1880 / 80 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der Oberlehrer Dr. Lütjohann am Gymnasium zp. Greifswald ist in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium zu Kiel berufen worden.

Bei dem Gymnasium zu Göttingen is der ordentliche Lehrer Dr. Renner zum Oberlehrer befördert worden.

Königliche Akademie der Künste.

Bekanntmach un-g.

Der Unterricht in der Königlichen Akademie der bildenden Künste beginnt für das nächste Sommer-Semester in Folge nothwendiger bauliher Veränderungen erst am 19. April d. J.

Die Meldungen der neu eintretenden Schüler werden vom 15. bis 17. April d. J. während der Nachmittagsstunden von 2—4 Uhr im Sekretariat der Königlichen Akademie der bil- denden: Künste Unter den Linden Nr. 38 entgegen- genommen.

Berlin, den 3. April 1880.

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste. Sektion für die bildenden Künste. Hithig. Ministerium des JFnnern.

Dem Landrath von Lengerke is das Landrathsamt Im Kreise Schmalkalden übertragen worden.

Kriegs-Ministerium.

Der bisherige Amtsrichter Th ewalt ist unter Ernen- nung zum etatsmäßigen Militär-Fntendantur-Assessor und unter Ueberweisung zu der Jntendantur ŸII1. Armee - Corps im Militär-Verwaltungsdienste angestellt worden.

Der Jntendantur-Sekretär Gutsmann von der Jnten- dantur V1. Armee - Corps ist zum Geheimen expedirenden ct eg und Kalkulator im Kriegs - Ministerium ernannt worden.

4°%%iges vormals Nassauishes Staatsanlehen , von 1000000 FlI., d. d. 1. Oftober 1851.

Bei der am 6. d. Mts. stattgefundenen 29. Verloosunq der Partial-Obligationen des unter Vermittelung des Bankhauses der Herren M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M. nego- ciirten 49/9 igen vormals Nafsauishen Staats-Anlehens. von 1009 000 Fl., d. d, 1. Oftober 1851 find die nachverzeichneten Obligationen zur Rüdckzahlung auf den 30. Juni 1880 ge- zogen worden :

Litt, A, à 1000 Fl. oder 1714 Æ 29 „S. Nr. 65 66 69 =3 Stü ck üb er 3000 Fl. oder 5142 Æ 87 9.

Litt. B. à 500 Fl. oder 857 A 14 „§. Nr. 88 114 171 217 240 256 257 276 315 354 395 400 405 577 616 618 629 634 665 681 710 756 -791 794 = 24 SGtüd über 12000 Fl. oder 20571 A 36 S.

Litt, C. à 300 Jl. oder 514 A 29 S. Nr. 8 89 142 145 147 183 231 249 276 281 356 409 448 452 456 557 575 578 593 597 686 693 706 708 743 777 787 867 932 984 = 30 Stüd über 9000 Fl. oder 15428 M 70 S,

Litt. D, à 100 Fl. oder 171 A443 §. Nr. 2 29 56 78 95 133 180 225 240 268 275 292 368 487 505 556 564 578 595 601 629 633 643 749 756 769 799 802 803 837 865 871 887 910 964 1018 1029 1039 1048 1200 1229 1292 1360 1419 1425 1440 1472 1536 1556 1599 1687 1710 1736 1769-1797 1806 1818 1821-1937 = §9 Stück über 5900 Fl. oder 10114 M 37 »§. Summa 116 Stü dck über 29 900 Fl. oder 51257 Æ 30 S.

Die Inhaber dieser Partial-Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken in Kenntniß geseht, daß die Kapitalbeträge, deren Ver- zinsung nur bis zum Nückzahlungêtermine stattfindet, bei folgenden Stellen erhoben werden können: bei dem Bankhause der Herren M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M., bei der Königlichen Regierungs-Hauptkasse in Wiesbaden, bei jeder anderen Königlichen Regierungs- und Bezirks- Hauptkasse, bei der Königlihen Staats\chulden-Til- gungskasse in Berlin, bei der Königlichen Kreiskasse in Ér ankfurt a. M. Die Auszahlung erfolgt gegen Rückgabe der

bligationen und der dazu gehörigen Coupons Ser. III1. Nr. 3 bis 8 und Talon. Der Betrag der etwa fehlenden unentgeltlich zurüd- zugebenden Zinécoupons wird au dem zu zahlenden Kapitale zurück- Lehalten. Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen Regierungs- Hauptkasse hier, oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., jondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so. sind Die betreffenden Obligationen nebst Coupons und Talons 14 Tage vor dem Verfalltermine bei dieser Kasse einzureihen, von welcher Dieselben vor der Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden sind.

Rück ständig sind noch aus den Verloosungen:

pro 30, Juni 1877. D, 1922,

pro 30. Juni 1878. B, 550, D. 1611,

pro 30. Juni 1879. D. 1739.

,_Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zu deren Einlösung aufgefordert. Wiesbaden, den 12. März 1880. Der Regierungs - Präsident. v. Wurmb.

Nichtamtliches. Deutsches Nei.

Preußen. Berlin, 5. April. Se. Majestät der Kaiser und Kön 8 nahmen gestern die Meldung des nah St. Petersburg zurückehrenden Legations-Sekretärs Prinzen von Arenbexg entgegen und empfingen Se. Kaiserlihe und König- lihe Hoheit den Kronprinzen,

__ Heute hörten Se. Majestät den Vortrag des Chefs des Civil:Kabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski, und empfingen den diesseitigen Botschafter in Wien, Prinzen Heinri VIL. Reæaß. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern ‘dem Gottesdienst im Dome bei.

, Se. Kaiserliche und Königliche Holt der Kronprinz und

Prinz Wilhelm dinixten bei den Kaiserlichen Majestäten. hre Majestät die Kaiserin und Königin war Abends in der Generalversammluag des Magdalenen-Vereins anwesend.

_— Jn der am 3. d. M. unter dem Vorsiße des Staats- Ministers Hofmann abgehaltenen Plenarsißung des Bun des- raths erfolgte die Ueberweisung der Präsibialvorlagen, be- treffend: a, ben Entwurf eines Geseßzes wegen Abänderung des Art. 4 des nzgeseßes vom 9. Juli 1873 und b. die

erabsezung des Vetrages der Reichs-Kassenscheine zu fünf ark an die zuständigen Ausschüsse.

]

vinzialeLandtag von Ostpreußen ist heut 12 Uhr, durch den Königlichen Kommissarius, Ober- von

Ferner wurde über das Pensionsverhältniß "mehrerer in den Ruhestand übertretender Kadettenlehrer Entscheidung ge- troffen und zugleich der Neichskanzler allgemein ermächtigt, bei der Pensionirung der an den Militärbildungsanstalten an- gestellten Lehrer in Bedürsftigkeitsfällen die Anrehnung der Zeit ihrer etwaigen Beschäftigung an höheren Kommunal- UÜnterrichtsanstalten als pensionssähige Dienstzeit zuzulassen, sofern ihre Stellung in diesem Dienste nicht lediglih in einer n?ebenamtlichen Beschäftigung bestanden hat und ihr gesammtes E in und außer dem Dienste ein pflihttreues ge- wesen ist.

Schließlih gelangte der Geseßentwurf wegen Erhebung von Reichsstempelabgaben, über welchen ein schristliher Bericht der Ausschüsse für E und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rehnungswesen vorlag, zur Feststellung.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sißung zu- sammen.

Nath der im Reihs-Eisenbahn-Amt aufgestellten- in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über die im Monat Januar d. J. auf deutschen Eisenbahnen aus\{l. Bayerns vorgekommenen Un fälle waren im Ganzen zu verzeichnen : 44 Entgleisungen und 19 Zusammenstöße fahren- der Züge, und zwar wurdén hiervon 28 Züge mit Personen- beförderung von je 4895 Zügen dieser Gattung Einer und 25 Güterzüge resp. leer fahrende Lokomotiven betroffen; ferner 47 Entgleisungen, 26 Zusammenstöße beim Rangiren und 147 sonstige Betriebsereignisse (Ueberfah- ren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Defekte an Maschi- nen und Wagen 2c.).

In Folge dieser Unfälle wurden 1 Passagier, 19 Be- amte und 2 fremde Personen verleßt, 7 Thiere getödtet a A E und 75 Fahrzeuge erheblih, 197 unerheblich eshädigt.

Außer den vorstehend aufgeführten Verunglückungen von Personen kamen größtentheils durch eigene V.nvorstchtigkeit hervorgerufen noch vor: 31 Tödtungen (1 Passagier, 10 Beamte, 12 Arbeiter und 8 fremde Personen), 85 Ver- leßungen (2 Passagiere, 41 Beamte, 32 Arbeiter und 10 aps Personen) und 7 Tödtungen bei beabsichtigtem Selbst- morde.

Faßt man sämmtlihe Verunglükungen von Personen ausschließlich der Selbstmorde zusammen, so ent- fallen auf:

A. Staatsbahnen und unterStaatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 16 749 km Be- triebslänge, 22700 km Geleislänge und 367 973 190 geför- derten Achskilometern) 102 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Oberschlesische Bahn (26), die Badische Staatsbahn (15) und die Elsaß-Lothringischen Bahnen (13); auch verhält- nißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achs- kilometer und der im Betriebe gewesenen Gekeislängen, sind die meisten Verunglückungen auf den genannten drei Bahnen vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150km Be- ‘triebslänge bei zusammen 10 616 km Betriebslänge, 13926 km Geleislänge und 234242071 geförderten Achskilometern 35 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Cöln- Mindener Bahn (14), die Rheinishe Bahn (10) und die Hessishe Ludwigsbah# (2; verhältnißmäßig sind jedo auf der Dels-Gnesener, Posen-Kreuzburger und Cöln-Minde- ner Bahn die meisten Verunglückungen vorgekommen.

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1063 km Betriebslänge, 1136 km Geleislänge und 6 610 598 geförderten Achskilometern) S und zwar auf der Dortmund - Gronau - Enscheder

ahn.

Von den im Ganzen beförderten 11225 075 Reisenden wurde Einer getödtet und 3 verleßt (auf der Badischen Staatsbahn Einer getödtet und auf den Elsaß: Lothringischen Bahnen, der Magdeburg - Halberstädter und Oels - Gnesener Bahn je Einer verlett.) /

Von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten A von je 13 061 Einer getödtet und von je 2177 Einer verleßt.

__ Ein Verglei mit demselben Monate des Vorjahres er-

giebt, unter Berülksichtigung der in beiden Zeitabschnitten geförd erten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Ge- leislängen, daß im Durchschnitt im Januar d. Js. bei 11 Bahnen mehr, bei 19 Bahnen weniger und in Summa ca. 9 Proz. weniger Verunglückungen vorgekommen sind, als in demselben Monate des Vorjahres.

Wird Jemand wegen qualifizirter Beleidigung aus §. 186 des Strafgeseßbuches (wegen Behauptung: verächt- lih machender, nicht erweislih wahrer Thatsachen) angeklagt, so darf dem Angeklagten, nah einem Erkenntniß des R eich s- gerihts, III. Strafsenats, vom 11. Februar 1880, der Be- weis der Wahrheit der beleidigenden Thatsache niht damit abgeschnitten werden, daß der Richter annimmt, es liege jeden- falls eine nah §. 185 St. G. B. strafbare einfahe Beleidi- gung vor, so daß, abgesehen von der Anklage aus §8. 186 Str. G. B., der Angeklagte aus 8. 185 de}. zu bestrafen sei.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburg-s{hwerinshe Ober-Zolldirektor Oldenburg ist in Berlin eingetroffen und der Bevollmächtigte zum Bundesrath Königlich württembergishe Wirkliche Geheime Kriegsrath von Horion nah Stuttgart abgereist.

Der Spezial-Kommissarius, Regierungs-Assessor L weg zu Arnsberg ist an die Königliche Regierung zu Wies- baden verseßt, und sind die bisher im Kollegium der König- lihen General-Kommission zu Münster beschäftigt gewesenen Negierungs-Assessoren Freytag und Helfferih, und zwar Ersterer in Siegen und Leßterer in Arnsberg, als Spezial- Kommissarien stationirt.

General-Lieutenant von Zeuner, Commandeur der 13, Division, ist nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder abgereist. :

S. M. Kanonenboot -, Alba troß“, 4 Geschüße, Kom- mandant Korv.-Kpt. Mensing I, ist am 4. d. Mts. in Gibraltar eingetroffen.

Königsberg, 5s. April. (T. D.) Der dritte Pro -

Mittags ] äsidencen orn, eröffnet worden.

Posen, 4. April. Die zum 21. Provinzial-Land-

tage des Großherzogthums Posen einberufenen Ab- geordneten wohnten heute früh um 10 Uhr dem Gottesdienste

in der katholishen Pfarrkirhe ad St, Mariam Magdalenam, bezw. in der evangelischen Kirche St. Pauli bei und versam- melten sich sodann um 1211/3 Uhr Nachmittags in dem Sißungssaale des Ständehauses.

Nachdem der Königlihe Kommissarius , Ober-Präsident Günther durch eine Deputation benachrich-tigt worden war, daß der Provinzial-Landiag versammelt sei, begab si derselbe in die Mitte der Versammlung und eröffñete den Provinzial. Landtag mit folgender Ansprache :

„Hochgeehrte Herren !

Nachdem Sie bei Ihrer leßten Versammlung nur einige beson- ders dringende Geschäfte erledigt haben, wird der bevorstehende Pro- s Ihre Thätigkeit in aus8gedehnterem Maße in Anspru nehmen.

Das Haus der Abgeordneten hat bei Berathung eines Antrages auf Annahme eines Geseßentwurfs, betreffend die Vererbung der Landgüter in der Provinz Westfalen und in einigen rheinischen Kreisen, beschlossen, die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, au für die ütrigen Provinzen im Falle des Bedürfnisses Geseßentwürfe wegen Regelung der ÎIntestaterbfolge in den Bauernhöfen den beiden Häusern des Landtages vorzulegen. Dem Allerhöchsten Propositions- defrete gemäß werden Sie zu erwägen haben, ob ein Vedürfniß in der angegebenen Richtung in der hiesigen Provinz hervortritt, und in welcher Art bejahendenfalls demselben abzuhelfen sein möchte. Eine bezügliche Vorlage wird Ihnen zugehen.

Der in dem Allerhöc\ten Propositionsdekrete an Sie ergangenen Aufforderung zufolge werden Sie ferner, hochgeehrte Herren, mit einem Reglement, betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder, si zu beschäftigen haben. Nach §. 13 des Geseßes vom 13. März 1878 find die näheren . Bestimmungen über diesen den Kommunal- verbänden übertragenen Verwaltangszweig durch besondere von den: Vertretern der Verbände zu erlassende Reglements zu treffen, welche in gewissen- Beziehungen der Ministerial-Genehmigung unterliegen. Der Entwurf eines solchen Reglements wird Jhrer Beschlußnahme unterbreitet werden.

Sodann wird Ihnen eine Vorlage wegen Gründung einer- Landeëkultur-Rentenbank gemacht werden. Das Geseß vom 13. Mai 1879 giebt den Provinzialverbänden die Befugniß, zu bestimmten Zwedcken Landeskultur-Rentenbanken zu errihten. Von Ihrer Ent-- s{ließung wird cs abhängen, ob eventuell in welhem Umfange eine solhe Bank in der Provinz ins Leben treten soll.

Weitere Vorlagen betreffen die in dem Allerhöchsten Pros vositionsdekrete bezeihneten und andere von Ihnen vorzunehmende Wablen, die Abänderung einiger Bestimmungen des Reglements für die Feuersozietät der Provinz Posen, die Errichtung einer Wiesenbau- \cule für die Provinz, Abänderungen der für den Bau der Kunst- straßen geltenden Normativbestimmungen, die Benußung einiger Provinzialchausseen ¿ur Anleguug von Sekundärbahnen, die Auf- stellung eines Inventariums der Baudenkmäler der Provinz, die Provinzial-Freistellen im Samariter-Ordensstift in Craschniß u. dgl. m.

Die Berichte über die Wirksamkeit der Provinzial ständischen Verwaltungen werden Jhnen mit den nöthigen Ausweisen ebenfalls. vorgelegt werden. Sie werden daraus, wie ih annehmen darf, die Ueberzeugung gewinnen, daß es Ihren Verwaltungsorganen ungeachtet der fih immer mehr steigernden Anforderungen an dieselben gelungen ist, ibren Aufgaben zu genügen.

Bei der Erledigung Ihrer hiernach recht umfassenden Geschäfte O Sie, soweit es in Ihren Wünschen liegt, gern nach Kräften unterstüßen.

Indem ih noch bemerke, daß ein Allerhöch{ster Landtag8abschied auf die beiden Immediatadressen des 20. Provinzial. Landtages, betref- fend die Revision der Gebäudesteuer-Veranlagung und die Einfüh- rung von Amtésiegeln für die Behörden der kommunalen Provinzial- verwaltung nicht zu ertheilen gewesen ist, überreihe ih Ihnen, Herr Landtags-Marschall das Allerhöchste Propositionsdekret vom 27. März d. J. und erkläre im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs den 21. Provinzial-Landtag des Großherzogthums Posen für eröffnet.“

Münster, 4. April. Heute Mittag 12 Uhr wurde der auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs einberufene Landtag der Provinz Westfalen im Sißungssaale des hiesigen Ständehauses, nachdem zuvor die Mitglieder des Landtags dem im, Dome und in der evangelischen Kirche ab- s Gottesdienste beigewohnt hatten, durch den König- ichen Landtags-Kommissarius, Ober-Präsidenten von Kühl- wetter, mittelst folgender Ansprache eröffnet :

Hochgeehrte Herren !

__ Se. Majestät Unser Allergnädigster Kaiser und König hat die Einberufung des Provinzial-Landtags für Westfalen auf den heutigen Lag befohlen und mich zu Allerhöhstihrem Kommissarius, den bis- herigen N Freiherrn von Bodelshwingh-Plettenberg zum Landtags-Marschall und den Freiherrn von Landsberg-Steinfurt zum Vize-Marscball ernannt.

Indem ih Sie, meine Herren, herzlich willkommen heiße, gereicht es mir zur besouderen Freude, vor Ihnen aussprechen zu dürfen, daß die Verwaltung der Provinzialanstalten und des Vermögens der Provinz seit dem Zusammentritt des leßten Provinzial-Landtags mit anerkennenswerther Sorgfalt und Einsicht geführt worden und von den besten Erfolgen begleitet gewesen ist. Die den Provinzialständen übertragene Selbstverwaltung hat sich bewährt. Die Schwierig- keiten, mit welchen jede neue Organisation nothwendigerweise zu An- fang verbunden ist, find überwunden.

Im Wege der Verständigung sind die Bedenken beseitigt, welche den von Ihrem Aus\{chuß entworfenen Reglements sich entgegen- stellten, und lehtere werden, soweit sie niht bereits genehmigt sind, Ihrer Genehmigung nnterbreitet werden. In derselben Weise ift auch ermögliht worden, die Verwaltung der Provinzial-Feuersozietät in die provinztalständishe Verwaltung übergehen zu lassen und nicht minder derselben die Unterhaltung der Bezirksstraßen zu übertragen. In E beiden Angelegenheiten werden Ihnen geeignete Vorlagen zugehen.

Cine ganz hervorragende Thätigkeit hat die Wegekommission Ihres Ausschusses entwiLelt und in lebendigstem dnß des großen Segens, den gute Kommunikationen mit fi führen, nicht nur für die Unterhaltung der Straßen Sorge getragen, sondern auch für die Vermehrung derselben durch reihlihe Subventionen der Kreise und Gemeinden geforgt, soweit die der Provinz überwiesenen Mitltel reiten. Allgemein wird die Bereitwilligkeit zur Hülfe und- die schnelle Erledigung der Unterstüßungsanträge gerühmt. Dennoch bleibt noch Viel zu thun übrig und manche Lücke ist im Wegebau noch auszufüllen, daher dringend zu wünscben, daß der Unterstüßungs- fonds dur erhdöhete Zuschläge angemessen verstärkt werde. Auch dürfte die Erfahrung gelehrt haben, daß die in der ersten Organi- sation vorgesehenen tehuishen Kräfte zu gering bemessen worden und daher einer Vermehrung bedürfen.

Die der Provinzialverwaltung anvertrauten Anstalten befinden sih durchweg im besten Zustande, erfreuen sih der sorgsamfsten Pflegé und verdienen theilweise Musteranstalten genannt zu werden, Den beiden Jrrenanstalten zu Marsberg und Lengerich ist die dritte im ehemaligen Klofter Marienthal hinzugetreten. Ob dem Bedürfniß dadur auf die Dauer abgeholfen wird, steht dahin. Sollte eine weitere Vermehrung nothwendig werden, so dürfte in Erwägung zu ziehen sein, ob dieselbe blos quantitativ zu bewirken oder ob niht besser eine Spezialisirung einzutreten habe, indem für Blödsinnige, Epileptische, Cretins 2c. eine eigene Anstalt hergestelt wird, die eigentlihen Irrenanstalten aber dadurch erleihtert werden,

Die Taubstummenanstalten haben sich dur reibliheren Zufluß an Taubstummen und an Mitteln ta gehoben. J erinnere an die Wo Ne euge Wilhelm-Augusta-Stiftung_im Betrage von 100000 4 zur Dotirung von Freiftellen aus Veranlassung der Goldenen Hochzeit

Jhrer Majestäten.

Für die Unterbringung{verwahrloster Kinder, soweit das Gese vom 13, März 1878 dieselbe als Pflicht deu Pevvingitlderbänbea (ufe

t, ist im Wege des Vertrags mit Familien oder Privat- erletea | faeai worden. Ob den Zwecken des Geseßes in dieser Meise nachaltig abgeholfen werden kann, wird den zu macenden Erfahrungen zu überlassen sein und der Aufmerksamkeit der provinzial-

ändi [tung empfohlen. mae e ‘viesen kurzen Bemerkungen nur noch den Dank beizu-

ü n ich dem Ausschuß gegenüber einpfinde, für sein stets bereit- fügen, Ven d sreundliches Entgegenkommen, das ih um so höber zu schäßen habe, als au die administrativen Kräfte des Ausschusses zehr knapp bemessen sind und dringend der Verstärkung bedürfen.

Der Landtagsabschied auf die Beschlüsse und Petitionen der leßten Session ist bereits in den Händen Ihres Herrn Marschalls. Ih h:be aus demselben hervor, daß es in der Absicht der Staatsregierung liegt, die für die östlide Hälfte der Monarcie begonnene Form der Kreis- und Provinzialordnung auch auf die Provinz Westfalen auszudehnen. z

Das Allerhöcste Propositions-Dekret für den auf heute zusam- menberufenen Landtag habe ih die Ehre, Hiermit dem Herrn Mar- schall zu übergeben. Außer den gewöhnlihen Aufgaben jedes Land- tags, als Wah. en 2c., verlangt das Dekret eine gutachtliche Aeußerung, eb und in welcher Weise in der Provinz Westfalen ein Bedürfniß na ander weitiger Regelung ter Erbfolge in den Bauernhöfen Her- vorgetreten ist und, bejahenden Falles, auf welche Art diesem Be-

irfniß Rechnung getragen werden kann. ir, G ereits erwähnten Reglements für die Irrenanstalt

Marientlal und für den Uebergang der Provinzial -Feuersozietät Gar eesseits Vorlagen gemacht worden in Bezug auf den Bau einer Verbindungsstraße zwischen dem Hundem- und Ederthal, einer Scfkundärbaha von Cölbe nah Laasphe und einer anderen von Ifer- lohn nah Menden, die Theilung des Amtes Bochum uad Bildung eines Amtsbezirks aus den Gemeinden Königssteele, Freißenbruch, Eiberg und Horst, die Vereinigung der Gemeinde Oberbon®efeld mit der Stadt Langenberg, unter Abtrennung von der Provinz West- falen, Bewilligung eines Zuschusses zu der rheinish-westfäliscen Gewerbeaut stellung in Düsseldorf, eines Zuschusses für den Bau eines Proviuzial-Museums, endlich die sonstigen der vorschrif!8mäßigen Betheiligung des Landtags zu unterziehenden laufenden Angelegen-

ad wollen hieraus entnehmen, hocgeehrte Herren, vel ¿h otte

i eld der Thätigkeit Ihren Berathungen gegeben ift. t “a e auf denselben rußen, und mögen Ihre Beschlüsse Fruchtbringend werden für alle Zukunft unserer Provinz, Mir wird es zur besonderen Ehre und Freude gereichen, vorkommenden Falles

ith und That nach Kräften mitzuwirken. : : E Nanen Sr. Majestät des Kaisers und Königs eröffne ih

Hiermit den 24. Westfälischen Provinzial-Landtag.

Wiesbaden, 5. April. (T. D.) Heute Mittag 12. Uhr fand die Eröffnung des Kommu nal-Landtags des Regierungsbezirks Wies baden im Sitzungssaale des Regierungsgebäudes durh den stellvertretenden Landeskom- missar, Regierungs-Präsidenten von Wurmb statt.

Bayern. München, 3. April. (Allg. Zig) Se Majestät der König hat vorgestern den Fürsten Bismarck zu dessen Geburtstag telegraphisch beglückwünscht.

Jhre Kaiserliche Hoheit die Prinzessin Gisela wurde gestern Mittag 124 Uhr von einem Prinzen glüdlih ent- bunden. Die Tauffeier soll am nächsten Montag statt- finden und ohne besondere Festlichkeit vollzogen werden, da die zweitgeborene Prinzessin und Tochter Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Leopold von der Erkrankung am Scharlach noch nit vollständig genesen ist.

Die Regierungen der Bodensee- Uferstaaten haben sich über die standesamtlihe Behandlung der auf dem Bödensee eintretenden Geburts- und Sterbefälle verständigt. Die vereinbarten Bestimmungen werden durch Erlaß des Staats-Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußeren heute im „Geseß- und Verordnungshlatt“ bekannt gegeben.

4, April. (W. D. B) Die. hiesige Polizeidirek- tion hat auf Grund des Sozialistengeseßes die von der deut- chen Volkspartei für morgen Abend anberaumte Volks- versammlung, in welcher der Reichstagsabgeordnete Sonne- mann einen Vortrag über den „Militarismus“ halten wollte, verboten. Jn Folge dessen wird nur eine Parteiversammlung abgehalten werden.

Baden. Karlsruhe, 3. April. (W. L, B.) . Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute Nachmittag 3 Uhr nah Berlin abgereist.

Elsa5-Lothringen. Straßburg, 3. April. Der A E nimmt am Dienstag, den 6. d. M., seine Thätigkeit wieder auf. Auf die Tagesordnung kommt der Geseßentwurf, betreffend die Erhöhung der Licenzgebühren für den Kleinverkauf von geistigen Getränken.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 2. April. Wie die „Presse“ erfährt, ist bezüglich der Vermählung des Kron- prinzen Rudolf mit dem belgishen Hofe die Verein- barung getroffen worden, daß dieselbe in der zweiten Hälfte des Februar k. J,, wahrscheinlih am 21., stattfinden wird.

Die Publikation der Ernennung des ungarischen Ab- geordnetenhaus-Präsidenten von Szlavy zum Reichs-Finanz- Minister und des Reichs-Finanz-Ministers Frhrn. von Hof- mann zum Jntendanten der Kaiserlihen Hofbühnen wird der „Pol. Corr.“ zufolge erst für den Zeitpunkt erwartet, wenn im ungarishen Abgeordnetenhause jene Eisenbahn- vorlagen der Regierung, deren Vertretung dem Kommuni- kations-Minister Hrn. von Pechy zufällt, erledigt scin werden. Hr, von Pehy wird nämlich allgemein als der Nalhfolger von Cg im Präsidium des ungarischen Abgeordnetenhauses

zeihnet. ;

Pest, 2. April. Morgen nimmt das ungarische Abg e- ordnetenhaus seine regelmäßigen Sißungen wieder auf. Die „Bud. Corr.“ hebt bejonders hervor, daß Herr v. Szlavy denselben präsidiren werde. Den nächsten Gegenstand der Verhandlung bildet das Budget des Kommunikations-Mini- steriums. Nach Erledigung der Budgetdebatte sollen die auf die Rekonstruktion Szegedins Bezug nehmenden Gesetzentwürfe an die Reihe kommen. Bezüglich des Geseßentwurfes über den Mittelshulunterriht wird mehrseitig versichert, Minister Trefort wolle das Haus ersuchen, diesen Entwurf womöglich noch vor Vertagung des Reichstages in Berathung zu ziehen. __— 3, April. (W. T. B.) Fremy trifft morgen hier ein, um die Verhandlungen mit der ungarishen Re- gierung enen des Ausbaues der serbish-unggrischen Anschlußlinie wieder aufzunehmen. Derselbe bégiebt sich sodann nach Belgrad, um seine Propositionen auch dem serbischen Kabinet zu unterbreiten.

4. April. Ein heute stattgehabter Ministerrath be- Jhäftigte fich mit den mit den verschiedenen Mächten wieder aufzunehmenden wirthschaftlihen und kommerziellen Verhandlungen und mit den auf die Rekonstruktion Szegedins bezüglihen Geseßvorlagen. Die leßteren wur-

den vom Ministerrathe genehmigt und sollen demnähst dem Unterhause unterbreitet werden.

Großbritannien und Jrland. London, 3. April. Die „Allg. Corr.“ schreibt über die Parlamentswahlen: Die Wahlerfolge der Liberalen dauern ununterbrochen fort. Wie man im konservativen Lager darüber denkt, zeigen die nachstehenden resignirten Auslassungen des „Standard“, Das Toryblatt schreibt: Angesichts der uns vorliegenden Resultate der gestrigen Abstimmungen würde es nußlos sein, die That- sache zu ignoriren, daß es nit länger eine offene Frage ist, ob die liberale Partei beim Zusammentritt des Parlaments eine Majorität besißt. Der leßten Schäßung zufolge hat die Opposition einen klaren Gewinn von ungefähr, funfzig Sißen davongetragen. Diese Berechnung liefert den Beweis, daß das „mechanische“ -Uebergewiht des Konservatismus zu den Phrasen der Vergangenheit gehört. Bei der politischen Kriegführung haben Nücblicke absolut keinen Zweck. Die Anerkennung vollzogener Thatsachen is die erste Pflicht, welche dem praktishen Politiker zukommt. Feder gute Kon- servative wird die Ereignisse der leßten Tage beklagen, allein wenn die konventionellen Klagen das Herz erleihtert haben, läßt sih- weiter wirklih nihts mehr sagen. Die ministerielle Majorität ist verschwunden. Amt und Macht harren des Griffs der liberalen Partei. ‘Das größte Jnteresse knüpft sih nunmehr an die Frage, in welcher Weise die Liberalen den von ihnen errungenen Sieg ausnüßen werden.

Bis jet wurden im Ganzen 208 Liberale, 125 Konser- vative und 13 Home Ruler gewählt. Die Liberalen haben nunmehr 68 Siße gewonnen und nur 18 an die Konservativen verloren. Der Reingewinn der Liberalen an Sigßen stellt sich somit auf 50, was bei einer Abstimmung im Unterhause gleich: bedeutend mit 91 Stimmen ist. Jm Laufe der gestrigen Ab- stimmung gewannen die Liberalen 17 Siße und die Konser- vativen 2. Der konservative Verlust vertheilt sih auf zwei Sitze in Southwaxrk und zwei in Northampton, wo der Atheist und Republikaner e C und Labouchere, der Heraus- geber des Londoner Gesellschaftsjournals „Truth“ gewählt wurden und je einen in Aylesbury, Chelsea, Christchurh, Ericklade, Marylebone, New-Jioß, Salisbury, Shasftesbury, Scarborough, Stafford, Stoke-on-Trent woselbst neben dem Liberalen Dr. Kennely au der Konservative unterlag, War- rington, und York wo der Staatssekretär für Frland, Mr. Lowther, einem Liberalen Plaß machen mußte. Die zwei ge- wonnenen Siße sind die in Bandon und Carrickfergus. Es ist nunmehr beinahe die Hälfte des neuen Unterhauses gewählt.

Die Ergebnisse der Abstimmung in den hauptstädtischen Bezirken Southwark, Marylebone, Chelsea, Tower Hamlets und Finsbury sind mit einer einzigen Ausnahme zu Gunsten der liberalen Partei ausgefallen. Diese Ausnahme betrifft den Bezirk Tower Hamlets (Ostlondon), wo Mr. Ritchie, der frühere konservative Vertreter, mit 12489 Stimmen wie- dergewählt wurde. Der frühere liberale V rtreter Samuda mußte indeß seinem Gesinnungsgenossen Bryce Plaß machen, der 12 584 Stimmen davontrug. Auf Samuda fielen nur 10791 Stimmen. JnSouthwark wurde an Stelle der Kon- servativen Clarke und Beresford zwei Liberale gewählt, Cohen und Rogers. Ersterer erhielt 9693, leßterer 9521 Stimmen. Jn Finsbury wurden die früheren zwei liberalen Vertreter des Distrikts, Alderman Sir A. Lusk und Mr. W. Me. Cullagh Torrens, Erstérer mit 16,128, Leßterer mit 15 247 Stimmen wiedergewählt. Chelsea wählte den radikalen Sir Charles Dilke wieder und an Stelle des Konservativen Gordon den Liberalen Firth, Ersteren mit 12 406, Letzteren mit 12046 Stimmen. Auf die konservativen Kandidaten fielen je etwas über 9000 Stimmen. Jn Mary- lebone endlich wurde der frühere konservative Vertreter Forsyth dur den Liberalen Grant verdrängt, während der frühere liberale Vertreter Sir T. Chambers, der Syndikus der City, wiedergewählt wurde. Die enormen Mehrheiten, mit denen die liberalen Kandidaten gewählt wurden, bekunden die Entschlossenheit der liberalen Wähler, die Tories vom Staats- ruder zu verdrängen, Auch die Konservativen zeigten sich äußerst rührig. Jn Lambeth hat die Parteivertretung dur die Wall keine Veränderung erfahren. E /

Es heißt, daß, falls Gladstone für Midlothian gewählt wird, Mr. Waddy, der in Sheffield durchgefallene liberale Kandidat, für Leeds aufgestellt werden würde.

Dem „Daily Chronicle“ wird aus Allahabad, vom 31. v. Mts., gemeldet :

Unser Vertreter, der Mustaufi, ist gegen die ia der von Mr. Lepel Griffin erlassenen Proklamation angedeutete Lostrennung Caadahars von dem übrigen Durani-Königreih. Der Mustaufi intriguirt in Folge dieser Trennung, wie man glaubt, mit Hashien Khan, und nährt die Opposition gegen die anglo-indishe Regelung Afghanistans. Demselben Blatte zufolge hatte Abdurrahman Khan den Titel eines Emirs von Afghaniftan und Turkestan ange- nommen, Balkh als seine Hauptstadt designirt, der Bevölkerung eine Krieassteuer auferlegt und Distrikt?gouveraeure zur Ausführung sei- ner Dekrete als Emir ernannt.

Ueber die Resultate der Parlamentswahlen sind beim „W. T. B.“ folgende weitere Meldungen eingegangen:

4, April. Jn East - Staffordshire sind die Liberalen Baß und Wiggin gewählt worden; die Liberalen haben da- durch einen Siß gewonnen. L

4, April, früh. Die Liberalen gewannen bei den Parlamentswahlen ferner neue Siße in: Southampton, Brighton (zwei Sige), Ashton-under-:Lyne, Stalybridge, New- castle-on-Tyne, Stirlingshire, Perthshire, Dumsfriesshire und Pembrokeshire, die Konservativen in Coleraine und Helston.

5. April, früh. Bis Mitternacht war das Ergebniß von 412 Wahlen bekannt, von den Gewählten gehören 271 zu der liberalen, 141 zu der konservativen Partei. Die Liberalen haben bis. jeßt einen Reingewinn von 59 neuj gewonnenen Sigzen zu verzeichnen; wie es scheint, dürften dieselben auch ohne die Homeruler über die Majorität in dem neuen Parla- mente versügen. L

4. April. (W. T. B.) Dem „Observer“ zufolge ift noch keine definitive Entscheidung darüber getroffen, ob das Ministerium unmittelbar zurücktreten, oder ein Votum des Parlaments abwarten solle. Diese Entscheidung würde erst exfolgen, wenn die genaue Ziffer der liberalen Majorität vor- liege. Nach dem Wahlergebnisse vom leßten Freitag habe si ein Spezialgesandter zu Jhrer Majestät der Königin Victoria nah Deutschland begeben. Das anne S att will ferner wissen, daß Gladstone nicht geneigt sei, in die

Regierung einzutreten, es seine Parteigenossen Granville

und Hartington in loyaler Weise unterstüßen werde. Frankreich. Paris, 2. April. Die „Fr. Corr.“

{reibt : Die Bischöfe Frankreihs werden gegen die De-

krete der Regierung in Betreff der Jesuiten 2. pro-

testiren, und zwar durch gemeinsame Eingaben nah den kir{h- lihen Provinzen, in welche Frankreich zerfällt. Die Bischöfe der Diözese Paris waren gestern zu dem Zwecke bei dem Kar- dinal- Erzbischof von Paris versammelt. Es fragt sih übrigens, ob der gesammte Episkopat gegen die Regierung Front machen wird. Nach dem „Telegraphe“ haben vielmehr mehrere Bischöfe fich bereit erklärt, die Regierung bei der Ausführung des Geseßes zu unterstüßen. Die Kongregationen werden s{chwerlich die Autorisation des Staatés nahsuchen. Man macht dasür geltend, daß eine andere Handlungsweise nur ganz nußgßlos eine Anerkennung der Regierungsdekrete be- deuten würde, da doch mit aller Bestimmtheit angenommen werden müsse, daß keine einzige Kongregation von derMajorität der Deputirtenkammer die staatliheAutorisation erhalten werde. Dazu kommt noch, daß ein 90 der Kongregationen von vornherein niht darauf rechnen darf, ihre eventuellen Autorisations- gesuhe von der Regierung zur Weiterbeförderung an die Kammer angenommen zu sehen; es sind das alle diejenigen, deren „Mutterhäuser“ und deren „Obere“ sich im Auslande befinden. Zu dieser Kategorie gehören augenblicklih 17 Kon- gregationen, die 146 Klöster und 1911 Jnsassen in Frank- reih haben, darunter die Benediktiner mit 14 Klöstern und 239 Mönchen, die Kapuziner mit 31 Klöstern und 406 Mönchen, die Dominikaner mit 20 Klöstern und 293 Mönchen, die Franziskaner mit 26 Klöstern und 409 Mönchen 2c. Die Zahl der nichtautorisirten Kongregationen, welhe in Frank- reih ihre „Mutterhäuser“ und ihre „Oberen“ haben, beträgt 33 mit 192 Klöstern und 4011 Mönchen; die bekanntesten unter denselben sind die Karthäuser mit 12 Klöstern und 393 Mönchen, die Oblaten, die Maristen, und vor allen die éd welche leßtere 23 Klöster mit 1455 Insassen be- igen.

Dem „Moniteur universel“ zufolge sind die Leiter der klerikalen Partei noch nit darüber einig, ob im Senat der Angriff gegen die Regierung in Form einer cFnter- pellation oder einer Petitionsdebatte geführt werden soi. Das erstere System hätte den Nachtheil, auf eine Tagesordnung hinauszulaufen, für welche die Freunde vom linken Centrum vielleiht zu stimmen sich nicht entschließen könnten, während eine bloße Verweisung der betreffenden Petitionen an die Regierung eher auf eine Majorität zählen dürfte. Doch ist ein Beschluß hierüber noch nit gefaßt worden. Dagegen sind nach derselben Quelle die Oberhäupter der Kongregattionen unwiderruflih gewillt, die Ermächtigung des Staates nicht nachzusuchen, ihre Auslösung durch die Regierung abzuwarten und gegen diese bei den Gerichten Rekurs zu ergreifen.

Der Minister des Jnnern hat aus Anlaß der bevor- stehenden Session der Generalräthe an die Präfekten die «Fnstruktion erlassen, daß die Regierung jeden „Wuns“, welchen diese Versammlungen gegen die Dekrete vom 29. März - äußern könnten, als ungeseßzlih ansehen würde.

Die Blätter veröffentlichen ein Schreiben des Kar- dinals Manning, worin er sagt: „Es existirt kein Schat- ten der Begründung für die Angabe, daß ich mich in die Parlamentswahlen mische; ih habe mich stets jeder Einmishung enthalten. Dies gebietet mix meine Amtspflicht.“

Italien. Rom, 4. April. (W. T. B.) Jhre Kai- serlihe und Königlihe Hoheit die Kronprinzessin Victoria folgte heute einer Einladung Jhrer Majestäten O und der Königin zur Theilnahme am Familien-

iner.

Der „Popolo Romano“ ist ermächtigt, gegenüber den Kommentaren verschiedener Blätter über die Unterredung des Generalsekretärs im Ministerium des Auswärtigen, Maffei, mit einem ausländischen Journalisten zu erklären: Maffei habe nur die Ansicht ausgesprochen, daß die italienische Re- gierung die Hoffnung und das Vertrauen habe, die guten Beziehungen mit England stets zu erhalten, welche Partei auch bei den gegenwärtigen Wahlen siegen würde, weil zwischen den Nationen dauernde und höhere Jnteressen als Personen- und Parteifragen bestünden.

Türkei. Konstantinopel, 3. April. (W. T. B.) Der Sultan hat den Beshluß des Ministerraths genehmigt, welcher den in der Gegenproposition Montenegros be- anspruhten Gebietsaustausch zugesteht. i

5. April, Ju offiziellen Kreisen wird versichert, daß die Pforte gegen die Einsezung einer europäischen Ko m- mission zur Regelung der gr iehischen Grenzfra ge keine Einwendung erheben werde, wenn diese Kommission in Kon- stantinopel zusammentrete. Die Botschafter Frank- reichs und Ftaliens werden sich demnächst auf Urlaub be- geben. Der neu ernannte Großscherif von Mekka, Abdul Matteb Effendi, ist nah Mekka abgereist.

Numänien. Bukarest, 4. April. (W. T. B.) Die „Jndependance de Roumanie“ will wissen, daß Calimäki Catargi als rumänisher Gesandter nah Paris zurück- kehren werde.

Serbien. Belgrad, 3. April, (W. T. B.) Die Gerüchte von der Demission des Minister-Präsidenten Ristitc und seiner Ersezung durch den früheren Minister- Präsidenten Marinowitsh werden regierungsseitig für unbe- gründet erklärt.

Bulgarien. Sofia, 4. April. (W. T. B.). Heute Vormittag hat die Eröffnung der Nationalversamm- lung dur den Fürsten in Person stattgefunden. Der Er- öffnung ging ein Tedeum in der Kathedrale voraus, welchem der Fürst beiwohnte. Derselbe wurde überall bei seinem Er- scheinen mit überaus sympathischen Zurufen begrüßt. Das gesammte diplomatische Corps wohnte der Eröffnung der Ver- fammlung bei. Der Fürst wurde bei seinem Eintritt in den Sizungssaal mit begeisterten Hurrahrufen empfangen. Jn der vom Fürsten in bulgarisher Sprache verlesenen Thron» rede gedenkt derselbe mit warmen Worten seiner Reise nach Rußland und des ihm Seitens des Kaisers Alexander zu Theil gewordenen Empfanges. Der Fürst betont dabei das ganz besondere Jnteresse, das der Kaiser Alexander für Bulgarien und dessen Entwickelung bezeige. Nachdem dann auf die guten Beziehungen zwishen dem Fürsten- thum und den auswärtigen Staaten und die allgemeine Sym- pathie, deren sich Bulgarien in Europa erfreue, hingewiesen worden, geht die Thronrede auf die inneren Angelegenheiten des Landes über und hebt besonders die Nothwendigkeit einer Geseßgebung für dasselbe hervor, welche ihm eine Organifa- tion und eine solide Grundlage seiner Entwicklung sichern solle. Es sollen der Versammlung 15 Geseßentwürfe unter- breitet werden, darunter Geseßentwürfe, betreffend die Orga- nisation ‘der Polizeigerichte, die höheren und niederen Shhulen, die Grundsteuer und die Nationalbank. Die Thronrede er-