1880 / 141 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Jun 1880 18:00:01 GMT) scan diff

der Königlichen Regierung zu Marienwerder Nr. 18 S. 113, aus- gegeben den 6. Mai 1880;

2 der Allerhöchste Erlaß vom 5. April 1880 und das dur

denselben genehmigte Regulativ, betreffend die Ausgabe von auf den Inhaber lautenden Anleihescheinen der Rheinprovirz bis zu- cinem Gesammtbetrage von 3 000000 Æ, durH die Amtsblätter der Königlichen Regierung zu Coblenz Nr. 21 S. 105 bis 107, aus- gegeten den 13. Mai 1880,

der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 21 S. 177 bis 179, aus- gegeben den 15. Mai 1880,

der Königlichen Regierung zu Cöln Nr. 20 S. 103 bis 105, aus- gegeben den 19. Mai 1880,

der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 20 S. 155 bis 157, aus- gegeben den 14. Mai 1880,

der Königlichen Regierung zu Aachen Nr. 21 S. 137 bis 139, aus- gegeben den 20. Mai 1880;

4) der Allerhöchbste Erlaß vom 12. April 1880, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Tengern im Kreise Lübbecke für die zum Bau einer Gemeinde-Chaussee von Tengern über Huchzen bis zur Herforder Kreisgrenze in der Richtung auf Remerloh erforderlichen Grundstücke, durÞb das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Minden Nr. 19 S. 73, ausgegeben den 8. Mai 1880;

5) der Allerhöchste Erlaß vom 20. April 1880, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an die Gemeinden Wahlershausen, Nordshaufen und Niederzwehren im Kreise Cassel für die zur Her- stellung eines Verbindungsweges von der sog. Kohlenstraße nach der Gassel-Ccrtacher Straße erforderlichen Grundstücke, durch das Amts- blatt der Königlichen Regierung zu Cassel Nr. 25 S. 125, ausgege- ben den 19, Mai 1880; i

6) der Allerhöchste Erlaß vom 20. April 1880, betreffend die Herabseßung des Zinsfußes der auf Grund des Allerhöchsten Privi- legiums vom 3. Mai 1869 begebenen Kreisanleihescheine des Kreises Sagan von fünf auf vier und einhalb Prozent, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Liegniß Nr. 22 S. 141, ausgegeben den 29. Mai 1880; i

7) ter Allerhöchste Erlaß vom 24. April 1880, betreffend die Verleihung des Enteignungêrechts an die Stadtgemeinde Berlin für die zur Regulirung mehrerer Straßenzüge erforderliken Grundstücke, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 21 S. 193, ausgegeben den 21. Mai 1880;

8) der Allerhöchste Eclaß vom 24, April 1880, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an den Kreis Templin für die zum Bau einer Chaussee von Lychen nad Ravensbrück erforderlichen Grundstücke, sowie des Rechts zur Erhebung des taärifmäßigen Chausseegeldes auf dieser Straße, durch das Amtsblatt der König- lichen Regierung zu Potsdam Nr. 22 S. 197, ausgegeben den 28, Mai 1880;

9) der Allerhöchste Erlaß vom 30. April 1880, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an die Stadt Biesenthal für die zum Bau einer Chaussee von Biesenthal über Rüdniß nach Bahn- hof Bernau erforderlihen Grundstücke, sowie des Nets zur Erhe- bung des tarismäßigen Chausseegeldes auf dieser Straße an den Kreis Ober-Larnim und die Stadt Bernau, an leßtere bezüglich der von ihr zu erbauenden Anschlußstrecke im Kreise Nieder-Barnim, durch das Amtsblatt der Königl. Regierung zu Potsdam Nr. 22 S. 197, ausgegeben den 28. Mai 1880.

In der heutigen Handelsregister - Beilage wird Nr. 25 der Zeichenregister-Bekanntmahungen veröffentlicht,

Nichtamiliches. Deutsches Meich.

Preußen. Berlin, 18. Juni. Se. Majestät der

Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Polizei- Präsidenten von Madai und darauf die Meldungen des Flügel-Adjutanten Oberst-Lieutenants von Winterfeld, sowie des Kaiserlich russishen Flügel-Adjutanten Obersten Fürsten von Dolgoroui entgegen. Nach kurzem Vortrage des General- Jntendanten der Königlichen Schauspiele, von Hülsen, empfin- gen Se. Majestät militärishe Meldungen sowie ferner den Dberst-Kämmerer Graf von Redern und hatten eine Besprechung mit dem Minister des Königlichen Hauses, Grafen von Shleinig. Demnächst nahmen Se. Majestät den Vortrag des Reichs- kanzlers Fürsten von Bismarck entgegen.

Heute Abend werden Se. Majestät der Kaiser und König über Düsseldorf nah Ems zum Kurgebrauh abreisen. Jm Allerhöchsten Gefolge befinden sich der Hofmarschall Graf von Perponcher, die General-Adjutanten Graf von der Golß und von Albedyll, der General à la snite Graf von Lehndorff, die Flügel-Adjutanten Oberst von Lindequist und Major Graf von Arnim, der Wirkliche Geheime Rath und Chef des Civil:Kabinets von Wilmowski, der General-Stabs- und Leib- arzt Dr, von Lauer, der Kammerherr, Geheime Legations-Rath von Bülow, der Oberst-Lieutenant von Brauchitsch und der Major von Elern vom Kriegs-Ministerium, der Stabsarzt Dr. Timann, der Geheime Hofrath Bork und der Geheime Hofrath Kanzki.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte am Mittwoch Vormittag den Besichti- gungen des Regiments der Gardes du Corps und des dritten Garde-Ulanen-Regiments auf dem Bornstedter Felde bei, folgte Nachmittags 5 Uhr der Einladung des kommandirenden Ge- nerals des 111, Armee-Corps, Generals der «Infanterie von Groß- gen. von Schwarzhoff zum Diner, besichtigte demnächst das neu errichtete Kriegerdenkmal in Moabit und kehrte Abends nah dem Neuen Pala1s bei Potsdam zurü.

Gestern Vormittag wohnte Se. Kaiserliche Hoheit den Besichtigungen des Garde-Husaren- sowie des 1. Garde- Ulanen-Regiments auf dem Bornstedter Felde bei und begab Sich mit dem 12 Uhr-Zuge nach Berlin zur Preis-Vertheilung in der Jnternationalen Fischerei-Ausstellung.

E empfingen Fhre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm die Mitglieder des Staats-Ministeriums sowie das Präsidium des Herrenhauses, welche aus Anlaß der Ver- lobung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm ihre SOLSe Tie as :

Gegen r empfingen die Kronprinzlichen Herrschaften den italienischen Botschafter Grafen de Launay. 9

Jhre Kaiserliche Hoheit die Kronprinzessin, Höchstwelche Vormittags die Fischerei-Ausstellung und das Museum be- sucht hatte, kehrte um 31/9 Uhr nach dem Neuen Palais zurück, während Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz noch Vorträge und militärishe Meldungen ent egennahm, um 5 Uhr der Einladung Sr. Majestät des Kaisers um Diner folgte, demnächst das Atelier des Professors von Werner be- p S und Sich um 7/4 Uhr nach dem Neuen Palais zurück- egab.

Der Ausschuß des Bundesxaths für Handel und Verkehr trat heute zu einer Sißung zusammen.

Ihn der heutigen (78.) Sigung des Hauses der Abgeordneten, welher dec Finanz-Minister Bitter, der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten von Puttkamer, der Justiz-Minister Dr. Friedberg und mehrere Kommissarien bei- wohnten, theilte der Präsident mit, daß der Abg. Dr. Fackeldey ver- storben fei. Das Haus ehrte das Andenken des Verstorbenen dur Erheben von den Pläßen. Ferner theilte der Präsident mit, daß eine Jnterpellation des Abg. Dr. Virchow, betr. den Zollan- {luß Altonas, eine E aon des Abg. Freiherrn von Schorlemer-Alst, betreffend die Ernteaussichten dieses Jahres, und eine Jnterpellation des Abg. Freiherrn von Huene, be- treffend den Nothstand in Oberschlesien, eingegangen seien. Endlich machte der Präsident dem Hause davon Mittheilung, daß das Präsidium des Hauses Jhren Majestäten dem Kaiser Und der Kaiserin, sowie ZJhren Kaiserlihen und Königlihen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin zu der Verlobung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm mit Jhrer Hoheit der Prinzessin Augusta Victoria von Schleswig- Holstein-Sonderburg-Augustenburg die ehrfurhtsvollsten Glück- wünsche des Hauses ausgesprochen habe. Sodann trat das Haus in die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betr. Ab- änderungen der kirhenpolitishen Geseße, ein. Art. 1 lautet in der Regierungsvorlage :

Das Staats-Minifterium ist ermächtigt, mit Königlicher Ge- nehmigung 1) die Grundsätze festzustellen, nah welchen der Minister der geistlihen Angelegenheiten von den Erfordernissen der 88. 4 und 11 im Geseß vom 11, Mai 1873 (G. S. S. 191) dispen- siren, auch ausländischen Geistlichen die Vornahme von geistlichen Amtshandlungen oder die Ausübung eines der im Q 10 erwähnten Aemter gestatten kann; 2) den nah den 8. 4, 8 und 27 im Gese vom 11. Mai 1873 erforderlichen Nachweis wissenschaftliher Vorbildung, sow:it derselbe gegenwärtig durch Ab- legung einer wissenschaftlihen Staatsprüfung zu führen ist, ander- weitig zu regeln; auch 3) zu beftimmen, inwieweit und unter welchen Au eas Personen, welche ausländische Bildungs8- anstalten besucht haben, von den in den 88, 1 und 10 des Gesetzes vom 11, Mai 1873 erwähnten Aemtern fern zu halten sind.

Die Kommission beantragte hierfür folgende Fassung:

Art. 1. Das Staats-Ministerium if ermächtigt, mit König- liber Genehmigung die Grundsäte festzustellen, na welchen der Minister der geistlihen Angelegenheiten befugt ist Diejenigen, welche von den geistlihen Oberen dem Ober-Präsidenten in Ge- mäßheit des Geseßes vom 11. Mai 1873 benannt sein werden, von den Erfordernissen der §8, 4 urd 11 desselben Gesetzes zu dispensiren.

Ausländischen Geistlihen kann der Minister der geistlichen Angelegenheiten die Vornahme von Amtshandlungen in Grenz- distrikten gestatten.

Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1) vom Abg. v. Bandemer und Gen. :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

An Stelle des Art. 1 der Regierungsvorlage zu seßen: „Das Staats-Ministerium ist ermächtigt, mit Königlicher Genehmigung

die Gr!ndsäße fesizustellen, nah welchen der Minister der geist- lichen Angelegenheiten befugt ist, Diejenigen, welche von den geist- lichen Oberen dem Ober-Präsidenten in Gemäßheit des N vom 11. Mai 1873 benannt sein werden, von den Erfordernissen der S8. 4 und 11 desselben Gesetzes zu disvensiren.

Ausländishen Geistlichen kann der Minister der geistlichen Angelegenheiten die Vornahme von Amtshandlungen in Grenz- distrikten gestatten“. \

2) vom Abg. Dr. Brüel:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

dem Art. 1 folgende Fassung zu geben :

„Das für Bekleidung eines geistlihen Amtes im Geseße vom 11, Mai 1873 88. 4 und 8 vorgeschriebenc Erforderniß der Ab- legung einer wissenshaftliben Staatöprüfung ist aufgehoben. Der Kultus-Minister ist ermächtigt, von den übrigen Erfordernissen des

._§ 4 und von den Erfordernissen des §. 11 im gedachten Gesetz zu dispensiren, auch ausländischen Geistliben die Vornahme von geist} lichen Amtshandlungen oder die Ausübung eines der im 8. 10 er- wähnten Aemter zu gestatten. Die Grundsätze, nah welchen dies zu geschehen hat, sind von dem Staats-Ministerium mit Königs licher Genehmigung festzustellen ;“

3) Vom Abg. Stengel :

Das Haus dec Abgeordneten wolle bes{ließen :

Für den Fall der Annahme des Artikels 1 a, der Nr. 1 fol- gende Fassung zu geben: „1) Die Grunds\ätze festzustellen, nach welchen der Minister der geistlihen Angelegenheiten befugt ist, Diejenigen, welche ven den geistlichen Oberen dem Ober - Prâäsi- denten in Gemäßheit des Geseßes vom 11. Mai 1873 benannt sein werden, von den Erfordernissen der §8. 4 und 11 desselben Ge- seßes zu diépensiren. Ausländischen Geistlichen kann der Miniiter der geistlihen Angelegenheiten die Vornahme von Amtehandlungen in Grenzdistrikten gestatten.“ b. Nr. 2 zu treiben.

4) Von dem Abg. Dr. Cuny: Jn dem Antrage Stengel über die Worte „und 11“ getrennt abzustimmen.

Ter Referent Dr. Grimm gab dem Hause zunächst von einigen zu der Vorlage eingegangenen Petitionen Kenntniß, worauf der Abg. Dr, Reichensperger (Olpe) gegen 8. 1 das Wort er- griff, Derselbe behauptete, die Regierung lege niht so hohen Werth auf die Vorlage, wie es nah den Aeußerungen des Kultus-Ministers in der Kommission \{heinen könnte, denn sonst würden sich die Freikonservativen niht in einen so flagranten Gegensay zur Regierung bringen und si dem Vorwurfe der Reichsfeindlichkeit ausfezen. Man gebe vor, gegen die Weltherrshaft des Papstes zu kämpfen, obwohl die legitime Souveränetät desselben nur auf die Mauern des Vatikans beschränkt sei und obwohl dessen Recht, auch in Preußen eine eistliche Jurisdiktion zu üben, theore- tisch auch von den altkatholischen Gelehrten anerkannt werde. Die liberalen Parteien hätten sich bis jeßt nur liberal erwie- sen, wenn es sich um das Nehmen, nicht wenn es sih um das Geben von Freiheiten handele, der Art, 1 verlange von den Geistlihen den Nachweis einer Bildung, deren Nachweis den zur Ueberwachung der Geistlihen be- rufenen Staatsbeamten erlassen sei. Eher sei es ange- zeigt, von Juristen und Verwaltungsbeamten, sowie von Mit- gliedern der geseßgebenden Körper den Nachweis theologischer Kenntnisse zu verlangen, da sie über diese Dinge für sih ein sahgemäßes Urtheil prätendirten. Eine Berichtigung der An- shauungen der jungen Kleriker dur das sogenannte Kultur- examen könne die Kirche nicht acceptiren. Man möge das jeßt s{on N Chaos in den Verhältnissen der katho- lischen Kirche ni t dur das neue Chaos dieser Vorlage er- en sondern einen geordneten Zustand in diesen Dingen

afen. __ Der Abg. von Kröcher erklärte, nicht im Namen seiner Frak- tion zu sprechen. Er habe die Vorlage der Regierung zur Been- digung des Kulturkampfes mit Freuden begrüßt und, weil ex nicht staatlicher sein wolle als der Staat, wünsche er deren möglichst unveränderte Annahme. Er hätte gewünscht, daß die Vor-

worden wäre. Er nehme: Amendements im Interesse des Zustandekommens des Geseßes an; da solhe im Sinne der Nationalliberalen aber aussihtslos seien, so wolle er dem Centrum so weit entgegenkommen, als es die Regierung zulasse. Das Centrum müsse die Vorlage als eine Verbesserung der Maigeseße acceptiren. Die diskretio- näre Gewalt der Regierung habe den Vortheil, daß der Minister wieder einmal die persönliche Verantwortlichkeit für seine Vorlage übernehme. Ein Mißtrauen gegen die gegenwärtigen Leiter der Staatsgeschäfte sei nicht gerehtfer- tigt. Nachdem der Redner \ih gegen einzelne Ausführungen des Abg. Frhrn. von Zedliß und Neukirch in der ersten Lesung ausgesprochen hatte, erklärte er, er halte den Art. 1 der Re- gierungsvorlage für sehr wünschenswerth, nehme aber den Antrag von Bandemer aus taktishen Gründen an. Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Dr. Gneist das Wort.

Am 15. dieses Monats ist das Handbuch über den Preußischen Hof und Staat für 1880/81 aus- gegeben worden.

Die neue Ausgabe {ließt sich in Einrihtung und Ausstat- tung den früheren an, doch sind auch diesmal, selbstverständlih abgesehen von den Mittheilungen über die eingetretenen Personal- veränderungen, nicht unerhebliche Aenderungen resp. Erweiterun- gen zu verzeihnen. Neben der Ergänzung des Personals bei den Gerichtsbehörden, wie dasselbe nah der am 1. Oktober 1879 ein- geführten Gerichtsorganijation bestellt ist, in der vorigen Aus- gabe aber nur hinsichtlih der Ernennungen für die riter- lien Stellen mitgetheilt werden konnte, tritt uns das voll- ständige Tableau der Eisenbahnbehörden entgegen, wie solche in Folge Verstaatlihung bedcutender Eisenbahnstrecken auf Grund Königlicher Eclasse vom 29. Dezember 1879, 21. Febr. und 25. Febr. 1880, sowie des Statuts über die Organisation der Verwaltung der Eisenbahnen vom 24. Novbr. 1879 eingeseßt sind. - Ferner hat die neue " Ausgabe eine weitere Ergänzung erfahren durch die Aufführung der in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, Hessen- Nassau und am Rhein, in denen mit Ausnahme der Stadt Frankfurt keine Kreiskassen vorhanden sind bestehenden Steuerkassen und bestellten Steuerempfänger, welche in ihren Empfangsbezirken die direkten Steuern, die Domänen- gefälle, die Brausteuern 2c. zu erheben und zugleih als Forstkassenrendanten für die ihnen zugewiesenen Forstreviere zu fungiren haben. Außer diesen allgemeinen zum Theil durch Veränderungen in der Organisation der Behörden hervorgerufenen Erweiterungen finden sich auch im Einzelnen mehrfache Zusäge. Bei dem Verzeichniß der Orden sind die beiden Königlich hawaiischen, der Orden Kalakauas und der Ver- dienst-Orden Kamehameha's- 1., sowie der Fürstlih rumänische „Stern von Rumänien“ hinzugetreten. Der Gerichtshof zur

durch die Allerhöhste Verordnung vom 1. August 1879 verän- derten Organisation nicht mehr unmittelbar hinter dem Staats- rath, aus dessen Mitgliedern er früher gebildet wurde, aufge- führt, sondern in seinex gegenwärtigen Zusammensetzung bei den dem Staats - Ministerium unmittelbar untergeordneten Behörden. Ebendaselbst befindet sich auch die auf Grund des Geseßes vom 11. März 1879 neu bestellte Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte (S. (9). Bei dem Finanz-Ministerium ist das Personal der Seehand- lung und des mit dem Leihhaus in Verbindung stehenden Kuratoriums der Rother-Stiftung hinzugetreten. Bei dem Ministerium der geistlihen, Ünterrihts- und Me- dizinal - Angelegenheiten erscheinen neu (S. 120) die ständige Kommission für das technische Unterrichtswesen, (S. 123) die mit der tehnishen Hochschule in Berlin verbun- dene tehnisch-mehanische Versuchsanstalt und die Prüfungs- station für Baumaterialien sowie die Aufsichtskommission für die leßtgenannten beiden Anstalten , (S. 131) die Kommisfion zur Berathung über die Vertheilung des dur Allerh. Patent vom 9. November 1859 zum Andenken Schillers gestifteten drama- tishen Preises in Berlin für das Jahr 1880 und ebendaselbst die Landeskommission zur Berathung über Verwendung der ¿5onds zur Beför: erung der monumentalen Malerei und Plastik in Berlin. Das Ministerium für Handel und Gewerbe sowie das Ministerium des Fnnern weisen nur Personalveränderungen auf; bei dem Justiz-Ministerium ist das mit dem 1. Oktober v. J. in Folge der neuen Gerichts- organisation aufgelöste Ober-Tribunal fortgefallen. Beim Kriegs - Ministerium ist zu bemerken, daß in Folge der Allerhöchste Ordre vom 10. Mai 1879 eine anderweite Einrich- tung der Militärschießshule (S. 165/166) erfolgt is, wo- nach diese aus einer Lehrabtheilung, einer Versuchsabtheilung und einer Gewehr-Prüfungskommisston besteht. Ferner sind die Zeughausverwaltung in Berlin (S. 170) sowie die seit dem 1. April ds. Js. neu eingerichteten vier Artilleriedepot- Fnspektionen zu Posen, Stettin, Cöln und Straßburg 1. E. (S. 174) hinzugekommen. Jn dem Ministerium für Land- wirthschaft, Domänen und Forsten ist die bisherige Abtheilung 11. in zwei Abtheilungen, in die für Domänen (Abth. 11.) und in die „für Jagd und Forstsachen“ (Abth. 111.) zerlegt, deren jeder ein Ministerial-Direktor vorsteht. Das „Re- visions-Kollegium für Landeskultursachen“ hat auf Grund d¿s Gesetzes über das Verfahren in Auseinanderseßungs-Angelegen- heiten vom 18, Februar 1880 die Benennung „Ober-Landes- kulturgeriht“ erhalten und ist danah S. 198 mit einem er- läuternden Vorbericht über die nunmehrige Zuständigkeit des- selben aufgeführt. Bei dem Ministerium der öffent- lihen Arbeiten ist die chemisch - technishe Versuchs- anstalt, welhe der bei dem Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten aufgeführten Aufsihtskommission (S. 123)eben- falls untergeordnet ist, neu hinzugetreten und ein Hinweis auf die mit dem 1. Oktober 1880 an Stelle der tehnishen Bau- deputation tretende „Akademie des Bauwesens“ eingefügt. End- lih haben bei dem „Evangelischen Ober-Kirchenrath“ die dem- selben von der Generalsynode zugeordneten außerordentlichen Mitglieder Aufnahme gefunden. Wie den früheren Aus- gaben so ist auch dieser ein alphabetish geordnetes Verzeichniß der in der Zeit vom Ende Mai 1879 bis Ende Mai 1880 verstorbenen .in der vorigen Ausgabe verzeichneten Personen und ein ausführliches, genau gearbeitetes Sach- und Personen- register beigegeben. Abgeschl ossen wurde die Redaktion der neuen Ausgabe zu Ende Mai, doch ist ein Nachtrag hinzugefügt, in welhen die aus Anlaß der i A Jubelfeier er- ind.

Wie das Königliche Statistishe Bureau hierselbst, welches beaustragt worden ist, die in Folge Anordnung des Bundesraths im Januar jeden Jahres aufzunehmende Sta-

folgten Gnadenbeweise aufgenommen {i

lage ohne vorherige Verhandlungen mit Rom eingebracht

tistik über die Morbidität in den Heilanstalten für Preußen zu bearbeiten, dem Minister des Jnnern an-

Entscheidung der Kompetenzkonflikte ist in Gemäßheit seiner

ezeigt hat, haben mehrere Vorstände von Straf- und Ge- angencnanstalten si geweigert, die auf die Straf- 2c. Anstalts- Lazarethe bezüglichen Nachweisungen zu liefern.

Da es von wissenschaftlihem Werthe ist, das Auftreten

und den Ausgang der verschiedenen Krankheiten bei der Laza- |--

rethbehandlung von Gefangenen mit den Ergebnissen der Sta- tistik über die anderen Heilanstalten zu vergleichen und des- halb die Straf: und Gefangenen-Anstaltslazarethe bei der Statistik über die Morbidität in den Heilanstalten ferner nichi außer Betracht gelassen werden dürfen, so hat der Minister des Jnnern die Bezirksregierungen 2c. dur Cirkularerlaß vom 13. v. M. beauftragt, die Vorstände der in ihrem Verwal- tungsbezirke mit Lazarethen ausgestatteten Straf- und Gefans- genenanstalten des Ressoris des Jnnern anzuweisen, nah Maßgabe der ihnen vom Königlichen statistishen Bureau hier- selbst zugehenden Erhebungsformulare die zur Statistik der Morbidität in den Heilanstalten erforderlichen Nachrichten über die Anstaltslazarethe in Zukunft regelmäßig im Fanuar jeden Jahres, die etwa noch rüdckständigen bezüglichen Nachrichten pro 1879 aber schleunigs nachträglih zu iefern.

M Die Verpflihtung der Straf- 2c. Anstaltsvorstände zur Aufstellung der zur Strafanstalts-Statistik gehörigen Tabellen über Gesundheitszustände und Sterblichkeit wird nicht geändert.

Holt Jemand im Einverständniß mit Wilddieben das unrechtmäßig erlegte Wild vom Orte der That ab und bringt er es in Gemeinschaft mit den Wilddieben in Sicherheit, so ist er, nah einem Erkenntniß des Reichsgerichts, II. Straf- senats, vom 13. April d. J., nicht nur als Begünstiger, son- dern als Theilnehmer an dem Fagdvergeyen zu bestrafen.

Hamburg, 16. Juni. (H. Corr.) Gestern Nachmittag fand die Feier der Grundsteinlegung des am Stintfang im Bau befindlihen neuen Dienstgebäudes für die Deutsche Seewarte statt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 17. Juni. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen inspizirte heute Vormittag die Rudolfkaserne, in welcher das Infanterie-Regiment Großherzog von Hessen Nr. 14 liegt. Der Divisions:Commandeur, der Brigade-Commandeur und das Offiziercorps des Regiments geleiteten den Großherzog in die einzelnen Zimmer der Mannschaften.

Schweiz. Bern, 14. Juni. (C. Ztg.) Gegen das von dem Großen Rath des Kantons Genf erlassene neue Gesetz, betreffend die Aufhebunz des Kultusbudgets, bezw. Tren- nung der Kirche vom Staate, hat sih außer Seitens der Kleri- falen und Konservativen neuerdings noch ein ganz besonderer ¿Widerstand erhoben, nämlich Seitens des Gemeinderaths der Stadt Genf. Derselbe hat ein Manifest an seine Wähler er- lassen, welches deren Aufmerksamkeit auf die Folgen dieses Gesetzes für die Stadt Genf lenkt.

Großbritannien und Jrland. London, 16, Juni,

(Allg. Corr.) Die Presse verurtheilt einstimmig das gestrige Verhalten Mr. D’'Donnells im Unterhause in den härfsten Au3drücken. Die „Times“ erblickt in dem- selben eine jener groben Verleßungen der parlamentarischen und internationalen Schicklichkeit, denen man in den leßten zwei bis drei Sessionen vergeblich mit allerlei Waffen ent- gegengetreten sei. Die gestern angewendete Waffe habe den gewünschten Erfolg gehabt. Wenn ein Gast in einem Salon sich durch ungeziemende Redensarten unangenehm mache, so nehme die Gesellschast ihre Zufluht zum Schweigen. Der „Standard“ will sih nicht herablassen, mit Mr. D'Donnell über Schicklichkeit und Anstand im öffentlichen Leben zu discutiren, von dem dieser absolut nichts verstehe. Es genüge, die französishe Presse und Nation zu ver- sichern, daß Mr. O'’Donnell, da ex unglücklicher Weise ein Mitglied des Unterhauses sei, niht verhindert werden könne, die Vorrechte seiner Stellung zu mißbrauchen, und dürften dieselben wohl einsehen, daß dessen Aeußerungen keine größere Vedeutung hätten als diejenigen eines Straßenverkäufers oder Obsthändlers. Herr Challemel Lacour dürfe sich über- zeugt halten, einen ahtungsvollen und herzlihen Empfang zu inden. l Unter den Auspizien des Lordmayors is eine Sub- skription für die Hinterbliebenen der Mannschaft des als untergegangen betrachteten Schulschiffes „Atalanta“ eröffnet worden. Es befanden sich einschließlich der Dffi- ziere 280 Personen an Bord der „Atalanta““. Außer 28 Wittwen sind etliche hundert Waisen. sowie arme Eltern und andere Anverwandte zu versorgen, zu welhem Zwecke ca. 20 000 Pfd. Sterl. nöthig sein dürften.

Jn einem von Saunders herausgegebenen Parlaments- Almanach werden die Mitglieder des Unterhauses folgendermaßen klassifizirt: 109 Kaufleute, Fabrikanten und Minenbesiger, 20 Rheder, 128 Advokaten, 82 Offiziere des Landheeres, 4 der Flotte, 8 Diplomaten, 11 Eisenbahn- Direktoren, 15 Journalisten, 10 Fngenieure, 16 Bankiers, 4 Pächter, 3 Universitäts-Professoren, 13 Brauer und Wein- händler, 2 Arbeiter, 1 Mitglied der schottischen Akademie, 9 Aerzte, 1 Schulmann, 1 presbyterianischer, 1 früherer Dissenter-Geistliher und 2 frühere Geistlihe der Staatsfkirche nebst 125 Landbesißern, Baronets, Söhnen von Peers u. \. 1.

Kapstadt, 14. Juni. Der Kolonialsekretär F Gor- don Sprigg wird am 22. ds. im Kap-Parlament den Antrag stellen, daß eine Konferenz von Bevollmächtigten der südasrikanishen Kolonien zusammentrete, um die projek- tirte Konföderation in Berathung zu ziehen.

14 Qu, (B. L. D) Gn Dex heutigen UNTET- augiaung gab die Jnterpellation D’'Donnells,

etreffend die Ernennung Challemel-Lacours zum Bot- hafter für“ London, von Neuem Anlaß zu einer lebhaften Scene. O'’Donnell verlangte vom Sprecher eine Erklärung darüber, weshalb ein Theil seiner Anfrage gestrichen sei und sich niht auf der Tagesordnung befinde. Der Sprecher erklärte wiederholt, daß sich O'Donnell auf die Frage zu beschränken habe, welhe gedruckt auf der Tages- ordnung stehe. Der übrige Theil der Anfrage O'’Don- nells betreffe seiner Ansicht nach Dinge, welche das Haus und die Regierung nicht kenne. Als O'Donnell troßdem versuchte, seine Fragen zu wiederholen, bedeutete ihn der Sprecher, daß, wenn er dem Ordnungsrufe nicht gehorhe und die Autorität des Sprechers mißachte, das einshlägige Verfahren gegen ihn in Anwendung gebraht werden müsse. Die Haltung des Sprechers wurde von allen Anwesenden mit

unter den obwaltenden Umständen seine Jnterpellation zu begründen, und verließ das Haus. Jm weiteren Verlaufe der Sißung wurde die irische Nothstandsbill in zweiter Lesung ohne Abstimmung angenommen.

Frankreich. Paris, 16, Juni. (C. Ztg.) Sämmt- lihe Generalprokuratoren Frankreihs waren heute bei dem Justiz-Minister versammelt, um Jnstruktionen für die Ausführung der Märzdekrete entgegenzunehmen. Der republikanische Verein des Senats, der aus 25 Mit- gliedern besteht, beschloß heute, zu erklären: die Amnestie jei eine politishe Nothwendigkeit, und es sei zu wünschen, daß die Regierung die Junitiative in der Sache ergreife. Zuglei erhielt der Vorstand Auftrag, noch heute Abend si zu Herrn de Freycinet zu begeben und ihm Mittheilung von dem gefaßten Beschlusse zu machen. Der Ministerrath wird sich auch morgen wieder mit der Amnestie beschäftigen. Das Kriegsschiff, welches die Begnadigten von Neu-Caledonien abholen soll, hat Befehl, bis auf weiteres zu warten.

17. Juni. (W, T. B.) Die Deputirtenkammer begann heute die Berathung des Budgets und genehmigte den Etat des Ministeriums der Posten und Telegraphen so- wie denjenigen der Ehrenlegion. Die Berathung der Vorlage, betreffend die Militärverwaltung, war auf Wunsch des Kriegs-Ministers vorher abgebrohen worden; der Minister stellte für morgen weitere Mittheilungen der Regierung über dresen Gegenstand in Aussicht.

7718, Juni. G) Qn der gestrigen Sißung des Senats brachte Dufaure einen Antrag, betreffend das Versammlun gsrecht, ein.

(e chEN

Türkei. Konstantinopel, 15. Funi. (Pr.) Jsmail Pascha hat an den Khedive ein Schreiben gerichtet, in welchem er anzeigt, daß er, da man ihm die Rückehr nah Egypten nicht gestatten wolle, am nächsten Sonntag mit seinen drei Söhnen nach Paris übersiedeln werde. Der Sultan hat den Beschluß des Khedive, für jeßt keine Konstitution zu gewähren, vollständig gebilligt.

Numäánien. Bukarest, 15. Juni. (Pr.) Die Fürstin hat sich zum Sommeraufenthalte nah Sinaia begeben ; der FÜrst folgt in den nächsten Tagen.

Serbien. Belgrad, 17. Juni. (W. T. B.) Die Minister Jzarovice, Vellovie, Margetic und Bos- kovic haben ihre Entlassungsgesuche eingereiht, Der Fürst hat dieselben angenommen und Milo jkovic zum Minister des Jnnern, Avakumovic zum Justiz-Minister, Fo vanovic zum E Wassiljevic zum Un- terrihts-Minister und Zdravkovic definitiv zum Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt. Das Verbot der Ge- treideausfuhr ist aufgehoben worden.

Dänemark. Kopenhagen, 15. Juni. (H. C.) Das Folkething nahm heute in dritter Lesung den Geseßent- wurf, betreffend den Ankauf der seeländischen Eisen- bahnen durch den Staat, nah der von der Majorität des Ausschusses beantragten und von der Regierung geneh- migten Fassung an. Die Vorlage geht jeßt an das Landsthing.

Amerika. Washington, 15. Juni. (Allg. Corr.) Der Senat hat die Ernennung des Hrn. James Long- street zux: Gesandten der Vereinigten Staaten bei der Türkei bestätigt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Moskau, Freitag, 18. Juni. Anläßlih der Feier der Enthüllung des Puschkin-Denkmals fand bereits gestern in dem prachtvoll ges{müdckten Saale der Stadtduma der feicrliche Empfang der aus vielen Ortschaften Rußlands erschienenen Deputationen statt. Der Akademiker Groth hielt eine längere Ansprache, worin er den Entwickelungsgang der JFdee scil- derte, welche zur Errichtung des Puschkin-Denkmals geführt hat, und über die Geschäfte des Comités Bericht erstattete. Zahlreiche Beglückwünschungstelegramme sind aus dem Jn- und Auslande eingegangen.

Nr. 32 des „Amtsblatts des Neihs-Postamts“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom §8. Juni 1880: LVeitritt von Ecuador, Uruguay und den Bahama-Inseln zum Weltpostverein. Vom 14. Juni 1880; Päereiverkehr mit der Schweiz. Vom 10, Juni 1880: Anderweite Festseßung des für den Eintritt in den Postdienst maßgebenden Lebensalters. Vom 11. Juni 1880: Ab- änderung der Formulare zu Abholungs-Erklärungen C. 130 a. und C. 130 b. Vom 12, Juni 1880; Wegfall der Ermittelung des Sewichts eisenbahnzahlungspflichtiger Postsendungen auf der Rechte Oder-Ufer-Cisenbahn. Vom 14. Juni 1880: Cröffnung der Eisen- bahnstrede Essen-Winterswyk, Wiedereröffnung der Jagd auf Wasserwild in Elsaß-Lothringen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des ftatistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom. 6. Juni bis inkl. 12, Juni (L zue Anmelduna gea kommen: 170 Gbeshließungen, 828 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene und 772 Sterbefälle. i / E

Naw dem im „D. Hand.-Ar.“ veröffentlichtea Bericht üb r die Leinenindustrie der Provinz Hannover im Jahre 1879 war der Leggebetrieb wiederum geringer als im Jahre 1878; er bezifferte id auf 63 817 Stück = 2 933 455,2 m im Werthe von 1542 370 4, 4182 Stüd = 185586 m (5,95%) = 50 726 M. (3,189%/0) weniger als im Jahre 1878. Von dem Ge- sammtquantum fallen 1357 117 m (46,27%/9) auf die Landdrostei Hildesheim, 955 515,7 m (32,57°%/,) auf Lüneburg, 462056 m (15,75%/6) auf Dsnabrück, 158 766,6 m (5,41%/0) auf Hannover. Von dem Werthe cntfallen 771 595,63 46 (50,02%/6) auf die Landdrostei Hildes- heim, 440 143,50 M (28,549/6) auf Lüneburg, 263 380,21 6 17,08°/0) auf Vsnabrück und 67 251,06 & (4,36%/6) auf Hannover. er Nück- gang von 1877 zu 1878 war bei Weitem erheblicher, als der von 1878 zu 1879, er betrug im Maße 11,89%, im Werthe 18,17°/6; insofern war das Jahr 1879 für den Leggebetrieb befriedigender. Im Landdrosteibezirk Hildesheim wurden au 91 934,7 m Halbjute geleggt, die wie Londoner Sackleinwand behandelt wurden, aber noh den Zusaß „Halbjute“ bei dem Stempel erhielten. 67 871 m waren baumwollene grobe Geweke, die nur zur Längenmaßstempelung an- genommen wurden, 21 160 m waren Halbleinen (Baumwollen und Leinen). h : :

Die Absahverhältnisse hielten sich noch in bescheidenen Grerzen, doch war die Geschäftsftille nit fo intensiv wie in den Vorjahren, wenngleih die größere Lebhaftigkeit nur durch Herab-

lebhastem Beifall begrüßt. O'Donnell lehnte es schließlich ab,

seßung der Preise erzielt werden konnte.

Der Flachshandel im Landdrosteibezirk Lüneburg belebte sih im Herbst, jedoch stellten \sih die Preise um 1,16—1,84 4 pro Stein (10 kg), niedriger als im Jahre 1878. Auf dem Uelzeaer Markt wurden 216410 kg zugeführt, gegen 182100 kg in 1878, dem Bevensener 80 000 bg gegen 64 200 kg in 1878.

Für den Heedehandel war das Jahr kein günstiges. Im Landdrosteibezirk Lüneburg wurden in Folge der ergiebigen Flahs- ernte 27 000 kg mehr umgeseßt als im Vorjahre, in den Land- drosteibezirken Hildesheim und Hannover blieb der Umsatz (meist in olge des Umtausches der Heede gegen Maschinengarne bei den Nes zu Hannover und Twistringen) um 80350 bezw. 1950 kg zurü.

An Handgarnen wurden im Fürstenthum Hildesheim 30 305 Bund (zu 20 Lopp) gesponnen, und zwar 25 180 Bund flächsene und 5128 Bund heedene Garne, 11718 Bund mehr als im Jahre 1875, 6605 Bund (21,27 °/6) gingen in den Handel über, 23 700 Bund (78,21 %) wurden zum eigenen Verbrauch verwendet. Fn den Fürstenthümern Göttingen und Grubenhagen betrug die Garnproduktion 39 318 Bund (27 766 Bund fläbsene, 7552 Bund heedene Garne); hiervon gelangten 35318 Bund (8,34 2/6) zum Verkauf , während 32 373 Bund oder 91,66 9% von den Produzenten zum eigenen Be- brauch verwendet wurden. Der Werth der vorbezeihneten Handgarne betrug 406 412 4. Im Landdrofteibezirk Hannover sid nur noch in dem Leggebezirk Syke ca. 400 Bund Handgarne verkauft worden. Verwendet wurde im Landdrosteibezirk Hildesheim 85,90 %/% Mas- sc{inengarn (gegen 77,76 % in 1878), und 14,10 % Handgarne (gegen 22,24 0/6 _in 1878); im Landdrofteibezirk Lüneburg Maschinen- garne, auss{licßlich der zu den in Wustrow geleggten mechanischen Leinen verwendeten, 5,24 °%/% (gegen 6,58 % in 1878), Hand- garne 94,76 % (gegen 93,42 % in 1878); eins{ließlich der obigen 26,47 bzw. 73,53 °/6, gegen 26,20 bzw. 73,80% in 1878. Im Landdrosteibezirk Hannover sind zur Fabrikation von Leggeleinen keine Maschinengarne verwendet worden.

Auf den öffentlihen Bleichen der Landdrosteibezirke Hannover, Hildesheim und Lüneburg wurden von flähsenen , halbflächsenen und Köperleinen gebleiht 728 900,3 m (gegen 1878 + 34033,5 m), auf Privatbleihen 1 664 203,9 m (— 998548 m), zusammen 2 393 104,2 m (— 65 821,3 m). Auf der Königlichen Musterbleiche zu Sohlingen wurden im Etatsjahr 1878/79 gebleiht: 359 219 m Leinen, Drell und Damast (63 945 m), 249,1 kg leinene Garne und E L kg) und 24 160 kg baumwollene Zeuge und Zwirne AES 1 8).

Kunst, AVifsenschaft und Literatur.

Das 6. (Juni-) Heft von „Petermanns Mittheilnngen“ (Gotha, Justus Perthes) bringt an der Spitze die Beschreibung etner Reise nah Turfan, von Dr, A. Regel, auf Grund briefliher Mit- theilungen des Reisenden an seinen Vater, den Direktor des Kaiser- lichen botanishen Gartens in St. Petersburg. Der Beitrag ist um so interessanter als Turfan (Oftturk: stan) noch so gut wie gänzlich unbe- kannt ist. Das Land wurde zwar im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts von dem Jesuitenpater Beaedikt Goës besuht, doch find seine Auf- zeihnungen sehr dürftig, andere Europäer aber sind nit dort ge- wesen. Ein ausführlicher Bericht über den Beginn der Reise soll folgen, sobald eine erwartete Kartenskizze eingetroffen sein wird, ohne welche die Reise von Kuldsha bis Turfan unverständlich sein würde. Dann folgt die niht minder interessante Schilderung einer Expe- dition von Dufilé nah Fatíko, 27. De;ember 1878 bis 8. Januar 1879, von Dr. Emin-Bey, Gouverneur dec egyptishen Aequatorial- Provinzen, dem die Zeitschrift {on so manchen belehrenden Beitrag verdankt. Eine dem Heft beigegebene sorgfältige Karte der Waldungen des bayerishen Spessart vom Oberförster Dr, N. Weiber hat M. Lindeman exlautert. Ven Benus (Nebenfluß des Niger) von Gande, einem Dorfe an sein: r Cinmündung, bis Djen beschreibt Ed. Rob. Flegel. Daran {ließt sich eine Uebersicht der neuesten Forschungsreisen in Australien: Barclay’'s Erpedition von 1878 und Winnecke's Reisen von 1878/79 (beide in Alexandra-Land und zwar besonders den Strangways- Ranges). Beigefügt ist eine vorzügliche detaillirte Karte von Australien, im Maßstabe von 1: 10000000, welche bis auf die neueste Zeit kozrrigirt ift und u. a. auch die Routen der Reisenden Hodgkinson (1876), John Forrest (1878) und Alex. Forrest (1879) enthält. Den Schluß bildet der geographische Monats- und Literaturbericht.

Land- und Forstwirthschaft.

„Die drei Zelgen“ Ein Beitvaa zur Geschichte des alten Landbaues, von Prof. Johannes Meyer. Bei- lage zum Osfterprogramm der Thurgauer Kantons\chule, 1880. Frauenfeld, J. Hubers Buchdruckerei, 1880. i

Wenn der heutige Landwirth im ftolzen Hinblick auf die ökono- mischen Leistungen der Neuzeit den Akerbau seiner Vorfahren nit alimpflicber als mit „Schlendrian" zu bezeihnen weiß, wie man dies häufig hören kann, so ift dies, wie der Verf. der vorliegenden, eben- fo gründlichen als interessanten Arbeit nahweist, durchaus unbillig. Denn wenn selbft der Intelligenz des modernen Oekonomen die Praxis so mancherlei Hindernisse in den Weg legt, wie viel mehr war dies bei dem ungelehrten Landmann der früheren Zeit der Fall, auch wenn er sich freien Standes erfreute! Zwang im Feldersystem, im Frucbtwechbsel, im Viehstand und in der Fütterung, Zwang im Ab- saß der Produkte, Schwierigkeit in der Arrondirung der Güter, miß- liche allgemeine Kreditverhältnisse, ganz abgesehen von anderen Lasten, die auf ihn drückten, bildeten einft für den strebsamen Bauersmann bergeshohe Schranken, von denen der heutige Landwirth kaum eine Ahnung hat. Der praktishe Verstand der Landleute aber hat wahr- lih au in dem vielges{mähbten „finsteren Mittelalter“ nicht geschlafen. Wie vielfach die neueren Theoretiker sich wieder von der alten ver- achteten Bauernpraxis haben korrigiren lassen müssen, dafür nur ein Beispiel: Am Ende des vorigen und am Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts erklärten die theoretischen Landwirthe der leeren Brache einen erbitterten Krieg und fochten für ihre Sache so lange, bis es für ausgemadt galt, daß die leere Brache eine unverständige Boden-

meiden könne und müsse. Erst nag praktisher Erprobung begann man s{üchtern der reinen Brache wieder das Wort zu sprechen, heute aber darf jeder behaupten, daß die Brache unter Umständen ein sehr zweck- mäßiges Verfahren ist, und unsere Altvordern sind durchaus gerechtfertigt. Es ist ein Verdienst der vorliegenden Schrift gegenüber den mannig- fachen, noch heute landläufigen Verdrehungen und Verläumdungen des alten Lardbaues der Wahrheit auf den Grund gegangen zu sein. Unsere Zeit, in welwer das Gewerbe des Landmanns fo manche Ge- brechen offenbart, dürfte für diese Wahrheit nit unempfänglih sein, wenn es auch weder mözlih noch thunlich ist, das Alte wieder- herzustellen. h : : Die sehr eingehende Untersuchung führt die Genesis des in Süddeutschland, Oesterreih und der Schweiz noch heute gebräuch- lien Wortes „Zelge“ womit man im Dreifelderbau den- jenigen dritten Lheil alles bebauung?fähigen Bodens einer Dorf- mark oder eines Hofgutes bezeihnet, der von allen Besißern auf gleihe Weise bebaut wird oder bebaut werden sollte auf gothis tulgus: fest, standhaft, tulgjan: befestigen, zurüd, so daß die ur- \sprüngliche Bedeutung ein durch Einzäunung geshirmtes Feld sein würde. Dagegen weist er die Ableitung vom althobdeutschen zeleha, platt- deutsh telge, Zweig, ebenso wie die von dem lateinischen talea (ein Reis, abaescbnittenes Stück, woraus italienisch taglia, französis taille: Schnitt, tagl’are, tailler: abschneiden, entstandcn) ab. Im mittleren und nördlihen Deutschland sagt man statt „Zelge“: Que Sclag, Kämp.) Die Reihenfolge des Anbaues der drei Zelgen war {hon im Mittelalter diese: Grooßsaat, Schmalsaat, Brache oder Winterfrucht, Sommerfrucht, Brache, und diese Folge wiederholte sich in jeder Zelge dur je ein Triennium. Der verständige Land- mann fkonnte aber auch in diese Einförmigkeit eine gewisse Abwechselung bringen: auf gutem Ackter konnte er die Fruht-

folge: Weizen, Gerste, Brache, auf geringerem: Roggen, Ha-

vershwendung sei, die man durch Anpflanzung von Hackfrüchten ver-

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