1880 / 120 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 May 1880 18:00:01 GMT) scan diff

daß die thatsählihen Vorausseßungen nicht vorhanden Gi die Polizeibehörde zum Erlasse der Verfügung be-

i aben würden. L d e Prüfung der Geseßzmäßigkeit der angefochtenen polizei- lihen Verfügung erstreckt sih auch auf diejenigen Fale, in welchen bisher nach §. 2 des Geseßes vom 11, Mai 1842 (Geseßsamml. S. 192) der ordentliche Rechtsweg zuläsfig war.

Hiermit wurde die Diskussion über 8. 7 Abs. 2 ver- bunden, welcher in der Fassung der Kommission lautet :

Die Verwaltungsgerihtsbarkeit wird nah näherer Vörschrift der Geseße dur die Kreis- (Stadt-) Ausschüsse, die Bezirksaus- {üsse und, in oberster Instanz, durch das Oberverwaltungsgericht zu Berlin ausgeübt. , : :

Die Verwaltungs8geri{hte sind berufen zur Entscheidung von Streitigkeiten über Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem öffentlihen Rechte in den im Geseße bezeichneten Fällen. Jhre Zuständigkeit erstreckt sich jedoch nicht auf Ansprücbe und Verbind- lichkeiten, welhe neben dem öoffentlich-rehtlihen Verhältnisse aus selbständigen privatre{tlihen Verhältnifsen entstanden sind.

Hierzu lag folgender Antrag des. Abg. von Lieber- mann Vor :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

Den zweiten Absatz des §. 7 und den Zusay am St{lusse des S. 71 der Kommissionsbes{lüsse zu str:ichen. E

Mit demselben erklärten sich außer dem Minister des Pen die Abgg. Dr. Brüel und Dr. von Cuny einver- tanden. Jn der Abstimmung wurde der Antrag von Wedell- Piesdorf abgelehnt, der Antrag von Zedliß in namentlicher Abstimmung mit 231 gegen 122 Stimmen und mit demselben 8. 71, ebenso §. 7 mit dem Antrage von Liebermann ange- nommen. (Schluß des Blattes.)

Amtlicher Nachricht aus Lima vom 14. v. M. zufolge erstreckt si die chilenischerseits über den Hafen von Callao verhängte Blockade auch auf die Nebenhäfen Miraflores, Chorillos und Magdalena.

Der Rendant des Depositoriums eines ehemaligen preußischen Kreisgerihts hatte sih Fahre hindurch zahlreicher Untershlagungen im Amte von bei dem Depositorium deponirten Werthpapieren zu Schulden kommen lassen, welche nur dadurch fortgeseßt möglih waren, daß der zeitige Dirigent

des Kreisgerichts und nach dessen Tode sein Amtsnachfolger

es an der vorschriftsmäßigen Sorgfalt bei den Kassenrevisionen Und der Durchsicht eines bestimmten Mandatenbuches hatten fehlen lassen. Die Untershlagung wurde endlich im Jahre 1874 entdedt, die strafgerihtlihe Untersuhung gegen den Rendanten eingeleitet, gleichzeitig aber von dem Kreisgerichts- Depositorium gegen die Erben des verstorbenen Kreisgerichts- Direktors und gegen dessen Nachfolger im Amte im Wege der Civilklage Deckung der durch die Veruntreuungen herbei-

eführten Defekte erhoben. Die Verklagten erklärten die Vor- \@riften der preußishen Depositalordnung vom Jahre 1789, wodurch den Gerichtsvorständen zur Pfliht gemacht worden, die Mandatenbücher zu revidiren, für veraltet und von der Praxis außer Uebung geseßt. Nichtsdestoweniger wurden \ie in beiden Jnstanzen für regreßpflichtig erklärt, und das Reichs - gericht, IV. Civilsenat, trat in seinem Erkenntniß vom 4. März d. J. dieser Ansicht bei.

Der General-Lieutenant vön Dres ky, Jnspecteur der 2. Feld-Artillerie-Fnspektion, ist von den vor einiger. Zeit unternommenen Musterungsreisen hièrher zurüdckzekehrt und hat gleichzeitig einen mehrwöchigen Urlaub nach Kissingen und dem Rheine angetreten.

Bremen, 25. Mai. (W. T. B.) Der Gewerbekon* vent, dessen Mitglieder verfassungsmäßig von sämmtlichen selbständigen Gewerbtreibenden der Städte Bremen, Vegesack und Bremerhafen als Vertreter der Jnteressen von Handwerk und Fabrik im Bremischen Staate gewählt sind, hat in seiner gestrigen Sißung sein volles Einverständniß mit den auf den Zollanshluß Bremens gerichteten Bestrebungen und Kundgebungen der Gewerbekammer zu Bremen durch ein nahezu an Einstimmigkeit grenzendes Votum erklärt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23, Mai. Wie man der „Presse“ aus Prag telegraphirt, trifft der Kaiser bereits am 31. d. M. dort ein. Da die Reise auss{ließlich militä- rishen Zwecken gelte, werde sich Seitens der diesseitigen Re- gierung kein Minister im Gefolge des Monarchen befinden.

24. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Herrenhauses betonte anläßlih der Debatte über das Budget der Minister-Präsident Graf Daäaffe, Zweck der Regierung sei, eine Versöhnung der Parteien herbeizuführen, deshalb müsse sich die Regierung dagegen verwahren, den Glauben zu erwecken, als ob sie irgend eine Nation, am wenigsten die deutshe, unberectigter Weise zurüdcseßen wollte. Die Regierung mache keine unüberlegten Konzessionen, um irgend eine Partei oder Person freundlih zu stimmen. Sie achte das Recht des Parlamentes, lasse aber Niemanden in das Recht der Exekutive eingreifen. Der Ver- treter des erkrankten Justiz-Ministers, Sektionshef von Sacken, suchte nachzuweisen, daß die Sp rachenverordnung keinen neuen Zustand geschaffen, sondern nur sämmtliche bereits vor- handene Vorschristen zusammengefaßt habe; es sei deshalb kein Anlaß zur Besorgniß. - Agram 22, Mai. Die Regnicolarmitglieder sind nah Budapest abgereist, wo morgen wahrscheinlih die leßte Sißung stattfindet. Der kroatische Landtag wird wahrscheinlih am 1. Juni zusammentreten.

Niederlande. Baag, 24. Mai. (W. T. B.) Jn der Ersten Kammer theilte der Minister des Auswärtigen heute mit, daß der Abschluß des Auslieferungsvertrags mit den Vereinigten Staaten in Washington erfolgt sei.

Belgien. Brüssel, 24, Mai. (W. T. B.) Bei den Aue stattgehabten Provinzialrathswahlen wurden in oewen die Kandidaten der katholischen Partei gewählt, Jn Arlon, Nivelles und Ardenne siegten die Liberalen ; in Namur orde. Liberale gewählt. Fünf Stihwahlen sind er- orderlih,

Großbritannien und Jrland. London, 24. Mai. (W. T. B.) Jm ég She e erwiderte heute der Premier Gladstone auf eine Anfrage Bartletts: Der englische Bot-

schafter Goschen sei angewiesen, den genauen Sachverhalt in

Betreff der vorgekommenen Gemwaltthätigkeiten gegen Muha- medaner in Kidgali und Aidos festzustellen ; alsdann würden Schritte gethan werden, um die Bestrafung der Schuldigen zu erlangen und die Wiederholung ähnlicher Ereignisse zu ver- Si, Die Regierung kenne keinen Unterschied zwischen

tuselmännern und Christen. Auf eine weitere nfrage Firths erklärte Gladstone: Es sei eine Untersuhung der

Zustände der City-Korporationen beabsichtigt, über den Modus des Verfahrens fei jedoh noch nicht entschieden. Lawson kündigte einen Antrag auf Abberufung Frères aus der Kapstadt an. Der Staatssekretär für JFn- dien, Hartington, erklärte, die Regierung wünsHe ernst- list den möglichst baldiaen Mög ver Truppen aus ganz AfoLb ânistan, doch sei dabei auf die Gesundheit der Trup- pen Rücksicht zu nehmen und auf die Verpflihtungen, welche das Land binden und deren Umfang noch niht zu konstatiren sei, Es sei nicht wahrscheinli, daß der Rückzug aus Kan- dahar so früh möglih werde, als die Regierung hoffe ihn aus Kabul, aus Nord- und Ost-Afghanistan bewerkstelligen zu können, auch sei auf den Schuß derjenigen Stämme Rüesicht zu nehmen, welche England halfen. ,

26, Mai, früh. (W. T. B.) Sqghließlih beschäftigte sih das Unterhaus mit den die Eidesleistung Bradlau ghs betreffenden Anträgen. Der Antrag Wolffs, Bradlaugh zur Eidesleistung und zum Eintritt in das Haus nicht zuzulassen, wurde nach langer und sehr lebhafter Debatte mit 289 gegen 214 Stimmen abgelehnt, die Berathung über den dur Gladstone, Namens der Regierung, gestellten Antrag, die Frage an einen Aus\{chuß zu verweisen, vertagt.

25. Mai. (W. T. B.) Nachträglihe Meldung aus der gestrigen Unterhaussißzung. Jn Beantwortung einer Anfrage Howards erklärte der Lord-Präsident des Geheimen Raths, Mundella: Die Regierung beabsichtige, weder das ganze Gesetz, betreffend die Verhinderung der Einschleppung von L noch auch einen Theil desselben auf- zuheben.

(Allg. Corr.) Aus der Capstadt wird via Madeira vom 4. d. M. berichtet: Die Basutos verhalten \ich völlig ruhig und liefern allmählih ihre Waffen ab. Man befürchtet keinerlei Ruhestörungen im Basutolande. Die Kaiserin Eugenie verließ Marißburg am 29, v. M.

Frankreih. Paris, 24. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der verschiedenen Gruppen der Linken des Senats wurde die Kandidatur Léon Say's für das Senats-Präsidium mit 56 gegen 53 Stimmen, welche Leroyer erhielt, angenommen. Pelletan war zu Gunsten Leroy:rs zurückgetretén. :

Jn der heutigen Sißung der Rechten des Sena- tes wurde beschlossen, Jules Simon als Kandidaten für das Senatspräsidium aufzustellen. :

Die Deputirtenkammer beschloß die Dringlichkeit der Berathung des Geseßentwurfs Ferry's, durch welchen die Dbedienzbriefe abgeschafft werden, welche den Mit- gliedern von Kongregationen gestatten, Unterricht zu er- theilen ohne Unterrichtserlaubnißscheine. Die Berathung wurde sofort begonnen und wird morgen fortgeseßt werden.

Unter den 16 gestern bei der öffentlichen Kun d- gebung verhasteten Personen befinden sich 7 Ausländer, nämlih zwei Belgier, ein Ftaliener, ein Deutscher, ein Grieche, ein Schweizer und ein Luxemburger. Dieselben wer- den voraussihtlich ausgewiesen werden. Die Journale der radikalen Partei tadeln den Polizei-Präfekten wegen der für gestern getroffenen .Norsichtsmaßregeln. Die Deputirten des Seinedeparkenents werden morgen zusammentreten, um über eine eventuelle Fnterpellation wegen der gestrigen Vorfälle zu berathen. t

__ Der russische Botschafter, Fürst O rl off, ist gestern hier eingetroffen.

26, Mai. (W. T. B.) Wie der „Soleil“ wissen will, würden nur 17 Senatoren des linken Centrums für Jules Simon als Kandidaten für das Senatspräsidium stimmen, während die 15 übrigen Mitglieder dieser Gruppe für Léon Say votiren würden, wodurh die Majorität für diesen Leßteren gesichert werden dürfte.

Spanien. Madrid, 24, Mai. (W. T. B.) Gegen hundert Mitglieder von den vier Gruppen, welhe dem Ministerium in Opposition gegenüberstehen, hielten gestern eine Versammlung ab, in welcher Sagasta die Ernennung einer Kommission von sechs Mitgliedern bean- tragte, um ein Programm aufzuseßen, das geeignet wäre, eine einheitlihe Aktion sämmtlicher Oppositionsgruppen herbeizu- führen. Die Kommission wurde dem Antrage Sagasta's ge- mäß unverzüglich ernannt. Von den monarhistish gesinn- ten Deputirten und Senatoren haben sih 131 der Koalition gegen das Ministerium angeschlossen; unter denselben befin- den sich 3 Marschälle und 15 Generale.

Italien. Rom, 24, Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Das nunmehrige Resultat der Nachwahlen stellt si folgendermaßen: Es wurden gewählt 45 Konstitutionelle, 75 Ministerielle und 20 Dissidenten; von 13 Gewählten ift die Parteistellung noch unbekannt. Demnach haben die Kon- stitutionellen 4 Siße verloren und 17 Sitze gewonnen, die Mi- nisteriellen 18 Sige verloren und 17 gewonnen , und die Dissidenten 15 Siße verloren und 3 Sitze gewonnen. Doppel- wahlen haben 12 stattgefunden; 51 Wahlkollegien erseßten ihre bisherigen Kandidaten durch neue. Die Dissidenten werden heute Abend über ihre der Regierung gegenüber ein- zunehmende Haltung berathen.

24. Mai, Abends. (W. T. B.) kompatibilitätsge)eßes ist die Zahl der Beamten, welche Deputirtenmandate erhalten können, auf 40 beschränkt. Es heißt jedo, daß über 80 Beamte gewählt sind. Demnach dürften inclusive der Doppelwahlen und der eventuellen Man- D R NUGGa weitere 60 Ergänzungswahlen nothwen- ig sein.

_ Die italienishe Regierung ergreift die Jnitiative, um bei der Regierung von Chile wegen des Bombardements verschiedener Pläße Entschädigungsansprüche geltend zu machen.

__ Venedig, 24. Mai. (W. T. B.) Jhre Majestäten der König und die Königin von Griechenland sind hier eingetroffen. Dieselben verbleiben am Bord der „Amphitrite“..

, Rumänien. Bukarest, 22. Mai. (Pol. Corr.) Die Wiederbeseßung des seit geraumer Zeit vakanten Postens eines diplomatischen Vertreters Rußlands in Rumänien steht bevor. Es verlautet, daß Staatsrath Fürst Urusow zum russischen Ministerresidenten in Bukarest designirt ist. Jn Bukarest werden große Vorbereitungen für die demnächst tattfindende erste Jahresfeier der rumänischen Unabhängig- keitserklärun g getroffen.

Serbien. Belgrad, 22. Mai. (Pol. C.) L Alexander von Bulgarien wird Anfangs der zweiten Tilt des nächsten Monates zu zweitägigem Besuche hier Geleit, Gegen Ende Juni wird Fürst Milan seine Reise nah Wien

Jn Folge des Jn-

antreten, von wo aus er \sich zu einem mehrwöchentlichen Kur- gebrauche in einen Badeort begeben wird. U 9

, Kraguiewaß, 24. Mai. (W. T. B.) Die S kups#ch- tina ist heute durh den Minister-Präsidenten Ristics, welchex das bezüglihe Dekret des Fürsten verlas, eröffnet worden.

Amerika. New-York, 21. Mai. (Alz, Corr.) Die demokre ien Konventionei von Nèw-Yersey, Minne- jotá und Kalifornien senden ihre Nationaldelegirten ungebun- den zur Konvention in Cincinnati. Die republikanische Kon- vention von Fllinois hat sich zu Gunsten der Kandidatur des Generals Grant erklärt.

Neichstags -: Angelegenheiten.

Passau, 24, Mai. (W. T. B.) Nath dem jeßt festgestellten definitiven Resultate erhielt bei der hiesigen Ersaßwahl zum Reichstage der Ober-Landesgerihté-Rath Friedrih A bt 7494 Stimmen, der Bezirksarzt Dr. Egger 1790 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentüihung-n des Kaiserlichen Gesunds- heitsamts sind in der 20. Jahreswoche von je 1009 Bzs wohnern, auf den Jahresdurch:chnitt berehnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 26,6, in Breslau 28,3, in Königsberg 30,4, in Cöln 37,8, in Frankfurt a. M. 22,8, in Hannover 21,0, in Caffel 29,4, in Magdeburg 18,5, in Stettia 27,9, in Altona 24,3, in Straßburg 38,7, in Mey 27,5, in München 38,4, in Nürnberg 25,2, in Augsburg 34,9, in Dresden 30,3, in Leipzig 31,4, in Stuttgart 16,6, in Braunschweig 386, in Karlsruhe 13,5, in Hamburg 23,3, in Wien 33,7, in Buda- pest 41,2, in Prag 53,6, in Triest —, in Krakau 22,8, in Basel 26,5, in Brüssel 22,6, tin Paris 31,6, in Amsterdam 28,4, in Kopenhagen 26 in Stockholm 27,4, in Christiania 21,8, in St. Petersburg 993, tn Warschau 23,0, in Odessa 39,5, in Rom —, in Turin 27,8, in Bukarest 27,8, in Athen —, in Madrid 40,6, in London 19,8, tn Glasgow 27,8, in Liverpool 27,4, in Edinburgh 20,4, in Dublin 35,0; in Alexandrien (Egypten) 32,9, Ferner aus früheren Wochen: in News- York 29,8, in Philadelphia 19,7, in St. Louis 14,6, in (Shicago 21,3, in Cincinnati 20,4, in St. Franzisko 15,7, in Calcutta 220; in Bombav 34,7, in Madras 41,2.

Während der Berichtswoche herrschten an allen deutschen Be- obahtungsftationen nördlihe und nordöstlihe, am Ende der Woche in Süddeutschland ö\tlihe Windrichtungen vor. Die Temperatur der Luft, die besonders in den ersten Tagen der Woche weit hinter dem Monatsmittel zurückblieb, nahm zwar im Laufe der Woche zu, blieb aber doch des Morgens und Abends eine außergewöhnlich niedrige. Es regnete selten und wenig ergiebig. Jn Breslau, Konitz, Cöln und Karlsruhe entluden sih in den leßten Tagen der Woche Gewitter. Der mäßig hohe Luftdruck behauptete während der Woche mit nur geringen Schwankungen seinen Standpunkt.

Die Sterblichkeit hat in den meisten größeren, besonters deutshen Städten in_ der Berichtswoche wieder zugenommen. Für die deutschen Städte stieg die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl auf 28,3 (von 27,9 der Vorwoche und auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblich- keit war nur wenig gesteigert. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 95 Kinder unter 1 Jahr gegen 94 der Vorwoche; (in Berlin 94 gegen 101 der Vorwoche). Dazegen erscheint die Sterb- h s den höheren Altersklassen (über 60) nit unerheblich gesteigert.

Unter den Todesursachen fanden die meisten Jnfektionskrankheiten weitere Verbreitung. Masern herrschen in Berlin, Chemniß, Zwickau, Charlottenburg, Wesel, Amsterdam noch in größerer Ausdehnung, Das Scharlat; fieber forderte in Berlin, Hamburg, Stockholm zah[- reiche Opfer. Dyphtherische Affektionen bedingten in Berlin, Wien, Dresden etwas weniger, in Danzig, Aachen, Dortmund, Braun- {weig u. a. O. mehr Todesfälle. Auch der Keuchhusten trat in Berlin, Königéhütte, Elberfeld, Barmen, London wieder häufiger als Todesveranlassung auf. Todesfälle an Unterleibstyphus stiegen in Wien, München, Stralsund; in Paris und St. Petersburg ist keine wesentlihe Veräiderung der Epidemie ersihtlich, Rück- fallsfieber haben in Berlin ab-, in St, Petersburg zu- genommen ; Todesfälle kamen in Berlin 2, in St. Petersburg 45 zur Meldung. _ Größere Ausdehnung gewann aber, besonders in deutshen Städten der Fleckiyphus. Aus Braunschweig werden 3, aus Danzig und Beuthen je 2, aus Königsberg, Elbing, Thorn, Leipzig je 1 Todesfall, aus Berlin mehrere Erkrankungsfälle gemel- det. In St.-Petersburg betrug die Zahl der daran Gestorbenen 44, Darmfkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder waren in München und Straßburg häufiger. Jn Frankfurt a. M. und in Nürnberg zeigten sih mechrfach tödtlih verlaufende Fälle von Genickstarre. Auch die Pcocen traten besonders in Prag, Pest, Paris wieder rect vögartig auf; in Wien, London, Beuthen, Barcelona, Alexandria, Madrid, Bukarest, St. Petersburg werden Blattern gleichfalls häufig Todesveranlassung. Einzelne Pockentodesfälle werden aus Berlin, Görliß, Elberfeld, Krakau, Kopenhagen und Kadix berichtet.

__ Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Kaiserlihe Admiralität hat in der Königlichen Hofs Buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn hierselb| einen Na - trag zur Rang-, Quartier-, sowie Anciennetätsliste der Kaiserlihen Marine für das Jahr 1880 erscheinen lassen, welcher die durh den Sommerdienst veranlaßten Personal- veränderungen und Stellenbesezungen enthält.

Von Georg Büchmanns „Geflügelten Worten“ (Berlin, Haude und Spenershe Buchhandlunz, 5. Weidling 1880) ist die zwölfte verbesserte und vermehrte Auflage erscicnen, IÎn den 16 Jahren, welche seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses be- lehrenden, unterhaltenden und praktis viel benußten Sammelwerks von Sprichwörtern, Stich-, Kraft- und S{lagwörtern verflossen find, hat dasselbe sich in allen gebildeten Kreisen nicht allein __ Deutschlands, sondern auch anderer Kultarländer so eingebürgert, daß eine Empfehlung überflüssig geworden ist, Die beste liegt in der stattlichen Reihe rasch auf einander folgender und dabei stets vermehrter und verbesserter Auf- lagen, die das Buch in 42 500 Exemplaren verbreitet haben. Die Zahl beweist einerseits, wie lebhaft das Interesse an dem Buche ist, für welches, dem Verfasser immer neues Material aus den lebenden und todten Sprachen zugeführt wird, andererseits e aub. ben Fleiß und die Unermüdlihkeit des Autors, der immer wieder die bessernde Hand an sein Werk legt und den ge‘ammelten Citatenshaß zu vervollständigen bemüht ist. Der leßtere ist jeßt \chon bis auf ca. 2409 angewachsen und niht wenige derselben erscheinen zum ersten Male in dieser neuen Auflage; auch viele Notizen sind wieder neu bearbeitet worden. Die erste Auflage war nur 220 Seiten stark, die vor- liegende 12. ift {on auf 535 Seiten angewachsen,

Mittheilungen von dem Freiberger Alterthums- verein. Herausgegeben von Heinri Gerlach, Vorstand. Frei- berg i, S., O Buchdruckerei , 1879. 16, Heft. Das vorliegende neue te Heft der periodischen Publikation des literarish regsamen Vereins enthält an umfangreiceren Beiträgen eine quellengemäße Schilderung der „Verheerungen der Pest im Erz- gebirge, besonders in und um Freiberg, in früheren Jahrhunderten“, vom Kantor Hingst in Leisnig, sowie eine Darstellung der Kriegsdrangsale , von denen Freibergs ländligze Umgebung im 18, Jahrhundert heimgesuht worden ist (Zug Karls XXII. von Schweden durch Kursachsen, \{lesishe Kriege und uno e Frie vom Dr, phil, Eduard Heydenreih, Oberlehrer am ymna- sium Albertinum. Dem leßteren Aufsaß ist ein Anhang beigegeben, enthaltend interessante Tagebuchaufzeihnungen eines (anonymen) Zeit- genossen über Friedrihs des Großen Aufenthalt in Freiberg, welche

beweisen, wie troß der Kriegsdrangsale der Freiberger Gegend sich die Be- wohner der Bewunderung des Monarhen, welcher die preußischen Heere

unaufhaltsam von Siès zu Sieg führte, nit haben entshlagen können. Gn einem Nachtrage wird dann noch über einen im Juli 1879 in Folmniy gemachten Fund vergrabener Münzen aus der Zeit des sieben- jährigen Krieges berihtet, An diese Aufsäße reihen sich zahlreiche fleinere Miscellen : „Minnesänger im Meißnischen“, „Woher stammt Heinrich von Freiberg ?“, „Die (Familie der) Kunecken (Kuncken) ¿u Freiberg, „Freibergs Vorsicht in Pestzeiten* u. \ w. Sehr nach- ahmenéwerth erscheint das von dem Vorstande des Vereins geplante Unternehmen, von dem am Schluß der Miécellen Mittheilung ge- macht wird, nämlich das jeßt noch erhaltene alte Freiberg in photographischen Ansichten aufzunehmen, ehe es im Laufe der Zeiten dur Neu- und Anbauten immer mehr vershwindet. Dann folgen wieder 2 größere Abhandlungen, zunächst die erste Abtheilung einer „Häuser-Chronik“, von Freiberg, von Heinrih Gerlach, welche den urkuntengemäßen Text zu jenen oben erwähnten Ansichten bil- den wird und dann „gescichtlih-architektonishe Forshungen am Freiberger Dom“, vom Stadtbaumeister Robert Börner, (mit Z Tafeln, Abbildungen). Den S{hluß bildet der Bibliothekbericht des Vereins auf die Jahre 1875 bis 1880.

Gewerbe und Handel.

Die Verkehrsverhältnisse der Tilsit - Insterburger Eisenbahn haben im Jahre 1879 eine günstige Entwickelung nicht gezeigt. Während der Lokalverkehr eine merklihe Steigerung über- haupt niht mehr erwarten kann, hat nah den Angaben des Ge- shästsberichts eine weitece Entwickelung des Transitverkehrs nicht stattgefunden, derselbe ist vielmehr gegen das Vorjahr zurückgegangen. Im Allgemeinen gestaltete sich die Frequenz im Jahre 1879 und vergleihsweise in den Vorjahren wie folgt:

Es wurden befördert im Jahre 1879 1878 67 909 80 695,

1) Güter rot. Tonnen N und dafür eingenommen . rot. M 226459 268 196, „130/965 I4E9TT

2) Persouen-Anzahl A Un P E Ot E 180443) 188 594

Die finanziellen Ergebnisse des Jahres 1879 sind hinter denjeni- gen des Jahres 1878 zurückgeblieben. Es betrugen:

im Jahre: die Einnahmen: die Ausgaben: der Ueberschuß: 1879 514167 M 364 392 M. 149 774 M. 1878 43145 341 160 ,„ 201985 1877 a P G 357490 189080 Die Ausgaben betrugen in Prozenten der Brutto-Einnahmen in

den Jahren 1879 70,87 ©/q, 1878 62,81 9%, 1877 65,89%. Es ift somit, troß der geringen Cinnahmen, der verhältnißmäßig großen Rücklage zum MReserve- und Erneuerungsfond gelungen, einen Ueber- {uß von rot. 149 775 M zu gewinnen, welcher die Vertheilung einer Dividende von 3,1% an die Inhaber der Stammprioritätsaktien estattet.

gef Die Theißbahn hatte nah dem Geschäftsberichte pro 1879 folgende Cinnahmen: aus dem Personen-, Gepäck- nnd Eilgutver- kehr 1420 955 Fl. (Zunahme 3,04 9/9), aus dem internen Frachtver- fehr 483 055 Fl, (+ 89/0), aus dem Exportfrachtverkehr 1 809 440 Fl. (— 1,410%/0), aus dem Jmportverkehr 660 708 Fl. (+ 1,77 9%), aus dem Durchzugsverkehr 1505 134 Fl. (+4 19,05%), in Summa 5 879 292 F[. gegen 5 550 265 Fl. im Jahre 1878, Das gesammte Bahn- erträgniß stellt si auf 6 153 766 Fl, die Ausgaben auf 3 193 744 Fl. ; es verbleibt sonach eine Reineinnahme von 2960023 Fl. Die Direktion wird in der am 30, d. M. stattfindenden Generalversamm- lung den Antrag stellen, von dem verfügbaren Ueberschusse des Rein- erträgnisses im Betrage von 429 044 Fl. dem Reservefonds 41 202 Fl. zuzuweisen, dem leitenden Direktorium 2%/ Tantième (7416 Fl.) zu bezahlen und per Aktie eine Superdividende von 4,50 Fl. in Summa mit 372037 Fl. zur Vertheilung zu bringen.

Die Königlih Sächsischen Staatseisenbahnen besaßen am 1. April l. J. 714 Lokomotiven und zwar 92 Eilzug-, 157 Personenzug-, 165 Niittel-, 167 Lastizug- und 133 diverse Maschinen. Außerdem besaßen von mitverwalteten Privatbahnen Zittau-Reicenberg 6, Altenburg-Zeiß 5, Oberhohndorf-Neinsdorf 4, Gaschwiß-Meuselwiß und 4 Chemniß-Würschniß 2 Lokomotiven. An Tendern besaßen die Staatsbahnen 548, Zittau-Reichenberg und Altenburg-Zeiß je 5 Stück. An Personenwagen waren 2072 vorhanden, worunter 1768 vierrädrige, 284 sechsrädrige und 3 füc normalspurige Sekundärbahnen; an Passagiergepä- wagen 336, worunter 327 vierrädrige und 9 sechs- rädrige. Die Zahl der bedeckten Güterwazen war 6279, die der offenen Gü*erwagen 3012 zu einfacher Ladung und 9716 doppelladige. Von den mitverwalteten Privatbahnen besaß Gaschwiß-Meuselwiß 279 Wagen, darunter 9 Perfonen-, 2 Passagiergepäckwagen mit Postbureau, 18 bedeckte und 250 ofene Güterwagen; Altenburg- Zeiß 350, und zwar 13 Persfonen-, 2 Passagiergepäckwagen mit Post, 15 beveckte und 310 offene Güterwagen, sowie 10 Bauwagen, Chemnißz-Würschniß 186 offene Güterwagen, Zittau-Reichenberg nur 14 Personen-, 4 Passagiergepäckwagen, 31 bedeckte und 80 offene Güterwagen, in Summa 129 Wagen. Die Wagen der Privatbahnen sind sämmtlich vierräderig. ;

Lia 23 Mit (Dr, Joura) Ai heutigen Sonntag Nachmittag wurde die hiesige Fachaus stellung des östereichifch- ungarishen Drechsler- und Bildschnihßergewerbes dur einen kurzen Aktus geschlossen, dem u. A. auch der Reichsgerichts- Präsident Dr. Simson beiwohnte. Im Namen des Central-Comités hielt der Vorsitzende desselb.n, Hr. Franz Schneider, eine Ansprache, in welch.r er das Wesen und den nicht zu unterschäßenden Nußen solcher Fachausftellungen betonte, allen Denen, welche an dem Zu- standekommen des Unternehmens sich betheiligt, herzlich dankte und eine ftatistishe Mittheilung einfloht, aus welcher {ich ergab, daß die Ausftellung von überhaupt 320 Ausstellera beshickt gewesen, (53 aus dem Königreih Sachsen, 117 aus Preußen, 60 aus Bayern, Würt- temberg und Baden, 21 aus den thüringishen Staaten, 14 aus den Hansestädten und 55 aus Oesterreich-Ungarn), und daß die Besucher- ¿ahl sich auf circa 21 000 Personen belaufen, hat. Unter den prä- miirten Ausstellern befinden \sich 13 aus dem Königreih Sachsen, von denen 4 den zweiten und 9 den dritten Preis erhalten haben. …_ Wien, 25. Mai. (W. T. B.) Der jeßt veröffentlichte offi- zielle Rechnungsabs{chluß der Staatsbahn weist einen Ueber- {uß ron 1 548 190 FI. aus, wonach die Vertheilung einer Divi- dende von 30 Fres. möglich ist.

St. Petersburg, 22. Mai. (St. Petersb. Ztg.) Durch ein Allerhöchst bestätiztes Gutachten des Minister-Comités hat der zeit- weilige St. Peteré burger Kaufmann Jablotshkow zur weiteren Ent- widelung der Geschäfte der Gesellshaft „P. N. Jablotschkow, Erfinder u. Co." die Konzession zur Gründung eines neuen Aktienunt ernehmens unter der Firma: „Russische Gesellschaft für Elektrizität“ erhalten gegen eine der früheren Kompagnie in Aktien des neuen Unternehmens zu zahlende Abstandssumme von 2 500 000 Rubeln. Die neue Gesellschaft, berichtet der „Bereg“, hat die Erlaubniß, elektrische Lihte und alle anderen Apparate für die elektrisbe Beleuchtung anzufertigen, elektro-magnetishe und dyna- mische Maschinen zu Beleuchtungs- und anderen Zwecken , elektrische Leitungen und alle Vorrichtungen und Apparate, die mit der Elektrotechnik in Verbindung stehen, zu fabriziren; ferner ist ihr gestattet: Dampf- und andere Motoren anzufertigen, die zum Betriebe elektrischer Maschinen erforderlich sind, die Aufstellung der verschiedenen elektrishen Apparate und Vorrichtungen, Motore 2c. zu lesorgen, die elektrische Leleuchtung sowohl ganzer Städte als au einzelner Lokale zu übernehmen 2c. Das Grundkapital wird für den Anfang auf 5 Millionen fixirt, in 40 000 Aktien im Werthe von 120 Rbl. (20000 Aktien werden an die Gesellschaft „P. N. JZablot\chkow, Erfinder u. Co." abgeführt, die übrigen gelangen zur Subskription). Dies Aktienkapital kann, nach voller Einzahlung der ersten emen, je nah Bedarf bis zu 10 Millionen vergrößert wer- den, wobei die Aktien auf denselben Werth lauten können, jedo die Bedingung sofortiger voller Einzahlung zu erfüllen ist. Zu dieser Erhöhung des Kapitals ijt der Beschluß der Generalver-

sammlung der Aktionäre unter Bestätigung des Finanz-Ministers

genügend. Darüber hinaus aber hat die besondere Genehmigung der Regierung zu erfolgen.

St. Petersburg, 25. Mai. (W. T. B.) Die Reichs8- bank madt bekannt, daß durch einen an den Finanz-Minister er- gangenen Kaiserlichen Ukas die Emission von vierprozentigen Obli- gationen, im Nominalbetrage von 150 Millionen Metallrubel unter der Bezeichnung Konsolidirte russishe Eisenbahn- Obligationen sechster Emission“ genehmigt worden ist. Diese Obligationen sind vom 1./13. Mai 1880 ab verzinsli und die Zinsen halbjährlih am 1. Mai und 1. November zahlbar. Die Amortisation soll vom 1./13. Mai 1881 ab binnen 81 Jahren durch alljährlihe Verloosung erfolgen. Die Subskrip- tion auf den ganzen Betrag findet am 19., 206. und 21. Mai a. St. (31. Mai, 1. und 2. Juni n. St.) bei der Reichsbank zu St. Peters- burg statt. Die Bankcomtoirs in Moskau, Riga, Odessa und Kiew, sowie die Polnische Bank in Warschau nehmen an denselben Tagen Subskriptionen zur Uebermittelung nah St. Petersburg entgegen. Der Subskriptionspreis beträgt 932 Metallrubel für jede Obligation im Werthe von 125 Rubel oder 75 o.

Verkehrs-Anstalten.

Wien, 24. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Generalver- fammlung der Donau-Dampfschiffahrts-Gesell schaft gab der Direktor Kassian die Ansicht der Direktion über die projektirte Kettenschiffahrt auf der Donau dahin kund, daß die Strecke Regens- burg-Wien wegen der Geringfsügigkeit des Verkehrs und wegen der starken Konkurrenz der Eisenbahnen nicht rentabel erscheine, und daß, was die Strecke stromabwärts von Wien anbelange, dec Donau- regulirung wegen große Schwierigkeiten zu überwinden seien.

Plymouth, 24. Mai. . (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer ,„ Frisia“ ist hier eingetroffen.

Southampton, 24. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Hannover“ ist hier eingetroffen.

New «Yorl/ 24 M G B) V Dampfer „Egypt“ von der National-Dampfs\schiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ift hier eingetroffen.

Berlin, 25. Mai 1880.

Einla : zurPreisbewerbung für kunstgewerbliheArbeiten 1880.

Die Vorstände des Kunstgewerbe-Museums zu Berlin und der Permanenten Bau-Aus stellung laden die Kunst- handwerker und Industriellen Preußens zur Bewerbung um die nachbenannten Ehrenpreise ein, welch2 das Königliche Ministerium für Handel und Gewerbe für die besten Lösungen folgender Auf- gaben ausgesetzt hat: i l

Aufgabe I. S{lafzimmergarnitur in kiehnenem Holze, matt, gefirnißt. Anwendung von ausgegründetem Drnament, von farbigen Linien, Kanten oder Flachornamenten ist zulässig, Der Preis für die Garnitur, welche aus

1) 2 Bettstellen, 2) 2 Natbttischen, 3) 1 großen Waschtoilette, j : : 4) 2 Schränken, einem zu Kleidern, einem zur Wäsche, 5) 1 Kommode mit Spiegel, 6) 4 Stühlen : bestehen soll, darf 1500 M nicht übersteigen. i E

Es ist die Bettstelle und die Kommode mit Spiegel zu liefern ; von den übrigen zur Garnitur gehörigen Gegenständen genügt eine geometrische Zeichnung im Maßstabe von 1: 10.

Die Ehrenpreise für die zwei besten Leistungen I. 700 A, 11. 500 : :

Aufgabe II. Eine stattliche Bank mit Lehne in Gußeisen zu fünf Sißpläßen für eine öffentlihe Promenade, Park, Strand und dergl. Es bleibt freigestellt, Theile des Sitzes und der Lehne aus anderem Material zu bilden. S

Die Bank soll fertig zum Gebrauch eingeliefert werden, und bleibt es den Preisbewerbern überlassen, welchen Ueberzug, An- sttrih, Verkupferung oder ähnl. sie dem Gußeisen geben wollen. Daneben ist aber cin Gußtheil der Bank im rohen Zustande als Anhalt für die Beurtheilung der Güte des Gufsses zu liefern.

Lie Ehrevpreise für die zwei besten Leistungen betragen: I, 400 &, 1I. 300 A :

Aufgabe IIl. Lafelaufsaß für ein reiches bürzerlihes Haus, Hotel oder dgl, bestehend aus einem Aufsaß für Blumen, Früchte, Konfekt 2c. als Mittelstück und zwei Armleuchtern. Als Material ist nicht Silber, sondern ein minderwerthiges Metall mit einem Ueberzug von Gold, Silber, Nickel c. zu verwenden,

Die Ebhrenpreise für die zwei besten Leistunzen I. 700 A I1I. 500 i i

Aufgabe IV. Thürvorhang aus s{werem Stoff für Kunst- fammlungen oder andere öffentliche Gebäude. Lichte Höhe der Thür 3,70 m, lite Breite 2,00 m, Grund und Borte können getrennt oder in eizem Stück gewebt sein.

Die Ehrenpreise für die I, 400 M, IL 300 j

Es wird besonders hervorgehoben, daß der Zweck der Preis- bewerbung die Hervorrufung musterzültiger Leiftungen ist, welche si dur glückliche Erfindung, zweckentsprehende und s{öne Gesammt- form und harmonishe Farbengebung auszeihnen. Demgemäß wird für die Entsheidungen der Beurtheilungskommission unter der Vorausseßung, daß die bei den einzelnen Aufgaben gestellten Bedin- gungen in tehnisch tadelloser Weise erfüllt find, der fünstlerisde Werth der zur Bewerbung gestellten Arbeiten maßgebend sein.

Allgemeine Bedingungen. E :

1) Die zur Preisbewerbung gelieferten Gegenstände müssen voll- ständig ausgeführt sein. Zeichnungen und Motelle werden soweit sie niht ausnahmsweise für genügend erklärt sind, zur Preis- bewerbung nicht zugelaffen. : i

2) Bei Einlieferung der angemeldeten Arbeiten sind die an der Erfindung oder Ausführung derselben selbständig betheiligten Mit- arbeiter zu nennen und gleichzeitig ist von dem Bewerber einzu- reichen :

a, cine von ihm eigenhändig untershriebene Versicherung, daß die konkurrirenden Gegenstände in Preußen entweder in seinen eigenen Werkstätten oder auf seine Bestellung, nah bisher noch nit ausgeführten Entwürfen, angefertigt sind,

. ein vollständiges, ebenfalls mit eigenhändiger Unterschrift ver- sehenes Verzeichniß der Einzelpreise aller von ihm zur Kon- kurrenz eingesandten Stücke. Gleichzeitig ist an jedem ein- zelnen Stück der Einheits- oder Dutend-Preis deutlih an- zugeben. Z ï

3) Die konkurrirenden Arbeiten müssen bis zum 9, Oktober c. im Bureau des Kunstgewerbe-Museums zu Berlin W, König- gräßerstraße Nr. 120 mittels eines von den Konkurrenten auszu- füllenden Formulars, welches in dem genannten Bureau unentgeltlich zu haben ift, angemeldet werden. Die Ausfüllung des Formulars can in den Stunden von 10—2 Uhr auch in dem Bureau selbst erfolgen,

Für jede, einer Aufgabe entsprechende Konkurrenzarbeit ist ein besonderes Anmeldeblatt auszufüllen. Der Eingang der Anmel- dung wird: bescheinigt.

4) Die Einlieferung der angemeldeten Arbeiten muß bis zum 6, November c. im Kunstgewerbe-Museum auf Kosten des Bewerbers rieden: Später eingelieferte Arbeiten können nicht berücksichtigt werden.

Bei der Aufstellung der Arbeiten haben \ich die Bewerber den Anordnungen des Kunstgewerbe-Museums resp. der Permanenten Bau- WŒusftellung zu unterwerfen. i

5) Die rechtzeitig gelieferten Arbeiten werden vom 9. bis 24. No- vember im Kunstgewerbe-Museum, vom 26. November bis 9. Dezem- ber d. J. in der Permanenten Bau-Aus stellung öffentlih ausgestellt.

6) Das Urheberrecht an sämmtlichen konkurrirenden Arbeiten bleibt den Verfertigern vollständig gewahrt; das Zeichnen nach deu

betragen ;

betragen :

zwei besten Leistungen betragen :

ausgestellten Gege 1ftänden ist nur mit ausdrückliher Erlaubniß der Per gestattet. i

7) Die Verleihung der Preise durch das Königliche Minifterium für Handel und Gewerbe erfolgt auf Grund der Beurtheilung dur die unterzeichnete Kommission, welche ihre Entscheidung bis zum 15. November treffen wird. Das Ergebniß der Preisbewerbungen wird durch die Tages- und Facbblätter bekannt gemacht werden,

Berlin, den 30. Apcil 1880.

Namens der Vorstände des Kunstgewerbe-Museums zu Berlin und der Permanenten Bau- Ausstellung. Die Beuntheilungs-Kommission : : Borstell, Maurermeiste. Ende, Baurath. M. Gropius, Professor, Direktor der Königlihen Kunstschule. C. Grunow, 1, Direktor des Kunstgewerbe Museums. Kyllmann, Baurath. Dr. J. Lessing, Professor, Direktor der Sammlung des Kunst- gewerbe-Museums. D-, M. Weigert, Fabrikbesiger.

_ Das 22. Jahresfest des Evangelischen Johannes- tiftes wurde am Montag Nachmittags gefeiert. Eine An- sprache des Superintendenten Pank eröffnete die Feter. Als- dann erstattete der Inspektor Mörchen den Jahresberiht. Seit 186v sind beim Johannesftift 1619 Kinder zur Aufnahme angemeldet und 928 wirklid aufgenommen worden. Im leßten Jabre zählte das Stift 114 Anmeldungen und 43 Aufnahmen. Entlassen wurden 32 Kinder. Brüder meldeten \sich zum Eintritt 35; 14 von ihnen traten einz entsandt wurden 12; 9 Forderungen nach Brüdern konnten nicht befriedigt werden. Ingesammt g-:hörten der Anstalt 241 Personen anz die Dur{hschnittszahl der Kinder betrug 101, die der Brüder 24, die der s\ämmitlihen Hausgenossen 159. Pensionäre waren 6, Rekonvaleëzenten 8 anwesend. Ein Theil der Brüder war im Augustahospital sowie im Lazaruskrankenhaus thätig. Die gesammten Einnahmen beliefen sich auf 59688 4, die Aus- gaben auf 45272 Æ Pro Kopf wurde ein Aufwand von 284 M gemacht. Es blieb somit ein Bestand von 14415 M gegen 13 892 M im Vorjahr. Der Baufonds weist 13 780 4 Bestand auf. Na weiterem Gesange begaben si die Feftgenossen in den nunmehr voll- endeten Neubau, den Hofprediger Schrader mit einer Ansprache weihte. Gesang und Spiel sowie eine Ansprache des Hofprediger Dr. Baur füllten den übrigen Theil des Festes aus.

Dem von dem Vorstande des Vereins gegen Verarmung in Berlin veröffentlichten Rechenschaftsberiht für das Jahr 1879 entnehmea wir folgende Daten: Die Anzahl der keitragenden Mit- glieder betrug im Jahre 1878 11 208, im Jahre 1879 10 674 (also weniger im Jahre 1879 534). Die Einnahmen betrugen: 1) Bei- träge bei dem Vorstande im Jahre 1878 2974 M, im Jahre 1879 3493 M, bei den Lokalcomités im Jahre 1878 92713 4, im Jahre 1879 88208 M; 2) Geschenke: bei dem Vorstande im Jahre 1878 5948 M, im Jahre 1879 14576 4, bei den Lokalcomités im Jahre 1878 2675 M, im} Jahre 1879 4050 4; 3) Legate im Jahre 1879 250060 4; 4) Rüczahlungen auf Darlehne: bei dem Vorstande im Jahre 1878 7235 Æ, im Jahre 1879 11 322 M; bei den Lokalcomités im Jahre 1878 32683 4, im Jahre 1879 27 973 4; 5) Zurü- gezahlte Anzahlungen 2c. auf Nähmaschinen bei dem Vorstande im Jahre 1878 6100 4, im Jahre 1879 5223 A Die Ausgaben betrugen: 1) Darlehne: bei dem Vorstande im Jahre 1878 4010 M, im Jahre 1879 5133 A; bei den Lokalcomités im Jahre 1878 51 302 M, im Jahre 1879 45518 4; 2) Geschenke: bei dem Vor- stande im Jahre 1878 581 X, im Jahre 1879 2061. M, bei den Loklalcomités im Jahre 1878 60389 m Jahre 1879 65012 #; 3) Laufende Unterstüßungen im Jahre 1878 948 4, im Jahre 1879 914 4; 4) Anzahlungen 2c. auf Nähmaschinen im Jahre 1878 6324 4, im Jahre 1879 5040 M Unterstüßt wurden Personen: a. mit Darlehnen im Jahre 1878 922, im Jahre 1879 765; b, mit Geschenken im Jahre 1878 4435, im Jahre 1879 4578; c. mit Nähmaschinen im Jahre 1878 150, im Jahre 1879 143. Der Kassenbestand betrug bei dem Vorstande ult. Dezember 1878 40662 #, ult. Dezember 1879 73538 M, bei den Lokalcomités ult. Dezember 1878 29683 #4, ult. Dezember 1879 28424

Eine interessante Auswahl seiner bedeutenden Sammlung von Erzeugnissen nationaler Hausindustrie, wie sie in verschiedenen Dis strikten Norwegens noch heut ausgeübt wird, in den meisten aber doch in allmählihem Absterben begriffen ist , hat kürzlih das seit einigen Jahren bestehende Kunstgewerbe-Museum zu Chri- stiania, das sih die Erhaltung und zeitgemäße Fortbildung dieser Gewerbs8zweige angelegen sein läßt, in einer Kollektion von 20 Tafeln trefflich ausgeführter Photographien unter dem Titel „Norsk Folkfeindustri, Förste Samling“ veröffentliht. Es sind Proben von Weißstickereien, silbernen Shmucsachen und Holzschnißzarbeiten, also Beispiele derselben Techniken , die au in anderen Gegenden , wie besonders in den unteren Donauländern, im Verein mit der ebenfalls für den häutlihen Bedarf berechn-ten Töpfcrei eine oft überrashende Bewahrung guter alter Traditionen und einen reihen Schatz stilvoller Ornameutik aufweisen. Unter den hier publizirten Stücken gilt dies vor allem von den in ihren Formen ebenso mannigfaltigen wie künstlerisch anziehenden, aus in Silber- draht gebogenen einfachen geometrisben Figuren, aus gepreßten kleinen Blechen und aus den zierlihsten Filigranneten bestehenden S{mudcktsahen. Gleich den in ihrer Art nicht minder trefflichen Leinenstickereien sind es durchweg ältere Arbeiten, wie sie gegen- wärtig nur noch in entlegenen Dörfern als altvererbter Besiß an- getroffen und von Jahr zu Jahr seltener werden, während die ihnen zugesellten, mit nicht geringem technischen Geshick in Holz gescbnitte- nea Füllungen und Gefäße, die von einem in dem Gebigsthal Opdal lebenden Bauern herrühren, als eine originelle Erscheinung moderner kunstgewerblicher Produktion Beachtung fordern.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe hält morgen (Mittwoch) Abends 8 Uhr, Wilhelmstr. 118, seine neunzehnie zwang- lose Sitzung. Ju derselben wird Hr. Fabrikant Müller einen Vor- trag über alte und neue Leinenstickerei und Hr. Archäolog A. Hilde- brand einen einleitenden Vortrag über Wappenkunst in Anwendung auf das Kunstgewerbe halten. Gäste können eingeführt werden.

Weimar, 22. Mai, : (Dr: I) Die Generalkonferenz der deutschen S(illerstiftung ist am 20. hierselbst im Schillerhause zusammengetreten und am 21, wieder ges{lossen worden. Anwesend waren Seitens des Vororts Weimar und der hiesigen Stiftung die Herren Genast, v, Loën, J. Große und Gruner, aus Dresden Ed. Duboc, aus Berlin Geh. Regierungs-Rath Bormann, aus Frankfurt Dr, Braunfels, aus Wien Prof. v. Weilen. Die Be- rathungen, welche Gch. Regierungs - Rath Genaft mit Worten dan- kender Anerkennung für die Thätigkeit des bisherigen Vororts Dresden einleitete, bezogen sih zunächst auf Verwaltungsangelegenheiten; dem Vororte Dresden ward Decharge ertheilt, die Revision der Kasse und der Archive vorgenomm-n, einige den \chriftlichen Verkehr des Verwaltungsraths betreffende Bestimmungen getroffen, und auf Grund des vom General-Intendanten v. Loën er- statteten Finanzberihts der Etat für 1880 festgestellt. Da der Reservefond in Höhe von 15000 4 gebildet ift, so beträgt die Summe, über welche der Verwaltungsrath zu verfügen hat, 7748 A Infolge der weiteren Beschlußfassung über auf 1 und 2 Jahre zu vertheilende Gaben ward über eine Gesammtsumme von 2775 verfügt. Mit Dank ward von der letßtwilligen Verfügung der Erbin Griliparzers, welche die Tantièmen für die Aufführung der Dramen des Dichters der Wiener Zweigstiftung zugewiesen hat, Kenntniß ge- nommen. In Husum und Prag, sowie in den Vereinigten Staaten ist die Errichtung von A in Aussicht genommen. Von den Großherzoglichen Herrschaften wurden die Theilnehmer an der Versammlung zur Tafel geladen, die in dem ganz im Stile jener

Zeit eingerichteten Witthumspalais der Herzogin Anna Amalie stattfand.