1847 / 77 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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\chihte der Verträge, das Völkerrecht das Seereht, die ver-

gleihende Wissenschaft der Geseßgebungen, das constitutionelle Recht und die Staatswirthshaft angeführt, und, als dem spezielleren und gelehrteren Studium angehörig, das alte französische Recht, das Lehns= recht, das Gewohnheitsreht, das germanishe und das kanonische Recht, „„Jndem wir aber“, sagt der Minister dann, namentli in Bezug auf die leßteren Partieen, „diesen großen Jnbegriff von Prinzipien, Re-

geln und Thatsachen, welche eigentlich die Jurisprudenz bilden, diese

Wissenschaft der göttlihen und menshlihen Dinge, und Dele ih alle ctuterefsen der Gesellschaft und die ganze Staats- wissenschaft unterordnen, Jhnen vor Augen stellen und den Nußen und die Bedeutung desselben bekunden wollen, ist es doch nicht un- sere Absicht, allen Punkten des Unterrichts darin gleichen Rang an- zuweisen, Der ganze Jnbegriff kann unmöglich in allen Schulen ge- lehrt werden ; eben so wenig fann man ihn für jeden Zweig des ju- ristishen Berufs fordern, ihn nicht jeder Laufbahn in der Magistratur und Politik auferlegen, ihn niht jedem Geist zumuthen wollen. Aber er gehört zu dem Bereich, den die Wissenschaft des Rechts um- faßt. Er besteht in der dargelegten Weise auf den meisten Univer- sitäten Europas. Er wird au, wenigstens tbeilweise, bei uns ein- geführt werden müssen, damit unter der französischen Jugend diejeni= gen, welhe sich dem gründlicheren Studium der Geseße widmen, der Vertheidigung der öffentlichen Jnteressen, der Ehre, ihr Land außer= halb zu repräsentiren oder es im Junern zu verwalten, der Ehre, auf der gewöhnlihen Stufenleiter der Wahlkörperschaften seine Verfassung oder seine Freiheiten zu vertheidigen, in unseren verschiedenen Schu- len den ihren Neigungen und ihrem Beruf angemessenen Unterricht finden fönnen. Die Lehrkurse theilen sich in jeder Schule, der Na- tur der Dinge nach, in zwei Klassen: in solhe, die fundamental und obligatorish für alle, nothwendig für die Licenz sind, und solhe, die speziell sind und wovon nur ein Tyeil denen auferlegt werden soll, die sich um das Doktorat bewerben, um \ich eine breitere Bahn für ihre Zukunft zu eröffnen.“ Der Bericht geht dann auf eine Auseinanderseßung der jeßigen Organi- sation des juristishen Unterrihts und auf den Zustand der Rechts- Schulen ein und knüpft daran die nähere Begründung der einzelnen vorgeshlagenen Reformen. Die Zahl der in den vecschiedenen ju- ristishen Fakultäten Frankreichs, zu Paris, Aix, Caen, Dijon, Gre- noble, Poitiers, Rennes, Straßburg und Toulouse, eingeschriebenen Studenten beträgt 5300 und ist seit 1830 um 2800 gestiegen. Von jener Zahl kommen auf Paris 3183; zunächst folgt Toulouse mit 600, dann Rennes und Poitiers mit 230 bis 250 ; die übrigen Uni= versitäten oder Akademieen, wie sie in Frankreih heißen, da nur in Paris die Universität ihren Siß hat, welcher jene anderen Kör- perschaften sämmtlih untergeordnet sind, haben nur 130 bis 160, am wenigsten Straßburg, „wegen der Nähe der Gränze ““, wie der Minister bemerkt. Zu der Notariats- und Admi- nistrations - Laufbahn find keine juristishen Studien erforderlich. Jn dem vorgelegten Geseß-Entwurf handelt es nicht von einer Ver- änderung in diesen beiden Punkten, sondern von der Einrichtung und Art des Unterrichts im Allgemeinen, der durch Hinzusügung von Lehrkursen nah den oben dargelegten Grundsäßen erweitert werden soll, von Aenderungen in der Zusammenseßung und in den Prozedu=- ren der Fakultäten, von Reformen in den Repetitionen, Vorlesungen und Prüfungen, von Trennung des Lehr- und Examinations-Amts, von der Einführung außerordentlicher Professuren, wie sie für andere Lehrgegenstände bestehen, von Verlängerung der jeßt erforderlichen dreijährigen Studienzeit und verschiedenen anderen das Lehramt und das Studium betreffenden Fragen.

Mitte! Königlicher Verordnung vom 11ten d. wird Herr von Carné, Mitglied der Deputirten-Kammer, zum Direktor der Handels- Abtheilung im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten an die Stelle des auf sein Gesuch in den Ruhestand verseßten Grafen von Lambert ernannt.

Der Moniteur widmet heute dem verstorbenen Justiz-Minister, Herrn Martin du Nord, einen kurzen Nachruf: „Der König““, sagt das offizielle Blatt, „verliert in Herrn Martin einen loyalen und treuen Diener; die konservative Partei einen ihrer hingebendsten Führer; Frankreich einen Ehrenmann. Herr Martin hinterläßt ein in vershiedenen Beziehungen ehrenvolles Andenken, unter dem Advo- fatenstande seiner Vaterstadt, unter dem Richterstande von Paris, wo er nah einander die Aemter als General-Advokat am Cassationshofe und als General-Prokurator am Königlichen Gerichtshofe bekleidete, eben fo in der Deputirten- Kammer, der er seit 1830 als eines ihrer aus-

gezeihnetsten Mitglieder angehörte, Jn seinen rihterlihen Arbeiten

wie in seiner politishen Laufbahn erwarb er sih frühzeitig und be- wahrte \ich stets die Ahtung Aller durch feste Grundsäße und ener- gishe Ueberzeugung in stetem Verein mit großer Mäßigung des Cha- rafters und mit einem Wohlwollen, an welhes man niemals verge- bens sih wandte,“

z Paris, 13. März. Heute schritt die Deputirten - Kammer vor ihrer öfentlihen Sißung zur Erneuerung ihrer Büreaus und ernannte ihre Präsidenten und Secretaire, die wieder durchaus lauter Konservative sind. Alle wurden mit großer Majorität er- nannt. Ju der öffentlihen Sihung verlangte der Finanz- Mini- ster das Wort in Betreff der Jnterpellation des Herrn von Mer- nay, bezüglih der Lage der Postmeister, Er erklärte, die Regie- rung habe die Interessen der Postmeister nie außer Acht gelassen, aber sie mußte einen günstigen Moment finden, um dieselben geltend zu machen. Er werde übrigens nächste Woche einen Geseß-Entwurf in diesem Betreff einbringen, Herr von Mornay: Die baldige Verlegung dieses Gesey-Entwurss zu erlangen, sei der einzige Zweck der Interpellation gewesen, zu dem die Kammer ihre Ermächtigung gegeben. Nach der Erklärung des Finanz-Ministers verzichte er auf dieselbe. Herr von Remilly wird auf die Rednerbühne berufen, um seinen Antrag auf Einführung einer Hundesteuer zu begründen. Dieselbe soll stufenweise auferlegt werden, nämli 4 bis 2 Fr. auf die zur Führung von Vieh und Bewachung von Höfen und Häusern verwendeten, eben so für die beim Landbau, der Jndustrie und dem * Grundeigenthum zu gleichem Zweck gehaltenen Hunde, Für alle an- deren soll eine Steuer von 2 bis 10 Fr, bezahlt werden. Doch soll den Munizipal -Räthen zustehen, diese Steuer zu vermindern, aber niht unter die Hälfte (1 bis 5 Fr.). Die Bezahlung der Steuer soll den Besiß mehrerer Hunde in demselben Jahre zulässig machen, Dies sind die Haupt-Bestimmungen des Antrags. Der Antragsteller erinnert daran, daß im Jahre 1845 nit weniger als 51 General-

346 mentlih über die Art, wie die Steuer zu erheben wäre, Drei Sy- steme seien ausführbar und gleih leiht, nämlich: 1) obligatorische Erklärung von Seiten des Eigenthümers unter der Kontrolle der Behörde, wie dies in Belgien geschehe; 2) Zählung der Hunde durch einen Gemeinde- Agenten, Anlegung von Listen über die zu er- hebenden Steuern durch den Maire un® Feststellung derselben durch den Präfekten; 3) Anwendung derselben Methode, wie bei den Leistungen in Natur, für die Taxe der Vicinalwege, Anlegung der Listen durch die Munizipal - Behörde und die Repartitoren. Auf die Anfrage des Präsidenten, ob der Antrag in Betracht zu ziehen sei, ertönte zahlreicher Ruf: Ja! Ja! Herr Maurat Ballange hat das Wort gegen denselben. Er hält den Augenblick zur Auflegung einer neuen Steuer für {le&t gewählt. Er sieht mit Bedauern, daß nur der Hund des Blinden davon àus- genommen werden solle, Wie man dem armen Schäfer, dem armen Bauern 2 Fr. für den Hund abfordern könne, der seinen Hof be- wahe? Man solle die Luxushunde besteuern, die Jagdhunde, die Bologneserhündchen, die sogenaunten Lieblinge und Kleinode der Mar=- quisinnen, (Geläh!er.) Aber nur den Hund des Armen, den nüß- lichen Hund, folle man nicht besteuern, denn die Armen seien ohnedies schon genug besteuert.

Heute gehen wieder Nachrichten von Cherbourg ein, welche von einem zum Glü bald unterdrückten neuen Versuch zu Unruhen aus Anlaß der Getraidepreise melden. Am vorigen Montag Abends licß ein Trunkenbold aufreizendes Geschrei in einer Straße vernehmen, bald hatte sich ein Haufen Leute um ihn gesammelt, der immer mehr anwuchs, und etlihe übelgesinnte Subjekte glaubten zun die Gele= genheit zu Aufheßung der Menge benußen zu müssen; wirklih wurde zuleßt ein naheliegendes Bäckerhaus angefallen. Die Polizei traf ihre Maßregeln zur Wiederherstellung der Ordnung, was ihr glüd- lich gelang, Zwei Männer und eine Frau, welhe man als die Hauptanstifter des Lärmens bezeihnete, wurden am folgenven Tage in ihren Wohnungen festgenommen und sogleih die Justruction des Prozesses gegen sie begonnen. Der Preis des Getraides war auf dem leßten Markte zu Cherbourg außerordentlich gestiegen, Am Donnerstag der vorigen Woche hatte das Hektoliter 42 Fr. erreicht ; am legten Montag aber stieg der Preis gar auf 50 Fr., so daß der- selbe um 10 Fr. 75 Cent. höher stand als zu Rouen und um 11 Fr. 50 Cent. höher als zu Caen. Noch auf feinem Markte der Nor- mandie hatte er eine solhe Höhe erreicht. Ein erwähnenswerthes Beispiel der Uneigennüßigkeit wurde auf dem leßten Markte zu Cher- bourg gegeben. Ein Grund = Eigenthümer, Sohn des Maires einer benahbarten Gemeinde, verkaufte in ausdrücklihem Auftrag seines Vaters all sein Getraide um 2 Fr, unter dem Preise für den Schef- fel. Am Dienstag bewilligte der Munizipal - Rath abermals eine Sunime von 20,000 Fr., um an die nothleidende Klasse Brod- farten zu vertheilen, und alle Mitglieder desselben unterzeichneten Beiträge dazu, um ihren Mitbürgern mit gutem Beispiel voran- zugehen. Außerdem wird die Wohlthätigkeits- und Arbeits-Anstalt 35,000 Fr. ausgeben, und die Privat-Wohlthätigkeit thut das Mög- lihe. Auf Verlangen der Munizipal-Behörde wird, um der Vorsicht willen, die National-Garde der Stadt täglih einen Posten von 45 Mann bis auf Weiteres zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit aufstellen. Daß am 10ten neue Unordnungen vorgefallen wären, welche sogar das Einschreiten der Militairmaht nothwendig gemacht hätten, wie gestern zu Havre ein Gerücht verbreitet war, wird durch die aus Cherbourg direkt eingetroffenen Blätter und Briefe vom 11ten nicht bestätigt. Wenigstens thun dieselben keine Erwähnung davon. Im Departement Jlle und Vilain war, da die Getraidepreise sehr

hoh gestiegen, auf den leßten Märkten starke Zusuhr und die Folge davon ein Sinken der Preise. Aus dieser starken Zufuhr ersah man aber aufs neue, daß es niht au Getraide im Lande fehlt, und daß nur der Wucher die Preise so hoh treibt, Auch zu Rennes hat die Munizipalität eine Unterzeichnung von Geldsummen eröffnet, mit welchen Getraide im Auslande ober in einem französischen Hafen angekauft werden soll, der am wohlfeilsten es zu liesera vermag, um dem Steigen der Preise Einhalt zn thun. Das Getraide wird den Bäckern zum Aukaufspreise abgegeben, und die Bäcker haben sich ver- pflichtet, nur solhes Getrgide zu verbrauhen. Schon vorgestern waren 224,000 Fr. unterzeihnet, Die meisten Unterzeihver verzih- teten auf Zinsenbezug, Manche sogar verstanden sih noch außerdem zu einem Opfer. Die aus der ganzen Operation erwachsenden Ver= luste trägt die Stadt Rennes, welche auch das ganze yorgeschossene Kapital zurückzahlen wird, So is man auf allen Seiten bestrebt, der Noth der Arnen zu steuern,

Großbritanien und Arland.

London, 12. März. Die vertagte Debatte über Herrn H u- me’ s Resolutionen hinsihtlich der Einstellung der Zinszahlungen der russisch-holländishen Anleihe wurde gestern im P nterhause wieder aufgenommen und drehte sich hauptsächlich, wie auch das erste Mal, um die Einverleibung Krakau's in die bsterreichishe Monarchie, Es fällt allgemein auf, daß Lord Palmerston, der als Minister des Aus- wärtigen vorzugsweise an dieser Debatte sih betheiligen mußte, weder das erste Mal, noch gestern gesprochen hat, und man schreibt dies dem Umstande zu, daß der Minister im vorigen Jahre eine förmliche Erklärung gegen die Aufhebung Krakau's abgegeben hat und sich jebt durch die Opposition gegen den: Antrag bes Herrn Hume nicht in Widerspruch mit seiner damaligen Erklärung seßen will, Herr Mil- ner eröffnete gestern die Debatte und stimmte für die Anträge des Herrn Hume, indem er einen Widerspruch zwischen den Ausdrücken der Thronrede uud den jeßigen Erklärungen der Minister nazu- weisen suhte und gegen das. österreichische Manifest in Bezug auf ‘die Einverleibung Krakau's eiferte. Der Redner erhob dann einen Vorwurf gegen die Regierung Englands, welche versäumt habe, Konsuln nach Krakay zu schicken, die den Freistaat vor der Vernich- tung hätten bewahren können, Lord Dalmeny wollte die Geld- frage von der politishen getrennt wissen und stimmte daher für die Vorfrage, Dr. Bowring dagegen für die Resolutionen des Herrn Hume, Sir William Molesworth machte indessen bemerklich, die russish- holländische Anleihe sei von England übernommen wor- den, weil Holland beim Friedensschlusse das Vorgebirge der guten Hoffnung, Essequibo, Demerara und Berbice an England abgetreten habe, und wenn dies die Zahlung nicht leisten wollte, könne es auch die Kolonieen nit behalten. Lord Mahon (Unter -Staatssecretair der auswärtigen Angelegenheiten unter dem Tory-Ministerium) wollte sich auf abstrafte Resolutionen ohne praktische Bedeutung nicht ein-

Conseils die Einführung dieser Steuer verlangten. Sie stühten die- sen Wunsch auf die fortwährende Vermehrung der Zahl der Hunde, auf die Unglücksfälle, die dur sie veranlaßt würden, auf die Unrein- lihfeit, die sie in den Wohnungen des Armen verursachten, endlich auf die große Quantität der Lebensmittel, die sie verzehrten. Wenn diese Rücksicht hon 1845 wohl zu beachten gewesen, so sei sie es in erhöhtem Grade jeßt in der Zeit des Mangels. Und hätte die Einführung dieser Steuer auch nur die Folge, die Zahl der Fälle von Wassersheu und die furhtbaren Resultate derselben zu vermindern, so wäre sle hon eine Wohlthat für das Land, und dieses habe ein Recht, von der Kammer zu erwarten, daß sie dasselbe ihm nicht vorenthalten werde. Der Antrag überlasse der Verwaltung die Anordnung aller Details über den Vollzug, ng-

lassen, und was die Geldfrage anbetrifft, so berief er sich auf die Au- ae der Kron-Juristen r fas der Ungeseblichkeit der Nichtzahlung. Sir Robert Jnglis meinte dagegen, daß selbst die abstrakte Re- solution eine moralishe Bedeutung haben müßte, insofern sie der Theorie des fait accompli in den Weg treten würde, Das Haus möge daher die erste Resolution (des Unwillens über die Jucorpora- tion Krakau's) zuvörderst annehmen, Bisher hatten alle Redner in politischer Beziehung \ih ziemlich gleihmäßig qusgesprochen, jeßt er- hob sich Lord George Bentinck mit dem Bemerken, er und Herr d'Israeli hätten bereits früher gegen den betreffenden Passus der Thronrede protestirt, da sie sich na der Durchsicht der Dokumente überzeugt, "S die drei Mäthte keine Verleßung der wiener Verträge begangen, ie Unabhängigkeit Krakau's habe auf dem Prinzip der

strengen Neutralität beruht, und gegen dieses Prinziy habe sich Kra=- fau schwer vergangen. Krakau habe Oesterreich, niht Oesterrei Krakau angegriffen, folglih habe Oesterreih das Recht gehabt, Kra= Fau als ein erobertes Land zu behandeln. Es habe jedo vorgezo- gen, mit Rußland und Preußen deshalb in Konferenz zu treten. Jene drei Mächte hätten Krakau seine Existenz verliehen und daher allein das Recht, seine Existenz zu verändern, Jm Allgemeinen wichen die Argumente des Redners nicht sehr von denen des österreichishen Ma=- nifestes abz er bemerkte jedoh, wenn die drei Mächte durh die Jn- corporation Krakau's den wiener Vertrag verleßt hätten, so treffe ein gleiher Vorwurf England und Frankreich, - als sie die Trennung Belgiens von Holland sanctionirten, Uebrigens hätte Lord Palmerston vor der FJucorporation protestiren sollen und niht nach derselben. Der Redner suchte ferner nahzuwei- sen, daß die Krakauer bei der neuesten Veränderung nur ge-=- wonnen hätten, wobei er sich auf direkte Briefe aus Krakau berief, Von 1814 bis 1846 hätten sich die jährlihen Auëegaben des Frei= staates allmälig von 100,000 auf 300,000 Rthlr. vermehrt, welche Summe man jeßt ersparen würde, Er könne keine Resolution voti- ren, worin die drei Mächte einer dirckten Verleßung der Verträge beshuldigt würden, während man ihren milden und väterlichen Re- genten vielmehr dafür Dank wissen müsse, daß sie für die künftige Sicherheit und Wohlfahrt Krakaü's gesorgt hätten. Herr Dun- combe dankte dem vorigen Redner für seine Offenheit, da man für den Fall, daß selbiger einmal Minister der auswärtigen Ange= legenheiten würde, nunmehr dessen Gesinnungen kenne. Die Rede selbs hielt er für einen Grund mehr, um die Opposition der Minister gegen die Resolutionen zu beseitigen, 1e Geldfrage hielt er für untergeordnet, wesentli aber sei es, daß das Unterhaus seine Mißbilligung über ein solches Verfahren auf das entschiedenste aussprehe. Sir Robert Peel stimmte mit Lord J. Russell über- ein und bemerkte, er fönue die Konsequenz der Resolution nit in Zroeifel ziehen, wohl aber, daß England berechtigt sei, si seinen Verpflichtungen von 1815 und 1831 zu entziehen;z und wäre selbst diese Berechtigung nachzuweisen, so hielt er es doch nicht für politisch, jene Zahlungen einzustellen. Er felbst war der Ansicht, England habe im Jahre 1815 jene Verpflichtungen nicht allein mit Rücksicht auf die holländisch-belgischen Verhältnisse, sondern auch in seinem eigenen Z5n- teresse übernommen, und berief sich auf cin dem Parlamente mitge= tbeiites Schreiben des Lord Castlereagh, aus welchem hervorgehe, daß der Prinz von Oranien diese Uebernahme als einen Ersaß für die abzutretenden Kolonieen ansah. Zu diesem Zweckte habe die Ab= tretung durch den wiener Vertrag stattgefunden. Dabei verwies Sir R. Peel auf die desfallsige Parlaments-Akte, worin es ausdrücklich heiße. daß England den von ihm übernommenen Antheil der hollän= disch-belgischen Anleihe, selbst im Fall eines Krieges zwischen beiden Ländern, zu verzinsen und zu tilgen fortfahren solle. Die Zahlung also würde selbs im Fall eines Krieges mit Rußland niht aufhören, um wie viel bindender müsse daher diese Verpflichtung in Friedenszeiten sein, Er hielt es zwar nicht für unmögli, daß man nach dem Buh- staben des Rechtes eine Aufhebung jener Verpflichtung nahwéeijen fönnez jedenfalls aber würde es niht zur Ehre Englands gereihen, wenn es einen pecuniairen Vortheil aus seinemProteste ziehen wolle, Er hielt eine pünktliche Erfüllung der Verpflichtungen Englands für um so nothwen- diger, da er von der Ansicht des Herrn Guizot, daß feine Macht sich von solhen Verpflichtungen lossagen könne, ohne die Mit-Kon= trahenten derselben zu überheben, wesentlich abwich. Weder England, noch Frankreich, noch irgend eine Macht sei berechtigt, sich von frei willig eingegangenen Verpflihtungen loszusagen, und gerade in dem jeßigen Zustande Europa?s sei ein strenges Hesthalten an den Ver- trägen die beste Grundlage des Friedens. Aus staatsrechtlihen und politishen Gründen müsse er sich daher gegen die Resolution ertlä- ren, so wie überhaupt gegen jeden Schritt, welcher der Convention von 1831 zuwider wäre, Was nun die erste Resolution anlange, welche die Besorgnisse Unwillen bes Hau= ses aussprehe, so theille er ganz die Ansihten des Pre- mier - Ministers, daß man zwischen den Functionen der Krone, die durch ihren Protest bereits ihre Pflicht erfüllt habe, und denen des Parlaments {arf unterscheiden müsse, so wie er denn überhaupt an der Zweckmäßigkeit einer Resolution zweifelte, an die kein praktischer Erfolg geknüpft wäre. Während er dergestalt seine Ansicht aussprach, erachtete er es für seine Pflicht, ausdrüdcklih zu erklären, daß er seiner zu Anfang der Session ausgesprohenen Mei- nung treu geblieben sei und demnah das Verfahren der drei Mächte in dieser Sache nicht allein als dem wiener Vertrage zuwiderlautend, sondern auch als geeignet ansehe, das Vertrauen zu der redlichen Aufrechthaltung der Verträge zu erschüttern, Dabei aber sei er der Ansicht, daß England seine freundsdaftlihen Beziehungen zu den drei Großmäch= ten nit gefährden dürfe. Obgleich ein entschiedener Anhänger des herz= lihen Einverständniß mit Frankreich, das leider durch die spanischen Verhältnisse neuerdings unterbrohen worden, so glaubte ex doch nicht, daß dieses Einoerständniß zu Eifersucht und Mißverständnissen von Seiten der anderen drei Großmächte Anlaß geben: dürfe, Mit den österreichischen Manifeste und der Rede Lord G, Bentinck*s könne er sih keinesweges einverstanden erfären, da alle früheren Verträge durch den pariser Vertrag vom 30. Mai 1814 konsolidirt worden seien. Ueberhaupt erschien ihm die Jucorporation Krakau?s an si nicht für so bedenklich, wie die Ärt und Weise dieses Schrittes und die ausdrücklih ausgesprocheneu Motive desselben. England habe wäh= rend des Revolutionskrieges \o große Opfer gebracht, daß es wohl mehr Rücksicht verdient hätte, selbst wenn man nicht vertragsmäßig dazu ver= pflichtet gewesen wäre, es zu Rathe zu ziehen. Daß Krakau als „geo= graphishes Atom‘' bezeichnet werde, beweise nihts und könne eben so gut gegen alle kleineren Staaten geltend gemacht werden, Auch hielt er die Politik der drei Mächte in dieser Sache für einen Ver- stoß gegen die öffentlihe Meinung, Allgemein sei man dem Rüd=- \chritt und der Reaction abgeneigt und begrüße mit Freuden solche Reformen, wie diejenigen z, B., die kürzlih erst von dem erhabenen Beherrscher eines großen Staates ausgegangen. Nach dieser Vigre|s- sion fam der Redner auf die krakauer Verhältnisse zurück und ver-

icherte, daß während der Verhandlung des wiener Vertra=- 15 Niemand an die polnische Nationalität gedacht; wohl

aber habe man den polnischen Unterthanen der drei Mächte National= Jnstitutionen zugesichert. Er wollte hier nicht die Frage erörtern, ob die Nicterfüllung dieser Versprechungen dur die Ereignisse von 41831 gerechtfertigt worden, Zum Schlusse lobte er noch das Ver= fahren Lord Palmerston’s, daß selbiger bei seinen jeßigen Beziehun=- gen zu Frankfreih für si allein und unabhängig protestirt habe. Es entspann sich darauf eine ziemli lebhafte Debatte über die Ver= tagung des vorliegenden Gegenstandes. Nach einigem Widerspruche von Seiten der Minister wurde die Fortseßung der Debatte auf Dienstag, den 16ten d., vertagt.

Zu Anfang der Sigung beantragte Lord G. Bentinck eine Nachweisung der Todesfälle in Jrland vom 4. September bis jeßt, nahm indeß seinen Antrag zurück, als Herr Labouchere sih dem- selben widerseßte und Lord John Russell für heute eine ausführliche Darlegung alles dessen versprah, was die Regierung für Jrland ge- than habe. Jm Oberhause brachte Lord Brougham eine neus Bankerott - Bill ein, und die Gefängnißreform = Bill erhielt die dritte

und den

Lesung

Die Morning Chronicle macht eine interessante Zusammen- stellung der Bevölkerungs-Verhältnisse und der Armensteuer-Pflichtig= Feit des Bodens in Jrland, um zu zeigen, wie ein gutes Armen- Geseg daselbst die gegenwärtige Noth ohne die großen Opfer von Seiteu des Staates besiegen konnte. Sie giebt diese Zusammenstel- lung als Erläuterung zu dem Armengeseß - Plane der Regierung, welchen Lord John Russell heute im Unterhause auseinanderseßen wird. „Der Unterschied zwischen England und Jrland““, schreibt die Mo rning Chronicle, hinsichtlich des steuerpflihtigenBodens imVer= hältniß zur Bevölkerung und der wahrscheinlichen Ausdehnung des Paupe- riómus unter dem Armengesehe is überaus groß. England hat ein armensteuerpflihtiges Grund -Eigenthum vou 62 Millionen um den

auperismus von 16 Millionen Einwohnern zu unterstüßen; Jrland hat ein solhes Grund-Eigenthum von 13 Millionen Pfund, um den Pauperismus von 8 Millionen Einwohnern zu unterstüßen. Aber die- ser Unterschied, so groß er is, kommt doch dem Unterschiede nicht glei, welcher zwischen vershiedenen Grafschaften Jrlands in dem Berhältniß der Anzahl ihrer hülflosen Armen zu“ den Mitteln, diese zu unterstüßen, besteht. Dies ist ein Punkt von der größten Wich- tigkeit. Jrland zählt nah dem Ceusus von 1841 mit Ausschluß Du- blins in seinen 31 Grafschaften nahe an 1,400,000 Familien und un- gefähr 12,900,000 Pfund Sterling s\teuerpflihtiges Eigenthum. Theilt man die 31. Grafschaften in fünf Gruppen, so findet man, daß das größte Elend und die geringsten Mittel, demselben zu steuern, im Westen und Süden gefunden werden, und daß der Nord-Osteu am wenigsten leidet und sich am ersten selbst helfen kann, Die sechs Grafschaften westlich von Shannon, Clare, Galway, Mayo, Roscommon, Sligo und Leitrim zählen 305,000 Fa- milien, und 257,000 Personen werden hier an öffentlihen Arbeiten beschäftigt, während das steuerpflihtige Grund-Eigenthum 1,722,000 Pfd. Sterling beträgt. In der zweiten südlichen Gruppe der Graf= schaften Tipperary, Limerick, Kerry und Cork stellen si diese Zahlen auf 332,000 Familien, 220,000 Unterstüßte und 3,156,600 Pfd. St. steuerpflichtiges Grund - Eigenthum z in den aht Grafschaften Done- gal, Fermanagh, Cavan, Longford, Kings - County, Kilkenuy, Water- ford und Wexford sind 277,600 Familien, 134,000 Beschäftigte und 2,304,000 Pfd, steuerpflichtiges Eigenthumz in den aht mitt- leren Grafschaften Monaghan, Meath , Westmeath , Louth, Kildare, Queens = County, Carlow und Wicklow sind 203,700 Zamilien , 74,000 an öffentlihen Arbeiten Beschäftigte und 2,452,000 Pfd. steuerpflichtiges Eigenthum, die nordöstlihe Gruppe endlih umfaßt die fünf Graishaften Antoin, Armagh, Downu, Lon- donderty und Tyrone mit 277,900 Familien, 21,000 Beschäftigten und 2,886,000 Pfd. St, steuerpflichtigem Eigenthum. Die Verhält- nisse stellen sich nun so, daß in den westlihen Grafschaften nf Personen von je \echs Familien der ganzen Bevölkerung und unge- fähr eine Person von jeden sieben Pfd. St, steuerpflihtigen Ein- kommens unterstüßt werden; die südlihen Grafschaften haben von je drei Familien zwei Unterstüßte und Einen von je 15 Pz die dritte Gruppe hat von je zwei Familien einen Unterstüßten und Einen von je 17 Psd.; die Central-Grafschasten haben einen Un- terstübten von je drei Familien und Einen von je 30 Pfd.z die nordöstlichen endlich Einen auf je dreizehn Familien und Einen auf je 138 Pfd. steuerpflihtigen Einkommens,“ Auf diese Verhält- nisse ein Armen-Geseß nah englischen Prinzipien angebraht, meint die Morning Chronicle, müßte die Noth unfehlbar beseitigen.

Nach den lebten Berichten aus Jrland wurden in der mit dem 27. Februar beendeten Woche 708,228 Arbeiter bei den öffentlichen Arbeiten beschäftigt und, es erhielten also 35 Millionen Menschen da- durch ibren Unterhalt,

Gestern is auch hier eine große Versammlung von Schiffbauern, Rhedern u. st. w. gehalten worden, in welcher lebhaft über die Vor- theile der Navigations-Geseße debattirt und eine Anzahl von Resolutio- nen zu Gunsten der Aufrechthaltung derselben angenommen wurde.

Das Dampfschiff „Great Western“ sollte gestern in Bristol öffent- lich verkauft werden. Das Schiff hat 63,000 Pfd. gekostet, 90 ge- winnreiche Reisen gemacht und soll nah erfolgter Besichtigung als so gut wie neu befunden worden sein; dessenungeachtet wurden nur 20,000 Pfd geboten, und der Verkauf hatte nicht statt.

(B. H.) Die heutige Unterhaus-Sißung wurde fast aussließ- lih durch eine Debatte über das neue irländische Armengeseb, dessen Prinzipien und Details Lord John Russell darlegte, ausgefüllt, Die Debatte wurde vertagt, Auf eine Anfrage des Herrn Baillie ob die Regierung aus Nothwehr das Beispiel anderer Länder, welche die Getraide - Ausfuhr verboten haben, zu befolgen beabsihtige, gab Lord John Russell eine verneinende Antwort, daß seiner Ansicht nach ein solches Ausfuhr - Verbot ein direktes Mittel sei, die Getraide= Einfuhr in das die Ausfuhr verbietende Land zu hemmen,

D 4.0 tf

T7 Brüssel, 12. März. Das unausgeseßte Steigen der Brod- preise, die seit einer Woche sich noch ungewöhnlih erhöht haben, hat auch hier in mehreren Städten einige Unrußen hervorgerufen, die je- doch unbedeutend waren und {nell wieder unterdrückt worden sind. Die Städte legen sich jeßt bedeutende Opfer auf, um das Hausbackenbrod den unteren Klassen zu geringeren Preisen geben zu können z die Noth wird aber, wegen ihrer Größe und Ausdehnung, nur wenig dadurch gemildert. Eine große Schuld hat \sich . aber das Ministerium wegen seines gänzlichen Mangels aller Voraussicht beizumessen. Nicht nur hat es selbst nirgends Einkäufe gemacht, sondern sich auch gesträubt, dem Handel die Bedingungen zu einer angemessenen Einkauss-Speculation im Auslande herzustellen. Wäbrend andere Regierungen nicht nur keine Hindernisse der freien Korn-Einfuhr ín den Weg legten, sondern clbst Auffkäufe im Auslande besorgten und zudem noch zum Theil angefüllte Magazine besaßen, wollte der Minister des Junern im vorigen No- vember gar nicht einwilligen, daß die Korn=Einfuhr ein ganzes Jahr hindur für frei erflärt würde, Wie faun aber der Handel bei ei- nem kurzen so Termine in fernen Gegenden, z. B. in Amerika, Auf- fäufe mahen? und doh wäre Belgien einer Hungersnoth preisgege- ben worden, wenn nicht Hunderte von Schiffen Rußlands Ueberfluß angeführt hätten. Jeßt erkennt das Ministerium wohl seinen Jrrthum, und es heißt sogar, es habe jebht ‘im londoner Entrepot eine große Quantität Getraide kaufen lassen, obgleih auch diese Maßregel noch vor kurzem von dem hiesigen katholishen Journale, dem Verthei- diger des Ministerinms, als den Handels-Jutecesscn entgegen darge= stellt wurde. Gleicherweise weigerte sich vor einigen Wochen der Minister entschieden, als mehrere Häupter der Opposition unter den gegenwärtigen Umständen ben zollfreien Eingang des Schlachtviehes forberten, denselben zu gestatten, und zwar unter dem Vorwande, daß die inländische Viehzucht dadur beeinträchtigt würde, und mit dem herzlosen, von dem bekannten Ausspcuhe Heinrich's IV. sehr N Bémerken, daß das Volk keinen Anspruch darauf machen Fn Fleisch zu essen (le peuple ne peut pas aspircer à manger de la viande). Heute hat si aber doch der Minister genöthigt gesehen, den freien Eingang anzuordnen, da es beinahe rathsamer wird, statt Brod Fleisch zu essen, wenn, wie jeßt, ein Pfund Fleis niht mehr

fostet (62 C.=5 Sgr.) als zwei Pfund Weißbrod. T E aber hierdem Ministerium eine große Schuld an der jeßigen heurung beimessen, so müssen wir noh mehr das ganze individualistisch-li- herale System, wiees hiernach abstrafter französischer Weise angewandt

sprach sofort der erlassenen Einladung, worauf sodann der Große

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wird, anklagen, indem es, wie in der geistigen Sphäre, so auh auf dem mate- riellen Gebiete, statt einer geordneten und dur den Gesammt-Organis- mus bedingten Freiheit nur die allen niedrigen Triebfedern Vorschu blei= stende Willkür als Prinzip aufstellt; und gerade dies System is in Belgien noch konsequenter als in Frankreich zur Ausführung gebracht worden. So ist im neueren Staatshaushalt unbedingte Frei- heit der Jndustrie und des Handels proklamirt worden, aber wenn dieses Prinzip auch für andere Zweige anwendbar sein mag, so ist dies siherlih niht bei der die nothwendigsten Lebensmittel beshaffen- den Judustrie der Fall. Wix wollen hier einige Thatsachen anführen weil sie ein bekanntes Prinzip scharf charakterisiren und daher nicht ohne Interesse sind.

In Frankreich hat man durch eine Jukonsequenz den grö- ßeren Uebelständen, die aus der Anwendung dieses Prinzips ent- spriugen würden, vorgebeugt, indem z. B, ein Geseß die Zahl der Bäder und Meßger bestimmt, während hier gar feine Beschränkung stattfindet, was zunächst zur Folge hat, daß hier im Verhältniß vier= mal mehr Bäcker und ahtmal mehr Meßger sind, und alsdann, daß in dem reichen Belgien das Brod theurer is, als in Paris, Für den Brodpreis liegt noch einigermoßen ein Korrektiv in der, wenn auh schlecht falfulirten Brodtaxe, Für das Fleisch ‘besteht aber gar feine Taxe, und nichts beweist mehr gegen die gewöhnliche staatsöfonomische Theorie, daß bei der Judustrie und Handelsfreiheit die Produkte am besten und wohlfeilsten geliefert würden, als der hie=- sige Zustand des Fleishhandels, wo die Metzger mehr als ein Drittel reinen Profit an dem Pfund Fleisch nehmeu. So hat man hier gar feinen Begriff von einer guten Polizei - Ordnung, wie auch die eigentliche Polizei- Wissenschaft, welche, ihrem Begriffe nach, das organish beschränkende Regulativ der individuellen öreiheit eutwideln sol, hier im Universi= tätö-Unterrihte, wie in der Staatsverwaltung gänzlih unbekaunt ist. Mag anderwärts der Begriff der Polizei zu weit ausgedehnt werden, hier wird er jedenfalls nur in seiner niedrigsten Be-

deutung aufgefaßt. Dieser Mangel eines die Privat-Willkür beshränkenden Prinzips hat sih besonders in dieser \s{chweren Zeit fühlbar gemacht und daher bei einigen einsichtsvolleren Mitgliedern des hiesigen Gemeinde-Raths den Gedanken einer Maßregel hervor=

gerufen, die vortrefflih is und, obglei sie nur theilweise zur Aus=

führung gekommen, doch einen wohlthätigen Einfluß ausübt, Es i} dies die Einrichtung einer Gemeinde-Bäerei, welche, von der beste

henden Hospital - Bäerei besorgt, auf Kosten des Stadtraths auch

das sogenannte Hausbacenbrod bäckt und dasselbe um 4 Ct. bil.

liger giebt, als die Brodtaxe is, Dieses Brod is gutes, nahrhastes Brod, und dabei haben die Hospitälec, troß des wohlfeileren Preises

noch immer einen reinen Profit von 5 Ct. beim Pfund, der dem Hospitale zu Gute fommt. Der Preis is deshalb nicht 9 Ct. niedriger ge=

seßt, um nicht die Konkurrenz der Bäcker unmöglich zu machen, ihnen im Gegentheil einen angemessenen Vortheil zu lassen. Diese Maß- regel hätte übrigens auf alle Brodsorten angewandt werden sollen

um“ ein allgemeines Regulativ zu gewinnen, Was nun aber auf diese Weise beim Brode begonnen is}, sollte auch beim Gleischèe eingesührt werden; geschieht dies niht, wird nicht einmal eine Fleichtaxe festgeseßt, so werden allein die Meh-= ger bei der jeßt vom Ministerium gestatteten freien Einsüh-= rung des Schlahtoiehs gewinnen uud siherlih niht die Preise im Verhältniß herabseßen. Wir halten übrigens die von dem hiesigen Stadtrathe für die Bäerei getroffene Maßregel noch vorzüglicher als jede Taxe, da von der Behörde aus ein praktisch regulirendes und normirendes Prinzip aufgestellt wird, welches die Konkurrenz nicht ausschließt, aber derselben die rihtigen Gränzen seßt. Die für die Bäerei getroffene Einrichtung soll, nah einem dem Stadtrathe mitgetheilten Dokumente, seit unvordenklihen Zeiten in Genua beste= hen und dort immer wohlthätig gewirkt haben, Wir glauben über= haupt, daß man mit den auf die Privat - Willkür und das Piivat-= JZnteresse gegründeten Theorieen nicht mehr ausfömmt und das Be= dürfniß einer nach maßgebenden Gescben ausgeübten Jutervention der gesellschaftlichen Behörden immer fühlbarer wird, “Gerade die großen Mißbräuche dieses Willkür-Systems haben nach unserer Ueber=- zeugung in diesen Ländern zur Verbreitung der Lehren eines falsch aufgefaßten Sozialiêmus und des Alles nivellirenden Kommunismus am meisten beigetragen, und das beste Mittel der Abwehr gegen die- selben wird hier wie anderwärts uiht in dem’ laissez faire, sondern in einer rihtigen Ueberwachung, Regulirung und Begränzung der Privat-Willkür, so wie in der positiven Uebernahme und Besorgung Alles dessen, was das Gesammtwohl angeht, und ‘was, ohne die wirk-= lich rechtlihe 1:nd sittlihe Freiheit der Einzelnen zu verleßen, am besten, vortheilhaftesten und durhgreifendsten von ihm beschafft werden kann, zu suchen sein, Anstatt der atomistishen Zerbröckelung und Ver= flüchtigung, muß ein wahrhaft organisirendes, das Einzelne dem Ganzen nicht aufopferndes, aber unterordueudes Prinzip aufgestellt und prak=

tish durhgeführt werden. Das is die Lebensfrage der Zeit. Wird

sie gelöst, so vershwinden die falshen Lehren, die nur die Ausgebur=

ten eines fravfhaften, gesellschaftlihen Organismus sinv, :

Vie Kammer hat vor einigen Wochen das von der Regierung vorgelegte Expropriationsgeseß, wodur sie die Befugniß erhält, einen Theil des unbebauten Gemeindelandes zum Anbau den Meistbieten- den zu überlassen, mit großer Majorität angenommen und heute ein- stimmig das Geseß adoptirt, wodur die Repräsentanten-Kammer um 11 Deputirte vermehrt wird, weil si die Bevölkerung von Belgien \eit 1830 um 440,000 Seelen vermehrt hat, i :

Bei den Wahlen zweier Mitglieder für den hiesigen Gemeinderath haben die beiden die liberale Partei repräsentirenden Associationen, die befannte Alliance, die auch viele Radikale zu Mitgliedern zählt, und die Association liberale, welhe sich von derselben getrennt hat und mehr den gemäßigten Liberalismus repräsentirt, gegenseitig ihre Kräfte versuht. Die beiden Wahlen sind zu Gunsten der Kandidaten der Alliance ausgefallen, weil diese Gesellschaft mit großer Klugheit angesehene und als gemäßigt bekannte Männer Kandidaten vorgeschlagen , die Association aber keine glücklihe Wahl getroffen hatte. Man würde sih daher sehr irren, wenn man glaubte, daß die Wählershaft von Brüssel radikal sei. Die katholische Par= tei hat sih hier in Brüssel zu häufig von ihrer Ohnmacht überzeugt und erscheint daher gar niht mehr auf dem- Wahlplaßze. E

Mw

Kanton St. Gallen. (Eidg. Ztg.) Nah einigen min- der wichtigen Geschästen schritt der Große Rath zur Behandlung der Bisthums-Angelegenheit, Der Kleine Rath trug auf Sanction des Modifications-Beschlusses vom 8ten laufenden Monats an, weil vie Abänderungen des früheren Beschlusses blos konfessioneller Natur seien. Gleichzeitig wünschte jedoch der Kleine Rath Vershmelzung des frühe- ren Vollziehungs-Beschlusses mit dessen neuester Modification in eine Verordnung. Der kurze Kampf drehte sich mehr um die Form als um die Sache, nur drei Mitglieder stimmten gegen, die drei evangeli- schen Mitglieder der Regierung dagegen für die Sanction. Mit großer Mehrheit entschied sih der Große Rath für die Sanction und sodann mit 741 gegen69 Stimmen für Rückweisung an das katholische Kollegium, behufs Verschmelzung der beiden Vollziehungs-Beschlüsse in einen. Leßteres ent-

131 Stiminen gegen 5 die hoheitlihe Sanction ertbei

tholische Kollegium versammelte sih hierauf noch D di hae bie batte ter us E nthen Steae SEEE womit R ie Geshäfte der außerordentlihen Großrath6-BV

E ch ßraths-Versammlung geshloss

I t cko li e-n.

__ Nomx, 5. März. (D. A, Z.) Theils um einer Menge vön L bei der jeßigen größeren Theurung ihre Erwerbsquellen nit zu cus

in Verbindung mit dem (wodifizirten) Ausführungs - Beschlusse mit

Rath in einer kurzen Nachmittags-Sißung dem Bisthums-Konkordate |

hen, theils aber auch aus anderen einer weisen Wohlfabrts=Polizei vollkommen genügenden Gründen is den (éeitiidde lehne ra tern verstattet worden, ihre Vorstellungen während der Fastenzeit fort- zuseßen, was als der erste Fall in der Geschichte der hiesigen Thea- ter angeführt zu werden verdient. Mehrere Opern (von Donizetti 2c.), welche die politishe Aengstlihkeit des früheren Governo nicht aufzu-

| führen gestattete, werden in Kürze über die hiesige Bühne gehen.

Der Papst und der Köuig von Württemberg sind wegen Wie- derbeseßung des rottenburger Bischofssiges in direkte Verbindung, mit Beiseitestellung aller diplomatishen Verhandlungen, getreten. Der Papst hat aht Kandidaten in Vorschlag gebracht, aus welchen der König fünf als personae non gratae streichen fann, damit der Papst aus den übrig bleibenden dreien cinen zum Bischof ernenne.

S E C

Madrid, 7. März. (J. des Débats.) Gestern Nahwmíit- tags beschlossen die im Hotel des Ministers der auswärtigen Ahge- legenheiten versammelten Minister, der Königin vorzuschlagen, den General Breton als General - Capitain von Catalonien zu entlassen und dur den General Pavia zu erseßen, Die Königin erwiederte, als die beiden Dekrete ihr zur Unterzeihnung vorgelegt wurden, sle werde es sih überlegen. Als indeß dieKönigin auch heute früh ihre Entscheidung noch nicht zu erkennen gegeben hatte, überreichte der Herzog von Sotomayor im Namen des gesammten Kabinets das Ge- such um Entlassung, Die Königin beschränkte sich auch hier darauf, zu sagen, fie werde die Sache in Ueberlegung nehmen. Es verlau=- tet noch nichts darüber, welhen Beschluß die Königin fassen wird, doch will man wissen, daß sie geneigt sei, in die Entlassung des Gee nerals Breton zu willigen, daß sie sich dagegen weigere, die von dem Ministerium vorgeschlagene Ernennung des Generals Manuel de la Concha zum General-Capitain von Alt-Castilien zu genehmigen. Nur so viel ist gewiß, daß bis jeßt weder Jemand nah dem Palast be- shieden, noch auch mit der Bildung eines neuen Ministeriums be- austragt worden ift.

andels - und Börsen- Üachrichten.

ck= Paris, 13. März. Jm Anfang der heute ablaufenden Woche behaupteten sich die Course, namentlich der Cisenbahn-Actien, an der hiesigen Börse mit großer Festigkeit, und {on gab man sich dem Glauben hin, der hiesige Play werde dem Einflusse der allmälig \sih verschlimmernden Nachrichten, die von der londoner Börse kamen, siegreich zu widerstehen vermögen. Als aber das Sinken der englishen Consols dort von Tag zu Tag immer entschiedener wurde, so faßten auch hier die Spekulanten ernst- liche Besorgnisse, und die Folge war, daß die französiihe Rente sowohl als die Eisenbahn-Actien stark zurükgingen, Die Geldkrise, welche bisher England nur wenig berührt hatte, hat nun plöglih auch dort einen be- dauerlichen Umfang erreicht, und der londoner Markt wurde dur mehrere finanzielle Neuigkeiten in Schrecken versezt, welhe auf einen gro- ßen Geldmangel daselbst schließen lassen, Kaum hatte die eng- lische Regierung ihre Anlehen yon 8 Millionen Pfund Sterling in Zprocentigem Papier zu §895 erlangt, als die Gesellschast der Great - Western - Eisenbahn, welhe gerade auch Geld vonnöthen hatte, in dem Wunsche, daß die Kapitalisten ihr dcn Vorzug geben inöh- ten, ein Anlcl,en verlangte, für welches sie 47 pCt, Zinsen in Oblíigatio- nen anbot, denen díe Bahn selbst als Bürgschaft dienen soll. Dies gab nun den Anstoß zu einer Art von förmlichem Wettrennen nah Geld auch von anderen Seiten, Eine andere Gesellschaft, die bedeutendste von ganz England, nämlich die der London - und North - Western - Eisenbahn , besser befannt unter dem Namen der London - Birminghamer Bahn, ging noch weiter als die Gesellshaft der Great - Western - Bahn. Sie veröffentlichte cine Anzeige, worin sie sagt, sie werde Angebote von partiellen Darlehen, von wenigstens 5000 Pfund Steiling jedes, die thr auf drei Jahre gemacht würden, annehmen und übernehme dagegen die Verbindlichkeit, während dieses Zeitraumes 5 þpCt, Zinsen jedes Jahr zu zahlen. Besonders diese Thatsache hat eine außerordentliche Wir- fung zu London hervorgebraht, wo der Zinsfuß gewöhnlih um 1 bis 17 pCt, niedriger steht, als in Frankreih, Unmittelbar darauf wurden starke Particen von Consols zum Verkaufe gebracht, da dieses Papier zu dem ge- genwärtigen Course nur 37 pCt, einbringt, in einem Augenblicke, wo man sein Geld zu 47 und selbst zu 5 pCt. anlegen kann, in Obligationen, denen die besten und ertragreichsten Eisenbahnen von England zur Hypothek die- nen, Unverweilt fiel das neue Anlehen auf 7 pCt. Prämie herab, und selbst zu diesem Course noch hielt es sehr shwer, es unterzubringen, Noch ein schlimmer Umstand hat die Verlegenheiten des londoner Plazes erhöht, Eine bedeutende Bank Englands, bekannt unter dem Na- men der Bank des Nordens, zu Newcastle, sah sih gezwungen, ihre Zahlungen einzustellen, und da sie 10 Sukkursalen hat, #o sind natürlich neue ernstlihe Besorgnisse daraus entstanden, Diese Einstellung der Zahlungen soll von shlehten Geschäften sih herschreiben , die größten« theils schon in der ersten Zeit nah der Gründung der Anstalt gemacht wuden , fe.ner von Darlehen, welche diese Bank auf Werthe gegeben ha- ben soll, die sie naher niht umzusezen vermocbte. Es kann nicht be- fremden, daß die schwierige Lage des londoner Playes auch auf den hiesi- gen Plag ihre Rückwirkung äußerte, und daß namenilich auh die franzö- sischen Cisenbahn-Actien, nachdem sie lange dem Drange widerstanden hat- ten, endlich doch auch mit fortgerissen wurden. Zudem besteht die erste Ursache, welche die Seltenheit des Geldes in London hervorrief, noch im- mer auch in Frankreich, Noch immer isst es die Getraidefrage, welche die ganze Lage beherrsht, Die Mehlpreise sind auf allen Märkten Europa's unaufhörlich gestiegen, und vor Ende April ist kaum ein wirkliches an- dauerndes Fallen derselben zu erwarten. Jun der finanziellen Lage des westlichen Europa's läßt sih erst dann eine Besserung hoffen, wenn man einmal mit größerer Zuverlässigkeit über den wahrscheinlihen Ausfall der nächsten Aerndte uriheilen fann und das Getraide aus dem Auslande wíe- der in größeren Quantitäten den französischen Häfen zuströmen wird, für welches so große Geldsummen haben ausgeführt werden müssen. Diese Subsistenzfrage is fast allein geeignet, noch Besorgnisse zu unterhalten, weil es fast unmöglich is, dur zuverlässige Berehnungen die Hülfsquellen an G zu fennen, über welche Europa in einigen Monaten tvird verfügen önnen.

Auswärtige Börsen Niederl. wirkl. Sch. 575. 5% Span. —,

Amsterdam, 13. März. ¿ zus Poln. —. Preuss. Pr. Sch. —,

3% do. 365. Pass. —. Ausg. —-

4% Russ. Hope 884. Antwerpen, 12. März. Zinsl. - Frank fu rt Ü M. , 14. März. 5% Met. 108. 1075. Bank-Actien p, ult,

thai, Hope Stiegl. —. Int. 572. Æ. 1890. 1888, R A 1570 Br. Engl. Russ. 10S. 2

5. März. B ambur E I rone. 39% 88% G. Passive 5 G. 24% Hou, 674 G. 0, “it:ad 4% ger 13. März. 5% Rente fin cour. 115. 65. 3% do. fin cour. 77, 70. —, 309% Span. —. Pass. Pi Tien T4 Mtee: Nordb. 17284. Glogga. 1207. Mail. 108. Liv. 39. Budw. —. Pest+ 98 #-

Zins). —.

—, Neue Anl. 1Y Le

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