Auf Grund dcs §. 120 Absaß 3 der Gewerbeordnung werden
folgende Vorschriften erlafsen : A. Für Fabriken, welche Arbeiter in geschlossenen Räumen R gen, z
1) Die Arkbeitsräume einschließlich der Gänge und Treppen müssen hell erleuchtet und mit festen ebenen Fußböden versehen sein.
Die Arbeitsräume müssen so geräumig sein, daß für jeden darin ien Arbeiter mindestens . . . Kubikmeter Luftraum vorhan- en sind. i
2) Die Arbeitsräume müssen so eingerichtet oder mit \folchen Vorcichtungen versehen sein, daß die Luft von s{hädigenden Mengen giftiger oder unathembarer Stoffe oder Dünste jeder Art freigehalten
wird. / e 3) Räume und Apparate, in welchen brennbare, giftige oder unathembare Gase, Dämpfe oder Staubtheile enthalten sind oder entstehen können, müssen so eingerihtet sein und betrieben werden, daß scädigende Mengen dieser Stoffe niht an die Arbeitsstellen ge- langen fönnen. Das Betreten jener Räume darf nur gestattet wer- den, wenn die Schädlichkeiten vorher beseitigt oder die damit beauf- tragten Arbeiter mit zweckentsprewenden Respira:ions8apparaten, so- wie en a — mit nicht zündungsfähigen Lampen versehen sind. : f 4) Treppen müssen mindestens an einer Seite mit festem Ge- länder versehen sein. Die Treppenstufen müssen stets in gutem Zu- stande erhalten werden. i Í
5) Luken, welcbe für Förderzwecke dienen, Fülltrichter und andere Aufgabe- oder Schüttvorrichtungen, Gerüste, Bühnen, Galerien, Aufmauerungen, Plattformen und \chiefe Ebenen, ferner Kanäle, Gruben, Brunnenschächte, Gerinne und Bassins, Pfannenkessel und Baden, welche einen Flüssigkeitsstand von mehr als .. Meter haben oder giftige, äßende oder heiße Flüssigkeiten enthalten, oder Er- hißungszwecken dienen, müssen so beschaffen oder so umwehrt sein, daß Menschen weder von denselben oder in dieselben hinabstürzen, noch von herabfallenden Gegenständen getroffen werden können.
6) Aufzüge (Elevatoren, Bremsberge u. \. w.) müfsen so einge- rihtct und betrieben werden, daß i
a. M Ten e alta und der Gegengewichte (durch-
chtig) abgeschlossen ist; S h b der Vershluß des Schachtes an den Förderstellen selbsithätig und ficher ist ; ; S
S von E B und den Förderstellen nihts in den Schacht hinabstürzen kann; j ;
d, die Verständigung zwischen den Förderstellen durch Signale gesichert ist ;
Die Förderung von Menschen darf nur da zugelassen werden, wo sie mit Rücksicht auf die Natur des Betriebes nicht zu umgehen ist. Wo dieselbe stattfindet, darf die Belastung ein Drittel der Tragfähigkeit nicht übersteigen. Der Aufzug muß in diesem Falle mit Caps, Fangvorri{tung und Korbdach versehen fein. :
7) In allen Anlagen, wo feuergefährlihe Gewerbe betrieben oder leiht brennbare Stoffe verarbeitet werden, muß durch Anbringung einer genügenden Anzahl von Fenstern, welcbe leiht geöffnet werden fônnen und den Ein- und Austritt eines Menschen gestatten, sowie durch Anlage feuersicherer Treppen und Sicherheitsleitern Sorge dafür getragen werden, daß bei Ausbruch einer Feuersbrunst die Ret- tung der Arbeiter leit bewerkstelligt werden kann.
B. Für gewerbliche Anlagen, in welchen durch elemen- tare Kraft bewegte Mascinen Verwendung finden.
1) Die Kraftmaschinen (Dampîi-, Gas-, Heißluftmaschiner, Wasserräder und Turbinen) müssen in besonderen Räumen aufgestell? oder gegen die Arbeitsräume fo abgeschlossen fein, daß der Zutritt zu denselben aus\{ließlich den mit ihrer Bedienung beauftragten Ar- beitern vorbehalten bleiben kann. 5
Mit der Bedienung derselben dürfen nur zuverlässige erwachsene, männliche Arbeiter beauftragt werden. Anderen Personen darf der Zutritt zu denselben nicht gestaitet werden. :
Die Maswinen, besonders das Schwungradlager und die Kurbel bei liegenden Maschinen, müssen ein esriedigt, durhgehende Kolben- stangen bei liegenden Maschinen müssen fest eingekap]elt sein.
2) Alle bewegten Theile von Transmissionen und Maschinen, welche so belegen sind, daß Menschen bei der Arbeit oder beim Ver- kehr in Berührung mit denselben gerathen können, müssen, soweit sie nicht unmittelbar als Arbeitszeug dienen oder ih1e fortwährende Handhabung oder Beobahtung während der Arbeit rit nothwendig ist, mit Schubvorrichtungen so umaeben sein, daß eine gefährliche Berührung nicht stattfinden kann. Insonderheit müssen : |
a. Transmissionsriemen, sofern sie sich im Verkehrsbereiche der Arbeiter befinden, bis auf 1,5 m Höhe vom Fußboden mit festen Kasten oder Rinnen, Tranêmissionswellen unter derselben Voraus- seßung mit festen Hüllen versehen werden;
b. Drahtseiltransmissionen in solcher Höhe angebracht werdea, daß dur ihren Schlag niemand verleßt werden kann;
c, Schwungräder und tiefliegende Riemenscheiben, welche si im Verkehrsbereiche der Arbeiter bewegen, auf ihrer ganzen Höhe, mindestens bis auf 1,5 m Höhe vom Fußboden eingefriedigt werden ;
d. gezahnte Getriebe eingefaßt werden; i
e. alle hervorstehenden Theile (Stellshrauben, Nasenkeile u, \. w.) an Wellen-Riemscheiben und Kuppelungen vermieden oder eingekapselt werden. 8
3) Der Beginn der Bewegung der Tranémissionen durch die Kraftmaschine muß in allen Arbeitsräumen in einer für jeden Ar- beiter verständlihen Weise angeklindigt werden. j
Wo die gesaminte durch eine Kraftmaschine betriebene Anlage in verschiedene Einzelbetriebe zerfällt, oder wo der Betrieb sich auf verschiedene Stockw.rke vertheilt, oder wo dieselbe bewegende Kraft von verschiedenen Unternehmern selbständig benußt wird, müssen Ein- richtungen getroffen sein, welche es ermöglichen, jeden der gedachten Betriebêtheile unabhängig von dem Gesammtbetriebe rasch und sicher in Ruhe zu verseßen. : j i;
Auch sonst müssen, soweit die Art des Betriebes folches zuläßt, die Transmissionen in den einzelnen Arbeitsräumen unabhänig von einander und von der Kraftmaschine, und die Arbeitsmaschinen un- abhängig von der Transmission in Ruhe geseßt werden können. So- ‘weit dies nicht thunlich ist, find Einrichtungen zu treffen, welche es ermöglichen, von jedem Arbeitsraume aus sofort das Signal zum Stillstande der Kraftmaschine zu geben, ,
4) Alle Vorrichtungen, welche dazu dienen, um Kraftmaschinen, Transmissionen und Arbeitsmaschinen in Ruhe zu seßen, müssen be- quem erreichbar, leiht zu handhaben und so beschaffen sein, daß sie rash und sicher wirken. ; / j
5) Werkzeugmaschinen mit ras laufendem Schneidezeug (z. B. Sâgese, Fraise-, Hobel-, Raspel-, Schnißelmaschinen, Hâselmesser, SeermMesser, Lumpenschneider u. dergl.) müssen mit Ausrücern ver- sehen und“soweit die Art der Arbeit solhes zuläßt, so eingerichtet sein, daß die Arbeiter von ihren Arbeitsstellen oder von Verkehrs- stellen aus das Schneidezeug wider ihren Willen niht berühren und von geschleuderten Splittern oder Stücken nicht getroffen werden können. ; : z ;
6) Die zwischen den Arbeitsmaschinen befindlihen Gänge müssen fest, vollkommen eben und mindestens 1 m breit sein. i
Alle Räume, in welhen st\{ch Maschinen oder Tranémissionen befinden, müssen während der Arbeitszeit durch Tageslicht oder künst- lide Beleuchtung so erhellt sein, daß die bewegten Theile als solche leiht erkennbar sind. i j ,
7) Das Reinigen, Schmieren und Repariren der Maschinen und Lráramisfionen während der Bewegung, das Anlegen von Lei- tern an bewegte Wellen, das Auflegen von Riemen auf betwegte Scheiben, soweit dabei niht Vorrichtungen benußt werden, welche die Gefahr für den Arbeiter Gun, darf nit geduldet werden.
8) Der Zugang zue folhen Arbeits- und Verkehrsstellen, an denen eine Berührung mit frei bewegten Maschinen- uno Trans- missionstheilen möglich ist, darf nur solhen Arbeitern gestattet
9) Jn jedem Arbeitsraume is an einer für alle Arbeiter sicht- baren Stelle eine Tafel auszuhängen, auf welcher die Vorschriften unter 7 und 8 in deutliher Schrift zu lesen sind. Die Hinzufügung weiterer Anweisungen, welhe den Arbeitern zur Sicherung gegen Gefahren ertheilt werden sollen, ift gestattet.
Ebenso find an solchen Stellen, wo der Verkehr oder die Arbeit mit Gefahren verbunden ist, welhe durh Schußvorrichtungen nicht beseitigt werden können, Anschläge anzubringen, welche auf die Gefahr hinweisen.
— Das „Centralblatt für das Deutsche Reih“ enthält in seiner neuesten Nummer eine Uebersicht der Einfuhr von Getreide, Delsaaten und Mehl, sowie von Bau- und Nußholz aus Rußland, Desterreich- Ungarn und den Vereinigten Staaten vonAmerika in das Deutsche Neich während des Monats Fa- nuar 1880. Dieselbe wird nachstehend mit dem Hinzufügen abgedruckt, daß zum rihtigen Verständniß der Tabelle der Jnhalt der „Bemerkung“ besonders zu beachten ist.
__Im Monat Sanuar 1880,
Aus den Ver- einigten Staaten
von Amerika
kg netto | kg netto | kg netto
Aus Rußland
1) Weizen. . Einfuhr in den freien Verkehr,
unmittelbar oder mit Begleit- papierea L 395152) 83447 59 567
. Eingang auf Niederlagen . . 14846 948| 364938 , Unmittelbare Durchfuhr . . . 20 995| 2 718 422 —_—__ Zusammen | 5 263 095| 3 166 807 59 567
2) Roggen. . Einfuhr in den freien Verkehr,
Im Monat Januar 1880,
Aus
Aus | den Ver- Aus Dester- | einigten
_„reih- | Staat: Rußland | Ungarn N n
Amerika kg netto | kg netto | kg netto
13) Desgleichen aus europäishem a. Einfuhr in den freien Verkehr,
unmittelbar oder mit Begleit-
Pa . Gingang auf Niederlagen . Unmittelbare Durchfuhr . Zusammen
3 718 189 3 729 103 1 624 789 9 072 081
389 715
47 508 137993
377 198
8904 386 102
werden, welche eine den Armen und dem Körper eng anfschließende Kleidung tragen.
3) Hafer.
. Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit- DADIR a J L200 190 813024 60
. Eingang auf Niederlagea . 896 592 — E
. Unmittelbare Durchfuhr. .. 50 271| 102396 i
9usammen | 2197018| 915 920 60 4) Gerste. . Einfuhr in den freien Verkehr,
unmittelbar oder mit Begleit- Dae 6 , 613 870| 1 587 723 49 526
. Eingang auf Niederlagen . . | 616186 78077 —_ . Unmittelbare Durchfuhr. . . 24538| 678556 19 858
Zusammen | 1254 594| 2344356 69 384
5) Mais.
. Einfuhr in den freien Verkeßr, unmittelhar oder mit BVegleit- VAP 2 Ne A e — 2 989 548| 1 403 651
.. Eingang auf Niederlagen . 99 347} 141200
. - Unmittelbare Durchfuhr. — 279 269 49 250
Zusammen 3 368 155| 1 594 101 6) Raps und Rübsaat.
. Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit- DAD e S Et
. Eingang auf Niederlagen
. Unmittelbare Durchfuhr .
Zufammen 7) Leinsaat.
. Einfuhr in den freien Verkehr, unzaittelbar oder mit Begleit- yapieren C
. Eingang auf Niederlagen .
. Unmittelbare Durchfuhc .
Zusammen 8) Mehl aus Getreide ind Hülfenfrüchten,
. Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit- papieren N,
238 864| 1 696 219 961 794 39 883 —— 238 779
1 200 658| 1.974 877
2759 381| 230 945 30 531 2 392 2789912 233 33(
L e 23 134 R 8 9 665
. Eingang auf Niederlagen — L —
. Unmittelbare Durchfuhr . 163| 1028 713 100 Zusammen 23 297! 1 226 599 9 765
2, (unter der Linie) Festmeter.
9) Bau- und Nußholz, roh oder blos mit der Axt vorgearbeitet, europäisches hartes.
a, Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit- : VADE N C 62 794/ 1 778 338
3. 893a, 1982a.
. Eingang auf Niederlagen 749 265| 258 702
. Unmittelbare Durchfuhr . 30 000|__ 532 507
Zusammen 842 059| 2 569 547
a, 893/a, 1982la.
10) Desgleichen, europäisches hartes. a. Eiofuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit-
PAPICLen 00 1 250 954| 4 737 242
A 4644 6011
. Eingang auf Niederlagen . 220 —
. Unmittelbore Durchfuhr . S 328 774 1251 174| 5 066 016
Zusammen a. 4674a. 6611 11) Avßereuropäische Hölzer. . Einfxhr in den freien Verkehr, unntittelbar oder mit Begleit- PaPeten L E eh ¿
1572| 149 R
, Eingang auf Niederl gen 8A — “ 12951 r j
— 2 930
164 961 1
. Unmittelbare Durchfu Zusammen
12) Bau- und Nußholz, gesägt oder auf anderem Wege vorgearbeitet oder zerkleinert; Faßdauben und ähnlihe Schnittwaaren; alle diese Gegenstände aus europäishem har- ten Holze. a, Einfuhr in den freien Verkehr, unmittelbar oder mit Begleit- I S 167 482| 3 490 350
D E a, 308 a. 649 a.
b, Eingang auf Niederlagen . 31| 771705 c, Unomittelbare Durhfuhr. — 1568 199
Zusammen 167 513| 5 830 254 a, 3081a, 649!a.
weichen Holze.
unmittelbar oder mit Begleit- DAD R de 255 998| 5 522 711 5 500 A LOIO R. 3402 —
. Eingang auf Niederlagen . . — 10 —
. Unmittelbare Durchfuhr. . . 22887607 — Zusammen 255 998) 7 811 488 5 500
a 100A 3402 -—
Bemerkung. Die Zahlen der obenstehenden Tabelle beruhen auf
den nah Maßgabe des Geseßes vom 20. Juli 1879 und der dazu ergangenen Ausführungs - Vorschriften vorgenommenen amtlichen Ermittelungen über den Waarenverkehr des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande.
Danach ist als Land der Herkunft das Land, aus dessen Gebiet die Versendung erfolgt ist, anzugeben. Die Länder, dur welche die Waaren auf dem Transport nur durchgeführt oder in welchen die Waaren auf dem Transport ledigli um- geladen oder umspedirt werden, bleiben bei der Angabe der Herkunft außer Betracht. Bei Handelswaaren ist deshalb in der Regel als Land der Herkunft das Land anzusehen, aus dessen E die versendete Waare herstammt (die Pro» venienz).
Hieraus ergiebt sich, daß die obenstehend nachgewiesenen Einfuhren aus Rußland, Oesterreich-Ungarn und den Ver- einigten Staaten von Amerika diejenigen aus diesen Ländern gekommenen Mengen der betreffenden Waaren, welche zuvor dur den Eigenhandel eines anderen Gebiets hindurhgegangen. sind, niht mit umfassen. Dies trifft in ganz hervorragenden Maße beim Import aus den Vereinigten Staaten von Amerika zu, welcher zum großen Theile durch den Eigenhandel Bremens, Hamburgs, der Niederlande, Englands u. f. w. vermittelt wird.
— Der in manchen Gegenden sehr ungünstige Ausfall der vorjährigen Ernte wird voraussichtlich vielfah das Be- dürsniß hervortreten lassen, den Waldanwohnern durch Zu- lassung zur Waldweidenußzung für die Erhaltung ihres Viehstandes in diesem Jahre in O Umfange behülflih zu werden. Dex Minister für Landwirthschaft 2c. hat in einer Cirkularverfügung vom 14. v. M. den Wunsch aus- gesprochen, daß die Königliche Forstverwaltung dieses Bedürf- niß nah Möglichkeit berüksihtige und desfallsige Gesuche, \0o- weit es ohne überwiegenden Schaden geschehen kann und die Servitutverhältnisse es gestatten, erfülle. Die Regierungen sind angewiesen worden, zu diesem Behufe alsbald die den lokalen Bedürfnissen entsprechenden Anordnungen in der Weise zu treffen, daß die Benugung der Waldweide schon zeitig im Frühjahre geschehen könne. Ausnahmsweise kann auch eine Einmiethe pco Monat nachgelassen werden, wobei das monatliche Weidegeld auf 1/; des für die ganze Weidezeit geltenden Saßes zu bestimmen ist. Demnächst wird auch dem Verkaufe von Gras aus den Königlichen Forsten die thun- lihse Ausdehnung zu geben sein.
— Mittelst Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 14. v. M. ist bestimmt worden, daß die 1. und 5. Escadron Westpreu- ßiscen Ulanen-Regiments Nr. 1 von Krotoschin bezw. Sulau nah Militsch verlegt werden sollen, sobald in leßterem Orte eine geeignete Unterkunft für dieselben sicher gestellt ist.
— Nach 8. 472, Absag 1 der Strafprozeß-Ordnung vom 1. Februar 1877 (R. G. Bl. S. 338) erfolgt die Erhebung der Anklage und die Eröffnung der Untersuhung gegen Abwesende, welhe sih der Wehrpflicht entzogen habea, auf Grund einer Erklärung der mit der Kontrole der Wehrpslichtigen beaustragten Behörde.
Da die Personen des Beurlaubtenstandes und die Ersaßt- Reservisten 1. Klasse nach den Bestimmungen der Kontrol- crdnung lediglih der militärishen Kontrole der Landwehr- Bezirks-Kommandos unterstellt sind, so haben jene Erklärun- gen, nah einem Erlaß des Kriegs-Ministeriums vom 23, v. M., in den im §. 472, Abs. 3 und 4 a. a. O. erwähnten Fällen des §. 140, Abs. 1, Nr. 2 und des §, 360, Nr. 3 des Strafgeseßbuchs die Landwehr - Bezirks - Kommandos auszu- stellen. Diese Erklärungen sind gleichzeitig mit den Anträgen auf Einleitung des bezüglichen Verfahrens der betreffenden Staatz3anwaltschaft vorzulegen.
— Die Strafbestimmung des 8. 288 des Strafgeseßbuchs gegen das Beilseite Gaifeh von Vermögensstüden bei einer vom Gläubiger drohenden Zwangsvollstreckung findet, nah einem Erkenntniß des Reichsgericht s, II. Strafsenats, vom 16. Dezember 1879, keine Anwendung, wenn der Gläu- biger- zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Forderung noch keine Schritte gethan und sih nur auf öfteres Mahnen des Schuldners zur Zahlung beschränkt hat.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich schwarz- burg-rudolstädtishe Staats-Minister von Bertrab ist hier
eingetroffen.
Bayern. München, 27. Februar. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat an den Kriegs-Minister von Maillinger nachstehendes Allerhöchste Handschreiben
erichtet : ;
/ Va lieber Kriegs-Minister von Maillinger! Zur Führung des Kriegs-Ministeriums berufen, lösen Sie in hervorragendster Weise eine für die Monarchie so überaus wichtige Aufgabe. Gerne sprehe Ih Ihnen hierfür Meinen Königlichen Dank aus. Mein vollstes Vertrauen begleitet Sie fortgeseßt in Ihren unablässigen erfolgreichen Bestrebungen um den guten Geist und die Kriegstüctig- keit Meiner Truppen. Sie sind Meiner Armee, mit der Ih Mich als oberster Kriegsherr jederzeit auf das Jnnigste verbunden fühle, das leuhtende Vorbild aller militärischen Tugenden. Zum Zeichen Meiner besonderen Anerkennung und Werthihäßung ernenne Ich Sie hiermit zum Inhaber desjenigen Regiments, dessen Commandeur Sie einst waren, des 9. Infanterie-Regiments „Fürst Wrede*. Empfangen Sie dabet die Versicherung der huldvollsten Gefinnungen,
i bin s i ri Ihr wohlgewogener König Ludwig.“ München, den 27. Februar 1880. — Jm Geseßz- und Verordnungsblatt Nr. 11 wird das vom 95, d. M. datirte Gesetz, die Abänderung einiger Bestimmungen in dem Gesey über die Einkommensteuer betreffend, publizirt. M s -— 29, Februar. (W. T. B.) Se. Majestät der König hat gestern Äbend den neu ernannten päpstlihen Nun-
A P E S A
tius Roncetti zur Entgegennahme der Akkreditive desselben in feierliher Audienz empfangen.
Württemberg. Stuttgart, 27. Februar. Der „Staats-Anzeiger f. W.“ enthält eine Mittheilung über das Befinden des erkrankten Ministers von Sick, wonach absolute Ruhe für denselben auf geraume Zeit erforderlich ist.
Sachsen - Coburg - Gorya. Coburg, 26. Februar. (Dr. F.) Mit dem gestrigen Regierungsblatt ist eine Mini- sterial-Verordnung publizirt worden, betreffend die Ausführung der Rechtsanwalts8ordnung vom 1. Juli 1878. Fn derfelben ist u. A. bestimmt, daß in Bezug auf die Rechtsanwaltschaft bei der zu dem gemeinschaftlichen Land- geriht zu Meiningen gehörigen Kammer für Handelssachen zu Coburg die Befugnisse der Landesjustizverwaltung von dem Königlih preußishen Justiz-Ministerium und den Herzoglih sächsishen Staats - Ministerien zu Gotha und Meiningen gemeinsam ausgeübt werden, und daß auf Grund der zwischen diesen Behörden bewirkten Verständigung die erforderlihen Verfügungen und Entscheidungen dur das Herzogliche Staats-Ministerium zu Gotha zugleih im Namen des Königlich preußischen Justiz-Ministeriums und des Herzog- lih sachsen-meiningishen Staats-Ministeriums unter Bezug- nahme auf deren Einverständniß erfolgen. Auch ist u. A. noh angeordnet, daß Anträge auf Zulassung zur Rechtsan- waltschaft bei einem Gericht bei dem Präsidium des Ober- landesgerihts zu Jena einzureichen sind.
Samburg, 28. Februar. (H. Corr.) Gestern haben die sogenannten Notabelnwahlen für die Bürgerschaft stattgefunden, d. h. die Wahlen, bei denen nur die jeßigen oder früheren Mitglieder Hamburgischer Gerichte und Verwaltungsbe- E zum Wählen befugt sind. Damit sind die Wahlen vorläufig
eendet. Da vei den allgemeinen Wahlen zwei Doppelwahlen vorgelommen sind, so sind bis jeßt 158 von den 160 Mit- gliedern der neuen Bürgerschaft definitio gewählt. Was die zukünftigen Parteiverhältnisse anbetrifft, so gehören von den Gewählten etwa 70 bis 72 der Rechten, 43 bis 50 dem Centrum und 28 der Linken an, während die Partei- stellung von etwa 10 neuen Bürgerschaftsmitgliedern noch un- gewiß ist. Zieht man die Verminderung der Gesammtzahl der Bürgerschaftsmitglieder von 196 auf 160 in Betracht, so ist die Linke auf etwas weniger als die Hälfte ihrer früheren
Zahl zusammengeshmolzen, während die beiden anderen Par-
teien sih etwa gleihmäßig in die dadurch frei gewordenen Site getheilt haben.
Elsaß-Lothringen. Straßburg, 28. Februar. (Elf. Lothr. Ztg.) Jn der gestrigen Sißung des Landesaus- schusses stand die zweite Lesung des Geseßes über Einseßung von Gewerbegerichten auf der Tagesordnung. Der Gesezent- wurf wurde nach der Vorlage der Regierung mit den von der Kommission beantragten nicht erheblihen Modifikationen und einigen redaktionellen Aenderungen angenommen. Mehrere Amendements des Mitglieds Dr. Abel blieben in der Minder- heit, so der zu §. 4 gemachte Vorschlag, wonach die Mitglieder des Gewerdbegerihts Diäten beziehen sollen. Eine längere Debatte rief Artikel 5 hervor. Derselbe lautet in der von der Kommission und \chließlich von der Versammlung angenommenen Fassung der Regierung: „Der Vorsißende und der Stellvertreter des Vorsißenden werden vom Kaiser für die Dauer von drei Jahren ernannt; eine wiederholte Ernennung ist niht ausgeschlossen.“ Jm Gegensatze hierzu beantragte Dr. Avel die Wahl des Vorsißenden und des Stellvertreters aus der Mitte der prud’hommes, Mitglied Winterer wollte dem Ernennungsrechte des Kaisers wenigsiens die Schranken ziehen, daß der Stellvertreter aus dem Kreise der Wählbaren genom- men werden müsse. Die Antragsteller beriefen sich besonders auf das geschichtliche Herkommen in Frankreich, welches erst durch die Geseßgebung des zweiten Kaiserreichs geändert wor- den sei. Der Berichterstatter sowie der Unter-Staatssekretär von Puttkamer betonten dagegen, daß es für Zeiten \ozia- ler Erregung von Vortheil sei, wenn die Vorsizenden des Gerichts nicht von einer der betheiligten Klassen, sondern dur unpartetishe Entscheidung des Staatsoberhauptes bestimmt würden. Gegen den Vorschlag von Winterer machten Köchlin und Gungzert noch geltend, daß derselbe die Wahl solcher Per- sonen ausscließe, welche früher Gewerbtreibende waren. Der Unier-Staatssekretär von Puttkamer erinnerte ferner daran, daß Bundesrath und Reichstag, bei Gelegenheit eines niht zum Geseye gewordenen Reichsgeseßentwurfs, darüber einig gewesen seien, daß der Präsident des Gewerbegerihtes weder Arbeit- geber noch Arbeitnehmer sein dürfe, Mit Rücksicht hierauf see man sich dur Annahme des Amendements Abel der Eventualität aus, den ganzen Entwurf vom Bundesrathe zurückgewiesen zu sehen. i
Oesterreih-Ungarn. Wien, 2W. Februar. Zhre K. Hoheit die Erzherzogin Maria Jmmaculata, Gemahlin Sr. K. Hoheit des Erzherzogs Karl Salvator, ist gestern Abends von einem Prinzen entbunden worden. Der neugeborene Prinz und die ge Wödchnerin befinden sih den Verhältnissen entsprehend wohl. Die Taufe des neugebornen Prinzen dürfte — definitive Anordnungen sind natürlih noch nit getroffen — am Sonntag in der Kapelle des Erzherzoglichen Palais durch den Kardinal-Fürsterzbischof Kutschker vor- genommen werden. Als Taufpathe wird — dem HWOTID zufolge — in Vertretung des Erzherzogs Rainer, der bekannt- E sih nicht in Wien befindet, der Erzherzog Leopold 1 i;
— Der Steueraus\chuß des Abgeordneten- auses beschloß mit 19 gegen 4 Stimmen, die egierungsvorlage, betreffend die Besteuerung der
Branntweinschänken, zur Grundlage der Spezial- debatte zu machen. Der Antrag des Abg. Krezeczuno- wicz auf Ausdehnung dieses Gesezes auf Bier-, Wein- und Kaffeeshänken wurde mit 18 gegen 6 Stimmen abgelehnt. — Im Budgetaus\{chuß erklärte der Finanz - inistee, vaß er die große Wichtigkeit der Reorganisation der Finanzbehörden erkenne. Betreffs der dalmati- nischen Zollämtern sei er einen Nachtragskredit einzubringen gesonnen. Bezüglih der Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen dem Staate und dem Grundentlastungsfond in Ga- lizien hoffe er hon dem nächsten galizishen Landtage einen Vergleichsantrag vorzulegen. Der Minister erklärt weiter, daß er sih mit der Sérabfekitua des Zinssußes der Salinen- En beschäftige, doh müsse er die Sache vorher eingehend prüfen.
Prag, 27. Februar. Der Kronprinz Erzherzog Ru- dolph ist heute Abends nah Wien abgereist. Die Dauer seiner Abwesenheit ist auf drei Wochen in Aussicht ge- nommen.
Großbritannien und Jrland. London, 28. Fe- bruar. (W. T. B.) Das Unterhaus hat heute den Antrag des Schaßkanzlers Northcote, betreffend die Abänderung der Geschäftsordnung behufs Verhinderung der Obstruk- tion, angenommen. Sämmtliche Amendements wurden abge- lehnt; die Regierung hatte sih gegen dieselben ausgesprochen.
Frankreich. Paris, 28. Februar. Das heutige „Jour- nal officiel“ veröffentliht das Gesetz, betreffend den oberen Unterrichtsrath vom 27. Februar.
— (Fr. C.) Die Kommission, welche zur Berathung des Antrags Laisant, betreffend die Dienstzeit im Heere niedergeseßt ist, 464 gestern eine längere Sißung im Beisein des Kriegs-Ministers. Namentlich handelte es si{ch um das Institut der Einjährigfreiwilligen. Der Kriegs-Minister will die Zahl der Freiwilligen auf 5000 beschränken, von denen die Hälste auf Grund ihres Baccalaureatsexamens die Berechti- gung hat, während die andere Hälfte jungen Jndustriellen, bal E x. aber nach zwei sehr s{charfen Examen vorbe-
alten ist.
Italien. Rom, 29, Februar. (W. T. B.) Se Majestät der König empfing heute die Deputationen des Parlaments, welche ihm die Adressen auf die Thron- rede überreichten.
__ Griechenland. Athen, 28. Februar. (W. T. B.) Die griechische Regierung hat in Folge der legten tür- kishen Roten in de: Grenzregulirungsfrage beschlossen, die Verhandlungen mit der Türkei abzubrehen. Jn einem Rundschreiben rehtfertigt die Regierung diesen Schritt und ruft in Gemäßheit der Beschlüsse des Berliner Kongresses die Vermittelung dex Mächte an.
Türkei. Konstantinopel, 29. Februar. (W. T. B.)
Comaroff wurde während eines Spazierrittes von zwei «Individuen aus unmittelbarster Nähe geschossen; nur das Pferd des Obersten Comaroff wurde verwundet. Die Ver- brecher sind entkommen.
— 29. Februar. Dem Angriff auf den russishen Bot- shafts-RNath Onou und den ihn begleitenden Offizier scheinen politishe Motive niht zu Grunde zu liegen.
Numänien. Bukarest, 28. Februar. (W. T. B.) n der Sißung der Deputirtenkammer theilte der Justiz- Minister Stolojiano mit, daß der Finanz-Minister Sturdza jeine Demission gegeben hat, welhe von dem Fürsten ange- nommen worden ist. Der Minister-Präsident Bratiano über- nimmt interimistish das Finanz-Ministerium. Als wahrschein- liche Nachfolger Sturdza's werden Campineano oder Costi- nescu bezeichnet. Sturdza und Calenderu sollen sich nach Berlin begeben, um dort die rumänische Regierung bei dem Nülclkkauf der rumänischen Eisenbahn zu vertreten.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 28. Februar. (St. Pet. Ztg.) Der im Auszuge telegraphisch mitgetheilte Kaiserlihe Befehl an den dirigenden Senat, vom 26. d. M., hat folgenden Wortlaut:
In dem festen Entschluß, den in der leßten Zeit sh ununter- brochen wiederholenden Versucen freher Mifsethäter, die staatliche und gesellshaftlihe Ordnung in Rußland zu erschüttern, eine Grenze zu seßen, haben Wir für gut befunden :
__1) in St. Petersburg eine Oberste Anordnende Kommis- sion, zur Wahrung der staatlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit zu konstituiren.
2) Die Oberste Anordnende Kommission. besteht aus dem obersten Chef derselben und den zu seiner Unterstüßung nach seinem unmittel- baren Ermessen ernannten Mitgliedern der Kommission.
3) Zum oberster Chef der Obersten Anordnenden Kornmission ernenuen Wir den zeitweiligen General-Gouverneur von Charkow, Unseren General-Adiutanten, Mitglied des Reichsrathes, General der Kavallerie Grafen Loris-Melikoff, mit Belassung desselben in dex Stellung eines Mitgliedes des Reichsrathes und in der Würde eines General-Adjutanten.
4) Die Mitglieder der Kommissicn sind auf Unseren, von dem obersten Chef der Kommission zu erbittenden Befehl zu ernennen ; es steht dem Chef der Kommission außerdem das Recht zu, in die Kommission alle diejenigen Personen zu berufen, deren Anwesenheit derselbe für zweckdienlid) erachtet.
5) Im Interesse der Erzielung der Einheit aller Autoritäten in Bezug auf die Wahrung der staatlihen Ordnung und öffentlichen Ruhe find dem obersten Chef dec Oberstea Anordnenden Kommission in allen hierauf bezüglihea Angelegenheiten einzuräumen :
a, die Necte eines obersten Befehléhabers in St. Petersburg und sein:r Umgegend, indem der St. Petersburger Stadthauptmann ibm unmittelbar untergeordnet wird;
b, die unmittelbare Leitung und Direktive der Untersuchungs- angelegenheiten in Bezug auf Staatsverbrehen in St. Petersburg und dem St. Petersburger Militärbezirkz
c, die oberste Direktive der in dem vorhergehenden Punkte erwähnten Angelegenheiten in allen übrigen Oertlichkeiten des Reiches.
6) Allen Forderungen des obersten Chefs der Obersten Anord- nenden Kommission in Angelegenheiten der Wahrung der staatlichen Ordnung und ffentlichen Ruhe ist sowohl von Seiten der Lokal- autoritäten, General-Gouverneure, Gouverneure und Stadthaupt- männer, als avch von Seiten aller Ressorts, das Militärrefsort nicht aus8zenommen, sofort Folge zu geben.
7) Alle Ressorts sind verpflichtet, dem obersten Chef der O Anordnenden Kommission jegliche Unterstüßung angedeihen zu lassen.
8) Dem obersten Chef der Obersten Anordnenden Kommission ist anheimgestellt, sofern er es für nothwendig erachtet, unmittelbar Unsere Befehle und Anordnungen zu erbitten.
9) Unabhängig hierv:n ist dem obersten Chef der Obersten Anordnenden Kommission anheimzustellen, alle Anordnungen zu treffen und überhaupt alle Maßregeln zu ergreifen, welche er für die
in St, Petersburg, als auch in anderen Oeitlichkeiten des Reiches für nothwendig erachtet; seinem Ermessen bleibt es dabei überlassen das Strafmaß sür Uebertretung oder Nichterfüllung dieser Vor- {riften und Maßregeln, sowie auch den Modus der Auferlegung diejer Strafen zu bestimmen.
10) Die Anordnungen des obersten Chefs der Obersten Anord- nenden Kommission und die von ihm ergriffenen Maßregeln sind von Allem und Jedem unbedingt zu erfüllen und zu befolgen und Ne nur von ihm selbst oder durch Allechöhsten Befehl redressirt
erden.
11) Nawbdem kraft dieses Unseres Allerhöchsten Befehles die Oberste Anordnende Kommission für Wahrung der staatlichen Ord- nung und öffentlihen Rube konstituirt worden ift, ist der durch den Befehl vom 5. April 1879 creirte Posten eines zeitweiligen St. Petersburger General-Gouverneurs aufzuheben.
Ler Dirigirende Senat wird nit unterlassen, zur Ausführung
dieses das Erforderliche zu veranlassen.
Auf den russishen Botschafts-Rath Onou und den Oberst '
Wahrung der staatlichen Ordnung und der öffentlichen Ruhe sowohl
Das Original ist von Sr, Kaiserlihen Majestät Höchst- eigenhändig unterzeichnet : „Alexander.“ St. Petersburg, am 12. Februar 1880,
— Der Aufruf, den Graf Loris-Meliko ff an die Sea von St. Petersburg gerichtet hat, lautet in der Veberseßung der „St. Pet. Ztg.“ wie folgt:
Eine Reihe unerhört frevelhafter Versu.hbe zur Erschütterung der öffentlihen Ordnung des Reichs und zu Attentaten auf die gehei- [igte Person Sr. Majestät des Kaisers, zu einer Zeit, da alle Stände sih anschicken, die fünfundzwanzigjährige nah Jnnen \egens- reihe, nach Außen ruhmvolle Regierung des hochherzigsten der Monarwen festlich zu begehen, hat nitht nur den Unwillen des russi- int Volkes, sondern auch den Abscheu von ganz Europa wah- gerufen.
Die Regierung hat sich {on wiederholt mit dem Appell an die Gefellshaft gewandt, ihre Kräfte in dem Kampf gegen die ver- brecherishen, die Grundprinzipien der bürgerlichen Ordnung zer- störenden Tendenzen zu vereinigen, ohne welcbe die Entwickelun eines jeden wohlgeordneten Staates undenkbar ist. Jett sieht sie si gezwungen, zu energisheren Maßregeln zu greifen, um das Uebel zu Aen, das sür die öôffentliÞ?z Nuhe gefährlihe Dimensionen annimmt.
Nach dem erhabenen Willen des Kaisers is mir die {were Aufgabe zugefallen, an der Spiye der durch die gegenwärtige Sach- lage hervorgerufenen unumgänglihen Maßnahmen zu stehen.
Auf den Höchsten vertrauend, an die Unerschütterlichkeit der Staatoordnung Rußlands, welche {on mehrfaÞh noch \ch{chwerere Epochen dur{lebt hat, fest glaubend, durch langen Dienst für Kaiser und Vaterland von dem gesunden Sinne und der moralischen Stärke des russischen Volkes überzengt, nehme ich in Ehrfurcht dieses neue B des Monarchischen Vertrauens zu meinen {wachen Kräften entgegen.
Ich erkenne die ganze Shwierigkeit der mir bevorstehenden Thätigkeit und verhehle mir nicht die auf mir lastende Verantwort- lihkeit. Ohne über:riebenen und übereilten Erwartungen Raum zu geben, fann ich nur das Eine versprehen, — daß ih mein ganzes Streben und meine ganze Erfahrung anwenden werde, um einerseits nicht die geringste Nachsicht eintreten zu lassen und vor keinen noch so strengen Maßregeln zur Bestrafung der verbrecherischen Handlun- gen zurücks{chrecken, welhe unsere Gesellschaft beshimpfen, anderer- seits — um die geseßlihen Interessen des wohlgesinnuten Theiles der Gesellschaft zu beruhigen und zu {üten.
Ich bin überzeugt, daß ih die Unterstüßung aller rechtschafenen Leute finden werde, welche dem Kaiser ergeben sind und ihre jeßt so unverdienten Prüfungen unterworfene Heimath aufrichtig lieben, Auf die Unterstüßung der Gesellschaft blicke ih als auf vie Haupt- kraft, welche der Autorität bei der Erneuerung des regelmäßigen Ganges des staatlichen Lebens Hülfe leisten kann, dur dessen Unter- brechwung die Interessen der Gesellschaft selbst am meisten leiden.
In diesem Vertrauen wende ih mich zunächst an die Einwohner der Residenz, die nächsten Zeugen der beispiellosen O mit der dringenden Bitte, ruhig und mit Würde der Zukunft entgegen- zusehen und sih nicht dur böswillige oder leichtsinnige Einflüsterungen, Reden und Gerüchte irre führen zu lassen.
In dem verständigen und festen Verhalten der Bevölkerung zu der gegenwärtigen drückenden Lage erblicke ih eine sichere Bürgschaft des Erfolges in der Erreichung des Allen gleich theueren Zieles -— der Wiederherstellung der ershütterten Ordnung und der Wiederkehr des Vaterlandes auf den Weg des dur die wohlwollenden Fnten- tionen seines erhabenen Führers angezeigten weiteren friedlichen
Wohlgedeihens. : General-Adjutant Graf Loris-Me likof f.
St, Petersburg, den 14. Februar 1880.
— 29. Februar. (W. T. B.) Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch und Se. Königliche Hoheit ver Herzog von Edinburgh sind gestern Abend 6 Uhr hier eingetroffen. :
— 1. März. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ meldet, daß der Reichskanzler Fürst Gortschakoff dem General Grafen Loris-Melikoff angezeigt hat, daß auch er, wenn seine Mitwirkung erwünscht schiene, ihm seine Thätigkeit im Schoße der Kommission zur Verfügung stelle.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlihung:n des Kaiserlichen Gejauand- heitsamts sind in der 8. Jahreswoche von je 1000 Wes wohneru, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,8, in Breslau 29,6, in Königsberg 33,3, in Cöln 28,3, in Frankfurt a. M. 26,8, in Hannover 22,3, in Cassel 28 5, in Magdeburg 22,9, in Stettin 22,4, in Altona 32,0, in Straßs burg 38,2, in München 35,1, in Nürnberg 21,9, in Augsburg 423, in Dresden 26,0, in Leipzig 21,4, in Stuttgart 29,4, in raunscabaid 32,3, in Karlsruhe 29,1, in Hamburg 30,5, in Wien 31,4, in Buda- pest 35,8, in Prag 41,7, in Triest 39,3, in Basel 36,7, in Brüssel 26,6, in Paris 36,0, in Amsterdam 38,1, in Kopenhagen 36,5, in Siotholm 22,6, in Christiania 17,9, in St. Petersburg 50,2, in Warschau 20,8, in Odessa 34,2, in Bukarest 54,1, in Rom 54,4, in Turin 43,2, in Athen —, in Lissabon ?, in London 28,7, in Gla8gow 25,7, in Liverpool 24,3, in Dublin 37,8, in Edinburgh 22,2, in Alexandria (Egypten) 36,8. Ferner aus früheren Wochen: in New- Vork 26,3, in Philadelvhia 15,8, in St. Louis 9,6, in Chicago 16,6, in St. Franzisko 16 2, in Calcutta 27,3, in Bombay 35,6, in Madras 46,0. Í
Bis um die Mitte der Berichtswoche waren an den meisten deutschen Beobachtungsstationen östlihe und südöstlihe Windrich- tungen vorwiegend, nur an den Osftstationen wehten beim Beginn her Wocbe nördliche, in Cöln südliche Luftströmungen. Jn den leßten Tagen der Woche ging der Wind ziemlich allgemein nah Süd und Südwest. Die Temperatur der Luft nahm rasch zu und überstieg am Swluß der Woche sogar das Monatsmittel, nur in den erten Tagen der Woche herrsbte in Koniy und Breslau noch strenge Kälte. Niederschläge, meist aus Regen bestehend, erfolgten häufig. Der Druck der Luft sank in den ersten Tagen der Woche, vom 19. an zeigte er aber wieder Tendenz zum Steigen. :
Die Sterblihkeitsverhältnisse gestalteten si in der Berichts- woche in den meiften mitteleuropäishen Städten nur wenig günsti-
er, während in den nord- und westeuropäischen Städten mei]! eine Abnahme der Sterblichkeit ersihtlih ist. Die allgemeine Sterhs lichkeitsverhältaißzahl für die deutshen Städte ist nux" wenig von der der Vorwoche verschieden 27,4 (gegen 27,5), auf 1000 Bewoh» ner und aufs Jahr berechnet. Der Antheil des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit roar gleichfalls wenig geändert. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 83 Kinder unter 1 Jchr, wie in der vorhergegangenen Woche (in Berlin 74 geaen 87). Dagegen stieg die Sterblichkeit in den höheren Altersklassen (über 60),
Unter den Todesursachen gewannen von den Infektionskrank- heiten Masern, Diphtherie und Keuchhusten mehr an Ausdehnung, ScarlaWchfieber und ÜUnterleibstyphen wurden etwas seltener. Masern herrshen recht bösartig in Amsterdam, auch in Breslau und Berlin stieg die Zahl der Todesfälle. — Scharlachfieber wurden in Hamburg, Altona häufiger, in London seltener Todesveranla}sung. Diphtherie herrs{cht în vielen, besonders deutschen Städten, jo in Berlin, Dres- den, Königsberg, Danzig, Leipzig, Paris u. a.; München, Stutt- art, Hamburg, Wien hat die Epidemie bedeutend abgenommen. —
er Unterleibstyphus grassirt in Paris und St. Petersburg. In Paris ist jedo die Zahl der Todesfälle (73) kleiner als in der vorhergegangenen Woche. In St. Petersburg stieg die Zahl derselben auf 47, Au Rückfallsfieber forderten in St. Petersburg viele Opfer,
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