1880 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Mar 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung

auf Grund des Reihsgeseßes vom 21. Oktober 1878.

Die unterzeichnete Kreishauptmannschafst als Landes- „Noch einmal „Von Leipzig 1880, im Selbstverlag des Ver-

Polizeibehörde hat die Drulschrift : j E Findel und die Sozialdemokratie“. August Bebel. fassers“, auf Grund von 88. 11 und 12 des Geseßes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verboten. Leipzig, den 11. März 1880. : Königliche Kreishauptmannschaft. Graf zu Münster.

Personalveránderungeén

Königlich Preußische Armee. .

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Berlin, 6. März. v. Schön, Sec. Lk. À la suite des Ulan. Regts. Nr. 6, in das Ulan. Regt. Nr. 8 einrangirt. L L

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 6. März. Schu, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 67 und Subdirektor, von der Gewehrfabrik zu Erfurt zu der in Danzig, Bendel, Hauptm. à la suite des Füs. Regts. Nr. 36 und Direktions - Assist. von der Munitionsfabrik zu Danzig, zu der Gewehrfabrik in Spandau, Hannig, Hptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 50 u. Direktions-Assift. von der Gewehrfabrik zu Danzig, zu der Munitionsfabrik ebendaselbft, Briti ch, Pr. Lt. à la suite des Füs. Negts. Nr. 33 und Dirc?tions- Assistent von der Gewehrfabrik zu Spandau, zu der Munitionsfabrik ebendaselbst, Daum, Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. Nr. 23 und Direktions-Assist. von der Munitionsfabrik zu Spandau, zur Gewehr- Fabrik in Danzig, verseßt.

Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. Berlin, 6. März. v. Unger, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 94, mit Penfion der Abschied bewilligt. v. Böckmann, Sec. Lk, vom íöInf. Regt. Nr. 79, als Halbinvalide mit Pens. ausgeschieden und zu den beurlaubten Offizn. der Landw. Inf. übergetreten.

X1TUL. (Königlih Sächsisches) Armee-Corps. Februar.

Ernennungen, Beförderungen und Versezungenu.

m aktiven Heere. Erbgroßherzog zuSachsen-Weimar-

isenach Königliche Hoh:iï, zum Obersten der Kav., unter Stel- lung à la suite des Hus. Regts. Nr. 18, v. Funcke, Gen. Major und Commandeur der Art. Brig. Nr. 12, unter gleichzeitiger Beför- derung zum Gen. Lieut, zum Kommandanten von Dresden, v. Schubert, Oberst und Commandeur des Feld-Art. Regts. Nr. 28, unter Bejörderung zum Gen. Major, zum Commandeur der Art. Brig. Nr. 12, v. Bosse, Oberst und Commandeur des Inf. Regts. Nr. 105, unter Stellung à la suite dieses Regiments, zum Commandeur der Infanteric-Brigade Nr. 47, ernannt. v. Schönberg, Oberst und Commandeur des Ulan. Regts. Nr. 18, unter Stellung à la suite dieses Regts., mit der Führung der 1. Kav. Brig. Nr. 23 beauftragt. v. Schweingel, Oberst und Comman- deur des Fuß-Art. Regts. Nr. 12 als Commandeur zum Feld-Art. Regt. Nr. 28 verseßt. Clauß, Oberst-Lt. und Bats. Commandeur beim Gren. Regt. Nr. 101, unter Beförder. zum Obersten, zum Commandeur des Inf. Reats. Nr. 105 ernannt. v. Wolf, Oberst- Lt. und Bats. Commandeur im Fuß-Art. Regt. Nr. 12, unter Stellung à la suits dieses Regts., mit der Führung desselben beauf- tragt. Larraß, Oberst-Lieut. und Abtheil. Vorstand im Kriegs-Ministecium, zum Bats. Commandeur im Gren. Regt. Nr. 101. v. Zezschwig, na und Intend. Rath, unter Beförder. zum Major, mit Vorw „gck Patentirung, zum äbtheil. NBorstand im Kriegs-Ministerium; “Käufmann, harakter. Hauptm. im Gren. Regt. Nr. 101, unter Beförder. zum etatsm. Hauptm., zum Comp. Chef in seinem Regt., ernannt. Frhr. v. Hausen, Pr. Lt. im Jäger-Bat. Nr. 13, zum letzgen. Regt., Zehl, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 105, mit der Genehmigung zum Forttragen seiner dermal. Unif. und unter Belafs. im Kommando als Adjut. beim Landw. Bez. Kommando Leipzig, zum Jäger-Bataillon Nr. 13, verseßt. v, Löben, Major und etatsmäßiger Stabsoffiz. im Fuß- Art. Regt. Nr. 12, zum Bataillons-Commandeur in dems. ernannt.

Im Beurlaubtenstande. Bruhm, Sec. Lt. der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 103, zum Pr. Lt. der Landw. íInf. befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. v. Lö- ben, Oberst.Lt. und Bats. Commandeur des Inf. Negts Nr. 102, unter Verleihung des Obersten-Charakters, G ebler, Pr. Lt. in dems. Regt., unter Verleihang des Hauptm. Charakters, in Geneh- migung ihrer Alschiedsgesucbe, mit der geseßl. Pens. und der Er- Taubniß zum Forttagen der Regt. Unif. mit den vorgeschriebenen Abzeichen zur Diép. gestellt. Bubam, Sec. Lt. im Gren. Regt. Nr. 101, der Abschied bewilligt.

Im Beurlaubtenstande. Schimmel, Steger, Sec. Lts, der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 100, wegen überkommener Dienstuntauglihkeit, Kell, Sec, Lt. der Landw. íInf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 104, Herzog, Sec. Lt. der Landw. Inf. des Res. Landw. Vats. Nr. 108, behufs Ueberführäng zum Landfturm, der Abschied bewilligt.

Im Sanitätscorvys. D-. Fleischer, Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 104, zum Stabsarzt der Landw., Dr. Brückner, Assist. Arzt 1. Kl. der Res. des 2. Bats. Landw. Regtz. Nr. 105, Dr. Reiche, Dr. Piehl, Assift. Aerzte 1. Kl. der Res. des Res. Lantw. Bats. Nr. 108, zu Stabs- ärzten der Res, Dr. Basüner, Assist. Arzt 2. Kl. des Feld-Art. Regts. Nr. 28, zum Assist. Arzt 1. Kl. befördert.

Nichtamfkliches. Deutsches Neicch.

Preußen. Berlin, 13. März. Beide Kaiserliche Majestäten empfingen heute Vormittag den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Edinburgh.

_Se. Majestät der Kaiser und König nahmen militärishe Meldungen entgegen und hörten den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, Generals von Albedyll.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Mittag den Kaiserlichen Ge- neral-Konsul von Thielau und folgte um 5 Uhr einer Ein- ladung Jhrer Majestäten zum Diner.

__— Jn der am 12. d. M. unter dem Vorsiße des Staats- Ministers Hofmann abgehaltenen Plenarsitzung des Bundes- raths wurden die Präsidialvorlagen, betreffend: a. den Ent- wurf eines Geseßzes wegen Abänderung des Geseßes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, b. den Entwurf einer Verordnung über die Gewährung von ‘Tagegeldern, Fuhrkosten und Umzugskosten an Beamte der Militär- und Marineverwaltung, c. die Ausführung des Ge- Jeyes über die Besteuerung des Tabaks, den zuständigen Aus- Jchüssen überwiesen und die zur Wiederbesezung einer erledig- ten Stelle bei der Kaiserlihen Disziplinarkammer in Cassel erforderliche Wahl vorgenommen.

\{lagenen Abänderungen dem Entwurf eines Geseßes gegen den Wucher die Zustimmung und beschloß einem weiter erstat- teten Aus\s{hußgutachten gemäß, daß in Zuuni au die Verwendung von Melilothenblüthen (Steinklee) und eingesal- zenen Rosenblättern bei der Herstellung von Tabakfabrikaten nah Maßgabe der für die Verwendung von Kirsh- und Weichselblättern geltenden Vorschriften gestattet werde.

Ferner wurde genehmigt, daß der Zuschlag zum Aversum für Bremen und Hamburg vom Etatsjahre 1880/81 ab auf 5 6 für den Kopf der städtischen Bevölkerung und der in dieser Beziehung derselben zugerehneten vorstädtischen Bevöl- kerung feligesebt, hinsihtlich der Aversen für die Städte Altona, Wandsbeck, Bremerhaven, Geestemünde und Brake dagegen von einer Abänderung der bestehenden Berechnungs- grundsäße abgesehen werde.

Nach Erledigung einer auf den Zoll für Anker und Ketten bezüglichen Eingabe und der Ernennung von Kom- missarien zur Berathung von Vorlagen im Reichstage wurde \chließlih noch über die geschäftlihe Behandlung der neuer- dings eingelaufenen Petitionen Bestimmung getroffen.

Die vereinigten Aus\shüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, die ver- einigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie der Ausshuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sißungen.

Der Sqlußbericht über die gestrige Sißung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (18.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Dr, Stephan und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten , seßte das Haus die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats pro 1880/81, und zwar mit den Einmaligen Ausgaben derReihs-Post-und Telegraphen- verwaltung fort. Kap. 4 Tit. 1 bis 14 wurden unverän- dert bewilligt, Tit. 15 (Dienstgebäude in Posen) aber nach dem Antrage der Budgetkommission von 80 000 auf 60 000 herabgeseßt. Beim Schlusse des Blattes dauerte die Be- rathung fort.

‘Nach einem Cirkularerlaß des Ministers des Fnnern vom 27. v. M. werden demselben die Gesuche um Dis- pensation vom Aufgebote (Allerh. Verordnung vom 8. Januar 1876, Ges. Samml. S. 3) häufig, in stets sich mehrender Zahl, unmittelbar, unter Berufung auf die Dring- lihkeit des Falles, aber ohne Beifügung irgend einer zur Begründung des Gesuches dienenden amtlichen Bescheinigung, selbst auf gr Wege eingereiht. Soviel zu ersehen, würden die Betheiligten zu diesem Verfahren hier und da durch die Standesbeamten selbst veranlaßt. Die Voraus- seßung, daß auf solhem Wege am \schnellsten zum Biele zu. gelangen. A je «eine irrige, da selbst verständlih derartig unbescheinigten Gesuchen nur ganz ausnahmsweise ohne vorgängige Rücfrage stattgegeben werden könne. Um die thunlichst s{leunige Erledigung

der Dispensationsgesuche herbeizusühren, seien dieselben viel- mehr dem für die Eheshließung zuständigen Standesbeamten zu ade welcchèr lêßtere demnächst die Gesuche mit seiner

gutachtlichet Aeußerung-uhd mit, der Bescheinigung, daß die gemäß 8. des Reithsgeseßes vom 6. Februar 1875 vorge- nommene Prüfung ein materielles Ehehinderniß niht ergeben habe, dem Minister einzureichen habe, und zwar, abgesehen von ganz besonders dringlichen Fällen, durh Vermittelung der nächst vorgeseßten Aufsichtsbehörde.

Ueberdies empfehle es ih, den Antrag auf Erlaß des Aufgebots nicht bis auf - den lettzulässigen Ter- min vor dem in Aussicht genommenen Tage der Eheschließung (bezw. der Hochzeitfeier) zu verschieben. Namentlich in den- jenigen Fällen, in denen nah 8. 46 des alleg. Reichsgeseßzes das Aufgebot noch an einem zweiten auswärtigen D:te be- kannt zu machen sei, stelle sih zuweilen erst im leßten Augen- blide heraus, daß bei dieser Bekanntmachung ein Versehen begangen worden ist, welhes nach dem Urtheil des für die Eheschließung zuständigen Standesbeamten eine Wiederholung der Bekanntmachung und in Folge dessen die Ausseßung der Eheschließung erforderlich mache. Auch bei schleunigster Be- handlung der Dispensationsgesuche sei es in solhen Fällen niht immer ausführbar, die Betheiligten vor großen Unan- nehmlihkeiten und Nachtheilen zu bewahren.

Jn den deutshen Münzstätten sind im Monat Februar 1880 an Goldmünzen geprägt worden: 1 268 111 720 6 Doppelkronen, 423 961 800 4/6 Kronen, 27969925 6. Halbe Kronen. Hiervon wieder eingezogen 255 040 6 Doppelkronen, 199 920 4/6, Kronen, 2140 Æ Halbe Kronen. Bleiben 1 267856 680 44 Doppelkronen, 423 761 880 M, Kronen, 27 967 785 Halbe Kronen. Summa 1 719 586 345 M, Hiervon auf Privatrehnung 400 295 040 / 6 Vorher waren geprägt: 1 268111 720 /& Doppelkronen, 423 335 320 4 Kronen, 27 969 925 6. Halbe Kronen, hiervon auf Privat- rechnung 399 668 560

Nach der im Reihs-Eisenbahn-Amt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die im Monat Dezember v. J. auf deutschen Eisenbahnen aus\{l. Bayerns vorgekommenen Un fälle waren im Ganzen P verzeichnen : 98 Entgleisungen und 44 Zusammenstöße fahren-

er Züge, und zwar wurden hiervon 81 Züge mit Personen- beförderung von je 1694 Zügen dieser Gattung Einer und 61 Güterzüge resp. leer fahrende Lokomotiven betroffen; ferner 87 Entgleisungen, 33 Zusammenstöße beim Rangiren und 391 sonstige Betriebsereignisse (Ueberfah- ren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Defekte an Maschi- nen und Wagen 2c.).

Jn Folge dieser Unfälle wurden 2 Beamte, 3 Arbeiter und 2 fremde Personen getödtet, 6 Passagiere, 31 Beamte, 11 Arbeiter und 2 fremde Personen verleßt, 25 Thiere ge- tödtet und 3 verleßt, 178 Fahrzeuge erheblich und 339 un- erheblih beschädigt.

Außer den vorstehend e as von Personen kamen größtentheils durch eigene Unvorsichtigkeit hervorgerufen noch vor: 56 Tödtungen (18 Beamte, 20 Arbeiter und 18 fremde Personen), 109 Verleßungen (2 Reisende, 49 Beamte, 54 Arbeiter und 4 fremde Personen) S Tödtungen und 1 Verleßung bei beabsichtigtem Selbst- morde.

Faßt man sämmtlihe Verunglückungen von Personen ausschließlich Selbstmorde zujammen, so entfallen auf:

Die Versammlung ertheilte sodann auf den Bericht des Ausschusses für Justizwesen und mit den von leßterem vorge-

A. E und unterStaatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 16 748 km Be- triebslänge, 22698 km Geleislänge und 365 220 963 geför-

derten Achskilometern) 122 Fälle, darunter die größte Anzahl auf Niederschlesisch- Märkische (21), die Oberschlesische (21), und die Bergish-Märkische Bahn (19) ; verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Gekeislängen, sind die meisten Verunglückungen auf der Saarbrücker, der Oberschlesischen und der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Be- triebslänge— (bei zusammen 10 610 km Betriebslänge, 14 131 km Geleislänge und 229 229 325 geförderten Achskilometern) 98 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Cöln- Mindener (21), die Rheinische (19) und die Rechte Oderufer- Bahn (12); verhältnißmäßig sind jedoch auf der Rechten Oderufer - , der Posen - Kreuzburger und der Thüringischen Eisenbahn die meisten VerunglüEungen vorgekommen.

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1063 km Betriebslänge, 1136 km Geleislänge und 6 933 169 geförderten Achskilometern) 2 Fälle, und zwar auf der Lübeck-Büchener und der Tilsit- Jnsterburger Bahn je 1 Fall.

Von den im Ganzen beförderten 11 886 060 Reisenden wurden 8 verletzt (auf der Niederschlesish-Märkishen Bahn 4, auf der Bergisch - Märkischen, den Elsaß - Lothringischen, der Hannoverschen und der Württembergischen Bahn je Einer.)

Von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten ne von je 6532 Einer getödtet und von je 1633 Einer verleßt.

Ein Vergleich mit demselben Monate des Vorjahres er- giebt, unter Berüdcksichtigung der in beiden Zeitabschnitten geförd erten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Ge- leislängen, daß im Durthschnitt im Monat Dezember 1879 bei 21 Verwaltungen mehr und bei 12 Verwaltungen weniger und in Summa ca. 381/2 Proz. mehr Verun- glückungen vorgekommen sind als in demselben Monate des Vorjahres.

Der mit der Zwangsbeitreibung von Steuer- beträgen dienstlih beauftragte Exekutor ist, nah einem Er- kenntniß des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 8. Januar 1880, selbst nach vorgelegtem Nachweise über die Abführung des Schuldpostens, für die noch verbleibenden Exekutions- gebühren zur Pfändung ermächtigt, und der dagegen geleistete Widerstand ist strafbar.

_ Der Marine-Jntendantur-Referendar Dr. jur. Arent h ist nah bestandener Prüfung zum Marine-Jntendantur-Assessor ernannt worden.

Stettin, 12. März. Die gestrige 3. Sißung des 5. P r0- vinzial-Landtages begann mit der Mittheilung des Vor- fißenden über die no neu eingegangenen Vorlagen, woran O über deren geschäftlihe Behandlung anschloß.

Hierauf erfolgte die Neuwahl der Mitglieder und Stell- vertreter der Bezirkskommissionen für die klassifizirte Einkom- mensteuer in den Regierungsbezirken Cöslin, Stettin und Stral- sund. Es wurden die früheren Mitglieder mit Ausnahme von je 2 derselben aus den 3 genannten Regierungsbezirken den Vorschlägen der Kommission entsprehend wiedergewählt. Nach Verhandlung mehrerer Petitionen von nicht allgemeinem FJnter- esse, betreffend die Zahlung von Brandentschädigung für ab- gebrannte Gebäude und Erledigung verschiedener Rehnungs- sachen, erklärte der Landtag sein Einverständniß mit dem vom Provinzial-Auss{huß vorgeshagenen Verkauf des zu dem Hospital St. Petri hierselbst gehörigen, in der in- neren Stadt belegenen Grundstückes unter der Bedin- gung, daß der Erlös für dasselbe in Verbindung mit den sonstigen Mitteln des Hospitals den Neubau desselben an an- derer Stelle ermöglicht, und bewilligte auf die Petition des Magi- strats zu Cammin zum Ausbau des Kreuzganges der dortigen Domkirche mit Rücksicht auf den bedeutenden Kunstwerth des- selben unter der Bedingung der Sicherstellung der ferneren Erhaltung des gedahten Baudenkmals eine Beihülfe von 5000 M

Demnächst trat man in die Berathung des neuen Sta- tuts für die Taubstummen - Anstalt zu Cöslin, nach welchem der Provinz ein größerer Einfluß auf die Ver- waltung der Anstalt eingeräumt wird. Das Statut wurde nach der Vorlage angenommen, und ertheilte hierauf der Pro- vinzial-Landtag dem Provinzial-Ausschusse die Ermächtigung, mit der Königlichen Staatsregierung zu dem gleihen Zwette wegen Uebertragung der Taubstummen- Anstalt zu Stettin auf l Provinzialverband von Pommern in Verhandlung zu

reten.

Ohne weitere Diskussion wurde demnächst das vom Pro- vinzialaus\{uß genehmigte Reglement für die Verwaltung der Wilhelm-Augusta-Stistung (Asyl für erwachsene Blinde in der Provinz Pommern) angenommen und Einreichung desselben an Se. Majestät den Kaiser und König mit der Bitte um Allerhöchste Bestätigung beschlossen.

Den Rest der Sißung füllte die Berathung der Vorlage: auf welche Weise die behuss Förderung des Baues von Se- kundär-Eisenbahnen bewilligten Subventionen bezw. die hierzu erforderlihen Mittel zu beschaffen seien, aus. Von vielen Seiten wurde geltend gemacht, daß es rathsamer und den Prinzipien einer \parsamen Wirthschaft entsprehender sei, zunächst nur die Mittel für die Bereitstellung der bis jeßt im Betrage von 1 200 000 M bewilligten Beihülfen zu sichern und für die später zu bewilligenden Subventionen erst je nah: Eintritt des Bedürsnisses zu sorgen. Nach längerer Diskus- ¡ion wurde indessen im wesentlihen Anschluß an die Vor- lage des Provinzialausschusses sowie der Kommission be-

ossen :

zur Unterstüßung des Baues von Sekundärbahnen in der Pro- vinz einen besonderen Fonds anzulegen und zu diesem Zwette jähr- lich 150 000 in den Etat einzustellen.

Die heutige (4.) Sizung eröffnete der Vorsißende mit der Aufforderung zur Wahl eines stellvertretenden Mitgliedes des Provinzialausschusses. Für den ausgeschiedenen Grafen A S wurde Herr von Flemming-Benz gewählt.

An Stelle des verstorbenen Landschafts - Direktors von Hagen - Premslaff wurde Herr von der Osten - Zirkwiy zum ersten Kurator der Alerbauschule zu Schellin mitttelst Akkla- mation, und hierauf zum zweiten Landesrath der Amtsrichter Stutt zu Rügenwalde mittelst Abgabe von Stimmzetteln gewählt.

Demnächst trat die Versammlung in die Berathung des vom Provinzial-Auss{huß gestellten Antrages :

sich für den Erlaß des von ihm umgearbeiteten Gesehentwurfs, be-- treffead die Aufhebung der kommunalständish:n Verbände in der Provinz Pommern auszuspredea.

Nach einer eingehenden Darlegung der Verhältnisse sowie der bisherigen Verhandlungen durch den Ref-renten, Ober- Bürgermeister Haken, sowie den Korreferenten, Regierungs- Präsidenten a. D. Grafen Krassow, trat man ohne weitere Generaldiskussion in die Besprehung der einzelnen Para- graphen ein. i S Die 88. 1 und 2 wurden ohne erhebliche Diskussion ein- stimmig angenommen und hiervei ohne Widerspruch von irgend einer Seite konstatirt, daß nah der Fassung der §8. 1 und 2 der Provinzialverband berechtigt is, die Verwaltung und Unterhaltung der Kommunal-Chausseen an die Kreise zu über- tragen und die hiersür zu gewährende Entschädigung auf die 5 Kreise Neu-Vorpommerns zu repartiren. Auch die 88. 3 und 4 wurden in ihren Gedanken ohne Widerspruch angenommen und nur im §. 3 eine redaktionelle Abänderung insofern vorgenommen, als am Schluß anstatt der Worte : „daß die Mehrbelastuocg u. \. w. bis zum Schluß“

die Fassung beliebt wurde „daß die Mehrbelastung die dem Amortisationsplane zu Grunde g!:legte Verzinsung mit 4%/9 und die Amorlisation mit 19% nit übersteigen darf".

Ohne Widerspruch wurden au die sämmtlichen übrigen Paragraphen angenommen, unter denen der 8. 8 zu erwähnen ist, nach welchem die Meliorationsfonds für die Regierungs- bezirke Stettin und Cöslin zu Meliorationsfonds für die Provinz vereinigt werden sollen.

Der gedachte Antrag des Provinzial-Ausschusses wurde einstimmig angenommen.

Nach Erledigung einer größeren Anzahl von Rechnungs- sachen, welche kein allgemeines Jnteresse boten, nahm der Landtag von der Mittheilung der Königlichen Staatsregie- rung, betrefferd den gegenwärtigen Stand der Angelegen- heiten wegen Herstellung einer schiffbaren Wasserverbindung zwishen Ribniß, Damgarten und Demmin, Kenntniß und lehnte die Seitens der Königlichen Staatsregierung in An- regung gebrachte Anlegung einer Wiesenbauschule in Pom- mexn wegen hierzu mangelnden Bedürfnisses in Ueberein- stimmung mit dem Antrage des Provinzial-Auss{husses ab.

Unter den demnächst zur Verhandlung kommenden Peti- tionen gewährte nur diejenige des Kuratoriums des Stists Salem zu Neu-Torney (Nettungshaus für verwahrloste Kin- der) ein allgemeineres Jnteresse; in Anerkennung des guten Zwecks und des bisherigen segensreichen Wirkens der Anstalt wurde die erbetene jährlihe Unterstüßung von 600 # für das Etatsjahr 1880/81 bewilligt. Dagegen wurde die Seitens der Königlichen Staatsregierung dem Provinzial - Land- tage gemachte Vorlage, seine Bereitwilligkeit auszusprechen :

zu der vom Staate geeigneten Falls in Auësiht genommenen An- lage cines Fischerei:Bootshafens zwischen Vierow und Lubmin im Kreise Greifswald cine Beihülfe zu gewähren, wegen mangelnder Sicherstellung der künftigen Unterhaltung des Hafens abgelehnt, und die Vorlage an den Provinzial- Ausschuß zur weiteren Vorbereitung derselben verwiesen.

Auf die Petition des Vorstandes der Gesellschaft für pom- mersche Geschichte und Alterthumskunde zu Stettin wurde die bisher im Betrage von 500 6 gewährte Subvention für das Fahr 1880/81 behufs Ausführung des Druckes des fertig gestellten Jnventars um 2000 /6 erhöht.

Die Petitionen der Pommerschen ökonomischen Gesellschaft und des Haupt- Direktoriums des Baltischen Central-Vereins zur Beförderung der Landwirthschaft auf Bewilligung einer Subvention von je 3000 / wurde in der Absicht, die zu diesem Zwecke bisher verwendeten Mittel für die Errichtung bezw. Unterstüßung einer Molkereishule zu Eckerberg bei Stettin behufs Befriedigung des in dieser Beziehung von der Landwirthschast längst gesühlten Bedürfnisses zu bestimmen, abgelehnt.

Anhalt. Dessau, 9. März. (Magdb. Ztg.) Das Rechnungsjahr 1878—1879 bietet nah dem Hauptfinanz- abschlusse, welher dem Landtage vorgelegt worden, hin- sihtlih der für das Reich erhobenen und an die Reichshaupt- kasse abgeführten indirekten Steuern ein sehr erfreuliches Bild. Die Solleinnahme, welche in 8484987 #6 60 S bestehen sollte, wurde nämlich um 2065 654 M 97 Z überholt, indem sih dieselbe auf 10 550 642 4 57 /Z steigerte. Diese leßtere seßt sih aus folgenden Einzelbeträgen zusammen : 2 124 987 60 „S Reste aus dem Vorjahre, 131 015 4/685 „,Z Zölle, 7 017 446 M, 60 F Rübenzuckersteuer, 1 112 670/4635 „Z Branntweinsteuer, 153 444 M 97 S Brausteuer, 7034 4 80 „Z Tabakssteuer, 3126 6 Salzsteuer, 916 4 40 -Z Kartenstempelsteuer. Läßt man die Resteinnahme außer Betracht, so lieferte das Herzog- thum pro Kopf sciner Bevölkerung noch immer nahe an 40 M Reichssteuern, was auf ganz Deutschland berechnet 1600 Mil- lionen ausmachen würde. Die Steigerung gegen den Etat ist am stärksten bei der Rübenzuckersteuer gewesen, wo sie 1911446 4/4 60 „S betrug; dann tritt die Branntwein- steuer mit 82670 A 35 -Z Vermehrung auf; die Zölle er- scheinen mit 58 115 4/6 85 „HZ Zugang, die Brausteuer mit 13 344 M 97 S, die Tabakssteuer mit 2034 M 80 3, die Kartenstempelsteuer mit 916 6 40 „Z. Nur die Salzsteuer ergab einen Ausfall, der sich auf 2874 A belief. An Ent- schädigung für Erhebung der Reichssteuern erhielt die hiesige Staatskasse die Summe von 490390 4 8 „§, welche, ent- sprechend dem Zugange der erhobenen Steuern, selbst den in den Etat aufgenommenen Ansaß von 397 735 #6 um die be- trächtlihe Summe von 92655 # 8 -„„Z überschritt. Das laufende Jahr soll nah den bisherigen Abschlüssen sich noh günstiger gestalten als das verflossene.

Elsaß-Lothringen. Straßburg ,11. März. (Els.-Lothr. Ztg.) Auf der Tagesordnung der gestrigen (30.) Sißung des Landesausschusses stand die zweite Lesung des Ent- wurfes, betreffend eine Anleihe von 24 380 000 /4 für Wasser- regulirung, Verbesserung der Kanäle, Subventionen an Lokalbahnen, Tramways, Vicinalwege und für die Erweiterung des Vetriebes der Tabaksmanufaktur. Die Kommission vers kennt nicht die gegenwärtige günstige Gelegenheit, Geld auf: L und die Wahrscheinligkeit, daß eine Anleihe sich päter als nothwendig herausstellen werde, s{hlägt aber gleich: wohl vor, zur Zeit das Anleiheprojekt niht zu genehmigen.

Der Staatssekretär führte aus, daß zwischen der Regierung uU1d der Kommission eine grundsäßlihe Meinungsverschiedenheit nicht bestehe, verschieden seien n! x die Meinungen bezüglihh der Beschaffung der Mittel zur Deckung der Sculden. Jn den nächsten Jahren würden sich die Einnahmen ebensowenig steigern, als die Ausgaben a mindern. Die Aufnahme einer Anleihe sei früher oder später nothwendig. Auch könnten Wünsche auf Ermäßigung von als drücktend anerkannten Steuern, wie Weinsteuer, Enregistrementsgebühren, Gerichts- tosten, nux nah Aufnahme einer Anleihe in Betracht gezogen

werden. Da der gegenwärtige Augenblick außerordentli günstig sei zur Aufnahme einer solchen konsolidirten Anleihe, müsse man ihn benüßgen. Das Land werde unschwer zu überzeugen sein, daß die Anleihe nicht als eine leicht- finnige Schuld, sondern für nüßlihe Unternehmungen zum allgemeinen Besten kontrahirt werde; es werde vielleicht, wenn dur die von der Kommission empfohlene ns der geeignete Zeitpunkt versäumt sei, der Versammlung wenig Dank dafür wissen. Uebrigens erkenne die Regierung eine etwaige Ablehnung nicht als eine prinzipielle an und würde daher die Arbeiten weiterführen, in der Hoffnung, daß die Aufnahme einer Anleihe später allseitiger Zustimmung be- gegnen werde. Der Kommissionsantrag gelangte \s{ließlich zur Annahme.

Jn der Nachmittags folgenden 31. Sißung fand die zweite Lesung der im Etat zurückgestellten Positionen und des Finanz- gejeßes statt.

Der Berichterstatter der Unterrichtskomn1ission, Heim- burger, theilte mit, daß die vier zux Prüfung der Seminar- frage nach Met abgesandten Kommissionsmitglieder im Ein- verständnisse mit der Regierung die Verlegung des Meyer Lehrerseminars nah Beauregard vorshlagen. Dieser Antrag wurde angenommen.

Die übrigen unter diese Rubrik gehörigen Gegenstände wurden ohne Diskussion erledigt, der §8. 4 des Finanzgeseßes in der Fassung der Kommission :

„Zur vorübergehenden Verstärkung des Betriebsfonds der Landeshauytkasse, sowie zur Decktung der unter den Einnahmen des Landeshaushalts-Gtats vorgesehenen Mittel können nah Bedarf, jedo nicht über den Betrag von fünf Millionen Mark hinaus, Schaßanweisungen ausgegeben werden“.

Zweiter Gegenstand der Tagesordnung war die dritte Lesung des Landeshaushalts-Etats und des Finanzgeseßes. Die Anlagen 1.—VI., sowie VII. Kapitel 12—13 des Budgets wurden ohne Debatte nah der Fassung der zweiten Lesung genehmigt. Als teilweise Wiederherstellung des in der Re- gierungsvorlage als Kapitel 24 figurirenden Kredits s{hlugen Mitglied Gunzert und Genossen folgendes Amendement vor :

„Gür Unterstüßunz Landesangehörizer, welche sih dem Ge- rihts- oder Verwaltungsdienste w.dmen wollen, 4000 #, deren Vertheilung dem Miniiter zusteht.“

Das Amendement wurde bei Stimmengleichheit (19 gegen 19) verworfen.

Zu Anlage VIII., Verwaltung des Fnnern, stellte Mit- glied Grad, unter Besprehung einzelner angeblih vorgekom- mener Fälle, die Behauptung auf, daß von Seiten mancher Kreisdirektoren durh Einwirkung auf die Bürgermeister, Ent- ziehung von Wir schastskonzessionen u. st. w., ein unzulässiger Einfluß auf die Wahlen geübt werde. Baron Zorn von Bulach Sohn wünschte eine einfachere, mithin billigere und weniger bureaukratishe Verwaltung, sowie Reduktion der Besoldungsetats, namentlih der Orts- und Wohnungszulagen. Auch sprach sich der Redner für eine größere Dezentralisation und Erweiterung der Selbständigkeit der Gemeinde aus. Der Staatssekretär Herzog forderte das Mitglied Grad auf, seine obigen Angaben zu erweisen; die Regierung sei bereit, jede Ueberschreitung eines Beamten strenge zu ahnden, könne aber allgemeinen, nit bewiesenen Behauptungen niht Gehör geben. Die deutshe Regierung habe bezüglih der Freiheit der Wahlen das Aeußerste gewährt, was das Länd jemals gehabt habe. Zu den Ausführungen des Baron Zorn von Bulach bemerkte der Redner, daß die Frage der Be- amtengehälter einer besonderen Kommission überwiesen wor- den sei, welcher die Regierung das erforderlihe Material unterbreitet habe. Frühere Ermittelungen hätten ergeben, daß die jeßige Verwaltung keineswegs kostspieliger sei als die frühere, wenn man nur die Kosten der Centralbehörden mit in Rechnung ziehe, und daß auch die benahbarten deutschen Gebiete nicht weniger Beamte und niht geringere Aufwen- dungen für dieselben hätten. Uebrigens sei jeder derartige Vergleich {hwierig. Jedenfalls müsse bezüglih Elsaß-Lothrin- gens die Schwierigkeit der anfänglihen Organisation und der Verhältnisse überhaupt berücktsihtigt und nicht verkannt wer- den, daß die Beamten in dem zweisprachigen Lande mehr zu leisten hätten als in anderen Theilen des Reiches. Dem Wunsche nah Dezentralisation habe die Regierung dur Uebertragung zahlreiher Befugnisse des Staatsoberhaupts und der Ministerial-Jnstanz auf untere Behörden bereits ent- sprochen. Sie verkenne nicht, daß es auch darauf ankomme, die Bevölkerung an der Verwaltung zu betheiligen, und habe deshalb früher den Entwurf einer Kreisordnung vorgelegt, welcher den Beifall der Landesvertretung nicht gefunden habe. Die Regierung sei bereit, den bereits eingeshlagenen Weg wieder zu betreten und erkenne als richtig an, daß hierbei, der deutshen Auffassung entsprechend, die Gemeindeverfassung ins Auge gefaßt werden müsse. Allerdings seien Zweifel vor- handen, ob in den Gemeinden die zu einer Ausdehnung ihrer Selbstverwaltung erforderlihe Bereitwilligkeit überall vor- handen sei. Redner danke dem Vorredner dafür, daß er die Frage noch in der gegenwärtigen Session zur Sprache ge- bracht habe. U Unterrichtsbudget interpellirte Mitglied Klein über den Lehrstuhl für romanishe Sprachen an der Universität und wünschte, die Regierung solle bei der Wiederbesezung der erledigten Stelle eincn Mann wählen, der die französishe Sprache niht wie eine todte und blos in ihrem ersten Entwickelungsstzdium betrachte, sondern auch die klassische Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts in seinen Vorlesungen behandle, überhaupt in der Sprache lebe. Der Unterstaatssekretär von Pommer Esche versprah Berüksich- tigung dieser Forderung, obwohl erx die große Schwierigkeit, in Deutschland einen des französishen Vortrags vollständig mächtigen Gelehrten zu finden, niht verkenne. Die Mitglieder Goguel u. A. beantragten, den in der zweiten Lesung auf 10 000 M herabgeminderten Kredit für die Universitäts- und Landesbibliothek in seiner ursprünglichen Höhe von 25 750 M, wieder herzustellen. Der Antrag wurde angenommen, die übrigen Punkte ohne Einsprache bewilligt.

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_ ÖDesterreich-Ungarn. Wien, 11. März. Wie die „Budapester Correspondenz“ zu berihten weiß, nehmen die Verhandlungen bezüglih der serbishen Eisenbahn- anschlüsse jeßt einen raschen und theilweise günstigen Ver- lauf. Die Berathungen mit Hrn. Marics dürften in zwei bis drei Tagen beendigt sein. : :

Zufolge Erlasses des Ministeriums des Jnnern hat, wie die „Pr.“ berichtet, das Ministerium des Aeußern die Ein- ziehung der K. und K. Konsularämter in Bosnien und der Herzegowina, sowie die Uebernahme sämmtlicher Agenden derselben dur die bosnishe Landesregierung

veranlaßt, da in Folge der organisatorishen Thätigkeit dieser Landesregierung der größte und wichtigste Theil des admini- strativ-politishen Wirkungskreises, ja selbst auch die juvizielle Geschäftsgruppe der gedahten Konsularämter durch die kom- petenzmäßigen Funktionen der neuen dortigen Verwaltungs- organe thatsächlich absorbirt wird.

12. März. (W. T. B.) Das Abgeordneten- haus beshloß mit großec Majorität, in die Spezial- debatte, betreffend den Gesegentwurs über den Bau der Arlbergbahn einzutreten. Bei der Berathung erklärte der Handels-Minister den Bau der Bahn für eine Staatsnothwendigkeit, damit man dur den Ausbau des Eisen- bahnnetzes, unabhängig von anderen Staaten, zum Schuße der heimishen Produktion in die Konkurrenz mit der Massen- produftion Amerikas und Rußlands eintreten könne.

Pest, 11. März. Se. Mäjestät hat bezüglich obschwebender Krise im gemeinsamen Finanz-Ministerium bisher noh keine Entscheidung getroffen und ist, wie die „Budapester Correspondenz“ von „kompetenter Seite“ erfährt, eine Ent- scheidung in dieser Angelegenheit in den nächsten Tagen auch kaum zu erwarten. Präsident Szlavy wurde gestern vom Kaiser in längerer Audienz empfangen, begab sich sodann nah Pest zurück, übernahm heute wieder das Amt des Präsidiums des Abgeordnetenhauses und präfidirte in heutiger Sizung.

Großbritannien und Frland. London, 12. März. (W. T. B.) Im Unterhause antwortete heute der Unter- Staatssekretär Bourke auf eine Anfrage Mac Fvers: Die Regierung sei in Bulgarien für die Ausführung der Be- stimmung des Berliner Vertrages, betreffend die Varnaer Eisenbahn, eingetreten und auf eine weitere Anfrage Dilke's: Die türkisch- griehishe Grenzkommission werde aus Vertretern der vermittelnden Mächte bestehen; es sei jedoch nicht beabsichtigt, die Türkei unter Ausschluß Grie- chenlands zu der Kommission zuzulassen.

13. März. (W. T. B.) Der Staatssekretär des Jn- nern, Croß, hat einen Wahlaufruf erlassen, in welchem er erklärt, daß die Regierung niht einen Augenblick von der Politik abgewichen sei, die sie bei dem Auftreten der orientali- schen Frage proklamirt habe. Er glaube, sowohl England als au das übrige Europa würden anerkenncn, daß sie dem englischen Kabinete zu Danke verpflichtet seien. Er hoffe leb- haft, daß mit der afghanishen Bevölkerung bald wieder die freundschastlihsten Beziehungen hergestelt werden würden, und daß das Werk der Konföderation und der Konsolidirung der südafrikanischen Kolonien baldigst vollendet werde. Croß spricht ferner die Erwartung aus, daß die Regierung in Zu- kunft mehr Zeit haben werde für die legislatorische Thätigkeit auf dem Gebiete der inneren Angelegenheiten und der ökono- mischen Reformen. Gladstone hielt gestern Abend in einer Versammlung von Liberalen in Marylebone (Stadttheil von London) eine Rede, in der er mittheilte, daß sich Lord Derby definitiv der liberalen Partei ange-

schlossen habe.

FItalien. Rom, 12, März. (W. T. B.) Die De- putirtenkammer seßte heute die Berathung der Fnter- pellationen über die auswärtige Politik fort. Vis- conti Venosta kritisirte die auswärtige Politik der Linken und erklärte, daß dieselbe Mißtrauen erweckt und Jtalien isolirt habe. Das Grünbuh weise eine Reihe diplomatischer Miß- erfolge auf. Die Haltung der Regierung bezüglich der griechi- schen und anterer den Orient betreffender Fragen sei unklar. Visconti Venosta sprach sich energish gegen die Italia irre- denta aus, deren ohnmächhtige Agitation vom Lande gemiß- billigt werde. Die Hauptursahe der Paralysirung der auswärtigen Politik Ztaliens sei aber die ge- wesen, daß die Haltung der Regierung nicht fest genug gewesen. Man könne nicht freundschajtlihe und regelmäßige Beziehungen unterhalten und gleichzeitig terri- toriale Ansprüche erheben lassen. Er klage das Ministeriuin keineswegs an, daß es eine Politik der Abenteuer befolge, aber, um verläßliche Nachbarn zu haben, müsse man auch selbst ein ver- läßlicher Nachbar sein. Die Ftalien entsprehende Politik müsse die cines definitiv begründeten Staates sein, und die große Majorität des Landes verlange eine solche. Er hoffe, daß das Ministerium gleicher Ansicht sei und daß dessen Absichten auf- rihtige und friedliche seien, aber er verlange eine bezügliche bündige Erklärung. Der Minister-Präsident Cairoli stellte die demnächstige Veröffentlihung der Dokumente betreffs der aus- geführten Punkte des Berliner Vertrages in Aussicht. Diblagio und Bonghi entwickelten sodann ihre Fnterpellationen bezüglich der türkischen Staatsschuld.

Türkei. Konstantinopel, 12. März. (W. T. B.) Die russische Botschaft hat auf Grund vom Reichskanzler Fürsten Gortschakoff eingegangener Weisungen die exem- plarische Bestrafung des Mörders des Obersten Kumerau verlangt; der Großvezir hat in Folge dessen angeordnet, daß die eingeleitete Untersuhung s{chleunigst zu Ende geführt werde.

Bezüglich der Angelegenheit wegen Einseßung einer internationalen Kommission zur Regelung der griechisch-türkishen Grenzfrage wird mitgetheilt, daß der Minister des Auswärtigen, Sawas Pascha, dem englischen Botschafter Layard demnächst die Erklärung abgeben werde, daß eine solche Kommission niht nothwendig fei, weil die Hoffnung auf eine Verständigung mit Griechenland noch niht ausgegeben sei und er andererseits keine Garantie für die Sicherheit der Mitglieder der Kommission übernehmen könne. Wenn aber die europäishen Mächte auf der Einseßung einer Kommission bestehen sollten, so müßte die Türkei in derselben ebenso vertreten sein, wie sie es in allen internationalen Kom- missionen gewesen.

Rumänien. Bukarest, 12. März. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentliht das Geseß, wodurch den Städten Galacz und Braila für weitere zehn Jahre die Rechte und Privilegien als Freihäfen belassen, den Häfen Tultscha und Ku stend\ he die nämlichen Rechte für dieselbe Zeit ver- liehen und die Freihafenrehte Sulinas bestätigt werden. Der Minister-Präsident Bratiano ist nah Berlin abgereist. Der Minister des Jnnern, Cogalniceanu, führt interimistisch den Vorsiß im Ministerconseil, der Kriegs-Minister Lecca hat interimistisch die Führung der Geschäfte im Arbeits-Mini- sterium übernommen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau. St. Petersburg, Sonnabend, 13. März. Die Ober-

aufsicht über die dritte Abtheilung der eigenen Kanzlei Sr. Majestät des Kaisers is auf den Chef der Exekutivkom-