1847 / 3 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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minder verborgene Macht, deren Organ sie sind, die Revolution ver- leugnet und si für konservativer ausgiebt, als selbst die absoluten Regierungen; aber gerade dies maht jene Regierungen fühn, Ju- dem man die Revolution, ihre Theorieen, ihre Grundsäße verleugnet, benimmt man der im Juli 1830 eingeführten Ordnung der Dinge alle Kraft und alle Freiheit zu handeln. ““

Wenn Unwissenheit und Leidenschaft antisozialen Doktrinen, zu denen sih gewiß das Journal des Débats nicht bekennen wird, mit so vieler Unbefangenhbeit die Hand reihen, so dütfte unser bis- heriges Verfahren, dieser Publizistifk, wie bis jeßt, nichts als Still- ameiaen entgegenzuseßen, wohl feiner weiteren Rechtfertigung be- dürfen,“

Rußland und Polen.

Warschau, 29. Dez, Die mittelst Verordnung des Admi- nistrations - Raths aufgehobenen, nit kontraktmäßig genau bestimm- ten Hofedienste und Zwangsleistungen der Bauern auf Privatgütern im Königreich Polen sind, ihrer verschiedenen Art nah, 121 an der Zahl. Von diesen fönnen, weiterer Bestimmung zufolge, 107 au noch fernerbin geleistet werden, aber nur für die geseblich bestimmte Anzahl der Hofedienst - Tage. Aus Rücksicht auf die Nothwendigkeit der Wirthschafts - Arbeiten, die bisher zwangsweise geleistet wurden, und die nun aufgehoben sind, werden außerdem nohch diese Zwangsleistun- gen in eine Vermehrung der geseblich feststebenden Frohndienste um6 Tage jährli umgewandelt, die jedo nur von ansässigen Ackerwirthen oder deren Knechten zu leisten sein sollen. Die Zeit und Art der Arbeit dieser 6 Zusaß - Frohntage sind der Wahl des Gutsbesißers überlassen, Auch alle an Stelle der abgeshafften unbestimmten Zwangsdienste geleistete bestimmte Frohnen oder Geldabgaben sollen eben so auf hö- ren, wie die Arbeiten, für welche sie als Aequivalent angenommen waren. Da, wo die Bauern bisher gar feine Frohnen zu leisten hat- ten, sondern nur gewisse Hofedienst-Arbeiten, so wie da, wo den Bauern weniger als zwei Frohndiensttage auf die neupolnishe Hufe auferlegt sind, sollen die oben erwähnten 107 Arten von Hofediensten mittelst gegenseitiger, zwischen den Gutsbesißern und Bauern unter Aufsicht der Regierung abzuschließenden Uebereinkunft in eine ses bestimmte Frohn - Arbeit umgewandelt werden, Die #0 genannten Hülfstage bei den laudwirthschaftlihen Feld - Arbei= ten, die zu der festen wöchentlihen Frohn - Arbeit als Hülfszugabe angeordnet sind, sollen da, wo die Zahl dieser Tage auf das Jahr festgestellt und die Art der Arbeit, für welche sie dienen, ausdrüdlih angegeben is, au ferner bestehen bleiben. Eben so verbleiben die Bauern zu denjenigen Leistungen verbindlih, welhe die Ausführung polizeiliher Anordnungen zum Zweck haben, wie die Verpflichtung zur Hülfe beim Löschen von Feuersbrünsten und bei der Aufführung von Dämmen gegen Wasserfluthen, die Scharwerks-Arbeiten an Schleusen und Deichen, die nächtlihen Wachdienste, die Wachen an den Brücken während des Eisganges, das Pflanzen der Bäume an den Wegen, die Jagd auf Raubthiere und dergleichen. Alle diese Dienste dürfen jedoch niht von dem Grundherrn bestimmt werden, sondern es hängt ihre Anordnung allein von dem Gemeindeshulzen ab. Jede gezwungene Verdingung für Reísen, sei es auf Tage oder für eine bestimmte Reise, sei es gegen eine feste Geldzahlung oder sür Lohn in Lebensmitteln, Getränken und anderen Gegenständen, hört ebenfalls auf, und sollen dergleichen Leistungen hinfort nur nah vorheriger freiwilliger Uebereinkunft über die Zeit und Art derselben, so wie über den Lohn, stattfinden können. Die Erfüllung der hier- mit aufgehobenen Verbindlichkeiten soll auf den von den Eigenthü- mern selbst verwalteten Gütern mit dem 1. Januar 1847, auf den in gehöriger Form verpachteten aber mit Ablauf der Pachtzeit auf- hören,

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Paris, 28. Dez. Herr Firmin Toro hat dem Könige in ei= ner besonderen Audienz das Schreiben überreicht, welches ihn als außerordentlihen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik Venezuela bei Sr. Majestät beglaubigt.

Die Herzogin von Orleans hatte zu Weihnachten eine der recht- \haffensten armen Familien der Hauptstadt nah dem Pavillon Mar= san beschieden, wo dersclben vom Grafen von Paris einbescheert wurde.

Duprez is zum Gesangs-Lehrer der jungen Königlihen Prinzen ernannt,

Der Königs hat 12,000 Fr. für die Uebershwemmten im De- partement des Puy de Dome angewiesen.

Der Groß-Referendar der Pairs-Kammer, Herzog von Decazes, hat die herkömmliche Aufforderung an die in Paris anwesenden Mit- glieder derselben erlassen, sih zur Beglückwünschung des Königs beim Jahreswehsel am 1. Januar um 11 Uhr in den Tuilerieen einzu- inden, h Die Reise des Prinzen von Joinville nah Cherbourg hat eine Erprobung der als Segel- und Dampfschiff gebauten Fregatte „Po- mona‘ zum Zweck.

Der Marquis von Castellane ist an die Stelle des Herrn Bal= dit zum Unter - Präfekten des Bezirks von Barcelonnette ernannt; Herr Baldit ersetzt den pensionirten Unter-Präfekten des Bezirks von Florac, und den Plah des ebenfalls pensionirten Unter-Präfekten des Bezirks von Toulon nimmt Herr Latour=Mezeray ein.

Die neuesten Nachrichten aus Algier siud vom 20, Dezember. „Der dortige Zustand der Dinge‘, sagt das Journal des Dé- bats, „wird von Tag zu Tage besriedigenderz; es fehren immer mehr ausgewanderte Stämme in ihre früheren Wohnsiße zurück.“ Abd el Kader befand \ih, den leßten Berichten zufolge, zu Ain- Zohra in einer verzweifelten Lage, da ihm nur noch 300 Reiter und 200 bis 250 Mann Fußvolk treu geblieben, denen er au den Sold nicht mehr auszuzahlen vermochte, und die mit Lebensmitteln sehr \hleht versorgt waren, Noh \chlimmer soll es seinem Anhänger Bu Masa ergehen, der von den Uled Nails, zu denen er seine Zu- fluht genommen hatte, nah einem Scharmüßel aus Scherf vertrieben worden war.

Die Zahl der europäishen Bevölkerung der Provinz Algier be- lief sich nach den leßten Angaben auf 72,000, die der Provinz Oran auf 21,000 und die der Provinz Konstantine auf 12,000, zusammen 105,000 Seelen.

Jn den ersten elf Monaten dieses Jahres hat die Einfuhr in Frankreih abermals niht unansehnlih zugenommen. Jm vorigen Zahr belief sich der Werth der Einfuhr in diesem Zeitraum auf 139,311,736, im laufenden Jahr auf 141,643,385 Fr.

Wegen der höheren Preise der Lebensmittel und der Fourage in Frankrei is dem Kriegs - Minister ein außerordentliher Kredit von 3,036,995 Fr. durch Königliche Verordnung eröffnet worden,

Bei der vorgestrigen Versammlung zur Wahl von fünf Mit- gliedern für die pariser Handels - Kammer an die Stelle der regel- mäßig Ausscheidenden gab der Seine-Präfekt, wie gewöhnlich, Mit- theilungen über den Handel und Verkehr von Paris. Die Octroi- Einnahme der Hauptstadt hatte bis zum 12. Dezember 30,530,000 Franken . betragen, oder gegen 150,00 Fr. weniger, als voriges Jahr, was derselbe den hohen Getraide - Preisen und aîtigerinalen

au den gedrücten Geldverhältnissen zuschrieb, die den Verbrauch be- einträchtigen.

Die Abnahme machte sih bei den geistigen Getränken

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und dem Brennmaterial besonders bemerklich; dagegen hatte der Fleisch-Verbrauh etwas zugenommen. Die Waaren-Ausfuhr in den ersten elf Monaten hat in Paris den Werth von 153,081,759 Fr., oder um 5 Millionen mehr als 1845, betragen. Der um 1,586,000 Fr. größere Betrag des beim Leihhause Ausgeliehenen läßt daneben auf die größere Bedrängniß der unteren Klassen schließen, Die Ope= rationen der Sparkasse sind jedoch in Betreff der Einzahlungen mit dem vorigen Jahre gleih. Die so eben vollendete, alle fünf Jahre vorgenommene Zählung der Bewohner der Hauptstadt, welche 1841 noh aus 935,261 Köpfen bestand, hat jeßt 1,053,907 ergeben. Hin- sichtlich der Bannmeile is eine gleihe Zunahme bemerklich,

Mittelst Königliher Verordnung vom 26. Dezember if dur das Zollamt von Eu im Departement der unteren Seine die Ein= und Ausfuhr von Getraide und Mehl gestattet.

Der Bey von Tunis traf am 23sten d. zu Marseille ein und wollte sich am Tage darauf nah Toulon begeben.

Der Courrier français will wissen, daß ein bei Hofe wohl

angesehener Prälat mit einem vertraulihen Auftrage der Regterung |

nah Rom gehen solle, um die Unterstüßung des Papstes für den in der bevorstehenden Session den Kammern wieder vorzulegenden Unter- rihts-Geseß-Entwurf zu gewinnen,

ck/ Paris, 28. Dez. Je näher das Ende des Jahres rüdckt, desto größer wird auch die Spannung, mit welcher man der Gestal- tung der Lage der Bank von Frankreich bis zu diesem Ziele entge- gensieht. Die erste Hälfte des Dezembers hatte sich für dieselbe sehr gut augelassen, die Geldflemme schien größtentheils vorübergegangen zu sein, da wieder beträchtlihe Baarsummen dieser großen Kredit- Austalt zuzufließèn begannen und in Folge davon der Reserve=Fonds derselben in Metall wieder anwuhs. Zugleich schien es, daß gegen Ende des Jahres, d. i. in der leßten Hälfte des Monats Dezember, die Bank nicht mehr so stark werde in Anspruch genommen werden, als dies besonders im Monat November der Fall gewesen war. Man glaubte dies um so mehr hoffen zu dürfen, als die von der Actien- Gesellschaft für die Eisenbahn von Paris nah Lyon geforderten Ein= zahlungen im Gesammt = Betrage von dreißig Millionen über alles Erwarten leicht geleistet worden waren. Jn der That herrscht auch jeßt noh kein eigentliher Geldmangel, und die Judustrie und der Handel haben vorzüglih in den auf Actien gegründeten Kredit= {nstalten, besonders in den beiden großen Etablissements der Kasse Gouain (Nachfolger Laffitte’s) und dem Comtoir Ganneron, mächtigen Beistand gefunden. Je mehr aber der Kreis der Operationen dieser

Privat-Kredit-Anstalten sich ausdehnte, desto mehr wurde nun mittel=

bar durch diese auch der Kredit der großen Bank von Frankreich selbst wieder in Anspruch genommen, und zwar in so bedeutendem Maße, daß vom 16, Dezember an bis jeßt, und namentli in den leßten aht Tagen, von neuem der Abfluß an baarem Gelde weit be- trächtliher war, als der Zufluß, und wenn dies so fortgeht, so fönnte am Ende in den ersten Wochen d:s nächsten Jahres doch noch die Nothwendigkeit für die Bank eintreten, zu außerordent- lihen Maßregeln zu greifen, für den Fall, daß die starken An- forderungen an dieselbe so fortwähren sollten, Die Riserve der Bank an baarem Gelde, das sie sowohl hier, als in den mit ihr verbundenen Filial - Anstalten in einer Anzahl von Departemental= Städten besißt, war nah zuverlässigen Angaben in den leyten Tagen wieder unter 100 Millionen herabgesunken, und ob bis zum 1. Ja- nuar in dieser Lage der Dinge eine Besserung eingetreten sein wird, ist jedenfalls noch problematisch, aber auch möglich. Der Monat Januar is in der Regel derjenige Monat, wo das Geld reichlicher zuzufließen beginnt, und geht dies auch diesmal so, so kann die Bank allerdings ganz aus der Verlegenheit herauskommen, in welher sie sich seit einigen Wochen durch die Umstände des Plabes selbs, durch die ungünstigen Verhältnisse, die sich au auf den auswärtigen Geldmärkten, namentlih in Deutschland, fühlbar machen, dann in Folge der Theuerung des Getraides verseßt sieht. Auch der Stand der Wechselcourse is immer noch niht günstig. Der londoner Cours is für Wechsel mit kurzer Verfallzeit in den lebten acht Tagen abermals gewichen, und auch bei den deutschen Pläßen macht sich wieder eine Neigung zum Sinken bemerkbar. Auf die Verminderung der Reserve der Bank mögen auch die starken Summen eingewirkt haben, welhe der Schaß aus derselben ziehen mußte in Folge der starken Rückzahlungen, die von den Sparkassen verlangt wurden.

Jndeß sind doch auch manche Umstände vorhanden, welche mit Eintritt des neuen Jahres eine günstigere Wendung der Dinge hof- fen lassen, und die ih hier nur kurz andeuten will, Nichts deutet darauf hin, daß wir in Frankrei ein noh weiteres Steigen der Theuerung des Getraides zu besorgen haben, vielmehr kündet Alles eine Äbnabme derselben an, und daß noch weiter beträhtlihe Sum- men Geldes zu Getraidekäufen nah den auswärtigen Märkten fließen werden, is auh niht mehr zu fürchten, weil die Vorräthe, deren namentlich der Staat für seine Magazine bedurste, {on fämmtlih wirklich angesha}t sind, und zwar zu Preisen, die man unter den gegen- wärtigen Verhältnissen immer noch als sehr günstig betrahten muß. Hätte die Regierung, statt diese Ankäufe dur das Haus Rothschild besorgen zu lassen, welches ausnahmsweise und um dem in dasselbe geseßten Ber= trauen zu entsprechen, diese seinem Geschästskreise ganz fremde Kom- mission übernahm, den gewöhnlihen Weg der öffentlichen Auss èrei= bung eingeschlagen, so stand sehr zu befürchten, ja war fast gewiß, daß die Spekulanten und Wucherer die Gelegenheit benußt hätten, die Preise noch mehr in die Höhe zu treiben, so daß dann nicht blos der Schaß zu einer größeren Ausgabe genöthigt gewesen wäre, son- dern auch das Publikum im Allgemeinen darunter gelitten hätte. Indem das nöthige Getraide durh das Haus Rothschild im Aus= lande aufgekauft wurde, vermied man die größere Nachfrage danach auf den inländishen Märkten, und so -ging diese Operation vorüber, ohne die Marktpreise in Frankreich selbst wesentlih zu erhöhen.

“Jm Anfange des nächsten Moaats wird sich auh die Wirkung davon fühlbar machen, daß die für die Lyoner Eisenbahn eingezahlten Kapitalien wieder in Umlauf fommen. Die Gesellschaft muß sie bis dahin angelegt haben, da sie dieselben niht unproduftiv liegen lassen fann. Da der Finanz-Minister niht darauf eingegangen ist, Schab- scheine zu dem von der lyoner Actien-Gesellshaft verlangten Zinsfuße auszugeben, so wird ein Theil der jeßt in ihren Händen befindlichen Summe wahrscheinlih bei der Depositen-Kasse hinterlegt werden, und man wird die Renten - Einschreibungen dagegen daraus zurückziehen, welche man zu Leistung“ der geseßlichen Caution dort hinterlegt hatte. Jn diesem Falle würde der Rest der dreißig Millionen in französischen Renten angelegt werden, so wie er allmälig vollends in die Gesell- schafts - Kasse eingezahlt werden wird, Noch ein Punkt verdient Beachtung. Alle Jahre steigen im Anfange Januars die Einlagen in die Sparkasse sehr bedeutend, was sih aus den Neujahrsgeschenken erklären läßt, welche die arbeitende und dienende Klasse erhalten; und diese beiden Klassen machen bekanntlich die große Mehrheit der in die Sparkassen Einlegenden aus. Alle diese Umstände zusammenge- nommen können also einen günstigen Einfluß auf die Lage der Bauk ausüben.

Die politishen Neuigkeiten haben im Laufe der leßten Woche nur wenig Einfluß auf d‘e Course der Staatspapiere, so wie auf die der Eisenbahn-Actien, gehabt, lehtere wurden dagegen etwas zurüd-

gehalten in ihrem Ausschwunge durch erstere, da die Rente die ganze Woche über etwas gedrückt war. Dagegen brachten die Operationen der Spekulanten in den Eisenbahn-Actien-Coursen ziemlich starke Schwankungen hervor. Namentlih soll ein bedeutender Kapitalist, der starke Partieen von Actien zu der Zeit gekauft hatte, als die Course am niedrigsten standen, einen Theil seines Gewinnes realisirt baben, indem er verkaufte, Dies brachte zwei Tage hindurch die Course zu einigem Weichen, ohne jedo, troß des ziemlich ftarfen Umfangs dieser Verkäufe, dieselben so weit zu drücken, als die Spe- fulanten à la baisse gewünscht hätten. Sobald die Verkäufe di-ses Kapitalisten vorüber waren, hoben sich auch sogleich die Course wie- der, und da jeßt die Liquidation herannaht, so begannen die Ver=- fäufer à découvert, als fie die Hoffnung sich entwischen sahen, die von ihnen gewünschten Preise zu erreihen, nun selbs ihre Liquidation zu bewerfstelligen, indem sie entweder definitiv fauften oder um. ihre Reporte spielten.

Großbritanien und Irland.

London, 26. Dez. Die Times giebt heute einen Ueberblick über die in Deutschland vollendeten Eisenbahnen und erklärt sih dann für die Anlage einer solchen Bahn von den Rheinlanden durch die Schweiz nah Genua oder nah den mit Süd=-Jtalien zusammenhän= genden Zweigbabßnen; doch bezweifelt das Blatt das Zustandekommen dieser Bahn aus politischen Gründen, „Es is im Plane“, schreibt die Times, „die Rheinischen Bahnen durch Bayern und Württem= berg mit einer auderen Bahn zu verbinden, welhe das Thal des Mittelrheins entlang von Landau nah dem Konstanzersee, durch die Kantone St. Gallen und Graubündten nach Dissentis führen solle. Jn der Nähe dieses Ortes ist schon der Plan zu einem Durchstich der Alpen mittelst eines Tunnels von 25 Meilen Länge entworfen, durch welchen die Bahn in das Val Blegno ausmüncen und nah Lugano herab- steigen wird, wo sie mit der piemontesischen Bähn sich verbinden und entweder nah Genua oder zu den Zweigbahnen fortgeführt wird, die später mit Süd=FJtalien in Verbivdung stehen sollen. Die phy= sischen Hindernisse dieser Bahnen sind wahrscheinlich nicht größer denn jene, welhe durch die Kühnheit und Geschicklichkeit der öster- reichischen Ingenieure bei Führung der Bahn durch die Thäler der stegerishen Alpen überwunden worden. Die ernstliheren Schwierig- feiten, welhe die Ausführung des Planes verzögern mögen, sind politischer Natur, und es mag niht ohne Juteresse, noch nublos sein, sie zu bezeihnen, Ein Gegenstaud des Lebens=Juteresses für Süddeutschland is es, eine Eisenbahn - Verbindung mit dem Mittel- meer zu eröffnen, und es is für Piéêmont nicht minder wichtig, daß diese Bahn Genua mit dem Norden Europa's verbinde. Die Staas- ten des Zoll - Vereins sowohl, wie der turiner Hof, haben von der Konkurrenz der großen Bahnen Frankreihs und Oesterreichs Alles zu fürchten und nichts zu gewinnen, da dieselbe dur die Zölle und For= malitäten des in diesen Ländern zu Krast bestehenden Prohibitiv=- Systems gefesselt sind. Allein andererseits sind Frankreich und Oester= rei natürlih geneigt, mit niht geringer Eifersucht und Besorgniß das Projekt einer Bahn anzusehen, die so viele der freiesten Handelsstaaten des Kontinents verbinden und eine direkte Verbindung zwischen ganz Jtalien und dem Rheine herstellte, Den kleineren Mächten, die besonders bei der Förderung dieses Planes betheiligt sind, námlich Piemont, den \{chweizer Kantonen und den Königreichen Süd Deutschlands, fehlen vielleicht die Finanzmittel und die politische Kraft, den Plan in Ausführung zu bringenz allein ihre Unabhängigkeit und ihre zukünftige Wohlfahrt erheischen, nicht zu gestatten, daß derselbe der Eifersuht ihrer mähtigeren Nachbarn und besonders Oesterreichs geopfert werde.“

Der Lord-Kammerherr, dem die amtliche Aufsicht über die Theater zusteht, hat den Eigenthümern der kleineren Theater in England, wo jeßt für den leßten Ploß nur ein Eintrittsgeld von 3 Pence bezahlt wird, seine Absicht angekündigt, ihnen die Konzession zu entziehen, wenn sie ihre Eintrittspreise nicht in der Art erhöhen würden, daß 6 Pence der Preis des lebten Playes sei. Zugleich hat er ihnen

bedeutet, daß diese Preis = Erhöhung mit dem 1. Januar eintreten müsse. Als Ursache dieser Maßregel des Lord- Kammerherrn giebt

man an, daß sich, durch das geringe Eintrittsgeld angelockt, viel hlechtes und leihtfertiges Gesindel beiderlei Geschlechts in den klei= nen Theatern einfinde und sowohl die Sittlichkeit als die Sicherheit des übrigen besuhenden Publikums gefährde.

Der Globe braucht heute eine ganze Spalte, um die sämmt- lichen Zufuhren von Korn, Mehl, Schlachtvieh, Fleisch, Butter, Eiern, Käse, Speck, Obst, Kartoffeln 2c. aufzuzählen, welche innerhalb der leßten vier Tage aus den europäischen Festlandshäfen und aus Nord= Amerika angelangt sind, Er bemerkt zuglei, daß noch nie eine solche Masse von Lebensmitteln im Laufe so weniger Tage aus Amerika eingetroffen sei. Unter den Schiffen, die am leßten Montage in die Themse einliefen, waren niht weniger als 13, welhe aus Jrland famen und fast ganz mit dort erzeugten Lebensmitteln beladen waren.

Lord Lincoln hat sich geweigert, auf eine Anfrage mehrerer Wähler von Manchester, ob er weitere Konzessionen an die römische Kirche unterstüßen würde, zu antworten. Sein Mitbewerber Brother= ton erflärt sih gegen jede weitere Bewilligung, da {on mehr als zu viel für die anglifanishe, wie für die römische Kirche gesehen seiz anderweitige Bewilligungen würden von den Bedürfnissen der öffentlihen Ruhe abhängen. Der dritte Bewerber endlih, der be- kannte Freihandelsmann Bright, will überhaupt von feiner Geldbe- willigung zu kirhlichen Zwecken hören, die er als nachtheilig für die Kirche und als drückend für die Steuerpflichtigen ansieht. S

Man berechnet die Anzahl der Bösewichter und Herumtreiber in London auf nahe an 80,000, Diese Klasse der Bevölkerung trinkt jährlih für 3 Millionen Pfd. St. Branntwein. Man hat im leßten Jahre 23,000 Menschen wegen Trunkfälligkeit von der Straße auf- genommen z die Anzahl der Bordelle beträgt 5000. Missethaten ge- gen Personen sind 8333, gegen Eigenthum 17,729 vorgefommen- Der Verein zur Unterdrückung s{lechter Bücher und Bilder hat im vorigen Jahre gegen 39,000 unzüchtige Zeichnungen und 1927 ver- worfene Bücher in Beschlag genommen. ;

Unter den 14 neu erwählten Stadträthen Londons is zum er- stenmale auch einer mosaischen Glaubens, Herr B. S. Philips, von der geahteten Firma Faudal u, Philips. Seine Kandidatur. war die Folge einer von den einflußreihsten Mitgliedern des Stadtoiertels ausgegangenen Aufforderung. t :

5 Die Ansassen La verschiedenen Zufluchtshäuser, welche mit der allgemeinen Hülfs-Anstalt für die Verlassenen verbunden sind, wurden gestern auf Befehl der Direktoren mit Fleish, Suppe, Brod, Butter und Bier bewirthet, Fast 1200 Personen wurden guf diese Weise

reichlich gespeist. Belgien.

Mel, 29. Dez. Das von den Kammern angenommene und Ble: bestätigte GBeseß über das Marine-Budget bestimmt für den Seedienst des Jahres 1847 eine Summe von 1,291,562 Fr,

Als Resultat der Ausfuhr der belgischen Leinengarne und Leinen- ewebe nah Frankreih ergiebt sih für das ablaufende Jahr wieder eine bedeutende Abnahme. Der Verbrauch belgisher Garne hat der= maßen abgenommen, daß er von 1844 zu 1846 in den elf ersten

Monaten des Jahres von 74,800 Centner auf 41,000 Centner ge- fallen is. Der Verkauf von Leinengewebe hat sich von 26,459 Cent- ner auf 21,917 Centner für die gleihe Zeit vermindert.

Die belgischen Eisenbahnen haben im Monat November 1,093,520 Fr. eingebraht, was die Einnahme des Monats November vorigen Jahres um 158,000 Fr. übersteigt.

Eine Königlihe Verordnung vom 20, Dezember verfügt, daß vom 1. Januar an au die pensionirten Offiziere, so wie die noch im Dienst stehenden, wenn sie in Garnisonsstädten wohnen, wo es Militair-Aerzte giebt, von diesen, gegen Abzug eines halben Prozents von ihren Pensionen, in Krankheitsfällen behandelt und mit den nöthi= gen Arzneien versehen werden sollen, falls sie dies wünschen und si, wie vor ihrer Pensionirung, jenem Abzuge zu Gunsten des Staats unterwerfen.

Der Herzog von Montpensier wird im Februar auf vierzehn Tage mit seiner Gemahlin in Brüssel erwartet.

Ein englishes Dampfschiff mit Schlachtvieh is in den Gewässern von Ostende gescheitert; die Mannschaft wurde dur ein s{wedishes Schiff gerettet.

Die Provinz Lüttih hat, nach der neuesten Volkszählung, 452,741 Einwohner, wovon 75,961 auf die Stadt Lüttich kommen,

Swe Kanton Zürich. Der Vorort hat den Ständen einen um- fassenden Bericht erstattet und die Resultate seiner Bemühungen, be- treffend den Erlaß von Geseßen gegen die Freischaaren, nmitgetzeilt. Der Stand dieser Angelegenheit darf wohl als ein ganz befriedigen=- der bezeichnet werden.

Kanton Luzern. Am 24, Dezember ist Herr Fürspreh Eduard Schnyder der Haft entlassen worden. Ein Landjäger trans= portirte ihn nach Sursee, wo Schny9der die Freiheitsstrafe der Ein- gränzung aushalten muß. Seine Verwandten leisteten Sicherheit. Wie bekannt, war die Loskaufs-Summe auf 4000 Fr. von dem Re- gierungs- Rathe festgeseßt worden. Als nun diese Summe bereit war, hieß es, jeßt wäre die Sache in Betreff der Aufruhr - Kosten in Ordnung, nun seien aber noch circa 800 Fr. Prozeß-Kosten zu bezahlen. Früher geshah hiervon gar feine Meldung, sondern die 4000 Fr. wurden als Aversal-Summe bestimmt. Die Verwandten mußten sich bequemen, auch die nahträglich geforderten 800 Fr. sicher zu stellen,

Kanton Waadt. (Eidg. Ztg.) Es heißt, man gehe nun in Lausanne ganz ernstlih mit der Gründung einer „freien Akademie“ um, an welcher theils neue, theils diejenigen Professoren angestellt würden, die neulich von der Staats-Akademie entfernt wurden. Daß {on längst eine theologishe Fakultät für die „freie Kirche“ besteht, ist bekannt.

Durch Beschluß des Staats = Rathes hat Herr Cook, ein Eng- länder, Pfarrer| der Wesleyschen Sekte, der seit fünf oder ses Jahren in Lausanne wohnte, den Befehl erhalten, diese Stadt innerhalb 14 Tagen zu verlassen. Wahrscheinlih haben die religiösen Ansichten des Herrn Cook diese Wegweisung veranlaßt, denn cer war kaum anders befannt als durch seine vielen Wohlthaten.

Kauton Schwyz. Der Große Rath saß am 22, und 23. Dezember ungewöhnlich zahlreih; der von Herrn Landammann Aby- berg vorgetragene Gesandtschasts-Bericht wurde mit besonderem Jn= teresse angehört und genehmigt, Ein außer Kraft getretenes Geseß über Beschränkung der Ehen wurde aufgefrisht; nah demselben ist Spielern, Trunkenbolden, Nachtshwärmern und Wollüstlingen die Ein- gehung einer Ehe untersagt, bis sie ihre Besserung dur untadelige Aufführung während eines Jahres bewiesen habenz ein Handwerker foll während einiger Zeit auf eigene Rehnung sein Handwerk aus= geübt haben, damit sich zeige, ob er eine Familie durhbringen könne; Personen, von denen auch nur eine oder deren Aeltern während der leßten vier Jahre Bettel getrieben oder aus öffentlihen Mitteln un- terstüßt worden sind, dürfen ohne besondere Bewilligung des Orts= pfarrers und des Gemeinde-Raths nicht kopulirt werden,

talien X Genua, 24. Dez. Wie verlautet, haben Se. Königl. Ho= heit der Prinz Karl von Preußen Höchstihren Leibarzt, den Gehei- men Rath) Pr. Casper, hierher berufen, wogegen der Dr. Weiß, welcher die Hohe Kranke bisher mit rühmlihem Fleiß und großer Ausdauer behandelte, auf einige Zeit beurlaubt werden wird,

Nour, 21. Dez. (A, Z.) Heute Vormittag fand ein geheimes Konsistorium im Palast des Quirinal statt, wo der Papst nah einer furzen Anrede der hohen Versammlung mittheilte, daß er zu Kardinal=- Priestern ernannt habe: den Mons. Gaetan Baluffi, Erzbischof und Bischof von Jmola, geboren in Ancona, den 29. März 1788, und den Mons. Peter Marini, Governatore von Rom, Vice -Camerlengo und General - Direktor der Polizei, geboren in Rom, den 5. Oftober 1794, Nach diesen nannte er die Präconisation von zehn Bischöfen für die katholische Christenheit, worunter für Deutschland wichtig ist, die des Mons. Georg Oettl zum Bischof von Eichstätt, so wie die Verleihung des heiligen Palliums für den Erzbischof von München und Freising, Mons. Graf von Reisach. Von Ernennungen sind bis= her befannt geworden: Legat von Bologna, Kardinal Amatt, an die Stelle des Kardinal Vannicelli-Casoniz Legat von Urbino und Pesaro der Kardinal Ferretti. Mons. Grasselini ist an die Stelle des Kar= dinals Marini zum Governatore di Roma bestimmt.

Neapel, 17. Dez. Sturm, Schnee und Regen sind hier an der Tagesordnung. Ju der Nacht vom Sonntag auf den Montag (14, Dezember) fiel bei vier Grad Kälte dihter Schnee, welcher den Tag über eine höchst seltene Ersheinung liegen blieb und noch heute auf den Dächern angetroffer wird. Es is empfindlich falt und rauh.

Spanicn

Madrid, 22. Dez. Die Gaceta vom heutigen Tage ent=- hält ein die Eröffnung der Cortes vom 25, Dezember zum 31, De- zember vertagendes Königliches Dekret, (S. unten den madrider

Brief.) Der darauf gerichtete Antrag des Ministers des Junnern lautet : „Señora! Die kurze Zeit zwischen den kürzlich stattgehabten

Deputirtenwahlen und der Eröffnung der Cortes, die Rauhheit der Jahreszeit und die Unwegsamkeit der Straßen sind Ursachen, daß si nur erst eine beshränkte Zahl von Deputirten in der Hauptstadt be- findet, Aus diesem Grunde beehrt sih der unterzeichnete Minister, im Einverständnisse mit dem Minister - Rathe, der Zustimmung Ew. Majestät den beifolgenden -Dekrets-Entwurf vorzulegen. Madrid, am 21. Dezember 1846. Pedro José Pidal,“

Jn Erwägung der Mir vom Minister des Jnnern im Einver= ständniß mit dem Minisier - Rathe dargelegten Gründe und in Aus- übung der Mir kraft Art. 26 der Constitution zustehenden Präroga- tive beshließe und prorogire Jh zum 31sten des gegenwärtigen Mo- nats Dezember die Eröffnung der Cortes, welche nah der Bestimmung

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Meines Königlichen Dekrets vom 31, Oktober am 25sten des genann-

ten Monats zusammentreten sollten. Gegeben im Palast am 21. Dezember. Jch, die Königin.“

3 Madrid, 21. Dez. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Art und Weise, in der die Vermählung der Königin Jsa- bella und die der Junfantin, ihrer Schwester, dur den französischen Hof betrieben und durchgeseßt wurde, in den bevorstehenden Sißun- gen der französischen Kammern und des Parlaments lethaft und von mehrfachen Gesihtépunkten aus erörtert und beleuchtet werden wird, Diejenigen Personen, welche vollständigere Einsicht von den zwischen den Höfen von Lendon uud Paris seit etwa einem Jahr in Bezug auf diese Angelegenheit gewechselten Noten und sonstigen Mitthei- lungen zu erhalten Gelegenheit hatten, werden meiner hon früher- hin ausgesprochenen Ansicht beipflihten, daß die durch französische | ministerielle Blätter und Zeitschriften veröffentlihten Bruchstücke aus jenen Aften mehr dazu geeignet, wenn auch nicht darauf berechnet sind, die öffentlihe Meinung irre zu führen, als sie zu berihtigen. Es dürfte daher nicht überflüssig sein, nah genauer Durchsicht der voll- ständigen, noch nicht dem Druck übergebenen Dokumente hier einen wesentlihen Punkt zur Sprache zu bringen, nämlich den, welcher die Kandidatur des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg betrifft, Das pariser Kabinet nahm bekanntlich die Ausstellung dieses Prinzen zum Vorwand, um sich wegen der geheimnißvollen, den früheren mit dem londoner Hofe getroffenen Verabredungen widersprechenden Art und Weise, mit der es die Verheirathung der Königin Jsabella und de-= ren Schwester betrieb, zu rechtfertigen. Nun erhellt aus den geweh- selten Noten und Depeschen, daß gegen das Ende tes Februars die- ses Jahres das pariser Kabinet zuerst die Ansicht faßte, die englische Regierung hätte mit der spanischen, an deren Sp'be damals der Marquis von Miraflores getreten war, sich darüber verständigt, daß die Königin Jsabella mit einem der Dynastie der Bourbons fremden Prinzen zu vermählen wäre. Diese Ansicht ließ Herr Guizot dem londoner Hofe unter dem 27. Februar zu erkennen geben. Vermuth- lich stüßte Herrz¿Guizot sih dabei auf bie durhaus irrigen Angaben, die der hiesige französishe Botschafter, Graf Bresson, ihm um jene Zeit zukommen ließ. Mit völliger Zuverlässigkeit kann ih behaupten, daß der Marquis von Miraflores beim Antritt seines Ministeriums den Grundsaß aufstellte und zur Kenntniß fremder Höfe brachte, die Lösung der Heirathsfrage müsse auf so lange verschoben werden, bis sie nah völlig hergestelltem inneren Frieden des Landes ihre den Be- dürfnissen Spaniens und den Erwartungen Europas entsprechende Erledigung finden könne, Diese Absichten verkennend und sich dem Jrrwahn, daß der Marquis von Miroflores unter der Hand aus- \c{ließlich zu Gunsten des Prinzen Leopold von Koburg arbeite, hin-

gebend, seßte Graf Bresson seine viel erprobte diplomatische Gewandt= heit in Bewegung, um den Sturz des Marquis herbeizuführen. Man weiß, daß und wie ihm dieses gelang. Thatsache aber is, daß erst, nahdem diejenigen Personen, auf deren Fügsamkeit der Graf Bresson durchaus si verlassen zu köunen glaubte, die höchste Leitung der Staatsgeschäfte hier wieder übernommen hatten, im Monat Mai die Königin Christine einen Brief an einen damals in Lissabon ver- weilenden hohen Verwandten des Prinzen Leopold von Koburg aguf- seßte, um die Hand dieses Prinzen für ihre Tochter, die Königin F\abella, in Anspruch zu nehmen. Allem Anschein nah, geschah die= ser Schritt mit Vorwissen und Genehmigung der spanischen Minister, denn der Brief wird in den späterhin zwishen den Kabinetten von Paris und London gewehselten Noten stets als ein Schreiben der „spanischen Regierung““ bezeichnet. Vor dem Abgange desselben nach Lissabon ward er dem hiesigen englishen Gesandten, Herrn Bulwer, mitgetheilt und von ihm ausdrückl:ch genehmigt, Auffallend ist es, daß gerade dem französishen Botschafter, Grafen Bresson, der ver= möge seiner persönlihen Stellung und der ihn auszeihnenden Beobachtungsgabe alle Mittel besaß, um jeden Schritt des madrider Kabinets zu überwachen, das bedeutungsvolle Verfahren der Königin Christine ein Geheimniß blieb. Nicht dur ihn, sondern durch den britischen Staats=Secretair der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen von Aberdeen, erhielt der französische Hof die erste Kenntniß von dem deu Prinzen von Koburg betreffenden Antrage. Sobald nämlich Lord Aberdeen erfuhr, daß der Antrag erfolgt war, seßte er den französischen Botschafter, Grafen von St. Aulaire, auf der Stelle davon in Kenntniß,

und zwar deshalb, weil Herr Bulwer von dem Antrage im voraus | unterrihtet worden war und demselben seine Billigung ertheilt hatte. |

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Lord Aberdeen wünschte nämlich dem französischen Hofe darzuthun, daß das englishe Kabinet bei dieser Angelegenheit ganz loyal und ofen verfuhr und keinesweges die Jnitiative in ihr ergriffen hatte, Die Unwissenheit, in der der Graf von St. Aulaire sich befand, war so groß, daß er (die Aktenstücke thun es dar) dem Grafen von Aber= deen die Vermuthung aussprach, die Angabe von dem dem Prinzen von Koburg gemachten Heiraths-Antrage beruhe auf einem Jrrthum, da der fran;óösische Botschafter am madrider Hofe keine Silbe davon einberihtet hätte.

Von jenem Zeitpunkt an betrieb das französishe Kabinet ein an- deres Vermählungs-Projsekt und richtete erst, als dieses scheiterte, seine Blicke auf den ältesten Sohn des Jnfanten Don Francisco de Paula, Jn dieser Lage fand Lord Palmerston beim Antritte seines Amtes die Heiraths-Angelegenheit vor, Jn seiner ersten an Herrn Bulwer gerichteten Depesche stellte er den Prinzen von Koburg und die beiden Söhne des Infanten Don Francisco als diejenigen Kandidaten auf, unter denen die Königin Jsabella vermuthlich wählen werde, verhehlte dabei aber niht, daß er persönlih den Jnfanten Don Enrique als den geeignet- sten betrahte. Obroohl diese Depesche vertrauliher Art war, so ließ Lord Palmerston doch, um dem französishen Hofe kein Mißtrauen einzuflößen, diesem eine Abschrift derselben zustellen. Herr Guizot schickte sie dem Grafen Bresson zu, der seinerseits sür gut fand, den Jnhalt derselben der Königin Christine und einigen anderen hiesigen Personen mitzutheilen. Die Königin Christine, der man die Privat- ansiht Lord Palmerston’s als ein drohendes, unwiderruflihes Ulti= matum vorzuhalten wußte, entschloß sich dann, den Knoten schleunigst zu lösen, ehe von London ein anderer Rath eintreffen konnte. :

Aus den ungedruckten Aktenstücken erhellt auch, daß der fran- zösische Hof sih dem englischen gegenüber etwa im Juli dieses Jah- rcs darauf berief, von jeher darauf bestanden zu haben, daß auch die Infantin, Schwester der Königin Jsabella, sih mit einem Bourbon vermählen müsse. Lord Palmerston eiklärte dagegen, es fände sich in den Büreaus des Foreign Office keine Spur von einer derartigen Behauptung vor, und bei den Besprehungen von Eu wäre man übereingekommen, daß die Jnfantin sich überhaupt niht eher ver- mählen solle, als bis Nachkommenschaft der Königin Jsabella vor- handen sein würde.

Die Minister haben zwar sämmtlich vor einigen Tagen ihre Ent- lassung eingereiht, allein sich auf den Wunsch der Königin bereit er- klärt, bis nah Eröffnung der Cortes und erfolgter Wahl des Präsi- denten des Kongresses der Deputirten auf ihren Posten zu verharren. Die allgemeine Stimme verlangt zwar, daß noch vor der (auf den 25\ten fallenden) Eröffnung der Cortes ein neues Ministerium ein- geseßt und dur dieses die Thron - Rede abgefaßt werde. Auch be- steht man vor allen Dingen auf die völlige Entfernung des Finanz- Ministers Mon. Allein dieser Staatsmann giebt sich der Hoffnung

hin, sich wieder an die Spiße eines neuen Ministeriums gestellt zu

sehen, und behauptet, daß die Umgestaltung des Kabinets von der Wahl des Präsidenten des Kongresses abhängig gemacht werden müsse, Fällt diese auf den von ihm aufgestellten Kandidaten, Herrn Bravo Murillo, so wird Herr Mon es auf sich nehmen, mit Zu= ziehung desselben ein neues Ministerium zu bilden. Fäüt dagegen die Wahl wieder auf den Präsidenten des leßten Kongresses, Herrn Castro y Orozco, so wird Herr Mon, wie es heißt, ganz abtre- ten und es der Königin überlassen, Herrn Castro an die Spiße des neuen Kabinets zu stellen.

Z Madrid, 22. Dez. Aus einer Quelle, deren Zuverlässig- feit sich mir bei jeder Gelegenheit erprobte, erfahre ih so eben, daß es den Bemühungen des französischen Botschafters gelungen ist, den Einfluß, welhen der König auf die Entschließungen seiner Gemahlin auszuüben begann, zu beseitigen und dagegen der Königin Christine und dem Herzoge von Rianzares dasjenige Uebergewicht über das Gemüth der jungen Königin wieder zu verschaffen, dessen diese seit ihrer Vermählung, zur Befriedigung der Nation, sich zu entledigen bemühte. Mit einem Worte, die Familie des Königs soll zurückge- schoben, die des Herzogs von Rianzares aufs neue vorangestelit wor= den sein. Die Tlräftige Hand des fremden, an den Geschicken dieses Landes so lebhaften Antheil nehmenden Diplomaten vermochte die Verhältnisse so zu \{hürzen, daß die junge Königin aus den Wirren der ministeriellen Krisis keinen Ausgang zu finden wußte, vor dem Schreckbilde der nächsten Zukunft, das man ihr vorhielt, erbebte und si endlich überreden ließ, ihre Mutter nah dem Palaste zu rufen, um ihren Rath anzuflehen und si ihr ganz in die Arme zu werfen, Darauf wurde, wie man mir sagt, beschlossen, die bisherigen Minister beizubehalten sie haben als gehorsame Unterthanen diesem Beschlusse sih bereits unterworfen und die Cortes aufzulösen, sobald in ihnen ein den Ministern nicht zusagender Geist der Selbstständigkeit sih zu erfennen geben sollte. Für den Fall einer wirklichen Kollision würde man endlich zu der unbeugsamen Entschlossenheit des Generals Nar= vaez seine Zuflucht nehmen und ihn aufs neue an die Spibe dec Armee stellen. Der französishe Botschafter und der General Nar- vaez hatten si seit der Einseßung des Ministeriums Jsturiz gegen-= seitig den Krieg erklärt und jederlei persönlihe Berührung vermieden, aus diesen Gesinnungen au keinesweges ein Geheimniß gemacht. Um so mehr fiel es auf, daß der französishe Botschafter vor acht Tagen dem General Narvaez ein glänzendes Diner gab, und man vermuthet, daß er diesen entgegenkommenden Schritt nur in Folge E D von Paris aus eingegangener Vorschriften gethan

abe,

Kein einziges der heute hier ershienenen Blätter enthält eine Andeutung, durch welche meine Angaben über diese neue Palast-Re- volution bestätigt würden, und vielleiht dürste das Wohl des Landes erheischen, daß die Bestätigung ausbleibe. Ein Theil der angekün- digten Pläne hat sich indessen bereits verwirkliht. Die Gaceta bringt heute ein Königliches Dekret, kraft dessen die auf den 25sten festgeseßte Eröffnung der Cortes vorläufig bis auf den 31sten vershoben wird, (Vergl. oben.) Die Minister berufen sih dabei auf die Nothwen= digkeit, den Deputirten hinlängliche Zeit zu vergönnen, um sich in gro= ßer Anzahl hier einfinden zu können. s:

Allem Anscheine nach, wird diese Maßregel nur als die Vorläuferin entscheidenderer Schritte betrahtet und mißfällig aufgenommen werden. Denn der Tiempo, ein moderirtes Blatt, erwähnt heute, ohne das

Dekret zu kennen, der Aufschiebung der Eröffnung der Cortes nur als eines Gerüchts und fügt hinzu: „Wir glauben es nicht, wir können es nicht glauben, falls anders nicht ein verborgener Gedanke, ein mac- chiavellisher Plan, ein hinterlistiges Projekt aufs neue die sanfte und regelrechte Herrschaft der constitutionellen Prinzipien zu stören beab- sichtigt. Wenn wir die schmachvolle Bedeutung, welche eine solche Maßregel an sich tragen würde, in Erwägung ziehen, so wollen wir

ihr lieber feinen Glauben beimessen,“ Uebrigens is die Anzahl der hier anwesenden Deputirten bereits sehr beträchtlich. Auch Herr Mendizabal ist vor einigen Tagen hier eingetroffen. Olozaga scheint ers die Entscheidung des Kongressés über seine Zulassung ‘abwarten zu wollen,

Unterdessen hat der geräus{volle Empfang, welher dem Grafen von Monteimolin in London zu Theil geworden is, so wie der Ton, in welhem die periodische Presse sich über ihn äußert, auch hier die öf fentlihe Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Man hat nicht vergessen daß gerade Lord Palmerston es war, der früherhin auf die Festhaltung des spanischen Prätendenten in ¡Bourges bestand, und man vermuthet daher, daß der edle Lord gegenwärtig von seinen damaligen politi= hen Ansichten zurückgekommen sei. Die hiesigen ministeriellen Blät-

| ter betraten diese Erscheinung mit großer Geringshäßung und ge-

ben das Wiederauftreten der Karlisten sür undenkbar aus. Tie Mi= nister selbst haben bekanntlih Steckbriefe gegen den Grafen von Monte= molin wie gegen einen flüchtigen Verbrecher erlassen. Nun is aber plößlich ein Brief hier in Umlauf gekommen, aus welchem erhellt, daß der König, der Gemahl Jsabella's, niht nur von der größten Achtung und Liebe für seinen Vetter, den Grafen von Montemolin, erfüllt is, sondern sogar doch ih verweise Sie auf diesen Brief selbst, der zuerst im Esprit public, dann in der Times und daraus in Galignani?s Messenger vom 12ten d. erschien und auh in einem hiesigen Blatt abgedruckt wurde, dessen Umlauf die Behörden jedoch hemmten. Seit- dem Erscheinen dieses Briefes be- trahten sowohl Moderirte wie Progressisten den Verfasser desselben mit ganz anderen Augen als früher.

Aus Portugal erhalten wir nur selten und nur über Cadix Nachrichten. Jm Norden verstärken die Miguelisten, die in Braga eine Regierungs - Junta eingeseßt haben, sih mit jedem Tage. Das Antas war fortwährend in, Saldanha vor Santarem. Die Königin scheint ihr Vertrauen Leßterem zu entziehen und dem Grafen von Thomar aufs neue zuzuwenden, Man will wenigstens wissen, daß dieser hier beglaubigte Gesandte von seiner Königin befragt worden wäre, ob er es auf sich nähme, an die Spiße eines neuen Ministe- riums zu treten. Aus dem Jnhalte der leßten hier an Herrn Bulwer eingegangenen Depeschen des englishen Geschäftsträgers in Lissabon und des Obersten Wylde will man den Schluß ziehen, daß die Lage der Königin Donna Maria immer bedenklicher werde. Der Vortrab der Truppen des der Königin treuen Barons Casal erschien am 11ten vor Porto, dessen Einwohner von der revolutionairen Junta zu den Waffen gerufen wurden,

CUERCE

K'onstautinopel, 16. Dez. Am 11ten v. M. Morgens brachte der Kislar-Aga dem Großwesir cin Handschreiben des Sultans, worin Se. Hoheit demselben die Geburt eines Prinzen, den er Medmed- Zia-ed nannte, anzeigt. Dieses Handschreiben wurde noch am Vor= mittag den zur Pforte berufenen Würdenträgern vorgelescn, Am 13ten fand dann die übliche Aufwartung der Großen des Reichs im Uferpalast von Tschiragan statt. Zu den fünf Gebetszeichen werden in den sieben Tagen nah der Geburt des Prinzen Artillerie-Salven von 21 Kanonenshüssen gelöst und die Häuser der Staats-Beamten Nachts beleuchtet.

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