1880 / 61 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Mar 1880 18:00:01 GMT) scan diff

mal unterbreitet, betreffen zumeist die Erledigung der laufenden Geschäfte, insbesondere die Prüfung der Rechnungen und. die Fest stellung der Haushaltsetais. Außerdem werden Sie über den Bau eines Landeshauses, über eine Aenderung in der Organisation der Bauverwaltung und über die Errichtung einer zweiten Pro- vinzial-Irrenanstalt, welche sich als nothwendig herausgestellt hat, Besbluß zu fassen haben. Durch das Geseß vom 13. Mai v. I., betreffend die Errichtung von Landeskulturrentenbanken, find neue Einrichtungen ermöglit worden, welche dem im Falle von Boden- verbesserungen hervortretenden Kreditbedürfnisse der Grundbesißer Ab- Hülfe gewähren sollen. Es wird die Frage an Sie ergehen, ob Sie die Errichtung einer Westpreußishen Landcskulturrentenbank: für an- gezeigt erachten. 5 :

Von Seiten der Königlichen Staatsregierung wird im Anschlusse an einen Beschluß des Abgeordnetenhauses ein Gutachten darüber von Ihnen erfordert, ob ein Bedürfniß nach anderweiter Regelung der Erbfolge in der Bauerhöfen hervorgetreten ist und wie diesem Bedürfnisse Rechnung getragen werden kann. Endlih wird Ihnen eine Vorlage über die Erhebung des Marktfleckens Tiegenhof zu ciner Stadt zugehen. 5 N :

Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich hiermit den dritten west- preußishen Provinzial-Landtag für eröffnet.

Sachsen. Dresden, 10. März. (Dr. J.) Der Land- tag ist heute Mittag von Sr. Majestät dem König mit folgen- der Thronrede geschlossen worden :

„Meine Herren Stände! |

Es gereiht Mir zu besonderer Genugthuung, Sie vor Scchluß des Landtags nowmals um Mich zu versammeln. :

Vor Allem drängt es Mi, Ihnen Meine Anerkennung dafür auszusprechen, daß Sie Meine Regierung in dem Bestreben unter- stübßt haben, in \ch{chwieriger Zeit die Rücksichten der Sparsamkeit mit den durch die Interessen des Landes gebotenen Ansprüchen zu vereinbaren. :

Zu Meinem Bedaucrn hat sih eine Erhöhung der Erbschafts- steuer und der Gerichtsgebühren zur Deckung des finanziellen Bedarfs nicht umgehen lassen. Mit dankenswerther Fürsorge haben Sie in Anerkennung der Nothwendigkeit zugestimmt. Jh gebe Mich der

offnung hin, daß es nunmehr gelingen werde, das Gleichgewicht im taatshaushalte dauernd herzustellen. A

Durch die Bewilligung der Mittel zur Erbauung einiger Se- fFundärbahnen haben Sie den Weg eröffnet, einer großen Anzahl von Gegenden des Landes die Wohlthaten einer langersehnten Verkehrs- erleihterung mit verhältnißmäßig geringen Opfern zuzuführen, und damit Ihre Fürsorge für die Hebung des allgemeinen Wohlstandes des Landes von Neuem bethätigt. i

Das mit Jhnen vereinbarte Geseß in Betreff der gewerblichen Schulen wird, ohne die freie Entwitkelung dieser Anstalten zu beeinträchtigen, die Füglichkeit gewähren, Uebelständen entgegen- zutreten, welde im öffentlichen Interesse nicht geduldet werden könuen.

Dem Geseße wegen Besteuerung der Wanderlager für die Ge- meinden habe Ich in der von Ihnen beshlossen-n Fassung Meine Zustimmung ertheilt. Jh hoffe, daß damit den Beschwerden der seßhasten Gewerbtreibenden über die in der bisherigen Eo begründete unbillige Bevorzugung jenes Gewerbebetriebs Abhülfe verschafft wird. : E i

Jn einem verbreiteten Zweige der Hausindustrie ist leider der Verdienst no ein so geringer, daß in mehreren Orten für den noth- leidenden Theil der Bevölkerung die öffentliche Unterstüßung in um- fänglidem Maße hat in Ansprnch genommen werden müssen. Ih danke Ihnen, daß Sie Meine Regierung in die Lage geseßt haben, falls bei Iängerer Dauer dieses Zustandes die Leistungsfähigkeit der Gemcinden und Bezirke den an fie zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügen sollte, die erforderlihen Unterstüßungen durch Bei- 006) aus der Staatskasse zu gewähren. Andererseits haben sih zu

einer großen Befriedigung in den lezten Monaten die Anzeichen ver- meh1t, daß das geschäftliche Leben sih wieder hebt und auf manchen géwerblihen Gebieten die Erwerbsverhältnifse sich allmählih zu bessern beginnen. Die Ecfahrungen der leßten Jahre werden dazu beitragen, die Ueberzeugung zu befestigen, daß einem Gewerbe nur die Güte der Leistungen dauerndes Gedeihen sichern und allein der auf tühtiges Schaffen gegründete Erjolg, niht aber müheloser Ge- winn, das Ziel des Strebens sein kann.

Schon heute kann Ih nach den biéherigen Erfahrungen aus- sprechen, daß Unsere Gerichte in Betreff der Handhabung der im vergangenen Jahre ins Leben getretenen Prozeßordnungen die Erwar- tungen, welche Ich hegen durfte, erfüllen. /

So entlasse Ih Sie mit dem lebhaften Wunsche, daß auch die Arbeit dieses Landtags dazu beitragen möge, das wirthschaftlihe Ge- deihen wie die geistige Kultur Unseres geliebten Vaterlandes zu för- dern und es zur Erfülluag aller seiner Aufgaben, insbesondere auch O zu kräftigen, zu welchen es als Glied des Deutschen Reichs

erufen ist,“

Vaden. Karlsruhe, 9. März. Wie die „Karlsr. Z.“ vernimmt, wird Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin am 16. dieses Monats die Reise nah Berlin antreten, der Großherzog aber erst später nahfolgen, da voraussichtlih der Landtag seine Arbeiten noch vor dem 20. d. Mts. be- enden wird, in welchem ns es möglich ist, daß Se. König- liche Hoheit den Schlußakt in eigener Person vollzieht.

10. März. (W. T. B.) Jn der Zweiten Kammer beantragte heute der Abg. Kiefer ein Mißtrauensvotum gegen den Minister von Stoeßer. Leßterer vertheidigte fh unter Hinweis auf die Solidarität des Ministeriums und erklärte, er habe keinen Anlaß zu der Lösung der Harmonie zwischen der Regierung und der Kammer ge- geben, im Uebrigen werde er die Konsequenzen des An- trages für seine Person ziehen. Der Minister - Präsident Turban richtete die Bitte an das Haus, von dem Mißtrauens- votum abzustehen, da ein solches unbegründet und eine System- änderung nah dem Allerhöchsten Willen nicht beabsichtigt sei. Nach langer Debatte, in welher die Ultramontanen, Demo- fraten und Konservativen die Ablehnung des Antrages Kiefers befürworteten, wurde der Antrag mit 29 gegen 19 Stimmen angenommen. 6 Mitglieder enthielten sich der Abstimmung.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 10. März. (W. T. B.) Der Kaiser hat heute den päpstlihen Nuntius, sowie die Botschafter Englands, Deutschlands, Rußlands, Frankreichs und Ztaliens, welhe Glückwünsche anläßlich der Verlobung des Kronprinzen Rudolf darbrachten, in besonderer Audienz empfangen.

Aus Brüssel, 11. März, berichtet „W. T. B.“: Die Kaiserin von Oesterreich ist heute früh um 7 Uhr 50 Mi- nuten hiex eingetroffen und am Bahnhofe von dem König und der Königin, sowie sämmtlichen Mitgliedern der König- [ichen Familie empfangen worden.

Dem Abgeordnetenhause ist ein Geseßentwurf vor- gelegt worden, durch welchen der Regierung ein Kredit von 21/; Millionen Fl. sür 1880 eröffnet werden soll behufs Be- a des Baues des Arlbergbahn-Tunnels. Diese

umme soll aus den Kassenbeständen oder durch eine {hwe- bende Schuld beschafff werden und ist seiner Zeit aus dem Erlöse der definitiven Kreditoperation für den Bau der Arlbergbahn zu refundiren.

Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel: Der italienishe Gesandte, Graf Corti, hat heute der Pforte

mitgetheilt, daß Montenegro den angebotenen Gebiets- austaus Ó urückweise. Gleichzeitig hat Graf Corti einen neuen Vo rf chlag Montenegros übermittelt, dessen baldige Beantwortung verlangt wird, widrigenfalls Montenegro keinen weiteren Tauschvorshlag annehmen würde. Aus Bu- karest: Der deutsche Gesandte, Graf Wesdehlen, hat heute dem Fürsten in feierliher Audienz seine Kreditive über- reiht. Der französishe Gesandte, Ducroz, welcher gestern hier eintraf, ist heute Nachmittag von dem Minister des Aus- wärtigen, Boerescu, empfangen worden. Derselbe wird morgen seine Kreditive überreihen. Der belgishe Gesandte, Jocris, wird gegen den 15. d. M. hier erwartet.

Aus Ragusa, 10. März, berichtet „W. T. B.“: Gestern Vormittag brach in einem türkishen Hause in Ne- vesinje Feuer aus, welches in Folge des herrshenden Or- kans Dreïiviertel der Ortschast einäscherte. Das Stations- fommandogebäude, das Bezirksgebäude, die Post, das Tele- graphenamt und bas Krankenhaus, sowie die Wohnräume für zwei Compagnien der Besaßung mit den dazu gchörigen Stallungen sind niedergebrannt. Die Steueramtskasse und das Verpflegungsmagazin wurden gerettet. Menschenleben sind nicht zu beklagen, dagegen sind viele Personen obdachlos geworden.

Pest, 8. März. Die Ausglei{chsverhandlungen zwischen Ungarn und Kroatien, welhe zu Ende des vorigen Jahres abgebrochen worden, sind wieder aufgenommen worden. Gestern hat die kroatishe Regnicolar-Deputation eine Sizung gehalten und beschlossen, den Banus Grafen Pejaëeviè zu ersuchen, an den weiteren Verhandlungen der Deputation theilzunehmen. |

Gestern Mittags fand in den Lokalitäten des Landes- vertheidigungs- Ministeriums unter Vorsiß des Minister- Präsidenten von Tisza ein zweistündiger Ministerrath statt. Wie die „Pester Corresp.“ erfährt, befaßte sih derselbe nebst laufenden Angelegenheiten noch mit den auf die Revision des Wehrge seßes bezüglihen Vereinbarungen der beiderseitigen Landesvertheidigungs-Minister.

9. März. Nach der heute stattgefundenen Konferenz der liberalen Partei begaben sich, wie die „Pester Correspon- denz“ meldet, sämmtliche Minister in das Palais des Minister- Präsidenten, woselb ein Ministerrath stattfand, welcher bis in die späte Nachtstunde währte und zu welchem auch die Ministerial-Räthe Beretvas, Köffinger und Matlekovics bei- gezogen wurden. Gegenstand der Berathung bildete unter Anderm die Frage der serbischen Bahnanschlüsse und des mit Deutschland abzuschließenden Handels vertrages.

Grofbritannien und Jrland. London, 9. März. Das Manifest, welches Earl Beaconsfield am Vor- abend der Parlamentsauflösung an den Vizekönig von Frland gerichtet hat, lautet in der Ueberseßung der „Allg. Corr.“

wie folgt : 10. Lamaioa \treet, 8. März 1880,

Mylord Herzog! Die Maßregeln bezüglich des Zustandes Ir- lands, die Ihrer Majestät Regierung in Gemeinschaft mit Ew. Excellenz mit solcher Fürsorge in Betracht gezogen, wobei sie durch Jhren Rath und Ikre Autorität so trefflich unterstüßt wurde, stehen nunmehr auf dem Punkte, der Königlichen Bestätigung unterbreitet zu werden, und sehen sich die Minister endlih in der Lage, der Königin zu rathen, anz die Meinung des Volkes zu appelliren, Die Scliche der Agif i welche vorgaben, daß England, ftatt der hochsinnige und th&WtFhmende Freund zu sein, für die Gefahren und Leiden JIxlands theilnahmlos sci, sind durch die liberalen und umsihtigen Maßregeln zu Schanden gemacht worden, welche das Parlament fast einstimmig bestätigt hat.

Während der \ech8 Jahre der gegenwärtigen Regierung hat die Hebung Irlands und die Zufriedenheit unserer Mitbürger auf jener Insel vielfach die Aufmerksamkeit des Kabinets beschäftiat, und darf dasselbe mit Genugthuung darauf hinweisen, daß es während dieses Zeitraums eines der s{wierigsten Probleme in Bezug auf deren Re- gierung- und Volk gelöst, indem es ein allen Volksklassen und Glaubensbekeuntnissen offenes Volks-Erziehungssystem eingeführt hat.

Trotzdem beunruhigt eine Gefahr, welche in ihren s{ließlihen Resultaten kaum minder verhängniftwoll als Pestilenz und Hr ngers- noth ift und in diesem Augenblick die sorgfältigste Beabtung Ew. Excellenz beansprucht, das Lard, und ein Theil seiner Bevölkerung macht den Versuch, däs konstitutionelle Band zu trennen, welches es mit Großbritannien in einer Weise verbindet, die der Macht und Wohlfahrt Beider zu Gute gekommen ist.

Es steht zu hoffen, daß alle Männer von Einsicht und Einfluß jener zerstörenden Lehre Widerjtand leisten werden. Die Stärke dieser Nation besteht in der Einheit der Gesinnungen, von denen das Vereinigte Königreich und seine auëgedehnten Kolonien durchdrungen sind. Die erste Pflicht eines englishen Ministers sollte sein, jen: Cooperation zu befestigen, welhe ein Volk unmwiderstehlih mat, das wie unser cigenes in gleicher Liebe zur Freiheit und zum Geseß erzogen wor-

en ift.

Und troßdem giebt es Solche, welhè die Räthlichkeit des impe- rialen Charafters dieses Reiches bestreiten. Nachdem sie den miß- lungenen Versuch gemacht, unsere Kolonien durch eine Politik der Zerseßung zu \{wächen, werden sie nun vielleicht in der Zerstückelung des Reichs ein Mittel finden, das ihren Zw:ck nicht nur erreicht, fondern auch überstürzt.

Die unverzügliche Auflösung des Parlaments wird der Nation die Gelegenheit bieten, über ein Beginnen zu entscheiden, welches seine zukünftigen -Geschicke materiell beeinflussen und demselben feste Form verleihen wird.

Nur selten in diesem Jahrhundert hat es einen kritisheren Mo- ment gegeben. Die Macht Englands und der Frieden Europas werden mit von dem Urtheil des Landes abhäugen. Jhrer Majestät gegenwärtige Minister waren bislang im Stande, jenen Frieden zu erhalten, welcher der Wohlfahrt aller civilisirten Länder und ins- besondere den Interessen unseres eigeneu so nothwendig ift. Allein dieser unaussprechliche Segen läßt sih niht dur das passive Pcin- zip der Nichteinmischung erlangen. Der Frieden bervht auf der Gegenwart, um nicht zu sagen in dem Uebergewicht Englants im Rathe Europas. Sogar in diesem Augenblicke hemmt der mit den allgemeinen Wahlen scheinbar unzertrennlibe Zweifel ganz sicher seinen Einfluß, wenn er ihn auch richt verringert, und gehört zu den Hauptgründen, welche gegen eine Verschiebung des Appells an die nationale Stimme sprechen. Möge sie, welches auch immer ihre Folgen für Ihrer Majestät gegenwärtige Minister sein mögen, ein Parlament nah Westminster abordnen, welhes der Macht Englands nicht unwerth und entschlossen ist, sie aufrecht zu erhalten. Jch habe De Ge A Beacons field.

Jhre Majestät die Kaiserin von Desterreih kam gestern Morgen zwischen 7 und 8 Uhr an Bord des Dampfers „Shamrock“ in Holyhead an und seßte nah kurzem Aufenthalt mittelst Extrazuges die Reise nah London fort, woselbst Jhre Majestät um 21/2 Uhr Nachmittags wohlbehalten eintraf. Se. Königliche Hoheit dex Prinz von Wales empfing die Kaiserin auf der Station Euston Square und geleitete sié nah Claridge’'s Hotel, ihrem Absteigequartier. Bald nah der Ankunst im Hotel empfing Jhre Majestät die Besuhe Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin von Wales und des Herzogs von Teck. Nach einer kurzen Ausfahrt wurde das Diner cin- genommen, bei welchem der Herzog von Teck und der Graf

und die Gräfin Karolyi die Gäste Jhrer Majestät waren. Que Nachmittag . stattet die Kaiserin Jhrer Majestät der ónigin Victoria in Windsor einen Besuch ab. us Lahore wird den „Daily News“ vom 7. ds. S: alls die Arrangements für eíne friedliche Regelung er Zustände in Afghanistan scheitern, wird der Frühjahrs- Feldzug die Entsendung einer fliegenden Kolonne nah Charikfar in sich s{chließen. Ende März wird eine Streitmacht aus Kurrum über Zurmut nah Ghuzni vorrücken, die mit einer starken Kolonne aus Kandahar kooperiren foll, während General Roberts sich in südwestliher Richtung bewegt und die Straßen von Ghuzni nach Turkestan blokirt. Gegen- wärtig fehlt es den Logar- und Kurrum-Streitkrästen an Transportmitteln. : Aus der Kapstadt wird dem Reuterschen Bureau unterm

17; roruae (via Madeira) berichtet :

n einer jüngst in Heidelberg abgehaltenen Versamm- lung von Führern der Boer-Partei hielt Mr. Paul Krüger eine Rede sehr friedlicher Natur, in welcher ex empfahl, daß das Comité der Boers, wenn es am 8. März in Potchefstroom zu- sammentrete, um das in Bezugnahme auf die Verhaftung der Hrn. Bok und Pretorius einzushlagende Verfahren zu berathen, auch die Mittel zur Herstellung freundlicher Beziehungen mit der britischen Negicrung erörtern möge.

10. März. (W. T. B.) Heute hat eine Versamm- lung der Führer der liberalen Parteien bei dem Lord Hartington stattgefunden, um sih über die Annahme eines Programms zu einigen. Gladstone, Granville, Bright, Harcourt, Forster und Adam wohnten der Versammlung bei.

Die Kaiserin von Oesterreich ist heute Nachmittag um 4 Uhr von hier nach Brüssel abgereist, wo Fhre Majestät einen zweitägigen Aufenthalt zu nehmen beabsichtigt.

11. März. (W. T. B.) Der S chchaßtkanzler Nort h- cote hat an die Wähler des Wahlbezirks Nord-Devonshire ein Schreiben gerichtet, in welchem er erklärt, daß die aus- wärtige und die innere, sowie die Kolonialpolitik der Re- gierung stets von dem Gesichtspunkte aus geleitet worden seien, die Größe, die Jntegrität und die Konstitution des britishen Reiches aufrecht zu erhalten. Sodann weist der Schatzkanzler auf die Schwierigkeiten hin, mit welchen die Re- gierung in der auswärtigen Politik zu kämpfen hatte, und unterzieht die während der leßten sechs Jahre erlassenen Ge- seße über innere Angelegenheiten einer eingehenden Betrach- tung. Northcote rechtfertigt hierauf die Finanzpolitik der Regierung und spricht zum Schluß die Hoffnung aus, daß die Zeit der Unruhe für England nun ihrem Ende entgegengehen werde, und daß das nächste Parlament seine ganze Energie auf das Werk der Besserung der sozialen inneren Verhältnisse werde rihten können. :

Ein von der liberalen Partei in Form eines Schre i- bens des Marquis von Hartington an dessen Wähler erlassenes Manife st weist die von Earl Beaconsfield gegen die Liberalen erhobene Leschuldigung zurück, daß Leßtere die Kolonien dem britishen Reiche zu entfremden beabsichtigten. Das Manifest betont sodann, daß die Agitation der Homeruler schädlih und aussihtslos sei, spriht sich aber mißbilligend über die zu s{harse Sprache Lord Beaconsfields hierüber aus. Lord Beaconsfield behaupte, den Frieden in Europa aufrecht erhalten zu haben; er habe aber den orientalischen Krieg nit abgewendet. Die Regierung sprehe in ihren Rund- schreiben von der Suprèmatie Englands, habe diese Suprema- tie aber durch geheime Konvention zwecklos aufgegeben. Jn ihren besonderen Zielen habe die Politik der Regierung Niederlagen erlitten durch die Vergrößerung Rußlands und dur die Zerstörung der Unabhängigkeit und Jntegrität der Türkei. Die Politik der Regierung habe Schiffbruch gelitten, während die ungeheueren Verantwortlichkeiten, welche England eingegangen sei, geblieben seien. Das Manifest weist sodann auf die Nothwendigkeit von Reformen der Volksvertretung, des Systems der Lokalregierung u1d der Gesetze, betreffend den Grund und Boden hin und {ließt mit der Erklärung, daß die liberale Partei versprechen könne: sie werde sih, in- dem sie die Macht des englishen Reiches vollkommen unter- stüße, die Sicherheit des Vaterlandes befestige und seine Be- sibungen behaupte, in keine Politik der Umwälzung oder des Annektirens einlassen. :

Frankreih. Paris, 10. März. (W. T. B.) Wie von unterrichteter Seite verlautet, würde die durch das gestrige Senatsvotumgeschaffene parlamentarisheSituation nicht zu einer allgemeinen Ministerkrisis Anlaß geben, sondern, falls das gestrige Votum aufreht erhalten bleibt, nur die De- mission Ferry's wahrscheinlih machen. : :

Die Bureaus der drei Gruppen der Linken sind in einer heute Abend stattgehabten Vereinigung überein- gekommen, auf der Annahme des Art. 7 als unerläßliche ge- ringsten Forderung bestehen zu müssen und jedenfalls eine Interpellation an die Regierung zu richten.

Nach dem „Soir“ würde in diesen Tagen die Ernen- nung des Generals de Galiffet zum Gouverneur von Paris, des Generals Davoust zum Commandeur des 14. Armee- Corps und des Generals Gresley zum Commandeur des 5. Armee-Corps erfolgen. General Grévy würde das Kom- mando über die Artillerie von Paris erhalten und Lewal an der Spitze der höheren Kriegsschule verbleiben.

Italien. Rom, 10, März. (W. T. B.) Aus Ver- anlassung des Todestages Mazzini’s beabsichtigten heute einige Personen an der Büste Mazzini’'s auf dem Kapitol Kränze niederzulegen. Einer der Kränze trug die JFnschrift : „Die JZtaliener der Julishen Alpen.“ Der anwesende Polizei-Jnspektor ordnete die Entfernung dieser Jn- schrift sowie der rothen Bandschleifen an. Fn Folge hiervon entstand ein kurzes Handgemenge zwischen den Polizei- beamten und den Trägern der Kränze. Die Kränze wurden dabei zum Theil zerrissen, der Rest derselben aber an der Büste niedergelegt. Eine der betheiligten Personen, welche eine Rede zu Gunsten republikanisher Jnstitutionen gehalten hatte, wurde beim Fortgehen verhaftet. Bald danach traf eine Compagnie Militär auf dem Playe ein. Ein weiterer Zwischenfall fand indeß nicht statt. Um 3 Uhr Nachmit- tags begaben sich einige Personen nah dem Friedhofe, um das Grab Moriß Anadrisi’s, des Freundes Mazzini's, zu be- kränzen. Auch hier wurden Reden gehalten, indeß wurde die Nuhe nicht gestört. ; S

11. März. Das Journal „Ftalia militare“ ist in der Lage, die Nachricht des „Pester Lloyd“, von angebl.chen Verstärkungen der italien ischen Grenztruppen in Pieve di Cadore und Tolmezzo, für vollkommen unbegründet ju erklären. Es sei notorish und Jedermann könne fih leiht

avon überzeugen, daß die italienishen Alpenjäger an der Nordostgrenze noch immer die im Oktober bezogenen Winter-

quartiere Conegliano, Bassano, Verona, Desenzano und Chiari inne haben.

Genua, 11. März. (W. T. B.) Die Gedächtniß- feier anläßlih des Todestages Mazzini's ist gestern hier sehr ruhig vor sih gegangen.

Türkei. Konstantinopel, 10. März. (W. T. B.) Montenegro hat auf die Vorschläge der Pforte betreffs anderweiter Regulirung der montenegrinisch-türkischen Grenze geantwortet, daß die von der Pforte vorgeschlagene Grenzlinie in mehreren Stücken eine Abänderung erfahren müsse. Wenn diese Abänderungen von der Pforte nicht zuge- standen würden, fei die montenegrinishe Regierung nicht ge- willt, über das Projekt einec territorialen Kompensation für Gusinje und Plawa weit:r zu verhandeln.

Die Regierung hat zur Herstellung des Glei ch- gewichts des Budgets und um dem Staatsschaße die sämmtlichen Effektiveinnahmen zu sichern, mittelst Dekrets verfügt, daß Papiergeld und Metallgeld von s{chlechtem Ge- halte von den Staatskassen vom 13. d. ab nur zum reellen Werthe oder mit 50 Proz. tes Nominellwerthes und mit einem weiteren Abzuge von 5 Proz. von dem in Papiergeld al pari schuldigen Betrage angenommen werden. Das auf diese Weise eingegangene Papiergeld soll außer Cours geseßt und mit der vorstehenden Maßregel bis zur gänzlihen Einziehung des Papiergeldes vorgegangen werden. Jn einem weiteren Dekrete kündigt die Regierung an, daß sie behufs Unifikation des Geldes die nothwendigen Maßregeln ergreifen werde. Es wird bestimmt, daß die Operationen des Staatsshaßes in Gold bewerkstelligt werden sollen. Hierbei soll ein türkishes Pfund 100 Piaster, ein Silber-Medschidje 19 Piaster und Papiergeld die Hälfte des Nominalwerthes gelten.

T Az

Sc{weden und Norwegen. Stockholm, 9. März. (Post och Jur. Tid.) Se. Majestät der König hat die Jndienst- stellung folgender Schiffe zu den Sommerübungen be- fohlen: Korvetten: „Saga“, „Norrköping“, „Eugenie“ und „Lagerbjelke“, Monitors: „Tirfing“ und „Loke“, Panzer- fanonenboote: „Berseck“ und „Sölve“, Torpedoschiff : „Ran“, drei Dampfkanonenboote, ein Avisodampfer und zwei Segelbriggs.

Amerika. San Francisco, 7. März. (Alg. Corr.) Die Regierung der Vereinigten Staaten hat Truppen nach San Francisco beordert. Zur größeren Vorsicht sind einige Gatlingkanonen nah der Central-Polizeistation geschafft worden , und die Waffenarsenale werden bewacht.

10. März. (W. T. B.) Eine Anzahl der wohl- habendsten Mitglieder der hiesigen Kaufmannschaft ist zu einem Verein zum Schuße des Lebens und des Besißthums der Einwohner sowie zum Schuße des Handels und der öffentlihen Ordnung zusammengetreten und hat die Einwohner der Stadt aufgefordert, sih der gegen Vergewaltigungsversuche des Pöbels gerichteten Organisation anzuschließen. Kearney, der Führer der den Chinesen feind- lichen Arbeiterpartei, bezeichnet diesen Verein als ein Vigilanz- Comité, beharrt in der Agitation gegen die chinesishen Ar- beiter und bedroht die Gegner mit Gewaltmaßregeln.

Landtags: Angelegenheiten.

Am 7. März ist der Fürst Ernst von Solms-Braunkfels in Folge eines Sclaganfalls verschieden. Derselbe war am 12. März 1835 geboren und am 3. Februar 1873 seinem Großoheim, dem Fürsten Ferdinand zu Solmé-Braunfels im Besiß der ehemals reihsunmittelbaren Aemter Braunfels und Greifenstein gefolgt. Auf Grund dieses Besißes wurde der Fürsi durch Allerhöchsten Er- laß vom 12. November 1873 in das Herrenhaus berufen, in welches derselbe jedoch nit eing:treten ist.

E ___ Land-Zund Forstwirthschaft.

Oldenburg. (Wes.-Ztg.) Die Kultur der großen, fast un-

abschvaren Haidfläche, welche von den Gemeinden Oldenbrok, Strüd hausen, Schwei und Jade eingeschlossen wird, stcht bevor. Die Regierung hat 3/5 der ganzen Haide an Landwirthe der angrenzenden Gemeinden, jedem im Verhältniß zu der Größe seiner Ländereien, kosten- frei anweisen lassen, und die Kultur der im Mittelpunkte der Haidfläche Übrig bleibenden 2/5 übernimmt der Staat zur Anlage cines Forstes. Die Vermefssungen sind beendet, und wird der Staat zunächst den für sich reservirten Theil ciner Brandkultur mit Buchweizenbau, womit in diesem Jahre begonnen wird, unterwerfen und nach einer Anzahl Jahre mit Föhren bcpflanzen lassen. Die Landwirthe sind gehalten, alljährliÞ einen Theil der ihnen zugewiesenen Haidfläche zu kultiviren. Fuß: resp. Fahrweze sind mitten durch die ganze Haide von Ost nah West (von der Strückhauser Grenze nah Jade) und von Süd nach Nord (von Oldenbrok nach Rönnelmocr und Schwei) angelegt worden. Der Forst wird die öde Gegend wesent- lih verschönern. __ Für die in Varel vom Staate begründete höbere landwirth - schaftliche Lehranstalt wird in äußerst liberaler Weise gesorgt. Augenblicklich wird ein 2,25 ha großer Uebungsgarten für Obst-, Gemüse- 2c. Bau angelegt, der eine Zierde nicht nur der Anstalt, sondern der Stadt zu werden verspricht, da für die mustergültige Her- stellung keine Opfer gescheut werden. Die bereits in Angriff genom- mene Rajolung und Drainirung sowie die Anlage einer vollständt- gen künstlihen Bewässerung wird die Sache ihrem Zwecke entgegen- führen, aiht nur für die Schule, so..dern für das ganze Land eine Musteranlage zu sein. Insbesondere dürfte der Obstbau bei uns dadurch einem erfreulichen Aufshwunge entgegengeführt werden.

Gewerbe und Handel.

__ Der Reichskommissar erläßt folgende Bekanntmachung: Nachdem die Ueberführung der deutschen Ausstellungsgüter nach Melbourne mittelst Dampfschiffs beschlossen ist, werden die Theil- nehmer an der bezeihneten Ausstellung unter Vorbehalt nähcrer Weisungen vorläufig benachrichtigt, daß die nach dort bestimmten Fracht- stüde Ende Mai in dèm seiner Zeit zu bezeihnenden Hafen zur Ver- ladung werden bereit stehen müssen,

Wie aus Rio de Janeiro unterm 31. Januar d. J, mit- grtelts wird, ist das gelbe Fieber in dortiger Stadt wieder târker aufgetreten und hat, wenn es auch anfänglih mehr fporadisch vorkam, doch in der leßten Hälfte des Monats Januar einen epidemischen Charakter kaum verleugnet.

Das vom 23. Januar datirte leßte Bulletin der Seitens der Konsuln bestellten ärztlichen Kommission zur Feststelung des Ge- sundheitszustardes im dortigen Hafen besagt zwar noch, daß 3 bis 8 sporadische Todesfälle am gelben Fieker täglich vorkämen, indeß hatten ch in den O Tagen des Monats Januar die Erkrankungen be- deutend vermehrt.

Da si auc auf den im Hafen von Rio de Janeiro vor Anker [liegenden Schiffen fremder Nationen vereinzelte Fälle von Fieber- erkrankungen gezeigt haben, so find die bereits früher *) erwähnten Bestimmungen des Reglements vom 9, Oktober 1879 nunmehr zur Ausführung gebracht worden.

-_*) Conf, „Reichs-Anzeiger“ vom 23. Oktober 1878 9, November 1879. t und vom

Nach dem Geschäftsabs{luß der Preußischen See'Asse- kuranz-Compagnie pro 1879 betrugen die Einnahmen aus der Seeversiherung: Prämienreserve aus 1878 für 522733 4 Kapital 30 233 Æ (im vorigen Jahre für 566 146 M. 29282 M), Prämien- einnahme in 1879 für 18633000 Æ 127472 Æ (1878 für 17 686 025 M 138 747 M6), inufammen für 19 155 733 A 157705 (1878 für 18252 171 M 168029 6); aus der Stromversicherung : Prämieneinnahme für 6 215 510 M 13080 A (1878 für 3861714 M. 10 672 M), Sinsen auf Effekten, Lombard und Diskonto 20348 M (21847 M), von dem Coursgewinn dieses Contos entnommen 13202 Æ, zusammen 204334 Æ (200548 #). Ausgaben, Seeversicherung: Reassekuranz - Prämie, Ristorni und Rüd- gaben 36120 ÆA (353607 #), bezahlte und tarirte Schäden ab Reserve aus 1878 92749 M (52577 A), Prämien- reserve pro 1880 für 341 858 6 25302 M (1878 für 5227133 M. 30 233 4). Stromversicherung: Reassekuranzprämie, Ristorni, Rük- gaben, Rabatt und Provisionen 4464 4 (3420 4), bezahlte und taxirte Schäden ab Reserve aus 1878 7821 A (3751 4), Unkosten 25 551 M. (25 819 A6), zusammen Ausgaben 187 534 4. (147 748 A6), bleiben 16 800 X (52800 A). Davon Tantièmen an die 5 Ausf- sihtösräthe 300 M und an den Direktor 300 4, bleibt Reingewinn 16 200 (1878 48 600 6), welche auf 1800 Aktien à 9 M pro Aktie oder 6 9/9 vom Einschuß (1878 189/06) vertheilt wird, da der Reservefonds mit 150 000 M siatutenmäßig voll ift.

Bei der Deutschen Unionbank in Mannkbeim betrug der Gesammtumsaß im Jahre 1879: 322,7 Millionen Mark. Ver- dient wurden an Wechseln 39 351 M (1878 46276 M1), Effekten 114 250 (1878 70971 4), Kontoforrentzinfen 57 402 M (1878 84677 M), Provisionen 57764 M (1878 42709 4). Vom Gesammtgewinn mit 275 851 M. (1878 251 198 4) bleiben nah Ab- zug der Spesen mit 68249 #4 als Reinertrag 207 602 ## (1878 184 051 6). Dem Delkrederekonto wcrden davon überwiesen 50 000 M. (1878 49 000 6). Disponibel bleiben 157 602 M. (1878 144051 M6), wovon die Aktionäre 144 600 4 gleich 6 9% (im Vorjahre 132 000 gleich 5409%/, Dividende), die Meserve 7520 M, die Verwaltung 3769 s erhalten. Auf das 6 Millionen Mark betragende Altien- kapital find 2,4 Millionen Mark eingezahlt. Das Delkrederekonto erhöhte fich auf 140000 A Das Jastitut s{chulèete an Accepten 2,75 Millionen Mark (1878 1,5 Millionen Mark) und an fonstige Kreditoren 0,7 Millionen Mark. Demgeaenüber besaß es baar 2c. 0,18 Millionen Mark, in Wechseln 0,8 Millionen Mark, in Lom- bardauésständen 0,8 Millionen Mark und in Kontokorrent-Ausftänden 4,2 Millionen Mark.

Der Verwaltungsrath der „Providentia“, Frank- furter Versiherungs-Gesell schaft, hat die Dividende pro 1879 auf 25 M (= ca. 15%) pro Aktie festgeseßt.

Der Verwaltungsrath der Cölnishen Hagel-Ver- sicherungs8-Gesellscchaft hat die Dividende für das Jahr 1879 auf 14% oder 42 4 pro Aktie festgeseßt.

Die „New-Yorker Hdl. Ztg.“F schreibt in ihrem vom 27, Februar datirten Wochenbericht über den Waaren- und Produktenmarkt: Es zeigte sich in dieser Woche etwas mehr Erxportbezehr. Für volle Getreideladungen wurden im Laufe der Woche 23 Schiffe gehartert. Am Brodstoff-Markte ent- widckelte sich Anfangs der Woche ein recht animirtes Geschäft, doc ging ein Avanz, der für Weizen, Weizenmehl und Mais etablirt wurde, theilweise wieder verloren. In Baumwolle war das Loco- Geschäft sehr till und beschränkte sih auf Ankäufe für den nothwen- digsten Bedarf. Jn Terminen war es etwas belebter als in der vorigen Woche. Rio- Kaffees {ließen nab anfänglich animirtem Verkehr ermattend, in west- urd ostindishen Sorten herrschte dagegen mehr Leben. Von Provisionen war Schmalz in größeren Posten für die Kontinentalmärkte begehrt; Schweinefleish fand für Export nur wenig Beachtung; Rindfleish und Speck fill. Terpentinöl unter dem Einfluß höherer Notirungen aus England, fest. Harz ill und unverändert. Petroleum verharrte in ruhiger Haltung. In fremden Manufakturwaaren ist das Geschäft befriedigend gewesen. Der. Import von Webstoffen betrug während der heute beendigten Woche 2 325 900 Doll. gegen 1 855 698 Doll, in der Parallelwoche des Vorjahres.

Frankfurt a. M., 11. März. (W. T. B.) Der Aufsichts- rath der Deutschen Handelsgesellschaft beschloß nah BVor- lage der Bilanz pro 1879, die Generalversammlung zum 27. k. M. einzuberufen und derselbcn die Vertheilung einer Dividende von 9 9/6 vorzuschlagen.

München, 10. März. (W. T. B.) Das hiesige Landgericht hat die österreihische Donau-Dampfschiffahrtsgesell- #\ cha ft verurtheilt, die verloosten Obligationen in deutscher Reichs- währung auszuzahlen.

London, 9. März. (Allg. Corr.) Die Ausweise des britisben Handelsamtes für den Monat Februar lassen er- seben, daß die allgemeine Besserung der geschäftlihen Verhältnisse des Landes rasche und tüchtige Fortschritte macht. Die Ausfu hr erreihte im Februar einen deklarirten Gesammtwerth von 16 504 708 Pfd. Sterl. gegen 12 713 069 Pfd. Sterl. im Februar 1879 und 14 896 320 Pfd. Sterl. im Februar 1878, d. i, ein Zu- wachs von 30%, beziehungsweise 103%, In den ersten zwei Mo- naten des Jahres betrug der Gesammtwerth der Ausfuhr 33417566 Pfd. Sterl. gegen 26 909537 Pfd. Sterl, und 30 320 231 Pfd. Sterl. in dem entsprehenden Zeitraum vou 1879 und 1878. An der Zunahme in den Verschiffungen sind fast sämmiliche Stapelartikel, Eisen, Stahl, Kohlen und Baumwollstoffe, in hervor- ragender Weise betheiligt. Die Einfuhr erreihte im Februar einen Gesammtwerth von 33 246 028 Pfd. Sterl. gegen 28 661 080 Pfd. Sterl. im -Februar 1879 und 32 175 177 Pfd. Sterl. im Fe- bruar 1878, d. i. eine Zunahme von 169%, beziehung8weise 31 %%/o. Füc die ersten zrwoci Monate des Jahres stellt fih der Einfuhrwerth auf 65618935 Pfd. Sterl. gegen 55028 126 Pfd. Sterl. und 62 785 133 Pfd. Sterl. im entsprechenden Zeitraum der beiden vor- hergehenden Jahre. Die Weizeneinfuhr überstieg die vorjährige um 159/96 in der Quantität und 383 °/9 im Werthe.

Verkehrs-Anstalten. Washington, 10. März. - (W. T. B.) Vom Scchayamt

wurden hiute für 2 Mill, Doü. Dbligationen gekauft und zwar 69/0 von 1880 zu 103,99 à 104,00 und 5 9% von 1881 zu 103,40

à 103,44. New-York, 10. März. (W. T. B.) Der Dampfer

Egypt“ von der National-Dampfschiffs -Compagnie

(C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

VBerlín, 11. März 1880.

Die Luisen-Stiftung 1776—1876 bielt gestern, Mittwoch, im Sitzungssaale der „Nationale“ ihre 4. Jahresversammlung ab. Die Stiftung zählt allein in Berlin bereits 5267 und außerhalb 882 Mitglieder. Auh im abgelaufenen Jahre hat dieselbe einen guten Fortschritt zu bekunden: die Einnahmen beliefen sich auf 14 647 M, die Ausgaben auf 6650 4, so daß sich das Vermögen der Stiftung um 7997 4 auf 22954 Æ erhöht hat. Unterstüßt wurden im abgelaufenen Jahre 47 Kinder mit 2195 M, seit Bestehen der Stiftung 153 Kinder mit 7386 M

Stockholm, 9. März. (Post- och Inr. Tidn.) Jn einem an den Chef des Kultus- Departements gerichteten Schreiben hat der Ober-Bibliothekar der Königlichen Bibliothek unter der Mitthei- lung, daß der Vorsißende der Centraldirektion für die Herausgabe der Monumenta Germaniae, Geh. Rég.-Rath G. Waiß die An- frage gestellt, inwieweit eine in der Königlichen Bibliothek befind- liche Handschrift, enthaltend „Ottokars Steyrishe Reim-Chronik“ verliehen werden könnte, um bei der Herausgabe eines folgen- den Bandes der Mouumenta Germaniae benußt zu werden, um die Erlaubniß ersucht, die genannte Handschrift unter der Bedingung

verleihen zu dürfen, daß dieselbe in der Königlichen Biéliothek zu Berlin benußt und vor dem 1. Juli d. J. zurückgeliefert wird. Se. Majestät der König hat dies bereitwillig genehmigt.

Der General - Feldzeugmeister und Chef der Artillerie hat be- fohlen, daß der Kapitän bei der Göta-Artillerie, J. Bratt, in diesen Lagen sich auf dem Werke Bofors einfinden foll, um zu untersuchen, ob si ungeshmiedeter Martiné stahl zu Kanonenmaterial eignet.

Geschichte der Pariser Kommune vom Jahre 1871. Von F. von Meerheimb. Mit einem farbigen Plan von Paris. Berlin, 1880. Ernft Siegfried Mittler & Sohn, Königliche Hof- Buchhandlung. Die Geschichte der Kommune ist die der 70 tägigen Beherrshung der großen Stadt Paris durch das Proletariaï der Vorstädte, geleitet durch eine Zahl fanatisher Revolutionäre, dür Sozialisten und Abenteurer, denen sich eine größere Anzahl von Männern anschlossen, die im Kampf um das Dasein Schiffbruch ge- litt-n. Das glänzende, lebenslustige Paris erscheint in diesen Wochen wie ein brodelnder Hexenkessel voll Haß und Neid, voll Blutdurst und Habsucht, voll wüfter Sinnlichkeit, alle Schrecken, alle Gewaltthaten der Revolution von 1792—91 waren hier auf engerem Raume zusamraengedrängt. Es ift lehrreih, die Entwickelung der Begebenheiten zu verfolgen, die tiefer liegenden Ursachen, die Ver- anlassung, die Anfänge der Bewegung aufzuzeihnen; aus ihnen gehl die Entwickelung zum Terrorismus des Verbrechens naturgemäß her- vor. Der Kampf gegen die Armee von Versailles, der Sieg der Ordnung und die Wiederherstellung der Herrschaft des Gesetzes bil- den die Katastropbe des blutigen und abstoßenden Trauerspiels. Der Verfasser hat seine Aufgabe, in dem vorliegenden Essai eine kurz gefaßte Geschidbte der Pariser Kommune zu liefern, mit gutem Erfolg gelö. Mit Benutzung der besten Quellen hat er Alles das zusammenge- tragen und verwerthet, was zu einem anschaulichen Gesammtbilde dieser denkwürdigen Bewegung beitragen konnte und damit die deutsche historische Literatur über jene Zeit bereihert. Jn dem ersten Abschnitte giebt er einen kurzen Ueberblick über die Vor- geschihte der Kommune. Es wäre nichts unrichtiger als zu glauben, die sozialen Bewegungen seien erst in der Jeßtzeit entstanden. Zu allen Zeiten {lugen an fi politishe und religiöse Bewegungen, wenn sie tief ins Volk hinabdrangen, in soziale um. Athen wie das alte Rom hatten foziale Unruhen; das Mittelalter hatte die Jacquérie in Frankreich und Jack-Cade in England, die Refor- mationszeit die Bauernkriege. Die französische Revolution war von kommunistischen Sdeen erfüllt, wie Rousseau’'s Contra:t soecial und Morellets Code de la nature; in diesen beiden Büchern find au die am Weitesten gehenden, gegen das Eigenthum gerichteten Angriffe der Sozialisten der Gegenwart enthalten. Grachus Baboeufs wilder Kommunismus ging noch weiter, als die Forderungen dec Kommune im Jahre 1871, Während der Restauration und unter Louis Phis- [lippe wirkten St. Simon, Fourier, Cabet, dann Leroux und Proudhon. Die Verschwörungen unter der Juli-Regierung waren fo wahnsinnig und verbrecherish, wie die der Jakobiner von 1871; in Morey, Fieschi, Pepin, Barbé3, Blangui und Anderen zeigen sich die typishen Figuren der Verschwörer und Insurgenten von 1871. Kaiser Napoleon hatte ein warmes Interesse für die Hebung des Arbeitzrstandes, èr suchte ihn zugleich als Gegenwirkung gegen die liberale Partei zu benußen. 1864 hob der Kaiser die Geseße auf, welhe die Koalition der Arbeiter ver- boten. Es entstand der internationale Arbeiterverband, dessen fran- zösischer Zweig 1865 der Regierung und dem Poslizei-Präfelien in Paris seine Cröffnung anzeigte. 1867 nahmen Deputationen der französishen Internationale an dem Kongresse in Lausanne und an der Friedens- und Freiheit:liga in Genf Theil, und von nun an begann ihre politishe und revolutionäre Thôâtigkeit. 1870 wurden bei der neuen Organisation, die hon 1869 begann, alle Sektionen der Internationale in Paris, die alten Chambres syndicales und anderen Arbeitervereine centralisirt. Die Bundeskammern der Ar- beitergesellshaften und. der députés der Sektionen hatten ihren Siß auf dem Plate corderie du Temple; mit ihnen vereinigte sich im Februar 1871 le -cómité central de la fédération de- la garde na- tionale, Der unglüdliche Krieg, die Gefangennahme des Kaisers, die Flucht der Regentschaft, die Uebernahme der Regierung durch das Gouvernement de la défense nationale, die Zeit der Vertheidigung von Paris, der Friede und die Kapitulation, das Einrücken deutscher Truppen, das Üngescbick der Assemblé nationale, die Flucht ber Regierung am 18, März, die dann die municipale Regierung in kie Hände der Maires legte, das sind die hauptsächlichsten bewegendin Momente, welche e- den Jakobinern des Comité central mögli) machten, gestüßt auf die Bataillone der Nationalgarde aus den Vort städten, die Herrschaft zu ergreifen und zwei Monate lang in heißen, inneren und äußeren Kämpfen zu behaupten. Der zweite Abschnitt führt dann des Näheren die Geshichte der Kommune bis zum 18. März aus, während ein eigener Abschnitt die Ereignisse des 18. März \{ildert. Während der Belagerung von Paris fehlte es tro des état de guerre an jeder Autorität; das Gouvernement de la défense nationale, der Gouverneur, die Muniziraibehörden waren im Streit und neutralisirten sich gegenseitig. Die Armee, noch über 250 000 Mann blieb infolge des Waffeafstillstandes am 29. Januar in Paris und sollte da bis zur Unterzeibnung des Friedeus bleiben. Außerdem waren in den Hospitälern, Ambulancen und in Privat- pflege noch 40000 Verwundete und Kranke. Diese rschöpfte, erbitterte, gänzlih unthätige Masse, die im Grurde keine Autorität über sich sah, war allen Verführungen preisgegeben, denen viele unterlagen. Das (3ouvernement de la défense nationales hatte, wie die geschlagenen Generale, jedes Vertrauen verloren, die neue Re- gierung war noch nicht gebildet. Jules Favre hatte die ihm angebotene Entwaffnung der Nationalgarde abge- lehnt. Die wirkliche Macht lag nach dem Abschluß des Waffenstillstandes in den Händen der Nationalgarde. Als nun wäh- rend desselben üker 100 000 Nationalgardiften Paris verließen, viele andere au aus der inneren Stadt aus Ueberdruß, Indolenz, aus Widerwillen gegen das Treiben der Fédérés fh nicht mehr stellten, aber verführte Scldaten, Mobilgarden, Gesindel aus aller Herren Länder die Reihen der Bataillone füllten, war das Comité centra!, das durch die Fédération de la garde nationale und die Comités de gurveillanceo die Bataillone leitete, Herr der Situation Am 18. März fiel ihr die Herrschaft wie eine reife Frucht in den Schoß. Paris wurde an diesem Tage von den Regierungstruppen

eräumt, die Regierung von Paris der Versammiung der

aires übergeben und die unumschränkte Herrschaft der Kommune begann. Im Hôtel de ville versammelte sich das Comité central und hielt seine erste Sißung; es vertheilte vorläufig die Ministerien unter si, und entwarf cine Proklamation, in welcher es neue Munizipalwahlen berief. Das Comité contral îirat als die gesetzliche Regierung auf. Der am 26. März neugewählte Kommunal- rath bestar.d aus 15 gemäßigten Republikanern, du parti boaurgeois, welche alle ihr Mandat niederlegten und aus 71 Revolutionären aller Schattirungen. Seit dem 18. März war Paris wie vom Sl age gerührt, das gewerblihe Leben, das kaum nach dem Abschlusse des Waffenstillstandes begonven, fstockte; aus alien Thoren floh die wohlhabende Bevölkerung. Den Gebrauch des T-legraphen hatte die Kommune sich vorbehalten; der Postenlauf war unter- brochen. Vom 28. März an wurden Proskriptionslisten erlassen, Rigault und Duval wurden autorisirt, alle zu verhaften, welche sie für gefährlih hielten. Ebenso gewaltsam und ungerecht war das Gerichtsverfahren. Die Hauptaufgabe der Finanzkommission war, die föderirten Batailione zu ernähren und zu lohnen und den Be- dürfnissen der Mitglieder der Kommunalregierung zu genügen. In einzelnen Ministerien waren einige Millionen aufgefunden, die bald verzehrt warenz die Bank zahlte in zwei Mo- naten abschläglid etwa 14 Milionen, - wußte aber geschickt eine Plünderung ihres viele Millionen betragenden Fonds in Geld und Barren zu verhindern. Die Verwaltung der Octroy, der débits de tabac und anderer Steuern haite die Kommune übernommen. In dem Glauben, keinen ernsten Widerstand zu finden, wurde von der Kommune der Angriff auf Versailles beschlossen. Diese Angriff s-