leßterem is jeweils sofortige Anzeige davon zu erstatten. Eine nur vorübergehende Stellvertretung oder Aushülfeleistung kann das Ministerium des Jnnern auch fol&;en Geistlichen ge- statten, welche hinsihtlih ihrer allgemein wissenschaftlichen Vor: bildung nicht allen Anforderungen, die das Geseh als Negel stellt, entsprechen. Weder einer Vorlage noch einer Anzeige bédarf es für die Ausübung einzelner kirhlihen Handlungen dur auswärtige, blos vorübergehend im Großherzogthum si auf- haltende Geistliche, wenn die betreffenden Handlungen weder in Ausübung eines geistlichen Amtes, noch als Stellvertretung oder Aushülfe in der Seelsorge, sondern nur als eigene Andachtsübungen des Geistlichen stattfinden (z. B. bei so ge- nazinten Privatmessen). Den zu einem Kirchenamte oder zur ständigen öffentlichen Ausübung kirhliher Funktionen im Großherzogthum staatlih zugelassenen Geistlichen oder Kan- didaten des geistlichen Standes stellt das Ministerium des Snnern hierüber Beurkundung aus und werden die Namen derselben im Staats-Anzeiger bekannt gemacht.
Hldenburg. Oldenburg, 16. April. (Wes. Ztg.) Am 1. d. ist das Geseß für das Großherzogthum Oldenburg vom 12. Februar 1880, betreffend die Zwangserziehung verwahrloster Kinder und jugendliher Uebel- thäter, in Kraft getreten. Abgesehen von dem Falle, in welchem ein Angeschuldigter, der zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber niht das actzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, aber freigesprochen ist, weil er bei Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderlihe Einsicht niht besaß, nah Maßgabe des 8. 56 des Strafgesezbuchs durch den Strafrichter einer Er- ziehungs- oder Besserungsanstalt überwiesen ist, wird die Zu- lässigkeit der Zwangserziehung durch das Geseh in drei Fällen be- stimmt. Die Zwangserzichung kann angeordnet werden : 1) gegen jugendliche Personen, gegen welche gemäß §. 57 des Straf- geseßbuchs eine Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten erkannt ist, wenn in Berücksichtigung ihres Alters und seit- herigen Betragens die Zwangserziehung zum Zwecke ihrer sittlichen Besserung exforderlih erscheint; 2) gegen Kinder unter 16 Jahren, welche so widerspenstig oder ungehorsam gegen ihre Eltern oder Vorgeschten sih betragen, daß die Fürsorge der Familie oder der Armenbehörde als unzureichend zu ihrer Besserung sich zeigt, sofern niht deren Verweisung in die Zwangsarbeitsanstalt nach Art. 4 Ziffer 8 des Gesehes vom 14. März 1870, die Zwangzsarbeitsanstalt betreffend, für erforderlich oder für angemessener erachtet wird. Jn diesen beiden Fällen kann, falls der zur Ernährung des betreffenden Kindes Verpflichtete oder dieses selbst keine Unterstüßung aus Armen- mitteln erhalten, die Zwangserziehung verfügt werden, wenn der erstere damit einverstanden ist, und, falls das Kind unter Vor- mundschast steht, wenn der Vormund und die Vormundschafts- behörde konsentiren. Die Anordnung der Zwangserziehung erfolgt durch das Staats-Ministerium, Departement der Justiz. 3) Gegen Denjenigen, der nah Vollendung des achten und vor Vollendung des zwölften Lebensjahrs eine strafbare Hand- lung begangen hat, wenn die Zwangserziehung mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der strafbaren Handlung, auf die Per- sönlichkeit der Eltern oder sonstigen Erzieher des Kindes, oder auf dessen übrige Lebensverhältnisse zur Verhütung weiterer sittlicher Verwahrlosung erforderlih ist. Jn diesem Falle kann die Zwangserziehung erst angeordnet werden, nahdem die Vormundschaftsbehörde (Amtsgeriht) den Eintritt der vorstehenden Vorausseßungen unter Bezeichnung der für erwiesen erachteten Thatsachen festgestellt und die Unter- bringung für erforderlich erklärt hat. Die Unterbringung zur Zwangserziehung erfolgt in allen drei Fällen entweder in einer geeigneten Familie oder in der Erziehungs- und Besse- rungsanstalt. Diese Anstalt ist in Vechta errichtet und steht unter der Aufsicht des Staats-Ministeriums, Departement der Justiz, Die Leitung und Beaufsichtigung derselben ist der Direktion der Strafanstalten zu Vechta übertragen, welche in dieser Eigenschaft den Namen „Direktion der Erziehungs- und Besserungsanstalt zu Vecbta“ führt. Die Zöglinge werden in der Anstalt vorzugsweise mit landwirthschastlihen Arbeiten, außerdem aber, insonderheit im Winter, für die Fabrik der Strafanstalten beschäftigt. Mit der Unterbringung der nah Maßgabe des Gefeßes zur Zwangserziehung in einer Familie bestimmten verwahrlosten Kinder und jugendlichen Uebelthäter sind die Aemter und die Stadtmagistrate der Städte erster Klasse beauftragt.
__ Elsaß-Lothringen. Straßburg, 19. April. (W. T. B.) Wie die „Elsaß-Lothringische Zeitun g“ meldet, hat der Bischof Na eß nunmehr die staatliche Genehmigung zur An- stellung der Lehrer für das Knabenseminar, welches in Zi lli sheim eröffnet werden sol, bei dem Statthalter nach- gesucht. Die Genehmigung ist ertheilt und dem Bischofe heute zugestellt worden.
Oesterreih-Uugaru. Wien, 19. April. (W. T. B.) Der gestrige Ministerrath beschäftigte sih aus\chließlih mit laufenden Geschäften. Das „Telegraphen-Correspondenz- Bureau“ bezeihnet es als unrichtig, daß im Ministerrath irgend eine mit der parlamentarischen Situation zusammen- hängende Entschließung getroffen wurde; vor Erledigung des Budgets sei feinerlei Entscheidung in dieser Beziehung zu erwarten.
— Der „Montagsr.“ zufolge werden die Clubobmänner des Abgeordnetenhauses an einem der nächsten Tage beim Präsidenten Grafen Coronini zusammentreten, um zu bera- then, wie die durch die Situation gebotene rasche Erledigung der wichtigsten Vorlagen ins Werk zu seßen sei.
__— Wie die „Presse“ meldet, werde Minister Stremayr einen längeren Urlaub antreten zur Herstellung seiner Gesund- heit und er dürfte sich, sobald es seine Kräfte erlauben, wie schon seit einer Reihe von Fahren, zum Kurgebrauche nah Krapina-Tepliß begeben. Während der Dauer seiner Abwesen-
eit soll Minister Prazak die interimistishe Leitung des
JZustiz-Ministeriums übèrnehmen. ;
— Die „Neue freie Presse“ meldet: Baron Hay- merle hat sich an den italienishen Botschafter Grafen Robilant mit dem Ersuchen gewendet, die italienishe Re- gierung zu verständigen, daß die Aktion der Triester Polizei wider Cavalotti von den Regierungskreisen mißbilligt werde. Graf Taaffe, nahdem ihm die übereilte Verfügung bekannt wurde, habe dieselbe dur einen Erlaß sofort außer Kraft geseyt. Mittlerweile war Cavalotti abgereist. Die österreichisch-ungarishe Regierung werde stets bestrebt sein, Alles zu vermeiden, was die Freundschaft zu Jtalien stören könnte. Hiermit erscheint die Affaire erledigt.
Veff, 18. April. Der Finanz-Minister Graf Szapary hat gestern die Leitung des Kommunikations-Ministe- riums übernommen, in der Ansprache aber, die er bei diesem Anlaß an den Beamtenkörper richtete, nah der „Bud. Corr.“ betont, daß er si blos als provisorischen Leiter dieses Mini- steriums betrachte und daß er „hoffe“, in kurzer Zeit einem definitiven Ressorthef Play zu machen. i
— Der Banus Graf Pejacs evi, sowie die Mitglieder der froatishen Regnikolardeputation langen, wie man der „Bud. Corr.“ berichtet, morgen in Pest ein, um die Verhandlungen bezüglih des ungarisch-kroatishen Ausgleihs wieder aufzunehmen. Die ungarische Regnikolardeputation hält am nächsten Dienstag eine Sißung. — Der Kultus- und Unter- rihts:-Minister hat Sr. Majestät bereits einen Vortrag, be- treffend die Ernennung eines Fünfzehner-Funda- tionalaus\schusses unterbreitet, so daß die Ernennung dieses Beirathes, der bei allen auf die Fonds und Fundationen bezüglichen Angelegenheiten seine Meinung abzugeben haben wird, schon in kurzer Zeit zu erwarten ist,
Belgien. Brüssel, 17. April. (Cöln. Ztg.) An des verstorbenen Hubert Dolez Stelle ist zum Senator der vom hiesigen liberalen Verein aufgestellte Piron-Vanderton heute durh 1190 Stimmen gewählt worden. Die Klerikalen hatten auf die Betheiligung an der Wahl verzichtet. — Am Schluß dieses Jahres soll eine allgemeine Volkszählung sowie auch eine Aufnahme des landwirthschaftlihen und ge- werblichen Bestandes vorgenommen werden. Der Geseßent- wurf, der dazu einen Kredit von 900 000 Fr. anweist, ist der Kammer vom Minister des Jnnern vorgelegt worden.
Großbritannien und Jrland. London, 18. April. (Allg. Corr.) Dem neuen Parlament gehören, dem „Law Journal“ zufolge, niht weniger als 129 Rechtsgelehrte als Mitglieder an.
Es herrscht allgemein die Ansiht, daß das Uebungs- \chiff „Atalanta“, über dessen Verbleib noch immer keine Nachrichten eingegangen sind, eine der Bermuda-Fnseln ange- laufen habe, ehe es nah Europa segelte. Geographen halten es für ein Fahrzeug von mehr als 10 t Gehalt für gefährlich, die nah den Jnseln führenden Wege zu befahren, und für ein Schiff von der Größe der „Atalanta“ würde dies Unter- nehmen zweifellos mit ungeheueren Schwierigkeiten verbunden gewesen sein. Die sich 10 Meilen weit von den FJnseln erstrelenden Klippen machen erstere so unzugänglich für große Fahrzeuge und feindlihe Geshwader, daß alle Befestigungswerke für überflüssig erachtet wurden, und mehr als ein englisches Kriegsschiff hat bereits dafür büßen müssen, daß es sich den Bermuda-Jnseln zu sehr näherte, wenn einer jener periodishen Orkane diesen Theil des Ozeans heimsu@te. An diesen Korallenriffen war es, wo im Fahre 1775 das Kriegsschiff „Repulse“ mit seiner Mannschast und 35 Kanonen seinen Untergang fand. Auch ging in der Nachbarschast dieser Inseln während eines schrecklihen Sturmes im Oktober 1780 beinahe eine ganze britische Flotte zu Grunde.
Aus Allahabad wird dem „Daily Chronicle“ unterm 14. d. gemeldet:
Der gestrige Durbar in Kabul war erfolglos. Kein Chef von wirklicher Bedeutung woar zugegen, und es wurde nichts geregelt.
ährend der Durbar abgeßalten würwe, hatte General Brights
lonne aus Gundamak mit den Ghilzais* im Hissarak-Thale ein \carfes Gefecht zu bestehen, dessen Ergebniß noch unbekannt ist. Man erwartet weitere Kämpfe in dieser Gegend.
Der „Daily News“ wird aus Kabul vom 1s. d. telegraphirt:
Die zur Züchtigung der Dorfbewohner im Hissara?ë? aus- gesandte Streitkraft wurde auf ciner Rekognoszirung vom Feinde angegrisfen. Ein Kommissariat3beamter wurde getödtet, und zwei Offi- ziere trugen leihte Verwundungen davon. Abdurrahman versen- det an sämmtliche Chefs Briefe, worin er seine Ansprüche als Emir geltend macht und die Abmacung bezüglih Kandahars mißbilligt.
Unter dem 16. d. wird demselben Blatte gemeldet :
Die Streitkraft unter General Roß marscbirte heute ab, um eine Vereinigung mit General Stewart zu bewerkstelligen. Sie besteht aus 10 Kanonen, 668 Mann Kavallerie, dem 9. Fußregiment, den 24. Punjabs, den 23. Pionieren und den 4. Ghurkas, im Gan- zen aus 4000 Mann, Mahomed Jan ist nach Ghuzni geflüchtet Guerillakämpfe stehen in wenigen Tagen bevor.
— 420. April. (W. T. B.) Der bisherige Staatssekre- tär des Jnnern, Croß, ist zum Ritter des Großkreuzes des Bath-Ordens ernannt worden.
Ein Telegramm der „Daily News“ aus Kabul, vom 19. d. M., meldet: Die Hazaras-Stämme nahmen Ghuzni ein; Moosa Khan wurde von dem Bruder Moha- med Jans nach Wardak geführt; die Chefs der Kohistanis sind in Cabul eingetroffen.
__Frankreih. Paris, 17. April. (Cöln. Ztg.) Am Dienstag sind die Parlamentsferien zu Ende, und {hon herrscht reges Leben in den Deputirtenkreisen. Die Minister sind auch bereits sämmtlich wieder auf ihren Posten und halten täglih Sißung.
_Am Montag wird im Ministerium des Unterrichts die Stimmzählung der Wahlen für den höheren Unter- richtsrath vorgenommen werden. Die in Paris von den gelehrten Körperschaften gemachten Wahlen sind bekannt, aber die Voten der Fakultäten und der Delegirten des Sekundär- und Primär-Unterrichts werden unter Siegel dem Ministerium zugesandt. Der höhere Unterrichtsrath enthält außer dem Minister, der von Rehtswegen Präsident ist, 58 Mitglieder, von denen 45 durch Wahl und 13 durch Dekret des Präsiden- ten der Republik ernannt werden. Von diesen 13 Mitgliedern müssen vier unter den Vertretern "der freien Privatshulen und die anderen unter den Direktoren des Ministeriums, unter den Jnspektoren und Professoren der Staatsanstalten, oder unter a iatiaiie welche diese Aemter bekleideten, gewählt werden.
Der Staatsrath hatte in seiner Donnerstagssizung mehrere päpstliche Bullen, welche Prälaten in partibus und Coadjutoren ernannten, cinzuregistriren. Bei dieser Gelegen- heit beshloß der Staatsrath, in den offiziellen Dokumenten die Erzbi\chöfe und Bischöfe fortan mit dem Titel „Mon- sieurs“, kraft des Konkordats, und niht mit dem Titel „Mon- seigneurs“ zu bezeichnen. Diese leßtere Titulatur wurde übri- gens erst unter dem Ministerium Ollivier eingeführt. Dieser Beschluß des Staatsraths wurde troß der Opposition des Di- reftors des Kultus-Departements, Flourens, gefaßt.
Der „Temps“ schreibt: „Zn jedem der Proteste, welche die Spißen der Geistlichkeit aus Anlaß der De- krete vom 29. März an den Präsidenten der Republik richten, findet man die Versicherung wieder, daß die Sache der Kongregationen die Sache der Kirche sei. Dies wird von den Bischöfen insbesondere hinsichtlih der Gesellschaft Jesu betont.
Zwischen den Söhnen Loyola's und uns, sagen die Bischöfe, giebt es keinen Unterschied; wir sind mit ihnen und sie sind mit uns. Alle führen dieselbe Sprahe, Alle sagen mit dem Erzbischof von Bordeaux: Wir sind mit den Jesuiten solida- risch verbunden. Diese Thatsache ist in der französischen Kirche eine neue, eine bedauernswerlhe Erscheinung, welche deutlich zeigt, wie sehr seit einigen Fahren die Ueberlieferungen der Nationalkirche, der Kirche Bossuets, in Vergessenheit gerathen sind. Jn früheren Zeiten hätten die französischen Bischöfe nie- mals, nit einmal unter der Restauration mit den Kongrega- tionen, am allerwenigsten aber mit den Jesuiten gemeinscast- liche Sache gemacht. Niemals häite die Kirche vor der Umge- staltung, die sie leider in den leßten Fahren des Pontificats Pius’ IX. erlitt, ihre Fateressen mit denen der Mönche auf eine und dieselbe Stufe gestellt. Jeßt wird uns dieses Schau- spiel geboten. Die Weitgeistlihkeit vershwindet hinter der Klostergeistilichkeit. Die Jesuiten und die Kirche sind eins, und man sagt uns: die Fesuiten beseitigen heißt die Kirche beseitigen. Nichts ist beklagenswerther, als diese Haltung des französishen Episkopa:s, und die Bischöfe dürfen sih nicht täuschen: Frankreih würde ebenso wenig die Oberherrschast der Kongregationen in der Kirche ertragen, als es in die Be- schränkung der Freiheit der Kirche und der Gewissensrechte willigen würde. Unsere Bevölkerungen ehren den Priester, aber der Mönch flößt ihnen Mißtrauen ein. Wenn die Bischöfe zwischen den Fesuiten und der Kirche nicht unterscheiden, so unterscheidet Frankreih sehr wohl, und es wäre s{hlimm für die Kirche, wenn dem nicht so wäre; denn wenn sih im Lande die Meinung festsezte, daß die Gesellschast Jesu und die Kirche unauflöslih mit einander verknüpft sind, so würde der katholische Glaube cine Erschütterung erfahren, von der er sich vielleiht nicht wieder erholen könnte. Die Bischöfe sollten die Verhältnisse genugsam kennen, um zu wissen, daß eine Vershlimmerung . der jeßigen religiösen Krise, ein Krieg zwischen Kirhe und Staat, zwischen Geistlichkeit und Nation nur zum Schaden, wenn nicht der Religion, do we- nigstens der Privilegien und Rechte der römischen Kirche aus- fallen würde. Das große Ziel der Kirche, ihr Heil möchten wir sagen, liegt in der Beshwichtigung. Allein man wird diese Beschwichtigung nicht durch den Widerstand gegen die Geseße und gegen die Regierung in einem Lande erreichen, welches niemals die Sache der Religion mit derjenigen der Söhne Loyola's oder irgend einer andern Kongregation ver- wechselt hat.“
— (Fr. Corr.) Die Möglichkeit, daß die Deputirten-
fammer schon in ihrer bevorstehenden Session sih für auf- gelöst erklären und beschließen könnte, die Neuwahlen, statt auf 1881, auf Ende dieses Jahres anzuordnen, wird in re- publikanischen Kreisen ernstlih erörtert. Es handelt fich hier um eine freie Auslegung des Artikels der Verfassung, welcher den Vollmachten des Abgeordnetenhauses eine Dauer von vier Fahren giebt. Diese Vollmachten, behauptet man nun, liefen nah dem Votum des vierten Fahresbudgets ab, und nahdem die jeßige Kammer die Budgets von 1878, 1879, 1880 und 1881 beschloffen hätte, stünde ihr das Recht zu, ihr Mandat niederzulegen. Auch gemäßigte Republikaner halten dies für das geeignetste Mittel, in der republikanischen Majorität, welche jeßt durch ihre Spaltungen eines gemeinschaftlichen Vorgehens in ällen wihtigen Fällen unfähig ist, eine größere Einheit herzustellen. __— (W. T. B.) Die „Times“ vom 20. April veröffent- licht ein Cirkularschreiben des Conseils-Prä- sidenten de Freycinet an die diplomatischen Vertreter Frankreihs im Auslande. Jn demselben wird hervorgehoben, daß die Regierung keineswegs den Wunsch hege, eine Aende- rung in der von Thiers befolgten Politik eintreten zu lassen. Die Regierung sei stets bemüht gewesen, die Ausführung der Verträge zu beschleunigen und eine friedlihe Lösung der shwe- benden Fragen herbeizuführen ; sie hoffe, daß zwischen England und der Pforte ein Einverständniß bezüglich der Operationen der internationalen Kommission zur Regelung der griechischen Grenze hergestellt werden und dieses zu einer baldigen Lösung dieser Frage führen würde. Was die Hartmannsche Ange- legenheit angehe, so dürste Fürst Orloff das bedauerliche Mißverständniß aufgeklärt haben; die Regierung hade alles Mögliche-gethan, um der russishen Regierung den Beweis zu liefern, daß aus\chließlich in der bestehenden Geseßgebung liegende Ursachen für die Weigerung, Hartmann auszuliefern, bestimmend gewesen seien; sie hoffe, ihre Bemühungen würden eine ruhige Beurtheilung der Thatsachen Seitens des großen Landes, dessen Freundschaft Frankreih werthvoll sei, herbeiführen.
Italien. Rom, 19. April. (W. T. B.) Jm Senat wiederholte heute bei Berathung des Budgets für das Mi- nisterium des Auswärtigen in Erwiderung auf verschiedene bei der Diskussion vorgekommene Aeußerungen der Minister- Präsident Cairoli die bereits in der Kammer abgegebene Erklärung, daß die Regierung jede Handlung und jede öffent- lihe Kundgebung untersagen unck bestrafen werde, welche die internationalen Beziehungen Jtaliens kompromittiren könnte. Die Regierung sei sih des zwischen einer guten inneren und einer guten auswärtigen Politik bestehenden Zusammenhanges wohl bewußt. Die Beziehungen Jtaliens zu allen Mächten seien vorzügliche, überall werde der entschiedene Wunsch ausgesprochen, daß der Frieden aufre{cht erhalten werde. Die guten Dienste Vis in Bezug auf die montenegrinishe Grenzregulirung
ätten einen vollständigen Erfolg gehabt. Alle Mächte hätten dem von der Türkei und von Montenegro unterzeichneten Protokolle ihre Zustimmung ertheilt ; er hoffe, der Friede werde kein illusorischer sein. Jmmerhin dürften die Mittel zur Vertheidigung niht vernachlässigt werden. Die Politik Staliens müsse eine friedlihe und kluge sein, die die Rechte und Pflichten Ztaliens nicht außer Acht lasse. Mamiani spra sich für eine Allianz mit England aus, die für Jtalien die beste sei. Pepoli meinte, die ganze Fürsorge Jtaliens und Europas müsse der sozialen Frage zugewendet werden. — Die Berathung wird morgen fortgeseßt werden.
_ Türkei. Scutari, 18. April. (Pest. L.) Nachrichten aus Djakova vom 15. d. M. melden, daß der Exekutionsaus- {uß der Liga den Beschluß faßte, die an Serbien abge- tretenen albanesishenGebietstheile zurüdlzuerobern, weil die serbishe Regierung die Arnauten aus ihren Wohn- sizen vertreibe. Mehemed Bedri Beg befehligt die dorthin abgesandten Ligatruppen. Bei Wutschitre und Kurschumlje fanden für die Arnauten siegreiche Treffen statt. Die tür- fischen Abtheilungen, welche die Arnauten an der Ueberschre|- tung der Grenze hindern wollten, ergaben sih no.ch kurzem Kampfe und traten in den Dienst der Liga ein. Der Liga- Kommandant in Novibazar, Ahmed Curic Beg, erhiclt Bez
ehl, die Ruhe im Sandschak aufrechtzuerhalten und jede Pro- Fltion der österreichish-ungarishen Truppen zu vermeiden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 18. April. (St. Pet. : tg.) Nachstehende Mittheilung der Regie- rung veröffentlicht der heutige „Regierungs-Anzeiger“:
n der Höcsten Anordnenden Kommission war die Frage von der Lage der unter polizeilicher Aufsicht bestehenden Personen an- geregt worden, fowobl der auf administrativem Wege_aus ihrem be- ständigen Wohnort auszewiesenen, als auc der an Ort und Stelle unter Aufsicht ftehenden. Aus der Zahl folcher Personen wurden Einzelne in Folge der gegen sie erhobenen Anschuldigungen der poli- tischen Unzuverlässigkeit dieser Maßregel unterworfen, Andere da- gegen, welce der lernenden Jugend angehört hatten, geriethen unter yolizeiliche Aufsicht nach ihrer zeitweiligen oder dauernden Entfernung aus den Lehranstalten wegen Theilnahme an Unordnungen, Ueber- tretung der Disziplinarvorschriften, Renitenz gegen ihre Vorgeseßten
1. dg G m. " , , , Bei den über diese wichtige Frage gepflogenen Berathungen ge-
langte die HôöWste Anordnende Kommission zu der Ueberzeugung, daß
einige der erwähnten Personen unter der Schwere der von ihnen erduldeten Strafe ihre Verirrungen {on erkannt und durch ihre spätere Führung nit nur keine Ershwerung ihres Looses hervor- gerufen, sondern, wie aus den eingehenden Gesuchen der örtlichen Gouverneure ersihtlih ist, sich belobigender Atteste der sie über- wachenden Obrigkeit würdig gezeigt haben.
Diese Erwägung berührt nach Ausiht der Kommission ins- hesondere die jungen Leute, welhe anläßlich der Auêweisung ihren Das MIENaNen haben, von dessen Beendigung ihre ganze
ukunft abhängt. 3 Die Höchste Anordnende Kommission hielt es daher für noth- wendig, die Auskünfte über die wegen politischer Anschuldigungen
‘unter polizeilicher Aufsicht stehenden und der lcrnenden Jugend an-
gehörenden Personen einer Revision zu unterwerfen, in der Meinung, daß, wenn bei einer genaueren Beurtheilung dieser Personen \o- wohl auf ihre Moralität, als auch auf ibre Beziehungen unter einander und zu ihrer Umgebung die nöthige Aufmerksamkeit gerichtet
wird, viele von ihnen gegenwärtig von der polizeilichen Aufficht {hon
befreit werden könnten, entweder bedingungslos oder mit einigen Einschränkungen. l
Eine solche Revision und eine solche Beurtheilung könnte nach Ansicht der Kommission {hon jeßt den Gouverneuren und Stadt- hauptmännern mit der Maßgabe übertragen werden, daß sie im ufe von zwei oder drei Monaten Verzeichnisse der Personen ein- reihen, welche eine Erleichterung ihrer Lage verdienen, mit einem Gutachten ihrerseits über die für jede einzelne Person zulässigen Er- leihterungen und mit der Angabe, wer von den früher zur lernenden Sugend gehörenden Personen zur Fortseßung der unterbrochenen Bil- dung zugelassen werden und unter welcher Bedingung dieses geschehen Tônne.
Nach Anfertigung dieser Verzeichnisse und Eingang der Gut- achten der General-Gouverneure in den Gegenden, wo solche vor- handen sind, werden die Verzeichnisse von der höchsten anordnenden Kommission durchgesehen, und kann dabei, wenn die Nothwendigkeit darauf hinweist, ihren Mitgliedern, die fich dazu vollkommen bereit erklärt haben, die faktishe, an Ort und Stelle vorzunchmende Kon- trolirung der ertheilten Auskünfte und der unter Aufsicht stehenden Personen selbft übertragen werden.
Nach der endgültigen Durchsicht der Verzeichnisse ht dann die Entscheidung in den einzelnen Fällen nicht anders stattzufinden als im Einvernehmen des obersten Chefs der Höchsten Anordnenden Kom- mission mit dem Minister des Innern.
Der oberste Chef der Höchsten Anordnenden Kommission, Ge- neral-Adjutant Graf Loris-Melikoff batte nah Relation mit dem Minister des Innern, welcher seinerseits scine Zustimmung erklärte, das Glüdck, die erwähnten Vorschläge der Höchsten Anordnenden Kommission dem Allergnädigsten Ermessen Sr. Majestät des Kaisers zu unterbreiten, und geruhte Se. Kaiserlihe Majestät, diese Vor- {läge vollkommen zu billigen und am 3. April Allerhöchst zu be- fehlen, dieselben zur Ausführung zu bringen.
Die erforderlichen Anordnungen zur Ecfüllung des Allerhöchsten Willens find bereits veranlaßt worden. E
— 19. April. (W. T. B.) Der bisherige Gouverneur von Rjasan, Dr. Abaza, ist zum Chef der Ober-Preß- verwaltung ernannt worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. April. (W. T. B.) Das neue Kabinet. ist nunmehr ernannt. Als Staats-Minister und zugleich als berathendes Mitglied fungirt Graf Posse, welcher zunächst auch das noch unbeseßte Ministerium des Auswärtigen mit verwalten wird. Wieder eingetreten sind von den Mitgliedern des früheren Kabinets in ihre bisherigen Stellungen Dr. Forssel als Chef des De- partements der Finanzen, Dr. Malmström als Chef des Departements der kirhlihen Angelegenheiten und Dr. Loven als berathendes Mitglied. Dr. Bult von Steyern, früher be- rathendes Mitglied, hat das Departement der Justiz über- nommen. Neuernannt sind der Lootsendirektor von Dtter zum Chef des Marinedepartements, Oberst Taube zum Chef des Kriegsdepartements, Gutsbesißer Hederstjerna zum Chef des Depariements des Jnnern und Professor Hammarskjöld zum berathenden Mitgliede.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
(N. A. Z.) Das Märkische Provinzialmuseum hat nach dem vom Stadtrath Friedel erstatteten Jahresberichte auch im vergangenen Jahre zahlreihe neue Zuwendungen erhalten, so daß ih die Zahl der aufgestellten Kultur- und naturgescbichtlihen Gegen- stände um 2144 Nummern vermehrt hat und auf 35582 Nummern angewachsen ist. Den bedeutendsten Zuwachs hat wieder die zweite Abtheilung — Vorgeschihte der Mark — erfahren. Das immer allgemeiner werdende Interesse, welhes die Bevölkernng der Pro- vinz, insbesondere auch auf dem platten Lande, an der Erforschung der lokalen Vorgeschihte nimmt, wirkt fördernd auf die Ausdehnung der Sammlungen ein, und Notizen und Fundstücke, sowie Mitthei- lungen über beobahtete Merkwürdigkeiten gehen fortgeseßt aus fast allen Kreisen ein und geben ununterbrochen Anregung zu Untersuchun- fen und Nacgrabungen. Von den Schäßen dieser Abtheilungen ent- allen 13 544 Stücke auf die vorgeschihtlihe Zeit, 1632 auf das Mittelalter, 6497 auf die Neuzeit, 921 find Varia, 3146 Münzen, 2770 Medaillen, Siegel u. dgl., 262 Arcitektonishes, 1219 Bilder, Karten, Pläne, 531 Urkunden, Autographen 2c., 1035 Bibliotheksachen und 6000 Objekte sind no nicht katalogisirt. Die von dem Direk- torium in Angriff genommene vorgescichtlihe Topographie der Pro- vinz wird neb|t einer gleihfalls in Arbeit genommenen „prähistori- \hen Karte der Mark“ noch zu der im August c. hier tagenden Generalversammlung der deutshen anthropologishen Gesellschaft fertig gestellt werden. Die Separatausftellung ‘des Märkischen Mu- seums bei Gelegenheit der Berliner Gewerbeausstellung ist von mehr als 200 000 Personen besichtigt worden. . j
— Bekanntlich hatte Eduard Devrient durch feine Schrift : „Das OberammergauerPassionsschauspiel“ (Leipzig, I. I. Weber) im Jahre 1851 die allgemeine Aufmerksamkeit auf das alte Mysterium gelenkt, welches sih in Oberammergau noch erhalten hat. Zwar entstammt dasselbe nicht der glänzendsten Zeit jener heiligen Komödien, dem 12, Jahrhundert, es wurde erst im Jahre 1633 von den Benediktinern zu Ettal gestiftet und zum ersten Male im Jahre 1634 aufgeführt, auch im Sahre 1810 von dem Pfarrer Dr, Ytto- mar Weiß zeitgemäß umgearbeit worden, aber es ist now immer eine fkostbare, und zwar die einzige Reliquie des alten
deutshen Bauernspiels, die zu einer Fülle von Betra- tungen anregt. „Es ist ein wahrer Seelentroft inmitten des Pete \etungsprozesses, den der moderne Geist mit allem Alten und Ueber- kommenen vornimmt, umgeben von den haltungs[ofen Trümmern des bisherigen Lebens, mit denen wir zugleih so viel Angelebtes, QLieb- gewordenes und Volks1hümliches -zerbröckeln und vergehen sehen -— daß da eine Erscheinung, wie dieser Ueberrest der geistlicen Schau- spiele des Mittelalters, so altdeutsch kerngesund und jugendfrisch vor uns steht, als wäre sie gestern erst entstanden, uns mit un- befangenem Kinderauge fröhlich anficht und zuzurufen s{eint: seid guten Muthes, der alte Hort des deutschen Volksgeistes ist unvertilgbar und uners{chöpflich; wenn ihr nur Glauben daran behaltet, maht er euch immer wieder überreich.“ In dieser Auffassung beschränkt sich Devrient nicht auf die Beschreibung des Oberammerzauer Passions\piels und eine Kritik desselben, die bekanntlich sehr günstig ist, sondern er erörtert eingehend den Werth und die Bedeutung sowie die weitere Entwickelung dieses Spiels für unser religiöses, nationales und künstlerishes Leben. Das Buch ist seit Jahren vollständig vergriffen gewesen. Die Verlagshandlung bat jeßt, wo die Wiederholung des Passionsspiels eine erneuerte Nachfrage nach der Schrift hervorgerufen hat, dieselbe in einer zweitcn Auflage erscheinen Tassen. Dieselbe ist nur ein unveränderter Neu- druck der ersten, weil einerseits die individuelle Auffassung des inzwischen verstorbenen Autors keine Umarbeitung gestattete, und weil andrer- seits die traditionell stereotype Weise der Aufführungen Aendzruagen oder Zusäße kaum nöthig machte. Der Preis des mit 6 Illustra- tionen und einem Titelbilde ausgestatteten Buchs stellt sih auf 1 4
Gewerbe und Sandel.
Dem Geschäftsberiht des Berlin - Charlottenburger Bauvereins pro 1879 entnehmen wir Folgendes : Der Terrainbesißz am Grunewald verminderte sich im verflossenen Jahre im Ganzen um 2752 qm. Hiervon wurden 1224 qm an einen früheren HyþÞo- thekengläubiger der Gesellschaft übereignet, während 1528 qm nach- träglih zu Eisenbahnzwecken expropriirt wurden; hieraus ergiebt sich ein Verlust von 1238 (6 In 4 schwebenden Enteignungéprozessen ist die gerichtliche Entscheidung erster Instanz zu Gunsten der Gefsell- {chaft ausgefallen. In den Erkenntnifssen werden derselben ca. 250000 Über die bereits geleisteten Abschlagszahlungen hinaus zugesprochen. Die Hvyothekenschulden ermäßigten fih dur Abzahlungen aus be- reiten Mitteln um 29 616 46 Hervorzuheben is noch der in der Generalversammlung vom 24. April 1879 gefaßte Beshluß: „1) das Aktienkapital der Gesellschaft von 6 300 000 4 auf 3 000 000 4 herabzuseßen; 2) diese Herab'eßzung dadurch herbeizuführen, daß bei der Veräußerung von Grundstücken oder Grundstüctstheilen der Ge- sellschaft Aktien derselben im Nominalbetrage von 3 300000 X auf den Kaufpreis in Zahlung genommen und die fo erhaltenen Aktien vernichtet werden.“
— Der Bericht des Vorstandes der Deutschen Effekten- und Wechsel-Bank in Frankfurt a. M. über das Geschästs- jahr 1879 konstatirt, daß die eingetretene allgemeine Besserung und Belebung des Geschäfts dem in Rede stehenden Institute in hehem Grade zu Gute gekommen ist. Das erzielte Resultat gestattet die Vertheilung einer Dividende von 14# %/%. Die Gesammtumsäße auf CGffcften-Konto betruaen 679 953 619 M auf einer Seite gegen 435 727 065 M. in 1878. Die Bank hat si im abgelaufenen Jahre an einigen Konsortialgeschäften, hauptsählich in Staats- und Eisenbahn - Obligationen betheiligt, wobei ein Nettogewinn von 59 319 M erzielt wurde. Der Gesammtbetrag der am 31. De- zember v. J. in Besiß der Bank befindlichen Werthpapiere betrug in Summa 5 098 747 (6 Von dem erzielten Reingewinn, welcher \sich auf 2338 336 M beziffert, find zunächst 5% des einge- zahlten Aktienkapitals von 12 000 000 M an die Aktionäre zu zahlen mit 600000 46 Von dem verbleibenden Reste von 1738 336 M sind dem Reservefonds 10°%/, zuzuweisen mit 173 833 4, welcher sich dadurch auf 566 141 A erhöht. Von dem noch verbleibenden Reste von 1 564502 6 abzüglih des aus dem Vorjahre vorgetragenen Saldos (22 204 46), also von 1542298 f haben die Mitglieder des Vorstandes und andere Beamte der Bank gemäß Anstellungs- verträgen 15% zu erhalten mit 231344 4 Dem Pensionsfonds für Angestellte der Bank ist zuzuweisen 1% mit 15422 4, dem Auf- sichtsrath statutengemäß 10% mit 154229 A Von dem hiernach verbleibenden Reste von 1163505 4 beantragt der Aufsichtsrath eine Superdivideude von 94% zu vertheilen mit 11400720 # und den Saldo mit 23 505 A auf neue Rechnung vorzutragen.
— Der Cours für die jeßt hier zahlbaren Silbercoupons Oesterreichisher Eisenbahnpapiere ist heute auf 170 M für 100 FI. österr. Silber herabgeseßt worden.
Erfurt, 20. April. (Tel. Dep.) Die Dividende pro 1879 beträgt für die Stammaktien A. der Thüringischen Eisenbahn- gesellschaft 8} °/, während Stammaktien B., garantirte, 4 und Stammalktien C., garantirte, 4} 9/9 erhalten.
Verkehrs-Anstalten.
Triest, 19. April. (W. T. B.) . Der Lloyddampfer „Minerva® ist heute Vormittag 115 Uhr mit der ostindish-chinesischen Veberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.
Plymouth, 19. April. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Westphalia“ ist hier angekommen.
New-York, 19. April. (W. T. B.) Die Dampfer „Holland“ und „Egypt“ von der National-Dampfschiffs- Compagnie (C. Messingashe Linie) und der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ sind hier eingetroffen.
Berlín, 20. April 1880.
Fn Anwesenheit Sr. Kaiserlihen und Königlichen H'oheit des Kronprinzen und Sr. Königliben Hoheit des Prinzen Friedrich Carl fand heute Vormittag 11 Uhr die feierliche Eröffnung der Ersten Internationalen Fischerei-Aus- stellung statt. Die Höchsten Herrschaften wurden am Portal des Landwirthschaftliben Museums von dem Ehren-Präsidenten der Aus- stellung, Staats-Minister Dr. Lucius, dem Präsidenten, Kammerherrn v. Behr, dessen Vertretern Dr. v. Bunsen und Professor Peters, sowie dem Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs-Rath Mar- card empfangen und zu dem Hautpas in der Ehrenhalle geleitet, um den sih die Staats-Mirister Graf zu Stolberg, von Kameke, Hof- mann, Graf zu Eulenburg, Maybah, Bitter, von Puttkamer und Dr. Friedberg, der Minister des Königlichen Hauses Graf Schleinißz der Staatésekretär Stephan, die Staats-Minister Friedenthal, Falk, Delbrück, der Wirkl. Geheime Rath Hobrect, die diplomatischen, Vertreter von England, Frankrei, Italien, Rußland, Griechenland, Spanien, China, Japan, Schweden und Holland, sowie der deutschen Bundesstaaten, der General-Feldmarschall Graf Moltke und die Gene- ralität, die Notablen der Wissenschaft, sowie die Delegirten der auf der Ausstellung vertretenen Nationen Aufstellung genommen hatten. Die Ehrenhalle war auf das Prächtigste mit Palmen und blühenden Ge- wähsen ges{müdckt. Unter dem für Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen bestimmten Playe lag ein kostbares Eisbär- fell ausgebreitet. Nachdem die Höchsten Herrschasten den Hautpas betreten, trat der Ghren-Präsi? ent der Ausstellung, Staats-Minister Dr. Lucius, hervor und hielt folgende Ansprache :
„Der deutsche Fischereiverein, vor nunmehr 10 Jahren von Ew. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit Höchstselbst ins Leben gerufen, seitdem unter persönlicher Fürsorge 4 das Interesse für
Ew. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit eine erfreulihe und erfolgreihe Thätigkeit eine verständige Pflege
und in weitere Kreise zu tragen, hielt es {Gon im Jahre 1873 an der Zeit, eine Ausstellung von Erzeugnissen und Geräth- schaften der See- und Binnevnfischerei bier in Berlin zu ver- anstalten. So bescheiden auch diese Ausftellung, entsprechend den derzeitigen Verhältnissen des fungen Vereins fih gestaltete, fo bot fie doch eine reiche Quelle der Belehrung und zog in ungewöhnli. ver Weise die Aufmerksamkeit derjentgen Kreise der Bevölkerung auf sich, welche durch Beruf und Neigung bei einer Hebung der Fifcherei be theiligt sind. Seit jener Zeit aber ist der Verein gewahsen und er- starkt; dur seine belehrende, anregende Thätigkeit, und durch feine er- folgreihe Bemühung für die Hebung der deutschen Fischerei hat er {ih Dank und Anerkennung aus weiter Kreisen verschafft. Die Zahl seiner Mitglieder ist gewacbsen und seine Beziehungen erstrecken. fids weit über das Deutsche Reich in ferne Länder, den förderlicbenr Aus- tausch sihernd auf dem Gebiete seiner Wirksamkeit. Jn diesen Gefühle der Erstarkung und der im Laufe der leß#æn Jahre erreibten Erfolge ihtete der deutshe Fischereiverein am Ero. Kaiserlice und Königlißbe Hoheit die Bitte, buldreihft acstatten zu wollen, daß die zweite und zwar diesmal internationale Ausstellung von Produkten und Geräthschaftea der See- und Binnen- fisherci in Berlin veranstaltet werden möge. Erw. Kaiserlihe und Königliche Hoheit haben mitteks Ordre vom 7. Oktober 1878 Höbst- ihre Zustimmung ertheilt und vie Erwartung ausgesprochen, baß die Ausftellung beitragen werde, die Theilnahme für die Bestrebungen des deutschen Fifschereivereins mehr und mehr[ anzuregen, und immer weiteren Kreisen das NVerftändrifß- für rationelle Fishzuht zu erschließen. Seit dieser Zeit ist der deutsche Fiscbereiverein bemüht gewefen, das Intereffe für die Aus- stellung zu wecken. Er hat sich dabei das Ziel gefteckt, die Fischerei- aller Länder darzustellen, soweit es der enge Raum einer Aus= stellung gestatte. Es war dabei ebensowohl die wirth? schaftliche E als die wissenschaftlihe Seite m3 Auge zœ fassen. Mit dem lebhaftesten Dank habe ickch anzuerkennen, daß der deutsche _Fischereiverein bei feinen Bemühungen sowohl! in Deutschland wie in fast allen Nachbarstaaten, selbft in den fernsten: Zonen der Erde, die‘entgegenkommendste, wirksamste{Wnterstützung ge-- funden hat. Wir schen hier unter uns die Delegirten zahlreider- Staaten, welche die reihen Schätze ibrer Heimath hierher geleiteten... Aus der Ost- und Nordsee, von den nördlichen Meeren, von den Küsten Hollands und Englands, aus den Schweizer Seen, aus den un- ershöpflichen Reibthümern des Mittelmeeres, von der Wolga und dem Schwarzen Meere, aus Nord- und Südamerika, von den Ge- staden des fernen Ostens, aus Japan, China, Indien und dem ma-- layischen Archipel wanderte in reichen, wunderbaren Formen und Ge- taltungen die Fauna der Gewässer hierher. Jn viel gestalteter Schönheit und Pracht schließen sich hieran die kostbaren Produkte der: Gewässer und die Perlen, Korallen und Muscheln. In reiver Auswahl sendeten alle Länder die wirthschaftliche Ausbeute ihrer Fischerei hierher, Lebensmittel aller Art und gewerb- liche Produkte, Fischereigeräthschaften in großartiger Auswahl, wie sie den Sitten und Gewohnheiten der Länder entsprechen, ftellen sich dar, und ehrwürdig treten hinzu Fahnen, Embleme und Urkunden des Fiscbereiaewerbes aus alter Zeit. Wir hegen die Hoffnung, daß dieser friedlicheWettstreit der Nationen mit nüßlihem reihemErfolg für Alle ges frönt sein möge. Möge Niemand diese Ausstellung verlaffen ohne Anregung, sei es auf wirthshaftlihem sei es auf wissenscwaftlichem: Gebiet, empfanaen zu haben, möge sie beitragen, das Verständniß für die hohe Vedeutung des Fischereigewerbes mehr und mehr zum Gemeingut aller Nationen zu machen, möge sie dazu führen, duß diese Fischereiprodukte als billigste Nahrungsmittel für weite Bevölterungs8- \{ichten almählih wieder eine größere Bedeutung in Deutschland ge- winnen, dann wird die H-ffnung erfüllt werden, welhe Ew. Kaiser- liche und Königliche Hoheit bei Ertheilung der Genehmigung tieses Unternehmens ausgesprochen haben. Ich bitte Ew. Kaiserliche und Königliche Hoheit nunmehr, den Befehl zur Eröffnung der ersten Internationalen Fischereiausstellung zu ertheilen.“
Nachdem Se. Kaiserliße und Königliche Hoheit dieser Bitte nachzukommen geruht hatte, fuhr der Staas-Minifter von Lucius fort:
„Auf Höchsten Befehl Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen erkläre ih die erste internationale Fifcerei-Ausbstel- lung für eröffnet. J eröffne sie mit dem altbewährten Rufe: Se. Majestät der Kaiser lebe hoh!“ Begeistert stimmte die Festversammlung in diesen Ruf ein, während die auf der Galerie aufgestellte Kapelle die Nationalhymne intonirte.
Hierauf trat der Vorsitzende des deutschen Fischereivereins vor und- spra: „Lassen Sie uns unsern Dank darbringen dem Fürsten, der vom ersten Beginn bis zur heutigen Stunde dem deutfchen Fischerei- verein ein gnädiger Beshüßer und weiser Berather, ja, ih darf es wohl sagen, ein Mitarbeiter gewesen ist. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz lebe hoch!"
Auch in dieses Hoch stimmte die Festversammlung begeistert ein. Hierauf begann der Rundgang durch die Ausstellung, über welche sich. die Höchsten Herrschaften sehr befriedigt aussprachen.
Der Geheime Regierungs-Rath Reuleaux wird am Donnerstag, den 22. d. Mts., Abends 8 Uhr, die Beobachtungen und Studien,. welche er auf der Weltausstellung in Sidney gemacht hat in einem Vortrage zusammenfassen. Derselbe wird im großen: Saale des Architektenhauses, Wilhelmstraße 92/93 , ftattfinden, öffentlih sein und pünktlih beginnen.
(Nat. Ztg.) Am Sonnabend besichtigte die gemischte Depus- tation der hiesigen Kommunalbehörde den neuen Viehhof am Weidenweg. Im Ganzen find jeßt 20 Gebäude unter Dach ge- bracht: 10 Rinderställe für 3150 Rinder, 4 Hammelftälle für 1000 Hammel, 1 Schweinehalle, welche zugleich als Stall benuyt: wird, für 12090 Schweine, 1 Kälberstall, 2 Verkaufsftellen für Rinder und Hammel und 2 Verwaktungsgebäude. Besonderes Jn- terafse-2sregten die mächtigen Hallen und namentlich die Schweine--
F halle, welhe wohl niraeads in gleiher Größe vorhanden find und
das Modell zu einer Shlachtkammer mit Keller und Aushangvor-» ritung, wele den Engros-Verkauf auf dem Viehhof selbs ermög= liœen foll. Es sollen mindeftens 100 folher Schlachtkammern er-- ritet werden, da nah Einführung des Schlachtzwanges allo Private- \chlachthäuser eingehen müssen. Die Vorbereitungen für dic-nächsten& stattfindende Mastvieh-Ausstellung sind im beften Gange. Die Zahl: der Arbeiter aller Art, welche auf dem Viehhofe beschäftigt sind, bee läuft sih jeßt auf 700.
Rom, 14. April. Gestern «Nachmittag gegen 2 Uhr hat di@& erste Probefahrt auf der Vesuveifenbahn stattgefunden. Der Weg von Resina bis zum Observatorium ist no b uicht vollendet: und wurde daher mit den bisherigen Transportmittelu zurückgelegt. Vom Observatorium bis zuer eigentlichan Cisenbahustation beträgt die Entfernung 3,20 km. Die Bahn (der Betrieb erfolgt nach: dem Seilsystem mit stehender Maschine) zieht sih langfam an den Abs hängen des Kegels empoz. Von der Station bis zum Krater ge= braucht der Zug aht Minuten. Obgleich die Staigung eine erhehs. liche ist, bictet dieselbe do keinerlei Gefahr. Die Aussicbd auf deux ganzen Wege ift wohl die \chönste der Erde. Ju einigen Sagen wird
\weinlih am 1. Mai.
Kopenhagen, 20. April. (W. T. B.) Die zu Ehren der Vega-Erxpedition veranstalteten Festlichkeiten baben mit einem Bankett, das gestern Abend in den Räumen der Börse statt- fand und an welchem auch der Kronprinz theilnahm, ihren Abschluß gefunden. Die „Vega“ hat um Mitternaht die Rückreise na Schweden fortgeseßt.
Im Residenz-Theater wird Hr. Tarl Sonu!az am Don- nexstag sein Gastspiel fortseßen, und zwar als „Dr, Wespc“, also in
entfaltend, bemüht,
dex Gewässer uad für die Hebung der Hochseefisherei zu weden
. einer seiner besten Rollen.
die Bahn betriebsfähig jein. Die feierliche Eräffnung erfolgt wahr«