1880 / 142 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 19 Jun 1880 18:00:01 GMT) scan diff

(Stat. Corr.) Die italienische Seidenproduktion, die größte aller curopäishen Länder, bat in Folge der Seidenraupen- Krankheit ebenso wie in Frankrei, Spanien, im Orient, in Ben- galer, China und Japan beträchtlich abgenommen. Das italienische Tirol inbegriffen, betrugen nach ita!ienishen Schätznngen die Roh- seidenirträge Italiens

1865 . . , 1 762000 kg 1873 . . . 2960 000 kg 1866 . . . 1 890000 1874 . ., 3430000 1867 . . . 20C0000 1275. ; 8053 000 1868 ... 19C00C0 1876 . .. 1010000 1869 . . . 2 180 000 1877... 1859400 1810. QISOO0O s. 1878... 2500000 1871... 3473 000 1879... 1200000 1872 3125000 -

Eine gröfere Rohseidenproduktion als Italien weist allein China auf. Von dey auf dev euroräishen Märkten in Betracht kommenden Marken ift die italienische Seide die beste. Die italienischen Arbeiter, namentli die sehr zahlreichen in der Seidenindustrie thätigen Arbei- terinnen, sind so ges{ickt und gewandt in der Behandlung der Roh- seite und verrichten ihre Arbeit für so geringen Lohn ungefäkr die Hälfte des in Frankrei gezahlten —, daß die italienische Noh- seidenproduktion die europäische Konkurrenz in keiner Weise zu fürchten hat. Gefährliher vermag ihr, in Folge der günstigeren klima- tisheu Verkbältnisse, der niedrigen Bodenpreise und des ge- ringen Arbeitslohnes, die Konkurrenz der asiatishen Produktions- länder zu werden. Nach 1879er Berichten aus Japan belaufen \ih die dortigen Produktionékosten sür 1 kg Kokons auf 1,50—2 75 Frs. Die Tranéportkosten betragen für den metrishen Centner von Japan nach Venedig, Marseille oder London ca. 9 Doll. , nah Mailand, Trrin vnd Lyon 9,60 Doll. Je mehr daher namentlich die franzsö- sifden Seidenweber die direkten Verbindungen mit den asiatischen Produktionsländern fördern, um so größere Gefahr entsteht den feinen italieniscen Rohseiden, deren Produktion ohnehin bereits durch die Raupenkrankheit in sehr empfindlicher Weise gelitten hat.

L'on welcher hervorragenden Bedeutung die italienische Seiden- industrie auch für die landwir1hschaftlihen Interessen ift, erhellt aus der großen Zahl der Gemeinden, in welchen Raupenzucht getrie- ben wird, deren Ernte-Ertrag für die wirth\{chaftliche Lage der be- ir«ffenden Bevölkerung sehr häufig bestimmend ist. Rohseide wurde in 5300 Gemeinden produzirt, von welchen im Jahre 1877 4409 eine geringe, 619 eîne mittlere, 192 eine genügende und 80 Gemein- den cine reiche Ernte erzielten, Die von diesen Gemeinden mit Maulbeerbtäumen bepflanzte Fläche be! äuft sih auf Hunterttausende von Hektaren, während die in Frankreich mit Maulbeerbäumen be- standene Fläche nur ca. 50 (00 ha beträgt.

Der Ausbreitung der Nohbseidenprc duktion, welbe von den land- wirthschaftlichen Produktionsbedingungen abhängig ist, kann die Aus- bieitung der Spinnerei inrerhalb der cinzelnen Produktionsgebiete nit entsprechen, weil dieselbe im Interesse einer wohlfeileren Pro- duktion zu einer größeren Konzentration gezwungen ist. Wie die meisten Industriezweige Italiens, so ist auch die Seidenspinnerei in der Lombardei, Piemont und Venetien vorzugsweise konzentrirt. Es

wuiden gezählt: in der Seidenspinnerei beschäftigte : Arbeiter : Spindeln Männer Weiber Kinder Summe n E O 0183 2414 10S | 300038 « ter Lombardei . 4016 21814 33051 58 881 |1 637 961 O L866 445 2 482 54 067 im fonrftigen Italien 185 1 502 435 2122 | 834102 5643 32364 36345 74 352 | 2 083 168. In der Lombardei entfallen 452, in Piemont 117, in Venetien 19, in Ligurien 14 Spindeln auf 1000 Einwohner. Verglichen mit der Spindelzahl der anderen in Betracht kommenden europäischen Under ergiebt sh, daß die italienishe Seidenspinnerei die weitaus bedeutendste ist. Die englische zählte 1875 1114793 (ein\chließ- lid der Floretspinnerei), die französische 241 314 Spindeln; in Oesterreich wurden 90000, in Deulshland am 1. Dezember 1875 89 796 Seidenspindeln gezählt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Monatsbericht der Königlih Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für Februar 1880 (Berlin, Buchdruckerei d«r Königl. Akadewie der Wissenschaften. (G. Vogt.) In Kommission in Ferd. Dümmlers Verlagsbuch- handlung. Harrwiß und Goßmann) hat folgenden Inhalt: Kronecker, Ueber die Irreductibilität von Gleihungen. Peters, Ueber eine neue Art der Nagergattung Anomalurus von Zanzibar. Oppolzer, Th, von, Ueber die Sonnenfinsterniß des Schuking. Bernstein, Ueber den zeitlihen Verlauf der elektrotonisben Ströme des Nerven. LPVogel, H. W,, Ueber die neuen Wafserstofflinien, die Spektra der weißen Fixsteine und die Disscciation des Kalciums. Quincke, Ueber elektrishe Ausdehnung. Hildebrandt, Die Berginsel Nosi- Kömka und das Flußgebiet des Semberáno auf Madagaêcar. Peters, Mittheilung über neue oder weriger bekannte Amphibien des Berliner Zoclogisden Museums. Rammelékerg, Ueber molekulare Erscheinungen am Zinn und Zink.

__— TJtalienische Majolicafliesen aus dem Ente des fünfzehnten und dem Anfang des jechszehnten Jahrhunderts, nah Original - Aufnahmen herausgegeben von M. Meurer, Maler und Lehrer am Kunstgewerbe-Museum zu Berlin. Berlin, 1880, Verlag von Ernst Wasmuth. Lieferung 1.

Unter den Erzeugnissen dekorativer Kunst der italienishen Re- naissance haben neben den hohgeshäßten Majoliken die ihnen in Technik und Färbung nahestehenden glasirten Hliesen für Fußböden und Wandbéekleidungen bisher eine verhältnißmäßig nur geringe Be- achiung gefunden, was um so ager erscheint, als gerade die

Fabrikation und Verwendung farbiger Fliesen seit einiger Zeit wieder lebhaft in Aufnahme gekommen is, Mit vollem Recht wandte daher Moriß Meurer, der Leiter der beiden in den Jahren 1875 und 1877 mit Unterstüßung der Königlichen Staatsregierung von dem Kunstgewerbe-Museum zu Berlin veranstalteten Erpeditionen zur Aufnahme italienischer Innendekorationen, jenem Gebiet eine ein- es Aufmerksamkeit zu, und so konnte er auf den beiden reih- altigen Auéstellungen, die dem Verliner Publikum damals die ge- sammte, seitdem theils in den Besitz des Kunstgewerbe-Museums, theils in den der Königlichen Kunstakademie übergegangene Ausbeute jener Expeditionen vorführten, neben den umfangreiheren und im- posanteren Kopien großer Wand- und Dekendekorationen au cine ansehnliche Sammlung der verschiedensten Fliesenmuster in getreuen Nabildungen darbieten, die schr bald den Wunsch nach einer Publi- kation derselben rege machen mußten. Das soeben unter vorstehendem Titel begonnene, auf drei Lieferungen von je aht Blatt berechnete Werk, dem zum Schluß ein orientirender Text des Herausgebers bei- gefügt werden soll, bringt diesen Gedanken nunmehr in würdigster

eise zur Aussührung und bereichert unsere kunstgewerbliche Litera- tur um eine Erscheinung, die für den Kunsthistoriker sowie für den Sammler und Liebhaber niht mindr interessant und beachtenswerth ist als für den praktisch thätigen Zeichner und Fabrikanten, dem sie ein reides Material anregender ornamentaler Motive übermittelt. Schon der Jnhalt der vorliegenden ersten Lieferung, die im Ganzen 19 aus Siena, Bologna und Venedig \stammende Fliesen in der Größe der Originale darunter auf einer Doppeltafel ein größeres zusammenhängendes Stück eines Fußbodenbelags aus San Seba- ftiano zu Venedig reproduzirt, gewährt ein anschauliches Bild der in Kompositicn und Farbe gleich charakteristishen Haltung jener Fliesen der besten Zeit, deren Muster \ich unter geschickter Einflech- tung von Wappen und Inschriften aus denselben antifisirenden Ara- besken, Masken, Thiergestalten, Trophäen und ftilisirten Blumen zulsammenseßen, die uns überall in der italienischen Dekoration dieser Periode entgegentreten, aber auch hier, wie an jeder anderen Stelle, die der künstlerishen Rüdsiht auf die spezielle Bestimmung der \o

oryamentirten Stüdcke entsprechende Behandlurg finden. Unter B:- \{ränkung auf eine geringe Anzahl von Tönen, unter denen neben Weiß, Gelb, Grün und Gelbbraun ein lihteres und ein tieferes, mehr ins Violette fallendes Blau dominiren, erzielen sie dabei eine wohlthuend diskrete und ruhige, jedo keineswegs einer kräftigeren Energie entbehrende koloristishe Wirkung, die in den trefflichen, in dem lithographishen Institut von Wilhelm Greve in Berlin ausge- führten Farbendruckten die befriedigendste Wiedergabe gefunden hat. Ein sorgsames Studium dieser Tafeln ist deshalb neben dem der wesentlih anders gearteten, malerisch prächtigeren und effeftvolleren orientalis{en Erzeugnisse niht blos in erster Linie den Fabrikanten moderner Fliesen , sondern ebenso auch allen denen dringend zu empfehlen, die es mit der Majolikamalerei oder irgend einem ande- ren Gebiet moderner keramischer Produktion zu thun haben.

Das Aufgebotsverfahren nach der Civilprozeß- Ordnung in seiner Anwendung auf den bisherigen Geltungsbereich der Allgemeinen Gerichtsordnung, vom Stadtgerichts-Rath z. D. Heinrich Fürst. Verlag von Wilhelm Koebner. Breslau, 1880.

reis 1 & Die in dieser Broscklüre behandelte Materie ge-

ört in die Reihe derjenigen Retsfragen, bei denen eine Abgrenzung zwischen Land- und Reichsreht s{chwierig erscheint. Der rechtskundige Verfasser hat nit allein die allgemeine Seite des Aufgebotsver- fahrens, sondern auch die besonderen Urkundenaufgebote klar und ge- meinverständlih behandelt. Auch andere als Urkundenaufgebote, wie die eines versbollenen oder erblosen Nachlasser, gerihtlihe Erbbe- sbeinigungen, Fundaufgebote, sowie die Aufgebote unbekannter Agnaten, der Gläubiger einer Handlung und eines Vershwenders sind ausreicend behandelt.

Land- und Forstwirthschaft.

__ (Wien. Ztg.) In den Saazer und Ascauer Hopfen- Ne fg ist der Stand der Pflanze der günstigste; 1879er Hopfen ehr flau.

(Pest. L) Die Ernteaussichten in Italien sind fast durchwegs aukgezeichret, und sieht man rücksihtlich aller Kulturen vorzügliche Ernteergebnisse voraus, wobei nit einmal der Weinbau ausge\chlossen ist, dem in gewissen Provinzen durch Hagelschläge und unmäßiges Regenwetter allerdings sehr empfindlicher, aber eben nur lokalir Schaden zugesügt wurde, so daß, wenn ni&t verheerende Fröôfte im Pberitalienishen partiell viele Weinl-erge betroffen hâtten, in wenigen der früheren Jahre eine so gute Weinlese voraus8zu-

sehen war. DBewerbe und Handel.

Berliner Wo!lmarkt, 18, Juni, Abents 6 Uhr. Das

Gescäft auf den Lägern war von geringer Bedeutung. Es ist be- zeihnend, daß auf einzelnen Mittellägern kaum der fünfte Theil wie im Vorjahre um dieselbe Zeit verkauft worden ist. Die heutigen Gefammtabs{lü}se tariren wir auf gegen 4000 Ctr. guter Qualität und befriedigender Wäsche; geringere Sachen fast gar nicht begeben. Hauptkäufer waren Kammgarnspinner von Süddeutsbland und der Schweiz, die \{häßungsweise 3000 Ctr. hinter- und vorpommersche Wollen zum Preise von 58 bis um 60 Thlr. erworben haben mögen. Cine Breslauer Spinnerei acquirirte 800 Ctr. besagter Gattungen und bezahlte folche mit, 58—594 Thlr. 3/5 von dem heute verkauften Ouartum dürfte bis um 60, 2/5 etwas unter 60 Thaler erzielt haben. Ausnahmsweis gute Stämme brachten vereinzelt bis 62 Thaler. Es ist die Ansicht „uerbreitet, daß bei etwas niedrigen Preisen die Händler stark in das Geschäft cingreifen und sich die Wollen auf Spekulation hinlegen werden. Der offizielle Wollmarkt beginnt erst morgen, Es waren viele Fabrikanten orientirungéthalber auf dem Wollmarkt an- wesend. An Käufern scheint es überhaupt nicht zu fehlen. Die heute Nachmittag abgehaltene Kapwollauktion war elten stark be- sucht ; 2 Drittel, vielleiht aud das Ganze des auszebotenen Quan- tums von 19C0 Ballen soll zu Preisen verkauft sein, bie ungefähr analog den Slußaotirungen der leßten Londoner Wollauktion, viel- leiht cin Weniges höher waren. Auf dem Wollmarkt {ind 24 300 Ctr. angemeldet. Die Gesammtzufuhr auf den Wollmarkt dürfte nur wenig über 25 000 Ctr., gegen 30 800 Ctr. im Vorjahre, betragen. Landzufuhren treffen fortwährend ein, Gesammtlager 78 880 Ctr. _ 19, Juni, Mittags. Die Gesammtzufuhr an den Wollmarkt inkl. der Stadtläger und alten Bestände betrug 78 880 Ctr. Hierzu find noch einige tausend Centner, im Verlauf des gestrigen Abends und heutigen Vormittags eingetroffen, hinzuzunchmen. Auf dem Woll markte sind angefahren 25 833 Ctr., in der Stadt lagern circa 93 047 Ctr., wozu die eben erwähnten neuen Zufuhren noch hinzu- treten. Die Gesammtzufuhr beträgt ca. 27 000 Ctr. weniger als im Vorjahre. Das heute um 5 Uhr morgens beginnende eigentliche Wolmarktsges{äft vollzog \sich bis gegen 49 Uhr ungemein träge und stagnirte bis zu dieser Zeit fast vollständig, da Inhab :r für gute Wollen 3 bis 4 Thlr. mehr als im Vorjahre forderten, und diefen Preisen gegenüber sich die “ziemlich zahlreich versammelten Käufer entschieden ablehnend verhielten, Nach dieser Zeit zeigten sich in erster Linie Produzenten zur Ermäßigung ihrer Forderungen bereit, während die Händler im Vergleich zu diesen weniger ankaufswillfährig waren. Das Geschäft gelangte nunmehr etwas in Fluß, behielt aber entschiedea \{chwerfälligen Charakter bei, Bis gegen 1 Uhr mag gut die Hälfte des Woll- marktquantums zu nastehenden, sich meist auf Basis der vor- jährigen Notirungen bewegeaden Preisen begeben sein: feine Tuch- wolle 60 bis 61 Thlr., ganz vereinzelt bis 63 Thlr., Kammwollen 97 bis 59, vereinzelt bis 61 Thlc.,, Mittelwollen 53 bis 55, ver- einzelt bis 56 Tklr, Rustikalwollen 45 bis 48, vereinzelt bis 90 Thlr., ungewaschene Wollen 19 bis 21 Thlr. Diese Preise seßten gute Wäschen voraus, die im Wollmarkte vorwiegend anzu- lreffen waren, während man bezügli der Trockenheit, da die meisten Wollen mehr oder weniger große Klammheit zeigten, nicht \so prekär war. Auf den Stadtlägern bildete sih gleichfalls ruhige Stim- mung heraus. Käufer wollten durchaus ungefähr zu vorjährigen Preisen ankommen, Verkäufer aber zu denselben zeitweise nicht ab- geben. Schließlich verstanden sie sich doch dazu, so daß die Umsätze lh \{lanker anbahnen konnten. Die gezahlten Preise sind so ziem- S im cigeutlihen Wollmarkte analog. Wäschen sind sehr ungleich.

Die reucsten Nummery, 21 bis 24, von „Kunst und Ge- werbe“, Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunst- industrie, herausgegeben vom bayerischen Gewerbemuseum B d redigirt von Dr. Otto von Schorn, haben folgenden

nhalt:

Nr. 21: Die Wissenschaft im Gewerbe (Fortseßzung). Mün- chen. Der Sitzungssaal im neuen Rathhause. Berlin. Die an- thropologishe Ausstellung. Pforzheim. Die Kunstgewerbeschule. Wien. Ausstellung der Kunstgewerbeshule. Für die Werk- statt: Schwarze Beize für Holz. Neues autographishes Dracver- fahren. Aus dem Buchhandel : Renaissance-Möbel im Charakter des 15, und 16, Jahrhunderts. Von Dominik Avanzo. Kleine Nachrichten: Preisau* schreiben. Beethoven-Denkmal in Wien. Die Liroler Glasmalerei-Anstalt, Fund. Washington-Denkmal. Cellu- loid. Erklärung zur Beilage: Entwurf einer Wand-Etagère.

Nr. 22: Die Wissenshaft im Gewerbe. (Fortsezung.) Dresden. pre Tan apeen, ODreöôden. Etat der Kunst- und Kunstgewerbe-Anstalten im Königreich Sacsen im Jahre 1879, Berlin. Ausstellung des Kunstgewerbemuseums und der Bau- ausíftelung. St. Petersburg. Ausstellungen. Melbourne: Ausftellung. Für die Werkstatt: Neues Verfahren zur Befeftigung von Glas oder Email auf Metall. Elektrisher Schmelzofen, Arizona Schellack. Aus dem Buchhandel: Die Fabrikation der Emaille und das Emailliren. Von P. Randau. Kleine Nach-

richten: Patentverzeichniß, Häuser aus Baumwolle. Erklärung zur Beilage: Zwei in Holz geschnitzte Füllnngen aus dem 16, Jahrhundert.

Nr. 23: Die Wissenschaft im Gewerbe (Schluß). Nürnberg. Das Düûürer-Haus. Gmünd. Generalversammlung des Gewerbe-

| Gablonz. Fachs{ul? für Quincaillerie. Für die Werkstati: Papier | aus Gras. Aus dem Buchhandel: Trachten 2c. alter und neuer

Zeit. Von Fried. Hottenroth. Kleine Nachrichten : Grübel. Denk- mal in Nürnberg. Ausftellung. Fabrikation von künstlibem Holz. Provinzialausftellung in Bromberg. Ausstellung türkischer Induftrie- Erzeugnisse und Antiquitäten. Postkarten. Zeitschriften. Ex- flärung zur Beilage: Persishe Fayence-Teller.

Nr. 24: Die Humannfeier und die Pergamenischen Skulpturen in Berlin. Von Dr. R. Steche. Nürnberg. Aus der Perma- nenten Ausf\telung des bayerishen Gewerbemuseums. Berlin, Preisbewerbunz für kunstgewerbli&e Arbeiten 1880. Florenz, Aus der Handzeibnungssammlung der K. Gallerie der Uffizien zu Florenz. Für die Werkstatt: Ueber die Hervorbringung \ch{öner goldgelber Farbe mit Hochglanz oder mattem Schimmer bei Messing- waaren. Kleine Nachrichten: Jamniters Tafelaufsay. Paul Börner (f). Cölner Dom. Zeitschriften. Erklärung zur BVei- lage: Entwurf eines Lesepults.

Die „Mittheilungen des bayerisben Gewerbe- museums“ enthalten: Nr. 11: Wittelsbacher Landesftiftung. Feuilleton: Cedernholzbeize. Vorträge im Museum. Ausftellung in Melbourne 1883, Neues in der Permanenten Ausstellung. Vermehrung der Sammlungen. Notiz. Anzeigén.

Nr. 12: Landesaus\c1.ßsißung und Generalversammlung deg Museums. Der fünfte Verbandêtag bayerischer Gewerbevereine, Ausstellung in Melbourne.

In der gestrigen Generalversammlung der Berlin-Pots-

dam-Magdeburger Eisenbahn waren 1609 Stimmen ver- treten. Der erstattete Geschäftsbericht gab zu einer Diskussion keine 2 eranlafsung. ___— (Magdebg. Ztg.) Dem Fabrikanten Hrn. Gustav Schallehn in Magdeburg ist für sein Dr. H. Zerenershes Mittel und Verfah- ren gegen den Haussbwamm, genannt Antimerulion, deutsches Reichspatent Nr. 378, von der Bauabtheilung der Magdeburger landwirthschaftlihen Ausstellung das Diplom „Ehrende Ar.erkennung“ zuerkannt worden.

Königsberg i. Pr., 19. Juni, Vormitiaçs 10 Uhr 10 Mi- nuten. (W. T. B.) Der Wollmarkt war belebt, Käufer waren zahlrei erschienen. Bis heute sind ca. 10 000 Ctr. angefahren, die meist zu vorjährigen Durschnittspreisen verkauft wurden ; beste Wollenwäschen 1 bis 2 Thlr. darüber. Die Wäschen find größten- theils befriedigend ausgefallen.

Stralsund, 16, Juni. Auf den am 9 und 10. Juni d. Js, hierselbst abgehaltenen Wollmarkt sind 5048 Ctr. Wolle gebracht worden, von denen 4950 Ctr. verkauft wurden. Der Durw\schnitts- preis war 167 M, der höchste Preis 180 M, der niedrigste 153 M Das Schurgewicht war 5 %/ niedriger als im Jahre 1879.

__ Wien, 17. Juni. (Pr.) Der ungarische Finanz-Minister suchte bei dem österreichischen Finanz-Mini)!er um die Kotirung der ungarischen Investitions-Anleihe an.

Prag, 19. Juni. (W. T. B.) Die hiesigen Stadtver- ordneten haben die Offerte, welche die Kreditanstalt auf die Kon- vertirungs- und Brückenanleihen machte, abgelehnt und be- \chlossen, eine neue Offertaus\chreibung zu erlassen.

Verkehrs-Anstalten.

Belgrad, 17. Juni. Die Offert-Ausschreibung für die sers bishen Bahnen erfolgt in den nähsten Tagen. Im August wird die Skupschtina nah Krazujewayß einberufen werden, um in der Konzessionsfrage zu entscheiten.

New-York, 18. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Main“ ist hier eingetroffen.

Berlin, 19. Juni 1880.

Nach einem soeben hier eingetroffenen Telegramme aus Hamburg ist der deutshe Dampfer „Europa“, welcher den größten Theil der für Melbourne bestimmten Aus sel- lungsgegenstände an Bord hat, am Donnerstage, nah einer Reise von 11/4 Tagen, von Hamburg ab auf St. Vin- cent (einer der Fnseln des Grünen Vorgebirges, 22 Grad wesil. Länge von Greenwih, 15 Grad nördl. Breite) ange- kommen. Das zweite Schiff „Protos“, mit dem Rest der Ausstellungsgüter, ist heute Morgen von Hamburg abge- gangen.

UU rus!

Am 14. Juni hat das Hochwasser im südwestlihen Theile des Laubaner Kreises furhtbare Verwüstungen angerihiet, Jammer und Noth hervorgerufen. Mehr denn 50 Menschen haben in den Flutben ihren Tod gefunden, etwa 150 Gebäude sind entweder total ver- nichtei oder doch zum größten Theile beschädigt, viel Vieh und Mo- biliar ist weggeschwemmt, ganze Straßenzüge sind fortgerisscn und bilden jeßt den Lauf der Bäche, welche ihr altes vershwemmtes und zerstörtes Bett verlassen haben. Dabei trifft der Schaden in den meisten Fällen gerade die ärmsten Leute, welhe mit ihren an den Bachrändern gelegenen Häuscen ihr gesammtes Hab und Gut ver- loren. Am s{wersten betroffen sind die Ortschaften Küpper, Berna, Bellmannsdorf, Halbendorf, Seidenberg, Linda, Oeidersdorf und Gerlachsheim. Brüder helft und sendet möglichst reichliche Beiträge an die Kreiskommunalkasse in Lauban ein, von wo aus die Gaben ns dem Grade der Noth und des Bedürfnisses werden vertheilt werden.

Böhme, Amtöëvorsteher, Gerlahsheim; Burghardt, Handels- kfammer-Präsident und Abgeordneter, Lauban ; Jaques, Ritterguts- besißer, Ober-Linda; Kußner, Amtsvorsteher, Beimannsdorf ; Lind- ner, Oberpfarrer, Nieder-Lindaz; Lorenz, Lieut., Gerlachsheim ; Graf zur Lippe, Küpper; Mende, Oberpfarrer, Seidenberz; Mewes, Bür- germeister, Seidenberg; Neithardt, Pastor, Bellmannsdorf; von Saldern, Landrath, Lauban ; Lrebitz, Pastor, Küpper; Br. Weinert, Kaufmann, Lauban; v. Zastrow, Kreisdeputirter, Hartmannsdorf; v. Zastrow, Landesältester, Heidersdorf.

Dem „P. Lloyd“ wird aus Triest geschrieben; „Am 7. d. M. Abends um 8 Uhr, wurde der äußere Theil eines Fensters des Lloyd-Agentie-Gebäudes durch frevlerishe Hand unterminirt und die Mine au entzündet. Die Explosion war eine so heftige , daß sie von der ganzen Stadt gefühlt wurde. Der Lloyd-Agent, welcher gerade in Gesellschaft seiner Frau und eines Beamten seinen Verpflichtungen oblag, wurde im Gesichte ziemlich {wer verleßt, do hat er scine Beschäftigung bereits wieder aufgenommen. Vie anderen beiden anwesenden Personen blieben mit Ausnahme kleiner Abschürfungen unverleßzt. Die Kraft des Explosions\toffes war #0 stark, daß das gesanimte Fensterholz in kleine Trümmer ging, das Eisenwerk desselben in kleine Stücke z:rbrohen und Ales mehr als drei Meter weit in das Zimmer geschleudert wurde. Die Fenster des ganzen Gebäudes gingen jelbstverständlih nur zersplittert aus dieser Katastrophe hervor.

Im Germania-Theater hat Wilhelm Marrs Lustspiel „Cavalier und Emporkömmling“ vor gut beseßtem Hause einen gün- stigen Erfolg erzielt.

Nedacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen

Berlin:

museums. Berlin. Jnternationale Fachausftellungen. Düssel- dorf. Eröffnung der Gewerbe-, Jndustrie- und Kunst-Auéstelung.

(einshließlich Börsen-Beilage).

M 142.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 19. Funi. Jm weiteren Verlaufe

der gestrigen (78.) Sißung seßte das Haus der Ab- eordneten die zweite Berathung des Geseßentwurfs, be-

treffend Abänderungen der kirhenpolitishen Ge- 080, jo Dry Aba, Dr. Gneist bemerkte, die Mehrheit der Kommission sei geneigt gewesen, den 8. 1 der Regierungsvorlage anzunehmen, die Wieder- besebung der jeßt erledigten Psarrstellen nach Kräften zu erleichtern, die dafür nothwendigen Dispensationen gut zu heißen, für diesen Zweck auch die Neubeseßung oder Verwesung der Bischofsiße im 8§. 5 der Regierungsvorlage möglichst zu erleihtern. Es erhebe sich aber dagegen der ernste Zweifel, ob der Staat dies könne, ohne seinen Rehten etwas zu vergeben. Die preußische Staatsregierung wisse besser als jeder Andere, daß dieser sogenannte Nothstand von ihren Gegnern geschaffen sei. Nach einheitlihem Plan sei die Anzeigepflicht der preußischen Geseßgebung zum Angriffspunkt gewählt, wo die Kirchengewalt ihr non possumus eingeseßt habe. Alsbald habe sih die Unmöglichkeit einer gesezmäßigen Neubeseßung jeder Pfarrstelle und Hülfsstelle ergeben müssen. Alsbald sei dann der Staat genöthigt gewesen, mit Zwang und Strafen gegen Geistliche einzuschreiten, die ihr widergeseßlich übernommenes Amt zu üben begonnen hätten. Alsbald sei jener Zustand des Martyriums vorhanden gewesen, den die römische Kirche stets als eine vortheilhaste Position im Streit gegen die Staatsgewalt erprobt habe. Abseßung und Verbannung von Bischöfen, Verwaisung der Gemeinden, der Polizeibüttel im Kamps mit würdigen Geistlichen, die ihre heiligsten Berufs- pflihten erfüllten, hätten dann das lebendige Bild der finsteren Macht gegeben, die auf die Zerstörung der katholishen Kirche im Bunde mit allen kirhenfeindlihen Mächten hin- Gee Un batte man van M Pren oden ganzèn Apparat dexr Agitation in Bewegung ge- seßt, den die ecclesía militans sttts in irgend einem Theil der Welt im Gange habe, und dessen sie bedürfe, um ihre Weltherrschaft wieder zu erkämpfen. Könne der Staat einem solhen Gegner auhch nur einen Schritt entgegen kommen, ohne den Schein zu erwecken, als ob derselbe sich \{uldig fühle und reumüthig widerrufe? Wenn darüber eine Volks- vertretung gefragt werde, so sei wohl keine entschlossener als die deutsche der Verleumdung zu antworten mit dem Troß auf ihr gutes Recht und ihr gutes Gewissen, und Gott zu vertrauen, daß alle jene Künste, in denen jederzeit der FFesuitismus dem Protestantismus überlegen gewesen sei, dohch wieder zu Schanden werden müßten. Jm verstärkten Maße würden dies Gefühl des Rechts und des guten Gewissens die Rechtsverständigen theilen, welche im Stande seien, das Ge- webe von Sc{eingründen und Trugschlüssen einigermaßen zu entwirren, wie man es gegen die preußische Kirchengesebß- gebung zusammen geflohten habe. So berechtigt ein Gefühl der Art für jeden Einzelncn sein möge, so könne es dennoch niht der Standpunkt der preußischen Staats- regierung sein, welhe die {were Aufgabe erhalten habe, mit extremsten Richtungen von beiden Seiten, der ultramontanen und der lutherishen ihr Staatswesen in Ein- klang zu halten. Eine solhe Staatsregierung thue gewiß Recht mit Verleugnung jedes Gefühls unverdienter Verleßung sih lediglich an die sahlihen Gesichtspunkte zu halten, anzu- erkennen, daß mehr als- 1000 Pfarrgemeinden verwaist seien, daß Hunderttausende einer christlichen Lehre und Seelsorge entbehrten. Es sei nicht das erste Mal, daß die preußische Staatsregierung eine ernstere Fürsorge für die lehrende und seelsorgende Geistlichkeit gezeigt habe als deren kirchliche Dbere. Sei ein Nothstand einmal da, so solle der Staat helfen, wie derselbe immer helfe, ohne nah der Schuld zu fragen, so lange der Nothstand da sei. Auf die Suldfrage sei dann später zurückzukommen. Müsse der Staat die Thatsache an- erkennen, daß das vorhandene Personal vollausgebildeter Geist- lichen niht ausreiche, um vielleiht au nur die Hälste der vorhandenen Lüden zu füllen, so werde die Regierung Recht thun, nicht auf eine vieliährige Periode hinzuweisen, in der ein neues Per- sonal herangebildet werden solle, sondern durch Dispensation sogleih zu helfen. Das von dem objektiven Standpunkt des Staats aus Rechte werde aber auch vom politischen Stand- unkt aus stets das Rathsame sein, wo es sh um Kirche und

Religion handele. Die weitverbreitete Stimmung, daß man einem solhen Gegner niemals nachgeben, sondern darauf ver- trauen müsse, daß Wahrheit und Recht sich selber durchkämpf- ten, möge in ftaatlichen Guagen berechtigt sein ; in staatsfkirch- lichen Kämpfen werde dies Vertrauen s{werlich in Erfüllung gehen. Kirchliche Streitfragen hätten für das deutshe Volks- leben noch immer eine solhe Bedeutung, daß man auch mit dem Vorurtheil und mit dem Schein als E ten zu rehnen habe. Die Staatsregierung müsse damit reh- nen, daß es einer systematisch geleiteten Agitation jederzeit leicht sei, die berehtigtsten Ansprüche des Staats als kirchliche Verfolgung darzustellen. Die Regierung habe durch diese Vor- lage vor Aller Augen den thatsächlichen. Beweis geliefert, daß sie durhaus den Frieden haben wolle, sie fomme entgegen, so weit es, ohne den Rechten des Staates etwas zu vergeben, irgend angänglih sei. Die Phrasen, welche in agitatorisher Weise in der Presse oft genug vorgebracht worden, daß es sih um weltbewegende Dinge handle, mahten auf den denkenden Theil des Publikums keinen Eindruck mehr. Es werde der Kirche nichts Unwürdiges zugemuthet, es werde von ihr in keiner Weise zu viel verlangt. Es könne dem Staate nicht gleich- gültig fein, ob alltäglich Tausende von geistlihen Herren und Hunderttausende von klerikalen Blättchen dem Volke predigten: der Staat verjage die’ Bischöfe, beraube die Gemeinden ihrer Geistlichkeit, bestrafe die amtstreuen Geistlichen, um die katho- lische Kirche zu zerstören. Dem gegenüber habe es doch auch wohl eine politishe Bedeutung, wenn der Staat unbeküm- mert um die Phrasen zwei Schritte da o d und mit Allem, was in seinen Krästen stehe, die wirk- lich vorhandenen Hindernisse wegräume, o daß es nux vom Kirchenregiment abhänge, die verwaisten Pfarrge- meinden binnen wenigen Monaten zu beseßen. Daß das nicht geschehe, um die Kirche zu zerstören, verstehe Jedermann, und

zum Deutschen Reichs-Anze

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 19. Juni

iger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1880.

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es sei nun ein zwiefaher Ausgang möglih. Entweder das Kirchenregiment mache Gebrauch von der weit geöffneten Thür, designire die zum Pfarramt geeigneten Personen, soweit solche vorhanden seien, zeige solhe dem Staat an, und überzeuge sih, daß unter 100 bona fide benannten Personen 99 ohne Anstand passiren würden: so habe die Diokletianische Christen- verfolgung ihr plögliches Ende erreiht; man gewöhne si au für die Zukunft an den Gedanken, daß zur Abwehr einer allgemeinen Christenverfolgung ein Bogen Papier ausreiche und die Reibungen zwishen Staat und Kirche verliefen so, wie in Bayern, Württemberg, Baden dieselben Fragen verlaufen seien. Oder das katholische Kirchen- regiment folge nah allen gemahten Erfahrungen noch einmal seinen früheren Rathgebern, weise die weit vorgestreckte Hand zurück und mache die Beseßung der Pfarren unmöglich durch die halsstarrige Verweigerung jeder Anzeige: nun in Gottes Namen. Dann werde der Kirchenstreit allerdings in eine neue Lage treten, indem der ganze Streit in einen Brennpunkt trete, in die Frage der Anzeigepflicht, in die schon seit 4 Wochen Tag für Tag sihtbarer Alles si zu- sammendränge. Der öffentlihen Meinung werde dann die ungewöhnliche Zumuthung gestellt, nahzudenken. Sie werde aber dieser Zumuthung genügen, sobald eine sehr verwickelte und {were Frage zu einer einzigen Frage werde. Die Ope- rationsbasis, auf der der Kirchenkrieg gegen Preußen geführt werde, würde in ihrer ganzen Nichtigkeit und Unwahrheit alsbald verständlih werden, fobald sie sih in eine Frage zu- sammendränge. Man könne dem Staat ein jedes Recht über die Kirchen bestreiten, unmöglih aber den Anspruch, daß jeder fkatholishe Geistliche, der irgend ein Recht vom Staat beanspruche, sich über die Verleihung des Amts ausweisen müsse. Kein Prozeß, kein Vermögensanspruch, fein Antheil an der öffentlihen Schule, kein kirhlihes oder Pfarrrecht oder Vorrecht könne beansprucht werden ohne solchen Ausweis. Der katholische Geistliche trete niht als eine über- irdische Erscheinung in seine Gemeinde, die durch sich selbst legitimirt wäre, sondern bedürfe wie _ jeder irdishe Mensch der Legitimation vor der bürgerlichen Obrigkeit, Kein Gerichts- urtheil, keine Staatsautorität katholischen oder evangelischen Bekenntnisses habe dies elementare Recht, das Recht der Kenntnißnahme und des Ausweises je zu bestreiten gewagt, kein Kleinstaat habe sich dies Recht je bestreiten lassen, selbst bei den Jnstitutionen der Nonnenklöster und Damenstifter, jenes Recht der Kenntniß vom Personalbesiand und von der Legitimation der Mitglieder. Ein Geistlicher, der dies ver- weigere, würde sich selbst außer dem Geseß stellen. Eine Weigerung, sih dem Staat auszuweisen, sei nihts Geringeres als Negation des Rechtsverhältnisses als Unterthan. Der Staat sei durhaus berechtigt, die Anzeige von der Er- nennung von Kircgendienern ebenso im einzelnen Falle zu fordern, als allgemein diese Anordnung zu treffen. Daß der Staat jolche Anordnungen treffen dürfe, könne unmöglih von einem Juristen oder Theologen bestritten werden, es gehöre dieses Recht eben zu den elementarsten Befügnissen des Staates. Wer aber auf katholischer Seite behaupte, daß die Geistlichen dieser Staatsforderung niht nachkommen dürften, für den gelte der Gehorsam von dem römischen Recht als selbstver- ständlich, die Unterwerfung unter das deutsche Recht aber in Jedes Belieben gestellt. Der Papst könne so wenig von dem Gehorsam gegen die Staatsgeseße dispensiren, wie derselbe bei der Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht oder der dem Staate schuldigen Steuerpflicht etwas drein zu sprechen habe. Es sei wohl ein Gefühl der Unhaltbarkeit des ganzen Stand- punktes, wenn man dann gewöhnlich A habe: die einfache Anzeige einer Amtsanstellung würde sich die Kirche wohl gefallen lassen. Aber der Staat knüpfe daran die wei- ¡ere Aussicht auf Einspruch gegen die Anstellung und Entschei- dung eines Gerichtshofes, den die Kirche nicht anerkennen fönne! Sollte sfich nun aber wirklih etwas Ungebührliches an die Anzeige anreihen, so würde si die Kirche den weiteren ungeseßlihen Zumuthungen zu widersegen haben. Unmöglich aber könne sih ein Unterthan einer allgemeinen Staatspflicht entziehen unter dem Vorwand, es könnte sich eine weitere un- geseßliche Zumuthung daran knüpfen. Der zu einer Zoll- anmeldung Verpflihtcte könne sich ihr doch nicht ent- ziehen mit der Behauptung, man werde ihm zu viel abfordern, der zur Steueranmeldung Verpflichtete sih niht entziehen, weil derselbe steuerfrei zu sein behaupte, der Militärpflichtige sich niht entziehen, weil derselbe be- haupte, man werde ihn zu lange dienen lassen. Das alles jeien Rechtsausflüchte, wie sie ein {lauer Advokat einer ränkesüchtigen Partei an die Hand gebe, aber rehtlich völlig haltlose, abenteuerlihe Behauptungen, um den offenen Unge- horsam gegen das Gese zu beshönigen. Es sei eben das Gefühl der rechtlihen Unhaltbarkeit, welches die Gegner dahin- getrieben habe, den Ungehorsam für einen römisch-katholischen Glaubensartikel auszugeben. Allein es genüge doch nicht, einen Glaubenssagß gegen das Staatsgesey zu behaupten: man müsse den Glaubenssaß auch beweisen oder doch glaub- würdig zu machen suchen. Allein wo in der Welt sei eine Silbe zu finden in der heiligen Schrift, im kanonischen Recht, in den Glaubensnormen der römischen Kirhe auch nur eineSilbe über die Unzulässigkeit einer Legitimation für das geistlihe Amt vor der bürgerlichen Obrigkeit? Ließe sih ein Glaubenssaß daraus machen, so wäre das siherlih im Syllabus, in der Encyclika, oder in einem Nachtrag dazu geschehen. Daß es kein Glaubenssaÿ sei, ergebe das eigene Verhalten der römischen Kirche. Wo die Landesgeseße solche Anzeigen allgemein für alle Anstellungen oder do für die ordentlichen Pfarrstellen vorschrieben, seien solhe niht blos in Preußen eingeführt, sondern ebenso in anderen deutshen Staaten, bald enger, bald weiter, bald so, bald so, je nachdem die einzelnen Staaten sich mehr oder weniger Verdienste um die römische Kirche erworben hätten, wie ein päpstliher Erlaß sage. Aus solhen Maximen der römischen Kirchenverwaltung aber angeblihe Glaubenssäße machen zu wollen: das verbiete niht sowohl der Staat als das positive Christenthum, Ves keine Glaubenswahrheiten kenne, die bald ganz, bald halb, bald gar niht gelten sollten, je nahdem dem Kirchenregiment mehr oder weniger Vortheile

dafür geboten würden. Der christlihe Staat könne solchen Ablaßhandel mit Glaubenssäßen nicht anerkennen, und wenn es wirkli} Glaubenssäße wären, so würde der deutshe Unterthan mit der Berufung darauf das Grund- geseß verlegen, das derselbe tägli selbst anrufe: den obersten Grundsay der Verfassung, Artikel 12: „Den bürgerlichen und staatsbürgerlihen Pflichten dürfe durch die Ausübun der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen.“ Sei hierna die vom Centrum eingenommene Stellung rechtlich eben so haltlos wie als Glaubensfag, so bleibe als leßte Zufluht nur die Behauptung, es würden in Preußen mit der Anzeige- pflicht den Bischöfen ncue, unbillige, unerhörte Zumuthungen gemacht. Neue Zumuthungen insofern sicher nicht, als die Anzeigen bis 1840 in Preußen kontinuirlich gemacht seien, noch ehe sie landes3geseßlihe Vorschrift geworden seien. Aber auch kein deutscher Kleinstaat habe si bisher der Souveränetät des römischen Stuhles soweit unterworfen, daß derselbe ih die Anstellung jedes Ausländers, jeder bestraften Person hätte gefallen lassen, am wenigsten der wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt bestrasten Personen. Die älteren Landes- verfassungen Deutschlands reservirten vielmehr ein allgemeines Widerspruch3recht des Staates entweder positiv, indem sie der Staatsgewalt allgemein die „Bestä A aller pfarramtlichen Anstellungen vorbehielten wie in Bayern, oder négativ wie das preußische Landreht und die meisten anderen, indem sie durch das Aufsichtsreht als jus cavendi, prohibendi, inter- dicendi die Zurüdckweisung eines Geistlihen allgemein vorbe- E und durch Verwaltungs-Exekution , d. h. dur Geld- uße, Haft und körperlichen Zwang durWhseßten. Die prote- stantische Kirche habe sih auch jederzeit dem staatlihen Recht gefügt, auh wo sie von Hause aus die herrschende und allein berehtigte gewesen sei, sobald sie zu einem katholishen Staats- ganzen hinzugetreten sei. Sie habe in diesen wie in allen anderen streitigen Fragen niemals im Staate Bayern die impertinente Behauptung entgegengestellt, daß die sehr viel weiter gehenden bayerishen Geseße für fie nicht bindend seien, weil solhe Geseße von einem katholischen König, einem katholishen Ministerium, einem überwiegend katho- lischen Reichsrath und Abgeordnetenhause gegeben seien. Die Neuerungen des leßten Menschenalters beständen nur darin, daß die Staatsgewalt \sich nicht mehr in Glaubens- und innere Sachen der Kirche einmischen wolle, sondern ihren Einspruch auf rein staatliche Gründe beshränke. Darauf beruhe die Fassung der neueren Geseße, wie im Würtembergishen von 1862: „Alle Kirchen- ämter dürften nur an Solche verliehen werden, welche nit von der Staatsregierung unter Anführung von Thatsachen als ihr in bürgerlicher oder politischer Beziehung mißfällig erklärt würden.“ Gleih weit sei die exclusiva des Staats in Baden gestellt seit 1860. Jn Oesterreich sei sie auf ein „in sittlicher und staatsbürgerlicher Hinsicht vorwurfsf\reies Verhalten“ gestellt. Das Unerhörte in den preußishen Mai- geseßen bestehe nur in zwei Punkten: 1) nicht jede Mißfällig- keit in bürgerlicher oder politisher Beziehung, sondern nur ein durh Thatsachen bekündeter Widerstand gegen die Staats- geseße oder Störung des öffentlichen Friedens berechtige den Staat zur Ausschließung, und 2) über den Ausschließungs- grund entscheide endgültig ein Gerichtshof. Das Unerhörte in der preußishen Geseßgebung beschränke sih also darauf, daß der preußische Staat allein der Kirche einen gerichtlichen Schutz dagegen gewähre, daß sih der Staat niemals in Glau- bens- und innere Streitigkeiten mischen werde, sowie darin, daß die allgemeine Ausschließung wegen politisher Mißfällig- keit auf zwei bestimmte Fälle beshränkt werde. Dies sei das wirkliche Unicum der preußishen Geseßgebung, von dem die Wahrheitsliebe der Gegner behaupte, in Preußen würden zur Zeit alle kotholishen Geistlihen nah dem Belie- ben der Staatsgewalt angestellt, Er komme nun zu seinen Schlußfolgerungen. Die Staatsregierung habe es der öffentlichen Meinung nicht leiht gemacht, in dem Gesezentwurf mit seinen völlig ungleichartigen Vorschlägen einen Plan und Faden zu finden. Aber dieser Theil der Vor- lage sei verständlih. Wolle der Staat alles thun, was der- selbe könne, um den verwaisten katholishen Gemeinden zu helfen, so könne derselbe diese Konzession sih, seinen Unter- thanen und dem Beruf der Seelsorge machen, damit Recht thun und Niemanden scheuen. Die Vorlage verfolge aber einen Plan, der auch eine politishe Berechtigung habe, deun dieselbe beseitige damit die Operationsbasis, auf der der kleri- kale Feldzug gegen den Staat geführt worden sei. Füge sih das Kirchenregiment und komme mit der geordneten Anzeige die normale Beseßzung der Pfarren im Gang, so zerfalle jene Basis von selbst. Werde der Widerstand dagegen fortgeseßt, so falle alle Gehässigkeit, die man dem Staat angedichtet, auf ihre Urheber zurück, und es werde nun _erst für Jeder- mann im Volk verständlih, daß nicht der Staat, sondern der hohmüthige Souveränetätsdünkel des Klerus die Ge- meinden ihrer Pfarrer beraube und mit erdichteten Vorwän- den sih den staatlihen Geseßen entziche. Es fielen dann die scharfen Schlaglichter von allen Seiten auf die Kampf- weise des Centrums in gemeinverständliher Weise, Und 6 werde Der ene Pl gl wie der- selbe seinerzeit eingefädelt worden sei, so fein angelegt wie ein Konsortium von rabbulistishen Advokaten, erhißten Klerikern und partikularistishen Politikern nah bewährten Mustern ihn hätte erdenken können, ein Plan, der aller Klugheit un- geachtet zu Schanden werde, sobald derselbe der öffentlichen Meinung endlih verständlih werde. Es werde dann au endlich die Zeit kommen, wo sich den evangelischen Geistlichen und ihren Kirchenpatronen, die bisher auf jener Seite ständen, die Augen öffneten. Bis fo weit vermöge er die Fntentionen der Staatsregierung zu verstehen Und viele von seiner Partei würden auch die Hand bieten zur Verwirklichung. Darüber hin- aus sei er außer Stande, Maßregeln zu S rit die zuheißen, die auch nur einen berechtigten Schein eines Auf- gebens von Grundsäßen des Staats erweckten und für die zur Zeit in irgend einem Nothstand der Gemeinden keine Veran- lassung gegeben sei. Am wenigsten aber würde er dem Jrr- wege folgen können, der die selbstverständlihe Unterthanen- pflicht des Klerikers zur Anzeige und Legitimation bei der

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