1880 / 117 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 May 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Der Abg. Dr. Brüel erklärte, er habe nicht söwohl Be- Torgniß vor dem praktishen Mißbrauh der Vorschrift, \on- dern er halte es überhaupt für einen Fehler, wenn dieselbe überhaupt im Gesetz stehe, da hon dadurch die Mitglieder des Kollegiums erheblich beeinflußt werden würden.

Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die Bestimmung würde überall da als unzulässig empfunden werden, wo man wirklich kollegialishe Behörden kenne. Dem Abg. Hahn wolle er bemerken, daß die Regierung bei der Auswahl der Ober- Präsidenten immer Rücsicht auf die Befähigung und Unpar- teilichkeit nehme, bei den Regierungs-Präsidenten sei das nicht immer möglich bei der großen Zahl derselben. Er wisse aus Erfahrung, daß nur sehr wenige Beamte sih zu Regierungs- Präsidenten eigneten, daher wolle er die Rechte derselben in keiner Weise so ausgeprägt wissen, wie der Kommissionsbeschluß dies beabsichtige. Die Herren aus dem Osten hätten nicht das rihtige Verständniß für diese Klagen, da sie die bevorzugten Kinder des Staates seien. Wer das nicht glaube, niöge sih die Listen der Armee und der höheren Beamten in Rheinland und Westfalen ansehen. Auf diese Verhältnisse bitte er Rük- sicht zu nehmen, und die Beamten, die man vom Osten aus nah dem Westen s{hicke und deren Wille vielleicht der beste sei, nicht mit so erheblihen Machtbefugnissen auszustatten. Die Frage bleibe ja offen, ob eine bureaukratishe oder kollegiale Ver: waltung vorzuzichen sei; gèrade unter dem Reichskanzler habe das bureaukratische System ein so erheblihes Uebergewicht gewonnen, daß wenig Hoffnuna auf die Beseitigung desselben Jei. Aber gerade der kollegiale Charakter habe die Verwaltung so vortrefflich und vertrauenswürdig gemacht, wie es dem bureaukratishen System nimmer gelungen sein würde. Er bitte für den Antrag Zelle zu stimmen.

Der Abg. Frhr. von Zedlig und Neukirh führte aus, es handele sich hier gar nicht um die großen Prinzipien der Kollegialität oder der Präfektur. Der Antrag Zelle unter- scheide sich von dem Entwurf nur in einem ganz minimalen Punkte, nämli darin, daß in eilbedürftigen Fällen der Prä- sident auf seine eigene Verantwortung verfügen könne. Da nun der Abg. Frhr. von Heereman selbst zugebe, daß das Al. 2 bestehen solle, so scheine es ihm die einfahe Konsequenz zu sein, auch für Al. 1 zu stimmen.

Der Abg. Zelle suchte nachzuweisen, daß die vom Abg. Frhrn. von Heereman beantragte Annahme des Schlußsazes der Regierungsvorlage nicht nothwendig sei, weil die gelten- den Jnstruktionen bereits dem Präsidenten die in demselben ausgedrüdte Befugniß zuertheilten und denselben nur verpflich- teten, L Kollegium über seine Entschließungen Mittheilung zu machen.

Der Abg. Graf von Winßzingerode erklärte, die Mitglie- der des Centrums hätten dem Paragraphen eine Bedeutung zu geben versucht, die man nur mit Zwang in denselben hineinbringen könne. Er werde für denselben stimmen, weil dadurch eine in den bisherigen Jnstruktionen bestehende Lücke

ausgefüllt werden würde.

Nachdem noch der Referent Abg. Dr. Gneist angeführt hatte, daß die Kommission zu ihrem Beschlusse gekommen sei, weil die dem Regierungs-Präsidenten zu ertheilende Macht- befugniß eigentlih schon seit 1817 bestehe, ohne daß die Kol- legialität gelitten habe, wurde der Antrag Zelle abgelehnt und der Antrag der Kommission genehmigt.

Die Diskussion der §8. 24—26 wurde auf Antrag der Abgg. Ridert und Dr. Windthorst ausgeseßt, worauf sih das Haus um 21/4 Uhr vertagte.

Fn der heutigen (69.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg und mehrere Kommissarien beiwohnten, seßte das “p die zweite Berathung des Geseßentwurfs, betr. die

rganisation der allgemeinen Landesverwaltung, fort. Die §8. 27 bis 35 wurden in der Debatte verbunden. Dieselben lauten nah den Beschlüssen der Kommission:

O 27 Der Bezirksaus\{chuß besteht aus dem Regierungs- Präsidenten, beziehungsweise dessea StelUvertreter und aus fechs8 E i dieter i j

wei dieser Mitglieder, von denen das eine zum Richteramte, das andere zur Bekleidung von höheren Verwaltungsämtern be- fähigt sein muß, werden vom Könige ernannt. Eins derselben wird als „Verwaltungsgerihts-Direktor“ auf Lebenszeit, das an- dere entweder auf Lebenszeit oder aus der Zahl der am Sitze des Bezirksausschusses ein höheres Verwaltungsamt oder ein rihter- liches Amt bekleidenden Beamten auf die Dauer dieses Hauptamts ernannt. Für jedes dieser Mitglieder ernennt der König ferner aus der Zahl der vorbezeihneten Beamten einen Stellvertreter auf die Dauer seines Hauptamts am Siye des Bezirksaus\{u\ses.

Die vier anderen Mitglieder, sowie eine gleihe Anzahl von Stellvertretern werden von dem Provinzialausschuß aus der Zahl der zum Provinzial-Landtage wählbaren Einwohner des Regies- rungsbezirkes gewählt ; von der Wählbarkeit ausgeschlossen sind der Ober-Präsident, „die Regierungs-Präsidenten, die Vorsteher König- licher Polizeibehörden, die Landräthe und die Beamten des Pro- vinzialverbandes. Mitglieder des Provinzialraths können nit Mitglieder des Bezirksaus\husses cin. Im Uebrigen finden auf die Wahl der Mitglieder die Bestimmungen der S8. 11 und 12 finngemäße Anwendung.

__§. 28. Diz ernannten und die gewählten Mitglieder des Be- zirksausshusses, sowie deren Stellvertreter werden durch den Res gierungs-Präsidenten vereidigt und in ihre Stellen eingeführt, Sie unterliegen in dieser ihrer Eigensháft den Vorschriften des Ge- seßes, betreffend die Dienstvergehen der Richter 2c. vom 7. Mai 1851 (Geseßsamml. S. 218) beziehungsweise des Geseßes vom 26. März 1856 (Geseßsamml. S. 201). Disziplinargericht ift das Plenum des Ober-Verwaltungsgerihts; der Vertreter der Staatsanwaltschaft wird von dem Minister des Jupern ernannt.

, 29, Der Bezirksaus\huß tritt an die Stelle des Bezirks- raths und des Bezirks-Verwaltungsgerichts.

S. 30. In Beschlußsachen (§8. 53 ff.) teht die Leitung der Geschäfte und der Vorsiß im Bezirksaus\chuß dem Regierungs- Präsidenten zu.

Der Bezirbsaus\{chuß ist bei Anwesenheit des Regierungs-Prä- sidenten und von vier ferneren Mitgliedern, unter denen sich ein ernanntes und drei gewählte befinden müssen, beschlußfähig. Er beschließt nach Stimmenmehrheit. Sind sechs Mitglieder an- wesend, so nimmt das dem Dienstalter nah, und bei gleichem Dienstalter das dem Lebensalter nah jüngste ernannte Mitglied, und wenn nur ein ernanntes Mitglied anwesend ist, das dem E E nach jüngste gewählte Mitglied an der Beschlußfassung

eil,

S. 31. In streitigen Verwaltungssachen steht die Leitung der Geschäfte und der Vorsitz im Bezirksaus\chusse dem Verwältungs- gerichts-Direktor zu. Die Vertretung des letzteren in Behinderungs- fällen erfolgt durch das zweite ernannte itglicd, und wenn auch dieses behindert ift, durch den für den Verwaltungsgerichts-Direktor in seiner Eigenschaft als Mitglied des Bezirksaus\{huf}ses ernannten Stellvertreter.

Der Regierungs-Präsident nimmt an der Verhandlung und Entscheidung der ftreitigen Verwaltungssachen niht Theil, vor-

der Abgeordneten beschließen:

Lehaltlih der die Beftellung eines besonderen Kommissars zur

Wahrnehtiting des öffentlichen Interesses betreffenden Bestimmun- ;

gen des Gefeßes vom 3. Juli 1875. Ï Der Bezirkgaus\{uß is bei Anwesenheit der beiden ernannten und eines gewählten Mitgliedes beschlußfähig. Er entscheidet nah Stimmenmehrheit. Sind vier oder sechs Mitglieder anwesend, so nimmt das dem Lebensalter nah jüngste gewählte Mitglied an der Entscheidung nicht Theil; dem Berichterstatter steht jedoch in allen Fällen Stimmrecht zu, s h i H 32. Dem Regierungs-Präsidenten im Einvernehmen mit dem Verwaltungs8gerichts-Direktor teht die allgemeine Geschäfts- leitung, sowie die Bestellung der erforderlihen Subaltern- und Unterbeamten, nah näherer Vorschrift eines ron dem Minister des Innern zu erlassenden Regulativs zu. i: : Hinsichtlich der Diesffüéraehen der bei den Bezirksaus\hüssen angestellten Subaltern- und Unterbeamten finden die Vorschriften des Gesehes, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten 2c. vom 21, Juli 1852 (Geseß-Samml. S. 465) An- wendung. Die in diesem Geseße den Provinzialbehörden und deren Vorstehern beigelegten Befugnisse stehen in gleiher Weise dem Bezirksauss{ufse, beziehungéweise dem Regierungs: Präsiden- ten zu. Der Bezirksautshuß beschließt in diesen Angelegenheiten unter dem Vorsiß des Regierungs- Präsidenten. i 8. 33. Alle Einnahmen des Bezirksaus\chusses fließen zur Staatskasse. Derselben fallen auch alle Ausgaben zur Last. Die

gewählten Mitglieder und deren Stellvertreter erhalten Tagegelder und Reisekosten na den für Staatsbeamte der vierten Rangklasse Menden geseßlichen Bestimmungen.

. Bet dem Bezirksaus\schusse kann, wenn der Geschäfts- umfang es erheisht, für einen Theil des Regierungsbezirks eine besondere Abtheilung gebildet werden. Die Bildung erfolgt auf Grund Königliher Verordnung nach Maßgabe der §8. 27 ff. Die ernannten Mitglieder des Bezirksaus\chusses können auch für die zweite Abtheilung ernannt werden.

In den Fällen des §8. 32 Absatz 2 und dées 8. 83, sowie in anderen durch Geseß zu bezeihnenden Fällen beschließen beide Ab- theilungen in gemeinschaftlicher Plenarsißung unter dem Vorsiße des Regierungs - Präsidenten. Zur Beschlußfähigkeit ist in diesem Falle die Anwesenheit von sieben Mitgliedern erforderlih, unter denen sih außer dem Vorsißenden zwei ernannte und vier gewählte Mitglieder befinden müssen. Die Beschlüsse werden nah Stim- menmehrheit gefaßt. Bei Anwesenheit einer geraden Zahl von Mitgliedern nimmt das dem Lebensalter nah jüngste gewählte Mitglied an der Abstimmung nicht Theil.

S. 35, In den Hohenzollernschen Landen kommen in Betreff des Bezirksausshusses die Bestimmungen der 88. 27 ff. mit der Maßgabe zur Anwendung, daß die zu wählenden Mitglieder von dem Landeeausshusse aus der Zahl der zum Kommunal-Landtage wählbaren Angehörigen des Landes-Kommunalverbandes gewählt werden. Der Regierungs-Präfident, die Ober-Amtmänner und die Beamten des Landes-Kommunalverbandes sind von der Wählbar- keit ausgeschlossen.

Hierzu lagen folgende Anträge vor: Bandemer und Genossen:

A. Prinzipal antrag.

Das Haus der Abgeordneten wolle bes{ließen: An Stelle der

SS. 27 bis inclufive 34 der Kommissionebeshlüsse folgende Be- stimmungen zu seßen :

§. 27, Der Bezirksaus\{uß tritt an Stelle des Bezirksraths und des Bezirksverwaltung8gerihts. Derselbe besteht aus dem Regierungs-Präsidenten als a cam aus einem vom Könige auf Lebenszeit ernannten höheren Verwaltungsbeamten, welcher zum Richteramt befähigt sein muß, und aus vier Mitgliedern, welche vom Provinzialaus\{chuß aus der Zahl der zum Provinzial-Landtage wählbaren Bezirkzangehörigen gewählt werden.

Für jeden der Berufsbeazten ernennt der König aus der Zahl der ‘am Sigze des Bezirksaus\c{usses ein höheres Verwaltungsamt bekleidenden Beamten einen Stellvertreter auf die Dauer seines Hauptamtes am Sißte des“ Bezirksaus\chusses.

Für die gewäblten Mitglieder wird die gleiche Anzahl von R R i ate : s

on der Wählbarkeit auêëgeshlossen sind: der Ober-Präsident, die Mitglieder der Biezirkäbealorrinaan, die Vorsteher n Veri lien Polizeibehörden und die Landräthe,

Mitglieder des Provinzialraths können nicht Mitglieder des Bezirksaus\husses sein. Die Bestimmungen der 88. 11, 12 und 13 finden auf die Mitglieder des Bezirksausshusses und deren Stellvertreter sinngemäße Anwendung.

§. 28, Für Regierungsbezirke von größerem Umfange können von dem Minister des Innern zwei Abtheilungen des Bezirksaus- schusses gebildet werden. Jede dieser Abtheilungen wird in Ge- mäßheit der Bestimmungen des §. 26 zusammengeseßt. Dem Re- A E wird für jede Abtheilung ein Stellvertreter be-

ellt. __ Die gewählten Mitglieder, sowie deren Stellvertreter werden für jede Abtheilung besonders gewählt.

Einer jeden Abtheilung werden die Geschäfte aus einem von dem Minister des Innern bestimmt abgegrenzten Theile des Re- gierungsbezirks überwiesen.

29, Der Bezirksaus\{uß ist bei Anwesenheit des Vor- fißenden und des ernannten Mitgliedes, beziehungsweise deren Stellvertreter, sowie von drei gewählten Mitgliedern beschlußfähig. Die Beschlüsse werden nah Stimmenmehrheit gefaßt. Ergiebt fich bei der Abstimmung Stimmengleichheit, so wird die Stimme des dem Lebenêalter nach jüngsten gewählten Mitgliedes nicht mit- gentert, Dem Berichterstatter steht jedoch in allen Fällen Stimm- ret zu.

S. 30, Die Bestellung der erforderlichen Subaltern- und Unterbeamten bei dem Bezirksausshusse erfolgt durch den Re- v0 a Crd 6

è 81, e Eiunahmen des Bezirksaus\{husses fließen zur Staatskasse. Derselben fallen auch alle Ausgaben zur a Die gewählten Mitglieder und deren Stellvertreter erhalten Tagegelder und Reisekosten nah den für Staatsbeamte der vierten Rangklasse bestehenden geseßlihen Bestimmungen.

B, Eventualantrag. Im Falle der Ablehnung d.s Antrages sub A, wolle das Haus

1) vom Abg. von

_1) Im zweiten Titel, 11. Abschnitt, in der Ueberschrift unter Ziffer 2 statt „Bezirksaus\huß“ zu setzen: „Bezirksrath“. |

2) Den §. 27 zu fassen, wie folgt: Der Bezirksrath besteht aus dem MRegierungs - aenten , beziehungsweise dessen Stellvertreter als Worsißenden, aus einem von dem Minister des_ Innern auf die Dauer seines Haupt- amtes am Sißze des Regierungs - Präsidenten ernannten höheren Verwaltungsbeamten, beziehungsweise dessen Stellvertreter, und aus vier Mitgliedern, welhe von dem Provinzialaus\{chus}se au er B R ete O T nveage wählbaren B ezirk8ange- örigen gewä werden, Für die leßteren werden in gleicbe Weise vier Stellvertreter gewählt. , E

Von der Wählbarkeit ausges{lossen sind der Obcr- Präsident, die Regierungs-Präsidenten, die Vorsteher Königlicher Polizeibehör- den, die Landräthe und die Beamten des Provinzialverban- des. Mitglieder des Provinzialrathes können nicht Mit- glieder des Bezirksrathes sein. Im Uebrigen finden auf die Wahlen, beziehungsweise die gewählten Mitglieder die Bestim- mungen der §8. 11, 12, 13 und 14 sinngemäße Anwendung,

3) Die 88. 28 bis 34 zu streichen.

4) Den Eingang des §8. 35 zu fassen, wie folgt: Jn den Hohenzollernshen Landen kommen in Betreff des ezirksrathes un rif p nua des §. 27 mit der Maßgabe zur Anwendung,

5) Im 8. 4, Absatz 1, Zeile 6/7 ftatt „der Bezirksaus\chuß“

Quelle, daß der Kaiser am 2. D antritt ,

erstreckden wird. sei nichts bekannt.

zu In: „der Bezirksrath“, ) Im §. 7, Absatz 1, Zeile 3 statt „die Bezirksaus\{ü}se“ zu

seßen: „die Bezirksverwaltungsgerihte“ und in Zeile 4 daselbst die Worte: „in oberster Jnsta1z“ zu streichen.

2) von den Abgg. Rickert und Dr. Weber (Erfurt) :

Den §. 27 wie folgt zu fassen: Der Bezirksrath besteht aus dem Regierungs-Präsidenten, beziehungsweise dessen Stellvertreter als Vorsißenden, aus einem von dem Minister des Innern auf die Dauer seines Hauptamtes am Sitze des Regierur:gs-Präsidenten ere nannten hôheren Verwaltungsbeamten, beziehungsweise dessen Stell- vertreter, und aus vier Mitgliedern, welhe von dem Provinzial- aus\chufse aus der Zahl der zum Provinzial-Landtage wählbaren Bezirkéangehörigen gewählt werden. Für die leßteren werden in gleiher Weise vier Stellvertreter gewähit,

Von der Wählbarkeit ausges{lossen sind der Ober-Präsident, die Regierungs-Präsidenten, die Vorsteher Königlicher Polizei behö:den, die Landräthe und die Beamten des Provinzial verbandes. Mitglieder dcs Provinzialrathes können niht Mitglieder des Be- zirksrathes sein. Im Uebrigen finden auf die Wahlen beziehungs- weise die gewählten Mitglieder die Bestimmungen der 88. 11, 12, 13 uvd 14 sinngemäße Anwe dung.

Die S8. 28 bis 34 zu streichen.

Den Eingang des §. 3d zu fassen: Jn den Hohenzollernschen Landen ko omen in Betreff des Bezirksrathes die Bestimmungen des §8. 27 mit der Maßgabe zur Anwendung, daß u. \#. w.

3) vom Abg. Frhrn. von Huene :

dem §. 58 als vierten Absaß hinzuzufügen: „Der Vorsißende hat dem Kollegium von allen im Namen desselben erlassenen Ver- anne und ertheilten Bescheiden nachträglih Mittheilung zu machen.“

__ Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa beleuchtete die Konsequenzen der Kommissionsbeschlüsse. Es sei na den- selben außerordentlich schwierig, eine Einigung zwischen den beiden Vorsißenden des Bezirksaus\schusses über die Geschäfts- vertheilung unter den Mitgliedern derselben Körperschaft her- beizuführen. Es könne leiht die Eventualität eintreten, daß dasselbe Kollegium unter seinen verschiedenen Präsidenten ver- schiedene Beschlüsse über dieselbe Materie fasse. Eine Verein- fahung der Selbstverwaltung sei unbedingt nothwendig, wenn man das nöthige Laienmaterial für die Dauer dafür erhalten wolle. Eine Vereinfachung bringe der Antrag von Bandemer, aber den Kommissionsbeschlüssen sei selbst die Regierungs- vorlage vorzuziehen.

__ Der Abg. von Bennigsen erklärte dagegen, ein großes Ge- wicht auf die Beibehaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit allen ihr nöthigen Garantien legen zu müssen, obwohl er die Nothwendigkeit einer auf Erfahrung basirten zweckmäßigeren Organisation derselben anerkenne. Jn der mittleren Instanz werde aber die Verwaltungsgerichtsbarkeit selbst durh den An- trag von Bandemer beseitigt. Die politishe Stellung des Regierungs - Präsidenten mache ihn nicht zum Vorsißenden eines Kollegiums für Entscheidungen von Streitsachen im kontra- diktorischen Verfahren geeignet. Ein Vermittelungsvorschlag, wie ihn die Kommission gemacht, befriedige natürlih beide entgegengeseßten Ansichten nicht vollkommen, und dennoch biete er allein den beiden gemeinsamen Boden. Die vom Vorred- ner angeführten möglichen Fnkonvenienzen könnten wohl dur Ausführu"gsbestimmungen beseitigt werden. Bei Schluß des Blattes hatte der Abg. von Rauchhaupt das Wort.

28 Gestern Nachmittag ist nach langwierigem Leiden der Präsident der Königlihen Seehandlung, Wirkliche Geheime i von Bitter im Alter von 69 Jahren hierselbst ver-

ieden.

Hessen. Darmjtadt, 20. Mai. Wie der „Darmst. Z.“ aus London, 19. Mai, gemeldet wird, werden die Prin- zessinnen Victoria und Elisabeth Jhre Majestät die Königin von England am 21. d. M. von Windsor nah Bal- moral begleiten, während Se. Königliche Hoheit der Gro ß- herzog von Hessen nah London zurückehren wird.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 20. Mai. (W. T, B.) Der Kaiser und die Kaiserin haben heute Abend 6 Uhr den gestern aus Jtalien hier eingetroffenen Töchtern Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen

und der Kronprinzessin des Deutshen Reichs im Hotel Jmpérial einen Besuch abgestattet und eine Viertel- stunde bei denselben verweilt, mit dem Courierzug der Nordwestbahn nach Dresden weitex gereist. Das vention mit Serbien angenommen.

Die Prinzessinnen sind Abends Herrenhaus hat die Eifenbahnkon-

Nach einer Meldung der „Wiener Abendpost“ hat

vor dem Magistratsgebäude von Tramwnik (Bosnien) si eine größere Volksmenge zusammengerottet und 19 wegen eines Exzesses verhaftete Bosnier befreit. wurden zertrümmert, F patrouillen wurden mit Steinen beworfen. ist verleßt, einer der Exzedenten verwundet. durch das Militär alsbald wieder hergestellt, vier der Nädels- führer sind verhaftet.

Die Fenster und die Stadt- Ein Polizeimann Die Ruhe wurde

die Gensd'’armerie

Prag, 19. Mai. Die „Bohemia“ vernimmt aus bester Juni eine militäri\che 1 welche der Besichtigung der eneralate Prag und Brünn gilt und auf zwei Wochen \ich Von einer Reise des Kaisers nah Brüssel

Pest, 19. Mai. Wie die „Budap. Corr.“ meldet, tritt

nächsten Montag im Ministerium des Aeußern die öster- reihisch-ungarische Zollkonferenz zusammen, um die Znstruktionen [lungen mit Serbien festzustellen.

zu den bevorstehenden Vertragsverhand-

Großbritannien und Irland. London, 19. Mai.

(Allg. Corr.) Die in Dublin tagende Konferenz der irishen parlamentarischen F hielt gestern eine Sitzung, in welcher es Mr. Parne

Gunsten der Einbringung einer Bill durhzuseßen, welche alle Exmissionen aus Pachtgütern, die auf 20 Pfd. Sterl. und darunter veranschlagt sind, verbietet, Lösung der Landfrage erzielt sei. lungen bemerkte Mr. Shaw, daß er die Ernennung Mr. Par- nells zum Haupt der Home-Rule-Partei zwar anerkenne, jedo unter der Vorausseßung, Billigung der von jenem Herrn in ganz Amerika un rend der beiden leßten Monate in Jrland befürworteten Prin- zipien gleihkomme.

gelang, Resolutionen zu

bis eine befriedigende Jm Verlauf der Verhand-

keiner wäh-

daß diese Ernennun

Die dur die Berufung des Hrn. Knatchbull-Hugessen

in die Pairskammer nothwendig gewordene Ers aßwahl für Sandwich ist

Mr. Roberts, Stimmen, Kandidaten, folglich der liberalen Partei

zu Gunsten des konservativen Kandidaten, 1 ausgefallen. Leßtgenannter erhielt 1145 während auf Sir Julian Goldsmid, den liberalen nur 705 entfielen. Die Konservativen haben einen Siß entrissen. Einen

weiteren Triumph feierte die konservative Partei bei der Wahl für Wigton Burghs. Der Landadvokat für Schott- land, der sich anläßlich seiner Ernennung einer Wiederwahl zu unterziehen hatte, erlag dem konservativen Kandidaten Mark Steward, der mit einer Mehrheit von 23 Stimmen den Sieg davontrug. :

Dem „Standard“ zufolge hat die Regierung beschlossen, eine parlamentarishe Kommission niederzuseten,

i welche Erhebungen über die Einkünstc der Citygilden und

deren Verwaltung anstellen soU. Aus Teheran wird dem Reutershen Bureau

| unterm 18. ds. gemeldet: Ein hier aus Herat eingegangener,

vom 18. April datirter Brief macht die Mittheilung, daß die fabulesishen Regimenter sih Ayub Khan angeschlossen haben, und daß Leßterer mit 14 000 Mann anderen Truppen Herat verlassen, augenscheinlih in der Absicht, auf Kan- da har zu marschiren.

Die Kap-Regierung hat den füx die Auslieferung aller Waffen Seitens der Basut os festgeseßten Termin vom 99, d. Mts. bis zum 21. Juni verlängert.

20. Mai. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher heute Nachmittag das Parlament eröffnet wurde, be- zeihnet die Beziehungen Englands zu allen fremden Mächten als herzlihe und drückt die Hoffnung aus, daß die Regierung im Einvernehmen mit den anderen Mächten in naher Zeit eine vollständige Ausführung des Berliner Vertrages in Be- tref der effektiven Einführung von Reformen und gleich- mäßigen Geseßen in der Türkei werde erreihen können. Auch territoriale Fragen seien noch nicht in Gemäßheit der Bestimmurgen des Berliner Vertrages geregelt, eine solche Ausführung des Vertrages sei aber durhaus wesentlih. Um neue Verwickelungen zu vermeiden, habe die Königin geglaubt, einen außerordentlichen Botschafter an den Sultan absenden zu sollen. Bezüglich Afghanistans wird bemerkt, daß die Re- gierung beständig bemüht sei, eine Pacifikation des Landes zu erreichen, sowie Einrichtungen zu treffen, welche die Unabhängigkeit des afghanishen Volkes sichern und geeignet sind, freundschaftlihe Beziehungen mit dem indishen Reich wieder herzustellen. Die Rede spricht sih für eine Konföderation der südafrikanischen Kolonien, so- wie für die Aufrechterhaltung der Suprematie im Transvaal- lande aus. Die Ausnahmegeseße in Frland würden nicht wieder erneuert werden, obwohl die Regierung fest entschlossen sei, Leben und Eigenthum zu sihern und die Ordnung auf- reht zu halten. Unter den angekündigten Vorlagen befindet sich ein Jagdgeseß, sowie ein Entwurf, durh welchen das Wahlrecht der irishen Wahlflecken entsprehend demjenigen der englishen Wahlflecken gestaltet werden soll. E

Das Unterhaus trat nah der Eröffnung in die Be-

rathung der in Beantwortung der Thronrede an Jhre -

Majestät die Königin zu richtenden Adresse. Northcote sprach si über die Thronrede, soweit dieselbe die auswärtige Politik anbetrifft, im Allgemeinen zustimmend aus, wünschte indeß Auskunft über die dem neuen Konstantinopeler Botschafter Göschen ertheilten Befugnisse, sowie darüber, welche Pression auf die Pforte beabsichtigt, und ob namentlich ein gewaltsames Vor- gehen gegen dieselbe in Aussicht genommen sei. Ebenso wünschte derselbe Aufschluß darüber, was mit den in der Thronrede erwähnten Einrichtungen in Afghanistan beabsichtigt werde. Was die Aufhebung der Ausnahmegeseße für FFrland anbetreffe, so wolle er hoffen, daß deren Resultat den damit übernom- menen Verantwortlichkeiten entsprehe. Die Opposition werde die Politik der Regierung unterstüßen, wo sie in gewissen- hafter Weise dieselbe unterstüßen könne. D'Connor Power beantragte zu der Atresse ein Amendement, dahin gehend, daß die Lage der Bewohner und der ackerbautreibenden Bevölke- rung FJrlands sofortige ernste Erwägung erheische, damit denselben die legitimen Früchte ihrer Arbeit gesichert würden.

21, Maî, früh. (W. T. B.) Der Premier-Minister Gladstone rehtsertigte im Fortgange der Sißung des Unterhauses die Kürze des in der Thronrede gegebenen Programms für die innere Geseßgebung. Jn Betreff der Geseße für Jrland bemerkte Gladstone, daß die Zeit seit dem Amtsantritt des gegenwärtigen Kabinets zu kurz gewesen sei, um eine so wichtige Frage, wie sie von O'Connor Power aufgeworfen werde, genügend zu prüfen. Bezüglich des nah Konstantinopel gesendeten Botschafters Göschen erklärte Gladstone, daß derselbe keine anderen Befugnisse erhalten habe als ein ge- wöhnlicher Botschafter. Was den auf die Pforte auszuüben- den Druck anbetreffe, so solle Göschen auf der Erfüllung des Berliner Vertrages bestehen. Göschen sei für den Konstan- tinopeler Posten ausersehen worden, weil er eine genaue Kenntniß der Ansichten der Regierung .besiße, und weil die Regierung überzeugt sei, daß Göschen die Mißverständnisse beseitigen werde, welche zwischen der Pforte und England be- ständen. Die Regulirung der griechisch-türkishen Grenze bilde eine der dringendsten Fragen, aber eine andere, wenn nit größere, so doh noch dringendere Frage sei die Regu- lirung der montenegrinishen Grenze. Bei so delikaten Angelegenheiten sei die Regierung unzweifelhaft besser ge- sichert, wenn sie durch eine Persönlichkeit vertreten werde, welche London soeben erst verlassen habe und daher die Ansichten der Regierung der Pforte besser, genauer und vollständiger erklären könne. Es gebe Mi zverständnisse, deren Beseitigung im Jnteresse Europas und der Türkei wünschens- werth erscheine. Die Pforte glaube, daß England ein hohes und wesentlihes eigenes Jnteresse an der Aufrechterhaltung des ottomanischen Reiches habe und daß sie, wie auch immer ihr Verhalten gegen ihre Unterthanen, und wie auch immer der innere Zustand der Türkei sein möge, stets {ließlich auf England renen könne. Diese Ansicht theile die englische Re- gierung niht. Eine andere Ansicht der Türkei, welche zu be- seitigen erwünscht sei, sei diejenige, daß England ge- neigt sei, die Souveränetätsrehte der Türkei in Asien zu verleßen. Die englishe Regierung wünshe nur die Verpflichtungen der Türkei getreu ausgeführt zu (even und habe nicht den Wunsch, die Grenzen des türkischen Gebietes in irgend welher Richtung zu vermindern. Wenn es aber gelingen sollte, befriedigende Beziehungen zwischen dem Sultan und seinen Unterthanen herzustellen, so würde das englische Kabinet ein von ihm sehr erwünschtes Resultat erzielt haben. Lord Beaconsfield habe in seinem Wahlmanifeste den Zustand Europas als kritisch bezeichnet. Es gebe nun zwar ernste Angelegenheiten in Europa und noch ernstere anderwärts, do könne er (Gladstone) niht zugeben, daß der Zustand Europas ein kritischer sei. Von allen Seiten habe die Regierung befriedigende Versicherungen erhalten. Es werde ihre heilige Pfliht und ihr stetes Bestreben sein, das gegenwärtige Gefühl der Eintraht und das Einvernehmen der Mächte ‘im allgemeinen Jnteresse aufrecht zu erhalten.

Das von D'’Connor Power beantragte Amendement wurde hierauf mii 300 gegen 47 Stimmen abgelehnt und der Adreß- entwurf angenommen. i i '

Im Oberhause kritisirte bei der?Debatte über die an die Königin zu rihtende Adresse Lord Beaconsfield die Thronrede in analoger Weise wie Northcote im Unter- hause und sprach sich tadelnd über die u des Aus- nahmezustandes in Jrland aus. Der Staats)ekretär des Aus- wärtigen, Granville, gab im Allgemeinen ähnliche Erklä- rungen ab wie Gladstone im Unterhause. Die irishe Frage werde eingehend erwogen; hinsihtlich Afghanistans sei die Re- gierung noch nicht genau informirt, aber er glaube, die sanguinische Hoffnung der vorigen Regierung betreffs einer shnellen Lösung der afghanishen Frage sei niht berehtigt gewesen. Was die Fragen der auswärtigen Politik angehe, so seien allerdings Fragea von großer Wichtigkeit vorhanden, deren Lösung Festigkeit, große Mäßigung und eine gemeinsame Aktion der Mächte erheishe. Durch den Botschafter Göschen wünsche die Regierung die Regelung der noch unerfüllten Bestimmungen des Berliner Vertrages zu erlangen, die Layards Vorstellun- gen bisher nicht errciht hätten. Die wichtigsten dieser Be- stimmungen seien die Feststellung der grichishen Grenze, der montenegrinishen Grenze und die Reformen in Armenien. Granville wollte von den großen noch unerledigien Ansprüchen Englands an die Türkei nicht sprechen. Unter den noch nicht erfüllten Bestimmungen des Berliner Vertrages befände sich auch diejenige, betreffend das organische Statut für die türkishen Provinzen. Ein solhes Statut sei entworfen. Die Annahme desselben würde viele gute Jnstitutionen, darunter die Autonomie der türkischen Provinzen und das Besteuerungsreht, gewähren, welche den türkischen Provinzen eine er)prießlihe Zukunft und Europa einen großen Vortheil in Ausficht stellen würden. Fn Betreff der Grenze Griechenlands sei noch nichts Bestimmtes geschehen. Jn Betreff der empfohlenen Grenze beständen ohne Zweifel Meinungsverschiedenheiten unter. den Mächten. Ebenso auch über das Verfahren bei der Ausführung der Grenz- regulirung L E Montenegro. Die Abtretung der bezüglichen ebietstheile sei von einem Aufstande der Albanesen begleitet gewesen. Den von der Pforte ertheilten Fnstruktionen seien von den Lokalbehörden Hindernisse entgegengestellt worden. Der Zustand in Ar- menien sei beklagenswerth. Weder in Folge des Berliner Vertrages noch des Vertrages betreffend Cypern sei etwas geshehen. Behufs der Sicherung derx Ausführung des Ber- liner Vertrages werde ein energishes Zuïammengehen der Mächte für nothwendig gehalten. Die Regierung habe des- halb ein Cirkular an die Mächte erlassen, in welchem sie vor- geschlagen habe, eine identishe Note über diese Punkte an die Pforte zu rihten. Sobald diese Note überreicht sei, könne die Vorlegung der Schriftstücke erfolgen. Von Seiten der Mächte seien der Regierung ermuthigende Antworten zuge- gangen. Man glaube, daß gegenüber dem gemeinsamen Dructe Europas der Widerstand der Pforte schwach sein werde. Der Adreßentwurf wurde hierauf angenommen.

A A E ia E

Frankreih. Paris, 20. Mai. (W. T. B) Die Deputirtenkammer sehte heute die Tarifberathung fort und berieth die Tarissäße für Baumwollfäden.

Im Senat wurde ein Brief Märtels verlesen, wel{cher aus Gesundheitsrüläsichten seine Demission aufrecht erhält. Die Wahl des neuen Senatspräsidenten ist auf Dienstag fest- geseßt worden. :

Die mit der Prüfung der Linie sür die transsaha- rishe Eisenbahn beauftragten Fngenieure haben vor- R eat den Kopf der Linie in die Provinz Constantine zu verlegen.

In Rheims haben sämmtliche Strikenden die Arbeit wieder aufgenommen; die Arbeitgeber haben zugesichert, daß sie, sobald die Arbeit 8 Tage lang fortgeseßt sei, die Forderungen der Arbeiter bezüglih des Lohnsaßes einer ernst- haften Prüfung unterziehen wollen.

Fm

Spanien. Madrid, 20. Mai. (W. T. B.) Senat wurde heute auf eine Anfrage bezüglih einer angeb- lih in der Provinz Castellon stattgehabten aufrühreLi- schen Bewegung Seitens der Regierung erklärt, es handle sih um eine kleine Schaar Ausfständisher, welcher keinerlei Bedeutung beizulegen sei.

Griechenland. Athen, 20. Mai. (Polit. Corr.) Der König und die Königin sind heute abgereist. Der König wird sich von Venedig aus nah Paris und die Königin nah St. Petersburg begeben. Die griechishe Regie- rung hat aus Veranlassung der albanesishen Bewegung die Zusammenziehung von Truppen an der türkisch- griehischen Grenze und auf Korfu angeordnet.

Türkei. Konstantinopel, 19. Mai. (Pol. Corr.) Die Pforte beabsichtigt nah der, wie es nunmehr scheint, definitiv entschiedenen Rülkehr des französishen Botschafters Mr. Fournier auf seinen Posten in Konstantinopel, den türkishen Botschafterposten in res sofort zu be- seßen. Es heißt, daß unter mehreren Bewerbern um diesen Posten Ali Pascha, welcher bereits früher einmal durch län- gere Zeit als Botschafter in Paris fungirt hat, die meisten Chancen habe. Die Abreise des bisherigen englischen Bot- schafters Sir H. Layard dürfte zwishen dem 25. und 28. Mai erfolgen.

(Pest.

Serbien. Belgrad, 19. Mai. L.) Aus Wien wird hierher gemeldet, daß der Minister des Aeußern, Baron Haymerle auf das serbischerseits offiziell gestellte Verlangen, die handelspolitishen Verhandlungen so bald als möglich aufzunehmen, eine zufriedenstellende Antwort ertheilt hat. Die serbische Regierung wird daher noh im Laufe dieser Woche Delegirte nah Wien senden, wo Anfangs Juni die Verhandlungen mit den Vertretern beider Regie- rungen der Monarchie ihren Anfang nehmen dürften. Da das Wiener Kabinet die Meistbegünsligungs-Klausel im Prinzip bereits acceptirt hat, so dürsten die Verhandlungen einen glatten und raschen Verlauf nehmen.

Amerika. Washington, 18. Mai. (Allg. Corr.) Der Präsident Hayes hat beschlossen, Mr. Maynard, den bisherigen Gesandten der Union in Konstantinopel, zum General-Postmeister zu ernennen.

Die Sqhriftstülke über den Fortune-Bay- Fischereistreit sind nunmehr dem Kongreß unterbreitet worden. Der Staatssekretär Evarts sagt in seinem Bericht : Lord Salisbury habe die amerikanischen Fischer dreier ver- \shiedener Gesehverlezungen beschuldigt, worauf er (Mr.

Evarts) unverzüglich gegen eine solche Auslegung des

Washingtoner Vertrages Einsprache einlegte und hervorhob, daß dessen Klauseln niht der lokalen Gejezgebung von Neu- fundland unterlagen. Er räth an, dem Kongreß die Wieder- auferlegung der Zölle auf die Produkte canadischer ernen zu empfehlen, wie solhe vor dem Vertrage bestanden, und zwar für so lange, bis die beiden Regierungen in der An- gelegenheit zu einem Einvernehmen gelangt seien. Auch empfieylt Mr. Evarts, im Hinblick auf eine künftige Schadlos- Ia O die Ansprüche der Fischer durch Sachverständige fest- zustellen.

E

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Freitag, 21. Mai. Durch Aller- höchsten Befehl ist dem Stadthauptmann, General Suroff, wegen seiner zerrütteten Gesundheit ein viermonatliher Ur- laub ertheilt worden. Gleichzeitig ist derselbe von seinem bisherigen Amte entbunden und wird fortan dem Ministerium des Fnnern zugezählt. Se. Majestät der Kaiser h2t dem General Suroff für dessen zweijährige eifrigen DienKe seinen Dank ausgesprochen. Der Nachfolger Suroffs is noch nit namhaft gemacht.

Nr. 11 des Cenlral - Blatts der Abgaben-, Ges werbe- und Handel83geseßgebung und Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Wiederbeschöftigung pensionirter Beamte im unmittelbaren Staatsdienste. Behandlung der aus Versehen zu hoch berechneten oder doppelt in Ansaß gekommeüeu Gerichts- kosten. Vertretung des Fiskus in Rechtsangelegenheiten, welche die Erhebung 2c. von Gerichtskosten betreffen. Entscheidung über Interventionsansprüche bei zwangsweiser Beitreibung von Gerichts- kosten. Nachweisung einzelner sähliher Ausgaben der Verwaltung der indirekten Steuern. Amtliche Bezeihnung dec am Sitze von Hauptämtern errichteten Expeditionen für die Gerichtskostenerhebung. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen dec Zoll- und Steuerstellen, SIndirekte Steu-ra: Tarifirung von Hobel- eisen. Prüfung der Mittel zur Denaturirung des zu gewerblichen

weden bestimmten Branntweins Verwendung von Surrogaten et der Tabakfabrikation. Eine Berichtigung. Personal- nachrichten.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadi Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 9, Mai bis inkl. 15, Mat er, zur Anmeldung gé» kommen : 269 Ghbeschließungen, 867 Lebendgeborene, 27 LTodtgeborene und 543 Sterbefälle.

Dem Bericht über die Verwaltung und den Stand der Kommunalanzelegenheiten des Kreises Heiligenbeil für das Etatsjahr 1879— 1880 entnehmen wir nah dem „Heiligenbeiler Kreisblatt“ folgende Daten: Der Kreistag hat in der Zeit vom 1. April 1879 bis dahin 1889 5 Sigzungen abgehalten und in den- selben Über 35 Gegenstände Beschluß gefaßt. Die Zahl der beim Kreisausschusse in seiner Eigenschaft als Kreisverwaltungs- geriht eingegangenen Streitsachen betrug 47; davon sind er- ledigt: durh Bescheid (ef. §. 37 des Geseßes vom 3. Juli 1875) 3; durh Rücknahme der Klage, Vergleih und Anerkenntniß 8; durch Entscheidung auf contradiktorishe Verhaadlung oder bei dem Aus- bleiben einer Partei 30; unerledigt blieben 6. Die Länge der ausge- bauten Kreischausseen beträgt 104 828 km (ca. 13,98 Meilen) ; die Unterhaltung derselben kostete im vergangenen Jahre 25412 M, also pro Kilometer 242 4; davon erforderte die materiele Unterhaltung 18396 M, und die tehnishe Leitann und Aufsicht 7016 46 Von den Unterhaltungskosten wurden gedeckt: 1) durch die Einnahmen der Chaufßeebarrièren 13 224 M; 2) durch die Grasverpachtung an den Chausseen 1289 4; 3) durch sonstige Einnahmen (Strafgelder) 2c. 460 (6; der Rest wurde durch Ausschreibung aufgebraht. Dem Kreisaus\{usse ist aus dem Provinzialfonds zur Unterstüßung des Gemeindewegebaues ein jährliher Betrag von 2952 4 üÜber- wiesen; aus demselben sind den Orten: Stadt Heiligenbeil, Deich- verband Balga, Düsterwalde, Gr. Hoppenbruch und Steindorf Unter- stüßungen gewährt worden. : :

Die Finanzlage des Kreises muß als eine geordnete und günstige betrachtet werden. Das Aktivvermögen des Kreises beträgt, abgesehen von den Gebäuden und Inventarienstüc@cn, 22253 6 Die Passiva find folgende: Kreiss{huld aus dem Invalidenfonds 419 800 G, Obligationenshuld, aufgenommen zum Bau von Chausseen, 1420090 4 Die gesammte Kreis-Kommunal-Ausschrei- bung beträgt pro 1879/80 51 610 M 52 S, circa 34 %/9 der Staats- steuern (155 526 4 27 H). Die eigentlichen von der Gesammtheit des Kreises zu deckenden Kreisabgaben, abgesehen von den Zinsen- beträgen, betrugen 25717 4 90 S, nur circa 17% der Staats- steuern. Die Kom!nunalsteuern sind regelmäßig eingegangen und Ab- gabenreste nicht zu verzeichnen. /

Der Betrag der Einlagen in der Kreissparkasse am Schlusse des Jahres 1878 war 166 406 #4 47 H; während des Jahres 1879 wurden neu eingelegt: 1) in baar 41 437 M 45 S, 2) durch Zu- chreibung von Zinsen 6650 4 48 Z. Im Jahre 1879 wurden 34 612 Æ# 46 4 Einlagen zurückgenommen, verblieben am Scblufsse des Jahres 1879 179 881 #4 94 &H an Einlagen; der Reservefonds betrug 8132 4. 55 H. Von dem Vermögen der Sparkasse find an- gelegt: a. auf Hypothek: auf städtishe Grundstücke 47 400 M4, auf ländlihe Grundstücke 51 100 4; b. in auf den Inhaber lautenden Papieren nah dem Courswerth 91 020 M

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Taktishe Betrachtungen über das Jnfanterie- gefecht auf dem Swlachtfelde von Gravelotte- St. Privat. Von von Estorff, Major und Bataillons- Commandeur îm 3. Magdeburg. Inf. Regt. Nr. 66. Berlin 1880, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königlihe Hofbuch- handlung. Der Verfasser versuht, aus den Erfahrungen der Scblacht von Gravelotte-St. Privat, welche er für die lehrreichste des ganzen Feldzuges 1870/71 hält, die für das heutige Infanterie- gefecht taktishen Grundsätze abzuleiten und darzustellen, wie man mit Anwendung dieser Grundsätze und im Besiße des verbesserten Jnfanterie-

ewehres hâtte verfahren können. Er hat speziell diese Shlacht als Basis einer Erörterungen gewählt, weil sie die erste Schlacht des Krieges ge- wesen, die keine Rencontreshlacht war. Die Franzosen, noh das alte vor- zügliche Kaiserliche Heer, hatten sich hon am Tage vorher ihre Stellung gewählt und sie befestigt. Die Deutschen marschirten am 18. August vor, um eine Schlacht zu liefern. Jn keiner anderen Schlacht seiea die Eigenthümlichkeiten der neueren Waffen so grell hervorgetreten und hâtten gebieterisch eine Aenderung der bisherigen Taktik ver- langt. Um gerecht zu bleiben, dürfe bei allen Betrachtungen der S(lachten von 1870/71 nie vergefsen werden, daß wir namentlich beim Beginne des Feldzuges selbstverständliv noch ver- altete tafktishe Grundsäße befolgten und das Zündnadel- gewehr führten, Die vielen taktishen Schriften und Versuche nah dem Feldzuge bewiesen, daß unsere Taktik das wenigst Gute im Feldzuge 1870 gewesen sei. Es lebe die Ueberzeugung in der Armee, daß wir unsere damaligen Erfolge der Vorzüglichkeit nnserer Strategie, Organisation und Truppen verdankten bei oft großen taltishen Fehlern. Aber die Taktik gerade werde in dem- nächstigen Feldzügen eine große Rolle spielen und eine Armee mit

einer überlegenen Taktik sehr viel voraus haben. Die Fak-