1880 / 113 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 May 1880 18:00:01 GMT) scan diff

des Reihsgerichts, II. Strafsenats, vom 16. März d. L von Neuem für rechtsirrthümlich erklärt worden. Der höchste Gerichtshof hat wiederum ausgesprochen, daß zur Strafbarkeit der zur Wahrnehmung berechtigter E emachten Aeu- ßerungen niht das Bewußtsein von dem objektiv beleidigenden Charakter derselben ausreicht, sondern die Absicht zu beleidigen festgestellt werden muß.

Ein Ausländer, welcher durh den Ankauf von gestohlenen Sachen im Auslande sich der Hehlerei schuldig macht, sodann diese Sachen nah. dem Jnlande (dem Deut- schen Reich oe und sie daselbst abf ge, kann, nah cinem Erkenntniß des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 15. März d. J., im Reich nicht strafrehtlich verfolgt werden.

Der Verzicht eines in erster Jnstanz Verurtheilten auf das Rechtsmittel der Revision zum Protokoll des Ge- fängniß-Jnspektors ist, nach einem Erkenntniß des Rei ch 8- gerichts, III. Strafsenats, vom 3, März d. 7z.,, unwirksam, wenn nicht daraus ersihtlih ist, daß der Verzicht dem Gericht gegenüber ausgesprochen werden wollte.

Das Einkriehen durch einen unterhalb einer Thür befindlichen, zum Eintritt niht bestimmten Spalt in einen fremden Raum, um einen Diebstahl auszuführen, macht, na einem Erkenntniß des Reihsgerichts, 111. Strafsenats, vom 13. März cr., den Diebstahl zu einem {weren und ist aus 8. 243 Nr. 2 Str. G. B. mit Zuchthaus zu bestrafen.

Der General-Lieutenant Frhr. von der Bede, Jn- specteur der 3. Feld-Artillerie-Jn} von Hanover mit Urlaub hier eingetroffen.

Sachsen - Weimar - Eisenah. Weimar, 13. Mai. (Dr. J.) Seitdem durch eine für Thüringen in den Haupt- punkten übereinstimmende Gesehgebung die Möglichkeit einer rationellen gleihmäßigen Pflege des Fischerei- wesens möglich geworden, hat sihch der Hebung desselben namentlich auf Anregung des thüringishen Fischereivereins die Aufmerksamkeit in weiteren Kreisen zugewendet und, wie es scheint, mit recht gutem Erfolge. Von der steigenden Be- achtung, welche dieser unbestreitbar wichtige Zweig wirth- schäftliher Thätigkeit findet, legt au eine ret gut beseßte Fischerei-Ausstellung Zeugniß ab, die genannter Verein in Verbindung mit seiner Generalversammlung in Fena heute und an den nächstfolgenden Tagen veranstaltet. i

(Th. C.) Se. Königliche Hoheit der Gr oßherzog hat sich heute nah Jena begeben, um der dortigen Versammlung des Thüringischen Fischereivereins E A und die von dem- selben veranstaltete Thüringische Fi cherei-Ausstellung in Augenschein zu nehmen. :

Die ordentliche Session des Landtags des Großherzog- thums, die gewöhnlih im Winter nach den Neuwahlen statt- findet, ist diesmal verzögert worden, weil zunächst die Rük- wirkung der Reichsfinanzreform auf die Finanzverhältnisse der Einzelstaaten abgewartet werden sollte. Dem Vernehmen nah ist nunmehr als Zeitpunkt für die Landtagsberathungen der Anfang Oktober ins Auge gefaßt worden.

Oesterreich-Ungarn, Wien, 14. Mai. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ist gestern Nahmittags von Lest nach Wien zurückgekehrt.

Die „Pr.“ berichtet: Das Herrenhaus versam- melt sich erst in der nächsten Woche zur Erledigung des Budgets und der übrigen vom Abgeordnetenhause im Laufe dieser Woche beschlossenen Geseze. Außerdem wird das Herrenhaus auch die Delegationswahl vorzunehmen haben. Bei derselben dürfle nah dex bisherigen Gepflogen- heit die Verfassungspartei für fich 13 Mandate in Anspruch nehmen und die übrigen 7 der föderalistischen Partei Üüber- lassen. Da vom Abgeordnetenhause heute 23 Mitglieder der Verfassungspartei und 17 der Rechten in die Delega- tion gewählt wurden, so wird in derselben die Verfassungs- partei 36 und die Rechte 24 Mitglieder zählen. Die Delega- tions-Session soll keinesfalls vor der zweiten Hälfte des fat September, möglicherweise aber erst im Spätherbst attfinden.

Die allgemeine Staatsschuld und die Schulden der im Reichsrathe vertretenen Königreihe und Länder belie- fe sich Ende Dezember 1879 auf 3 007 688 837 Fl. 65 Kr.,

aben sich demnach im Vergleich mit dem Stande vom 30. Juni 1879 um 39458 Fl. 701/74 Kr. vermindext. Die \chwebende Schuld beträgt 34886 547 Fl. 591/, Kr. und hat sich um 65141 Fl. 18 Kr., die garantirten Grund- entlastungs-Obligationen (177 550 485 Fl.) um 3 172 270 Fl. 50 Kr. vermindert. Die Summe der im Umlaufe béfind- lihen Staatsnoten betrug zu Ende Dezember vor. Jahres 313 030 526 Fl. und ist um 7 981 496 Fl. geringer geworden.

(W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Konstantinopel: Die Pforte hat gestern Layard amtlich mitgetheilt, daß sie dem englishen Kriegsschiffe, mit welchem der neue englishe Botschafter, schen, in Kon- stantinopel einzutreffen gedenke, die Durchfahrt durch die Dardanellen deitatte,

Prag, 13. Mai. Die heutige Nummer des „Landes- geseßblattes für Böhmen“ E die bekannte Ministerial- verordnung, betreffend den Gebrauch der beiden Landes- ara én im amtlichen Verkehre. Auf dem «Lande haben ih, wie das „Prager Abendblatt“ meldet, bereits neun Zweig- vereine der Gesellschaft vom rothen Kreuze gebildet und ist die Organisirung weiterer solher Vereine im Zuge.

Pest, 13. Mai. Die Feier des hundertjährigen Jubilä ums der hiesigen Universität wurde festlih began- gen. Verschiedene Gebäude, die Universität so wie die Gassen, welche der Zug zu passiren hatte, prangten im festlihen Farben- \{mude. Um 9 Uhr Vormittags fand in der Universitäts- kirhe ein solenner Gottesdienst statt, welchem der aka- demishe Senat, der Professorenkörper, Se. K. und K, oheit der Erzherzog Joseph in Vertretung Sr. Majestät, die Minister, zahlreihe Abgeordnete und andere Notabilitäten und Deputationen anderer Hochschulen beiwohnten. Nach beendigtem Gottesdienste bewegte sich der

anze Zug in den Prunksaal der Akademie, wo eine feierliche

ißung abgehalten wurde und Rektor Dr. Margo die Eröff- nungsrede hielt. Ferner fanden Preisvertheilungen, Dekla- mationen und die Publizirung der ertheilten Ehrendiplome statt so wie die Anmeldung der aus diesem Anlasse geprägten Denkmünzen und die Vorlage ¡der vom Justiz-Minister Dr, Pauler verfaßten undertjährigen Geschihhte der Univer- sität. Endlich wurde di&ungaris

ck

e Nationalhymne abgesungen

peftion, ist auf einige Tage

und die Sizung dur

den Rektor FiMossen. Bei dem Fest- banket und dem Balle wird Se. K.

und K. Hoheit der Erz-

Herzog Joseph ebenfalls erscheinen. Abends findet ein Fackel- e

r Et, S statt. Rektor Dr. Margo erhielt das Ritterkreuz des Leopold-Ordens.

14. Mai. Das Oberhaus hat die Geseßentwürfe, betreffend die Verlängerung des Handelsvertrages mit Deutschland: und die Regelung des Appreturverkehrs genehmigt. :

Schweiz. Bern, - 14. Mai. (W. T. B.) Jn dem C B PE va! se sind sämmtliche Angeklagte freigesprochen worden.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Mai. (Allg. Corr.) Bei einem gestern Abend im Devonshire- Klub abgehaltenen Banket, bei dem der Marquis von Hartington den Vorsiß führte, hielt derselbe, in Antwort auf einen seinem Wohl geltenden Trinkspruch eine Anrede, in welcher er sich u. A. wie folgt äußerte: „Fh bin überzeugt, die Versammlung erwartet nicht, daß ih die heutige Gelegen- heit benuze, um über die wahrscheinliche Politik der Regie- rung zu sprechen, der ih angehöre. Die Zeit naht heran, da diese Politik in offizieller Weise dargelegt werden muß, und ich mötte die Versammlung nur bitten, ihre Erwartun- gen bezüglich dessen, was die Regierung in der ihr zur Ver- fügung stehenden kurzen Session zu thun gewillt sein dürfte, nicht zu hoh zu spannen. Wir haben eine Erbschaft angetreten, welche nicht frei von Gefahren und Verwickelungen unerhörter Art ist. Jh will hier niht untersuchen, wie dies so gekommen, noh unsere Vorgänger beschuldigen; allein au diese werden nicht zu behaupten wagen, daß die Zustände in Euxopa, Asien und Afrika keine Schwierigkeiten und Verlegenheiten aufweisen. Was mich selber betrifft, so gestehe ih ehrlih ein, daß die Zahl, Mannigfaltigkeit und Schwierigkeit der Probleme, welche ih in meinem Departement (Jndien) vorgefunden habe, mich beinahe ershreckt, und ih bin sicher, daß meine Kollegen bei- nahe in der gleichen Lage sich befinden. Jch glaube nicht, daß das Land uns die kurze Spanne Zeit mißgönnt, welche uns geblieben ist, um uns über die Einzelheiten der Situation aufzuklären, und es uns nicht verübeln wird, wenn wir in der kurzen uns verbleibenden Session, nicht jene geseßgeberische Thätigkeit entwickeln, welche von gewissen Seiten als wün- schenswerth erachtet wurde.“ |

Der parlamentarische A usschuß, der niedergeseßt worden, um die Eidesverweigerung des Abgeord- neten Bradlaugh in Erwägung zu G trat gestern unter dem dur die Wahl entschiedenen Präsidium Mr. Wal- pole's zusammen. Der Ausfchuß hielt eine längere geheime Sitzung, während Mr. Bradlaugh außerhalb des Eihßungs- saales der Entscheidung harrte. Schließlih wurde demselben zu wissen gethan, daß der Auss{huß beschlossen habe, die Frage im Allgemeinen zu behandeln, und seiner Zeugenschaft nicht bedürfe; da Mr. Bradlaugh jedoch an dem Resultat der Wahlen direkt betheiligt sei, so halte es der Aus\{huß nur für recht und billig, daß er einen Plat in jenem Theile des Sißungs- saales einnehme, welcher Parlamentsmitgliedern zustehe, die niht zum Ausschuß gehörten, damit ‘er die Berathungen ver- % d könne. r. Bradlaugh betrat hierauf den Sizungs- aal, während der Ausschuß seine Geheimberathung fortseßte. Gegen drei Uhr Nachmittags stimmte der Aus\huß über die Frage ab, ob es Mr. Bradlaugh vergönnt sein solle, eine eins fache Erklärung an Stelle des Lehnseides abzugeben. Da die Stimmen gleihmäßig vertheilt waren, so gab der Vorsißende den Ausschlag gegen das Gesuch Bradlaughs, von der Leistung des übliczen parlamentarischen Lehnseides dispensirt zu werden.

14. Mai. (W. T. B.) Bei der heutigen Ersaßÿ- wahl einés Unterhausmitgliedes für New-Radnor an Stelle des Marquis von Hartington, der auch in Nord- Ost-Lancashire gewählt worden war und das Mandat für E angenommen hatte, wurde Williams (liberal) ge- wählt.

Frankreih. Paris, 13. Mai. (Fr. C.) Der Staatsrath hat gestern mit sämmtlichen gegen 4 Stimmen entschieden, daß diejenigen jungen Leute, welche ihre Diplome vor gemischten Jurys erworben, ihre Studien also auf fatholishen Hohshulen gemacht haben, zu der Carrière im Staatsrathe, zum Auditoriat nicht zugelassen werden sollen. Ein Dekret dieses Jnhalts war {hon vor Kurzem von der Regierung erlassen worden. Da aber Hr. Baragnon im Senat einen Gesetzentwurf einbrahte, durch welhen das Dekret für nichtig erklärt werden sollte, und der Aus\{huß des Senats fich in seiner Mehrheit dem Antrage günstig zeigte, auch deshalb durch Hrn. Jules Simon dem Justiz- Minister Cazot Vorstellungen machte, so legte dieser die Frage dem Staatsrathe selbst zur Entscheidung vor. Der gestrige Beschluß ist also als eine definitive Bestätigung jenes Dekrets œnzusehen.

—' 14. Mai. (W. T. B.) Die Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über das Vers sammlungsrecht beshloß, an Stelle des Art. 9 des Geseßz- entwurfs, welher vom Ministerium abgelehnt worden ist, fol-

ende Bestimmung treten zu lassen: Die Maires werden fort- ahren, in Bezug auf Versammlungen die Rechte der Ueber- wachung auszuüben, welche ihnen durch die Geseße vom Jahre 1790 und 1791 übertragen sind. Jn parlamentarischen Kreisen nimmt man an, daß sih auf dieser Basis ein Einverständniß werde erzielen lassen. Die Berathung der Kammer über den Kommissionsantrag ist auf morgen festgeseßt.

Gestern Abend fanden in Roubaix und Armentières Nuhestörungen Seitens der strikenden Arbeiter statt. Die Gensd'armen sowie die Jäger zu Pferde und ein von Lille herbeigerufenes Bataillon zerstreuten die Zusammenrottungen der lärmenden Menge. Die Behörden haben Vorsichtsmaß- Roe getroffen, um einer Wiederholung der Unruhen vorzu- eugen.

Türkei, Scuitari, 13. Mai. (W. Pr.) Der Stand der albanesishen Streitkräfte ist momentan folgender: Bei Tuschi stehen 8000 Mann, zu denen noch 4000 Mann aus Hoti, Gruda und Kastrati stoßen können, sobald das Zeichen gegeben wird. Nicht alle sind gehörig bewaffnet. Dieser Theil der Fnsurgenten unterhält Verbindungen mit Ali Pascha von Gusinje. Dieser kann 10 000 Bewaffnete aus Djakova, pet Gusinje und Plawa und 6000 aus Dibra, Tirana,

atija ins Feld stellen, Eine Geldkontribution von

zug

600 000 Piaster Vas 000 Fl.) wurde ausgeschrieben und wird eingehoben. Einstweilen herrscht Waffenruhe. Drei Ba- taillone Nizams sind gestern hier und ein Bataillon in Dul- cigno eingetroffen.

Numänien. Bukarest, 13. Mai. Durch die Ueber- gabe des Finanz - Portefeuilles an Demeter Sturdza und des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten an Campineanu wird die Kompletirung des Ministeriums vollendet sein.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 15, Mai. (W. T. B.) General Totleben ist gestern Ab:nd hier ein- getrolseit, Der „Regierungsbote“ veröffentlicht eine

aiserlihe Verordnung, durch welche der Beschluß des Minister-Comités, betreffend die zeitweilige Verstärkung des Personals der St. Petersburger Polizei durch Errihtung von 230 neuen Revieraufseherposten genehmigt wird.

Nah amtlihen Meldungen betrugen die Zoll ein- nahmen Rußlands in diesem Jahre bis zum 1. Mai 19 840 592 RbL., ergaben mithin eine Mehreinnahme von 1786 019 Rbl., gegenüber idem entsprehenden Zeitraum des Jahres 1879, Der diesjährige Jmport an Gold- und Silber- barren bis zum 1. Mai stellte si auf 236 226 Rbl. und weist daher gegen den entsprehenden Zeitraum des Vorjahres eine Mindereinfuhr von 1 437 478 Rbl. auf ; der diesjährige Export dagegen hat sich gegen den vorjährigen um 5 850 938 Rbl. er- höht und beträgt 7 774 001 Rbl.

Amerika. New-York, 14. Mai. (W. T. B.) Wegen Zuwiderhandelns gegen das Geseß, welches die Zahl der Passa- giere festseßt, die jeder Dampfer an Bord nehmen darf, sind gegen die Kapitäne von 14 Dampfschiffen Haftbefehle erlassen worden. Es sind dies die Kapitäne folgender Dampf- schiffe: „Suevia“, „Amsterdam“, „Mosel“, „Viking“, „Rhein“, „Baltimore“, „Hohenstaufen“, „Ohio“, „Belgenland“, „Hel- vetius“, „Herder“, „Celtic“, „Devonia“, „City of Rihmond“/. Der Kapitän des deutshen Dampfers „Main“ ist bereits ver- haftet, die übrigen Kapitäne sollen sofort nah ihrer Ankunft verhastet werden. Die amerikanischen Behörden sollen ent- {lossen sein, dem Unwesen, eine die geseblihe Zahl über- steigende Menge von Auswanderern an Bord zu nehmen, mit allen Mitteln entgegenzutreten.

Statistische Nachrichten.

Nach dem fo eben erschienenen Statistishen Jahrbu der Stadt Berlin, 6. Jahrgang, Statistik des Jahres 1878, herauëgegeben von Richard Böckh, Direktor des statistischen Bu- reaus der Stadt Berlin (Verlag von Leonhard Simion, Berlin 1880) betrug die Bevölkerung Berlins nach der Fortschreibung (d. h. Hinzu- resp. Abrechnung der als geboren, gestorben 2c. Ge- meldeten zu bezw. von dem Bestande Ende 1875) Ende 1878 1049 663 Einwohner. davon 512 642 männlichen, 537021 weib- liden Geshlechts, gegen 1021150 Einw. (502265 m., 518885 w.) Ende 1877. Unter den Einwohnern Ende 1878 waren 594792 Ledige (302461 m. 292281 w.), 389806 Berheirathete (195144 ta, 194662 w.), 58995 L erwittwete (12691 m., 46304 w.), 6120 Geschiedene (2346 m, 3774 w.), 458 889 geborene Berliner (219337 m., 239552 w.), - 590 774 aus- wärts Geborene (293 305 m., 297469 w.). EGhescchließungen fanden im Jahre 1878 10 429 oder 20,1 pro Mille der Bevölkerung statt, gegen 11 006 = 21,8 pro M. in 1877, 12093 = 24,7 pro M. in 1876, 14 529 = 30,6 pro t, in 1875. Von den im Jahre 1878 Heirathenden waren 894 pro M. Junggefellen, 89,3 pro M. Wittwer, 16,7 yro M. geschiedene Männer; 914,5 pro M. Jungfrauen, 68,9 pro M. Wittwen, 16,6 pro M. geschiedene Frauen. Von den Männern heiratheten 459 pro M. im Alter von 25—30 Jahren, 209,1 pro M. im Alter von 20-—25 Jahren, 171,5 pro M. von 30—35 Jahren ; von den heirathenden Frauen standen 387 p. M. im Alter von 20—25, 316,3 p. M. von 25—30, 123,8 p. M. von 30 bis 35 Jahren. Nach deren Geburtsort waren nur 107 p. M. Ehen von geborenen Berlinern geschlossen; von 2177 in Berlin geborenen Männern heiratheten 485 p. M, auswärts geborene Frauea, von 2737 Berlinerinnen 592 p. M. auswärts geborene Männer. Unter den geschlossenen Eben waren 1 15 oder 128 p. M. Mischehen; ver- hältnißmäßig am stärksten waren die leßzt.ren unter der katholischen Bevölkerung: von denselben heiratheten nur 574 innerhalb ihrer Konfession, 1297 gingen eine Mischehe ein. Durch den D0D Wurden 900) Gen gelost (016 V, V der geschlossenen Ehen, gegen 480 p. M. in 1877), 574 durch Scheidung (55 þ. M.). Die Durcschnittsdauer der Che betrug 23,95 Jahre. Die Zahl der Geborenen betrug 45 861 (23393 m., 22468 w.) oder 44,29 p. M. der Bevölkerung, gegen 45 875 = 45,50 p. M. in 1877, 46266 = 47,30 p. M. in 1876. Unter den im Jahre 1879 Geborenen befanden sich 6127 (5,91 p. M. der Bevölkerung) uneheliche, gegen 6155 (6,14 p. M.) in 1877, 5989 (6,12 p. M.) in 1876, Für die cinzelnen Stadttheile gestaltet sich die Geburts- ziffer sehr verschieden: in der Rosenthaler Vorstadt bildeten die Geborenen 959,7 p. M. der Bevölke1ung, in der Friedrich- Wilhelmstadt und Moabit 59,3, dagegen in der Friedrich- abt. nur1299 . Þ M Unter den im Jahre 1879 Geborenen waren 44 830 einfacwe, 508 Zwillings- und 5 Drillings- geburten; férner 1760 Todtgeburten (38,3 p. M. der Geborenen), gegen 1800 (39,2 p. M.) in 1877, 1727 (37,4 p. M. in 1876. Es starben im Jahre 1879 (ungerechnet die Todtgeborenen) 30 629 Personen (29,58 p M. der Bevölkerung), und zwar 16305 m., 14324 w., gegen 29 988 (29 74 p. M.) in 1877, 29185 (29,84 p. M.) in 1876, 31 225 (32,95 p. M.) în 1875. Die größte Sterhlichkeit fand in den Monaten Juli (145,8 von 1200), Juni (132,5) und August (117,7) ftatt, die geringste im November (84,31), Von den Verstor- benen waren 14 893 Kinder unter 1 Jahr (466 2 p. M. der Sterbefälle, 326,2 p. M. der Geborenen, 14,7 p. M. der Bevölkerung), gegen 15027 in 1877. Die Sterblichkeit der Kinder bis zu 4 Jahren variirt von 6,7 p. M. der Bevölkerung der Friedristadt bis zu 22,1 p. M. der Rosenthaler Vorstadt, während die Ziffer aller übrigen Sterbefälle hier nur von 12,1 : 19,1 p. M. variirt. Von den im ersten Jahre verstorbenen 14 893 Kindern waren 3160 un- ehelihe; es starben von den ehelich Geborenen 290,76 p. M., von den unehelich Geborenen 520,97 p. M, Im zweiten Lebensjahre ftarben von den überhaupt im Jahre 1879 verstorbenen Kindern 68,62 p. M., von den unehelichen 72,02, von den ehelichen 46,57 p. M. Die am häufigsten wiederkehrenden Todesursahen waren von ÎIn- fektionskrankheiten D: phtherie 1215; durch Störung der Entwicke- lung: Lebens\{bwäce 1571 (Kinder), Erschöpfung 1241 (meist Kinder); Krankheiten der Nerven: Krämpfe 2182 (meist Kinder); Kranke heiten der Respirations8organe: Lungenentzünoung 1550, Lungen- \{chwindsucht 3508; Krarkheiten des Verdauungsapparats: Durchfall 1843 (meist Kinder), Brehdurchfall 2886 (meist Kinder). Am Typhus erkiankten 1134 und starben 316. Gewaltsamere Todesfälle kamen 644 vor, daruuter 299 durch Selbstmord, 8 dur Todtschlag. Die Sterblichkeit der nicht mit Muttermilch ernährten ehelichen Kinder berechnet sich im ersten Monat auf mehr als das Doppelte, im 3. Monat auf 1}, îm 2, 4.—6. Monat auf das Doppelte, vom 7, Monat ab auf § höher als bei den mit Muttermilch ernährten. Bei den unehelichen Kindern stellt sich dieses Verhältniß im 1. Mo- nat auf 24, im 2. auf 44/3, im 3. auf 42/5, im 3. auf 35, im 2. und 6. auf 2, vom 7. ab auf 12/5,

Der Zuzug nach Berlin bezifferte si{ch im Jahre 1878 auf 106 890 Personen (62 763 m,, 44127 w.) oder 1032 p. M. dec Bevölkerung, gegen 106,3 in 1877, 1242 p. M. in 1876, 140,7 p. M. in 1875, 166,2 p. M. in 1871; der Abzug auf 82967 Personen (50 276 m., 32 691 wv.) oder 80,1 p. M,, aegen 83,5 p. M. in 1877, 95,7 p, M. in 1876, 103,2 p. M. in 1875, 97,1 p. M. in 1871, Mit Berücksichtigung der Veränderung in der Garnison berechnet sich der Mehrzuzug auf 12849 (3191 m.,, 9658 w.). Unter

ven Zugezogenen vom Civilstande waren 13 259 Verheirathete, unter den Fortgezogenen 10209; unter jenen 12003, unter diesen 12588 in Berlin Geborene. Das größte Kontingent zum Zuzug stellten wieder die Dienstboten 20 230 (16 877 weibliche). Rücksichtilich des Wohnungswechsels fanden im Jahre 1878 533 296 An- und 465 087 Abmeldungen ftatt, im Ganzen 68 209 Meldungen mehr als im Jahre 1877.

Was die Temperatur betrifft, so sank dieselbe im Monats- mittel im Jahre 1879 in Berlin nicht unter 0 Grad, am kältesten war der Dezember mit 0,80 Grad R. Die höchste Temperatur zeigte der August mit 15,16 Grad R. Eine mit den Witterungsverhältnissen zusammen- gestellte Sterblichkeitstafel nah Wochen weist das Zusammentreffen der hohen Sterblichkeit mit dem Hinausgehen der Wärme über den fünf und zwanzigjährigen Durchschnitt nah. An 15 Tagen stieg die Tem- peratur über 20 Grad R., an 44 sank fie unter 0. Der vorherr- \{hende‘Wind war der Süd, der bei täglih dreimaliger Beobachtung 389 Mal konftatirt wurde, demnächst Südwest (164 Mal) und West (141 Mal), der leßte Schnee fiel am 2. April, dir erste am 7. De- zember. Die Niederschäge erreichten 20,55“, gegen 23,85“ in 1878, Es gab im Ganzen 140 Tage mit Regen, 6 mit Regen und Schnee, 25 Schnee, 5 Hagel, 2 Graupeln, 16 Nebel, 12 mit Gewittern. Das HBrundwasser stand am höchsten (2,04 m über dem Nullpunkt des Dammmühlenpegels) im April, am niedrigsten (1,43 m) im No- vember. Die Zahl der Typhuserkrankungen stimmte im Fahre 1878 mit der Bewegung des Grundwassers nicht so stark überein, wie die der Typhussterbefälle.

Kunst, TWissenschaft und Literatur.

Sachs - Villatte's großes Wörterbuch der fran- zösischen und deutshen Sprache ist, wie die Langenscheidt'sche Perlagsbuchhandlung hierselbst mittheilt, mit dem Erscheinen seiner leßten Lieferung nunmehr in beiden Theilen komplet und damit das Ziel siebzehnjährigen unausgeseßten Schaffens erreiht worden. Der Plan und die Einrichtung des Werkes rühren von dem Verleger, Prof. G. Langenscheidt her, der auch im Verlaufe sech8jähriger Arbeit die Aussprache jedes französishen Wortes im I. Theil nach dem Toussaint-Langenscheidt’ schen phonetishen System angegeben, und der hinsihtlib der Durchführung des Unternehmens die Seele des Ganzen war. Mit Unterstüßung eines Redaktionsbureaus von sechs Literaten beider Nationalitäten bearbeitete den ersten, französish-deutshen, Theil des Werkes der als Romanist bekannte Prof. Dr. Karl Sacht, Ober- lehrer an der Realschule I. Ordnung zu Brandenburg an der Havel. Die Drucklegung dieses ersten Theiles nahm etwa 5 Jahre (1868—73) in Anspru. Das Manuskript zum IL., deuts-französishen, Theil verdankt seine Entstehung der Arbeitskraft des Prof. Dr. C. Villatte in Neustreliß, wogegen Prof. Dr. K. Sachs für diesen Theil die Ergänzung des Manuskripts in etymologisher Beziehung, die Ueber- wachung der Drucklegung und die Besorgung der 1., 2., 3. Korrektur und Revision übernahm. Die Drucklegung des 11. Theiles dauerte ca. 7 Jahre (1873—80). Mannigfacher Beirath ist tem Werke von vielen Seiten geworden. Eine ungefähre Schäßung des Wort- reihthums von Sachs -Villette's Wörterbuch stellt den Ver- gleich mit den Arbeiten der Académie française und Littré's folgendermaßen: Sachs-Villatte, Theil L, enthält ca. 100 000 Artikel. Das Wörterbuch der Akadémie enthält ca. 35009 Artikel. Das Wörterbuch von Littré ca. 80 090 Artikel. Sachs-Villatte, Theil II. (deuts - französisch) enthält etwa 225 900 Artikel. Neuere inter- nationale Lexika sind zum Vergleich mit diesem Theile nicht vorhanden. Vede der ca. 5500 Seiten (Große und Kleine Ausgabe) des Sachs- Villatte’s{hen Wörterbuches i\t \tereotypirt, und ca. 250000 A. allein auf die Herstellung der Platten verwandt worden. Nah mäßiger Schäßung haben die nach den verschiedensten Orten Deutschlands und Frankreihs während der dreizehn Jahre der Drucklegung versandten Korrekturbogen und Manuskripte des Wörter- buches zusammen einen Weg von ca. 1 875000 deutshen Meilen zurüdltgelegt. Hierzu war ein eni¡prechender Apparat an Pädereien erfcrderlih: so find nach und nach die fertig gewordenen Theile des Manuskripts 2c. in ca. 50 000 Streifbändern und 2000 Sis bei den betheiligten Mitarbeitern bezw. Hülfskorrektoren in

euts{land und Frankreih umhergewandert. Das Manuskript hat von 42 000 Folioseiten eingenommen; die in Folge der vielfahen Aenderungen, Ergänzungen 2c. nothwendig gewordene Ab- chrift desselben ebensoviel: macht 84 000 Seiten. Das Werk gereicht nach alledem nicht nur der deutschen Gelehrsamkeit, sondern auch der deutschen Buchdruckterkunst zur Ehre.

Von der Sammlung „Webers illustrirte Katehismen“ ist ict als Nr. 94 in der Reihe ein „Katechismus der Kirchen- geschichte von Lic. Dr. Friedrich Kirchner“ (Preis 2 4 50 S) erschienen. Ein Abriß der Kircbengeschichte für Gebildete ift keine unnüße Arbeit und, wenn auch sehr Viele sich mit dem liberalisiren- den Standpunkte des Verfassers nicht einverstanden erklären werden, so ist do das Bestreben anzuerkennen, die Kirchengeschichte in leicht verständlicher Form darzustellen, ohne doch bei der Knappheit des Raumes wichtige Thatsachen, Erscheinungen oder Ideen zu übergehen. Dern das Studium ter Kirchengeshichte soll ja nit nur unsere Wißbegierde befriedigen, sondern uns vor allem erziehen, d. h. in moralif@G-religidfer Hinsicht fördern, zeigt sie uns doch eine lange Reihe hervorragender Charaktere. Ein Jeder, der die Kirchengeschichte ein- gehender kennen gelernt, wird über die Kirche gerechter urtheilen und von der Religion höher denken als zuvor.

Land- und Forstwirthschaft.

Aus Mülheim a, d. Mosel wird-der „Köln. Ztg.“ unter dem 12, Mai über den Stand der Reben geschrieben, daß infolge der fast zwei Monate anhaltenden dürren und kalten Witterung der Weinstok nur in den geshüßteren Lagen der Mosel an dem stehen- gebliebenen, niht erfrorenen wenigen Holze Gescheine habe entwickeln können; aber auch diese seien dur die jüngsten starken Nachtfröste wieder zum großen Theile erfroren. Nur eine sehr optimistishe Auf- fassung könne noch ein irgend nenneuswerthes Ernte-Crgebniß in Auésit nehmen. Die Hoffnungen erfahrener Winzer beschränken {ich darauf, aus dem Wurzelhalse der Stöcke, die nicht zu alt und abge- standen sind, für das nächste Jahr Tragholz zu ziehen, und bierzu ist ein baldiger Umschlag der bisherigen, sehr ungünstigen Witterung t aas Daß viele Stôcke ganz todt bleiben, unterliegt keinem

weifel.

den Umfan

Gewerbe und Handel.

__In der ordentlichen Generalversammlung der: Eladbacher Rückversicherungs-Gesellshaft vom 13. d. M. erstattete der Vorstand über die Ergebnisse des Jahres 1879 Bericht, .welhem wir Folgendes entnehmen: Die große Anzahl der Schäden, von welcher die Gladbacher Feuerversichetungs - Gesellshaft im vergan- genen Jahre betroffen wurde, hat bei der aus\{ließlihen Verbindung der Gesellschaft mit derselben einen ungünstigen Einfluß auf das Zahresresultat äußern müssen; nach statutgemäßer Dotirung des Kapital-Reservefonds hat sich nur die Vertheilung einer Divi- dende von 3 % der geleisteten Einzahlung ermöglichen lassen. Die Summe der während des Jahres in Kraft ge- wesenen Rückversicherungen abzüglich der aufgehobeneu Uebertra- Hagen beträgt 87858 929 A (+ 28434004 A); die Brutto-

râmieneinnahme stellt \ich auf 200 113,84 A4 Von obiger Rück- versiherungssumme verblieben am Jahres\{lusse 52449 126 6 in

raft, für welche eine Prämienreserve von 74 942,21 M frei von Pro- vision auf neue Rechnung vorgetragen ist. Die Gesellshaft wurde während des Jahres von 115 Schäden betroffen, von denen 107 mit einer Entshädigungssumme von 74 801 (4 am Jahresshlusse geordnet waren und 8 mit einer Reserve von 9879 #6 auf das laufende Jahr Übertragen sind. Die erledigten und reservirten Schäden zusammen stellen fich demna für 1879 um 53 444 (& höher als 1878.

In der ordentlichen Generalversammlung der Gladbacher Feuerversiherungs-Gesell\chaft vom 13, d. M. wurde Sei- tens der Direktion über den Rechnungsabschluß für das Jahr 1879 Bericht erstattet, aus welhem wir Folgendes hervorheben: Die

wirthschaftlihe Lage und das andauernde Heruntergeben der Prä- miensäße, namentlich für industrielle Risiken, haben einen ungün- stigen Einfluß auf die Prämieneinnahme geäußert, außerdem ist die Zahl der Schäden im vergangenen Jahre auf eine bis dahin im Geschäfte nicht vorgekommene Höhe gestiegen; namentlich haben die landwirthschaftlihen Versicherungen, und unter diesen in hervorragender Weise diejenigen der Mitglieder des Westfälishen Bauernvereins der Gesellschaft ganz außer- gewöhnlihe Verluste bereitet. Bei dieser Sachlage ift ein Gewinn aus dem Versicherungsgeshäfte nicht erzielt worden, so daß nur eine Dividende von 30 #4 pro Aktie oder 59% der geleisteten Einzahlung aus den Zinserträgen zur Vertheilung gelangen kann. Die während des Jahres in Kraft gewesene Versihherungssumme be- trägt 2137 741 468 Æ, ift also gegen das Vorjahr um 63 136 865 gestiegen. Von erfterer Summe waren 776 744249 in Rück- decktung gegeben. und verblieben Ende des Jahres 1 173 243 406 M. oder 62207418 A mehr in Kraft als beim Jahres\{lufse 1878. Die Gesellshaft wurde während des Jahres von 985 Schäden be- troffen, und betragen die während desselben gezahlten Entschädigungen einschließlich der für 1880 vorgetragenen Schadenreserve für eigene Rechnung 170 907 4 mehr als im Jahre 1878 und überschreiten den gleihen Posten_ des Jahres 1877 um 273 429 4

___— Die Süddeutsche Bodencreditbank theilt mit, daß eine Verstärkung der planmäßigen Ausloosung Seitens dieses Jn- stituts nicht ftattgefunden hat, und daß eine Konvertirung der höher verzinslihen Pfandbriefe nicht beabsichtigt wird.

Wien, 15. Mai. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Albrechtsbahn genehmigte die Anträge des Verwaltungsrathes, von der nah Deckung der Prioritätszinsen und der Amortisations- quote von der Staatsgarantie übrig bleibenden Rate im Betrage von 89137 Fl. per Aktie 24 Fl. zu vertheilen, und fomit, da am 1. Januar bereits eine Abshlagszahlung von 1 F]. geleistet wurde, den am 1. Juli fälligen Coupon mit F[. einzulösen.

Wien, 15, Mai. (W. T. B.) Die Generalversamm- [lung der Nordwestbahn beshloß, den am 1. Juli c. fälligen Coupon der Stammaktien mit 3 Fl.,, den am 1. Juli c. fälligen Coupon der Aftien Litt, B. mit 5 Fl. einzulösen und die im Ge- sellshafts-Portefeuille befindlihen 5000 Aktien Litt. B. zu geeigne- tem Zeitpunkte und unter geeigneten Modalitäten zu verkaufen.

“London, 14. Mai, (W_ T. B.) Gestrige Wollauktion. Sydneywollen unregelmäßig, wiliger.

Verklebrs:- Anstalten.

Die Triester Handelskammer hat vor Kurzem ein umfassen- des Tabellenwerk über kie Schiffahrtsbewegung Trie{s während des Jahres 1879 veröffentlicht. Nach demselben sind in Triest im Jahre 1879 7824 Swiffe im Gehalte von 1 102070 t, größten- theils mit Ladung eingelaufen. Unter den 6719 befrachteten Fahr- zeugen befanden sich 5286 Segelschiffe von 272639 t und 1433 Dampfboote von 699 418 t, Der Flagge nah waren dabei nächst der österreihisch-ungarischen die italienische, britische, dann, wenn auch nicht bezüglich der Zahl der Schiffe, doch wegen ihrer Lragfähigkeit, die deutshe und \chwedis{ch-norwegische am meisten beschäftigt. Die beiden leßteren üÜbertrafen in dieser Beziehung sogar die häufiger in Triest erschienenen griechischen und türkishen Schiffe. Unter den beladenen Dampfern befanden si 1073 österreihish-ungarise, 185 italienische, 167 britische, 6 [chwedisch-norwegische, 1 deutscher und 1 französischer. In fast gleichen Verhältnissen waren die vershiedenen Flaggen bei der Abfahrt der Sciffe betheiligt. Im Ganzen haben im verflossenen Jahre 7827 Schiffe im Gehalte von 1 109 889 t den Hafen von Triest verlassen. Unter den 6254 beladenen Fahrzeugen von 980 509 t waren 4815 Segelschiffe von 298 781 t und 1439 Dampfboote von 685 728 t. Unter den mit Ladung abgegangenen Dampfern befanden \sich 1105 österreihisch-ungarische, 180 italienische, 144 britishe, 6 \{chwe- dish- norwegische, 1 belgisher, 1 französischer, 1 deutscher und 1 ruf- fischer. Von den 5280 beladenen Segelschiffen kamen 3319 aus an- deren öôsterreihisb-ungarischen Häfen, 146 aus Amerika (113 aus den Vereinigten Staaten, 33 aus Brasilien, 1 aus St. Domingo) 7 aus Afrika, 2 aus Indien, 8 aus Belgien, 14 aus Frankreich, 79 aus England, 143 aus Griechenland, 165 aus der Türkei, 1332 aus Italien, 1 aus Preußen, 22 aus Rumänien und 13 aus Schweden- Norwegen. Von den 1433 beladenen Dampfern kamen 515 aus an- deren österreihish-ung 1rishen Häfen und 918 aus fremden Be (239 aus der Türkei, 52 aus Egypten, 15 aus Ostindien). Der Richtung na gingen von den beladenen Segelschiffen 2872 nah anderen in- ländischen Häfen, 88 nah Amerika (45 na den Vereinigten Staaten und 43 na Brasilien), 28 nah Asrika (16 nach Egypten, 12 nah Algerien), 153 nah Frankreich, 14 nah England, 171 nah Griechen- land, 1289 nach Jtalien, 1 nach den Niederlanden, 3 na Rumänien, 6 nach Rußland. Unter den beladenen 1439 Dampfbooten nahmen 557 ihre Richtung nach anderen öster- reihish-ungarishen Häfen und 882 nah fremden Häfen. Jm Vergleiche zu den vorangegangenen vier Jahren hat *fich zwar die Zahl der in Triest angelangten beladenen Schiffe nicht vermehrt, desto regelmäßiger hat der Umfang des Frachtenverkehrs zugenommen, So steigerten sich die Ladungen aus den öfterreichish- ungarischen Häfen seit dem Jahre 1875 von 518 376 t auf 558 114 und jene aus fremden Häfen von 358 005 auf 413 943 t.

Verlin, 15. Mai 1880.

Die Ausgrabungen zx Olympia. XXAR[V, (S. Nr. 107 d. Bl. v. 8. Mai.)

Dem architektonishen Berichte lasse ih eine Uebersicht der Denkmälerfunde folgen, die zuleßt von Herrn Dr. Treu in seinem Berichte vom 2. April besprohen worden sind. Während die bauliche Aufräumung auf allen Seiten nach be- stimmten Zielen vorschreitet, um den Grundriß von Olympia bis Anfang Juni möglichst zu pervollständigen, sind wir für bildlihe und schristlihe Denkmäler auf eine gelegentliche Nachlese angewiesen, welhe im Ganzen dürftiger wird, je weiter wir uns vom Centrum der Altis entfernen. Gewiß können die Schlußwochen noch reichere Funde bringen, namentlich aus dem Men des großen Gymnasiums, wo die Siegerlisten aufgezeihnet waren. Aber wir müssen doch darauf gefaßt sein, daß gewisse hmerzlih empfundene Lücken in den großen Compositionen des Zeustempels unausgefüllt und manches s{chöne Bildwerk trümmerhaft bleiben wird. Neuere Erfahrungen haben gezeigt, wie einzelne Bruchstücke von Giebelwerken weit hinaus über die Grenzen von Olympia verschleppt worden sind, und ebenso daß am Fuße des Kronos- Mngers Kalköfen versteckt lagen, welhe wahrscheinlih {hon in yzantinischer Zeit eine Reihe von Marmorwerken vernichtet yA en. enn diese Stätten des Verderbens uns zu Anfang ekannt gewesen wären, so würden wir schwerlich mit so guter Zuversicht die Aufdeckung der Altis beantragt haben. Jett ergänzen sie die Geschihte des Unterganges von Olympia, deren Studium ja auch ein Theil unserer wissenschaftlichen Aufgabe ist, und am Ende des fünften Jahrgangs können wir solhe Erfahrungen, hon mit größerer Gemüthsruhe auf- nehmen, nachdem wir einen solhen Denkmälerschaß geborgen A dau wie er im Felde der Altis sowie in den Magazinen ih angesammelt hat. : ;

Wer nach mehrjähriger Abwesenheit zurückehrt, bedarf, wenn er au allen Fortschritten der Ausgrabung gefolgt ist, do einer Reihe von Tagen, um sich wieder zu orientiren,

und er kann, wenn er an Ort und Stelle das grauenhafte Werk der Zerstörung ansieht, sich nur darüber wundern, daß es möglih war, eine solche Menge plastischer Gestalten, in den hiesigen Museen zu vereinigen. Man bedenke doch, daß von Ostgiebel sämmtlihe 21 Figuren aufgefunden find und von den 13 menschlihen 7 mit ihren Köpfen. Jm Westgiebel sind bis auf den Theseus (von dem nur Fuß, Arm und Hinter- kopf vorhanden sind) ebenfalls alle 21 Figuren gefunden mit 13 Köpfen. Von den unscheinbaren Bruchstücken werden viele erst in der Olympia-Ausstellung des Berliner Museums ihre Verwerthung finden, aber schon jeßt können wir den Kopf des knieenden Knaben, das Unterbein des Zeus, den Untertheil des sinnenden Greises, den Schenkel des Oinomaos als wichtige Fortschritte bezeichnen, welche der Ostgiebel in der ablaufenden Arbeitsperiode gemacht hat. Der Westgiebel verdankt ihr 2 Köpfe, den des Knabenräubers und den vorzüglichen Kopf der knicenden Frau, welhe von einem Kentauren in das Haar gefaßt wird. Außerdem fand ih dur die diesjährigen Ausgrabungen wesentli ergänzt die eine der Nymphen, ferner die alte Sklavin, welche verzweifelnd das Haar rauft, und ebenso die verschiedenen Kampfgruppen , welhe durch Auf- findung von Brusitheilen, Armen und Füßen an Klarheit und Zusammenhang gewonnen haben. __ Die Metopen des Zeustempels, welche durch die glück- lichen Bemühungen von Dr. Treu ein ganz neues Jnteresse Le die Kunstgeschichte gewonnen haben, sind neuerdings durch ervollständigung des Löwen, des Stiers und der Hydra, vor Allem aber durch den vorzüglih erhaltenen Kopf des auf den Löwen tretenden Herakles wesentlih gefördert, und es ist jetzt nur eine Metope übrig (die mit der Hirshkuh), von der wir uns keinerlei Anshauung machen können. Den zuleßt ge- nannten Kopf des jugendlichen Herakles stehe ih aber nit an, für einen der s{hönsten und wichtigsten unserer Funde zu erklären. Auf mi wenigstens hat er durch feinen tief em= pfundenen Gesichtsausdruck den größten Eindruck gemacht und mix zuerst die Ueberzeugung davon gegeben, daß auch die Me- topen Werke attisher Kunst sind, und zwar in dei Stil der Tempelplastik, wie er sih gegen Mitte des fünften Jahr- hunderts in Athen entwickelt hatte und wie er einstweilen nur in den Denkmälern von Olympia studirt werden kann.

_ Was endlich die beiden Einzelwerke klassisher Kunst, Nike und Hermes, betrifft, so ist die eine durh Gewandstück und Hinterkopf, der andere durh Fuß und Dionysosköpfhen wesentlih vervollständigt, so daß man {hon daran denken kann, durch eine Restauration des Gypsabgusses den ur- sprünglihen Gesammteindruck beider Standbilder zu veran- schaulichen.

Wenn diese Statuen mit den Metopen und Giebelkolossen zusammen gewissermaßen die Centralgruppe unserer statuarischen ¿Funde bilden, fo schließen sih daran einerseits die Ueberreste älterer Kunstepochen, andererseits die Gruppe jüngerer Werke. Beide Gattungen sind ansehnlich bereichert.

Die alte Zeit giebt sich dem Auge schon dadur zu er- kennen, daß ihr der Marmor fremd ist. Éinen neuen über- rashenden Einblick in diese Zeit giebt Treu's Rekonstruktion des megarischen Thesaurengiebels, von dessen 12 Figuren nur 3 fehlen, eine Frucht der diesjährigen Arbeitsperiode, sowie andere lieberreste polychromer Kalksteinreliess. Aus dem Ge- biete religiöser Plastik ist zu dem bekannten Herakopfe die schlangenhaltende Eumenide gekommen, die jeßt durch den un- teren Theil ergänzt ist. Dazu hat sich das Fragment einer zweiten ganz gleichen gefunden aus demselben dunkeln lako- nischen Kalkstein. Endlich gehört hierher der von Treu er- kannte Eperastoskopf, welcher mit dem Arme, der den Phrixos- {ild trug, und dem dazu gefundenen Fuß zu einem kunst- geschichtlih sehr wichtigen Siegerdenkmale gehört. Jn der feinen Durchführung der Details scheint er der Kunst des fünften Jahrhunderts nahe zu stehen und unterscheidet si auch dadurch von den früher genannten Werken altpelopon- nesisher Kunst, daß ér aus parishem Marmor ist.

Die andere große Gruppe olympischer Skulpturen ist die der Nachblüthe attisher Kunst, meist römischer Zeit, eine Gat- tung, welche in diesem Fahre auf 43 Statuen angewachsen ist. Dazu kommen 20 Köpfe und als ein Werk besonderer Art der bekannte Stier mit der Weihinschrift der Regilla, lauter Skulp- turen aus pentelishem Marmor, und wahrscheinlih zum größten Theil in Athen fertig gemacht.

Es sind zum Theil mythologishe Figuren, wie der Koloß

des Zeus, der in esen Jahr gefundene archaisirende Apollon, die Statuen der Nemesis-Tyche (die beiden Gegenstücke aus dem Eingange des Stadiums), des Asklepios und des ruhenden Herakles, ein flötenblasender Satyr und ein nackter Torso, beide diesjährige Funde. Zweitens Athletenbilder, in deren Reihe ein jüngst gefundener Pankratiastenkopf gehört. Drittens Mitglieder des kaiserlihen Hauses und endlih Privatleute, Männer wie Frauen. Diese Statuen stammen größtentheils aus der Exedra, aus dem Metroon und von der Ostseite des Heraion. Einzelne derselben gewinnen durch besondere Attri- bute, wie das Bild einer gefe})jelten Provinz, die Athena mit der Wölfin auf dem Panzer Hadrians u. \. w. oder durch ihre Künstlerinschriften ein hervorragendes Jnteresse. Sie [lehren uns fünf Meister der attishen Renaissance kennen. Den seltsamsten Ursprung haben die in den lezten Tagen dazu gefundenen Nömerstatuen. Sie waren nämlich, dem Feuertode geweiht, schon in einen der oben erwähnten Kalköfen geworfen : die Verbrennung ist durch irgend eine Katastrophe unterbrochen worden, und so hat man jeßt die zershlagenen Marmorbilder wieder aus dem Abgrund herausgezogen. ___UVeberblicken wir die gesammten Skulpturfunde, welche jeßt die beiden großen Magazine nebst dem Mittelhofe füllen, so sind es ohne die Masse der Fragmente jeßt 87 Statuen (darunter 44 über Lebensgröße), und 42 Köpfe, welche die verschiedensten Gattungen und Zeiten griechischer Kunstübung vertreten. Wenn man bedenkt, daß die elf Metopenköpfe, die sih durch ihre Erhaltung auszeihnen, die Köpfe der Hermes- gruppe und der Nike nicht mitgerehnet sind. so wird man zugeben, daß nicht leiht eine Antikensammlung in kurzer Zeit zusammengekommen sein möchte, welche für das Studium der Kopfbildung in der Plastik der Alten ein so reihes Material darbietet, wie die olympische.

Wo es sich um Kunstwerke handelt, haben Zahlen eine verhältnißmäßig geringe Bedeutung ; es schien mir aber, nah- dem die einzelnen Gegenstände bei verschiedenen Gelegenheiten besprochen sind, jeßt gegen Ende der Ausgrabungen nicht un- passend, auh einen numerischen Ueberblick zu geben.

Terrakotta und Erz ergänzen die Ueberreste der Stein- \kulptur. Sie sind das Material einer mehr populären Zn- dustrie, welche auch den kleinen Leuten Gelegenheit giebt, ihre Anwesenheit und Pietät in n geformten Gegenständen zu bezeugen, die ihrem Lebenskreise entnommen find. Als