fins ga besondere Bedeutung. Die „Allg. Ztg.“ schreibt darüber :
Zur möglich|t glänzenden Begehung des Festes waren vielseitige Vorbereitungen getroffen worden. In der Ordenskirche, der foge- nannten alten Residenzkapelle, war der Königliche Thron mit dem imposanten -Baldachin aus blauem, reich mit Gold dursticktem Sammet aufgerichtet; die Umgebung des Thrones und die Wände der Kirche bedeckten kostbar-, aus Goldfäden gewobene Gobelins von feinster Zeichnung, die wohl ihresgleihen nicht mehr haben; die Stühle der Prinzen-Großprioren und der Ordensritter waren mit blauer Seide überzogen. Der Altar ! in reihen Paramenten und kostbaren Gefäßen. Einen besonderen Schmuck hatte die Ordenskirde durÞ sieben neue, aus der Königlichen Hofglasmalerei von Fr. X. Zettler hervor-
gegangeae, Glasfenster erhalten, von denen die dem Königlichen | Throne gegenüber befindlichen vier, in brillanter Farbenwirkung, |
nach künstlerish bedeutenden Kartons in ungemein forgfältiger Aus-
führung mit zierliher Renaissance-Umrahmung, die Stiftung des
Ordens durch Kurfürst Karl Albert, den Ritter Georg hoh zu Pferd im Kampfe mit dem Lindwurm, die Jungfrau Maria und die Tri- nität darstellen. Im Kapitelsaal war ein Thron von rothem gokld- dur{sticktem Sammet nebst den gleichfalls roth überzogenen Stühlen für die Würdenträger und Ritter des Ordens bereitet. Dem neu restaurirten Bankettsaal verliehen die berühmten großen, wichtige Momente aus dem Leben Otto's von Wittelsbach darstellenden, Hautelisse-Tapeten und mä{htige Gruppen exotisher Pflanzen, mit Rüstungen und Trophäen, Lorbeergewinde an der Decke, eine reiche, stimmungsvoll arrangirte Auss{chmückung. Der Reichthum der Königlichen Schaßkammer an werthvollen Ge- räthen und Gefäßen war hier auf eigenen Prunktishen zur Sau gestellt, während die durch Kunst und Material kostbarften Stüde mit dem unvergleihlihen Meisterstück der Goldshmiedekunst der Renaissance, der Statuette des Ritters Georg, die auf einer Estrade unter einem weißen goldaestickten Thronhimmel für Se. Majestät den Könia und die Königlichen Prinzen errichtete Tafel {müdcktten.
Die Festlichkeit nahm folgenden Verlauf: Gegen 11 Uhr hatten fi in dem Vorsaale des Königsbaues die sämmtlichen Ritter des Or- dens in ihren Prachtgewändern versammelt, dann die beiden Prinzen und die übrigen sechs Kandidaten für den Rittershlag, im weißen Streitkleide mit dem Degen an der Seite, in Stiefeln und Sporen und den dreistulpigen Federhut in der Hand, und zogen Sr. Ma- jestät dem König, dem Ordens-Großmeister, der im Geleite der Prinzen-Großprioren erschienen, in den Kapitelsaal voraus. Nachdem ich Se. Majestät, im Kapitelsaal angekommen, auf dem Throne niedergelassen und die Ordensritter nach Alter und Rang ihre Plätze eingenommen hatten, fand die Wahl für die Ordensämter statt. Es wurden hierbei die sämmtlichen bisherigen Jnhaber derselben wieder- gewählt: Georg Frhr. von und zu Franlenstein als Großfkanzler, Ludwig Frhr. v. Malsen als Ordens-Shaßmeister, Max Frhr. v. Ow als Ordens-Ceremonienmeister, Ulrih Frhr. v. Hutten als Scatmeister-Stellvertreter, Konrad Graf v. Preysing als Ceremonien- meister-Stellvertreter. Nun wurden die in einem Vorzimmer harren: den Ritterkandidaten, die beiden Königlichen Prinzen voran, vom Ordens-Ceremonienmeister in den Kapitelsaal eingeführt und deren Biite um Aufnahme in den hohen Orden von Sr. Majestät bejahend erwiedert. Hierauf seßte fich der Zug zur Kirhe in Bewegung durch den Herkules\aal und die Korridors der Residenz, die Trabantenstiege herab über den mit einem blauweißen Zeltdah überspannten Kapellenhof, an der dihtgedrängten Menge von Zuschauern vorüber, welche Sr. Majestät mit enthusiastishen Hochrufen huldigten und mit bewun- dernden Blicken das {dne Schauspiel betrachteten. Dieser unter Fanfarenklängen sich bewegende Zug: die sehs Ritterkandidaten in dem weißen Streitkleide, den Federhut in der Hand, voraus, ihnen folgend Paar um Paar — 46 an der Zahl — die Ritter, Komthure, Großkomthure mit dem wallenden LTalar sammt Pallium von blauem Sammet und der übrigen ganz weißen Bekleidung von Seide, den \{chwarzen burgundishen Hut mit Silberschleife und weißen gekrauften Federn auf dem Haupte, an der Seite das Ritters{hwert mit weißer Scheide, mit den glänzenden Ordensinsignien ges{mückt, lauter Sprossen des alten bayerischen Adels, theils im blühenden Mannesalter, theils in vor- gerückteren Jahren stehend; nach diesen die zwei Prinzen-Kandidaten in weißen silbergestickten Kleidern, die drei Großprioren mit den die Mantels{leppe tragenden Pagen, endlich — den Ordenskomthur mit dem entblößten Ordensshwert vor sich — Se. Majestät der Köntg in dem Prachtornat des Ordenêgroßmeisters, das Hermelinpallium um die Schultern, auf der Brust über dem Pallium an der goldenen Kette das große Ordenskreuz, eine strahlende Brillant- agraffe auf dem s{chwarzsammtnen Hut, von den die lange nachwallende Schleppe tragenden Pagen gefolgt — es war ein blendender, die alte Ritterherrlihfkeit in dem verfeinerten Ge- \{madck der Höfe des 17. und 18. Jahrhunderts darbietender Anblick. Als der Zug den Kapellenhof betrat, spielte die dort aufzestellte Musikkapelle des Infanterie: Leibregiments die bayerishe National- hymne. Unmittelbar nah vollendetem Einzug in die Kirche begann die Festrede, in welcher Hofprediger Dr. Ettmayr, anknüpfend an die íSFdeen der Erinnerung und Hoffnung die Bedeutung des Festes als eines Festes der Pietät, des Ritterscblags als einer religiös sittlichen Einweihung in geistvoller Weise darlegte. Daran \{chloß fich das vom Hofstiftsdekan Enzler unter Assistenz des Hofklerus celebrirte Hochamt, bei dem unter Leitung des Königlichen Hofkapellmeisters Rheinberger „Veni Sancte epiritus“* von Aiblinger, Missa in B. von Mozart, Graduale „O0 salutaris“ von Vogler, Offertorium „Salve regina“ von Rheinberger und „Te Deum“ von Aiblinger zur Aufführung gelangten. Während des Hochamts Ablegung des Ordenkêeides A das Evangeiium, das, auf dem Schilde des ritterlihen Helden Herzogs Christoph von Bayern lag, Ritterschlag, Ausrüstung der neu kreirten Ritter mit Schild, Schwert und Sporn, Ausstattung derselben mit Degen, Hut und Mantel durch die Groß- prioren, Begrüßung sämmtliher Ritter durch Osculum pacis und Ümarmung, Umhängung des Ordenskreuzes durch Se. Majestät den Ordensgroßmeister, Promulgation der Beförderten gleichfalls mit Uebergabe der höheren Insignien durh Se. Majestät an die- selben, endlih die Opferung von Schild und Schwert und brennender Kerze Seitens der neuen Ritter zu Handen des vor dem Altar sißen- den Celebrans. Den Höhepunkt der ganzen Feier bildete die Erthet- lung des Rittershlags, indem Se. Majestät der König als Ordens- großmeister — mit Hoheit und Würde in Ausdruck und Haltung am Königlichen Throne stehend — auf die an den Stufen knieenden Kandidaten zu dreien Malen auf das Haupt und die beiden Schultern das entblößte Ordens\chwert senkte, die lateinische Weihe- formel mit durch die ganze Kirche hörbarer Stimme sprewend. Nach Beevdigung der mit dem Tedeum s{ließenden _kirhlihen Feier be- gleitete der Zug, der diesmal wegen der günstig L. Witte- ruag den Weg durch den Kapellenhof in seiner Länge nahm, Se. Majestät unter fortgeseßten begeisterten Hochrufen von Seite des massenhaft herbeigeströmten Volks in der oben beschriebenen Ord- nung in Allerhöstdessen Gemächer und von denselben in den Bankett- saal, wo die Ordenstafel stattfand, bei der die altherkömmlichen Ge- sundheiten — von Sr. Majestät auf die sämmtlichez Ritter, von dem Ordensgroßkanzler auf den Allerdur{lauchtigsten Großmeister, die Dur({lauchtigsten Großprioren und das Königlihe Haus — ausgebracht wurden, unter noch nie dagewesenem Zudrange von Vol®, dem an der Tafel vorüberzugehen gestattet war.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 26. April. Se. K. und K. Hoheit der Kronprinz Rudolph ist gestern Abends nah Fraß zurüdckgekehrt. — Se. K. und K. Hoheit der Erzherzog Wilhelm hat gestern Abends eine Fnspektionsreise über Agram nah Bosnien angetreten.
prangte |
' erforderlichen,
— Gegenüberden widersprechenden Angaben der Blätter über den Termin für die Einberufung der Landtage versichert die „„Polit. Corr.“, daß alle Meldungen über den Zeitpunkt der Ein- berufung der Landesvertretungen als verfrühte Kombinationen anzusehen sind und zwar {hon deshalb, weil bis jegt Nie- mand in der Lage sei, den Schluß der Reichsrathsthätigkeit mit Bestimmtheit vorauszusehen. Unter sfolhen Um- ständen sei es begreiflich, daß ein Beshluß bezüglih des Ter- mines für die Einberufung der Landtage bisher an maß- gebender Stelle nicht Fetayt worden sei.
— M. E (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus beendete die Spezialdebatte über das Budget des Unterrichts- Ministeriums ‘und beschloß, die Spezialberathung des Geseß- entwurfs über die Militärtaxe zu beginnen, nahdem ein An- trag auf Verweisung desselben an einen Auss{chuß mit 165 gegen 107 Stimmen abgelehnt worden' war.
— Nach dem zwischen d:r österreichish-ungarishen Bot- aft und dem ökumenishen Patriarchen in Kon- tantinopél abgeschlossenen Konkordate zur Rege - lung der Lage des orthodoxen Klerus in Bosnien bleibt die religióse Suprematie des griehishen Patriarchen im Prinzipe s und wird dessen Name in den öffent- lichen Kirchengebeten genannt werden. Die ökumenische Kirche wird au das zur Spendung gewisser Sakramente erforder- liche heilige Oel beshaffen. Aber das Recht der Ernennung und Einsetzung der orthodoxen Bischöfe in Bosnien wird aus- \{ließliÞch und vorbehaltlos Se. Majestät dem Kaiser von Oesterrei zustehen, ohne daß der Patriarh in irgend einer Weise dabei eine Jngerenz hätte. Die Bischöse werden von der Regierung einen regelmäßigen Gehalt beziehen, daher das Recht verlieren, von den Gläubigen irgend welhe Abgabe einzuheben. Kurz, das Konkordat giebt Sr. Majestät dem Kaiser alle, Rechte welche ihm als oberstem Administrator der okfkupirten Provinzen zustehen.
— Der dem Abgeordnetenhause vorgelegte Geseßent- L E den Landsturm bestimmt im Wesentlichen Folgendes:
Bee Landsturm wird aus solchen Freiwilligen gebildet, welche weder dem stehenden Heere oder der Kriegsmarine, noch der Land- wehr angehören. Die Ersatreservisten sind, als zum stehenden Heere aehöria, vom Eintritte in den Landsturm gleichfalls ausgeschlossen. Der Eintritt in den Landsturm enthebt weder von der Erfüllung der Stellungspfliht, noch von der Dienstleistung für Kriegszwecke nach §. 18 W. G. Die Beiimmung des Landsturmes ift, die Un- terstüßung des steherden Heeres und der Landwehr in der ‘“bwehr des Feindes, wenn er in das Land einzudringen versucht, und in der Bekämpfung desselben, wenn er bereits eingedrungen ist. Es wird deshalb der Landsturm, als integrirender Theil der Wehrkraft, unter völkerrechtlihen Scbuß gesteut. Die Einberufung und Organisirung des Landsturmes geschieht auf Befehl des Kaisers im Wege des Landesvertheidigungs-Ministers in jenem Maße und insoweit, als das Land durch einen feindlihen Einfall unmittel- bar bedroht ist. Die thatsählihe Verwendung des Landsturms er- folgt dur den vom Kaiser bezeibnetea Militär-Befe.lshaber. In Absicht auf die Organisation und Bereitstellung des Landsturmes bildet jeder Landwehr-Bataillonsbezirk zugleich einen Landsturm- bezirk. Lie auf die Vorbereitung des Landsturmes im Frieden bezugnehmenden Angelegenheiten werden von den Landwehrbehörden, nach Bedarf im Einvernegmen mit den politishen Behörden, ge- leit.t. Sobald jedo bet drohender Kriegsgefahr die Nothwendigkeit der Aufbietung des Landsturmes in Erwägung gezogen werden muß, wird in jedem politishen Verwaltungsgebiete, welches mehr als einen Landsturmbezirk umfaßt und in jedem Landstukmbbzirk® ein Vertheidigungs - Auss{chuß, kon: stitgirt. Zux Exmöglichung einer, durÞ plöglihe dro- heide Feindesgefahr etwa gebotenen “ beshleuniglen Aufbietung des Lndsturmes sind, alle zu dessen Organisirung und Bereitstellung im Vorhinein zulässigen Vorbereitungen {on im Frieden zu treffen und ist besonders das Schießwesen in der Be- völkerung von staattwegen thunlichst zu fördern. Jn den erwähnten, im Frieden zu treffenden Vorbereitungen ist namentlich auch a. die Errichtung von freiwilligen Scharfs{üßzen-Compagnien mit der Ver- pflihtung zur Theilnahme am Landsturme und b. die Entgegen- nahme von freiwilligen Anmeldungen für den Landsturm durch die politischen Bezirksbehörden, unter Vermittlung der bei denselben für Zwecke der militäriswen Evidenzhaltung bestellten Organe (der Land- wehr-Bezirksfeldwebil) inbegriffen. Die Erfüllung einer derart im Vorhinein eingegangenen Verpflichtung is Ehrensate. Sowohl die freiwilligen Scharsshüßen-Compagnien, als auch die übrigen Land- \starm-Compagnien (Abtheilungen) wählen ihre Offiziere selbst.
Pest, 27. April. Ordody, dessen Ernennung zum Minister für öffentlihe Arbeiten und Kommunikationen mor- gen von dem amtlichen Blatte publizirt werden wird, wird der „Pester Correspondenz“ zufolge demnächst dem Unterhause einen Geseßentwurf über die Verstaatlihung der Theiß- bahn und die Stipulationen bezüglih der Südbahnstrecke Agram-Karlstadt vorlegen. Sodann werde die neue Organisation der ungarishen Staatsbahnen zur Durchführung gelangen. Die Frage betreffs der Pest-Sem- [liner Bahn dürfte, derselben Correspondenz zufolge, kaum eine rasche Lösung finden.
Karlowißt, 26. April. (Presse.) Vierzehn fserbische Gemeinden haben an das Ministerium die Bitte gerichtet, den Kirchenkongreß so lange niht einzuberufen, bis die 367 000 Fl., welche die Bevölkerung seit dem Fahre 1869 dem Nationalsond schuldet, niht hereingebracht sind. Dieser Be- trag wurde dem Nationalfond zur Abhaltung der leßten Kirchenkongresse und zur Bestellung von Kultusauslagen entlehnt.
Agram, 26. April. Erzherzog Wilhelm is heute Morgens hier eingetroffen und reist Abends über Karlstadt nah Bosnien. — Das zweite Bataillon des Regiments „Leopold“ ist heute hier eingetroffen und von der Gene- ralität und Stadtbehörde festlich empfangen und bewirthet worden. — Das Elaborat Boncina’'s über die Reorgani- sation der Verwaltung ist, dem „Pest. L.“ zufolge, dem Banus bereits übergeben worden. Dasselbe gipfelt in der modifizirten Komitatsverfassung mit gemischten Bezirksämtern. Die Ersparniß soll, wie dem genannten Blatte gemeldet wird, eine wesentliche sein.
Großbritannien und Jrland. London, 26. April. (Allg. Corr.) Die Trauung der Prinzessin Friede- rike von Hannover mit dem Frhrn. von Pawel-Ram- mingen fand am Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr, it dex Privatkapelle des Windsforschlosses unter Beobachtung der bei Vermählung einer Angehörigen des Königlichen Hauses üblichen Formen statt. Der Bischof von Oxford vollzog unter Assistenz des Dechanten von Windsor den feierlihen Akt, welchem Jhre Majestät die Königin, der Prinz und die Prin- zessin Christian von Schleswig-Holstein, der Herzog und die Herzogin von Connaught, Prinzessin Beatrice, Prinz Leopold, die Großherzogin von Medlenburg-Streliß, der Herzog von Cambridge und der Herzog und die Herzogin von Teck bei- wohnten. Nach der Trauung wurde in der Waterlooëammer
das Hochzeitsmahl eingenommen, worauf \sih das neuvermählte Paar na dem Königlichen Landhause Claremont begab,
Ueber das vermißte Shulschiff „Atalanta“ sind noch immer keine Nachrichten eingelaufen. Sollten die bereits begonnenen Nachforshungen kein günstiges Resultat haben, so dürfte, gutem Vernehmen nach, ein Forshungsgeshwader zum Kreuzen in nördlicheren Breitegraden abgeordnet werden da angenommen wird, daß das Schiff möglicherweise na dem Norden vershlagen worden ist. i
Auf Cypern wurde der Kabinetswechsel in England am 24. d. durch enthusiastishe Volkskundgebungen gefeiert. Larnaca wurde „zu Ehren der Königin von England, Mr. Gladstone's und der liberalen Partei“ illuminirt. Eine große Menge Griechen versammelte sih vor der Wohnung des Gou- verneurs und rief: „Lang lebe die Königin!“ Jn Limafsol wurde dem Gouverneur eine Adresse überreiht und ein seter- liches Tedeum in der St. Napa-Kirche celebrirt. Aus Nicosia liegen Berichte über ähnliche Demonstrationen vor, und es wird gemeldet, daß die Griechenverèéine auf Cypern rege Thä- tigkeit entfalten, da sie von der in England ans Staatsruder gelangten liberalen Partei große Zugeständnisse erwarten.
Aus Bombay wird dem „Standard“ unterm 25. ds. telegraphirt :
„Die ganze afghanishe Streitkraft, mit welcher General Stewart jüngst zu kämpfen hatte, wird jeßt auf Grund der Aus- sagen Gefangener auf 27000 Mann Fußvolk und 3000 Reiter, D unter dem Befehl von Shir Jan Zymud Pir Mahomed, geschäßt. Ihre Infanterie kämpfte mit solcher Wuth, daß fie fsich bis auf 30 Ellen vor unseren Kanonen heran- wagte. Ghuzni wurde vollständig geräumt vorgefunden, felbst Seitens der ftädtischen Bewohner. Die Truppen und deren Führer in den Distrikten, die für Mahomed Jan günstig gesinnt, sind jeßt gelähmt, und weder Letzterer noch Mir But&a können Verstärkungen aufbringen, da die Nieder- lage eine so entschiedene war, taß die Afghanen für lange Zeit nicht bewogen werden dürften, uns gegenüber zu treten. General Stewart wird in einer Woche in Kabul ankommen. Man glaubt, èr werde General Roberts im Oberkommando erseßen. Jn Schirpur wurde zu Ehren d2s8 Sieges neben anderen großen Freudenbezeugungen au ein Salut von 31 Kanonenschüssen abgeieuert. Die indische Presse eracbtet den Sieg als entscheidend und die Campagne thatsächlich für beendigt. General Brook is in Kandahar angelangt. Die Straße nach Kabul ift jeßt vollkommen sicher. Nach dem 30. ds. werden keine weiter:n Truppen nach Kandahar gesandt.“ :
Von seinem Spezialberichterstatter im Hauptquartier Des Generals Stewart erhielt der „Standard“ einen detaillirten Bericht über die am 19. ds. stattgefundene Schlacht vor den Thoren von Ghuzni.
Der Feind nahm mit einer aus 209000 Mann Fußvolk und 2000 Reitern bestehenden Streitkraft, von der etwa die Hälfte engagirt gewesen, Stellungen auf einem welleaförmigen Kamme des Galkoh- gebirges bei Afkmedkeyl ein und griff die britische Position auf drei Seiten an. Die Infanterie unter Sir Donald Stewart stand fest und entlud ein fürchterlihes Feuer in die feindlichen Linien, während auch das Kartätschenfeuer der Artillerie furchtbare Verheerungen unter dem Feinde anrichtete. Die Kavallerie that ebenfalls ihre Schuldigkeit. Eine Zeitlang s{chwankte der Sieg, und hätte sich die ganze Macht des Feindes in. dem kritishen Augenblick auf die bri- tishe Stellung geworfen, so würden die Folgen fehr ernstlich gewesen sein. Nach langem und sehr heißem Kampfe blieben die Briten in- deß Sieger. Die Verluste der Afghanen werden auf ca. 2000 Todte und Verwundete veranschlagt, während auf britischer Seite nur 147 Mann getödtet oder verwundet wurden. Offiziere sind nicht gefallen, aber verwundet wurden acht, | darunter zwéi, deren Aufkommen be- zweifelt wird.
— 28. April. (W. T. B.) Lord Kimberley is zum Staatssekretär der Kolonien, Earl Spencer zum Lord- Präsidenten des Geheimen Raths, der Herzog von Argyll zum Lord-Groß-Siegelbewahrer, der Marquis von Ripon zum Vize-König von JFndien, Dilke zum Unter-Staatssekre- tär des Auswärtigen, Lefevre zum Sekretär der Admirali- tät, Adam zum ersten Kommissar des Königlichen Bau- amtes, Bright zum Kanzler des Herzogthums Lancaster er- nannt worden.
DüUblin, 27. April: (W. T. B) Jt einan Hütten - werke in Sligo (Jrland) ist von der Polizei eine große Menge von Gewehren, Bajonnetten und Munition aufgefunden und sind in Folge dessen mehrere Verhastungen vor genommen worden.
Frankreich. Paris, 26. April. (Fr. Corr.) Bei der gestrigen Stichwahl in Besançon für den Siß des Hrn. Albert Grévy, jeßigen Senators und General:-Gouver- neurs von Algerien, in der Deputirtenkammer siegte der radikale Kandidat Beauguier mit 3998 Stimmen über den von der „République française“ patronirten Hrn. Ordinaire, der 3560 Stimmen erhielt.
— (Cöln. Ztg.) Die Fnterpellation Lamys wird erst am 3. Mai vorgebracht werden, da die Rechte des Senats be- {lossen hat, daß vorläufig niht wegen der Märzerlasse inter - pellirt werden solle, sondern wegen der Unruhen in Lille. Der Minister Ferry hat heute Morgen um 6 Uhr Lille ver- lassen; 300 Studenten der Staatsuniversitäten erwarteten ihn, um ihm einen ehrenvollen Abgang zu bereiten. Die Haupt- anstifter der klerikalen Kundgebungen waren FJesuiten]chüler in Uniform.
Hr. Albert Grév y ist heute wieder nah Algier abgereist.
Auch die Bischöfe von Pamiers, Montauban und Mar- seille veröffentlichen heute Protestbriefe.
Ftalien. Rom, 27. April. (W. T. B.) Jn der heut:- en Sißung der Deputirtenkammer erklärte auf ein: An- rage Derenzi’'s über die montenegrinishen Angelegen- heiten der Minister-Präsident Cairoli: Die Regierung habe dem von der Türkei und Montenegro gestellten Ansinnen, ihre guten Dienste in der Grenzfrage eintreten zu lassen, Folge gegeben. Es sei ein Abkommen zu Stande gekommen und das bezügliche Protokoll von allen Mächten unterzeihnet wor- den. Der Minister-Präsident besprach sodann die vereinbarten Bestimmungen und legte dar, auf welche Weise dieselben ver- legt worden seien. Die Regierung habe Vorstellungen ge- macht und auch die Aufmerksamkeit der übrigen Signatar- mächte auf diese Thatsachen gelenkt. Ftalien sei uneigennüßig und habe keine Verantwortlichkeit oder Verpflihtung, außer in Gemeinschaft mit den erwähnten Mächten. Derenzi ek- klärte sich durch die Antwort des Minister-Präsidenten zu- friedengestellt.
Der Budgetausshuß der Deputirtenkammer berieth heute die Vorlage, betreffend die Verlängerung der provisorishen Gebahrung bis Ende Mai, und nahm hierbei folgende Tagesordnung an: Die Kammer spricht ihr Be- dauern darüber aus, daß die Regierung neuerdings {Jndem- nität verlangt und geht zur Tagesordnung über. Crispi ist beauftragt worden, diesen Antrag in der Kammer zu begrün- den. — Jn parlamentarischen Kreisen heißt es, daß die Re-
gierung aus diesem Anlasse die Vertrauensfrage stellen werde, um zu sehen, ob die gegen die Regierung koalisirten Fraktionen die Majorität besißen.
_ Montenegro. Cettinje, 26. April. (W. Presse.) Die Ansammlung der Albanesen an der Grenze dauert ununterbrochen fort; gestern um Mitternacht haben sie die montenegrinishen Vorposten überfallen und einen Mann getödtet und einen verwundet. Die Vorposten ant- worteten mit einem Pelotonfeuer; hierauf trat Stillstand ein. Die montenegrinishen Truppen nehmen eine beobachtende Stellung ein.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. April. (W. T. B.) Der ehemalige Gesandte in London, Baron Hochschild, ist zum Minister der Auswärtigen An- gelegenheiten ernannt worden. — Der diesseitige Gesandte in Berlin, Baron von Bildt, hat die Rückreise nach Berlin angetreten.
Amerika. Washington, 24. April. (Allg. Corr.) Der Finanzausshuß des Repräsentantenhauses hat zu Gunsten einer gemeinsamen Resolution berichtet, welche die Niederseßung einer Kommission zur Feststellung der Basis eines Gegenseitigkeits - Vertrags mit Kanada be- pot Der Bericht ist zur weiteren Erörterung zurückgesandt worden.
San Se ancisco, 24. April. (Allg. Corr.) Mr. Charles de Young, Redacteur des „San Francisco Chronicle“, der im August v. J. auf Mr. J. S. Kalloch vor dessen Er- wählung zum Mayor s{hoß und denselben verwundete, wurde gestern Abend im Bureau des „Chronicle“ von dem Sohne Mr. Kallochs erschossen.
Asien. Birma. (Allg. Corr.) Der „Times“ wird aus Kalkutta vom 25. ds. gemeldet: „Das in voriger Woche im Umlauf gewesene Gerüht von dem Ableben des Königs Thibo hat noch keine Bestätigung erhalten ; aber es sind in Jndien amtlihe Meldungen eingegangen, daß er an einer ge- fährlihen Krankheit leide, deren Beseitigung durh Opferung von Jungfrauen versucht werde.“ \
Ans dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.
_St. Petersburg, Mittwoch, 28. April. Es be- stätigt sih, daß der Hauptattentäter bei der Explosion im Winterpalais, Namens Szewicz, seit vorgestern verhaftet ist. Ueber den Verlauf der Untersuchung fehlt zur Zeit noch alles Verbürgte.
Neichstags - Angelegenheiten.
Hamburg, 27. April. (W. T. B.) Bei der Neuwahl zum Rei hstage im zweiten Hamburger Wahlkreise erhielt Riege 3583 Stimmen, Dr. Anton Rée 6451 Stimmen und Hart- mann 13155 Stimmen. Leßterer ist somit gewählt.
Statistische Nachrichten.
Bei der Magdeburger Allgemeinen Versicherun gs- Aktiengesellschaft — Abtheilung für Unfallversiherung — kamen im März 1880 zur Anzeige: 14 Unfälle, welche den Tod der Be- troffenen zur Folge gehabt haben, 7 Unfälle in Folge deren die Be- \chädigten noch in Lebensgefahr \{weben, 36 Unfälle, welche für die Verlebßten voraus\ichtlih lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 607 Unfälle mit voraussfichtlih nur vorübergeherder Erwerbsunfähigkeit, Summa 664 Unfälle.
— Nach den in der „Gem. Ztg. für Elsaß-Lothr." veröffentlichen Ergebnissen derCivil-undStrafrehtspflegein Elsaß- Lothringen für die Jahre 1873/74—1877/78 waren bei den Land- und den Poslizeigerichten daselbst anhängig 1873—74 41 102, 1874—75 44069, 1875—76 48 014, 1876—77 54976, 1877—78 53 827 Untersuchungen. Die Zunahme fällt hauptsächlich auf die Uebertretungen, denn es betrafen von den Untersuchungen
Verbrechen Vergehen Uebertretungen 1873—74 784 6606 33 716 1874—75 958 6019 37 092 1875—76 1069 6695 40 250 1876—77 1100 7680 46 196 1877—78 771 7041 46 015
Von den Untersuchungen wegen Verbrehen wurden im Jahre 1877—78 28,029/6, wegen Vergehen 74,99%), wegen Uebertretungen E 00 von sämmtlihen Untersuchungen 94,91%, durch Urtheil eendet.
Von den Beschuldigten waren im Durchschnitt der oben ge- nannten Jahre 86,68 /6 männlichen, 13,32% weiblichen Geschlechts ; unter 18 Jahren 6,21 °/,, im Alter von 18 Jahren oder darüber 93,79%; 98,39%/0 Christen, 1,61%/ Juden; 5,75% (1873—74 9,42, 1877—78 5,08 9/0) Rüdfällige. Nach Prozenten der Gesammtbevölke- rung waren in Kriminal- oder Zuchtpolizeisahen Beschuldigte : männliche Personen 1,29, weibliche 0,18, zusammen 0,70%/9; von der christlihen Bevölkerung 9,69, von der jüdischen 0,62%.
Non der Gesammtzahl der wegen Verbrechen und Vergehen neu- eingeleiteten Untersuchungen betrafen Verbrehen und Vergehen:
im Fahre durchscnittlich 1877/78: in den Jahren
1873/78: wider die Sittlichkeit 3,08 9% 2,75 9% E e e S Ss Körperverleßungen . 13,35 13,23 Diebstahl überhaupt . 42,64 42,20 Raub und Erpressung 1,06 0,64 Betrug und Untreue 5,06 4,18 E e 2008 2,84 Gemeingefährlihe Verbrehen . . 2,45 2,54 NBerbrechen und Vergehen im Amte 0,59 „ O6: Dieses Verhältniß ändert sich aber, wenn man die einzelnen Gruppen bzw. Unterabtheilungen für sich betrachtet. Dann ergeben sich bei den Verbrechen und Vergehen wider das Leben : in fünfjährigem Durchschnitte :
28,30 9/9 17,98.
T8 » 11,20,
Untersuhungen wegen Mord und Todt- Ida A 2 AOTT/78 30,71 % e -Kinbbmord L 1606, Abtreibung der Leibeböfrucht . . ä 9,45 , eeuuaß hülfs loser Personen . ü 18,90 , bei Körperverleßzungen : Untersuhungen wegen- Körperver- leßzung als Verbrechen strafbar Untersuchungen wegen Körperver- legung mit Beibringung von Gift Diebh1ähle als Verbrechen strafbar . bei gemeingefährlihen Verbrechen : Vorsäßliche Brandstiftungen . . Gemeingefährlihe Handlungen in Bezug auf Eisenbahnen . g
4,20
0,63 8,81
33,71 27,43
3,40
0,34 10,76
33,92 24,00
Vor den Schwurgerichten wurden im Durchschnitt jährlich 201 Anklagen mit 1276 Angeklagten verhandelt, 1873—74 185 (220 An- geklagte), 1877—78 202 Anflagen (272 Angeklagte), Die Frei- \prehunaen erfolgten im Durchschnitt mit 17,08, die Verurtheilungen mit 69,59 9/03 57,77 9/9 wurden zu nicht peinlichen, 42,23% zu pein- lichen Strafen verurtheilt.
Die Kaiserlichen Landgerichte hatten 1873—74 5112, 1877 bis 1878 5797 Appellations- und Zucbtpolizeisachen zu verhandeln. Von der Sesammtzahl der Beschuldigten wurden 10,47% freigesprochen, 79,64 9/9 verurtheilt, und zwar hiervon 38,09% zu Freiheitsstrafen, 40,74%/6 zu Geldstrafen, 0,81 %/ zu Freiheits- und Geldstrafen.
Bei den Polizeigerichten waren im Durchschnitt 40 647 Straf- sahen anhängig, in 1877—78 26,8% mehr als in 1873—74. Von den Beschuldigten wurden 9,92 9/9 freigesprohen, 88,88% ver- urtheilt; von den leßteren zu Haft 1873—74 18,25 %, 1877—78 28,14 9%; zu Geldstrafen 81,27 bzw. 70,68 9/5; zu Haft und Geld- trafen 0,48 bzw. 1,18 2%.
Die Kriegsgerihte (unterm 12. September 1870 eingeseßt) haben in den Jahren 1875—76 und 1877—78 keine St1afurtheile erlassen; in den Jahren 1874—75 und 1875—76 s{chwebten vor den- selben 14 Untersuchungen gegen 55 Angeklagte, von denen 38 außer Verfolgung gesetzt, 3 freigesprochen, 14 verurtheilt wurden.
Was das Beamtenpersonal betrifft, so betrug in Frankreich die gad! der agents chargés de constater les crimes et les délits,
ensd’armen, Polizeikommissare, Agents de police u. \. w. im Jahre 1875 132 480. Hingegen waren in Elsaß-Lothringen 1877 in denselben Kategorien 2113 Beamte vorhanden.
Rechnet man hierzu noch die in Elsaß-Lothringen angestellten 65 Polizeikommissare, sowie die Zahl der Bannwarte und Privathüter in den Gemeinden, welche mit 2000 kaum zu niedrig bemessen sein wer- den, so ergiebt sich für Elsaß-Lothringen ein Gesammtpersonal von 4178, ein Beamt-:r auf durchschnittlich 366 Einwohner, während in Frankreich ein Beamter auf durchsch{chnittlich 278 Einwohner trifft. Was speziell die Gensd’armerie anbelangt, so waren in Elsaß- Lothringen unter französischer Verwaltung 18 Offiziere, 1 Zahlmeister, 144 Brigadiers, 348 berittene und 145 Fußgensd’armen vorhanden ; dermalen dagegen nur ein Brigadier, 4 Distriktsoffiziere, 18 Ober- Wachtmeister, 136 berittene und 192 Fußgensd’armen. Während zur franzöfischen Zeit durchschnittlich 24 gkm mit 2570 Seelen auf einen Gensd’armen kamen, kommen jeßt auf einen derselben 42 gkm und 4470 Seelen.
— (Allg. Corr.) Durch Eisenbahnunfälle wurden in England im abgelaufenen Jahre 1032 Personen getödtet und 3513 verwundet. Darin ist jedoch die Zahl derjenigen nicht mit ein- begriffen, die durch unerlaubtes Betreten des Geleises oder durch Selbstmord ihr Leben vrloren oder Verleßungen davontrugen. Mit dieser Zahl stellt sih die Gesammtziffer der Todten und Verwundeten auf 1074, beziehungsweise 5828.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Fn Meyer u. Zellers Verlag (Friedrich Vogel) zu Stuttgart sind die Gedichte in oberbayerischer Mundart von Karl Stieler, unter dem Titel „Weil’s mi? freut!“ bereits in vierter Auflage erschienen. „Mihr als jede hochdeutsche Dichtung“, heißt es in der Vorrede, „bringt gerade der Dialekt, die Eigenart und das innerste Wesen der einzelnen Stämme zum Ausdruck, und diese Dichtungsart ist es deshalb vor Allem, welche das gegenseitige Interesse zu wecken und damit das gegenseitge Ver- ständniß zu fördern vermag. Sie mowte fcüher ein Monopol weniger Kenner sein, jeßt soll sie Gemeingut aller deutschen Stämme werden; dann ift die Dialektdichtung, obglei sie ganz die partikularen Interessen zu pflezen scheint, eine wahrhaft nationale.“ Erfreulich is es, daß ein solcher gegenseitiger Austaush bereits in lebhafter Weise stattfindet. Reuters und Groths plattdütshe Dich- tungen finden auch in Süddeutschland stetig wachsende Verbreitung, weit mehr aber, {hon der Anziehungskraft wegen, welche die land- \chastlihen Schönheiten Oberdeutshlands alljährlih auf eine Unzahl Touristen aus unserem Tieflande ausüben, die süddeutschen Dialekt- dichtungen bei uns. Ein Beispiel dafür ist u. A. auch die vorliegende in Norddeutschland so beifällig aufgenommene Sammlung, welche Freunden gesunden, volksthümlich’naiven Humors nur zu empfehlen ift.
— Otto Hübners statistische Tafel aller Länder der Erde, die dur ihre Zuverlässigkeit, Vollständigkeit und Uebersicht- lichkeit längst bekannt ist (Verlag von Wilh. Rommel in Frank- furt a. M.), ist soeben in neuer (29.) Auflage erschienen. Dieselbe enthält in übersichtlicher Weise die neuesten Daten über die wirthschaftlichen Verhältnisse aller Länder der Erde, wie Größe, Bevölkerung, Aus- gaben, Schulden, Heer, Kriegs- und Handelsflotte, Gin- und Ausfuhr, Zolleinnahmen, Erzeugnisse, Geld, Maß, Gewicht, Eisenbahnen, Hauptstädte 2c. Preis 50 8. L
— Das 2. Beiheft des Jahrg. 1880 zum Militär- Wochenblatt, herausgegeben von v. Witleben, General-Lieute- nant z. D., (Berlin, Ernst Siegfried Miitler und Sohn) enthält: Die österreichish-ungarisben Wehrgeseße. — Abgangsliste der Offi- ziere des Regiments Kunheim Nr. 1 von 1713 bis 1806. — Zur Charakteristik Preußens 1740 bis 1750. Gelesen in der Berliner De der Wissenschaften am 19. März 1880 von Joh. Gust.
roysen.
— Die Buwhhandlung von Otto Harrassowiß in Leipzig hat ihren Bücher-Katalog Nr. 62 auëgegeben. Derselbe enthält ein Verzeichniß von 2792 Schriften, die sich aus Ltnguistik beziehen und in ihrem Antiquariat vor-äthig sind, und gliedert si in fol- gende Abtheilungen: Allgemeine und vergleichende Linguiftik, Poly- glotten, Sammelwerke ; Keltishe Sprachen (im Allgemeinen; Welsch, Jrisch, Cornish/ Bretonish); Romanishe Sprachen (Catalanisch und Provenzalish, Alt- und Neufranzösisch, franz. Dialekte, Jtalie- nisch, Spanisch, Portuziesisch, Rumänisch, Ladinisch); Germanische Sprahen (Runen, Altsäsisch und Angelsächsisch, Neuenglisch, Friesisch, Holländis%, Altnordish und Skandi- navishe Sprachen ; Alt -, Mittel- und Neuhochdeutsh; Deutshe Mundarten); Slavishe Sprachen (Allgemeines und Altslavisc, Russis, Polnisch, Kassubisch, Czehish undSlowakisch,Wen- dis, südslavishe Sprachen, Bulgarisch) ; verschiedene kleinere Spra h- stämme (Albanesisch, Baskisch, Ehstnisch, Finnisch, Faröisch, Lappländisch, Lettisch und Littauisch, Neugriechish, Preußisch, Ungarisc, Zigeuner- sprachen). Daran \{ließt ih ein Verzeichniß von Schriften, be- treffend orientalishe Sprachen. Dasselbe enthält folgende Rubriken : Allgemeine Schriften; Sanéfrit, alt- und neuindische Sprachen ; Keilschrift, Zend, Persisb, Pushtu, Armenish, Georgisb, Kurdiscb; Arabis, Phônizish und Maltesish ; Syrish und Mandäisch; Türkisch- tartarish-mongolische Völker; Chinesish und Japanish; Siamesisch, JIavanisch, Malaiisch; afrikanishe Sprachen (Egyptisch, Hieroglyphen, Koptisch; Aethiopisch und Amharisch; die übrigen Sprachen Afrikas). Unter den aufgeführten Büchern befinden sich viele wichtige und
seltene Werke. Land- und Forstwirthschaft.
Dem letzten von dem K. K. österreichishen Ackerbau-Ministe- rium veröffentlihten Berichte über den Stand der Saaten in Oesterreih-Ungarn um die Mitte des April d. J. entnehmen wir folgende Mittheilungen: Unter dem im großen Durchschnitte sehr günstigen Einflusse der Witterung haben sih die Winter- faaten im Allgemeinen bedeutend erholt, zum Theil auch folche, welche man ihres trostlosen Aussehens wegen noch vor zwei Wochen als gänzli ausgewintert betrachtet hatte. Gut erhalten gewesene Saaten haben \sich kräftig bestokt und gewähren einen hoff- nungsvollen Anblick. Doch bestätigen auch die neueren Nach- richten, daß im Allgemeinen verhältnißmäßig viel ausgewintert ist und zwar entweder gänzlih, so daß der- selbe eingeacktert und . durh Sommersaat erseßt werden mußte, oder theilweise, so daß entweder größere leere Stellen in den betreffenden Feldern bleiben, oder überhaupt ein dunner Stand er- folgen wird. Die bereits früher gemeldeten weitgehenden Auswinte- rungen des Rapses bestätigen sih in allen Ländern. Auch der er- halten gebliebene Raps wird nit gelobt. Jn Ungarn fing er be- reits zu blühen an, es tritt aber daselbst auch der Glanzkäfer sehr
Roggen
Alt- und |
zahlreich auf. Der Sommeranbau ging, vom Wetter und auch von der Beschaffenheit des Bodens besonders begünstigt, rasch von Statten. Die große Winterkälte und noch mehr die Märzfröste hatten fsich nämlih als sehr nüßlich erwiesen für die Lockerung des Bodens der Aecker, auf when die Herbstackerung vollzogen worden war. Gerste und Hafer, sowie Sommerweizen und Sommerroggen, waren zur Zeit des Be- rihts in den eigentlichen Getreidelagen aller Länder der Monarchie mit Ausnahme Galiziens bereits vollends angebaut; in Galizien war der Anbau etwa zur Hälfte ausgeführt. Das \ch{öne gleichmäßige Auflaufen der Saaten wird beinahe einstimmig in allen Berichten hervorgehoben. Für diese Saaten bestehen mithin im Allgemeinen die beften Aussichten. Mais wurde nicht nur in der südlihen Zone der Monarcie, fondern auch in der Nordhälfte Ungarns, in Stzeier- mark und Nordtirol bereits angebaut. Jn Ungarn wird au ein niht unbeträchtliher Theil der umgeackterten Roggen- und Raps- felder mit dieser Frucht bebaut. In Nordtirol haben die Maiskörner der vorjährigen Ecnte — man {äßt den Verlust auf etwa 70 °/a — die Keimfähigkeit eingebüßt, und zwar wahrscheinlich durch die große Winterkälte, da die im Vorjahre ohnehin nicht ganz gut ausgereiften Kolben — wie alljährlich — über Winter im Freien aufgehängt blieben. Kartoffeln und Rüben wurden Mitte April in allen Ländern {hon angebaut; im Küstenlande und in Unterfteiermark war man sogar mit dem Kartoffelnlegen {hon fertig. Auch war für eine große Zuckerfabrik Mährens der Rübenanbau bereits beendet. Der Klee steht uach nahezu übereinstimmenden Nachrichten fast überall gut und diht, Esparsette aber hat ziemli stark gelitten. Der Graswuchs auf den Wiesen sieht ebenfalls meistentheils hoffnungsvoll aus; nur in der südlichen Zone, namentlich im südlihen Ungarn, zeigt er fich in Folge der Lrolkenheit ziemlich spärlih. Der Hopfen hat, soweit die Nach- richten reihen, in Böhmen und in Oberösterreih den Winter gut überstanden und wurde eben geschnitten. Bezüglih der Ueberwin- terung des Weinstockes läßt fich nun bereits behaupten, daß im Allgemeinen derselbe selbst gesund geblieben is. Doch sind die ober- halb der Erdoberfläche befindlichen Theile der Reben oder doch die oberen Augen großentheils erfroren, während die unteren verschont und entwicklungsfähig blieben. Aus Görz, Istrien und Kroatien mcldet man übrigens, daß sehr viele alte Stöcke erfroren und zu Grunde gegangen sind. Die Weinzärten waren Mitte April größtentheils bereits gehauen, in wärmeren Lagen wurden die Reben geschnitten. Selbstverständlich muß dieses Jahr in dea mei- sten Fällen der Schnitt tiefer als gewöhnlich geführt werden. Da- durch wird nun zwar eine Einbuße am Ertrage bedingt, doch find — wenn von Deutsh-Südtirol abgesehen wird — dadurch die Aus- fichten auf Mittelernten noch keineswegs ausges{lossen. Der dur den Winter au den Obstbäumen verursahte Shaden war zwar in einzelnen Lagen sehr bedeutend, was namentlich aus Mähren, Kärnten und dem nördlichen Ungarn berichtet wird, im Allgemeinen aber beschränkte sih der Schaden auf edle Sorten und auf junge
Bäumen. Gewerbe und Handel.
In der gestrigen Generalversammlung der hiesigen Central- bank für Bauten waren 360 Aktien durbd 36 Stimmen ver- treten. Der vorgelegte Geschäftsbericht nebst Bilanz pro 1879 wurde geaehmigt und der Verwaltung Decharge ertheilt.
— In der Konkurssache der Borgä-Kervo-Cisenbahn- Aktien-Gesellschaft ist nunmehr das Urtheil des Kaiserlichen Senats für Finnland in dritter und leßter Instanz verkündigt worden. — Înhaltlich dieses Urtheils haben alle diejenigen Gläubi- ger der gedachten Gesellschaft (eins{ließlich der Obligations- inhaber), welche ihre Forderungen im Konkurse in Gemäßheit des finnishen Geseßes vom 9. November 1868 bewacht haben, gleichen Anspruch auf Befriedigung ihrer Forderung aus der Konkursmasse nach deren Stande zur Zeit der Konkurseröffnung. — Außerdem ist den Obligationsinhabern, welche bewacht haben, dec Anspruch zu- erkannt worden, für den Rest ihrer Forderungen aus der ihnen ver- tragsmäßig zugesicherten Subvention der Stadt Borgä Deckung zu erhalten. Denjenigen Obligationsinhabern dagegen, welche nit bewacht haben, verbleibt nur der statutengemäße Anspruch auf die gedachte Subvention. Die Lehteren werden daher gut thun, zur Wahrung ihrer Interessen nachträglich einen Bevollmächtigten fich hierselbst zu bestellen. Das Kaiserliche Konsulat in Helsingfors hat fich bereit erklärt, auf zu ftellenden Antrag, den deutschen Interessenten einen geeigneten Sachwalter namhaft zu machen.
Antwerpen, 27, April. (W. T. B) Wollauktion sehr fest. Angeboten 2045 Ballen, davon 1738 Ballen verkauft.
London, 27. April. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll- auktion war Kapwolle lebhaft begehrt, schneeweiße 2, gewaschene und \{weißige Wollen 1 höher als am Schluß der vorigen Serie.
New-York, 26. April. (W. T. B.) Weizen-Verschif- fungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der Ver- einigten Staaten nah England 198 000, do. nah dem Kontinent 90 000, do. von Kalifornien und Oregon nah England 12 000 Qrtrs. Visible Supply an Weizen 23 000 000 Bushel, do. do. an Mais 14 000 000 Bushel.
Verkehrs-Anstalten.
London, 26. April. (Allg. Corr.) Einer Depesche vom 23. d. zufolge langte das Schiff „Prior“ aus Glasgow in Siew-York an, nacbdem es durch eine Kollision mit einem Eisberge seinen Bug beschädigt hatte. Der am 23. d. aus Boston in Liverpool angekom- mene Dampfer „Persian“ meldet, er sei unter 45.9 33‘ nördlicher Breite und 479 84‘ westlicher Länge an einem Eisberge von 100 Fuß Höhe und 600 Fuß Länge vorübergefahren.
Berlin, 28, April 1880.
Der Berliner Hülfsverein des Centralausschusses für innere Mission, dessen erste Sizung durh die Begenwart Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin geehrt war, hat si in seiner zweiten Versammlung, die gestern unter Vorsiß des Prä- fidenten Dr. Wentzel in der Aula des Wilhelms-Gymnasiums ftatt- fand, nunmehr konstituirt. Nachdem die nicht sehr zahlreih besuchte Versammlung vom Versitßenden mit Ansprahe und Gebet eröffnet worden, gelangte der von einer Kommission ausgearbeitete kurze Statutencntwurf zur Vorlesung, in dessen §. 1 es heißt: „Der Hülfsverein hat den Zweck, den Centralauss{huß für innere Mission in der Erfüllung seiner Aufgaben mit Rath und That zu unter- stüßen." Die weiteren Paragraphen bestimmen, daß Mitglied jeder evangelische Christ werden kann, welcher zur Förderung diejer Zwecke einen Beitrag zahlt, daß die Geschäfte durch einen Vorstand von 5 Mitgliedern geleitet werden, von denen eines dem Centralaus- {usse angehören muß, daß im Jahre einmal eine General- versammlung stattfindet, und daß das Vereinsvermögen im Falle der Auflösung der innern Mission zufällt, Die Statuten wurden ohne jede Aenderung angenommen und der Konsistorial-Rath Weiß in seiner Eigenschast als Mitglied des Centralaus\chusses, sowie der Geheime Regierungs-Rath Bosse, der Divisions-Pfarrer Wölbling, der Rentier Stutenbecker und der Vor- er der Versammlung, Präsident Wentzel, in den Vorstand ge- wählt.
Um Wanderversammlungen der Freunde ‘er Numismatik und
Geldlehre ins Leben zu rufen, hat der „Numismatische Verein zu Leipzia“ beschlossen, einen Vereinstag deutscher Münzforicher und Münzsammler, sowie aller für Münze und Médaillen- kunde sich Interessirenden zu veranstalten, der zu Leipzig am 19, und 20. Mai d. I. abgehalten werden sol. Die Sacicenaiies aus dem Reiche und aus Oesterrei werden zu zahlreicher Betheiligung ein- geladen. Anmeldungen haben stattzufinden bei Dr. B, Stübel
(Leipzig).