1924 / 150 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jun 1924 18:00:01 GMT) scan diff

Ri +9 arif 270 R M OUS Ü e O P E I S A s

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abgeî:)lossen. Diese Erklärung habe ih eben schon abgegeben. Dann ist aber gesagt worden, das Gehalt, das ih angeseßt habe, war so hoch, daß es ganz ungewöhnlich ist. Es ist weniger, als in der Privatindustrie üblich ist. (Abg. Weissermel: Aber höher als im Etatsstand!) Gewiß, Herr Abg. Weissermel, Sie haben ja recht, das hängt mit dem Wesen des ganzen Vertrages zu- sammen, das gebe ih Fhnen durchaus zu. Aber wenn Sie die Etaisposiitionen als Grundlage für Gehälter anwenden wollen es mußte sih doch um einen tüchtigen Mann handeln, und daß man den nicht für die Gehälter bekommt, die wir im Etat aus- geseßt haben, ist doch klar. Das ist ja bei den Bergwerken und Hütten ganz dasselbe. Das geht nun einmal nicht anders. Die Privatindustrie, die ganz anders bezahlt, s{hnappt uns dann die besten Leute weg. (Zuruf rechts.) Warten Sie doch erst ab, was aus der Porzellanmanufaktur wird! Jch denke ja gar nicht an eine Aktiengesellschaft. Ueber die Frage, was daraus werden soll, haben wir uns noch gar nicht unterhalten.

Dann ist gesagt worden, der Vertrag ist auf sieben Fahre ab- geschlossen, das ist geradezu unglaublich, einen so langen Vertrag abzuschließen. Aber meine Damen und Herren, ih habe nicht ein- mal vorgeahnt, wie es kommen würde. Der Vorgang, der sih ab- gespielt hat, ist doch der beste Beweis dafür, daß gerade ‘diese Vor- sihtsmaßnahme für uns notwendig war. Leider ist der Vertrag gar nicht in Kraft getreten, sonst wäre wenigstens eine Bestims mung dabei wirksam geworden, nämlich die, die der Staatlichen Porzellanmanufaktur einen gewissen Schuß gewährt, wenn ein Direktor wieder weggeht. Diesen Shuy haben wir jeyt nicht. Herr Dr. SYneider war ein Fahr bei uns, erx kehrt zu Rosenthal zurück, der ihm ein außerordentlich günstiges Angebot gemacht hat, mit dem wir gar nicht konkurrieren können. Troÿdem wäre er bei der Manufaktur geblieben, wenn wir thm eine Position verschafft hätten, in der er in Ruhe arbeiten konnte, was [eider aiht der Fall war.

Welcher Vorteil für die Staatliche Porzellanmanufaktur aus all diesen Kämpfen erwachsen wird, weiß ich noch nicht. Jh hoffe immer noch, daß es möglichst \{merzlos an uns vorübergeht. (Zuruf: Wer ist #{uld?) Mer daran {huld ist? Schuld ist daran, daß man den Mann in der ganzen Zeit nicht hat ruhig arbeiten lassen, daß man ihn nicht auf die Fehler in einer Form aufmerksam gemacht hat, die nicht ehrkränkend und verleyend ist. Fm wesentlichen ist aber das Motiv gewesen, daß der Preußische Handel3minister ihn berufen hat. Deswegen mußte er von Anfang an nich1s taugen. (Zuruf: Schuld ift, daß ein Minister seine Pflicht nicht kannte!) Damit hat der Mann dochch nichts zu tun. Wenn er cin tüchtiger Beamter ist, der seine Aufgaben erfüllt, fann ‘er doch nicht darunter leiden. Gegen mich können Sie im Landtag Stellung nehmen, aber das kann doch nicht dazu dienen, dem Direktor die erdenklichsten Schwierigkeiten zu machen. Der Mann ist ja das ganze Fahr niht aus den Schwierigkeiten heraus- gekommen.

Meine Damen und Herren, das eine steht doch heute für jeden der es über sih gewinnt, der Wahrheit die Ehre zu geben, fest, daß die Tätigkeit des Herrn Direktors Schneider im vergangenen Fahre für die Manufaftux sehr fruchtbar gewesen ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemotraten. Widerspruch rechts.) Vielleicht bei Jhnen nicht, Herr von Eynern. Es gibt ja einige wenige rühmliche

Das eine werden Sie doch aber wohl nit bestreiten fönnen, daß die Zeit vom 1, Juli 1923 bis 31. März d, J; die s{chlimmste unseres ganzen Wirtschaftslebens gewesen ist. Des- halb hat Herr Direktor Schneider das Gold der Manufaktux an- greifen müssen. Er hat es aber wieder angeshafft, exr hat sogar Barbestände angesammelt. Troßdem Jhnen, Herr von Eynern, das nicht gefällt, ih sehe das an Fhrem unwirschen Gesicht, muß ih das feststellen. (Zuruf des Abgeordneten von Eynern.) Ich will aber niht näher darauf eingehen; wenn Sie diese Rücksicht durch aus notwendig haben, will ih sie ganz gern üben. Meine Damen und Herren, wenn Fhnen noch immer nicht klar ist, daß in der keramischen Fndustrie jm vergangenen Fahre außerordent- lih schwierige Verhältnisse herrschten, dann erkundigen Sie sih doch einmal dana. Die besten Betriebe haben Feierschichten einlegen und zu Arbeiterentlassungen schreiten müssen. Das ist in der Slaatlichen Manufaktur nicht vorgekommen, troßdem der ver- langte Kredit nicht rechtzeitig einlief, er wurde nicht veriveigert, weil man ihn niht geben wollte, sondern weil man noch nähere Unterlagen brauchte. Aber das hätte natürlich so lange gedauert, daß er gar keinen Wert und gar keine Bedeutung mehr gehabt hätte. Fnsofern danke ih aber Herrn Dr. Schneider troy aller Anfeindungeu, daß er uns das cine Jahr zur Verfügung ge- standen hat, und ih hoffe, daß manche seiner Anregungen, viel- leiht von seinem Nachfolger, zum Wohle der Manufaktur pfleglih weiter behandelt werden.

Meine Damen und Herren, ih möchte dann mit wenigen Worten auf die Anträge eingehen, die dem hohen Hause vorliegen, und dabei auch die Frage der Altpensionäre ganz furz behandeln. Sn der Umstellu ngsfrage kann ih mitteilen, daß an dem Eniwurf weiter gearbeitet wird, daß aber eine endgültige Verahs schiedung bei mir so lange nicht möglich ist, als ih niht einen geeigneten Mann für die Leitung der Manufaktur gefunden habe. Die Auswahl wird ganz gewissenhaft erfolgen; denn ih kenne ja jeyt die Wünsche der Herren Abgeordneten, die im Hauptaus\{huß zum Ausdruck gebracht vorden sind. Fch werde auf diese Wünsche îm größtmöglichen Umfange Nücksiht nehmen. Sobald wir also die Stelle wieder beseßt haben und Sie haben in Fhrem Ent- hliezungsantrag unter Ziffer 1 die Grundsäße dafür nieder- gelegt —, wird eine möglichst umgehende Verabschiedung der Vor- lage erfolgén.

Dann hat der Herr Berichterstatter darum gebeten, daß der Revisionsbericht der Oberrechnungskammer nicht dem Hauptausschuß, sondern dem Untersuchungsausschuß über- geben wird. Jh halte das für richtig und schließe mi diesem Wunsche an.

Dann möchte ih aber noch einige Worte zu der Ziffer 9 der Anträge des Hauptausschusses sagen. Am 5. Januar haben wir einen Termin in der Frage der Altpensionäre gehabt, in dem folgender Urteilsspruch gefällt wurde

Es wird festgestellt, daß die Beklagte also die Manufaktur / verpflichtet ist, die dem Kläger =— ¿inem Altpensionär

Ausnahmen.

e

zustehende Pension nach Maßgabe der Bestimmungen des Beamtenruhegehaltsgeseßes vom 17. Dezember 1920 zu be» rechnen und zu zahlen. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil .… . ist gegen Sicherheitsleistung von 1000 Goldmark vorläufig vollstreckbar. Gegen das Urteil ist Berufung eingelegt worden. Aber auch in dex Berufungsinstanz sind wir mit unserer Gegenklage abgewiesen und die Berufung is verworfen worden. Es wird jeßt geprüft, ob noch Revision eingelegt werden kann und soll. Diese Frage ist noch nicht abgeschlossen; ih hoffe aber, daß sie alsbald zum Ab- {luß kommt. Denn ih möchte doch au endlih diese Angelegen- heit, die niht nur im Interesse der Altpensionäre eine alsbaldige Erledigung uotivendig macht, sondern auch aus finanziellen Gründen bald einer Klärung entgegengeführt werden muß, erlæ@igt sehen. Die Dinge liegen do so, daß, wenn sih dieses Urteil aus- wirkt, was doch zweifellos der Fall sein wird, dann an die Manu- faktux sehr hohe geldlihe Anforderungen geste werden. Diese Frage muß deshalb möglichst bald klargestellt werden, damit wir bei der künftigen Gestaltung der Manufaktur, ganz besonders aber au bei der Umstellungsfrage darauf Rücksicht nehmen können.

Ich bitte Sie deshalb, meine Damen und Herren, diese An- gelegenheit möglichst leidenschaftslos zu behandeln und nicht weiter in der bisherigen Form zu reden, weil ih dann fürchte, daß noch mehr Porzellan zerschlagen wird, als ‘dies ohnehin schon geschehen ist. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)

Die zweite im Anschluß an die Ausführungen des Abg. Ludewig gehaltene Rede:

Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte nötigt mich, noch einmal ganz kurz das Wort zu nehmen. Jch hätte es lieber gesehen, wenn es mir möglich gewesen wäre, Herrn Direktor Schneider heute ebenfalls zur Verfügung im Landtage zu haben. Das ist leider deshalb nicht möglich gewesen, weil gestern ganz unerwartet der Etat auf die Tagesordnung gesebt wurde, während wir annahmen, daß erst die Beratung des Justizhaushalts vor fich gehen und nachher erst der Haushalt für Handel und Gewerbe, der Porzellanmanufaktur umd der Bergwerke folgen würde, ähnlich wie es im Hauptausshuß geschehen ist. Jch bedaure das, konnte es aber im lezten Augenblick nicht mehr ändern.

Jh möchte deshalb, soweit ih dazu in der Lage bin, nur ganz kurz folgendes sagen. Das Gold, das verkauft werden mußte, um die Löhne der Angestellten umd Arbeiter auszuzahlen, ist ordnungsgemäß an die Reichsbank abgeführt worden. Es ist nicht verschoben worden. Das will ih nur nebenbei erwähnen.

Dann ist es auch nicht wahr, daß die Firma Rosenthal das geht ums eigentlich hier nichts an, ih will es aber rihtig- stellen die Manufaktur Nymphenburg gepachteit haben soll. Nymphenburg hat ein anderer, nicht die Firma Rosen- thal. Das sollte die Frau Abgeordnete Ludewig eigentlich wissen.

Was mich besonders veranlaßt hat, noch einmal das Wort zu nehmen, waren die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Riedel. Für gedächtnisshwach halte ih mich nicht und lasse ih mich au nicht hinstellen. Wenn mir aber plößlich im Ausschuß, ohne daß ich daran denken konnte, daß die Angelegenheit besprochen wird, die Frage zux Aeußerung vorgelegt wird, ob ih in der Versamm- lung eine bestimmte Aeußerung getan habe, habe ih zunächst gefagt:

Jch erinnere mi dessen niht; ih habe nicht die Notizen bei mir. JFch habe inzwischen versucht, aus den Notizen den Vorgang fest- zustellen, Bei der überraschenden Frage war mir das nicht mögli. Fn der Hauptausschußsibung hat sich der Vorgang genau so ab- gespielt das wurde von allen Herren bestätigt —, wie ihn der Abgeordnete Heilmann vorgetragen hat. Es wäre doch ein bißchen mehr wie toll und wäre geradezu der Gipfel der Frivolität, wenn ih gesagt hätte: ih habe die Sache gemacht, obwohl ich überzeugt wäre, daß ih damit gegen das Etatsreht des Landtages verstoße. Das Bewußtsein ist uns allen erst später geworden, sowohl dem Finanzminister als mix, und als ih das festgestellt habe, habe ih sofort im Hauptausschusse die gewünschte Erklärung abgegeben.

Nun soll ih in der Versammlung gesagt haben, ih hätte: es absichtlich gemacht. Davon ist keine Rede. Jh habe machgesehen, was ih ungefähr gesagt haben könnte. Jch habe gesagt: ich bereue es nahträglih nicht, daß es geschehen ist. Denn dadur bin ih in der Umstellumgsfrage ein gutes Stick vorwärts gekommen. Das ist natürlich etwas anderes. Daß ein großer Teil der Beamten und Angestellten dem Minister nicht freundlih gesonnen it, weiß ih aus anderen Vorgängen. So ist ein Beamter, dem ich im Ver- trauen darauf, daß er ein alter Beamter war, die Hand gegeben

holbe, nachher zu den Stenotypistinnen und anderen Angestellten gelaufen, hat ïhnen die Hand gezeigt und, um den Minister herab- zusehen, gesagt: Riecht mal die Hand, die rieht nach S{hlosser- hand. Jch wäre niht darauf zurückgekommen, wenn man nicht sonst gewissen Manufakturbeamten ein solhes Lob gespendet hätte. Es ist nicht wahr, daß ih gesagt habe: ih kann mich des Kaufs nicht erinnern. Das kann ih wohl, denn ich habe: die Rechnungen. Jch habe auch in meinem Kalender die Daten angeschrieben. Wenn ih etwas kaufe und das habe ih oft gemacht —, habe ih sehr oft *telephonisch die Sache bestellt und vorher festgestellt, ob ih die gewünschten Gegenstände morgen für denselben Preis bekommen kann. Das hat in der Juflationszeit jeder fo gemacht. Der Unter- rehmer kann dann doch nur sagen: Sie können es für das Geld nicht bekommen. Dann kaufe ich es einfach nicht.

Nun hat in den Verhandlungen des Hauptausschusses der Bericht der Oberrechmungskammer cine große Rolle gespielt. Der Bericht lief zwei Tage vor der Sitzung bei uns ein, natürlich auch bei der Manufaktur. Jett sollte Rede und Antwort darüber ge- standen werden; ih war bereit, ihn zu verlesen. Der Bericht be- steht aus einer Denkschrift von 90 Seiten und einem Revisions- beriht von 26 Seiten. Gin solcher Bericht hat erst Wert, wenn die Manufaktur dazu Stellung genommen hat. Die Anlagen, aus denen die Nachprüfung erfolgen kann, sind ih weiß nit, ob sie heute hon in der Manufaktux sind an dem Sißungstage bei der Oberrechnungskammer gewesen. Dann sollte, ih Fristen angeben, bis zu welchem Zeitpunkt ih den Bericht dem Hause vorlege. Das hängt von der Oberrechnungskammer ab. Jn der Manufaktur soll das nicht lange dauern. Herr Dr. Schneider hat sih eine ganz kurze Frist erbeten, aber er muß dazu selbst Stellung nehmen, weil sonst die Gefahr besteht, daß etwas zum Ausdruck gebracht wird, das nicht den Tatsachen entspriht. Weil nun der Hauptausschuß nicht die Verlesung wollte, die Herr von Eynern so dringend befürwortete, deshalb fam für mich die Gewißheit zum

Oberrechnungskammer haben muß. (Abg. von Eynern: Das is aber ein Frrtum!) Denn fo deutliche Angaben konnte nur jemand machen, der den Bevicht ganz genau kennt (Hört, hört! bei der Sozialdem. Partei.) Als ih ihn aufgefordert habe, mir doch zu sagen, wer ihm Kenntnis davon gegeben hat, hat er das abgelehnt und damit allerdings in sehr starkem Maße die Beamten meines Ministeriums vevdächtigt. Denn sowohl Herr. Ministerialvat Günther wie Herr Ministerialdirektor von Seefeld wie der Herr Staatssekretär haben den Bericht gelesen. Das konnte ih mix einfach nicht gefallen lassen, und da habe ich ihn aufgefordert, mir den Namen zu nennen, und naher sind Sie (zum Abg. von- Eynern) zu mir gekommen und haben mir selbst erzählt, der Herr Finanzminister hat Jhnen Einblick gegeben. (Widerspruch und Zuruf des Abg. von Eynern.) Bitte sehr, Herr Abgeordneter von Eynern, ih bin zufällig nicht allein gewesen; Herr Ministerial- rat Günther war zugegen, und er hat mir eben noch bestätigt, daß Sie das gesagt haben. (Abg. von Eynern: Fh habe aber keinen Gin- blick gehabt!) Sie haben ja übrigens nicht nur eine einzige be- stimmte Stelle genannt, sondern mehrere Stellen; es is von Jhnen in sehr starkem Maße mit diesem Material gearbeitet ivorden. Abg. von Eynern: Nein, lesen Sie es, bitte, im Bericht nah!) Fa, wie der nachher aussieht! (Erregte Zurufe des Abg. von Eynern. Unruhe und Zurufe.) Aber, meine sehr verehrten Herren, es kommt doch vor, daß jemand si verspricht; es ist das gute Necht eines jeden, seine Ausführungen in der Form in den schriftlichen Bericht zu bringen, wie er es sagen wollte. Das habe ih damit gemeint. Das tut jeder, das ist sein gutes Recht. (Wiederholte Zurufe rechts.) Meine Herren, Sie hätten sih diese Aufregung ersparen können, wenn Sie nh hätten zu Ende reden lassen (erneute Zurufe rechts); aber es ist anscheinend Fre Absicht, mich zu stören. Wenn Sie meinen Ausfiïhrungen gefolgt wären, daun wüßten Sie, daß ich lediglih habe sagen wollen und ih sage es noch einmal, damit kein Mißverständnis entsteht, und Sie können

* ¿8 in dem unkorrigierten Stenogvamm lesen —, daß ih damit nichts

anderes gemeint habe als folgendes: Die Berichte über die Ver- handlungen des Hauptausscusses gehen auch mir zu; da kommt es vor, daß ein Say mal eine Wendung genommen ht, die nicht den Ausführungen und Wünschen des Redners entspricht; es sind ja auch keine wörtlichen Berichte, die Stenographen fertigen ja einen auszugsweifen Bericht an, und da hängt es von der Dar- stellung dieser Beamten ab, ob das im einzelnen richtig ist. Des- wegen habe ih gesagt: es ist das gute Recht des einzelnen, Aende- rungen vorzunehmen. Es ist Jhnen vielleicht unangenehm, daß ih jeyt bekanntgegeben habe, daß der Herr Finanzminister Jhnen Einblick in den Bericht der Oberrechnungskammer gegeben hat. Aber das ist ja nicht meine Sache.

Die vom Justizminister Dr. Am Zehnhoff bei der Be- ratung des Justizetats im Anschluß an den Bericht des Abg. Hözker-Aschoff über die Ausschußverhandlungen gehaltene Rede hat folgenden Wortlaut :

Sowohl der Straf- als auch der Zivilprozeß sind im leßten Fahre durch Verordnung der Reichsregierung ivesentlich um- geändert worden.

Die Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafreht9pflege vom 4 Januar 1924 hat infolge der Kürze der Frist zwischen ihrem Erlaß und ihrem Ju- krafttreten die Justizverwaltung vor eine s{chwierige Aufgabe ge- stellt. Jun nicht ganz 3 Monaten mußten Aenderungen in der Einrichtung der Strafgerichte vorgenommen werden, wie sie seit der Einführung des Gerichtsverfassungsgeseßes und der Straf- prozeßordnung nicht mehr zu verzeihnen gewesen sind.

Der Schwerpunkt der Strafrechtspflege liegt nach der Ver- ordnung bei dem Schöffengericht und bei dem Amtsrichter als Einzelrichter. Die Schöffengerichte sind im wesentlichen an die Stelle der Strafkammer als Gericht erster Fnstanz und zum Teil auch an die Stelle des Schwurgerichts getreten, während dem Amtsrichter als Einzel- rihter ungefähr die Sachen zugefallen sind, über die bisher die Schöffengerichte zu urteilen hatten. Gegen früher sind hiernah die Schöffengerichte jeßt für weniger, dafür aber für roesentlih bedeutendere Sachen zuständig. Es erschien: deshalb weder not- wendig noch zweckmäßig, Schöffengerichte bei allen Amtsgerichten bestehen zu lassen. Es sind solche nur noch bei den Amtsgerichten am Sitze der Landgerichte und der auswärtigen Strafkammern und außerdem bei einzelnen anderen Amtsgerichten eingerihtet, bei denen besondere Gründe dies rehtfertigen. Fnsgesamt He- stehen jeßt in Preußen und Waldeck 175 Schöffengerichte. Hier- von entfallen 11 auf Groß-Berlin; von den übrigen sind 82 am Siy von Landgerichten, 388 am Siy von auswärtigen Straf- kammern und 44 an anderen Orten gebildet.

Die Verschiebung der Zuständigkeit hat eine wesentliche Ent- lastung der Landgerichte und damit die Gefahr zur Folge gehabt, daß die Richter bei Landgerichten nicht voll ausgenußt werden

Schöffengerichts besonders erprobte und in gehobener Stellung bes findlihe Richter zu betrauen, hat die Verordnung vorgeschen, daß ein Richter zugleih Amtsrichter und Direktor oder Mitglied bei dem übergeordneten Landgericht sein kann. Fn Peußen sind

direktoren und Amtsgerichtsräten und 505 zugleich zu Land- und Amtsgerichtsräten ernannt.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

& Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg

Verantwortlich für den Anzeigenteil: NRechnungsdirektor n ger bnd in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt; Berlin, Wilhelmstr. 32.

Bier Beilagen (einshließlich Börsenbeilage.)

Ausdru, daß Herr von Eynern Kenntnis von dem Bericht der

und Erste und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage.

können. Aus diesem Grunde, und um die Möglichkeit zu schaffen, f mit der Tätigkeit des Einzelrichters oder des Vorsiyenden des F

auf Grund dieser Vorschrift 218 Richter zugleich zu Landgerichts- F

Erste Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Ièr. 150.

Berlin, Freitag, den 27. Funi

1924

(Fortsezung aus dem Hauptblatt.)

' Von großer Bedeutung ist der Antrag auf Zuziehung eines zweiten Amtsrichters zur Hauptverhandlung des Schöffengerichts, weil es von ihm abhängt, ob in leßter JFn- stanz das Reichsgericht zuständig ist. Den gegen diese Bestim- mung vielfach erhobenen Bedenken habe ih dadurch Rechnung getragen, daß ih der Staatsanwaltschaft die Stellung dieses An- trags au für die Fälle zur Pflicht gemacht habe, in denen wih- tige Rechtsfragen zu entscheiden sind. Jm übrigen soll die Zu- ziehung des zweiten Richters stets dann beantragt werden, wenn die Sache tatsächlich \{chwierig liegt, insbesondere eine umfang- reichere Beweisaufnahme erfordert, oder wenn es sich um solche Straftaten handelt, die wegen ihrer Schwere oder Eigenart von besonderer Bedeutung sind.

: Für s[chwere Vergehen, das sind die mit Gefäng- nis von. mehx als 6 Monaten bedrohten, und für be- stimmte Verbrechen ist sowohl das Schöffengericht als au der Amtsrichter als Einzelrihter zuständig, und zwar hat der Amtsrichter über sie zu entscheiden, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt. Für die Fälle der Vergehen hat bereits die Verordnung vorgeschrieben, daß dieser Antrag nur dann gestellt werden soll, wenn keine höhere Strafe als Gefängnis von höchstens einem Jahre allein oder in Verbindung mit anderen Strafen oder mit Nebenfolgen zu erwarten ist. Jch habe dasselbe auch für die Fälle der Verbrechen angeordnet und die Staats- anwaltschaften außerdem allgemein angewiesen, Straftaten berufs- mäßiger Verbrecher und ebensolche von besonderer Bedeutung oder Schwierigkeit niht vor den Amtsrichter zu bringen.

Die Erweiterung der Zuständigkeit des Eingelrichters hat auch die Möglichkeit geboten, das beshleunigte Verfahren in größerem Umfange als bisher für eine shnellere Erledigung der Straf- sachen nußbar zu machen. Auch in diesec Beziehung sind die er- forderlichen Anweisungen an die Staatsanwaltschaften erlassen. Die mit dem beschleunigten Verfahren gemachten Erfahrungen sind bisher günstig, namentli ist die Zahl der Berufungen dabei sehr gering gewesen. Das ist auch keineswegs auffallend, weil der Ber- urteilte um so mehr geneigt ist, die Gerechtigkeit der über ihn ver- hängten Strafe anzuerkennen, je schneller nach der Tat ihn diese trifft.

Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte zur Entscheidung über die Berufung zuständig, und zwar als kleine Strafkammern über die Berufung gegen die Urteile des Amts- richters, als große Strafkammern über die Berufung gegen die Urteile der Schöffengerichte.

Von der Befugnis, auswärtigen Strafkammern die Tätigkeit der Strafkammer zu übertragen, habe ih in der Weise Gebrauch gemacht, daß ich ihnen im allgemeinen nur die Zuständigkeit der kleinen Strafkammer als erkennenden Ge- rihts zugewiesen habe. Nur einzelnen von ihnen Kirchen, Weblar und Hanim isst aus besonderen Gründen auch die Entscheidung über die Berufung gegen Urteile des Schöffen- gerichts und die Tätigkeit der Strafkammer als beschließenden Ge- rihts übertragen worden.

Nach den erlassenen anwaltlichen

Verfügungen werden die staatss-

führt. Schöffengerichte befinden, Staatsanwälte an die Spiye der Amts- anwaltschaft zu stellen, denen dann durch den Generalstaatsanwalt die Bearbeitung der Schöffensachen übertragen werden kann.

Die Bearbeitung der Sachen, in denen der Amtsrichter allein |

entscheidet, liegt stets dem Amtsanivalt ob. Die bei der Aburteilung von Landesverratsfachen dem Ober-

landesgericht übertragenen Aufgaben sind auf Grund der |

in der Verordnung vom 4. Januar den Landesjustizverwaltungen gegebenen Ermächtigung zur Herbeiführung möglichster Einheit- lichkeit in der Rechtsprehung aus\chließlich dem Kammergericht und den Oberlandesgerichten in Breslau, Cassel, Hamm und

Königsberg übertragen worden. Soweit solche Straftaten sich |

aus[{ließlih gegen die. Marine richten, ist in der Regel allein das Kammergeriht und nur für die östlich des polnishen Korridors gelegenen Landesteile das Oberlandesgericht Königsberg zu- ständig.

Nachdem die Wuchergerichte durch die Verordnung vom 20. März 1924 aufgehoben worden sind, ist Sorge dafür ge- tragen worden, daß in geeigneten Fällen all: Wuchersachen aus einem größeren Bezirke bei einem einzelnen Amtsgericht gemäß §& 58 des Gerichtsverfassungsgeseßes vereinigt und dort einem be- stimmten Richter zugewiesen werden, der bald allein, bald mit Schöffen gegebenenfalls auch unter Zuziehung eines zweiten Amtsrichters zu entscheiden hat. Es ist hiermit Gewähr dafür gegeben, daß die Sachkunde besonders erfahrener Richter für die Behandlung dieser Sachen auch fernerhin zur Verfügung steht.

Endlih sind zur Anpassung des Forstdiebstahls- gesezßes und des Feld- und Forstpolizeigeseßes und zur Anpassung der Schieds8mannsordnung an die Verordnung vom 4. Fanuar 1924 zwei Verordnungen vom 12, März d. ‘J. auf Grund des Art. 55 der Verfassung erlassen worden. Diese Verordnungen und der gleichzeitig mit ihnen dem Landtag vorgelegte Entwurf eines Geseßes, das die weitere Aus- gestaltung des Sühneverfahrens in Privatklagesahen zum Gegen- stand hat, haben bereits gestern den Gegenstand der Beratungen des Hauses gebildet.

Troß der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ist es möglich gewesen, alle Arbeiten so! rechtzeitig zw beenden, daß die Ueber- leitung in die neuen Verhältnisse sich im großen und ganzen reibungslos vollzogen hat.

Au der Zivilprozeß hat durch die Verordnungen der Reichsregierung vom 22. Dezember 1923 und 13. Februar 1924

in wesentlichen Punkten eine andee Gestalt erhalten mit dem Ziel der Vereinfachung und Beschleumigung des Verfahrens. Zu erwähnen ist hier namentlich die Einführung wertbeständiger Erkenntnisse; die Einführung des Schiedsurteil3, das auf Antrag der Parteien gegebenenfalls von einem durch sie vorgeshlagenen Richter unter Hinzuziehung von zwei nichtrichterlihen Beisißern

zu einem Streitwert von 50 Goldmark, unter fast völliger Be- freiung von Verfahrensfesselnz ferner die Zulassung der Ent- scheidung des Prozesses nah Lage der Akten unter gewissen näher geregelten Vorausseßungen, die Verschärfung der Bestimmungen über die Zurückweisung verspäteter Angriffs- und Verteidigungs-

gerichts dur ein einzelnes Mitglied derart, daß auhch in den um- fangreichsten und schwierigsten Sachen regelmäßig nur eine ab-

scharfe Kritik gefunden. Die Zukunft muß zeigen, ob sie sih bewähren, ob sie wirklich geeignet sind, den erstrebben Erfolg herbeizuführen, ohne die Güte des gerichtlichen Verfahrens in Frage zu stellen.

Die Neuordnung des Strafverfahrens in der Einrichtung der Gerichte, und sie machte erhebliche BVer- schiebungen innerhalb des richterlichen Personals

Amte zu entfernen. Unfreiwillige Verseßungen find nur ganz selten gewesen. Entfernungen vom Amte habe ih da verfügt, wo

zelnen Richter erheblich gesteigerte Anforderungen, und diesen gesteigerten Anforderungen selbst sowie der Notwendigkeit der

von Richtern niht mehr gewachsen. um 71, die fast ausnahmslos der Altersgrenze nahestehen.

abbau, der allen Verwaltungen durch die Finanzlage des

verwaltung \chwer getroffen wird. Wenn auch die richterlichen

richerlichen Dienst jede nur mögliche Einschränkung eintreten zu lassen, und es ist das Ergebnis erzielt worden, daß am 1. April 1924 gegenüber dem Stande vom 1, Oktober 1923 im unbefeßten Gebiet gemäß der Rehnungsmethode der Persowalabbauverordnung 660 besoldete Kräfte oder mehr als 13 % weniger im richterlichen Dienst vorhanden waren.

Kräfte oder 21,12 %. Der höhere Dienst zusammen ist um rund 14 % abgebaut worden. Diese Zahlen erhöhen sich für den heutigen Zeitpunkt niht unwesentlih. Jm mittleven und unteren Dienst

l Geschäfte in allen Schöffengerichtssachen | von der Staatsauwaltschaft des übergeordneten Landgerichts ge- | Es ist jedoch beabsihtigt, an den Orten, an denen ih |

beträgt das Abbausoll (nämlich 15 % der Beamten des umbefeßzten Gebiets) 2793 Kräfte. Durch den Abbau sind bis zum 1. Mai

1924 die Beamtenkräste um 2018 oder um 10,83 % vermindert ( i abgebaauten Arbeitnehmer mit 1339, so daß die Gesamtverminderung im mitt- | Auch diese Zahlen

worden; dazu tritt der Abbau der anzurehnenden leren und unteren Dienst beträgt 18,03 %. werden inzwischen eine Erhöhung erfahren haben.

Jm Hauptausschuß bin ih" gefragt worden, ob beabsichtigt sei,

| eine größere Anzahl kleinerer Amtsgerichte aufzuheben. Da- |

rauf gab ih folgende Antwort: Es gibt in Preußen Amtsgerichte,

Und war sowohl solche, die mit nur einem Richter beseßt sind, | als au solche mit mehreren Richtern, bei denen die Geschäftslast | für die vorhandenen Richter zu klein ist, ohne daß jedoch eine |

volle Richterstelle eingespart werden könnte. Jch habe unter dem Druck der Finanzlage des Staates Ende vorigen Jahres durch die Provinzialbehörden eine Liste derjenigen Amtsgerichte auf- stellen lassen, deren Aufhebung odor Bezirksverklei-

nerung finanzielle Ersparnisse versprechen konnte. Bei Ge- | legenheit von Dienstreisen in anderen Sachen ist dann diese Liste | mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten und den Genevalstaats- | anwälten zunächst unter dem Gesichtspunkt erörtert worden, daß | nur diejenigen Gerichte ins Auge zu fassen seien, deren Aufhebung | niht mit beachtlichen Fnteressen der Rechtspflege oder der Allge-

Dabei hat si die Zahl der in |

meinheit in Widerspruch steht. Betracht kommenden Gerichte stark verringert. Ueber die Erspar- nisse, die die Aufhebung oder Verkleinerung der übriggebliebenen verspricht, habe ih demnächst von den Provinzialbehörden genaueve

Berechnungen eingefordert. Die Prüfung dieser Berechnungen ist | Jch beabsichtige, diejenigen Fälle, bei

noch nicht abgeschlossen. denen das finanzielle Fnteresse des Staates an der Aufhebung

oder Verkleinerung offensichtlih sein sollte, mit den Oberlandes» |

gerihtspräsidenten und den Generalstaatsanwälten erneut zu er- örtern und dabei insbesondere eingehend zu prüfen, ob nicht gegen- über dem finanziellen Fnteresse des Staates dringliche Gründe vorliegen, die die Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes notwendig erscheinen lassen. Bevor die dann nochch verbleibenden Fälle dem Landtag zur Entscheidung vorgelegt werden, werden alle beteiligten Stellen, insbesondere au die örtlichen Verwal- tungsbehörden und dia beteiligten Gemeinden, Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Es wird also allen berechtigten {Fnter- essen Rehnung getragen werden.

Auf die ebenfalls im Hauptausschuß erörterte Frage der Zusammenlegung der Berliner Gerichte wird im Laufe dor Aussprache noch zurückzukommen sein.

Die Lage der Gerichtsassessoren ist für die Justiz-

gesprochen wird; ferner die Einräumung weitgehender Selbstän- | digkeit an den Richter in Bagatellsachen, nämlih in Sachen bis |

mittel, endlich die Vorbereitung der Entscheidung des Kollegiäl- |

schließende Verhandlung vor dem Gericht selbst nötig wird. Einzelne | dieser Neuerungen haben namentlich in Anwaltskreisen eine |

umd | des Zivilprozesses bedeutet eine tiefgreifende Veränderung |

notwendig. | Act. 104 Abs. 3 der Reichsverfassung gibt für solhem Fall. der | Landesjustizverwaltung die Möglichkeit, Richter auch gegen ihren | Willen zu verseßen oder unter Belassung des volllen Gehalts vom |

eine ersprießliche Verwendung des betreffenden Beamten unter | den veränderten Verhältnissen nicht mehx möglich erschien. Sowohl | der Stvafprozeß als auch der Zivilprozeß stellen jet an den ein- |

Einarbeitung in ein völlig neues Verfahren erschien eine Anzahl | Jm ganzen handelt es sih

Viel tiefer und weiter greift der allgemeine Persomnal- | Staates aufgezwungen worden ist, und von dem auch die Justiz- |

Beamten nicht unmittelbar unter die Personalabbauverordnung | fallen, so habe ih es doch als meine Pflicht betrachtet, auh im |

I 0 Der Abbau bei den Staatsantwalt- | schaften beträgt für dieselbe Zeit und dasselbe Gebiet 143 besoldete |

j Assessoren fann die Justizverwaltung zurzeit niht viel mehr als | ein Drittel entgeltlich beshäftigen. Troÿdem ist sie genötigt, | täglih neue Assessoren zu ernennen. Das Staatsministerium hab | im Frühjahr vorigen Jahres versuht, durch Gese die Möglichkeit | zu schaffen, die Zahl der Assessoren zu begrenzen. Nach jener | Vorlage sollten alle vorhandenen Assessoren mit wenigen Aus- | nahmen als Stellenanwärter übernommen werden; von den neu | ernannten sollte nah einem Fahr eine begrenzte Zahl je nah | Bedarf ausgewählt werden, während dis anderen aus dem Staats | dienst aus\schieden; alle im Justizdienst beschäftigten Assessoren | sollten guundsäßlih Bezahlung erhalten. Der Rechtsausschuß hab | am 5. Mai vorigen Jahres beschlossen, dem Hause die Ablehnung | der Vorlage zu empfehlen. Der Entwurf liegt dem Hause noch | vor. Die damals vorgesehene Regelung ist jegt aus finanziellen | Gründen niht mehr möglih. Die Justizverwaltung glaubt aber, | im Jnteresse der Rechtspflege gemeinsam mit dem Landtag nah einem Wege suchen zu müssen, der aus dem unhaltbaren und gefährlihen Zustand hinausführt, daß immer mehr unbesoldeie | Kräfte an den Gerichten in richterliher Stellung beschäftigt sind, | Sie hat die Möglichkeiten bereits in mehrfachen Besprechungen | mit Mitgliedern des Hauses erörtert. Einen mittelbaren | Weg bietet die Preußische Personalabbauverordnung. Sie siehtü nämlih vor, daß die Referendare entlassen werden können. Den entlassenen Refevendaren ist zwar auf Antrag die Vollendung des Vorbeweitungsdienstes zu ermöglichen, die Entlassungsverfügung ivird dann aber mit Ablegung der großen Staatsprüfung wirksam, so daß eine Ernennung zum Gerichtsassessox niht mehr in Betvacht fommt. Auf Grund dieser Vorschriften könnte das Anwadchsew der Assessorenzahl dadurch verhindert werden, daß die Entlassung aller oder doch eines großen Teiles der Referendare ausgesprochen würde. Der Gedanke, daß hon während des Vorbereitungsdienstes eine Anzahl von Referendaren für den Staatsdienst ausgewählt und alle übrigen Referendare (wenn auch mit Aussicht auf Voll4 | endung des Vovberveitungsdienstes) entlassen würden, hat unzweifels

haft seine Bedenken, und er hat auch bei den Mitgliedern des | Hauses, die an den Besprechungen teilgenommem haben, keinew Anklang gefunden. Auch die andere Möglichkeit, alle Referendar | Zu entlassen und einen kleinen Teil nah der großen Staatsprüfung | wieder aufzunehmen, ist nicht ohne erhebliche Bedenken, doch glaubte

ein Teil der Abgeordneten sich mit ihr eher abfinden zu können als mit der Entlassung eines Teiles. Aus dem Kreise der Abge | ordneten hevaus wurde aber als noch eher gangbar der Weg bes

zeichnet, daß ein dem augenblicklichen schweren Notstande Rehnung tvagendes Gesey geschaffen werde, durch das die Justizverwaltung vorübergehend ermächtigt würde, der Ernennung von Gerichts | assessoren den voraussichtlichen Bedarf zugrunde zu legen. Es wird Aufgabe der gemeinsamen Beratungen sein, eine Lösung dieser für die Zukunft der Rechtspflege und des juristischen Nachwuchses fo übeyaus wichtigen Frage zu finden, die dew Fnteressen der Rechtspflege wie des juristischer Nachwuchses gleich mäßig gerecht wird.

Ein mechanisher Abbau der Zahl der ReferendareE ist also von der Justizverwaltung nicht inm Ausficht genommenz vielleicht wird aber ein anderer Umstand auf ein Sinken dieser Zahl hinwirken; Unterhaltszuschüsse können angesichts der Leere der Staatskasse nur noch in beschränktem Maße, nämlich an 900 von etwa 4200 Referendaren, gewährt werden. Für die Gewährung fommen nur die Tüchtigen und unter diesen nur die Bedürftigew in Betracht; der Unterhaltszuschuß wivd für die ganze Dauer des Vorbereitungsdienstes und der großen Staatsprüfung gew@hrb; er ist nach den Dienstjahren und den Ortsklassen abgestuft und | bildet jedenfalls einen sehr fiïhlbaren Zuschuß zu den UnterhallibZ | fosten eines Referendars,

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Die Reform. der gesamten Gefangenanstaltsverwal=z | tung, insbesondere des Strafvollzuges die auf die Vereinigung sämtlicher Anstalten in der Hand der Justizverwaltung im Fahre 1918 zurückgeht wurde im Rechnungsjahre 1923 im wesentlichen dbgeschlossen. Alle bisherigen Vorschriften find veveinheitlicht und | dabei sahlich mahgeprüft. Die Hauptvorschrift, die Dienst- und

Vollzugs8ordnung, trat am 1. Fanuar 1924 in Kvast. Bei dem

Umfange und dex Vielseitigkeit der neuen Vorschriften, namentli | dex Dienst- und Vollzugsordnung, wird zum Einleben und zu ihrer Würdigung einige Zeit erforderlih sein. Die Zentralstelle hat nunmehr nach Beendigung der umfangreichen Reformarbeit die Aufgabe, der Auswirkung der neuen Vorschriften bei den Voll- zugsämtern und in den Anstalten nachzugehen. Diese wird aller dings dur die ungünstige Finanzlage stark beeinträhtigt. ZU bedauern ist namentlich, daß durch sie die Vornahme der erforder“ lichen Ergänzungs- wnd Neubauten unmöglih gemacht ist.

Jm allgemeinen wird die Fustizverwaltung auch fernerhin bestrebt sein, den Strafvollzug so zu gestalten, daß er auf der einem Seite seinem Zwecke, zu strafen, gerecht wird, andererseits aber auch mit den Forderungen der Humanität und Milde in Einklang steht. J bestätige das, was ih in dieser Beziehung früher aus geführt habe.

Nach wie vor hat die Justizverwaltung ihre besondere Auf- merksamkeit den Gnadensachen zugewandt, Jhre Zahl hat in den leßten Jahren abgenommen. Während vom Staat83ministe» rium im Jahre 1921 mehr als 12000 Personen Gnadenerweise erteilt worden sind, fiel die Zahl im Fahre 1922 auf ungefähr 3700 und im Jahre 1923 auf etwa 2500. Diese Abnah1ye ist inx wesentlichen auf die Geldstrafengeseßgebung und auf die immer rapider gewordene Geldentwertung zurückzuführen, die in zahl- reihen Fällen einen Gnadenerweis überflüssig machte. Sie hängt ferner damit zusammen, daß den Gerichten in wahsendem Ums fange das Recht der bedingten Begnadigung verliehen worden ist. Seit dem Erlaß des Staatsministeriums vom 24. Juni 1921 sind sie ermächtigt, Zuchthausstrafen von nicht mehr als 6 Monaten, andere Freiheits\trafen ohne Nüctsicht auf ihre Dauer unter Be»

verwaltung ein Gegenstand ernster Sorge. Von den rund 2200

stimmung einer Bewährungsfrist auszusezen und die ausgeseßten