1880 / 87 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

welche nach geseßliher Vorschrift der Genehmigung bedürfen, die-

selbe finden werden. Hochgeehrte Herren! Jn hervorragendem Maße ift Ihre Zeit

und Aufmerksamkeit dur die Prüfung der Rehnungsabschlüsse früherer Verwaltunasjahre und des eingehenden Berichts über die Verwaltung des verflossenen Eelvälttiahres in Anspruch genommen worden. Mit Befriedigung haben Sie hierbei davon Kenntniß ge- nommen, daß die Verwaltung der dem Provinzialverbande zufallen- den Angelegenheiten überall mit Umsiht und unter s\orgliher Ein- haltung der bestehenden Vorschriften und der Beschlüsse der Pro- vinzialvertretuyg geführt worden ist, und Sie dürfen daher mit er- höhtem Vertrauen auf eiae glücklihe Entwidkelung der provinziellen Angelegenheiten in die Zukunft blicken. In der festen Hoffnung und mit dem Wunsche, daß der vierte Ostpreußische Provinzial - Landtag nit allein dieses Vertrauen voll erechtfertigt finden, sondern auch bei seinem Zusammentreten eine ortshreitende Besserung auf allen Gebieten des wirthschaftlichen Lebens unserer Provinz zu erkennen in der Lage sein möge, erkläre ih kraft des mir gewordenen Auftrages den dritten Ostpreußischen Provinzial-Landtag für ge\s{lofsen.

Posen, 12. April. Jn der heutigen 4. Plenarsißung erledigte der Provinzial - Landtag des Groß- herzogthums Posen u. A. folgende Gegenstände: Von der allgemeinen Darstellung über den Zustand der Feuer- Sozietät der Provinz ist Kenntniß genommen. Ein daran geknüpfter Antrag, die Zwangsversiherung wieder einzufüh- ren, wurde abgelehnt ; dagegen soll die Direktion ersucht wer- den, eine entsprehende Vorlage in Betreff der Anwendung des d 6 des Reglements auf sämmtliche Versicherungen dem nächsten Provinzial-Landtage zu machen. Dem Antrage des Abg. A gemäß wurde beschlossen: bei Vertheilung der Provinzialabgaben nach der Staatseinkommensteuer die von einer Belastung mit Kreis- und Gemeinde- abgaben ganz oder theilweise befreiten Steuerbeträge mit Einshluß der Steuerbeträge der Militärpersonen außer Ansaß zu lassen. Der landwirthschaftlichen Versuchsstation zu Posen ist eine jährlihe Subvention von 3000 A jährli bis zum Zusammentritt des nächsten Provinzial-Landtages zugewendet, das Subventionsgesuhs des Vereins „Zoolo- gisher Garten“ abgelehnt worden. Jn Folge des Berichts der provinzialständishen Kommission sür den Chaussee- und Wegebau sind die Abgrenzungen der Wegebaubezirke genehmigt und der Betrag zu Pensionen von 5000 4 auf 8000 6 erhöht. Zwei Petitionen wegen Uebernahme von Chausseebepflanzungen von den Adjacenten auf die Provinz sind abgelehnt. Es wurde beschlossen, wegen Abänderung der in der Anweisung vom 6. April 1834 und der Jnstruktion vom 17, Mai 1871 festgeseßten Normativbestimmungen An- träge an den Minister der öffentlihen Arbeiten im Jnteresse der Förderung des Chausseebaues in der Provinz zu stellen. Ueber die Rehnungen des Chausseebaues in der Provinz pro 1876 bis I. Quartal 1878 ist Decharge ertheilt. Der Kranken- anstalt der barmherzigen Schwestern zu Posen und der evan- gelishen Diakonissen-Anstalt zu Posen ist je eine Unterstüßung von 6000 A gewährt. An Subvention sind jährlich bewilligt : der katholishen Genossenschaft der h. Elisabeth für ambukante Kranke 1500 4, dem St. Joseph-Stist 600 (4 Wegen Er- rihtung einer Wiesenbauschule zur Ausbildung von Aufsehern und Vorarbeitern für Be- und Entwässerung. von Wiesen und Aeckern soll die provinzialständische Verwaltungskommission die nöthigen Prüfungen vornehmen und darüber, unter Angabe der erforderlichen Einrichtungs- und Unterhaltungskosten, dem nächsten Landtage eine Vorlage machen.

Bayern. München, 9. April. (Allg. Ztg.) Durch Königliche Allerhöchste Entschließung wurden nachstchende im Anschluß an die diesjährigen größeren Truppenübungen zu vollziehende Aenderungen der Dislokation der

rmee im Jahre 1880 genehmigt: vom 1. Ulanen-Regiment fommt die 1. Escadron von Bamberg nah Neustadt a. A. und dafür die 5. Escadron von Neustadt a. A. nach Bam- berg, dann vom 4. Feld-Artillerie-Regiment die 4. Feld- Batterie von Nürnberg nah s urid die 5. Feld- Batterie von Augsburg nah Nürnberg.

_— 10. April. Nach einer Bestimmung der Vollzugsvor- christen zu dem Geseße vom 8. August 1878, betreffend die Errichtung eines Verwaltungsgerihtshofes 2c., soll eine zeitweise Veröffentlichung der prinzipiell wichtigeren Entschei- dungen dieses Gerichtshofes durch den Dru veranstaltet werden; zur Ausführung dieser Bestimmung erscheint von jeßt an nah Einvernehmen des Präsidenten des Verwaltungs-

erihtshofes, herausgegeben unter der Leitung des Staats- inisteriums des Jnnern, eine „Sammlung von Entscheidun- gen des Königl. bayerischen Verwaltungsgerihtshofes“/ und ist die erste Lieferung derselben heute ausgegeben worden. Sie enthält die von den beiden Senaten in der Zeit vom 24. Ok- tober bis 19, Dezember v. J. erlassenen Entscheidungen.

Württemberg. Stuttgart, 12. April. Wie der „Staats-Anzeiger“ meldet, ist der König Karl an der Grippe erkrankt.

Oesterreich-Ungarn, Wien, 11. April. Die Ankunft des Honved-Ministers Szende in Angelegenheit der M ili- tärgeseß-Novelle hat der Finalisirung der Verhandlungen über diesen Gegenstand gegolten, Dieselben dürften in dem heute, der „Montagsr.“ folge, unter Vorsiß des Kaisers abgehaltenen gemeinsamen Ministerrathe, an welchem die gemeinsamen Minister, die ungarishen Minister Tisza und Szende, Minister-Präfident Graf Taaffe und Dr. Ziemial- kowsfi, als Vertreter des Landesvertheidigungs - Ministers, theilnahmen, zum Abschlusse gelangt sein.

12. April. (W. L. B.) Jn der heutigen Sißung des Abgeordnetenhauses wies bei der Berathung des Budgets der Finanz-Minister Kriegsau auf die schwierige Stellung hin, welhe die Regierung den ungerechten Angriffen gegenüber habe und hob hervor, daß die Regierung bei der Aufstellung des Budgets nicht zu sanguinisch verfahren sei. Der diesjährige Zollertrag sei bis jeßt 2 Millionen Gulden höher als derjenige im gleichen ae des Vorjahres, Jm Oktober v. J. habe die

egierung ein klares Gronau. gegeben, die Bemühungen zur Herstellung des Gleichgewichts in dem Budget seien rastlos fortgeseßt worden. Es sei zu er- warten, daß den vereinten Bestrebungen aller Parteien elingen werde, dieses Ziel zu erreihen. Der Minister-Prä- sident Graf Taaf fe wies sodann auf die von der Regierung n allen Zweigen der Verwaltung beobachtete Sparsamkeit hin und bestritt die behaupteten Unzukömmlichkeiten bei der Hand- habung des Vereins- und Preßgeseßes, sowie der Wahlvor- schriften, Die in der Thronrede erwähnten Aufgaben seien zum größten Theile gelöst, Das Vollparlament habe Ersprieß-

liches auf dem volkswirthschaftlihen Gebiete geschaffen, aber auch eine politische Ein Rae wendig. Sollte die Re- gierung ein Hinderniß für diese Einigung bilden, so werde sie i was ihre patriotishe Pflicht sei. Die Rede des Minister-Präsidenten wurde von der reten Seite des Hauses mit Beifall aufgenommen.

__ Lemberg, den 11. April. Nach den bisher getroffenen Dispositionen sollen die großen Militär-Manöver der ostgalizishen Garnison vom 1. bis. 7. September in der San- Gegend stattfinden. Denselben werden, der „Presse“ zufolge, außer dem Kaiser auch Kronprinz Rudolph und Erzherzog Albrecht beiwohnen.

Großbritannien und Jrland. London, 12. April. (W. T. B.) Die Liberalen gewannen heute bei den Wahlen einen Sig in Wexford.

__— 13. Ap D) Der Bizokönig von JFn- dien, Lord Lytton, ist unter dem Titel: Earl Lytton in den Grafenstand erhoben worden.

_ Die Führer der liberalen Partei txeten am nächsten Donnerstag zur formellen Berathung zusammen.

Das Uebungs\chiff „Atalanta“, welhes im Ok- tober v. J. mit 300 jungen Seeleuten eine Uebungsfahrt nah Westindien angetreten hatte, wird seit dem 31. Januar d. J., wo dasselbe Bermuda verlassen hatte, vermißt. Das Kanal- geshwader is zu dessen Aufsuhung abgegangen.

Der „Globe“ meldet, nah einer heute in Liverpool ein- genen Privatdepesche sei der König von Birma gestor-

en. Ein weiteres Privattelegramm des „Globe“ aus Valparaiso vom 10, d. M. bestätigt, daß Callao von den Chilenen blokirt wird.

(Allg. Corr.) Dem „Standard“ wird aus Thyet- myo vom 9. ds. gemeldet:

In Mandalay befindet sich die öffentlihe Meinung in höchst aufgeregtem Zustande, und die Astrologen behaupten, es bedürfe zur Befeitigung der thätigen üblen Einflüsse eines großen Sühnopfers. Die Opfer sollen an Zahl von 400 aus allen Klassen der Gemeinde gewählt werden. Die Phoongyen oder Priester sollen 100 Personen liefern, und die übrigen 300 sollen gleihmäßig aus Männern, Frauen und Kindern bestehen. Es sind zahlreiche Verhaftungen, vorgenommen worden, um eine hinreichende Anzahl von Personen zu haben, aus deren Mitte die beabsichtigten Opfer gewählt werden können. Die Phoongyen, welche bisher von der Opferung befreit waren, sind höchlich beunruhigt und verlassen massenhäft Mandalay.

Frankreih. Paris, 11. April. (Fr. Corr.) Jn der Kammer sind augenblicklih vier Siße frei, zwei Depu- tirte aus der Dordogne, die Herren Fourtou und Bospedon, sowie Millaud, Abgeordneter des Rhonedepartements, sind in den Senat gewählt, ein vierter ist gestorben. Die Ersaßwahlen sollen am 17. Mai stattfinden.

12. April. (W. T. B.) Wie das Journal „Union“ meldet, hat der Staatssekretär, Kardinal Nina, der fran- zösishen Regierung einen Protest des päpstlichen Stuhles gegen die Dekrete vom 29. März bezüglich der Kongregationen zugehen lassen.

__ Jtalien. Rom, 12, April. (W. T. B.) Professor Tar- gioni Tozzetti ist zum italienishen Kommissar für die internationale Fishereiausstellung in Berlin er- nannt worden. Ueber die Wahl des neuen Präsiden- n Deputirtenkammer ist noch nichts beschlossen worden. A

A Pi. 4

Griechenland. Athen, 3. pril. (Wien. Z.) Die Staatseinnahmen pro 1880 sind von der vorigen Régie- rung mit 47 036 000 Drachmén veranschlagt worden. Tri- kupis sieht sich veränlaßt, davon 2480 000 Drachmen zu streichen, weil sie unrihtig în Rechnung gestellt waren, und zieht ferner noch 870 000 Drachmen ab, welche aus der von thm beantragten Modifikation der Cerealiensteuer ausfallen werden. Dagegen erhöht er die Einnahmen durch neue Steuern um 3 Millionen, so daß sein neues Budget eine Einnahme von 46 686 000 Drachmen aufweist. Ferner ret u- zirte er das Ausgabenbudget, welches sich unter dem vorigen Kabinet auf 57305 000 Drachmen belief. Trikupis führt hier Ersparungen im Betrage von 6 846 000 Drachmen ein. Durh die theilweise Sistirung der Emission des Restes des großen Nationalanlehens von 60 Millionen, wonach noch 24000 Obligationen unbegeben geblieben sind, werden für den Dienst dieses Anlehens jähr- lih 1 903 000 Drachmen erspart ; dur Ersparungen im Etat des Finanz-Ministeriums bringt er ferner 292 000, vom Budget des Ministeriums des cFnnern 987 000, vom Kultus-Ministeriuum 308 000, vom Ministerium des Aeußern 115 000, vom Justiz- Ministerium 104 000, vom Marine-Ministerium 1 375 000, vom Kriegs-Ministerium jedoch nur 946 000 Drachmen herein. Einen wichtigen Entshluß des neuen Kabinets bringt der Geseßzentwurf über die Modifikation des Metall-Na- tionalanlehens von 60 Millionen zum Ausdrucke. Wie bekannt, scheiterte dieses Anlehen und mit ihm die Aufhebung des FZwangscourses des Bank- pagiergeldes. _ Das vorige Ministerium entnahm diesem Anlehen 3 Millionen für die laufenden Ausgaben und 2 Mil- lionen zum Rückkaufe eines gleihen Betrages 8 prozentiger Staatsobligationen. Trikupis s{chlägt nun vor, zu demselben Zwedlke noch weitere 12 Prozent, d. i. einen Betrag von 7 200 000 Drachmen, zu entnehmen, um sämmtliche coursiren- den 8prozentigen Obligationen zu tilgen, ferner 2354 747 Drachmen zur Tilgung der provisorischen Schuld an die Nationalbank, dann 5 Millionen zum Rückaufe von 8 pro- zentigen Obligationen des Nationalanlehens vom Jahre 1828, 3 Millionen als Rückzahlung der Schuld des Aerars an die Straßenbaukasse und endlich den Rest zur Bedeckung des heurigen Defizits zu verwenden, das immerhin die Lie von 5 160 000 Drachmen behaupten wird. Schließlich sollen die oben erwähnten 24000 Stück Obligationen dieses Anlehens annullirt werden. 9, April. Die Königin Olga wurde am 7. d. von einer Prinzessin entbunden. Mutter und Kind befinden sich, wie “den Wiener Blättern gemeldet wird, in gutem Wohl- sein. Es ist das sechste Kind des griechishen Königspaares.

_ Türkei, Konstantinopel, 12. April. Der „Times“ wird von hier gemeldet, die Konvention der Türkei mit N enegeo werde in den nächsten Tagen unterzeichnet werden.

_ Peéra, -11, April. Der W, „Pr.“ wird von hier be- rihtet: „Graf Corti theilte gestern Savas Pascha mit, daß er zum Botschafter in Paris ernannt sei und hier dur Albert Blanc, bisher in Washington, erseßt werden wird. Graf Corti erklärte dann, daß seinen Fnformationen zufolge Rußland, e und Frankreih den neuen Ent#\chädi- gungsplan für Montenegro volllommen billigen.“

Prizren, 11. April. Wie der W. „Pr.“ gemeldet wird, soll morgen hier, zwischen den Direktoren der albanesi- sen Liga und dem dortigen Konsularcorps eineKonferenz in Betreff der montenegrinishen Grenzangelegenheit stattfinden. Es verlaute jedo, daß schon jeßt zwei der Direk- toren mit ihrer Demission drohten, falls die Liga in eine neue Gebietsabtretung an Montenegro willige. Mukhtar Pascha werde an die Bewohner des an Montenegro abzu- tretenden Gebietes eine Proklamation erlassen.

Numüänien. Bukarest, 12. April. (W. T. B.) Jn der gestrigen Nachtsizung der Deputirtenkammer wurde das Budget mit 59 gegen eine Stimme angenommen. Der offizielle „Monitorul“ veröffentliht das Finanzgeset pro 1880; dasselbe {ließt in den Einnahmen mit 117 545/944, in den Ausgaben mit 117 245 944 Frcs. ab. Unter den Einnahmen sind die noch zu emittirenden Bank- billets mit 7 232544 Frcs. in Ansa gebracht, unter den Ausgaben das Budget des Kriegs - Ministeriums mit 24 788 879 Frs.

Nuf§land und Polen. St. Petersburg, 11. April. (St. Pet. Ztg.) Aus Kronstadt wird gemeldet, daß die Ausrüstung der Kreuzer „Europa“ und „Afrika“ begonnen hat. Jener geht in den Stillen Ozean, dieser ins Mittelmeer. Auch der Kreuzer „Sabiaka“ und der Klipper „Plastun“ gehen im Mai nah dem Stillen Ozean ab. Der „Rasboinik“ hat seinen Cours nah Bahia aufgegeben und wird, gleih dem „Najesdnik“, um das Kap der Guten Hoffnung auch in den Stillen Ozean gehen, so daß zu Ende dieses Fahres in den japanischen und chinesishen Gewässern eine so starke russische Flotille anwesend sein wird, wie noh nie früher.

12. April. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser stattete dem Reichskanzler Fürsten Gortschakoff au heute einen Besuch ab.

__Die „Agence Russe“ erklärt die von verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht, daß; 20—40 000 Chinesen die Grenze überschritten hätten, für unrichtig. Ebenso unbegründet sei auch die Mittheilung, nach welcher die russishe Regierung den russishen Missionen ein Cirkularschreiben habe zugehen lassen, um FJnformationen über die Geseßgebungen des Auslandes bezüglih der Auslieferung einzuziehen. Schließlich bezeichnet die „Agence Russe“ au die Meldung von der bevorstehenden Zusammen- kunst der drei Kaiser als falsch. —. Was den angeblich beabsichtigten Feldzug gegen die Turkmenen anbetreffe; so werde die Regierung ohne Zweifel die Einfälle der Turkmenen nicht ungestraft lassen; bisher sei aber noch kein bestimmter desfallsiger Plan festgestellt. General Scobeleff habe sih lediglich nah dem Grenzgebiete begeben, um über die Frage an Ort und Stelle militärische Studien vorzunehmen.

_ 13. April. (W. T. B.) Der „Golos“ veröffent- liht ein in hiesigen Kreisen auf offiziöôse Jnformationen zurü- geführtes Schreiben des Professor Martens über den russisch-chinesishen Konflikt, in welhem nachgewiesen wird, daß Rußland verpflichtet sei, Kul dscha zurückzugeben, wenn China für die Sicherheit der russischen Grenzen und für die Ausführuug der abgeschlossenen Verträge Garantien ge- währe. Die Ausführung des im September v. J. in Livadia unterzeihneten Vertrags, zu dessen Abs{hluß der chinesische Gesandte, Tschong - How, ermächtigt gewesen sei, werde von der dchinesishen Regierung verweigert; Rußland werde \sich zu einer Rüc=gabe Kuldshas nur im Wege freundschaftlichen Uebereinkommens verstehen, der An- wendung von Gewalt aber niemals nachgeben. Der gegenwärtige Konflikt mit China sei eine Folge des Umstan- des, daß an dem Pekinger Hofe die von Bogdokhan und Tso- tsun-ton geleitete anti-europäishe Partei zur Herrschaft ge- langt sei. Die Lage der europäishen Bevölkerung in China und die dem Auslande von China gemachten Zugeständnisse würden im Falle eines Krieges zwishen Rußland und China aufs Aeußerste gefährdet sein. Die Niedermeßelung von Euro- päern sei höchst wahrscheinlih, und der Handel mit China werde durch den jeßigen Konflikt auf das Ungünstigste beein- flußt werden. Von allen in Peking vertretenen Mächten werde auch die allgemeine Gefahr und die Solidarität ihrer Jnteressen keineswegs verkannt, vielmehr seien alle bemüht, dem Einfluß der anti-europäishen Partei in China entgegenzuwirken und die legitimen Ansprüche Rußlands aufrecht zu erhalten. Eng- land sei dabei am meisten betheiligt; -es sei eine gänzlih un- D und falsche Beschuldigung, wenn behauptet werde, daß ngland den Konflikt zwishen Rußland und China veranlaßt habe, der ein Konflikt zwishen China und allen civilisirten und bei dem Handelsverkehr mit China betheiligten Nationen zu werden drohe. Der Vertreter Englands in Peking sei unter dem Beistande des russischen Geschäftsträgers auf das Emsigste bemüht, die drohende Gefahr zu beshwören.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 12. April. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat die Militär- vorlage mit 121 gegen 75 Stimmen abgelehnt. Der Staats- Minister de Geer gab R Le dessen die Erklärung ab, daß er sih als der Last der Regierung enthoben betrachte.

Christiania, 12. April. (W. T. B.) Der Storthing hat das skandinavishe Wechselgeseß angenommen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Rom, Dienstag 13. April. Jhre Kaiserliche und O I die Kronprinzessin ist heute früh nah Neapel ab- gereist.

“_St. Petersburg, Dienstag 13. April. Jn dem Be- finden des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff war - gestern Abend einige Besserung eingetreten, au hatte derselbe wieder einige Nahrung zu sich genommen und etwas Schlaf gehabt. Die vergangene Nacht hat der Fürst aber, nah dem heute früh ausgegebenen Bulletin, s{hlaflos zugebraht. Die Schwäche A fort, die Herzthätigkeit ist eine geringe, dex Kopf ist frei.

Statistische Nachrichten.

Das vom Kaiserlichen statistischenAmte herausgegebene und soeben erschienene Februarheft der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlicht 2 Üebersichten Über die Waaren-Ein- und Ausfuhr des Jahres 1878, wovon die- erste den Eingang in das deutsche Zollgebiet nah Menge und geshäßtem Werth der Waaren und den Waarenausgang aus dem deutschen Zollgebiet, leßteren jedoch der Unvollständigkeit des Materials halber nur der Menge nach, angiebt, während die zweite die Waareneinfuhr nah

Menge und Werih mit Unterscheidung der Grenzstrecken des Eingangs nachweist. Der Werth der Waareneinfuhr in den freien Verkehr des Zollgebiets beträgt darnach für das ganze Jahr 3513,7 Mill. Mark und ist gegen die vorhergegangenen 5 Jahre niht unerheblich zurückgeblieben , gegen das Iahr 1877 um mehr als 200 Mill. Mark. Es ist dabei ausgeführt, daß dieser Rückgang des Ge- sammtwerths der Einfuhr hauptsächlich dutch den Rückgang der Waa- renpreise verursacht ist. Weiter ist nachgewiesen, daß, wenn die Gat- tung der eingeführten Waaren in 4 große Gruppen eingetheilt wird, der Werth der Nahrungs- und Genußmittel im Steigen begriffen ist, der Werth der zweiten Einfuhrgruppe, Droguen, Chemikalien,

nd- uud Farbewaaren 2c. in den Jahren 1872—1878 sih nicht wesentlich verändert hat, dagegen die beiden leßten Gruppen, Roh- und Hülfsstoffe der mechanishen Industriezweige, sowie Ganz- und

albfabrikate der mechanischen Industrie, seit dem Jahre 1873 bei der Einfuhr im Werthe stetig zurückgegangen sind.

Die Unterscheidung des Werths der Waareneinfuhr nah Grenz- strecken zeigt, s die wichtigste Grenzstrecke für den Einfuhrhandel des deutschen Zollgebiets die gegen Desterreih ist, welher nah der Höhe der eingeführten Werthbeträge der Reihe nah folgen die Grenz- sirecken gegen Hamburg, die Niederlande, Rußland, Belgien, Bremen, die Nord- und Ostsee, Frankreich, Schweiz, die deutschen Zollaus\{lüsse mit Ausnahme der vorgenannten, Dänemark.

Kun}, Wissenschaft und Literatur.

Aus Athen wird der „Allg. Ztg.“ gemeldet, daß nach dem Funde des ersten großen Fragments von der Balustrade des Nike- tempels noch mehrere andere von derselben herrührende Bruchstücke zu Tage gekommen sind. Unter diesen nimmt das bei Kekulé guf- geführte große Stück einer Nike, die einen Helm am Tropaion be festigt, die erste Stelle ein. Man besaß davon bekanntlich bisher {on einen Gypsabguß, aber das Original war vershollen. Der Kopf, der, wenngleich gebrochen und sehr beschädigt, damals ebenfalls noch vorhanden war, fehlt leider jeßt. Von nicht zur Balustrade gehörigen Skulpturstücken sind folgende gefunden worden: ein Frag- mevt der Statue einer sißenden an späterer Zeit angehörig ; ferner eine Doppelherme, aber leider ohne die Köpfe. Dazu kommt dann noch die Basis einer Statue des Tíros Zéêrwos ’Apptxavós mit Dop- pelinskhrift: die eine die Widmung derselben dur llooxiis ’Entyévous und ‘Freyéyyc ‘Encyévous aus dem Gau Paiania, die andere die Widmung dur *Ereyévys 'Appodaiou aus Paiania verkündend, Auch ein Stück einer zweiten Inschrift ist bereits sichtbar.

Land- und Forstwirthschaft.

Aus London wird gemeldet: Das diesjährige Derby- rennen wird wahrs{einlich das leßte sein, welches in Cpsom statt- findet. Das Grundftück, auf welchem fich die berühmte Rennbahn befindet, ist nämlich in den Besiy eines Gentleman übergegangen, der dem Turf nicht hold is und dem JIocLeyklub die fernere Be- nußung der Rennbahn gekündigt hat. Der Schauplaß des populären Rennens wird von 1881 ab wahrscheinlich nach Gravesend verlegt werden, nachdem der „Derby“ im Mai d. J. sein 100 jähriges &Fubiläum begangen haben wird.

Gewerbe und Handel.

In der Generalversammlung der Aktionäre des „Nord- stern“, Lebensversicherungs - Aktiengesellschaft zu Berlin, wurde nach Verlesung des Berichts der Rechnungs- revisoren dem Antrage der Direktion und des Verwaltungs-

rathes entsprehend die Dividende auf 12°%/ für die Aktionäre

und 15% für die am Gewinn betheiligten Versicherten fest- gesezt und Decharge ertheilt. Der Antrag der Direktion und des Ver- waltungsraths auf Aenderung des §. 34 des Statuts, wonach die Ver- waltung für die Folge auch berechtigt sein soll, Darlehne an Ver- ficherte behufs Bestellung von Diénitkautionen zu bewilligen, wurde angenommen. Letter Gegenstand der Tagesordnung war: „Vorlage und Beschlußfassung betreffs einer in Verbindung mit dem „Nord- stern®* zu errichtenden besonderen Anstalt zur „Arbeiter- versiherung“, nah Maßgabe der Vorlagen“. Nab- dem die Generalversammlung sich einstimmig über eine Resolution geeiaigt, des Inhalts, daß sie „von der Errichtung einer besonderen Anstalt, welhe mit einer Firma, in welcher der Name „Nordstern“ enthalten, und in thatsächlicher, persönlicher Ver- bindung mit der bestehenden Gesellshaft „Nordstern“ sich speziell die Arbeiter-Versicherung zur Aufgabe stellt, wie auch davon, da die Di- rektion der bestehenden Anftalt mit der Führung der Geschäfte dieser neu zu errichtenden Anstalt betraut werde, mit voller Zustimmung Kenntniß nehme,“ wurde die Versammlung geschlossen. Wir theilen noch folgende Zahlen des Rechenschaftsberichts mit: Es wurden beim „Nordstern“ im Jahre 1879 2497 Anträge eingereicht auf 9 542 484 44 Kapital- und 3734 4 Rentenversihèrung, wovon unter Hinzunahme der aus dem Jahre 1878 unerledigt gebliebenen Anträge 1700 Anträge über eine Versicherungssumme von 6 040 884 4 und 3734 # jähr- liche Rente zur Versicherung angenommen wurden, während 772 An- träge über 3 338 000 M abgelehnt werden mußten und 48 Anträge über 305 100 A zur Erledigung auf das Jahr 1880 übertragen wurden. Von den zur Versicherung angenommenen Anträgen wurden 151 Policen über eine Versicherungssumme von 492 290 A und 600 M jährliche Rente theils, weil die Annahme nur zu erhöhten Bedingungen erfolgen konnte, theils aus anderen Gründen nicht eingelöst, so daß also die Summe der wirklich in Kraft ge- tretenen Versicherungen sich auf 1549 über 5548594 4 Kapital und 3134 4 Rente belief. Der Versicherungébestand am Ende des Jahres stellte fich auf 14417 Versicherungen Über 43 694 690 M4 Kapital- und 35 256 M Rentenversiherungen, wonach {ich der reine Zuwachs auf 653 Versicherungen über 2409968 # Kapital und 1501 Æ Rente belief. Die Prämieneinnahme stieg auf 1 426 188 4. und die Zinseneinnahme auf 287 700 4 Auch im vorigen Jahre haben in der Abtheilung der Todesfallversiherungen die neu bei- tretenden Versicherten wieder fast aus\chießlich von der Versicherung mit Artheil am Gewinn der Gesellschaft Gebrauch, gemacht. Ende des Jahres stellte sih der Bestand der am Gewinn betheili„ten Ver- siherungen auf 22097005 A mit einer jährlihen Prämie von 740 677 6 und der Zuwachs in dieser Abtheilung allein auf 2 668 977 A mit 100 850.6 jährlicher Prämie.

Die Generalversammlung der Tabaksgesellschaft

„Union“ genehmigte den MacteSes Geschäftsbericht nebft Bilanz pro 1879 und ertheilte nach Anhörung des Revisionsberichtes Decharge. Die auf 6/6 festgeseßte Dividende kommt mit 23,30 4. pro Aktie gegenwärtig zur Auszahlung. _ Am 8. April cr. fand in Münster die zweite Generalver- sammlung der Landschaft der Provinz Westfalen statt. Aus dem derselben erstatteten Jahresberichte heben wir Folgendes hervor. Nah dem ersten Jahresberihte betrug am 7. März 1879 die Zahl der Mitglieder 62; hierzu traten im Laufe des Jahres 115, Abgang 1, so daß gegenwärtig die Mitzliederzahl 176 beträgt. Das emittirte Pfandbriefkapital belief sich am 7. März v. J. auf 1320400 Æ und betrug am 8. April d. J. 2 900 700 A Außerdem sind bewilligt Anträge im Betrage von 140000 K und s{chweben Verhandlungen über weitere Anträge von 724 000 #4 Betheiligt hatten si{ch vor einem Jahre 21 Kreise der Provinz, jeßt 30, fo daß nur noch 4 ausftehen. Der Verwaltungs- rath der Landschaft hielt seine Sitzung einen Tag vorher, nahm die Rechnung des Jahres 1879 ab und ertheilte der Direktion Decharge. Die Generalversammlung diskutirte u. A. die Frage, ob nah den gemachten Srnnaen das Statut in einigen Punkten der Ergän- zung oder Abänderung bedürfe, beauftragte die Direktion, eine Bor- lage darüber auszuarbeiten, und ersucbteliden Verwaltungsrath, diese zu prüfen und zur Beschlußfassung darüber im Herbst dieses Jahres eine außerordentlihe Generalversammlung einzuberufen.

Wie wir dem Werke: „Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg“ von H. Cramer,

Geh. Bergrath und Ober Bergrath in Halle a. S., 5. Heft: „Nie- derlausiß,“ 11. Theil, (Vgl. Nr. 85, 1. Beil. Halle, Buchhandlung !des Waisenhauses) weiter entnehmen, ift im Kreise Ludckau eine förmlihe Braunkohlenförderung seit dem Jahre 1845 nachweisbar. Gegenwärtig sind 14 Gruben im Betrieb mit einer Gesammtförderung von 820722 hl. Der Haupt- absaßpunkt i| die Tuchfabrikstadt Finsterwalde, wo seit der Einführung der Braunkohle s der Maschinenbetrieb wesentli vervielfaht hat. Gleichwohl ist der Grubenbetrieb immer noh zer- splittert und klein. Ein zu Ende der 60er Jahre auf Vorschlag des Verfassers gemachter Versuch , in der Niederlausiß einen Betriebs- punkt zu schaffen, der als Muster- und Pflanzstätte für Bergbau- treibende, Grubenbeamte und Arbeiter zu dienen vermöchte, ein Plan, der durch eine unter fisfalisher Leitung und für Staatsrehnung betriebene Grube verwirfklicht werden sollte, konnte niht zur Aus- führung kommen. Nicht ohne Interesse sind die urkundlichen Nachrichten von einer Salzguelle bei Sorno im Königlich Shön- borner Forst, von der noch heute die Sage umgeht und von einem alten Eisenhammer bei Rüdersdorf. In diesem Kreise haben übrigens im Ansch{luß an den vom Handels - Ministe- rium seit einer Reihe von Jahren verfolgten Plan, das nörd- liche Flachland Preußens auf das Vorkommen fester Gebirgs- {iten und darin vorhandener nußbarer Materialien zu unter- suchen, Tiefbohrungen ftattgefunden. Die Stelle des Bohrlochs wurde westlich von Dobrilugk in der Königlichen Forst an der Landsttaße nah Torgau ausgewählt und die Resultate der 299,65 Meter tiefen Behrungen in den Jahren 1872—75 vom Verfasser mitgetheilt.

Der Kreis Lübben hat für den Bergbau geringe Bedeutung. Braunkohle is noch gar nicht gefördert worden, und was an berg- baulichem Betriebe vorgekommen, beschränkt sich auf Versuche der Neuzeit ohne Fortgang.

Im Kreise Cottbus ist die Gewinnung des Raseneisensteins {on früh von Bedeutung gewesen. Schon vor der Erbauung des Eisenhüttenwerks zu al welche zu Anfang oder gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgte, haben bei dem Dorfe Maust Luppen- feuer bestanden. Das vorerwähnte Hüttenwerk zu Peiß wurde bereits vor dem Jahre 1554 angelegt. Hoch aufgestürzte Halden von Luppen- {laden in der Nähe der heutigen Werkgebäude, welche in neuerer Zeit nach und nach in großen Mengen zum Wegebessern abgefahren worden sind, geben Zeugniß von dem Umfange des ältesten Werk- betriebs. Markgraf Johann V. ließ. das Hüttenwerk, sowie die Teiche um Peiß und Glintig anlegen. Der Hammerstrom mußte alle 3 Jahre zu Pfingsten von den Amtsunterthanen von Cottbus und Peitz geräumt werden. 1620 wurde ein zweites Luppenfeuer erbaut, 1642 aber scheint der Eisenhammer durch eine Feuersbrunst eingeäschert worden zu sein. 1640 erließ der Kurfürst Georg Wilhelm von Königsberg aus ein Mandat, wonach die Eisenhändler und Schmiede kein anderes als zu Peiß geschmiedetes Eisen verhandeln und geörauchen sollten. Ein Reskript des Großen Kurfürsten vom 1. Mai 1658 aber bestimmt, „daß bei unserer Veste Peiz ein hoher Ofen, worin Kugeln, Gra- naten und andere sachen von Eisen gegossen werden sollen, erbawet werden soll, Wie wir dann die Hammerleute, die ihn bawen und ausarbeiten sollen, albereit vom Harz anhero verschrieben“ 2c. Der Hohofen wurde bereits im Oktober 1658 in Betrieb geseßt. 1666 erließ der Kurfürst ein Edikt, durch welches, mit Ausnahme des schwedischen Eisens für immer und des Schulenburgschen zu Lieberose bis zum Jahre 1668, die Einfuhr und Verarbeitung frem- den Eisens streng verboten wurde. Dieses Verbot wiederholte fi mehrere Male bis zum Jahre 1703. Ueber die Güte des in Peiß gegossenen Eisens giebt ein Bericht des Kapitän-Lieutenants Wegener (wahrscheinlich aus dem Jahre 1667) an den Kommandanten der Veste Peitz, von Trotten (oder Trott), nachstehende Auskunft: „Daß nunmehro 10 Stücke vom altmärkischen Eisen gegossen, davon 8 pro- birt und gehalten, 4 sech8pfündige und zwo dreipfündige, aber zwo dreipfündige zersprungen, weil das alte Eisen noch im ersten Gusse untergemisht gewesen, ein achtpfündiges und ein sechspfündiges seynd noch ungebohrt, seßen demnach der Gießer und Förnmer groß Vertrauen zu dem Eisen, weil es sich sehr reine gießt; der Hoheofen gehet auch noch* u. #st. w. Die Produktion des Werkes an geshmiedetem Eisen betrug im Jahre 1670 1137-Ctr. Das Stabeisen fand jedoch {hon im Jahre 1675 wenig Absatz, wahrscheinlih wegen der kriegerischen Zeit, und bei dem Mangel an Gelde überwies man zum Theil Eisen an die Arbeiter als Bezahlung. Seit dem Jahre 1691 waren die beiden Hämmer verpahtet. Erst 1778 übernahm die Königlihe Bergwerks- und Hütten-Administration zu Berlin den Betrieb für eigene Rechnung. Nachdem seit dieser Zeit verschiedene Verbesserungen und Umbauten erfolgt, auch wurde der Umbau des Hohofens beschlossen. Die sächsische Verwaltung, welche nah dem Tilsiter Frieden die Werke übernahm, trat in den vorliegenden Plan ein und vollendete den Bau im Jahre 1809, sowie damit zugleich den Neubau des Hütten- gebäudes. Nach der Rückgabe an Preußen im Jahre 1815 begann man sofort neue Arbeiterwohnuagen, ein Kalkwalzwerk, eine Bohr-, Dreh-, Schleif- und Poliranstanstalt herzustellen, welhe 1817 voll- endet waren. Dann folgten 1820 ipeckmägge _Wasserregulirungen und als Schlußpunkt im Jahre 1821 die Errichtung eines neuen aroßen Stabhammergebäudes für 2 Hämmer mit 2 Frischfeuern. Der alte Stabhammer wurde zu einer Emaillirhütte umgewandelt, Der Ertrag ging jedoch seit 1845 stetig mehr herunter, und da bei dem ferneren Betriebe nur Verluste zu erwarten waren, wurde der- selbe mit dem Schluß des Jahres 1856 ganz eingestelt. Die Auf- lösung des Königlichen P Peitz erfolgte durch Erlaß des Handels-Ministers vom 3. Februar 1858. Das Werk wurde nebst dem Recht der Eisensteingewinnung (welche das landesherrliche Werk von Alters her auf Grund der Regalität des Eisenerzes ausgeübt) verpachtet. Die Produktion betrug 1878 928 Ctr. Mascbinentheile.

Was die Braunkohlenförderung des Kreises Cottbus betrifft, so richteten etwa um dieselbe Zeit, als in Guben dieser Bergbau ins Leben gerufen ward (1847), mehrere Unternehmer von dort ihr Augenmerk zu gleihem Zweck auch auf die Umgebungen von Cottbus. Die Muthungen und Verleihungen auf Grubenfelder fangen jedo erst mit dem Jahre 1867 an. Au hat ein förmliher Gruben- betrieb und Kohlenförderung bis jeßt noch an keinem Orte statt- gefunden. Die ermittelten Mächtigkeiten des Kohlenflößes fordern eben keineswegs unmittelbar dazu auf, lassen vielmehr zuvor die nähere Untersuhung der Ausbreitung nothwendig ersheinen. Auch der Bergfiskus hat bei Gelegenheit seiner Tiefboürungen nach festen Gebirgsschihten in den Jahren 1878 und 79 in der nahen Um-

egend von Cottbus Braunkohle gefunden und darauf

uthung eingelegt, die Instruktion der Muthungen {webt indessen noch. Vebrigens is gegenwärtig jenes IJInter- esse, welches die älteste Bergbauspekulation auf Kohlen im Auge hatte, nämli die Versorgung der Fabrikstadt Cottbus, viel geringer nare da die leßtere durch die Eisenbahn in unmittelbare Ver- indung mit den Gruben der angrenzenden Kreise und Schlesiens ge- kommen ift. In Cottbus waren 1860 bereits 10 Dampfmaschinen mit 138 Pferdekräften hauptsächlich zum Betriebe der Tuch- und Buxkinfabrikation in Thätigkeit, 1878 hatte sih die Zahl aber auf 61 mit 1307 Pferdekräften gehoben. Außerdem waren 3 Gaskraft- maschinen zu je 3 Pferdekräften, 1 Lokomobile von 8 Pferdekräften und 4 Dampfpumpen in Thätigkeit.

Dem Hest sind leicht orientirende Zeittafeln über die Bergbau- geschichte der hier behandelten 5 Kreise, sowie ein sorgfältiges Sachregister angehängt. j

Verkehrs: Anstalten.

Triest, 12, April. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Mars“ ist heute Morgen mit der ostindishen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Plyacouth, 12. April, (W. T. B.)

Postdampfer „Frisia“ ist hier angekommen. New-York, 12. April. (W. T. B.) Der Dampfer des

Der Hamburger

Norddeutschen Lloyd „Donau“ ift hier eingetroffen.

Berlín, 13. April 1880.

Der Bazar zum Besten des Paul-Gerhardt-Stifts ist heute Vormittag im Saale des Potsdamer Bahnhofes eröffnet worden. Se. Majestät der Kaiser, Jhre Majestät die Kaiserin, sowie die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses haben auch diesmal dem Bazar reihe Gaben überwicjcü. Se. Majestät der ee hat u. A. eine prachtvolle Jardinière mit der Ansicht von Babelsberg, Ihre Majestät die 5. aiserin kunstvolle Elas- und Porzellansa-hen sowie das Bildniß des Kaisers in reihem Bronze- rahmen, die Frau Herzogin Wilhelm von Melenburg eine selbstgefer- tigte Dee geschenkt. Auch im Uebrigen ist der Bazar, der bis zum 15. d. M. geöffnet bleiben wird, reich ausgestattet. Rechts vom Eingange finden wir Holz-, Glas- und Porzellansahen aller Art, links find Kunstblätter u. dgl. ausgelegt ; die lange den Saal durh- ziehende Tafel ist bedeckt mit zahlreihen Erzeugnissen weib- lihen Fleißes, mit Weißwaaren, Stickereien, Puppenkleidern, Kindergarderobe u. dergl. An den Wänden ziehen sich nicht minder voll beladene Tafeln mit Puppen, Nippes, Blumen u. A. hin. Än der Fensterwand ist ein opulent ausgestattetes Buffet aufgestellt, und ein Glücksforb endlich giebt jedem Besucher Gelegenheit, als Ent- schädigung für das gezahlte Eintrittsgeld einen Gewinn zu erlangen.

Der diesjährige Deutshe Handwerkertag (Delegirtentag des Vorstandes selbständiger Handwerker und Gewerbtreibender Deutschlands) findet, laut Beschluß des geshäftsführenden Central- comités, in den Tagen vom 5. bis 7. August in Görliß stati. Der Deutsche Gastwirths verband hält den 7. Deutschen Gast- wirthstag am 9. und 10. Juni in Königsberg i. Pr. ab.

Die Sektion Brandenburg des Deutschen Apothekerbundes trat heute Vormittag im Englischen Hause unter Vorsiß des Hrn. Dm zur üblichen Frühjahrsversammlung zusammen,

nwesend waren einige 60 Herren. Die Sektion selbs zählt im Ganzen etwa 180 Mitglieder.

Morgen, Mittwoch, Abends 8 Uhr, hält im Verein für deutshes Kunstgewerbe, Wilhelmftraße 118, Hr. Geheimer Regierungs-Rath Professor Reuleaux einen Vortrag über die Welt- Ausstellung in Australien. Gäste können eingeführt werden.

(N. A. Z.) Dem durch verschiedene epohemacende Grfindun- gen, glei seinen Brüdern William und Werner, rühmlihst bekann- ten Großindustriellen Friedrich Siemens is es gelungen, ein in das Veleuhtungsfah einshlagendes Problem höchstmöglicher Aus« nußung des Brennstoff:8 dur Anwendung des Regenerativsystems aufs Glüdlichste zu lösen. Diese darnach benannte neue Erfin- dung betrifft die sogenannten Regenerativlampen, deren Her- stellung dasselbe Prinzip zu Grunde gelegt ist, welhes s{chon in den Regenerativöfen zum Zwecke des Glas- und Stabschmelzens, Sisen- \chweißens bei Puddelofenbetrieb, wie Überhaupt bei der Pyrotechnik in allgemeinen Gebrauch gekommen is. Durch Vorwärmen der Luft mittelst hôchsst einfa fonstruirter, lyraförmig gestalteter Regeneratoren und Einseßung einer kammartig gezahnten Vorrichtung Über dem Beleuchtungskörper läßt fsih der Lichteffekt bei gleich großem Konsum um mindestens das 2 bis 23 fache der gewöhnlihen Leuchtkraft erhöhen, wogegen dur den an jeder gewöhnlichen Tish- und Petroleum-Hängelampe leiht anzubringenden Strahlenbrenner etwa eine Steigerung um 20 bis 3009/9 über die Normalstärke eintritt. Am besten bedient nian si zur Konzentration und dadur zu erzielender größerer Intensität des Lichtes einer tulpenförmigen Glocke aus Alabasterglas, deren obere weitere Oeffnung durch einen spiegelartigen Reflektor bedeckt wird. Hierdurch werden die aufwärts gehenden Strahlen seitlich auf die Wände des Glases zurückgeworfen und wird damit eine Wirkung erzielt, welche der des elektrischen Lichtes nahe kommt, ohne dessen in rößerer Kostspieligkeit und äußerst diffiziler Behandlung bestehenden Nacbtheile zu haben. Der praktishe Nutzen und der finanzielle Vor- theil dieser Beleuchtungsart läßt sich am besten durch ein Beispiel illustriren. Es würde die nächtliße Be- leuchtung des Gartens eines Wolk-etablissements mittelst elektrishen Lichtes zufolge kalkulatorisher Berechnung einen Kostenaufwand von mindestens 11000 verursachen, während das gleihe Ergebniß bei Anwendung der neuen Erfindung mit an- nähernd 1500 M erreiht werden kann, weil ohne erheblihe Abände- rung die vorhandenen Beleuchtungéeinrihtungen zu benußen sind. Dem oft dringlih genug geäußerten berechtigten Verlangen nach mehr und besserer Beleuchtung öffentlicher Pläße und Straßen, nicht minder ausgedehnter Arbeitsräume und Säle läßt sch auf dem an- gegebenen Wege am leichtesten und billigsten entsprehen. Hr. Fried- rich Siemens wird, bevor er mit seiner Erfindung an die Oeffent- lichkeit tritt, nah seiner Rückkehr aus England, wohin er in gleicher Angelegenheit eingeladen ist, vor einer Expertenkommission dieses neue, praktis bereits durch vielfahe Versuche erprobte Beleuchtungs8- system experimental vorführen.

Der Bericht über das meteorologishe Bureau für Wetterprognosen im Königreih Sachsen für das Jahr 1879 von Prof. Dr. C. Bruhns in Leipzig, Vorsteher der meteoro- logishen Stationen in Sachsen (Leipzig, Wilhelm Engelmann) ift erschienen. Nach demselben sind die jeden Abend um 5 Uhr fertizen, ih auf das Wetter am folgenden Tage beziehenden Prognofen im Sahre 1878 regelmäßig an 7 Zeitungen, an den Stadtraiÿ von Dresden und die Magdeburg-Halberstädter Bahn, außerdem zur Grnte- zeit an 6 landwirthschaftlibe Vereine, zahlreiche Gemeinden und ein Konsortium von Kaufleuten in Stettin abgegeben worden. Die Prognosen werden vom Bureau unentgeltlich geliefert, ünd die Abnehmer haben nur die Depeschen- bzw. Schreibgebühren zu be- zahlen, die sich auf 50—55 -& pro Tag belaufen (die Depeschen wer- den in 3—4 Ziffern gegeben). Die täglih vertheilten gedruckten Wetterberichte (nah den telegraphiswhen Mittheilungen der Seewarte in Hamburg) werden in 155 Exemplaren a

Die Prüfung der Prognosen geschieht von Seiten des Bureaus auf Grund von Witterungsberichten, die täglih von den 9 fächsi- \chen meteorologishen Stationen auf Postkarten übersendet werden, sowie dur die Beobachtungen in Dresden und Leipzig. Von 1693 Einzelprognosen an 363 Tagen erwiesen sich 78% (gegen 76% in 1878) als volle Treffer, 12% (119/) als theilweise; 10% (13%) waren fehlgeschlagen. Len sind die Prognosen auch von den Vorstän- den der meteorologischen Stationen Dresden, Zittau, Annaberg und Chemniß, sowie durch Beobachter in Magdeburg und Großenhain für die betreffenden Orte geprüft worden. Hierbei ergaben fih im Mittel Crefferprozente: Leipzig 78, Dresden 7s, Annaberg 77, Chemniy 76, Zittau 81. Die unbeftändige Witterung des Jahres 1879 mate die Wetterprognose in jenem Jahre für die Landwirthe entbehrliher als in Jahren mit plöylihem Umschlag des Wetters. Nichtsdestoweniger hat das Interesse an der Einrichtung bei den Landwirthen und dem ganzen Publikum zugenommen. Die Kosten des Büreaus, welche auf 13 200 „6 veranslagt sind, haben fih im Jahre 1879 auf nur 9970 H gestellt, Ueber das Bureau und die Organisation desselben sowie des ganzen Dienstes giebt eine kleine Druckfschrift: Ueber das meteorologishe Bureau für Wetterprognosen im Königreih Sachsen, von Prof. Dr. C. Bruhns (Leipzig, Wilh. Engelmann, 1879) nähere Auskunft. Jn derselben isstt auch der Jahresbericht pro 1878 enthalten.

Im Residenz-Theater findet am Donnerstag die Abschieds- und Benefizvorstellung der Fr. Auguste Wilbrandt-Baudius in der Rolle der nas Stern in dem Schauspiel „Die Tochter des Herrn Fabricius“

statt. s wird dies zugleih die leßte Aufführung dieses Stückes sein, da bereits am Sonnabend die erste Aufführung des Dramas „Der Nabob“, nach Alphonse Daudets Roman stattfindet. Hr. Carl Sontag wird in der Titelrolle ein Gastspiel am Residenz-

Theater eröffnen.