Gesege mit den zwishen der Türkei und den auswärtigen Mächten bestehenden Verträgen beschränke. Eine weitergehende Einmishung in die Prüsung der frag- lihen Geséße müsse die Pforte als mit ihrer Souveränetät und Unabhängigkeit kollidirend entschieden zurückweisen.

Prag, 19. Februar. Wie die „Bohemia“ meldet, wird ein österreihisches Konsulat in Kiew errichtet werden. Kon sul Cingria in Adrianopel übernimmt diesen neukreirten Posten. Wie die „Politik“ mittheilt, wird an der Prager Universität ein Seminar für czehishe Sprach- wissenschaft unter der Leitung des jüngst zum Professor er- nannten Dr. Gebauer eingerichtet. N

Lemberg, 19. Februar. Ein plöglih eingetretener außerordentlicher Sturmwind veranlaßte die Unterbrehung des Verkehrs auf allen galizishen Eisenbahnen. ‘Die von gestern Nachts und heute früh fälligen Posten sind

„ausständig.

Großbritannien und Frland. London, 20. Februar.

i T. B.) Die amtliche „Gazette“ publizirt die Ernennung

hite's zum Gesandten und bevollmächtigten Minister

«Englands in Rumänien.

(Allg. Corr.) Aus Kalkutta wird unterm 18. d. gemeldet: Das Hauptquartier des Generals Bright ist „nah Mandrawar verlegt worden. Die Einwohner der Dörfer dieses Bezirks bekunden freundliche Gesinnungen, und

«Lebensmittel sind im Ueberfluß vorhanden.

421. Februar. (W. T. B.) Jm Oberhause griff

„gestern der Herzog von Argyll in einer fast 21/, Stunden

dauernden Rede die Politik der Regierung O ‘Afghanistans auf das Hestigste an und verlangte die Vor- legung des in Kabul entdeckten russishen Schriftwehsels, hin- sichtlich dessen er sehr A e Die gesammte Trans- aktion der Regierung in Afghanistan verdiene den \{härfsten Tadel ; sie e die Ehre des britishen Namens befleckt. Der Staatssekretär für JFndien Cranbroofk, vertheidigte die Politik der Regierung gegen die Angriffe Argylls, indem er erklärte, die engli)he Regierung habe denjenigen, welcher

den Schlüssel von Jndien habe, treulos befunden und müsse ver selbst den Schlüssel nehmen; sie habe die Pässe beseßt, welche sie au behalten würde. Die Regierung habe die- jenige Politik adoptirt, welhe sie am vortheilhaftesten für en Schuß Jndiens hielt, und werde sie aufrecht erhalten. Der bezügliche Schriftwechsel könne niht vorgelegt werden. Im weiteren Verlaufe der Debatte vertheidigte auch Earl Beaconsfield die Politik der Regierung bezüglih Afgha- nistans und erklärte, die Regierung habe die Zeit für con men erachtet, wo es zu entsheiden galt, wer die großen Thore Indiens besißen sollte. Sie habe beschlossen, dieselben in Besiß zu nehmen und zu beherrschen, und habe dies Ziel mit vollem Erfolg erreicht. Nich{s habe sich ereignet, was die Re- gierung zu einer Aenderung ihrer bisherigen Politik bewegen könnte. Es sei unmögli, Afghanistan zu verlassen, während es der Anarchie preisgegeben. „Seien wir fest entschlossen und lassen wir die Afg anen wissen, daß wir bereit sind, ge- ret zu sein, daß wir aber auch ents{lossen sind, Gehorsam zu verlangen ; die Schwierigkeiten und Verwickelungen werden dann sofort vershwinden.“. Argyll zog hierauf seinen Antrag auf Vorlegung des Schriftwehsels zurü.

i v Unterhause entspann sih eine lange Debatte über die Verleßung der Privilegien des Parlaments durch das Mitglied Plimsoll. Dieser zog hierauf sein beanstandetes Plakat {welches einen scharfen Ängriff auf ein Parlamentsmitglied enthielt) zurück, indem erx gleichzeitig Abbitte leistete. Der Schaßkanzler Northcote erklärte sich hier- mit befriedigt, beantragte aber eine Resolution des Jnhalts, daß das Haus das Verhalten Plimsolls für geeignet halte, die Mitglieder an der Ausübung ihrer Pflichten zu behindern und daher ihre Privilegien zu verleßen. Angesichts der Zurück- nahme seiner Ausdrückte Seitens Plimsolls sei jedo jede weitere Aktion des Hauses unnöthig. Harcourt beantragte dagegen Uebergang zu der vorhergehenden Frage. Der Antrag Northcote's wurde mit 182 gegen 116 Stimmen an- genommen.

Frankreich. Paris, 20. Februar, (W. T. B.) Die telegraphishe Antwort des Kaisers von Rußland auf das Glüdwunschtelegramm des Präsidenten Grévy lautet : JZch danke Jhnen herzlih für die Gefühle, die Sie mir aus- drüden. Der Geist des Bösen wird eben so wenig müde, als die Gnade der Vorsehung. Jh zähle gern auf die Sympathie aller braven Menschen.

Îtalien. Rom, 20. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat heute den Etat für das Justiz- Ministerium genehmigt und mit der Berathung des Marine- budgets begonnen.

__ Der Papst empfing am heutigen Jahrestage seiner Wahl die Kardinäle, Prälaten, Nobelgarden und eine größere Anzahl anderer Personen, welche ihre Glückwünsche darbringen wollten, in Audienz. Bei dem Empfange spra der Papst dem heiligen Kollegium seinen Dank aus für dessen Unterstüßung bei Leitung der Kirche. Die behufs Verbesserung der Verhältnisse der Kirche gemachten Anstrengungen seien zwar niht ganz erfolglos geblieben, die Verhältnisse seien jedoch noch immer schwierig und die Periode harter Prüfungen noch nicht beendet. Der Papst as au das Attentat gegen den Kaiser von Rußland, beklagte die sich so oft wiederholenden Symptome gesellschaftlier Verderbniß, -drückte jedoh auch seine Freude darüber aus, daß die göttliche Norsehung über das Wohl der mens{hlihen Gefellshaft und über das Leben der Staatsoberhäupter wache. Endlih erwähnte der Papst den Besuch, den ihm der Fürst von Bulgarien abgestattet habe. Er fügte hinzu, daß er die besten Hoffnungen für die Zukunft der Kirche im Oriente hege, und zwar in Folge der Wohlgeneigtheit der dortigen Fürsten, unter denen er den Fürsten von Numänien besonders rühmend hervorhob.

Türkei. Konstantinopel. Der „Pester Lloyd“ er- hält von hier den Text der Konvention in Betreff der Unterdrückung des Sklavenhandels, welhe am 25. Ja- nuar d. F. zwischen Savas Pascha und Sir H. Layard ver- einbart und signirt wurde: Die Konvention enthält aht Ar- tikel. Den wesentlichen Gehalt der ganzen Konvention um- faßt der erste Artikel. Er lautet: „Se. Majestät der Kaiser der Osmanen, indem er das Verbot des Negerhandels in unbedingter Weise erneuert, verpflichtet si, die Einfuhr von Sklaven aus Asrika- in alle Theile des osmanishen Reiches, sowie deren Durchzug durch das türkische Gebiet zu Lande oder zu Wasser zu verbieten und jede den türkischen Gerichten unterstehende Person, die direkt oder indirett an einem Handel mit Schwarzen betheiligt erscheint, den Vorschriften der türkishen Geseße und des Fermans von 1273 gemäß zu bestrafen. Se. Majestät verpflichtet si ferner, den Export shwarzer Sklaven aus dem türkischen Gebiete in fremde Länder zu untersagen, den Fall ausgenommen, wo sie ihre Gebieter als Domestiken begleiten. In solhem Falle wird jeder Sklave, ob männlichen oder weiblichen Geschlehtes, mit einem Certifikate versehen, welches sein Alter und seine besonderen Kennzeichen konstatirt und überdies erwähnt, in

‘welcher Eigenschaft er seinen Gebieter begleitet. Jm Falle er

nicht mit einem solchen Certifikate versehen, wird er befreit, und Diejenigen, welche seinen Export versuchen sollten, wer- den einer Strafe unterworfen. Alle befreiten Schwarzen, welche das türkishe Gebiet verlassen, -werden von den Behör- den einen Paß A in welchem konstatirt wird, daß sie Ba und über ihre Person ohne Beschränkung disponiren nnen.“ :

Numänien. Bukarest, 2. Februar. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen , Boeresco, empfing heute Mittag die diplomatishen Vertreter Frankreichs, Englands und des Deutschen Reichs und nahm von denselben eine identishe, die Unabhängigkeit Ru- mäniens anerkennende Note entgegen. Hierauf zeigte der C Agent Belgiens dem Minister die Bereitwillig- keit seiner Regierung an, die Unabhängigkeit Rumäniens offi ziell anzuerkennen. Am Nachmittag E der bisherige diplomatische Agent Englands, White, dem Fürsten in feier- liher Audienz sein Beglaubigungsschreiben als bevollmäch- tigter Minister Englands. :

21. Februar. Der Senat votirte gestern das Jn- digenat für den jüdischen Bankier Daniel in Jassy. Gegen- über der Opposition, welche die Verleihung des Andigeuats lebhaft bekämpfte, griff der Conseilspräsident in die Debatte mit einer Rede ein, aus welcher hervorging, daß die Mächte Recht hatten, als sie in den gestern übergebenen Noten die Zuversicht ausdrückten, die rumänishe Regierung werde die geseßlichen Bestimmungen betreffs der Naturalisirung der Jsrae- liten ausführen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. Februar. nes T. B.) Der General-Gouverneur Gurko matt die eute erfolgte feierlihe Beerdigung der alsOpfer der Explo- sion vom 17. cr. gefallenen Soldaten des Finnlöndischen Garde- Regiments den Truppen in einem Tagesbefehle bekannt. In dem Tagesbefehle heißt es: Das ehrenvolle Benehmen der bei der Explosion Verwundeten möge die wahnsinnigen Frevler überzeugen, daß weder ihre Annäherungsversuche an die Truppen, noch auch ihre Bedrohungen mit dem Tode im Stande seien, die Pflichttreue der Truppen zu erschüttern. Das Leichenbegängniß fand im Beisein des Regiments- hefs, Großfürsten Konstantin, E Hoheii, und unter sehr großer Betheiligung von Offizieren aller Grade der hiesigen Garnison und der Bevölkerung statt. Die Särge wurden von Offizieren getragen. Se. Majestät der Kaiser und Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Thronfolger wohnten den Leichenfeierlichkeiten in der Kaserne des Regi- ments bei und besuchten sodann die Verwundeten in dem Lazareth. Heute ist der elfte Soldat in Folge seiner bei der Explosion erhaltenen Wunden gestorben. i __— 21. Februar. (W. T. B.) Der „Gol os“ weist auf die allgemeine Befriedigung hin, welche die vón Europa dar- Sedan Syn aen für den Kaiser Alexander allseitig in ußland? hervorrufen - müßten. Der „Golos“ s{hreibt: Wir haben mit einem inneren Feinde zu thun: da würden keine äußerlihen Mittel helfen können. Wir müssen uns einen frischen Geist erhalten, zur Thätigkeit belebt werden und unsere Gesinnungen in den Sorgen um das eigene Wohl purifiziren, dann werde der innere Feind versbwinden; dies begreife gang Europa. So werde die Lage der Dinge auch von Deutschland angesehen, wenigstens von dessen besten Ver- tretern, an deren Spiße der Kaiser Wilhelm steht. Jndem der Deutsche Kaiser mit Mitgliedern seines Hauses dem Dank- gottesdienste in der Kapelle der russishen Botschaft in Berlin E war er sih bewußt, daß sein Gebet für den Kaiser von Rußland im Herzen des russishen Volkes die Liebe zu ihm und seiner Nation bekräftige, die Liebe, welche bereits zu wiederholten Malen in unzweideutiger Form si zeigte.

Asien. Japan. Tokio, den 31. Dezember 1879. Nachdem vor wenigen Wochen eine verheerende Feuersbrunst die Stadt Hakodate theilweise zerstört hatte, bra& am zweiten Weihnachtstage, kurz nah Mittag, bei heftigem Nordsturm hier in der Hauptstadt ein Feuer aus, das in 4 Stunden 57 Straßen mit 11 200 Häusern in Asche legte. Bei dem orkanartigen Winde und den primitiven japanishen Lösch- vorrihtungen war an ein Bewältigen des Feuers in der Windrihtung nicht zu denken. Der ganze etwa eine englische Meile lange Stadttheil von der Ausbruchsstelle bis zum Meere brannte demnach herunter.

Die unmittelbar am Ufer gelegene fremde Niederlassung, darin die amerikanishe Gesandtschaft und das deutsche Kon- sulat, konnte nur mit Mühe theilweise gerettet werden. Da die Kaiserliche Mission nicht in Gefahr war, so hatte ih mi sofort zu meinem amerikanischen Kollegen begeben und dessen Archiv in Sicherheit gebracht; glückliher Weise blieb indessen sein Haus, wie das des Konsul Bair, verschont.

Für die Unterbringung und Speisung der 38 900 Obdach- losen forgte der neue Stadtpräfekt sofort in anerkennens- werther Weise, außerdem wurden für die Abgebrannten mit- telst öffentliher Sammlungen in wenigen Tagen 13 000 Dol- lars zusammengebracht.

27 Personen 20 Männer und 7 Frauen sind ver- brannt, 8 werden vermißt und 50 haben mehr oder minder {were Verleßungen davongetragen. 31 größere und kleinere Fahrzeuge gingen auf dem Sumidaflusse in Flammen auf.

Bei der außerordentlich {nellen Verbreitung des Feuers ist der Schaden ein unverhältnißmäßig großer; die Leute hatten meist nicht Zeit, ihr Hab und Gut in die feuerfesten Magazine zu retten, auch verbrannten 59 der Leßteren, da man sie in der Eile niht mehr gehörig verschließen konnte.

Eine Feuérversicherung giebt es in Japan bis jeßt nicht, die Regierung geht aber mit dem Plane um, eine folche in Form einer allgemeinen Gebäude-Brand-Steuer einzuführen. Das bezüglihe Projekt ist von dem deutschen Angestellten Hrn. P. Mayet ausgearbeitet und findet vielseitige Beachtung.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Sonnabend 21. Februar, Vormittags. Nach einem weiteren Berichte des „Regierung2anzeigers“ er- folgte die Explosion am 17. d. M. in dem einen Wohnungs- raum und Korridore enthaltenden Souterrxain des Winterpalais. Ueber demselben befand si die Wachtstube mit einer doppelt gewölbten Decke. Das untere Gewölbe hat dur die Explosion zwei Löcher erhalten. Jn dem über der Wachtstube befind- lihen Speisezimmer ist das Parquet nur an zwei, den Löchern in dem Gewölbe entsprehenden Stellen gehoben worden ; außerdem hat eine Wand einen Riß bekommen. Die Explo- sion ist nah der Meinung von Experten durch Dynamit ver- anlaßt worden, dessen Ouantum auf zwei Pud geschäßt wird. Man glaubt, daß dieser Dynamit vor der Explosion in oder auf dem Ofen der Souterrainwohnung gelegen hat. Die Ex- plosion erfolgte um 6 Uhr 20 Minuten.

Nach amtlicher Mittheilung sind von dem finnländischen Regiment 10 Mann getödtet und 44 Mann verwundet, dar- unter 8 {wer. Für die Hinterbliebenen der Gefallenen und die Verwundeten wird auf das Beste gesorgt. Bei dem Besuche der durch die Explosion verwundeten Soldaten im Lazareth richtete Se. Majestät der Kaiser an jeden Einzelnen von ihnen theilnehmende Worte und sprach denselben Laien Dank für ihre treue Pflichterfüllung aus.

. Petersburg, Sonnabend, 21. Februär. Die „Agence Russe“ betont die Einstimmigkeit der russischen Presse in Danksagungen an Se. Majestät den Kaiser Wilhelm für Se o Mclte vielfahe Beweise großer Zuneigung zu Sr. Majestät dem Kaiser Alexander. Die „Neue

eit“ schreibt, diese Beweise warmer Theilnahn:.e des

eutschen Kaisers und seine - Anwesenheit bei dem Dank- gottesdienste in der Kapelle « der ran Botschaft zu Berlin seien die besten Mittel, die sympathischen Bande, idelihe zwischen beiden Nationen bestehen, neu zu beleben. Gestern empfing der Kaiser ein des theilnahmevolles Beglück- wünschungstelegramm des Schahs von Persien. -— Nach der „Agence Russe“ find nunmehr sämmtliche Arbeiter, welche den Raum, in dem die Explosion erfolgte, bewohnten, aufgefunden worden. Jhre Unschuld scheint festzustehen.