1924 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Mar 1924 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 109, Sizung vom 11. März 1924,

Nachtrag.

Die Rede, die der Reichsfinanz:ninister Dr. Luther im Laufe der Beratung des Noteta1s um Anschluß an die Aus- führungen des Abg. Schuldt (Dem.) gehalten hat, lautet nach dem jeßt vorliegenden Stenogramm, wie jolgt:

Meine Damen und Herren! Es liegt mir fern, auf die zahl- reichen Einzelheiten, die aus dem hohen Hause während der leßten Tage vorgetragen worden sind, nochmals einzugehen. Jh glaube auch nir, daß es ‘dem Wunsche des Haujes entsprehen würde. Aber einen Gedanken möchte ih doch aussprechen.

Bon seiten der Opposition sind sehx viele Beanstandungen gegen die Maßnahmen der Regierung im jept noch laufenden Winter vor- gebracht worden, sv daß man sich zum Schluß fragt: wie kann es denn überhaupt geschehen, daß aus jo vielen Fehlern schließlich ein derartiger Erfolg sih zusammenseßt? Denn den Erfolg wird man doch wohl leßten Endes nicht gut bestreiten können, den Erfolg, daß wir seit der Stabilisierung die Währung gehalten haben, daß seit- dem langsam auch dix Arbeitslosigkeit zurückgeht, daß Kredite lang- jam in die Wirischaft wieder hineinkommen, daß sich überall Ge- sundungserscheinungen für unser Leben zeigen; und ih kann es nicht begreifen, wie dieser Erfolg durch eine solhe Fülle von Fehlern zustande gebracht sein soll. (Zuruf von den Vereinigten Sozial- demokraten: Der Hunger der arbeitenden Klassen ist die ecinfachste Exflärung!)

Die Mittel, die haben angewandt werden müssen, waren jelbst-

verständlih hart. Aber ich frage Fier, wie ih jeden einzelnen immer '

wieder gefsrag1 habe: wollt ihr lieber_noch Not leiden, oder wollt ihr, daß die Währung wiedex verfällt? (Zuruf von den Vereinigten Sozialdemokraten: Besißsteuern!) Und darauf antwortet dec einzelne: die Währung muß auf jeden Fall erhalten werden. Meine Damen und Herren, bisher ist nicht nachgewiesen, daß auf einem anderen Wege als auf dem harten Wege, den die Regierung hat gehen müssen, dieser Erfolg überhaupt hat erreiht werden können. (Zuruf von den Vereinigten Sozialdemokraten: Besißsteuern)

Nun komme ich nur zu einigen wenigen Punkten. Fu den leßten Tagen ist besonders viel vom Berufsbeamtentum gesprochen worden, Fch begrüße das insofern, als ich mich freue, wenn die Interessen des Berufsbeamtentums, die so eng mit dem Staate verbunden find, von allen Parteien nachdrücklich wahrgenommen werden. Ebenso nachdrücklih aber liegen sie der Reichsregierung am Herzen. Eine Regierung, dice sih nicht dessen bewußt ist, daß der tragende Pfeiler schließlich für jedes Staatswesen das Beamten- tum ist, kann es überhaupt niht geben. Was insbesondere auch meine engeren Mitarbeiter auf dem Gebiete des Beamtenabbaus anbetrifft, so sind das Persönlichkeiten, auf die das deutsche Berufs- beamtentum stolz sein kann. Jch glaube, daß alle die, die hier die harte Arbeit des Beamtenabbaus durchführen müssen, sih gerade da- bei im stärksten Sinne als Vertreter jenes Berufsbeamtentums füh:en, das wir als Grundlage für unser Staats8wesen behalten müssen.

Meine Damen und Herren, vorhin ist ausgeführt worden, daß man mit dem Verwaltungsabbau hätte beginnen müssen, und erft dann hätte der Personalabbau erfolgen dürfen. (Sehr wahr! bei Bac pi e a B E É ice Én A Daa 4 nas durdhang rihtia- MWhoar bitte, denken Sie zurück an die Sachlage, wie sie die jetzige Regierung Anfang Oktober des vorigen Jahres vorgefunden hat. Hier hieß es auf allen Gebieten: sofort und schnell handeln. (Zuruf von den Deutschen Demokraten: Zu spät!) Ferner war der Tat- bestand der, daß eine gewisse Uebersezung mit Arbeitskräften an sehr vielen Stellen auch unter der Vorausseßung der Beibehaltung des jeßigen Aufgabenkreises vorhanden war. Erst wenn man weiter mit dem Abbau voranschritt, kam man selbstverständlih an den Punkt, wo es notwendig war, nun au mit dem Verwaltungs8abbau nachdrücklihst zu beginnen.

Jh hôre eben den Zwischenruf: zu spät! Ja, will denn über- haupt jemand für all das, was unter der shweren Not des Volkes in den leßten Jahren sih vollzogen hat, die Gegenwart verantwort- Iich mahen? Für uns handelt es sich doch jeßt darum, die Dinge jo anzupacken, wie sie sind, und gemeinschastlih den Weg aus der Not herauszufinden. (Schr richtig! ber den Deutschen Demokraten.)

Beim Verwaltungsabbau wird besonders auch gerügt, die Werwaltungsabbaukommission habe ihres Amtes niht völlig objektiv gewaltet. Jh muß diesen hier im Hause erhobenen Vor- wurf mit allem Nachdruck zurückweisen. Die Verwaltungsabbau- kommission is eine durchaus unpolitishe Stelle. Sie besteht aus dem Prôäsidenten des Rechnungshofes Staatsminister a. D. Saemisch und außerdem aus den beiden Herren Staatssekretär ¿. D. Lewald und Staatssekretär z. D. Dr. Busch. Der gelegentlich auch noch als Mitglied der Verwaltungsabbaukommission genannte Staatssekretär z. D. Freiherr von Welser gehört ihr nicht an, sondern wird bei ihr zur Erledigung einzelner Fragen beschäftigt. (Zuruf von den Vereinigten Sozialdemokraten.)

Die Tätigkeit der Verwaltungs8abbaukommission ist so auf- gezogen, daß sie-nur rein sachlihe Entscheidungen zun fällen hat. Kommen irgendwelhe politishen Fragen in Betracht, so ist dafür Sorge getragen, daß die Angelegenheiten an das Reichskabinett kommen, das ja dazu da ist, politische Entscheidungen zu fällen.

Es ist ferner gemeint worden, daß die Verwaltungs8abbau- kommission ihrerseits Personalabbau betrieben habe. Auch das ist nihr rihtig. Mit Persoualabbaufragen hat die Verwaltungs- abbaufommission überhaupt nihis zu tun (Zuruf von den Ver- einigten Sozialdemokraten), sondern der Personalabbau wird durhgeführt durch jede oberste Reichsbehörde in ihrem Zu- ständigkeitsbezirk. Daß dabei rein tatsähliche Nebershneidungen vorkommen, wird niemand bestreiten können; aber das Gutachten der Verwaltungsabbaukommission hat sih zu beshränken und be- schränkt sih auf die rein fahlihe Frage, welche Vereinfahungen der Organisation sahgemäß vorgenommen werden können.

Ï Zu dem großen Gebiete des Personalabbhaus ist es mir un- möglich, auf alle die einzelnen hier genannten Fälle und Gesichts- punkie einzugehen. Jch will nux einiges zu dem ergänzen, vas ih neulih bereits mitgeteilt habe. Fh komme zunächst auf die Frage, wie lange der Personalabbau noch ausgedehnt werden soll. Da stimmt die Reichsregierung durchaus der Auffassung zu, daß der gesamte Personalabbau mit allen seinen für die Beamten so unangenehmen Nebenerscheinungen sobald als irgend möglih be- endet sein muß. Eine förmliche Vorziehung des Schlußtermins

noh niht ins Auge fassen, weil hinreihend seste Grundlagen zur Findung eines anderen bestimmien Termins noch nicht vorliegen. Jh würde mir sehr wenig davon versprechen, jeßt einen anderen Termin zu nennen, der dann wiederum angegriffen würde. Da- gegen gibt sih die Reichsregierung der ganz bestimmten Hoffnung hin, daß der gesamte Abbau spätestens im Laufe des Fahres 1925 beendet sein wird, und sie wird sich mit aller Kraft bemühen, möglichst noch früher zum Abschluß zu kommen. (Zuruf: 1925?) Bis jeyt gilt die Verordnung doch bis 1927. Sobald aber das Ziel erreicht ist, wird “die Reichsregierung sofort an den . Reichstag herantreten, damit über eine fcühere Aufhebung der ihrem Wesen nah vorübergehenden Bestimmungen der Personal- abbanverordnung sobald als möglich endgültig Entscheidung ge- troffen werden kann.

Was dann, meine Damen und Herren, die Frage der Nach- prüfung8instanz anbetrifft, so kann ich heute mitteilen, daß, soweit die zukünstigen Abbaufälle in Betracht kommen, dem Kabinett der paragraphierte Entwurf einer Verordnung vorliegt, wonach unter Berücksihtigung der Hauptlinien des in Preußen gewählten Verfahrens eine besondere Nachprüfung für solche Be- schwerden vorgesehen ist, bei denen in zukünftigen Abbaufällen die Verleßung der politishen und. religiösen Neutralität gerügt wird. (Zuruf in der Mitte: Und die bereits abgebauten?) Der Erlaß der Verordnung dürste sehr bald erfolgen.

Was nun allgemein die Frage der politishen und religiösen Gesich:spunkte anbetrifst, so hat meines Erachtens bei den Rednern aus dem- Hause ein dem Reichstag naheliegender Gesichts- punkt doch wohl keine hinreichende Berücksichtigung gefunden, nämlich die Tätigkeit des Sparausschusses. Jm Sparauss{huß sind Beschwerden, die übrigens nicht in sehr großer Zahl ein- gegangen sind, eingehend durhgeprüft worden. (Zuruf.) Das Ergebnis hat fast durhweg die volle Objektivität der Abbau- maßnahmen bestätigt. (Widerspru bei den Vereinigten Sozial- demofraten.) Gerade angesih:s der Arbeit des Sparausschusses erscheint es der Regierung besonders unangebraht, nun die in der Vergangenheit liegenden Fälle noch einmal aufzurollen.

Meine Damen und Herren, ih komme nunmehr zu den steuer- lihen Fragen, die hier angeshnitten worden sind. Auch hier will ih mich auf die Betrachtung der einen Behauptung beschränken, es sei von seiten der Regierung keine richtige Verteilung der Steuerbelastung auf die breite Masse der Bevölkerung einerseits und den Besiß andeverseits vorgenommen worden. Nach dieser Richtung werden sehr gern Zahlen mitgeteilt, die aus der Ver- gangeunheit stammen, Zahlen, die ihre Erklärung aus den s{chlimmen Zuständen der FFnflationswirtschaft finden, wo es troß mancher Maß- nahmen, die von der Reichsregierung ergriffen worden sind, nicht gelungen ist, die veranlagten Steuern nachher au in der gebühr- lihen Höbe einzuheben.

Fh denke nicht daran, den damaligen Zustand zu verteidigen. Aber wenn man objektiv über die Dinge spricht, kann man auch nicht die außerordentlichen Schwierigkeiten außer Auge lassen, die damals einer anderen Regelung im Wege gestanden haben.

Aber wie dem au sei, wenn die Reichsregierung in ihrer jeßigen Tätigkeit angegriffen werden soll, dann kommt es doch wohl nur auf das ‘an, was sih unter der jeßigen Reichsregierung vollzogen hat. Demgegenüber sind die mitgeteilten Zahlen alle

4 Sa

di S flia Skakclibtelbn iaiaiai anm mar Ragnntail nan mom. ma? houta Stivtlihtoit ist. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.) Jch möchte Jhnen mitteilen, wie sich die Steuerbelastungen bei deu Reichs- steuern auf die einzelnen Steuergruppen verteilen, und zwar so- wohl nach dem Voranschlag für die Zeit vom 1. Dezember 1923 bis §1. März 1924, wie auch nach dem tatsählihen Aufkommen in den Monaten Dezember 1923 und Januar 1924. Jch nenne immer die Prozentzahlen, bezogen auf das Ganze.

Danach sind Steuern vom Besiß erhoben nach dex Voraus- shäßung 54 vH. dec Gefamisteuecn, nah den tatsählichen Auf- kommen 58 vH. der Gesamtsteuern, Steuern vom Arbeitsklohn, wobei sich bekanntlih auch höher besteuerte Persönlichkeiten be- finden, 12,5 vH. nah der Schäßung, 14 vH. nach dem tatsächlichen Aufkommen (hört, hört! bei den Dentschen Demoëtraten), Steuern auf Genußmittel 5,5 vH. nah der Schäßung, 4 vH. nah dem tat- sählihen Aufkommen, und Steuern auf den Umsaß 28 vH. nah der Schäßung und 24 vH. nah dem tatsächlichen Aufkommen. Jh glaube, daß diese Zahlen anders klingen als die Zahlen, die stets aus der Vergangenheit mitgeteilt worden sind.

Was nun die Belastung durch die Länder und Gemeinden anbetrifft, so ist im allgemeinen, wie Sie wissen, nah unserem Steuersystem dort besonders eine Belastung des Besißes vorge- sehen, nämli in Gestalt der Grund- und Gebäude- und Getrerbe- steuern. Eine besondere Rolle im Zusammenhang spielt natürlich die sogenannte Mietssteuer. Die Frage aber, wer die Mietssteuer leßten Endes trägt, dürfte niht dahin beantwortet werden können, wie es aus dem Hause heraus, wenn ich vecht verstanden habe, versuht worden ist, daß das eine Steuer sei, die der Mieter als solher trage. Jch kann natürlih über die Entwicklung im ein- zelnen, über das Ausmaß der Entwicklung nah dieser und jener Richtung hier keine bestimmte Erklärung abgeben, aber das scheint mix ganz klar, daß die Mietssteuer so wie übrigens auch die anderen Steuern für ihr Aufkommen eine stärkere Entwicklung unserer deutschen Wirtschaft vorausfeßt. Jst das aber richtig, so muß sie eben aus dem Aufkommen der Wirtschaft in der Haupt- sache getragen werden.

Nun könnte man immer noch einwenden, die Steuern, die auf den Besiy gelegt seien, seien objeïtiv niht hôch genug. Dieser Einwand ist ja tatsählich hier im Hause auch erhoben worden, obwohl von sachverständiger Seite geschildert worden ist, wie ungemein hoh die Belastung des Besißes tatsächlih jeßt bereits ist. Wenn man in der Praxis der Steuererhebung steht, so weiß man, bis zu welcher Grenze heute die steuerliche Belastung wirt- schaftlißer Unternehmungen vorgetrieben ist, Wir find ja do heute so weit, daß uns in ungeheurem Umfang Anträge auf Er- mäßigungen, Stundungen u. dgl. vorgelegt werden mit ganz sorg- fältigen, tief in das Einzelne hincingehenden Begründungen. Sie kennen den Grundsaß der Regierung, daß wir festhalten müssen an der Zahlung der Steuern, weil es eben ohnedem keinen Aus- weg gibt. Aber die Behauptung aufzustellen, daß der Besiß nicht auf das allerstärkste herangezogen sei, ist unmöglih. Für die Land- wirtschaft sind die Zahlen hier im einzelnen |chon mehrfach ge- nannt worden, ich will sie niht wiederholen. Mir liegt aber hier eine Schäßung für eine industrielle Unternehmung mit einem

der Gültigkeit der Verordnung kann die Regierung freilich jeßt |

Vermögen von 6 Millionen Goldmark vor, und da ergibt \sich für

eine solche Unternehmung in einex preußishen Gemeinde bei An» nahme durchschnittlicher Belastung mit der Gebäudesteuer eine Gesamtsteuerhöhe von 46,9 vT. des Vermögens, also annähernd 5 vH. (Hört, hört! hei den Deutschen Demokraten.) Wenn Sie nun damit rechnen, daß die industrielle Unternehmung keinen erhecb!*chen Gewinn abwirft und so ist do heute die Lage noch vielfa in der Wirtschaft —, dann bedeutet diese Belastung cinen ganz

ungeheuren Betcag.

Mit alledem ist natürclich nicht gesagt, daß nit auch die Belastung der großen Masse der Bevölkerung sehr hoch ist, Aber das is ja unsere Notlage, das ist die Sachlage, die man anerkennen muß, wenn man unser Volk retten will, daß von allen Seiten Steuern gezahlt werden müssen über das normale Maß hinaus, damit wir aus der Not überhaupt herauskommen.

Das führt mich noch einmal zu der Frage, wie stark die durchshnittlihe Steuerbelastung des Deutschen jest ist und wie hoh das steuersreie Einkommen ist. Nach dieser Richtung hat Herr Abgeordneter Dr. Helffserich die von mir neulich genannten Zahlen bestritten. Jch kann diese Bestreitung nicht als begründet anerkennen. Herr Dr. Helfferich bat meinen Zahlen eine eigene Berechnung gegenübergestellt. Seine Berehnung beruht aber offensihtlih auf einer irrigen Vorausseßung. Herr Dr. Helfferich geht bei der Ermittlung seiner Zahlen von dem Gesamtbetrag der Ausgaben aus, die in Reich, Länder und Gemeinden im «Fahre 1913 gebraucht worden sind. Jch habe als Grundlage ‘die Belastung mit Steuern genommen. Damals sind ja die Au3gaben azu einem sehr erheblihen Teil aus Bcetriebsüberschüssen der Eisen- bahn und andever Betriebe gedeckt worden. Mir kam es darauf an, zu zeigen, wie hoh die steuerlihe Belastung als solche ift, Die von mir genannten Zahlen beruhen für das Reich und für die Länder auf amtlilem Material und für die Gemeinden auf amtlih gesc,äßtem Material. Daraus ergibt sih, daß im Fahre 1913, umgerechnet auf den jeßigen Gebietsstand, eine Gesamt- belastung mit Steuern vorgelegen hat von 493,5 Mark, Nimmt man nun das Nationaleinkommen von 1913, ebenfalls bei Umrechnung auf den jeßigen Gebietsstand, mit 37,5 Milliarden an, fo ist das Ergebnis die von mir genannte Zahl von 10,9 vH.

Was die Steuerbelastung des Fahrces 1924 angeht, so ist allerdings hier die Ermittelung einer auch nux annähernd z1 treffenden Zahl außerordentlich \schwierig. Besonders in der Frage, wie hoh das Nationaleinkommen Deutschlands im gegen- wärtigen Zeitpunkt zu schäßen sei, müssen die Meinungen no!- wendigerweise auseinandergehen; denn rechnerishe Un:erlagen, die eine wirklihe Gewißheit geben können, fehlen. Gleichwohl halte ich die Auffassung, der Herr Dr. Helfferich Ausdruck ge- geben hat, für nicht möglich. Er nimmt ein Nationaleinkommen von insgesamt 18 Milliarden Goldmark an. Dazu einige Zahlen, die die Unmöglichkeit dieser Berehnung meines Erachtens dartun, Das Einkommen der Lohn- und Gehaltsempfänger, das nicht. nur

das Einkommen der Arbeiter und Angestellten, sondern auch das |

der höchstbezahlten Kräfte dec Privat- und Staatswirischaft um- faßt, kann im Durchschnitt mit 100 Goldmark angenommen werden. Dem Lohnabzug unterliegen 21 Millionen Steuer- pflichtiger. Rechnet man hiervon 3 Millionen Erwerbsloser und Kurzarheiter ab, so bleiben 18 Millionen Steuerpflichtiger mit einem Durchschnittseinkommen von 1200 Goldmark jährlih übrig, Allein die Einkommen der Lohn- und Gehaltsempfänger zwingen daher bei Berehnung des Nationaleinkommens zur Einstelluig eines Postens in Höhe von 21,6 Milliarden Goldmark. Diese Schäßung findet eine Stüye in dem tatsählihen Ertrag der Lohnsteuer. Da eine durchschnittliche steuerlihe Belastung des Einkommens von 4 vH. angenommen. werden muß, so ist bei einem steuerlihen Einkommen von 21,6 Milliarden der jährliche Ertrag der Steuer auf 864 Millionen Goldmark zu veranschlagen. Auf den Monat entfallen demgemäß 72 Millionen. Tatsächlich auf- gekommen sind im Monat Fanuar 74,7 Millionen. Bei diesem Tatbestand wird niht wohl behauptet werden können, daß die von mir zugrunde gelegte Shäßungszahl von 25 Milliarden Goldmark für das Gesamteinkommen wesentlich unrichtig sei Wenn der Herr Abg. Dr. Helfferich die Steuerbelastung auch für das Fahr 1924 wieder durch die Ausgaben zu ermitteln sucht, jo

“kann ih auch dieses Verfahren niht als rihtig anerkennen. Die |

von mir angegebenen Zahlen über die Steuerbelastung beruhen auf der Schäßung nah dem jeßt geltenden Steuersystem und er- geben einen Gesamtbetrag von Steuern für Reih, Länder und Gemeinden von 6894 Millionen Goldmark. Dies weicht im Er- gebnis von der durch Herrn Dr. Helfferich angegebenen Zahl von 7 Milliarden nux unbedeutend ab. Jch halte demnach die von mir genannten Zahlen über die Steuerbelastung und das steuerfreie Durchschnitt8einkommen der Fahre 1913 und 1924 voll aufrecht.

Meine Damen und Herren, aber auch die von Herrn Dr. Helfferich genannten Zahlen kamen auf dasselbe Hauptergebnis heraus, nämlich auf das Ergebnis einer ungemeinen Verarmung unseres Volkes. Angesih:s dieses Tatbestandes gibt es kein anderes Heil, als durch Anspannung der Einnahmemöglichkeiten auf das äußerste und Beschränkung dec Ausgaben ebenfalls auf

das äußerste uns für die Zukunft wieder den Weg ins Freie |

zu bahnen.

110, Sißung vom 12. März 1924. Nachtrag.

Die Rede des Reichsfinanzministers Dr. Luiher bei det zweiten Beratung des Geseßentwurss über die Ausprägung neuer Reichssilbermünzen hat nah dem vorliegenden Sten gramm folgenden Wortlaut: i

Meine Herxen! Was die etwaigen praktishen Schwierigkeiten im Zahlungsmittelverkehr anbetrifft, so ist das neue Geld ja gerade dazu bestimmt, solhe Schwierigkeiten, die jeßt in starkem Maße noch vorhanden sind, besonders von der Notgeldseite her zu beheben. Jch kann mir au nicht vorstellen, daß im Rahmen dessen, was untex unseren Verhältnissen überhaupt möglich i}, das neue Geld eine Verwirrung von si aus hervorrufen sollte. Was insbesondere die Abstellung auf Feingold anbetrifst, so mache ih darauf auf merksam, daß sich im Geseß die ausdrückliche Bestimmung findeh, daß der Reichsminister der Finanzen gerade zu diesem Punkt die näheren Bestimmungen erläßt und sie selbstverständlich erlassen wird im Zusammenhang mit dem ganzen Zustand un}el Währungswesens,

und f

Millionen

Der zweite Gesich*8punki, der geltend gemaht wurde, ist ein zährungspolitischer. Hier kann ih durchaus nit den Aus- ührungen des Herrn Abgeordneten Helfferich folgen. Wic können ¡ht mir einem Male den ganzen En:wicklungsgang, den die Renten- ark genommen hat, abbrechen. Jch habe wir s{hon neulich rlaubt, hier im Hause darzulegen, daß das eben bei dex Entstehung er große Unterschied zwischen der Neumark war, wie sie früher eplant worden ist, und der s{ließlih entstandenen Rentenmark. Die Neumark war ein Währungsgeld, die Rentenmark is kein zährungsgeld, sondern das Währungsgeld ist die Papiermark eblieben. Jh glaube, ih habe neulih im Hause eine ziemlich veitgehende Zustimmung gefunden, als ich darauf hinwies, daß wir edenfalls zu Beginn unseres neuen Währungsverhältnisses bei Feststellung eines festen Verhältnisses zwishen Papiermark und Rentenmack außerordentlihe Schwierigkeiten hervorgerufen hätten, je vielleicht so stark gewesen wären, daß sie die Stabilisiecung ‘berhaupt verhinKrt hätten. (Sehr wahr!) Es 1st aber selbst erständlich, daß, wenn die Rentenmark zum Währungsgeld gemacht ird, dann au ein geseßlih festes Verhältnis zur Papiermark hestehen muß.

Nun hat sih jevt auf der wirtschaftlichen Grundlage ein festes Verh.ltnis herausgebildet, Die Regierung hat sih seit langer eit die Frage überlegt, ob etwa der Zeitpunkt oder, vielleicht hihtiger gesagt, der Entwiälungspunkt gekommen ist und demnächst ommt, wo man das, was tatsächlich geworden ist, in eine Rechts- orm kleidet. Wenn man diese Frage zu irgendeinem Zeitpunkt hejaht, dann ist es immer noch eine außerordentlich s{chwierige und verantwortliche Enischeidung, in welher Form man dann den ein- heitlichen Währungszusammenschluß der verschiedenen Zahlungs- mittel auf deutshem Gebiet vornehmen will. Bei diesem Sah- verhalt bitte ih, auf das dringendste empfehlen zu dürfen, daß über diese sehr verantwortung8volle Frage nur auf der Grundlage einer Regierungsvorlage ein Beschluß gefaßt wird,

Die Rede, die der Neichspostminister Hötle am Schluß her zweiten Beratung des E E A gehalten hat, lautet dem jeßt vorliegenden Stenogramm zufolge :

Meine Damen und Herren! Man könnte glauben, wix ständen ¡iten in den Etatsberatungen. Es sind eine ganze Menge von Dingen behandelt worden, die mit dem Gesey nichts oder wenig zu tun haben. FJch werde mich auf das beshränken, was das (esey selber angeht. Fn dec Begründung ist dexr Nachweis er- hraht, warum das Gesey notwendig ist. Gerade wenn man in der Post ein Wirtschaftsunternehmen sieht und .keine Hoheits- verwaltung, muß man das Gesey als unbedingt notwendig an- seten, - (Zuruf von den Kommunisten: Es war doch früher nicht notwendig!) Was früher niht notwendig war, kann man doch heute einführen.

Dazu kommt folgendes. Wir brauchen eine größere Wirt- shastlichkeit, eine größere Beweglichkeit. Das Geseg will diese Ausgabe lösen. Bei den Beratungen im Reichsrat und im Aus- shuß hat es sih im wesent!ihen um zwei Fragen gehandelt. Ein- mal um die Frage, auf die Preußen großen Wert gelêgt hat, ob man den Reichspostminister durch einen Generalpostmeister er- sehen soll. Fch gebe ohne weiteres zu, daß man darüber zweierlei Meinung sein kann. Vielleicht bringt die Zukunft eine solche Ent- wvicklung. Jm gegenwärtigen Augenblick, glaube ih, kann die Che aber unmöglich gelöst werden, weil man das Schicksal der Ejmbahn jeyt gar niht übersehen kann. Dazu kommt, daß .die Einführung des Generalpostmeisters den ersten Schritt zur Pri- betisierung bedeutet, dem naturgemäß eine ganze Reihe weiterer Ehritte folgen müßten.

Die zweite Frage betrifst das Verhältnis der Reichsgestaltung zu Vayern und Württemberg. Fch habe bereits im Ausshuß Wert darauf gelegt, festzustellen, daß die Reichspostverwaltung die

V Etaatsverträge mit Bayern und Württemberg bisher loyal durch-

geführt hat. Bayern und Württemberg werden zugeben müssen, daß sich bisher Meinungsverschiedenheiten in der Durchführung der Staatsverträge niht ergeben haben. Wir sind auch in Zu- kunft bereit, das gute Verhältnis Bayerns und Württembergs zum Reih aufrehtzuerhalten.

Zweitens denke ih gar nicht daran, Bayern und Württemberg irgendwie finanziell zu shädigen. Jch erkläre hier ganz feierli, daß ih bereit bin, mit Bayern und Württemberg in neue Ver- handlungen über die Frage zu treten, wie die 250 Millionen und die 620 Millionen au3 der Welt geschafft werden können. Jh glaube, daß ein Weg geßunden werden kann, mit dem auch Bayern und Württemberg einverstanden sein können. Bisher war das ja gar niht möglich. Die Juflation war so stark, die Stabilität der Währung so wenig garantiert, daß bisher der Versuch, eine Ver- ständigung mit Bayern und Württemberg herbeizuführen, gar nicht gemaht worden ist.

Jch kann verstehen, wenn die württembergischen und bayerischen Vertreter bis zu einem gewissen Grade in dem Antrage Preußens tine Spiße gegen Bayern und Württemberg erblickden. Fch darf aber doch hinzufügen, daß der Absay 2 des § 13 sih genau so gegen Preußen wie gegen Bayern und Württemberg tihtet. Das Grundprinzip dabei ist zu verhüten, daß das Prinzip der Verkehrseinheit irgendwie durchbrochen wird. (Sehr gut!) Wir wollen, wie ih erklärte, den Staatsvertrag loyal durchführen. Aber darüber hinaus können Sonderrehte weder Bayern noch Vürtte:nberg, auch nicht Preußen konzediert werden. Der Absay 2 des 8 13 bedeutet eine Sicherung, mit der alle Parteien tkinverstanden sein können.

Jh hobe noch eine weitere Erklärung hinzuzufügen. Das Reihzpostministerium ist geru bereit, bei Aufhebung von Ober- postdirektionen mit den Ländern in Verbindung zu treten.

Meine Damen und Herren, bezüglich des Personals sind eine ganze Menge Anfragen und Anregungen gegeben worden. Zu- nâhst stelle ih fest, daß das Berufsbeamtentum auh in Zukunft beibehalten werden soll. Wir denken nicht daran, wie das viel- fach befürchtet wird, einen größeren Teil des Personals man

spriht ja davon, bis hinauf zu Gruppe VII auf Dienstvertrag

inzustellen. Wir wollen das Berufsbeamtentum bei der Post auch in Zukunft beibehalten.

Zweitens haben wir bisher keinerlei Prämien eingeführt und verden auch in Zukunft solhe Prämien nit zur Einführung bringen. Jh begreife gar nit, warum immer die Aufregung vorhanden ist, daß wir zur Prämieneinführung übergehen werden. I denke gar nicht daran. Der Veamtenabbau ist bei der Post im wesentlichen durchgesührt. (Bravo!) Es sind ungefähr 17 bis 18 Prozent Beamte abgebaut worden, ohne Angestellte und ohne Arbeiter, J glaube, wir können mit Recht sagen, daß die Sache

jeßt abgeschlossen und erledigt ist. Vei der jeßigen Verkehrs- entwicklung wird die Post néitere Beamte kaum entbegren können. Die Befürchtungen, die in dieser Hinsicht geäußert worden sind, sind nah meiner Meinung durchaus unbegründet.

Was die Bezahlung der Beamten angeht, so bin ih dafür nit zuständig, sondern der Herr Finanzminister Dr. Luther st der da- für zuständige Minister. Aber die Länder haben selbst lebhafte Bedenken darüber geäußert, ob sie in der Lage sein würden, die Erhöhung der Beamtengehälter durchzuführen. Jh persönlih bin der Meinung, daß unter allen Umständen am 1. April eine Er- höhung der Beamtengehälter eintreten muß. (Bravo!)

Eine weitere Frage betraf den Abbau der Postbestellung auf dem Lande. Jch gebe zu, daß vielleicht da oder dort das eine oder andere hätte vermieden werden können, (Sehr richtig!) Die Post selbst befindet sich aber in einex sehr chweren finanziellen Situation, und unsere größte Sorge war bisher die Balancierung des Etats, namentlich mit Rücksiht darauf, daß das Reih uns vom 15, November ab keinen Pfennig Zuschuß mehr gegeben hat. Fch bin aber gern bereit, wenn sih die finanzielle Lage bessert, nah- zuprüfen, inwieweit auf dem Lande eine Verbesserung der Post- bestellung eintreten kann. (Bravo!)

Dann ist gefragt worden, wie der Verwaltungsrat zusammen- geseyt werden soll. Wir denken dacan, die Jndustrie, das Hand- werk, den Handel, die Landwirtschaft, die Presse, das Verkehrs- gewerbe und die großen Arbeitnehmerorganisationen zu berüd- sichtigen, und zwar sollen die einzelnen Landesteile paritätish berüdcksichtigt werden. Was das Personal angeht, so wollen wir für eine Vertretung des gesamten Personals, der höheren, mittleren und unteren Gruppen sowie auch der Arbeiierorganisationen Sorge tragen. Der Reichstag wird in diesen Tagen selbst seine Vertreter zu wählen haben. Wir wollen hoffen, daß eine ersprießliche Arbeit im Verwaltungsrat geleistet werden wicd. (Beifall.)

Zu dem Antrag der Deutschnationalen auf Abänderung des Artikels 180 der Reichsverfassung erklärte der Vizekanzler Dr. Jarres nah dem amtlichen St1enogramm :

Meine Damen und Herren! Namens der Reichsregierung habe ih Jhnen folgende Erklärung abzugeben.

Der Herr Reichspräsident hat im Laufe der Fahre 1921 und 1922 wiederholt lebhaft darauf gedrängt, daß die in der ursprüng- lihen Form der Weimarer Reichsverfassung unbefristet vorgesehene Neuwahl des Reichspräsidenten alsbald vorgenommen werde. Die Wahl wurde zunächst aufgeshoben, weil die Mitwahl Oberschlesiens noch nicht möglich war. Als dann die neuen Grenzen Ober- schlesiens feststanden, wurde in voller Vebereinstimmung mit dem Herrn Reichspräsidenten der 3. Dezember 1922 als Wahltag in Aussicht genommen. Aus diesem hohen Haus entsprang jedoch nachträglih derx dringende Wunsch, die Neuwahl zu verschieben. Fünf Parteien des Hauses brachten ein Jnitiativgesey ein, wonach der von der Nationalversammlung gewählte Reichspräsident sein Amt bis zum 30, Juni 1925 führen soll. Das Gese wurde unter dem 27. Oktober 1922 mit sehr großer Mehrheit als verfassung- änderndes Gesez angenommen, und zwar in der Form, daß es der Verfassung selbst einrerleibt wurde. Damit sollte dieser Frage eine ruhige, feste Grundlage gegeben werden.

Seither sind keine Umstände hervorgetreten, die plöglich eine Aenderung notwendig machen könnten. Eine solche Aenderung würde eine Aenderung der Verfassung sein und könnte daher nur mit verfassungändernden Mehrheiten beschlossen werden. Die Regierung kann niht glauben, daß das Haus sih zu einem so sprunghafsten Wechsel seines nach eingehenden Verhandlungen niedergelegten Willens entshließen wird.

Ganz besonders ungeeignet ersheint die Verbindung dec Wahl des Reichspräsidenten gerade mit den Reichstagswahlen. Nach der Reich3verfassung soll der Reichspräsident dem Reich?tag gegenüber eine unabhängige und selbstständige Stellung einnehmen. Er soll dem Parteibetrciebe und den Parteikämpfen entrückt werden. Aus diesem Grunde ist absihtlich seine Wahlperiode anders bestimmt, als die des Reichstags; er soll auf sieben Fahre, der Reichstag nur auf vier Jahre gewählt werden. A

Die Reichsregierung bittet daher, dem von den Abgeordneten Hergt und Genossen eingebrahten Geseßentwurf die Zustimmung nicht zu geben.

Deuischer Reichstag. 411. Sißung vom 13. März 1924, Mitiags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ®).)

Am Regierungstishe: Reichsfinanzminister Dr. Luther und Reich3swirtschaftsminister Ha m m. i

Präsident L ó b e eröffnet die Sißzung um 12 Uhr 20 Min.

Auf der Ta ug Les die zweite Lesung des Geseßes übex die deutsche Golddiskontbank,

. Qr. Nießer (D. Vp.) berichtet über die Verhandlungen des AOA Tes, ber ber Borlare, im wesentlichen zugestimmt hat. Nur § 14, der eine Amnestiè für die Zeichner von Aktien der deutschen Golddiskontbank vorsah, soweit sie fh gegen die Kapitalfluchigeseßs- gebung vergangen hatten, ist gestrihen worden. ;

Die Nede des Reichswirischaftsministers Hamm, der hier- auf das Wort erg eift, wird nah Eingang des Stenogramms veröffentlicht werden. L L

i at.) beantragt, im ie Be-

Abg. Dr. Hel fferich (D. Nat.) beantragt, 8 auf fund

1UI0ONnen

timmung zu streichen, daß die Bank die Befugnis hat, Sli s Selende Noten bis zum Gesamtboötrage von ( Pfund Sterling auszugeben. Ferner soll nah dem Antrag Helfferich die Saßung der Bank der Mgi der Me Des unter- liegen. Der Antragsteller bemängelt die allzu große Ei jer igte A der ein so weittragendes Geseß verabschiedet werden solle. Das Recht der Notenausgabe, das man der neuen Bank geben wolle sei ein Stein des Anstoßes. Ein E zur Ausgabe von Noten in fremder Währung liege absolut niht vor. Ueber das Verhälinis der neuen Pfundnote zu den Rentenmarkscheinen usw. habe die Regierung im Ausschuß keine hinreichende Klarheit verbreitet. Man habe gesagt, diese Mine sei überhaupt keine Note. Aber wozu dann die empfindlide Beschränkung des Notenausgaberehts der bestehenden deutschen Notenbanken? Jn der. Presse sei eine verderbliche Stimmungsmache für das Projekt der internationalen Goldnotenbank getrieben worden, für die die Goldfkveditbank den Weg ebnen solle. Die Bindungen, die diese leßtere nah sich ziehe, involvierten i die deutsche Wirtschaft, ja selbst für unjere nationale Unabhängigkeit die rößten Gefahren. Ein Reichstag mit hippokratischem Zuae sei nicht erufen, die Verantwortung für einen solchen verhängnisvollen Schritt u übernehmen. È | : Ába Der nburg (Dem.) warnt vor einer Ablehnung der Vor- lage, Das wäre verhängnisvoll. Die Kreditnot ‘im beseßten und

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind,

unbeseßten Gebiet sei ungeheuer. Auch die größten Unternehmer wüß.en niht, wehe: sié Kredit bekommen sollten. Seine Fraktion nehme die Vorlage nah den Ausschußvorschiägen an, wenn jie au lieber esehen häâtle, dcß der Amnestieparaaraph bestehen geblieben wäre. Abg. Nobert Schmidt - Berlin (Soz.) gibt zu, daß die Zndustrie durch den Kreditmangel in shwere Bedrängnis geraten sei. Der Redner fimmt daber der Vorlage zu, die auch den Interessen der Arbeiter gerecht werde, da sonst vermehrte Arbeitslosigkeit zu befürhien sei. Den Amnestieparagraphen lehnt der Redner entschieden ab. j Abg. Schla ck (Zentr.) hebt hervor, daß die Noten dec Bank eine Vermehrung des Devisenbesites in Deutschland bedeuteten, Damik werde zugleich die Rentenmark gehalten, Die Hauptsache sei, daß es a wn eine deutshe Bank handele, die ihren Sih in Deutsch- and habe, Abg. Frölich (Komm.) bekämpft die Vorlage. Abg. Rau ch (Bayer. Vp.) gibt dem Wunsch Ausdruck, daß die Vorteile der neuen Bank Abi lediglich der Zentrale Berlin zugute kommen

Nunmehr wird unter Ablehnung dex Anträge Helsferich die Vorlage nach den Ausschußbe{cchlüssen angenommen. Wirts aftêminister Hamm bittet um Wiederherstellung des Amnestieparagraphen, die aber abgelehnt wird. Der Gesehentwurf über die Golddiskontbank wird dann in dritter Lesung gegen die Deutschnationalen und die Kommunisten angenommen. Jm § 5 wurde unter Abänderung der Vorlage nah dem Ausshußvorschlag be- chlossen, daß zur Liquidierung der Golddisfontbank nicht die teichsbank zuständig sein soll, daß es vielmehr dazu eines Reichsgeseßes bedarf. Ebenso angenommen wird die ent- sprechende Aenderungdes Bankgeseßtes.

Jun der Schlußabstimmung wird dann in dritter Lesung das Reichspostfinanzgeseß mit der nötigen Zweis drittelmehrheit angenommen. Ebenfalls in der Schlußab- stimmung wird auch der Notetat in dritter Lesung an=- genommen.

Es folgt die exste und zweite Beratung des von den Sozial- demokraten, vom Zentrum, von der Volkspartei, von den

. Demokraten und der Bayerischen Volkspartei eingebrachten

Antrages, wonach 1. für die Zeit nah der Auflösung des Reichstags bis zu den Neuwahlen der Präsident und seine Stellvertreter sowie die Mitglieder der ständigen in dex Vers fassung eingeseyten Ausschüsse des Reichstags (Auswärtiger Ausschuß und Ueberwachungsausschuß) die Aufwands-= entshädigung weiter beziehen; 2. sämtlihe Mitglieder des Reichstags bis zum Tage nah der Neuwahl die Eisens bahnfreikarten behalten sollen.

Präsident Löbe: Jn der Presse is ein irrtümliher Bericht verbreitet worden, als ob es sih hier um eine Verlängerung der RNeichstagsdiäten handelt, Eine Anzahl von Zeitungen hat daraufhin hämishe Bemerkungen gegen den Reichstag gemaht, Wir können dagegen nichts machen; das ist eine Frage der Vornehmheit und des uten Gesckmacks, (Zustimmung.) Jn diesem Falle beruhen die hämischen Bemerkungen auf einer notorishen Unwahrheit. (Sehr wahr!) Von keiner Partei 1 ein Antrag in jener Richtung gestellt worden, Der Antrag bezieht sih nur auf die Weitergewährung der part und auf die Weitergewährung der Entschädigung an die

rgane des Neichstags,. die noch weiter tätig sind. Ih weiß nicht, ob es jemand gibt, der der Meinung ist, es sei eine Annehmlichkeit, persönlich den Wahlkampf aufzunehmen. d

Abg. v. Graefe (D. Völk.): Bei den ungeheuer wichtigen Entscheidungen, die in nächster Zeit bevorstehen, kann die Regierung unmöglich allein die Verantwortung tragen. Gs müßie daher die Möglichkeit einer Tagung ReT D TERHA auh nach der Auf- lösung erhalten bleiben. (Gelächter.) Es ist das ja nit eine be- ondere Sicherung für unser Volk, soviel Vertrauen habe ih zu

m Reichstag nicht; aber noch viel wenicer Vertrauen habe ih zu

dieser Regierung. (Große Heiterkeit.) Im Reichstag besteht eine

E sehr Vene aber um so ents{lossenere Opposit'on, und man soll doc die Möglickkeit niht unterbinden, diese Opposition das bißcen Kritik auch in der Zwischenzeit gegenüber dieser Regierung üben zu lassen, was heute noch möglich ist. Wenn Sie das nit wollen, wenn Sie eine parlamentslose Zeit vorziehen, dann lassen Sie auh noch die Fahrkarten shießen. (Heiterkeit) Gin kleines b:ßchen sind doch die Fahrkarten auh ein Geschenk. (Große Heiterkeit.)

Präsident Löbe : Der Zwelk, den der Abgeordnete von Graefe erreihen will, wird nach der Verfassung von den Ausschüssen, die sie auêsdrücklih einseßt, wahreenommen; was Herr von Graefe darüber hinaus verlangt, wird sih ja die Regierung bei den Maß- er tuet fie für heute noch vor hat, zu überlegen haben. (Große Heiterkeit.

s Der Anixag wird darauf mit sehr großer Mehrheit in allen seinen Teilen angenommen. (Reichskanzler Dr. Marx erscheint im Saale.)

Es folgt die erste Beratung des von der Bayerischen Volkspartei eingebrahten Geseßentwurfes, die Wahlen zum Reichstag Sonnabend, den 12. April, stattfinden zu lassen und diesen Tag für einen Le en Ruhetag zu ers klären, für den alle Lohne, Gehälter und dergl. „sorigeigns werden müssen. Mit zur Verhandlung gestellt wird ein Ans trag der Deutschnationalen, die Reichsregierung zu ersuchen, mit dem Reichspräsidenten darüber in Verbindung zu treten, daß bei dec Anberaumung des Termins s die Reichstagss wahlen auf die christlichen Festzeiten gebührende Rücksicht ges nommen wird.

Den Antrag der Bayerischen Volkspartei begründet Abo geordneter Me r ck.

Reich3minister des Jnnern Dr. Farres: Meine Damert und Herren! Namens der Reichsregierung habe ih meine ernsten Bedenken gegen diesen Antrag vorzubringen. Es ist rihtig, was der Herr Abg. Merck eben gesagt hat, daß die Annahme dieses An- trags wohl ohne Verfassungsänderung vor sih gehen könnte. Aber ih habe folgende Bedenken dagegen geltend zu machen:

Zunächst wirtschaftlihe Bedenken. Es ist, wenn der Antrag angenommen wird, mit einer Belastung der deutshen Volkswirts \chaft von etwa 40 bis 50 Goldmillionen zu rechnen. (Höri! hôrt! rechts.) Ob das zu tragen und zu verantworten ist, gebe ih Jhrer Entscheidung anheim.

Aber cin formelles Bedenken muß meiner Ansicht nach durh- schlagen Die Formalitäten, die im beseßten Gebiet wegen der Wahlen zu erfüllen sind, sind außerordentlih unsicher (sehr rihtig! bei den Vereinigten Sozialdemokraten). Es ist leider niht Mit Bestimmtheit damit zu rechnen, daß diese Formalitäten so be- shleunigt erledigt werden, wie wir das vom deutschen Jnteresse aus wünschen müssen.

Aus diesem formalen Grunde muß ih Sie dringend bitten, von der Annahme dieses Antrages Abstand zu nehmen.

Abg. Sollmann (Soz.) hai ebenfalls Bedenken gegen den Antrag. Die Lohnempfänger würden in Gefahr kommen, daß fie ‘an diesem Tage ihren Lohn verlieren. Es bestehe sogar die Möglitkeit, daß aroße Mengen von Arbeitern vor diesem Tage entlassen würden,

Der Antrag der Bayerischen Volkspartei wird gegen die Antragsteller und die Deutschnationalen abgelehnt.

Angenommen wird ohne Aussprache der Antrag der Mittelparteien auf Einschränkung der Wahlver-

sammlungen währendderOsterzeit,