Ganges sowohl wie mit den Detailformea des bekannten Merkelsen
afelaufsatzes auch jene in verschiedene Sammlungen verstreuten, nir- gends aber vollzählig vorhandenen unbezeichneten Stiche des soge- vannten „Meisters vom Jahre 1551", die ehemals eine Folge von Vorlegeblättern für Goldshmiede bildeten, — wie das in Wien be- findliche Titelblatt besagt: „Ein new kunnstbuh dar Innen kunnst- reie Contrafect unnd bildnus vonn allerley Trinnckgeschirn, Cre- denntzen und Bechernn Mit fleiß gestellet unnd abgedruckt sind, Gold- \{miden, Bildhawern, Malern, unnd allen Künn/tlern so sih etwan Künnstlicher und Poetisher Bildwerck Inn Jrer arbait gebrauchenn gannßz diennsilih. Jezunnd erst vonn newem auß ganngen unnd ge- druckt zu Nuremberg Anno Christi 1551.* Für die Beurtheilung Jamiyers war damit ein ebenso reiches wie angesichts der wenigen beglaubigten Arbeiten seiner Hand außerordent- lid wihtiges Material gewonnen, und gewiß hat Bergau Recht, wenn er behauptet, daß erst aus dieser Folge von Entwürfen zu Prachtgeräthen mannigfachster Gestalt, zu Pokalen, Doppel- pokalen, Bechern, Kannen, Schalen, Flaschen und Leuchtern, sich mit voller Klarheit die Bedeutung des gefeierten Goldschmieds als schaf- fenden Künstlers und die hohe Werthschäßung, deren er genoß, be- greifen lasse. Mit einem erstaunlihen Reichthum an Motiven der Formengebung sowohl, wie der den Körper der Gefäße mit ver- sciedenartigstem Schmuck umkleidenden, ebenso originellen wie phantasievollen Ornamentik verbindet \sih hier das feinste Gefühl für Schönheit und rhythmische Vewegung der Linien und für eine glüdlih harmonishe Abwägung der Massen, die si selbst da noch unverkennbar geltend macht, wo die Fülle des Details den streng Sea Organismus allzu üppig zu überwuchern droht. Bei der eltenheit der Originalstihe und -den hohen für dieselben gegen- wärtig auf dem Kunftmarkte gezahlten Preisen, die ih.e Erwerbung uur noch größeren Sammlungen und wenigen besonders günstig fituirten Liebhabern ermöglicht, sind deshalb die Lichtdruck-Repro- duktionen, die das vorliegende Werk darbietet, als ein für wissen- \aftliche wie für praktish-künstlerishe Zwette gleich dankens8werthes Unternehmen und als ein willkommener Beitrag zur Förderung unserer modernen kunstgewerblichen Bestrebungen zu begrüßen. Dasselbe gilt in nicht geringerem ale von den beiden anderen Abtheilungen des interessanten Werkes, den nah den Radirungen von Virgil Solis reproduzirten 67 Darstellungen verschieden ster Pracbtgefäße ähnlicer Art und den neun von Jamiyzer herrühren- den Holzschnitten für die im Jahre 1547 erschienene „Perspektiva“ des G. Rivius, die — zunächst allerdings von überwiegend antiqua- rishem Interesse — doch für die genauere Kenntniß des Meisters ihre unbestreitbare Bedeutung haben. Während die leßteren als Arbeiten Jamigers beglaubigt sind, galten jene Blätter des viel- beschäftigten Virgil Solis bisher allgemein auch als Erfindungen ihres chtechers. Sie werden von Bergau dagegen gleich der eben bespro- enen Gruppe von Stichen als Entwürfe aus einer späteren Schaffens- periode des Künstlers für Jamigzer in Anspruch genommen und für eine ansehnliche Reihe der hier reproduzirten Kompositionen, die in der That dur vornehme Schönheit der Verhältnisse sich in hohem Grade auszeichnen und dabei deutliche Anklänge an diejenigen des „Meisters von 1551“ erkennen lassen, erscheint diese Annahme mehr als blos wahrscheinli, während sie bei einer immerhin gleifalls be- trächtlihen Anzahl der unter sich sehr ungleichartigen, zum Theil vorzüglichen und durch eine einfahe Noblesse hervorragenden, zum Theil aber in der ganzen Kenzeption auffallend nüchternen, in_ der rundlichen S Wie unbedeutenden und troß eines sihtlichen Stre- bens nach effektvoller Wirkung ziemlich mageren und ausdruckslosen Ent- würfe \{werlich ohne Widerspruch bleiben dürfte. Wie dem jedoch au fein möge, so würde das Verdienst der reichhaltigen und fleißigen Publikation, die das gesammte einshlägige Material zum ersten Mal vereinigt darbietet, in keiner Weise dadurch vermindert werden, daß einzelne Nummern auf Grund einer weiteren Detailforshung aus dem Kreise der für Jamißer in Betracht kommenden Arbeiten aus- scheiden müßten.
Der 2. Kongreß deutscher Badeärzte, der Balneologische Kongreß, hat heute im großen Saale des Hotel de Rome unter Vorsitz des Sanitäts-Raths Thilenius (Berlin) seinen Anfang genom- men. Anwefend sind 40 Delegirte, die 27 deutsche und österreichische Badeorte zu vertreten haben. Den geshäftlichen Mittheilungen entnehmen wir, daß der balneologishen Sektion, die bekanntlich einen Theil der deutschen Gesellschaft für Heilkunde bildet, zur Zeit 136 Mitglieder angehören. Die Reihe der Vorträge eröffnete Dr. Kisch (Marienbad) mit Mittheilungen über eine neue Untersuchungs8- methode von Mineralwäfsern auf mikroskopischem Wege.
Von den im Verlage der „Militaria“ (G. von Glasenapp) hierselbst erscheinenden „biographishen Blättern aus deutscher Ge- {cichte“ is jeßt unter dem Titel: „Derfflinger von Ernft Graf zur Lippe-Weißenfels“ das dritte Heft erschienen, in welchem der Lebensgaug des „alten Derfflinger" geschildert wird. Im engen Rahmen einer Volkss{hrift von wenigen Bogen zeichnet der Verfasser in klarer, leichtverständlicher, kerniger Sprache das ge- treue Lebensbild des ruhmreichen Kriegshelden, Das erste Kapitel behondelt Derfflingers Jugend. Ueber die Herkunft Derfflingers ift Sicheres nicht bekannt. ir wissen nur, daß er geboren ward als „fehr geringer“ Leute Kind den 10. März 1606, im Erzherzogthum Oesterreich, und zwar zu Neuhofen, einem in der Landschaft „ob der Ens“ gelegenen Dorfe, unweit Liuz. Wenige Jahre nach der Taufe des Sohnes Georg flüchteten die Eltern, ihres Protestantismus halber, nah Böhmen, wo mittelst des sogenannten „Majestätsbriefes“ (1609) vom Kaiser Rudolph freie Reliagionsübung zugestanden worden. Schon mit 14 Jahren sehen wir Derfflinger in der Gefolgschaft des Grafen Heinrich Matthäus von Thurn, einem der hervorragendsten
ührer in dem protestantischen Empörungskampfe, welcher mit der
chlaht am weißen Berge (8. Nov. 1620) so unglücktlih endete. Später diente Derfilinger einige Jahre bei den Kriegs|chaaren, welche der evangelische siebenbürgishe Fürst Bethlen Gabor gegen Kaiser Ferdinand 11. wiederholt ins Feld führte. Nächst Thurn ift es die hehre Gestalt dieses Fürsten (7 1629, 49jährig), welcher auf Derff- linger in jener Zeit einen entscheidenden Einfluß ausgeübt haben muß. Graf Thurn trat bald in das Heer des Schwedenkönigs Gustav Adolph über und hier im s{wedishen Heere finden wir denn au Derfflinger wieder. Wann Derfflinger „Schwede“ geworden, läßt sih nicht mit voller Sicherheit angeben. Es fehlen Nachrichten, wo, wann, wie er #ch hervorgethan im \{chwedisch-polnishen und im s{wedisch-deutschen Kriege unter Gustav Adolph. Sein zuverlässiger ältester Biograph (1734) beschränkt \sih auf die knapp formulirte Mittheilung, „Derff- lingers Wohlverhalten“ habe zuwege gebracht, daß derselbe in der \chwedis{hen Armee „allmählih“ höher ftieg und „ungefähr anno 1635", also in seinem 29, Jahre, Oberst - Lieutenant eines Reiter - Regiments ward. Nah dem LTode Gustav Adolphs folgte Derfflingers höhere militärishe Bildungsschule unter Baner und Torstenson. Unter Baner wurde er {on im Jahre 1638 zum Oberst befördert. “ Nah dem Tode des Feldmarschall Baner, welwer im Mai 1641 zu Halberstadt der Ueberanstrengung erlag, übernahm Torstenson (Graf zu Ortala) den Oberbefehl über die [chwedishe Armee. Er errang am 2. November 1642 den Sieg bei Breitenfeld, an dem Derfflinger einen belangreichen Antheil hatte. Die Köntgin Christine, schr zufrieden mit ODerff- lingers Verhalten, beförderte ihn, da er bereits der älteste Reiteroberst des Heeres war, zum General-Wachtmeister (General major). „In dieser Eigenschaft that er sih absonderlih hervor bei vielen Kampfesbegebnissen“. So lautet in dürren Worten die älteste Angabe über Derfflingers Thätigkeit während der folgenden Schwe- dischen Feldzüge. Es steht fest, daß Derfflinger bis zuleßt (1648) theilnahm am s{chwedis{ch-deutshen Kriege. Die leßte {wedishe
hinterlassener Tocbter.“ So meldet das damalige Trauregister. Das im 18. Jahrhundert ausgestorbene von Schaplowsche Adelsgeschlecht ist ein altes brandenburgisches, dessen Lehngüter Gusow und Platkow bei Cüstrin Derfflinger nebst den Gütern Wulkow, Hermsdorf und Klessin zu Lehn übernahm. Im Jahre 1689 erhielt er von Kurfürst Friedrih IIl. als besonderen Gnadenbeweis das freie Verfügungsrecht für seine männlichen und weiblihen Nach- kommen, weil er diese Güter „mit seinem durch die Waffen erwor- benen Gelde erkauft hätte“. Der seit seinem 1ö. Lebensjahre in der Welt umhergewürfelte Derfflinger fand nach seiner Entlassung aus \chwedischem Dienste, 1648, eine Heimath. Anfänglih wohnte er in Berlin, dann in Gusow. Als der große Kurfürst 165% „eine Armee er- richtete“, ließ er Derfflinger Dienstanträge machen. Dieser erklärte sich bereitwillig. Derfflingers Patent als ältester General-Wacht- meister der, Brandenburgischen Truppen datirt vom 16. August 1655. Die Erzählung seiner Kriegsthaten während der damit anhebenden bedeutendsten Periode seines Lebens bildet den Gegenftand der nächsten Kapitel. Im Feldzuge vor 1656 erwarb sich General-Wachtmeister Derfflinger das volle Vertrauen seines Kriegsherrn. Während der dreitägigen Schlacht bei Warschau (28., 29. und 30. Juli 56) hat der- selbe angeblich \sich des befestigten Klosters Prement bemächtigt, nah Umgehung eines Morastes, und 300 von den überraschten, aber hart- nâdckig si webrenden Polen dort zusammengehauen. Nach anderer Lesart geschah dies im August 1656. Am 11, Juni 1657 ward er General-Lieutenant, am 20. Juni g). J. erhielt er die belangreiche Würde eines Geheimen Kriegsraths und am 18. August 1658 wurde er General-Feldzeugmeister. Aus dem nun folgenden dänisch-shwedischen. Kriege, welcher 1660 mit dem Frieden zu Oliva endete (die Geschichts- bücher enthaltcn keinen Aufs{luß über den persönlichen Antheil Derff- lingers aa den Waffenthaten dieses Krieges), kehrte er als Chef dreier Regimenter zurück. Eine Auszeichnung einzig in ihrer Art; nie wieder hat im brandenburg-preußishen Heere der Name einer nictsürstlichen Persönlichkeit gleichzeitig an der Spiße von 3 Regimen- tern gestanden. Während der Friedenszeit beanspruhte das Amt eines Geheimen Kriegsraths - zeitweis Derfflingers Anwesenheit; übrigens konnte er sih mit Beaufsichtigung und Förderung feiner Gusower Privatangelegenheit befassen. Derfflingers Wiederverheirathung fand 1655 Statt, und zwar mit Fräulein Barbara Rosina von Beeren, aus dem Hause Klein-Beeren. Sie starb 1665 zu Frankfurt a. d. Oder als Mutter von 2 Söhnen und 4 Töchtern. Im Jahre 1672 forderte und erhielt Derfflinger seinen Abschied von dem Kurfürsten, weil er sih dadurch zurückgeseßt glaubte, daß an Stelle des 1668 verstorbenen Feldmarschall Frhr. von Spaar — des ersten in der Reihe der brandenburgish-preußisWen General-Feldmarschälle — vor ihm der Fürft Johann Georg vou Anhalt-Dessau zum Feldmarschall ernannt worden war, doch s{chon im nächsten Jahre ließ er fich bewegen, wieder in die Dienste des Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu treten. Der Kurfürst Pbeautragte beim Kaiser Leopold die Erhebung QDerfflingers io den Reichsfreiherrn- stand und der Kaiser unterzeichnete das bezüglihe Diplom am 10. März 1674, dem Geburtstage Derfflingers. Im Jahre 1674 begleitete leßterer den Kurfürsten in den Rheinfeldzug gegen Frank- reih, gegen die „Verwüster der Pfalz“, in welchem der große Kurfürst sh mit den „Generalstaaten“, dem Kaiser und Spanien verbüadet hatte. In diesem Feldzuge fand sich allerdings für Derfflinger keine Gelegenheit, Schlachtensieges-Lorbeeren zu erndten. Erfolgreiher war seine Thätigkeit in den folgenden Jahren in dem Kriege gegen die Shweden. Die Einnahme von Rathenow am 15. Juni 1675, und die Schlacht bei Fehrbellin am 18. Juni koten Derff- linger Gelegenheit zu glänzenden Kriegsthaten. Ende September 1675 überschritt der Kurfürst die \chwedishe Grenze, um die Schweden in ihrem eigenen vorpommerschen Lande anzugreifen. Derfflinger ift, wie bisher, ihm zur Seite. Im Jahre 1676 gelang es dem Kur- fürsten, die Schweden auf den Besiß von Stralsund, Greifswald und Stettin zu beshränken. Die förmliche Belagerung der leßteren Festung im Sommer 1677, welche der Kurfürst persönlich leitete, kostete demselben und Derfflinger viel Mühe und Geduld. Derfflinger erlitt bier wiederholt Quetshung:n und Kontusionen von feindlichen Ge- \{ofsen. Stettin kapitulirte am 16. Dezember 1677. Der Kurfürst schenkte Derfflinger zwei Stettiner Häuser und ernannte ihn gleichzeitig zum Ober-Gouverneur der pommerschen Festungen. Glanzvolle Thaten Derfflingers hat au das nächste Jahr 1678 aufzuweisen bei den Operationen auf Rügen, gegen Stralsund und Greifswald, durch welche die Shweden aus Rügen und Pommern vertrieben wurden ; ebenso rühmlih für Derfflinger war der denkwürdige Winterfeldzug von 1679, durch welchen die in das Herzogthum Preußen eingefallenen Schbweden nach Kurland zurückgedrängt wurden. Es folgten jeßt 10 Friedensjahre. Der Tod seines ältesten Sohnes Carl, welcher ausgezogen war mit dem den Oesterreicbern von dem Kurfürsten ge- sandten Hülfécorps und dort vor der belagerten Festung Ofen im Jaßre 1686 fiel, hatte nactheiligen Einfluß auf Derfflingers Gesundheit. Der 80jährige fing an zu kränkeln, dech noch einmal verließ er 1690, im 83. Jahre Gusow, um ins Lagèr vor Bonn zu gehen, dem langsamen Verlauf der Bonner Belagerung abzuhelfen. Jedoch schon einige Tage vor seiner Ankunft hatte der französishe Gouverneur von Bonn am 10. Oktober 1689 kapituliren müssen. Derfflinger nahm wieder seinen ständigen Wohnsiß in Gusow, wo er, beinahe 89jährig, am 4. Februar 1695 verschieden ist. Mit seinem Sohn Friedrich, der 1724 zu Gusow starb, und dessen Wittwe, welche 1740 zu B?r- lin starb, erlosch, da die Che kinderlos, der Derfflingershe Ge- \{chlechtsname. Derfflingers vier Töchter verehelichten sih mit höhe- ren brardenburgischen Offizieren, und seine Enkel zweigten sich in die Fa- milien Graf Podewils, Graf Schönburg, Graf Haugwihz, Graf Stolberg, von Bismarck, von Bonin. Seine Stammgüter Gusow und Plat- kow famen 1804 in die Gräflih Schönburgsche Verwandtschaft, von welcher Derfflingers Andenken in Gusow bestens aufrecht erhalten wird. — Als Titelshmuck ist dem mit Benußung der besten Quellen gearbeiteten Buche ein in Lichtdruck vortrefflich ausgeführtes Brust- bild des General-Feldmarschalls beigegeben.
Wiesbaden, 17. Februar. Die hiesige Kurdirektion ist bereits mit vielseitigen Vorbereitungen für die diesjährige Sommer- Saison beschäftigt. Außer den Vorarbeiten für die Wanderver- sammlungen der Ingenieure, für die Ausftellung des Gartenbau- Vereins 2c. ist die Einleitung zu dem am 3. Juli cr. beginnenden großen Internationalen Schachkongresse im Gange, auf welchem die Meister der Schahkunst um Preise bis zu 1000 46 ringen werden. Das Comité, welches unter Führung der Kurdirektion die tech- nische Leitung übernimmt, ist aus den Reiben der hiesigen Schach- spieler gebildet. Das Programm und die Turnierordnung sind fest- gestellt und deren Versendung an die Koryphäen der Schachkunst fowie an sämmtliche Schachvereine Deutschlands {hon erfolgt. Die namhaftesten Meisterspieler haben ihre Theilnahme bereits zugefagt.
O R S T T
München, 25. Februar. (Allg. Ztg.) Das Repertoire des im Monat Juli l. J. auf dem Königlichen Hof- und National- theater statifindenden Gesammtgastspiels hervorragender deutsher Bühnenmitglieder im Verein mit dem Per- sonal des Münchener Hofschauspiels ist nunmehr in folgen- der Weise festgeseßt: 1. Juli Festprolog, „Wallensteins Lager“; 2. Juli „Die Piccolomini“ ; 3. Juli „Wallensteins Tod”: 5. Juli „Nathan der Weise“; 6. Juli „Hamlet“; 7, Juli „Clavigo“ ; 9, Juli „Julius Cäsar“ ; 10, Juli „Emilia Galotti“ ; 12, Juli „Macbeth* ; 13, Iuli „Der zerbrochene K1ug“, „Minna von Barnhelm“; 14. Juli „Kabale und Liebe"; 16. Juli „Ein Wintermärchen“; 17. Juli „Torquato Tasso“; 19. Juli „Egmont“; 21. Juli „Wilhelm Tell“. An den Zwischentagen wird im Hof- und Natîonal-Cheater cine An- zahl hervorragender Opern und im Refidenz- Theater eine Reihe von Lustspielen mit dem Personal der Hofbühne zur Aufführung
Waffenthat in dem langen Kriege fand da Statt, wo Derfflinger be- onnen: vor Prag. Am 26. Januar 1646 hat „Gürgen örfflinger, Königl. schwedischer Obrist zu Roß“ das 2 | wort getausht am Altar der Berliner Nicolaikirhe mit Margaretha Tugendreich, „des sel. Friedrich Wolf v. Schaplow
kommen.
Bern, 27. Februar. (W. T. B.) Gotthardtunnel. Stollenlänge heute früh 14 897,4 m, Bohrrest 22,6 m. Bohrung des Sondirloches wird heute beiderseits beginnen. Dur{hschlag vor- ausfihtliÞch Sonntag auf Montag.
Am Mittwoch, den 3. März, Abends 75 Uhr, findet im Saale der Sing-Akademie ein Konzert von Gustav und Adelheid Hollaender unter Mitwirkung des Herrn Moriß Moszkowski statt. Auf dem Programm stehen: 1) Introduktion und Allegro apassionato, op. 38, für Pianoforte und Violine, Fr. Gernsheim. 2) Zwei Lieder: a. „Nur wer die Sehnsucht kennt“, P. Tshaikowsky. b, „Wenn der Frühling auf die Berge steigt“, Aug. Bungert. 3 Fantasiestück, op. 152, für Violine, Ferd. Hiller. 4) a, Barcarole, b. Allegro scherzardo, für Pianoforte, Moriß Moszowski. 5) Zwet Lieder: a. Ständchen (russis{), Heinrich Hofmann, b. Maienglocken, Otto Dorn. 6) Adagio aus dem 2. Violinkonzert, J. Raff. 7)
wei Lieder: a. „Klinge, mein Pandero“, Jensen. b. Der Schelm,
. Reineckte. 8) a. Am Strande, für Violine, G. Hollaender. Þ. Spanischer Tanz (Nr. 3), für Violine, Moszkowski-Sauret. Der Konzertflügel ist aus der Fabrik des Hrn. C. Bechstein. Das Accompagnement hat Hr. Ludwig Hirschberg Übernommen.
Literarische Neuigkeiten und periodishe Schriften.
Preußische Jahrbücher. Herausgegeben von H. von Treitshke, 45, Band, 2. Heft, Februar 1880. Berlin, 1880. Druck und Verlag von G. Reimer. — Inhalt: Die Russen in Inner-Asien. (Emil Lademann.) 1. — Die Eisenbahngütertarife und die Privatbahnen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Eine tarifpolitische Studie, (A. v. d. Leyen.) — General von Rüel (nach hinterlassenen Papieren). — Aus Belgien. — Die Pariser Kommune 1871. (Franz Mehring.) V. — Ein deutsches und ein französishes Gemälde. (H. Grimm.) — Politishe Korrespondenz. Die auswärtige Politik Frankreichs und die Militärvorlage. — No- tizen. (Zur Judenfrage. — Eine Reliquie Fricdrihs des Grofen, — Theodor von Bernhardi: Kleine Schristen.)
Monats\ch rift für Deutshe Beamte, Organ des P reußischen Beamten-Vereins. Redigirt von L. Jacobi, Königl. Geh. Regierungs-Rath. o. 4. Jahrg. 1880, 2. Heft. Grünberg i. Sl., Verlag von Fr. Weiß's Nachfolger. (Hugo Söder- srôöm.) 1880. — Inhalt: T. Angelegenheiten des Vereins. Beo kanntmachungen der Direktion des Preuß. Beamten-Vereins, — Hohe Änerkeänung. — Die Berliner Beamtenvereinigung, — Ge- neralversammlung des Breslauer Bezirksvereins. — Ueber die Grün- dung einer Stiftung zur Untersiüßung hülfsbedürftiger erwachsener Töchter verstorbener preußischer Civil-Staatébeamten. — Il, Rechts- verhältnisse der Beamten: A. Gesehgebung und Verordnuna. — B. Abhandlungen über Fragen des Beamtenrechts: Aus dem Lands tage. (Zur Frage des Aufrückens.) — Ueber die Zweckmäßigkeit und Einführbarkeit der Kapitalversicherungen auf den Lodebf all (gewöhn- lih kunzweg Lebensversicherungen genannt) an Stelle der für die Beamten obligatorischen W ttwen-Pensions-Versicherungen). — IILI, Abs handlungen und Aufsäße allgemeinen Inhalts: Gehalts- und Steuer- zahlung. — Neujahrsgedanken. (Eine Mahnung an Eltern.) — Amt und Beruf, besonders nach den Aussprüchen der heil. Schrift. — Kulturbilder aus dem Elsaß (Fortseßung und S{luß). — 1V. Ver- mischtes. — V. Bücherschau.
Le socialisme et la société, Notes s0oumises aux Souverains de l’Europe, par un sujet fidèle, (Châtean de Saint- Bonnet, sur Vaugneray, Rhóône-France.) 1l.ec Janvier 1880. Lyon. Imp. Pitrat ainé,
Monatsschrift des Vereines zur Beförderung des Gartenbaues in den Königl. Preuß. Staaten und der Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins. Dr. L. Witt- mak. In Kommission bei Wiegandt, Hempel & Parey. 23. Jahrg. Februar 1880. — Inhalt: Berichtigungen zum Verzeichniß der Mits glieder des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. — 630. Vers fammlung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues. — Ver- sammlung der Gesellshaft der Gartenfreunde Berlins am 19. De- zember 1879, — C. Lackner, Schlußbericht über die in Gruppe XVY. der Berliner Gewerbe-Ausstellung von 1879 ftattgefundene Garten- bau-Auéstelung. — C. Bolle, Die Roßkastanie, ihr Ursprung und ihre Einbürgerung bei uns, Vortrag, gehalten am 17, Dezember 1879. — C. Bolle, Catalpa epeciosa. — W. Lauche, Werdersche Pflaumen (mit Abbildungen). — C. Vouché, Ueber Tünstliche Be- fruchtung der Ceratozamia mexicana, — Goeth?, Der Erdbohrer im Dienste des Obstbaues. — E. Michelsen, Der Obstbau an den öffent- lichen Straßen der Provinz Hannover. — Die Königliche Gärtner- Lehranstalt bei Potsdam und die Anstellung von Kreis- bezw. Wan- dergärtnern.
Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes. 1880 (2. Februar - Heft). Inhalt: 1. Ange- legenheiten des Vereins: Technischer Aus\{chuß. 11. Abhandlungen: Analysis der Regulatoren. Mit Anwendung auf den Wernerschen und den Cosinus-Regulator. Von Dr. K. L. Schadwill in Berlin. Ueber die Festigkeit des erhißten Eisens. Durch Honorar auêëgezeichnete Bewerbung um die dritte Preisaufgabe für 1878, Von Dr. Julius Kollmann, Hütten-Ingenieur in Oberhausen. Lithiumglas. Von Dr. Otto Schott in Wien. II1. Amtliche Mittheilungen. Fehlen. IV. Kleinere Mittheilungen. Bericht über den Fortgang der Ver- handlungen des internationalen Kongresses für Induftrieshuß, zweite Sitzung der deutshen Sektion. Von Dr. Martius zu Berlin, Ab- geordnetem des Vereins. Ueber die Methoden von Grießmayer und Lallieu zur Bestimmung von Glycerin in Bier. Von Professor Dr. C. Liebermann zu Berlin. — Hierzu der Sißungsberiht vom 2, Februar 1880.
Nr. 4 der „Zeitschrift für mikroskopishe Fleish- \chau und populäre Mikroskopie“, unter Mitwirkung her- vorragender Mikroskopiker, herausgegeben und redigirt von H. C. I. Duncker, hat folgenden Inhalt: Hr. Dr. H. Bäblich über mikro- \kopishe Fleischschau in der „Gartenlaube“. — Gesammelte Beobach- tungen und Erfahrungen eines Fleishbeschaue.rs. Von A. Reiß in Hirschberg i. Schl. — Versammlungen. — Die Anfertigung mikro- \kopisher Dauerpräparate. Von H. C. J. Dunder. — Offizielle Bekanntmachungen. — Berichtigung. — Auch eine Erfahrung bei der mikroskopischen Trichinenshau. Von Louis Heilemann, Thier- arzt in Berlin. — Das Sammeln und Beobahhten der kleinsten Pflanzen und Thiere unserer Gewässer. Von O. C. J. Duncker. — Vermischtes. — Statistische Nachrichten. — Bitte. — BVücher- und Schriftenshau. — Brief- und Fragekasten. — Inserate.
Notizblatt des deutschen Vereins für Fabrikation von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement. (Dr. Ru- dolf Biedermann.) 15. Jahrg. 5. Heft. (Berlin, 1879.) — Inhalt: Einladunz zur Generalversammlung. — Tagesordnung. — Was der Cement nit vermag! Von E. H. Hoffmann. — Ueber künstliche Trocknung. Von Julius Matern. — Der Gleichgewichtsbogen. Von E. H. Hoffmann. — Herstellung diécertrisher Steinbö zen mittelst Anwendung von Trapezoidziegeln. Von E. H. Hoffmann. — Be- weise über die Verwerthung des Baustoffs aus gebrannten Erden, Von E. H. Hoffmann. — Ueber die Verwendung von Papier statt Eisen für den Betrieb von NRingöfen. Von E. H. Hoffmann. —
Literarisches. Carl Georg von Wächter. Vertrag, gehalten in der juristishen Gesellsshaft Berlins von Heinrih Dernburg.
Halle a. S, 1880. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses.
Redacteur: J. V.: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Vier Beilagen (cins{ließli4 Börsen-Beilage).
Berlin:
Erste Beilage
zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaals-Anzeiger.
C C N Mr Ara T
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, W. Februar. Jm weiteren Ver- laufe der gestrigen (9.) Sizung trat der Reichstag in die Besprechung der Jnterpellation des Abg. Stumm, betref- fend die Begründung von Alterversorgungs- und En für Fabrikarbeiter ein. Der Abg. Wöllmer erkannte die Schwierigkeit der Regelung dieser Materie an, \prach si aber Namens seiner Partei gegen die zwangsweise Beitrittspflit der Arbeiter aus. Er sei dem Minister dafür dankbar, daß derselbe auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht habe, die der Einrichtung von Zwangskassen entgegen ständen ; er hätte indeß lieber gesehen, wenn Seitens der Regierung eine bestimmt ablehnende, als eine dilatorische Ant- wort gegeben wäre; die Negierung erwecke sonst unerfüllbare Hoffnungen in den Arbeitern, um so mehr als dieselben be- merkten, daß die jeßt herrschende Wirthschaftspolitik gegen der- artige ‘Forderungen aus Jnteressentenkreisen sehr konnivent sei. Der Abg. Stumm sei bereits von seinem Enthusiasmus für die Knappschastskassen zurückgekommen, deren Unzuläng- lichkeit für die Hinterbliebenen- und Jnvalidenversorgung be- sonders eklatant bei der Katastrophe im Brückenberger Schachte hervorgetreten sei. Die Knappschastskasse sei nicht im Stande, den von dem Unglücksfall Betroffenen, die auf Befriedigung vermittelst des Hastpflichtgesetzes nicht hoffen könnten, die nöthige Unterstüßung zu gewähren. Die unsihere Wirthschaft und der Niedergang der Knappschastskassen läge aber nicht an den Ver- waltungskosten, denn diese hätten im Jahre 1878 nur 4 Pro- zent der Ausgaben betragen, sondern darin, daß sie au für die Fälle der eigentlichen Haftpflicht aufkommen sollten. Diese nähmen mehr als die Hälste aller ihrer Unterstüßungen weg. Es müsse daher die Haftpfliht der Arbeitgeber vollkommen durchgeführt werden, damit diese Kassen nur die durch die regelmäßige Abnußtung der Arbeitskraft eutstchenden Schäden zu ersezen hätten. Die Ausstellung eines großen Apparates für das Jnvaliden:-Versorgungswesen fei dann aber gar nit fo dringli. Solle diese Angelegenheit aber geregelt werden, jo dürfe sie nit durch die Autorität staatlichen Eingreifens erfolgen. Von den Handelskammern hätten sich nur die zu Mainz und Offenbach für Zwangskassen erklärt, sie hielten diese aber nur bei Staatsgarantie und Ausdehnung auf alle gewerblichen und ländlichen Arbeiter für durchführbar. Die Mehrzahl habe sih für freie Kassen erklärt, damit der Arbeiter si ge- wöhne, selbständig seine Ausgaben zu regeln. Wäre es so Leicht, einen Plan für die staatlichen Kassen aufzustellen, dann hätte der Abg. Stumm doch wenigstens {on die Umrisse davon angeben können. Befremdend sei für ihn au beson- ders, daß das Centrum, welches auf religiösem Gebiete die staatliche Einwirkung, und zwar mit Recht, von si weise, auf diesem ziemli analogen, das ganze Privatleben durchdringenden Gebiete das Eingreifen desStaates verlange. Diese Frage aber als eine Angelegenheit der Armenpflege zu betrachten, involvire eine vollständige Verkennung der Sachlage und eine Kränkung der betreffenden Kreise. Der Staat dürfe keine Zwankskassen schaffen, sondern müsse sich auf den Erlaß von Normativ- bestimmungen beschränken, welche für die freie Entwi@elung Naum ließen. Alles aber, was gegen die Zwangskassen spreche, spreche für die aus freier Jnitiative der Betheiligten hervor- gegangenen Kassen. Der Arbeiter, der aus freiem Entschluß ihnen beitrete, könne seinen Haushalt selbst dieser Ausgabe entsprechend einrihten. Eine Petition aus 181 Ortschaften und mit über 20 000 Unterschristen zu Gunsten dieser freien Kassen sei im vorigen Jahre nur aus formellen Gründen nicht berücksihtigt und liege in diesem Jahre wieder vor. Diesen Kassen müsse aber juristishe Persönlichkeit durch Normativ- bestimmungen gegeben werden, und dies recht bald, da sonst ibre Entwickelung durch das Drohen der obligatorischen Staatskassen gehemmt werde; denn der Arbeiter scheue den Beitritt zu einer solchen Kasse, wenn derselbe fürhten müsse, demnächst zu Beiträgen für die staatlihen Kassen gezwungen zu werden, die ihm die Mittel entzögen, um die Beiträge für die freie Kasse ferner aufzubringen. Eine solche von Siemens und Halske für ihre Arbeiter gegründete Kasse habe unter Sélbstverwaltung der Arbeiter einen großen Aufschwung ge- nommen. Die deutshen Gewerkvereine, die - demselben Zweck dienten, hätten für die kurze Zeit ihres Bestehens ebenfalls sehr erfreulihe Erfolge erzielt. Sie zählten 400 Ortsvereine mit über 22000 Mitgliedern ; davon seien 9—10 000 in den Snvalidenkassen. Diese Kassen hätten ein Vermögen von 320 000 6 und hätten {hon an Pensionen 194 000 H be- zahlt. Daß die Arbeiter hier recht gut ihr Interesse zu wahren wüßten, beweise ein Fall, in dem die Mitglieder, als sie eine Unterbilanz in ihrer Wirthschast wahrgenommen hätten, frei- willig die Beiträge erhöht und dadurch den Bestand der Kasse gerettet hätten. Die Frage dieser Kassen sei das Schiboleth, an dem man erkennen könne, ob die Regierung die der Staatsintervention gezogenen Grenzen einhalten wolle. Möge die Regierung hier besonders darauf Bedacht nehmen, daß nur selbstständige Thätigkeit und eigene Verantwortlichkeit der Einzelnen zu gesunder wirthschaftliher Entwidelung führe.
Der Abg. Frhr. Dr. von Hertling hielt, ebenso wie der im praktischen Leben slehende Fnterpellant, die Schaffung von Zwangs-, Alterversorgungs- und Fnvalidenkassen für noth- wendig, da sie eine Konsequenz der N Wirthschaftsord- nung seien. Jn gewissem Sinne sei Arbeit Waare, aber ge- knüpft an die Persönlichkeit des Arbeiters mit ihrem sittlihen Zweck und ihren unveräußerlihen Rechten, mit der ihr an- hängenden - Gebrechlichkeit, mit Krankheit und Alter. Die Bestrebungen für staatliche Festseßung eines Normallohns hätten ihre Unausführbarkeit erwiesen, das Eingreifen des Staates müsse also in anderen Punkten erfolgen, allerdings nur in solchen, wo es im Einklange stehe, mit der ersten Pflicht des Staates, dem Schuße der Bürger. Dies sei z. B. der Fall in der Fabrikgesezgebung und in der Frage über die heute debattirt werde. Denn hier seien die normalen Verhältnisse vershoben, da der Unternehmer einen Theil der Produktionskosten abwälze auf völlig Unbetheiligte, auf die Gemeinde. Jm Jnteresse der Gemeinde und ihrer Rechte habe der Staat die Ausgabe einzugreifen in der Frage der Altexsversorgung, unabhängig von der Pflicht des Arbei-
Berlin, Sonnabend, 2
Lts r RCEE R DOE L M U U L RIREIS
ters durch Thätigkeit und Sparsamkeit. selbsthelfend einzu-
treten. Es beständen allerdings auf freier Vereinigung da-
sirende Kassen, sie seien aber ungenügend und schaften nur
dem Arbeitgeber Vortheil, indem sie die Arbeiter, wenn sie
ihrer Einlagen und Rechte an die Kasse nicht verlustig
gehen wollten, an einen bestimmten Ort oder ein be-
stimmtes Etablissement fesselten und ihn an der Ausnüßung
seiner Arbeitskraft an dem für ihn vortheilhaftesten Orte
hinderten. Der obligatorishe Charakter der Alterversorgungs3-
fassen sei namen!llich deswegen geboten, weil nur sehc große Ver-
bände im Stande seien, größere Krisen zu extragen und -olle
Sicherheit zu gewähren. Die Alterversorgung mit Armen-
pflege zusammenzuwerfen, liege ihm durchaus fern ; durch sei-
nen zu dex Kasse gezahlten Beitrag erhalte der Arbeiter eben
ein Recht auf Alterversorgung. Allerdings bekämpfe man
weniger das Prinzip des Jnterpellanten, als die Möglichkeit der Dur(sührbarkeit. Wenn die Fndustrie durch Einführung dieser Kassen belästigt werde, so werde sie es im Fnteresse der Gerechtigkeit. Mögen doch Diejenigen, die dem Centrum zum Vorwurf machten, daß es durch Bewilligung der Schußzölle der Jndustrie Millionen zum Geschenk gemacht habe, dem Centrum jetzt beistehen, dieses Geschenk zum Besten der Ar- beiter nußbar zu mahen. Wenn man gegen die Zwangs3- kassen die Knappschaftskassen ins Feld führe und auf die großen dort hervortretenden Mißstände auf- merksam mache, so beweise das nichts gegen das Prinzip, son- dern spreche nur sür die Reformbedürstigkeit - dieser Kassen. Erörterungen über die Nothwendigkeit einer Reform des Hast- pflichtgeseßes hätten in diesem Hause schon des öfteren statt: gefunden, wobei namentlich auf Ausdehnung des in das Gefeß einzubeziehenden gewerblichen Kreises gedrungen sei. Er habe im vorigen Jahre eine Fnterpellation darüber eingebracht, ob man bald einer Reform des Hastpflichtgeseßes entgegensehen dürfe, und wiederhole diese Frage heute. Fn öffentlichen Blät- tern verlautete allerdings von einer Thätigkeit der Regierung in dieser Frage, aber keineswegs in dem vom Centrum ge- wünschten Sinne. Man sage, das Baugewerbe solle von der Haftpfslichtgeseßgebung ausgeschlossen bleiben. Nach statistischen Berechnungen fei aber die Zahl der im Baugewerbe vorkom- menden Unfälle fast ebenso groß wie in den gefährlichsten Bergwerken, und daraus scheine ihm die Nothwendigkeit der Ausdehnung der Hastpflichtgesezgebung auf dieses Gewerbe hervorzugehen, troß der dagegen geltend gemachten Bedenken. Es möge sein, daß viele dieser Unfälle durch „Verlotterung des Handwerks“, wie sich ein Blatt ausdrüdte, entstanden seien, aber die Frage sei doch die, ob niht durch die Hastpflicht- gesezgebung den Unternehmern das Bewußtsein ihrer Ver- antwortlichkeit vershärst werde. An Stelle des Hastpflicht- gesezes müsse bei diesem Gewerbe eventuell obliga- torishe Unfallversiherung eingeführt und die Haftpflicht au auf diejenigeæ Gewerbe ausgedehnt werden, welche eine innere Schädigung der“ Gesundheit mit sich brächten. Bezüglih der Aenderung der Beweislast sei er zweifelhaft, ob sie überhaupt angängig sei. Nur in einem Punkte erscheine sie ihm nothwendig, bei Unsällen in den Bergwerken. Jm Jahre 1878 sei viel die Rede von den po- sitiven Maßregeln gewesen, die man gegen die Sozialdemo- kraten ergreifen wolle und an denen das Bürgerthum den Lwenantheil haben folie. Bis jet habe er wenig von sol positiven Maßregeln gesehen. Die geseßlihe Negelung dieser Frage in seinem Sinne wäre eine solche. Dabei sei aber nit zu vergessen, daß es sich hier niht nur um eine wirth- schaftliche, sondern auch um eine sittliche Fnstitution handele, die getragen werden müsse von Moralität und Religion; das fónne aber nur gesehen, wenn die Kirhe wieder frei und ungehindert ihre segensreihen Wirkungen ausüben könne.
Hierauf ergriff der Staatssekretär des Fnnern, Staats- Minister Hofmann das Wort:
Der Herr Vorredner hat in zwei Richtungen sich direkt an mi gewandt, einmal in der Nichtung, daß er wünschie, die Ermittelungen, die über die Frage der Alterversorgung der Brbeitec im Gange sind, möchten möglichst beshleunigt werden. Meine Herreu, ich theile diesen Wursh im vollen Maße, und wenn ich nicht in Aussicht stellen konnte, daß noch in dieser Session eine Geseßesvorlage an den Meichstag gelangen werde, so bin ih doch der Meinung, daß der Bundesrath jedenfalls bis zur nächsten Session Stellung zu dieser Frage nehmen wird, denn ich erkenne vollständig an, daß es nicht wohlgethan wäre, wenn man diese Frage dilatorisch behandeln und die Entscheidung länger verzögern wolite, als c8 die in der Natur der Sache liegenden Schwierigkeiten nothwendig mit si{ch bringen. Ich habe au dur meine vorherige Erwiderung auf die Interpellation für die näbste Session des Neichs- tages nur dem Bundesrath die volle Freiheit wahren wollen, weil ein Beschluß desselben noch nicht vorliegt, aber ih theile vollständig die Ansicht, die auch von einem anderen Herrn Vorredner auêge- sprochen ist, daß es in dieser Sache darauf ankommt, möglichst bald eine entschiedene Stellung einzunehmen.
Der Herr Vorredner hat sodann an mich die Frage gerichtet, ob wegen Revision des Haftpflichtgeseßzes etwa in dieser Session noch eine Vorlage zu erwarten sei. Die Revision des Hastpflichtgeseßes ist in Anregung gebracht in zwei Beziehungen, einmal in Bezug auf den Umfang der Gewerbe, die der Haftpflicht unterliegen, und es sind da nicht blos die Baugewerbe, sondern auch der landwirth- \haftlibe Maschinenbetrieb in Betracht zu zichen.
Fn diefer Richtung haben Erwägungen stattgefunden, die indeß zur Zeit noch niht zum Abshluß gebracht sind. Dasselbe ist der Fall in der anderen Frage, d. h. der Regelung der Beweislast, Auch hier sind die Erwägungen der Regierung noch nit zum Abs{chluß gekommen, und ih glaube auch nit, daß es möglich sein wird, die Frage der Revision des Hastpflichtgeseßes in einer zweckentsprechen- den und gründlichen Weise zur Lösung zu bringen ohne Zu- sammenhang mit der Frage der Alterversorgung der Arbeiter. Dinn es liegt in der Natur ter Sache, daß, je weiter man die Versorgung der invaliden Arbeiter ausdehnt, um so geringer der Umfang des Ge- biets wird, für welches das Haftpflichtgesetz gilt.
Es fommt ferner bei der Revision des H IS ein Moment in Betracht, welches der Herr Vorredner erwähnt hat und welces einer schr reiflihen Erwägung noch bedarf, das ist nämlich die Frage, ob nicht, wenn man das Hasftpflichtgeses namentlich in der Richtung einer für den Arbeiter erleihterten Beweisführung ver- \chärft, — ob es dann nicht nothwendig ift, neben das Haftpflichtgeseß die Möglichkeit für den Arbeitacber hinzustellen, durch eine all- gemeine Unfalvecsicherung seiner Arbeiter sich von den s{ärsferen Lasten
des Hastpflichtgesezes zu befreien. Nach meiner persönlichen Veber- zeugung werden die Erwägungen bezügliÞh der Resorm des Hast-
ait
vslihtacsetes dahin führen, daß man den Gewerb8unternehmern, die Waßhl läßt, ob sie si dem Hastpflibtgeseß in einem vershêärften Maße unterwerfen, oder die Sorge dafür übernehmen wollen, daß ihre Arbeiter gegen alle Unfälle, fie mögen nun verschuldet sein von wem sie wollen, oder mögen zufällige sein, in einer vejtimmten durch das Gescß normirten Weise versichert sind.
Fch bin der Meinung — und glaube darin mit dem Herrn Vor - rednec übereinzustimmen — daß es unser Ziel sein muß, den Streit über die Ursache des Unfalles und insbesondere über die Versbuldung des Arbeitgebers für die Zukunft fo weit als mszlih unnöthig zu macen; denn, meine Herren, gerade vie an das Haftpflichtgeseß ih fnüpfenden Rechtsftreitigkeiten haben, wie das wohl die allgemeine Veberzeugung is, nicht wohlthätig auf das Verhältniß zwischen Ar- beiter und Arbeitgeber gewirkt. Es ist dadur, daß der Arbeiter genöthigt ift, in den meisten Fällen, wo er tas Hasftyslichtgeseß für h anrufen will, einen Prozeß zu führen gegen den Arbeitgeber, ein Moment der Zwietracht in diescs Verhältniß hineingetragen, tas wir möglichst wieder zu beseitigen suchen sollten.
Wenn es nun nicht möglich ist, in kurzer Frist ein Geseß zur Reform des Haftpfliktgesetes vorzulegen, so sind do dur den Bundesrath zwei Maßregeln b:\{chlofsen, die in ihrer Wirksamkeit eine wesentlihe Erleichterung für den Arbeiter hinsichtlich der Gel- tendmachung des Haftpflichtgeseßes zur Folge haben werden. Die eine dieser Maßregeln besteht darin, daß der Bundesrath besclossen hat, einen von der preußischen Regierung vorgelcaten Entwurf über die Vorschriften zum Schuß des Lebens und der Gesundheit der Ar- beiter in Fabriken durch eine Sachverständigenkommission prüfen zu lassen und alsdann diese Vorschriften seinerseits festzusezen. Bisher, meine Herren, fehlte es an sol%en Bestimmungen. Wenn also ein Unfall in einer Fabrik stattfand, fo konute man niemals. mit Be- stimmtheit sagen: es ist hier eine zum Schuße der Arbeiter vorge- \{riebene nothwendige Einrichtung nit vorhanden gewesen. Denn es fehlte an objektiven und allgemeinen Vorschriften über die Ein- rihtungen, welche der Unternehmer der Fabrik zum Schuße der Arbeiter gegen Gefahren zu treffen hat. Diesen Mängeln wird abgeholfen werden, sobald die Vorschriften erlassen sein werden, von denen ich zu spreczen die Ehre hatte.
Die zweite Maßregel, die der Bundesrath beschlossen ha: und die in derselven Richtung zu wirken bestimmt ist, besteht in einem Geseßentwurf, der in aller Kürze an Sie gelanzea wird und welcher die Fabrikinbaber verpflichtet, von jedem Unfall, der entweder den Tod einer Person zur Folge gehabt oder der im Zusammenhang mit dem Betrieb stehend, eine einigermaßen erheblice Verleßung eines Arbeiters verursacht hat, Anzeige zu machen sowohl bei der Orts- polizeibehörde als bei den zuständigen Aufsichttbehörden. Es ift in die- sem Gesetzentwuxfe ferner vorgesehen, daf in jedem Falle, wo entweder durh die Schwere der Verleßung oder durch ihren muthmaßlichen Zusammenhang mit Mängeln in der Einrichtung in der Fabrik eine Üntersuhung von Interesse ist, eine solde Untersuchung \so- fort von Amtéwegen stattfinden muß. Dadurch, meine Her- ren, wird es ‘in vielen Fällen, wo jeßt der Arbeiter nit in der Lage ist, den Nachweis zu führen, daß eine Verschuldung des Arbeitsgebers oder jeiner Vertreter vorliegt, dec Nachweis erleichtert seinz ja, es ist zu erwarten, daß eine Menge von Prozessen, die jeßt gerade wegen der Zweifelhaftigkeit der Thatfrage entstehen, in Zu- kunft niht geführt werden, daß vielmehr das Resultat der Unter- suGung auch von- den Unfallversicherungsgesellschaften, die gegen die Haftpflihtfälle versichern, anerkannt werden wird, und daß wir also dadurch auf der einen Seite dem Arbeiter es erleihtern, die Wohlthat des Hastpflichtgeseßes für fi geltend zu machen und daß doc zu gleicher Zeit die Zahl der mißlihen und peinlichen Prozesse abnimmt, die bisher auf Grund des Haftpflicht- gesetzes angestrengt werden mußten. : A
Der Abg. Dr. Stephani besprach die Lage der sächsischen Arbeiter. Die Erfahrungen in Sachsen mit den Knapp|schafts- kassen ließen dieselben niht als Muster für die Zwangskassen erscheinen, wie der Abg. Stumm es si denke. Die Ermitte- lungen über ihre Leistungsfähigkeit noch vor dem Brüdcken- berger Unglück hätten ergeben, daß sie zum Theil unfähig ge- wesen seien, ihre Verpflichtungen zu ersüllen, und die Pen- sionen und Krankenunterstüßungen hätten um 50 Proz. herab- segen müssen. Die Berehnungen, auf denen die Knapp- \{astskassen beruhten, seien unrihtig. Daraus folge, daß man sich hüten müsse, den Weg der Zwangskassen zu betre- ten, che man noch mehr Erfahrungen in dieser Hinsicht ge- sammelt habe. i E
Der Abg. von Helldorff-Bedra erklärte sih für die Ein- führung von Zwangsalterversorgungskassen im Sinne des Interpellanten. Niemand werde bestreiten, daß es in Deutsch- land eine ganze Reihe von Knappschaftskassen gebe, die ihrer Aufgabe vollkommen genügten. Es sei eine üble Eigenschaft der leßten Jahre, mit der Geseßgebung zu große Gebiete um- fassen zu wollen und zu uniformiren, und deshalb stoze eine derartige Geseßzgebung immer auf erhebliche Schwierigkeiten. Man müsse sih darauf beshränken, an den Punkten mit der Neichsgeseßgebung einzugreifen, wo es praktisch möglich und durchführbar sei. Das gelte auch für die vorliegende Materie ; ein gewisser Zwang sei dabei nicht zu entbehren, Korpora- tionen, deren Wirksamkeit sozialer Natur sei und an denen der Staat ein Jnteresse habe, könnten niht reine Privatsache bleiben. Es habe sih ja au in weiteren Kreisen jeßt die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der Zwangsinnungen Bahn gebrochen. (Abg. Richter: Jn Berlin niht))
Der Präsident bat, den Redner nicht durch Zwischenrufe zu unterbrehen; den Abg. Richter erinnere erx daran ichon zum zweiten Male.
Der Abg. von Helldorff} fuhr fort: Um vom Zwang bei diesem hier vorliegenden Gegenstande zu sprechen, müsse ex do nur kurz sagen, daß seiner Partei als nothwendiges Korrelat des Zwanges die Staatsaufsicht erscheine, die hier allein eine gewisse Sicherheit der Leistung garantiren könne. Es sei ferner der Beitrag der Arbeitgeber ohne Zwang gar nicht denkbar und {hon allein dadurch, daß der Arbeitgeber den vollen Beitrag gebe, seien derartige Fnstitute allen Privat- instituten weit überlegen und so werde aüein der Zwang es möglich machen, in gewissem Sinne sie einzuführen und zu befestigen. Dann sei ja überhaupt nur dur staatliche Rege- lung die Möglichkeit des Uebertritts aus einer Kasse in die andere zu erreihen. Alles das also bestimme ihn, zu glauben, daß es ohne staatlihes Eingreifen und ohne Zwang über- haupt nicht gehe und daß man nur so wirklich Durchschla- gendes erreihen werde. Aver die Hauptsache dabei bleibe, daß man hier korporative Gestaltungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bis zu einem gewissen Grade eine Einigung beider schaffen müsse und eine korporative Gestaltung unter staatliher Mitbetheiligung, wie er sie vorhin als nothwendig
bezeihnet habe, Das ganze Vorgehen auf diesem Gebiete sei