1880 / 101 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Hannover, Sachsen, S@lesien und resp. Elsaß-Lothringen in das Vermessungsterrain abgereist.

Nah einem Erkenntniß des Reichsgerichts, IIL. Strafsenats, vom 28. Februar d. J., ist bei Beurtheilung der Strafbarkeit aus 8. 183 des St. G. B. (unzüchtige Hand- lungen) davon auszugehen, daß es unsittlihe und unzüchtige Handlungen giebt, deren absolute, objektive Strafbarkeit selbst durch den in einer Gemeinde oder einem Bezirke allgemein verbreiteten Zustand von Unsittlihkeit und von Verderbtheit der Aa nung über Sitte und Schamgefühl niht aufgehoben würde.

Der Königlich s{chwedish-notwegische Gesandte am hiesi- gen Allerhöhsten Hofe, Varon von Bildt, ist nah Berlin zurückgekehrt und hat die gesandtschaftlihen Geschäfte wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich würt- tembergishe Präsident des Staats-Ministeriums Dr. von Mittnacht, ist von Berlin wieder abgereist.

Der General der Infanterie von Groß- gen. von S@chwarzhoff, kommandirender General des II1. Armee- Corps, hat eine längere Dienstreise zur Besichtigung der Truppen. des Corps angetreten.

Der Kaiserliche Konsul in Jerusalem, Freiherr von Münchhausen ist hier eingetroffen.

S. M. S. „Ariadne“, 8 Geschüße, Kommandant Korv. Kapt. Freiherr von Hollen, ist am 29. d. Mts. in Madeira eingetroffen.

Wiesbaden, 28. April. Die heutige zehnte Plenar- sizung des Kommunallandtags wurde mit Verlesung des Protokolls eröffnet, und erfolgte hierauf die Vertheilung der Eingänge. Nach Eintritt in die Tagesordnung wurden die Berichte der Finanz- Komm ssion über: a. die Au3- gabe weiterer Obligationen der nassauishen Landesbank, b, die Festseßung des Zuschusses für die laufenden Rehnun- gen kommunalständisher Fonds für die nassauishe Lan- desbank, c. den Entwurf des ständischen See pro 1880/81, d. die Verwendung derx von der nassauischen Landes- bank und naffauischen Sparkasse im Jahre 1879 erzielten Veberschüsse, e. das Gesuch des Gemeinderaths zu Fdstein um eine Beihülfe für die dortige Baugewerkschule, f. das Gesuch des Vorstandes des Centraigewerbevereins zu Nassau um eincBeihülfe, g. das Gesuch des Buchhändlers Limbarth hier um Gewäh- rung eines Beitrags zu den Herstellungskosten der in seinem Verlage erscheinenden, von F. W. E. Noth herausgegebenen nassauischen Geschihtsquellen, h. das Gesuh der Blinden- anstalt hier um eine Beihülfe, i. die Herausgabe eines nassgui- schen Urkundenbuchs, k. das Gesuch des Gemeinderaths zu Weilburg um eine Subvention der Landwirthschaftsshule da- selbst, verlesen, und darauf beschlossen : Ada: der Landtag ertheilt 1) seine Zustimmung zur Emission von 10 Mill. Landesbank: Obligationen zu 4 Proz. und mit einer im Fahre 1895 be- ginnenden Rückzahlungsperiode von 50 Jahren. 2) Der Kom- munallandtag behält sich die Beschlußfassung darüber vor, ob und in welhem Umfange und unter welhen näheren Bestim- mungen später auf eine weitere Emission von Landesbank- Obligationen eingegangen weren könne. Ad b. Daß es be-

treffs des Zinsfußes für die laufenden Rehnungen kommunal- |

ständischer Fonds mit der nassauischen Landesbank bei dem am 28. März 1878 gefaßten Beschlusse vorerst sein Bewenden behalten folle. Ad c. Der Entwurf des ständischen Finanzetats, welcher ge- druckckt vorliegt, wird mit den Abänderungen genehmigt, daß „den Zuschuß zu der Anstalt für Epileptisc;e (Nethel) bei Bielefeld von 400 6 auf 600 46 zu erhöhen.“ Ad d. die Ueberschüsse der nassauishen Landesbank und der nassauischen Sparkasse im Jahre 1879 betragen bei der Landesbank 568 640 A 08 S, bei der Sparkasse 130 697 M 54 S. Es wird beschlossen die Uebershüsse der Landesbank, soweit niht über dieselben durch den ständischen Finanzetat pro 1880/81 anderweit verfügt ist 250 000 / im Be- trage von 318 640 6. 08 S Z dem eigenen Vermögen der Lan- desbank zu überweisen, sowie die Uebershüsse der Sparkasse ganz dem Reservefonds der Sparkasse zu überweisen. Ad e., f, b, und k, wird, da de Gesuche durch den Finanzetat erledigt sind, zur Tageëordnung übergegangen, ad i. der Kommunal- verband erklärt si bereit, bei dem Erscheinen jedes Bandes des nafssauishen Urkundenbuhs 3000 4/4 und für jeden Halbband 1500 M. zu zahlen vorbehaltlich der Kündigung, falls das Buch den Ansprüchen nicht genüge. Ad g. wird mit Rücksicht auf vorstehenden Beschluß zur Tagesordnung übergegangen. Auf die Berichte der Wegebaukommission wird beschlossen : 1) das Gesuch des H. Sennelle hier um Ertheilung der Kon- zession zur Anlage und zum Betriebe einer Straßen- bahn vom Endpunkte der Adolfstraße bis zum Rhein- strom bei Bieberich 2c. dem ständishen Verwaltungsausschusse zur weiteren Behandlung eventuell zum Abschlujse eines Vertrags unter bestimmten Modalitäten zu überweisen ; 2) über das Gesuch des Bürgermeisters Wengenroth u. Gen. zu Westerburg, die Anlage einer Chaussee von Langendern- bah über Westerburg nach Langenhahn zur Tagesordnung überzugehen. Hinsichtlih der Eingaben des Regierungs-Raths John zu Frankfurt a. M. um Gewährung einer Beihülfe zu den Kosten der Regulirung des Niddaflusses, sowie einiger Gemeinden des Kreises Biedenkopf um Ge- währung einer Beihülfe zur Bestreitung der Kosten der Regulirung des Lahnflusses im Kreise Biedenkopf wird beschlossen: 1) bezüglih der nahgesuchten Unterstüßungen zur Tagesordnung überzugehen, dagegen 2) es den Bethei- ligten zu überlassen, um Gewährung von Darlehen zu er- mäßigtem Zinsfuße aus der ständischen Hülfskasse nahzu- suchen ; 3) den ständishen Verwaltungsausshuß zu ersuchen, bei der Staatsregierung dahin zu wirken, daß dem diesseitigen Kommunalverbande für Landeskultur-Meliorationen und Re- gulirungen nihts{hiffbarer Flüsse eine entsprechende Staats- dotation, wie dies bei anderen Kommunalverbänden geschehen ist, gewährt werde.

_ Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 27. April. (Allg. Ztg.) Jn der heutigen öffentlihen Sißung des gemein- fchaftlichen Landtags der Herzogthümer Coburg und Gotha wurde die Einführung von Barett und Robe als Amtstracht der Richter, Staatsanwälte, Nehtsanwälte und Gerichtsschreiber bei den öffentlichen Gerichtsfißungen mit 19 gegen 6 Stimmen angenommen. Bewilligt wurde die Summe vont 3000 M zur Anstellung eines Fabrikinspektors. Auch dec von dex Staatsregierung vorgelegten Abänderung und Ergän- zung des Ausführungsgeseßes zum Deutschen Gerichtskosten- gescß und zu der Deutschen Gebührenordnung für Gerichts-

vollzieher wurde ugeftinumnk, sowie endlih dem von dem Abg. von Schultes eingebrahten Antrag über die vertragsmäßige Zuständigkeit der Strafkammer zu Coburg.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. April. Wie die „Presse“ meldet, begiebt sich der Kaiser am 30. d. in das Brucker Lager, um die dort dislocirte Kavallerie-Escadron zu inspiziren. Der Kaiser und die Kaiserin treffen, wie „Ellenör“ meldet, am 4. Mai in Ofen ein. Der Kaiser kehrt am 9. nah Wien zurück; die Kaiserin bleibt einige Tage längek in Ofen.

_— 30 April D. B) Dér Büudgetaus\ des Abgeordnetenhauses verhandelte gestern über das Gesetz, betreffend die Baurate für die Arlbergbahn pro 1880 und nahm hierbei den Antrag des Referenten an, An- gesihts der vorgeshrittenen Jahreszeit nur 2 100 000 Fl. statt 2 500 000 Fl. zu bewilligen. Ein weiterer Antrag des Refe- renten, nach welchem die Bedeckung dieser Summe nur aus den Kassabeständen und niht auch dur die shwebende Schuld erfolgen solle, wurde unter Beibehaltung der Regierungs- aorlage abgelehnt.

Pest, 28. April. Zwischen dem jeßt hier weilenden Banus Grafen Pejacsevich und dem Minister-Präsidenten werden, nah den Jnformationen der „Bud. Corr.“, über die noch ob- \{chwebenden Differenzen der beiden Regnikolar-Deputa- tionen Verhandlungen gepflogen, die voraussichtlich zu einer Verständigung führen werden und dann in Form eines An- E den beiden Regnikolar-Deputationen vorgelegt werden ollen.

99 A T. B) Das Unterhaus hât das Budgetgesez pro 1880 mit großer Majorität ge- nehmigt.

Großbritannien und Jrland. London, 28. April. (Allg. Corr.) Das „Court Circular“ meldet, Mr. Glad- stone habe die Königin benachrichtigt, daß er vorbehaltlich der Königlichen Zustimmung ein Ministerium gebildet habe. Folgendes sind die bis jegt ernannten Mitglieder des neuen Kabinets : Mr. Gladstone, Premier-Minister und Kanzler des Schazamts; Lord Selborne, Lordkanzler; Earl Spencer, Präsident des Conseils; Sir William Harcourt, Minister des Innern; Lord Granville, Minister der auswärtigen Angelegen- heiten ; Lord Kimberley, Minister für die Kolonien; Mr. Chil- ders, Kriegs-Minister ; Lord On Minister für Indien ; Lord Northbrook, Marine-Minister; Mr. Forster, Staats- sekretär für Jrland; Mr. John Bright, Kanzler des Herzog- thums Lancaster; Herzog von Argyll, Geheimsiegelbewahrer. Wenn es sich bestätigen sollte, daß Hrn. Gladstone's Kabinet aus 15 Mitgliedern bestehen soll, so würden noch zwei Er- nennungen zur Completirung desselben erforderlich sein.

Die „Times“ veröffentlicht folgende Ernennungen : Marquis von Ripon, General-Gouverneur von Fndien ; Earl von Kenmore, Lord Oberst-Kämmerer ; Earl Sydney, Lord Haushofmeister ; Earl von Cork, Ober-Stallmeister; Mr. G. Shaw-Lefevre, Admiralitätssekretär ; Mr. W. P. Adam, Ober- Kommissär für öffentliche Arbeiten.

Der „Daily News“ wird aus Kabul vom 26. ds. gemeldet: Kavallerie-Patrouillen besuchten heute Charasiab: Es herrschte Rúhe in jener Richtung. Der Feind“ hatte 150 seiner Todten weggescha}t. Jn Sherpur hat sich die Auf- regung gelegt. Der gestrige Verlust des Guiden-Corps be- steht aus 4 Todten und 21 Verwundeten, auch 32 Pferde wurden verwundet, Die Ghazis werden im Hospital ärztlih behandelt. General Noß erwartet weitcre Kämpfe, sobald General Stewart vorrüct.

Die Spaltung in der Home-Nule-Partei dauert fort. Bei einer durch Mr. Shaw und Mr. Meldon gegen Mr. Parnells Wunsch einberufenen Versammlung hatten sich viele Mitglieder der Partei, einshließlich Mr. O’Gorman Mahon und Mr. O'Donnell eingefunden. Es wurden Reso: lutionen zu Gunsten einer Einigung und zur Reform der Boden- geseßze angenommen. Mr. Shaw erklärte, daß er von der neuen Regierung eine für Jrland günstige Geseßgebung er1oarte.

929. April. (W. T. B.) Das Parlament ist heute Nachmittag kurz nah 2 Uhr ohne Thronrede eröffnet wor- den. Jm Unterhause forderte Lord Selborne zur Wahl des Sprechers auf; das Haus wählte einstimmig Brand und vertagte sh darauf bis morgen. Die Gruppe Parnell hatte auf den Bänken der Opposition, die übrigen Homeruler auf den Bänken der ministeriellen Partei ihre Siße genommen.

30. April. (W. T. B.) Herschell ist zum General- Fiscal ernannt worden.

Den „Daily News“ wird aus Lahore, vom 29. d., gemeldet: Abdurrhaman Khan hat den englishen Behör- den mitgetheilt, daß Sherpur sich zur Unterwerfung bereit erklärt habe.

Frankreich. Paris, 29. April. (W. T. B.) Die zur Berathung der Zolltarifvorlage niedergeseßte Senats- fommis f ion besteht aus 9 s{chutzöllnerishen und ebensovielen freihändlerishen Mitgliedern. Die Senatskommission zur Vorbe- rathung des Baragnonschen Antrags, betreffend die Geltung und den Werth der von den katholischen Fakultäten verliehenen Diplome, zählt sieben Anhänger und zwei Gegner des An- trags. Der General Vinoy ist gestorben.

(Fr. Corr.) Die 11 Gemeinderäthe von Mar- seille, welche vor etwa zehn Tagen gewählt wurden, haben einmüthig ihren Austritt erklärt, weil der Maire und ihre Kollegen niht auf ihre Jdeen eingehen wollten, allgemeine Gemeindewahlen, die sie für nothwendig hielten, zu veran- lassen. Jn Marseille herrscht deshalb große Aufregung. Die Neugewählten gehörten der radikalen Richtung an.

Jtalien. Rom, 29. April. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer wurde heute die Berathung über die Vorlage, betreffend die Verlängerung derx provisorischen Finanzgebahrung bis Ende ai, fortgeseßt. Es wurden von mehreren Seiten neue Tagesordnungsanträge eingebraht. Der Minister des Jnnern, Depretis, wies die dem Ministerium gemachte Beschuldigung, daß dasselbe nit fähig sei, das Programm der Linken auszuführen, zurüdck und erklärte gleichzeitig, daß das Ministerium die von Zanardelli eingebrahte Tagesordnung nicht acceptiren kfönne, welche die Vertrauensfrage bis zur Berathung des Budgets für das Ministerium des Jnnern hinausschieben wolle. Die Vertrauensfrage müsse heute entschieden werden ; das Ministerium könne niht noch längere Zeit in Ungewißheit bleiben. Der Minister-Präsident Cairoli acceptirte im Na- men des Ministeriums eine von Baccelli vorgeschlagene

Tagesordnung, welthe besagt: Die Kammer geht, indem sie Aft nimmt von der Erklärung des Ministeriums, zur Tagesordnung über. Diese Tagesordnung wurde in namentlicher Abstimmung mit 177 gegen 154 Stimmen also mit einer Mehrheit von 23 Stimmen gegen das Ministerium OERRE Vier Deputirte hatten sich der Abstimmung ent- halten. Jm Fortgange der Sißung genehmigte die Kammer die Vorlage über die Finanzgebahrung. Der Minister-Präsi- dent Cairoli richtete darauf, in Folge des Votums der Kam- mer über den Baccelli’shen Tagesordnung3antrag, das Er: suchen an die Versammlung, daß dieselbe ihre Sizungen ver: ta n mige bis das Ministerium die Befehle des Königs ein: geholt habe.

_— 30. April. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Cairoli hat nah einem gestern Abend stattgehabten Minister: rathe Sr. Majestät dem Könige das Entlassungsgesuh des Kabinets überreicht.

Türkei. Konstantinopel, 27. April. (Wien. Z.) Die Pforte hat die unverweilte Expedition einer 8000 Mann starken DTruppenmacht nah Skutari in Albanien he- \chlossen. Jn den nächsten Tagen sollen bereits 4000 Mann dahin befördert werden.

29. April. (W. T. B.) Wie verlautet, hat si der Gouverneur von Skutari bei der zunehmenden Gäh- rung der Bevölkerung aus der Stadt zurülgezogen und seine Truppen an -einem befestigten Punkte außerhalb der Stadt konzentrirt. Die albanesishe Liga soll versprochen haben, die Bevölkerung an der Plünderung der Waffennieder- lagen zu hindern.

Griechenland. Athen, 29. April. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer ist geschlossen worden, nachdem sie das Budget votixie. Das Ministerium Tricoupis bleibt.

Bulgarien. Sofia, 27, April. (W. Presse.) Eine aus fünf Mitgliedern bestehende und von dem Kammer-Präsidenten Slawejkow geführte Deputation des Sabranije über- reihte dem Fürsten Alexander die Adresse. Dieselbe giebt im Gegensaße zu den biéherigen Anschauungen der Radikalen dem Fürsten den Titel „Hoheit“ und ist eine bloße Paraphrase der Thronrede. Das Sabranije dankt dem Fürsten für den Ausdruck der Hingebung des bulgarishen Volles, welchen erx im Monate März dem Czarbe freier nah St. Petersburg über: brachte und bittet, daß der Fürst nochmals den Czar der Ge- fühle der Ergebenheit und des Dankes Bulgariens versichere, Die Adresse spricht weiter ihre Befriedigung über die guten Beziehungen Bulgariens zu den europäishen Mächten aus und hofft die baldige Unterdrückung des Räuberunwesens. Zum Schlusse versichert das Sabranije den Fürsten ehrfurhtvollster Ergebenheit und unverbrüchliher Unterthanentreue.

Serbien. Belgrad, 29. April. (W. T. B.) Die Skupschtina ist behufs Genehmigung der österreihisch- serbischen Eisenbahunukonvention zum 23. l. M. zu einer außerordentlihen Situng nach Kragujewaßz cinberufen.

Montenegro. Cettinje, 25. April. Der „Polit. Corr.“ ist die folgende aus offizieller montenegrinischer Quelle stammende Darstellung der Ereignisse, welche sih bei der Räumung der an Montenegro zedirten türkischen Gebietstheile. Seitens der türkishen Truppen zugetra- gen haben, zugegangen :

Die moutenegrinische Okkupationsarmee unter dem Kommando des Vojvoden Petar Vukotic war am 21. April bei Podgoritßa kon- zentrirt. Am Nachmittag desselben Tages begaben sich der Ministe- rialsekretär des auswärtizen Amts in Cettinje, Bakic und der tür- kishe Legationésekretäc der türkishen Mission in Cettinje, Gioran Gffendi, von fünf montenegrinischen Perjaniks eskortirt, nach LTusi, um mit dem dortigen türkishen Militärkommandanten die Modali- täten der Besitergreifung zu erörtern und zu vereinbaren. Vor Tusi angekommen, wurde die Mission Angesihts des türki- \chen Kommandanten mit Gewehrfeuer empfangen und ret- teten si die Mitglieder derselben nur durG sctleu- nige Flucht. Ein Perjanik wurde übrigens verwundet. Am 22. April rücte die moatenegrinijche Armee vor, fand aber die von den tür- fischen Truppen geräumten Befestigungen von Arnauten beseßt, welche fsofort ein heftiges Feuer eröffneten. Da die Montene- griner keine Ordre hatten, zur Okkupation mit Waffengewalt zu \creiten, blieben fie vor Djemovopolje bis zum Anbruch der Nacht stehen. Inzwischen dauerte die Ansammlung der Arnauten fort, welche auf die montenegrinishen Vorposten auf eine halbe Stunde Distanz von Podgorita zu feuern begannen. Zwei mittlerweile von den Mon- tenegrinera in Thätigkeit gee Geschüße brachten die Arnauten zum Schweigen. In der darauf gefolgten Pause strömten die Arnau- ten von weit und breit über die Planinica herbei und offupirten zu- S auch Schipcanik, wo ibnen die Türken 1090 Pulverkassetten überlicßen. Hadsbi Osman Pascha aus Skutari sammelt sämmtliche Arnauten um Tusi unter seinem Oberbefehl. Das ganze Arnautluk und Miriditenland ist in voller Beweguug. :

28. April. Dem „Pest. L.“ meldet man von hier: Montenegro ließ den Mächten erklären, daß es unter den bestehenden Verhältnissen nicht in der Lage sei, seinen Kom- missär zur internationalen Delimitations-Kommis- sion zu entsenden, wodurch der Zusammentritt dieser Kom- mission unmöglich geworden sei.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 30. April. (W. T. B.) Anläßlih des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers war die Stadt gestern beflaggt ; Abends fand eine Zllumination statt. Der Kaiser nahm im Winterpalais nur die Gratulationen der Notabilitäten der Hauptstadt sowie der in St. Petersburg akkredirten diplomatishen Vertreter entgegen. Weitere Feierlichkeiten anläßlich des Geburtstages des Kaisers fanden nicht statt ; dieselben sind wegen der Char- woche auf nächsten Montag vershoben worden. Heute wird in der Jsaacs-Kathedrale ein Tedeum stattfinden. /

Ebenso unrichtig, wie die Nachricht des „Golos“ über die Emission und die Emissionsbedingungen einer fünften Serie 5 prozentiger russischer konsolidirter Eisenbahnobligationen, ist auch die über die bevorstehende Ahreise eines höheren Finanz- beamten nah Paris zum definitiven Abschluß und zur Uncter- ziehung von gepflogenen Finanzverhandlungen. i

Auf Atfragen wegen Consrontirung des angeblichen Hauptattentäters bei der Explosion im Winterpalais fann nur erwidert werden, daß alle diese Details lediglich er- funden sind, wie die Hauptnachricht selbst.

Amerika. Washington, 27. April. (Allg. Corr.) Ein Wirbel sturm suchte am vorigen Sonntag Macon (Mis- fissippi) ias wodur die Stadt theilweise zerstört wurde und 17 Personen ihr Leben verloren. | 4

New-York, 29. April. (W. T. B.) Die republi- kanischen Delegirten von Ohio sind beaustragt, bei der Konvention in Chicago die Sre itariß Shermans zum Präsidenten zu unterstüßen ; die republikanischen Delegil-

ten von Südkarolina sollen für General Grant stimmen ! die Demokraten von Connecticut senden ihre Delegirten ohne bestimmtes Mandat zur Konvention.

, Afrika. Egypten. Kairo, 29. Apri Die Staatskasse macht bekannt, daß die Zahl. 1. Mai fälligen Coupons

(W. T. B.) die Zahlung des am der unifizirten Shuld in

Alexandrien durch die anglo-egyptische Bank stattfindet.

Das April- und Mai-Hest des „Centralblatts für L gesammte Unterrichtsverwaltung in Preußen“ ai jo genden Inhalt: Zusammensetzung der Prüfungskommwissionen für die wissenschaftliche Staatsprüfung der Kandidaten des geistlichen Amtes. Ertbeilung, Leitung und Beaufsichtigung des evangelischen Religionsunterrichts in der Volksschule. —— QDesgl. des katholischen Religionsunterrihts. Benußung des Schullokales für Ertheilung des Beicht- und Kommunionunterrihts. Die Entbindung eines Geistlidben von dem Schulaufsichtsamte hat nicht ohne weiteres die Ausf\chließung desselben von der Leitung des Religionsunterrits zur Folge. Beschränkung der Dienstreisen nah Maßzabe des Diäten- und Reisekostenfonds. Verhältnisse der aktiven Militärpersonen in Beziehung auf Wohnsiß, Gemeindemitgliedschaft 2c. Angabe über früher bezogene Invalidenpensionen bei Pensionirung von Gibvil- beamten, welhe auf Anrechnung einer Militärdienstzeit Anspruch haben. Gestellung von Fuhren oder Vergütung der Reisekosten für die ESchulinspektoren im Geltungsbereizke der Provin- zial - Schulordnuxg vom 11. Dezember 1845, Ver- waltungszwangsverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen. Vorverfahren bei beabsictigter Veräußerung bezw. Erwerbung Kö- nigliher Gebäude. Aufstellung von Revisionsanschlägen bei An- \{lagsüberschreitungen. Bestätigung der Rektor- bezw. Prorektor- wahl zu Kiel und Königsberg, Zusammenseßung des Rechtspflege- und des Verwaltungsave schusses bei der Universität zu Gbitingen. Zahl der Promotionen i. J. 1878/79, Gebrauch der deutschen Sprae bei Dissertationen und Disputatiouen in den philofoph. Fakultäten; Auss{luß anderer als der lateinischen und der deutschen Sprache. Desgl., insbesondere Ausschluß fremder Spracben. Bestimmung für die. Doktorpromotionen bei der philosophischen akultät zu Göttingen. Zeugnisse für die Studirenden der Medizin über die Theilnahme an den klinishen Uebungen. Vorschriften über den Besuch von Vorlesungen 2c. durch Nichtstudirendo bei der Universität zu Göttingen. Nichterwähnung der von den Polizei- behörden und den Gerichten verhängtez Strafen in den Abgangs- zeugnissen der Studirenden. Benachrichtigung der akademischen Be- bôrden von gerihtlihen Urtheilen u. #. w. gegen Studirende. Statuten der Marckwaldschen Stipendienstiftung. Abänderung von Bestimmungen über die Prüfungen der Apotheker und Apotheker- gehülfen, Bedingungen für Zulassung der Apothekerlehrlinge zu der Gehülfenprüfung. Große akademische Kunstausstellung zu Berlin. Preisbewerbungen bei der Akademie der Künste zu Berlin. Be- nußung des Lesezimmers der Königlichen Bibliothek zu Berlin Seitens der Direktoren u. \. w. der Realschulen 1. O. uud der Ge- werbeschulen daselbst. Bildung der Kommission für die Preis- ftiftung zum Andenken Sthillers. Bescbickung der Ausstellung anthropologiser und vorgeshihtliher Funde Deutschlands zu Berlin aus öffentlihen Sammlungen. Preisausseßung Seitens der Königlich belgishen Regierung (Hafenbauten). Desgl. des Königlich italienishen Inftituts der Wissenschaften und Künste (Be- stimmung des mechanischen Aequivalents der Wärme-Einheit u. f. wo.). Desgl. der Königlichen Akademie der Philosophie und Politik? zu Neapel (Kritishe Erklärung der Philosovhie des Proklo3). Verfahren zur Konservirung von Leichen, Pflanzen u. \. w. Ver- ordvung-für den Schulunterriht in der deutshen Rechtschreibung. Auslegung dieser Verordnung in Bezug auf die Zulassung von S{hulbüchern. Verwendung fünf- oder viersielliger Logarithmen- tafeln an den höheren Unterrichtsanftalten. Prüfungen vor den Wissenschaftlichen Prüfungs-Kommissionea im Jahre 1877/78, fta- tistishe Nachweisungen. Periode für die Nachweisungen über die Abiturientenprüfungen, Termin für die Einreichung. Maturitäts- Aspiranten bz. Abiturienten im Jahre 1879, statistische Nacbweisungen. Anrechnung früherer Dienstzeit von Lehrern, deren Pensionen von Kommunen u. \. w. zu zahlen sind. Anschaffung der Schrift von Dr. Eris8mann „Gesundheitslehre“ für die Seminare. Betrieb des Turnunterrichtes in deu Sermninaren. Ausnahms8weise Verzicht- leistung auf Beibringung der Erkiärung über Vestreitung der Unter- haltungsfkosten für Seminaristen. Aufnahme neuer Zöglinge in die Anstalten zu Drovßig. Lehrkräfte zur Beseßung von Mehrstunden an Präparandenanstalten, Remuneration. Uebersicht über die Zahl der evangelis&en Präparanden in der Provinz Hannover Ende 1879. Verzeichniß der Eleven des akademischen Institutes fr Kirhenmusik zu Berlin aus den Jahren 1869/79, Turnfurse für im Amte stehende Elementarlehrer, statistische Nachrichten aus dem Jahre 1879. Termin für die Turnlehrerprüfung im Jahre 1880. Lurnfkurse für im Amte stehende Elementarlehrer im Jahre 1880. Abhaltung eines Kursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen. VBefähigungs- zeugnisse aus der Turnlehrerinnenprüfung im Herbste 1879, Termin für die Turnlehrerinnenprüfung im Frühjahr 1880. Bericht über den Kursus für Lehrer im Obstbau zu Proskau im Sahre 1879. Bekanntmachung wegen der Prüfung für Vor- steher von Taubstummenanstalten im Jabre 1880. Grundsäße für die Vernendung des Fonds zu Dienftalter8zulagen für Lehrer. Zugebörigkeit der Lehrer an den Vorshulen städtischer höherer Un- terrihtsanstalten zu den Elementarlehrer-Wittwenkassen. Unter- bringung von Kindern zur Zwangserziehung; Zuständigkeit für Stel- lung der Anträge. Unzulässigkeit der Klage im Verwaltungsfstreit- verfahren gegen Verfügungen der Schulaufsichtsbehörde wegen excku- tivisher Einziehung von Sulbeiträgen. -— Ift gegen die Klage auf Rückzahlung eines Schulbeitrages der Einwand statthaft, daß der Kläger zur Leistung eines gleih hohen Schulbeitrages nah andern geseblichen Bestimmungen als denjenigen verpflichtet sei, auf Grunvb deren die Veranlagung und Erhebung erfolgt war? Größe der Schulzimmer, Größe und Anbringung der Fenster. Neues Statut des Vereins sür den Unterricht 2c. Taubstummer aus dem Regierungsbezirke Oppeln, Blinden-Unterrichtëanstalt zu Breélau, Auszug aus dem Jahresberichte für 1878. Herausgabe eines neuen Gemeinde- und Ortschaftsverzeichnisses und eines neuen Sustiz-Atlasses. Verleihung von Orden und Ehrenzeichen. Per- sonal-Chronik.

Landtags- Angelegenheiten. Im 2. Frankfurter Wahlbezirk ist an Stelle des zum

Landrath ernannten Rittergutsbesiters und Regierungs-Assessors Dr.

Weiß der Rittergutsbesißer Zierold auf Mieyelfelde mit 257 gegen 166 Stimmen, welche der Stadtrath Rößtel zu Landéberg a /W. er- halten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

; Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des ftatistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Stan desämtern in der Woche vom 18. April bis inkl. 24. April cr. zur Anmeldung ge- kommen : 239 Ebhesließungen, 856 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene und 599 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Meyers deutsches Jahrbuch für die politische Geschichte und die Kulturfortschritte der Gegenwart if für das Jahr 1878—79 E Verlag des bikr rographishen Jn- slituts, 1880) erschienen, Ein Werk, wie das vorliegende welches

j fich die Aufgabe ftellt, auf allen Gebieten des menschlichen Schaf-

ïens das Neueste und Interessantesie zu zeigen und zu erklären, die Refultate der ganzen mens{lichen Thätigkeit der Gegenwart über- fidtlid zusammen zu fassen, muß selbdstverstäudlih in vielen Fällen auf Objektivität verzichten, da diese erst, nahdem die im Fluß begriffenen Verhältnisse zur Ruhe gekommen sind, zu ermög- lichen ist. Der Autor, der mitten in der Bewegung steht und der si über die Bedeutung und den Verlauf derselben seine eigenen Ansichten und Wünsche bildet, ist auch bei dem besten Willen nit im Stande, die Verhältnisse objeëtiv aufzufassen, fein Urtheil wird immer, mehr oder weniger, durch die Zeitströmung und Parteistellung beeinflußt sein. Es Tommt noch hinzu, daß auch die Quellen, aus denen das hbistoris@e Material für \olche Werke zum Theil allein ges{öpft werden iann, oft nichts weniger als zuverlässig sind. Man darf daher an derartige Werke nicht die Anforderung stellen, zu denen man Geschichts- oder wifsenschaft- lichen Wirken gegenüber berechtigt ist, fie sind nxr Encyklopädien, aus denen man \sich über alles Neue unterrichten kann, was auf den verschiedenen Gebieten der menschlichen Thätigkeit und der Wissen- schaft aufgetaucht if, gewissermaßen eine Zeitung, welche alles das zusammenfaßt, was die gut redigirte Tagespresse, sowie die wisen- \chaftlihen und technischen Zeitschriften das Jahr fiber mitgetheilt haben. Aber troy der Mängel, die bei folhen Jatrbüchern nicht vermieden werden können, Mängel, die sich namentli darin zeigen, daß ein politischer oder wisseuschaftli®er Parteistandpunkt des Autors oft durhschaut, haben dieselben für jeden Gebildeten den hohen Weriß, daß sie „ihm einen bequemen Ueberblick über den zeitigen Stand aller ihn irgend interessirenden Fragen gewähren und ihm das Nachsuchen in sehr zerstreuten, schwer zugänglicben Quellen ersparen. Das Meyersche Jahrbuch hat dabet noch den Vorzug, selbständige Aussäte, sowie reiches statistisches und anderes Material zu bringen, was zum Verständniß der einzelnen Fragen dient. Dabei ist es troß seiner Vollsiändigkeit übersichtlich gehalten, denn der ganze Stoff auf ift 1003 Seiten zusammen- gedrängt. Es beginnt mit der politishen Umschau, welche auf 205 Seiten alle Staaten der Erde umfaßt. Zahlreiche biographische und statistische Notizen (von R. Kiepert) verleihen diesem Abschnitt einen besonderen Werth. Es folgt dann eine vergleichende, auf Mark reduzirte Uebersicht der Finanzen der Staaten Europas mit erläuternu- dem Nachweis über die Finanzen der einzelnen Staaten (H. Brosien), ferner die neuesten Daten über das Heerwesen Europas, über die Bewaffnung sämmtlicher Armeen, über die Marioe der europäishen Staaten. Besonders interessant is der fol- gende Abschnitt „Erdkunde“, der über die Fortschritte in der Erforshung Afrikas, Asiens (Sibirien, Central-Asien, Ghina, Indien, Afghanistan, VBelutschistan, Persien, Arabien, Palästina u. \. w.), Amerika (Britisch-Amerika, Alaska, Vereinigte Staaten, Mexiko, Westindien, Südamerika), Australien (Neuguinea, Samoa- Inseln), die Nordpolexpeditionen, über die geozraphis che Literatur, über den Stand der topographischen Lande8aufnahmen in den eurepäischen Staaten, über Alpen- und andere Gebirgsvereine sehr eingehend referirt. Der Abschnitt „Literatur“ umfaßt alle Zweige derselben, Lyrik und Epik, Drama, Roman und Novelle, Reisebilder, Autobiographien, Briefe, Literaturgeschichte, Gssays, historische, kriegs- geschichtliche Literatur u. #. w., und außer Deutshland auch Eung- land, Frankreich, Italien und Rußland. In dem Ab- {nitt „Bildende Kürste“ werden in der Malerei die Schulen von Berlin, Düsseldorf, München, Karlsruhe und Weimar, eine jede für sich besonders besprochen, demnächst die hervorragendsten Erscheinun- gen der Malerei im übrigen Deutschland, in Frankrei, Belgien, den Niederlanden und England. Die Bildhauerkunst vnd die Baukunst der Gegenwart, und die lunstwissenschastliche Literatur vervollständigen diesen Abschvitt. Für die Kunstindustrie bat Julius Lessing die meisten Aufsäße geliefert. Die „UAlterthumskunde“ giebt eine Ueber- ibt über die Ergebnisse der Ausgrabungen in Athen, Tanagra (Böotien), Somothrake, Dodona, Pergamon, Epÿesos, Priäna, Cypern, Hissarlik (Troja), Tir 08, Mykenä, in Jtaliea und den Rheinlanden, sowie in Olympia; über die wichtigsten Fundstätten für die Alterthumskunde sind Skizzen beigegeben. Hieran {ließen sich die Abschnitte „Theater“, „Musik“, „Unterrichtswesen“ und „Rechtspflege“. Hier wird u. A. eine Uebersicht über die neue Ge- richtsorganisation im Deutshen Reich mitgetheilt. Die Rubrik «Volkêwirthschaft* umfaßt eine Anzahl verschiedenartiger selbständi- ger Aufsäße: Die Neubelebung des Jnnungéwesens, Arbeiter- verbältuisse, Sparkassen, Postsparkassen, Wohnungsverhältnisse, modernes Städtewesen, die leßien Indusflrie - Aut steUungen, das deutsWe Patent - Amt, deutshe Kolonien und An- fiedelungen, die Entwickelung des Konsularwesens, die Entwickelung des Versicherungsrechts, volkswirthschaftlihe Lite- ratur der Gegenwart. Der Abschnitt „Handel“ bringt eine Uebersicht über die Lage des Welihandels, über die Betheiligung der einzelnen Nativnen an demselben und über die hervorragendsten in demselben verkchrenden Waaren, die Statistik des Handels des deutschen Zoll- gebiets 1878 und 1879 und einen Bericht über die Wirlsamkeit der handel8geogaraphishen Gesellshaften. Unter „Verkehrswesen“ twoird die Entwickelung der Eisenbahnen (Sekundärbahnen), des Post- und Telegraphenwesens sowie der Dampfschifffahrt durh Zahlen nachge- wiesen. In dem Abschnitt „Land- und Forstwirthschaft“ ist die Erntestatistik besonders einzehend behandelt; auch die Fortschritte der Milchwirthschaft und des landwirthschaftlichen Maschinenwesens sind nicht unbeachtet geblieben. Bei dec Fischerei werden bcsonders die Verdienste des Deutschen Fischereivereins gebührend hervorgehoben ; die neuesten Fis.¿brutapparate sind durch Abbildungen verdeutlicht. Die „Forstwirthschaft“ beschränkt fih auf ein Referat über die forftlichen Versuchs\stationen (W. Danckelmann). Unter „Heilkunde und Gesfund- heitspflege* sprihi Schmidt-Mülheim den Vivisektionen das Wort; A. Hirsch referirt über die Pestepidemie im Orient, deren Gebiete durch eine Karte verdeutliht sind; es {ließen sich daran Berichte über die 7. Versammlung des deutschen Vereins für öffentlibe Gesund- heitspflege (Stuttgart, September 1879) urzd über das Nahrungs- mittelgeseßh. Den leßten Abschnitt bilden die Naturwissenschaften. Hier wird über die Fortschritte des Darvinismus (Klimatologie der Borzeit, Entwickelung der Organismen, aligemeine Probleme) berich- tet, über die Verhandlungen der 52. Naturforscherversammlung (Baden-Baden, September 1879), sowie der 10. Generalversammlung der deutsben anthropologishen Geselischaft (Straßburg i. Els., August 1879), über die Entwickelung der modernen A Toy über die z¿oologishen Stationen, die Fortschritte der Physik, über die Ver- werthung der Wetterprognose für die Landwirthschaft und über den 2, Meteorologenkongreß (Rom, April 1879). Ein Auffay über die Entwickelung der Chemie in den leßten 25 Jahren {ließt das in- haltsreihe Werk.

Im Verlage von Velhagen und Klasing in Bielefeld und Leipzig ist bekanntlich die deutshe Literaturgeshihte von Robert König erschienen, deren Eigenart darin besteht, daß die zahlreichen JSllustrationen des Werkes nicht freie Kompositionen find, sondecn getreue Nachb.ldungen alter Handscbriften, JImitationen aäüter Drucke, Facsimiles berühmter Manuskripte und dergl. Diese Eigenart hat \o0 großen Beifall efunden, daß jene Literaturgeshihte bereits in siebenter wfiage erzéhienen ist. Die Verlagshandlung hat sb nun entschlossen, auch die deutsche Geschichte in ähnlicher Weise illustrirt herauszvygeben. Den Text bearbeitet L. Stake nah den besten Quellen ip ebenso eingehender wie ansprehendex und verständliher Weise. Die vor- liegende erste Abtheilung des Werks, welche bis auf Kaiser Heiys ri I. (936) fortgeführt ift, enthält außer 82 erläuternden Abbilduyen

im Len 15 Beilagen in Farbendruck und Holz\nilt, die säm".atlich nach alten Denkmälern u. st. w. an Ort und SkeYe gezeich",et sind. Es hat fselbfiverständlih große Mühe vewiursabt, für die ältesten Zeiten der deutschen Geschichte die maf,gebenden Denkmäler zu ermittelt, aber die Nacforschungen in den Muscen, besonders unter den Alterthums\{häßen Italiens, babr-z einen überraschend günstizen Erfclg gehabt und reiches, zum he”. bisher noch unbekanntes Over wenigstens unbeachtetes Matexial zu Lage gefördert, welches für : die Kulturgeshihte der alien Germorzen von hohem Werthe ift,

Das vorliegende Werk veröffentlicht zut érsten Male eine gate Reihe solcher kulturgeschich%tlihen alten Denkmälexn u. dergl. de nommener Bilder; Germanenfamilie, Darstellungen von ter Colonnæ Antonina zu Rom; Bruchstük der kapitolinishen Triumphalfasten zut Nom, auf wel{er ter Name Sermana zum ersten Male etwähnt wird (222 v. Chr.); Victeria Germanica mit erbeuteten Germanen- waffen, von der Colounax Antonina; römishe Soldaten, vox der Säule des Antoninu9 Pfy9; die Cimbernshlaht, von einem rômishen Sarkophag im Museum Capitolinuum in MReomz Germania capta, SHlußsiein eines röômishen LTriumph- bogené ; ermanishe S(leuderer, von der Siegetsäule des Mare Aurel; germanishe Reiter, von der Colonna Antoniua; ein Arxiliarreiter in römischen Diensten, Grabfein, zu Mainz ge- funden; Zerftörung cines gerzmanishen Dorfs vurch die Römer, Relief von der Colonna Antoniva, Büsten von Statués von Ger- manen, aus den Museen in Rom 2c. 2. Hr. Knackfuß hai diefe Alterthümer sämmtli aufgesuht, an Ort und Stelle für das Werk gezeichnet und fich dadurÞ um die Kalturgeschihte der alten Germanen große Verdienste erworben. Auch für den zweiten Ab- \{chnitt des Werks, die Völkerwanderung, hat der Künstler die Reste gothisher und longobardiscer Herrschaft in Jtalien, besonders in Ra- venna und Monza, durchforscht und aus denfelben interessanten Stoff für die Illustrationen gesammelt. Tkeodorihs Palast, Aqua- rellennachbildung des Mosaikbildes in Ravenna, bes Sothenkönigs Namenszug, sein Grabdenkmal, zahlreiche charakteristishe Figuren auf den römischen Siegessäulen u. dgl.,, die älteste aller Hand- {riften der longobardiscen Gesetze (zwis@en 671 bis 736), das Edikt des Königs Rotheri vom Jahre 643, in genauer Nachbildung u. m. a. Für den dritten Abschnitt, die Karolingerzeit, haben besonders die Urkunden mit den Kaisersignen den S1off zu den Jllustrationen geliefert. Wir finden hier eine Urkunde Karls des Großen aus dem Jahre 815 in bis auf die Farbe des vergilbten Pergamenis getreuer Kcpie, ebenso eine farbige Kopie eines Blattes aus dem prächtigen Evan- gelienbuch u. A. Der Pfalter Ludwig des Deutfchen, eine der schönsten Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin, hat zu dem Titel des Buhs und zu vielen Juitialen da& Vorbild gegeben. Befonders interessant find in diefem Ab» schnitt die naß dem Original ia Monza in Aquarell wiedergegebene eiserne Longobardenkrone und das Lrikiinium Leo’s 1IT. mit dem Porträt Karls des Großen. In dem leyten Ab- \hnitt des Werks, Die sächsischen Kaiser, findet sich u. A. ein Blatk aus Widukind (967), nach dem Original in Dresden photographirt. Wir haben aus der Fülle der Abbildungen nur einzelne hervorheben Tônvnen; es wird dies aber genügen, um die Eigenart des Werks zu veranschaulihen und das Interesse für daselbe zu erwedcken. Von zweien dem Werke beigegebenen Karten stellt die eine Europa am Cnde der Völkerwanderung, die andere zur Zeit der Karolinger dar. Wir fügen noch hinzu, daß auf die Ausführung der Abbildun- gen die größte Sorgfalt verwendet ist, und daß das Verständniß der mitgetheilten Urkunden u. \. w. durch die beigesfücten Erläuterungen und Ueberseßungen anch dem Laien ermöglicht ift. Das Werk foll U j Gan bestehen, der Preis jeder Abtheilung ftellt fi au

Gewerbe und Sandel[.

Nach amtlicher Mittheilung aus Helsingfors ist die S chiff fahrt im dortigen Hafen am 25. d. M. wieder eröffnet worden.

Die Generalversammlung der Berliner Viehmarkts- Actien-Gesellscha ft genehmigte Geschäftsbericht nebst Bilanz pro 1879 fowie die auf 4% festgesetzte Dividende und ertheilte Decharge.

Die Generalversammlung der Deutshen Baugeselkls \chaft genehmigte den vorgelegten Geschäftsberiht nebst Bilanz pro 1879 sowie die auf 29/5 auf das eingezahlte Aktienkapital festgesetzte Dividende und ertheilte Decharge.

-— Dem Recbnungsabschluß der Böhmischen Westbahn pro 1879 entnehmen wir folgende Daten: An Brutto-Ginnahmen wurden erzielt aus dem Perfonen- und Sachentransporte 597 812 Fl., aus dem Gütertran€porte 2 384 087 FL., an Neben- und besonderen Ver=- sicherungsgebühren beim Güterverkehre 26 514 Fl., an Wagenmiethen 68 987 Fl., an Miecth- und Pactzinsen 9494 Fl, an Tekegraphen=- aebühren und diversen Einnahmen 96 984 Fl., zusammen 3 183 873 Fl. Von dieser Einnahmenssumme, der Betriebéauskagen von 1250 602 FI. entgegenstehen, verbleiben 1 933.277 Fl. Hiervon wurden bedeckt : Pachtzins für die Strecde Landesgrenze-Füzth 34 853 Fl., Steuern und Stempel für das Jahr 1879. 194 839% Fl., Vev- zinsung und Amortisirung des Prioritäten-Kapitals 873 923 Fl., zu- fammen 1 103 621 Fl. ; es verbleibt zur Dotirung des Aktienkapitals per 12 000 000 Fl. 829 656 FI. und nah Abzug der 5/0, Verzinsung per 600 000 Fl. ein Uecbershuß von 229 656 Fl. Hierzit der Ueber- trag aus dem Jahre 1878 mit 23530 Fl. ergiebt im Ganzen zur Verfügung der ordentlichen Generalvecfammlung cinen Betrag von 253 186 F.

Die Antwerpener Centralbank erzielte inr Jahre 187 einen Bruttoübers{buß von 1082 235 Frcs8., wovon. 330 220 Fres. auf Provision, 678 994 Fecs. auf Zinsen und 73021 Fres. auf divorse Einnabmen entfielen. Nah Abzug der Auétgaben in Höhe von 968 796 Fres. verbleibt ein Reinerträgniß von 813.438 F-es. Hier- von gehen ab 5'/ mit 40 672 Fres. als statutenmäßiger Beitrag: zur Reserve und 4% Zinsen auf das Aktienkapital mit 360000 Fres. Es erübrigt danach noch eine Summe von 412767 Fres., von welcher 12% mit 49532 Frcs. an den Verwaltungsrath, 31/%%. mit 13 759 Fres. an die Kommissare und 4°/% mit 1E€5UH Frcs. an die Direktion entfallen. Von dem Rest von 232965. Fres. erhalten die Actionaire 2°%/9 Superdividende mit 180:000. Fres., während der Rest mit 152 965 Fres. der Extrareserve zugewiesen wixd, die sich dadur auf 196 151 Fres. erhöht. Der: gewöhnliche Reservefond beziffert d mit der diesmaligen Zuwendwig auf 74 181 Fres. und die Gesammts- reserve der Bank fonah auf 270 332 Frs.

Nürnberg, 28. April. (Hopfßenmarkibericit von Leopold Held, Hopfen-Kommissions- eschäft.) Die Haltung des Marktes hat sich seit Beginn dieser WoYe noch mehr gefestigt. Hauptsächlich be- ruht diese Besserung des fHeshäftes auf dem Zusammenscmelzen der Lagerbestände. Der Umfay beläuft sich jeßt auf durchschnittlih ca. 200 Ballen täglich; dage gen wird die Durhschnittszahl der Zufuhren nit über 50 Ballen be tragen. Der Lagerbestand in ueuer Waare wird am hiesigen Mar”.te auf nicht viel Über 2000 Ballen zu {äßen. sein. Die Preise der gutfarbigen Sorten, welche sehr rar geworden. sind, haben um 15—",0 M argezogen. Die Stimmung ist fest.

Antwerpen, 29. April. (W. T. B.) Wollauktion Angeboten 2511 B, , davon 1019 B. verkauft. Preise unveränderL. «

London, 29. April. (W. T. B.) Die gestrige Wollauktion war weniger anivyairt, Preise etwas unregelmäßig, besonders feßlera hafte oder grobe. Kreuzzuchtwollen.

Verkehrs-Anstalten.

Triest, 29. April. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Jupiter“ ist heute Nahmittag 34 Uhr von Konstantinopel hier angekommen.

New-York, 29. April. (W. T. B.)

i Der Hamburger Postdampfszx „Suevia* ist hier eingetroffen.

Berlin, 30. April 1880.

Cöln, 30. April. (Telegramm.) Die erste Post aus London vom 29. hat in Ostende den Anschluß nicht erreicht. Grund: Unwetter im Kanal.

In den Räumen des oberstea Stoäwerks der National- aalerie ist seit Kurzem die 10. jener Aus‘xeUungen eröffnet, die Hr. Direktor Jordan zum Andenken rerstorbeger hervorragender Künstler za veranstalien pflegt. Die jetzige ist teg Manen Anselm Feuer-

1 bas (geb, am 12. September 182) in Speyer, gest. am 4, Jg?