1847 / 117 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Des Abgeordneten Zimmermann wegen Ablösbar-

_ feit der Jagdgerechtigkeit

Deésselben wegen besserer Stellung der Justiz-Beam- ten durch erhöhte Besoldung und Unabsetzbarkeit im administrativen Wege i

Des Abgeordneten Ritter wegen Aufhebung des

Desselben auf Preßfrei

effelben auf Preßfreiheit

Desselben Lan Aufhebung des Intelligenzblatt- E 420000202 0-020000020004 aae aaa os “.-

Des Abgeordneten Lorenz wegen Vereinfachung des Klassensteuer-Veranlagungswesens .

Des Abgeordneten Ritter auf Bildung eines selbst- ständigen Ministeriums für Handel und Ge- E (ee L bte ededee

Desselben auf Erleichterung für die Vermögensver- waltung der Kirchen, Pfarren - und kirchlichen Stiftungen nach Art der Allerhöchsten Kabinets- Ordre vom 11. Juli 1845 i

Des Abgeordneten Zimmermann bei der obwal- tenden Theurung folgende Maßregeln für an- gemessen zu erklären: möglichste Verminderung der Steuern und Zölle von Getraide, Reis, Fleisch und Butter; möglichste Beschränkung der Ausfuhr dieser Lebensmittel, eventuell deren An- fauf und Verbot des Staats, ferner Getraide zu verheimlihen und zurüzuhalten

Desselben auf Erweiterung des Schiedsmanns-Insti-

E e aas Get A T I A eel

Desselben auf Revision der Rayon-Gesete

Desselben, betreffend die öffentlich zu verhandelnden Kriminalsachen

Desselben an Aufhebung des eximirten Gerichts- standes

Des Abgeordneten Waldmann, betreffend die Ge- werbe-Ordnung vom 17, Januar 1845

Des Abgeordneten Ritter auf Erweiterung der Wählbarkeit der Landtags-Abgeordneten

Desselben auf Oeffentlichkeit der Landtage Ó

Des Abgeordneten von Franzius auf geseßliche Bestimmungen zur Unabhängigkeit der Rechts- pflege /

Des Abgeordneten Jebens auf Aufhebung des exi- mirten Gerichtsstandes, der Patrimonial - Ge- richtsbarkfeit und der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 25. April 1835 Í

Des Abgeordneten Abegg, betreffend die Erleichte- rung der Wahl-Bedingungen für städtische Land- tags - Abgeordnete und größere Vertretung der Städte

Des Abgeordneten Schlenther auf Fixirung der den evangelischen Geistlihen zu entrichtenden Stol-Gebühren

Desselben , betressend die Armenpflege und die Nie= derlassung neu anziehender Personen... ¿6 Desselben, betreffend die Gebühren der Justiz-Kom- missarien D. Außer diesen hat der Abgeordnete Ritter noch 2 Anträge, nämlich einen, betreffend die Aufhebung der Mahl - und Schlachtsteuer von Roggenmehl und Schweinefleisch, und einen zweiten wegen Herstellung einer Eisenbahn von Posen nach Breslau auf Staatskosten eingebracht, welche mit Uebereinstimmung des Antragstellers, nah An- ordnung des Landtags - Marschalls zur Berathung der Vereinigten Kurien vorgelegt werden sollen, weil diese Berathung einshlägt in die der Allerhöchsten Propositionen.

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8. Abtheilung

»

Entwurf einer Verordnung, betreffend

die Ausschließung besholtener Personen von ständischen Versammlungen.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen 2c. 2c. verordnen über das Verfahren, welches bei der Ausschließung beschol- tener Personen aus ständischen Versammlungen zur Anwendung zu bringen is, nah Anhörung Unserer getreuen Stände und auf den Antrag Unseres P S erun, was folgt:

Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten :

1) welche durch ein Kriminal-Gericht a, zu dem Verlust der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt,

b. oder zur Verwaltung öffentlicher Aemter oder zur Ablei- Pa eines nothwendigen Eides rechtskräftig für unfähig erklärt ;

2) welche durch ein militairishes Ehrengeriht zu einer der im g. 4 Lit. h e der Allerhöchsten Verordnung vom 20. Juli 1843 über die Ehrengerichte aufgeführten Stra- fen verurtheilt ;

3) welche im geseßlihen Wege vom Bürger- oder Gemeinde- Recht aüddiaLin sind;

4) oder welchen ihre Standesgenossen das Anerkenntniß unverletz ter Ehrenhasftigkeit versagen, i:

In den unter l. 1 bis 3 gedachten Fällen tritt die Unfähigkeit zur Ausübung ständischer Rechte, insbesondere zur Theilnahme an ständischen Versammlungen, ohne weiteres Verfahren ein und wird von dem Vorsißenden der Vermstlung nur angezeigt.

Der Vorsibende jeder ständishen Versammlung is verpflichtet, Thatsachen, welche nah seinem Dafürhalten die Eben ftatt eines Mitgliedes in Zweifel stellen, in der Versammlung zu dem Zwede zur Sprache zu bringen, um den Ausspruch der Standesgénossen darüber, ob das Anerkenntniß unverleßter Ehrenhaftigkeit (1. 4) er- theilt oder versagt werde, herbeizuführen.

__ Außerdem 1 jedes Mitglied der Versammlung befugt, gegen ein anderes Mitglied den Antrag zu stellen, daß demselben das An- erkenntniß unverlepter Ehrenhaftigteit versagt werden müsse.

Dieser Antrag is bei dem Vorsißenden anzubringen, welcher ver- yflichtet ist, damit nag den folgenden Bestimmungen zu verfahren.

i Der Ln auf Ausschließung aus der Versammlung, möge der- selbe vom Vor henden oder einem Mitgliede ‘ausgehen, wird, so wie die dafür gelten Fnasten Gründe, demjenigen, gegen ben er ge- rihtet ist, \{riftlich mi etheilt und, cui nicht freiwillig der [an n Ausübung ändisher Rechte \ih. enthalten zu wollen erklärt, er Versammlung bei ihrem nächsien Zusammentreten vorgettageir.

Der, desen, Auscbliesung beantragt wird, "i befugs sch durch esne dem Vorsißenden zu übergebende \chriftlihé Erklärung oder

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mündlich in der -Versammlung zu rechtfertigen. Bei der hiernächst zu eröffnenden Erörterung und Berathung darf der Angeschuldigte so wenig als bei der Abstimmung in der M dauiens gegenwärtig sein. Der Vorsibende stellt {ließlich die Frage:

Soll wegen des Antrages das weitere Verfahren eintreten?

Wird diese Frage niht mindestens von 5 der Anwesenden verneint, so muß das Verfahren eingeleitet werden. E

Von dem Beschlusse macht der Vorsißende dem Ober - Präsiden- ten der Provinz Anzeige, welcher durch einen Justitiarius der Regie- rung den Thatbestand aufnehmen und den Angeklagten über seine Vertheidigungsgründe vernehmen läßt.

Die Entscheidung fällt hiernächst :

a) Die Versammlung derjenigen Wähler, welche den Angeklagten zur Theilnahme an der ständischen Versammlung gewählt hat, bei welcher er in Anklage geseßt worden ist,

b) J} der Antrag auf Ausschließung gegen einen Rittergutsbe siber als Mitglied einer fkreis|tändischen oder kommunalständi- shen Versammlung gerichtet , so entscheidet die zur Wahl des betreffenden rittershaftlichen Provinzial-Landtags=Abgeordneten berufene Wahlversammlung.

Gehört der Angeschuldigte dem Herrenstande, wie solcher durch

Unsere Vervrdnung vom 3. Februar gebildet norden, an, o

behalten Wir Uns vor, in jedem einzelnen Falle einen aus ei-

nem Vorsißenden und mindestens 6 Mitgliedern bestehenden

Gerichtshof von Standesgenossen besonders zu konstituiren,

dessen Ausspruch Unserer Allerhöchsten Bestätigung unterliegt.

Der Ober = Präsident sendet in den Fällen zu a. und þ. die ge- \{lossenen Aften, welchen eine von einem Rechtsverständigen gefer- tigte Relation beigefügt is, dem Vorsißenden der Wahl-Versammlung. Dieser trägt der Versammlung, welcher der Angeschuldigte nicht bei wohnen darf, bei ihrem nächsten Zusammentreten den Fall vor, läßt die Relation vorlesen und veranlaßt nah vorgängiger Berathung die Abstimmung über die Frage : Jst die Ehrenhaftigkeit des Angeklagten noch als unverleßt zu betrachten? Die Abstimmung erfolgt durch namentlichen Aufruf nah Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsißenden und, wenn dieser dem Stande des Angeklagten nicht angehört, die Stimme des nach den Lebens jahren ältesten Mitgliedes der Versammlung. Ueber die Verhand=- lung wird ein von allen Anwesenden zu unterzeihnendes Protokoll aufgenommen, dessen Ausfertigung unter Unterschrift des Vorsißenden \{hleunigst, sowohl dem Ober-Präsidenten als auh dem Angeklagten, zugefertigt wird.

Diese Entscheidung unterliegt der Bestätigung des Standes, welcher auf dem Provinzial - Landtage den Angeschuldigten vertritt, wenn

a) es sich um Ausschließung von dem Provinzial-Landtage handelt,

b) der Angeschuldigte binnen 4 Wochen, nachdem ihm die Ent \heidung insinuirt worden, Einwendungen dagegen bei dem Ober-Präsidenten anbringt,

c) die Versammlung, welche die Einleitung des Verfahrens be- \{chlos}sen hat, sich bei dem Anspruch nicht beruhigen zu wollen erflärt.

Werden hierbei neue Thatsachen von Erheblichkeit angeführt, so wird die Instruction unter Leitung eines von Unserem Justiz-Minister dazu bestimmten Obergerichts - Präsidenten einem Justiz - Beamten aufge- tragen.

' Die geschlo}enen Akten werden hiernächst dem Provinzial=

Landtags=Marschall zugestellt, Dieser ernennt beim nächsten Zusam-

mentreten des Landtages einen Referenten, welcher dem Stande des

Angeklagten angehört. Sodann beruft der Landtags-Marschall unter

seinem Vorsiße diesen Stand als Ehrengericht zusammen, welches

nah Anhörung des Referenten und vorgängiger Berathung durch

Stimmen-Mehrheit die Entscheidung der Wahl-Versammlung entwe-

der bestätigt oder verwirft, Bei diesem Ausspruch hat es sein Be

wenden, IŸ; A

Wer solchergestalt durh rechtskräftigen Ausspruch aus etner ständischen Versammlung des Jnlandes ausgeschlossen is, darf über haupt ständische Rechte niht mehr ausüben, auch an ständischen Wahlen als Wähler niht mehr theilnehmen.

V,

Die Wiederzulassung zur Ausübung ständischer Rechte werden Wir nur auf den Antrag der Versammlung, welche die Anklage be- \chlo}sen hat, genehmigen. Ein solcher Antrag darf uiht vor Ablauf von 5 Jahren nach der Ausschließung gemacht und nur dann zu Unserer Kenntniß gebracht werden, wenn zwei Drittel der Ver sammlung sich dafür erklären.

VE

Die ständischen Rechte ruhen :

1) in allen den Fällen, in welchen das Bürgerreht oder Ge meinderecht ruhen; :

2) wenn eine Kuratel- oder Kriminal-Untersuchung eingeleitet ist z

3) wenn eine ständische Versammlung nah Nr. U]. den Beschluß gefaßt hat, das Verfahren eintreten zu lassen, bis ein rechts kräftiger Ausspruch ergangen ist.

VII

Alle den vorstehenden Anvrdnungen zuwiderlaufende Vorschriften

werden hiermit aufgehoben.

Denkschrift zu dem Geseßz-Entwurfe, betreffend die Ausschließung bescho| tener Personen von den ständischen Versammlungen.

Die ständischen Gesebe vom 1. Juli 1823 und 27. März 1824 stellen im §. 5, neben dem zehnjährigen Grundbesiß, der Gemeinschaft mit einer der christlichen Kirchen und dem dreißigjährigen Alter, auch den unbescholtenen Ruf als allgemeine Bedingung der Wähl- barkeit zum Landtags-Abgeordneten für alle Stände hin und bestim- men weiter (§§. 28 resy. 27 und 29), daß der Landtags=Kommissa= rius, wenn er bei Prüfung der Wahlen in dieser Beziehung Mängel findet, eine andere Wahl zu verlangen berechtigt ist. :

Eben so erklären die Kreis-Ordnungen (für die Provinzen Bran- denburg und Pvinmern vom 17, August 1825, für Sachsen vom 17. Mai 1827, für Westfalen und die Rhein-Provinz vom 13. Juli 1827, für Preußen vom 17. März 1828 und für Posen vom 20, Dezem- ber 1828) im §, 6 den unbescholtenen Ruf zur persönlichen Ausübung des Stimmrechts auf den Kreistagen bei allen Ständen und gestatteten Vertretern für erforderlih. Jn Beziehung auf die Ausschließung bescholtener Personen aus den Kreis - Versammlungen schreiben aber die Kreis-Ordnungen ein sehr verschiedènes Verfahren vor. Die ältesten Kreis - Ordnungen (für Brandenburg und Pommern) und nah ihrem Muster anch die beiden zuleßt publizir- ten (für Preúßen und Posen) seben zu der ad g. 6 sub c. vor- geschriebenen Bedingung des unbeschvoltenen R U einfach hinzu :

„wo dieser Ruf von der Versammlung bestritten wird, is auf den

Bericht des Ober = Präsidenten von dem Staats - Ministerium zu entscheiden.“ :

ie Kreis -= Ordining für Sachsen enthält gar keine Bestim-

mung, wie fs gehalten werden olle, wenn diè Unbescholtenhêit eines

Kreistags=Mitgliedes oder Abgeordneten zweifelhaft wirdz die \chle= \i\che und, nah ihrem Muster, die rheinische und west fälische Kreis-Ordnung stellen dagegen hierüber positive Vorschriften auf.

Die gedachten Kreis-Ordnungen bestimmen im §. 7:

„Wird die Unbescholtenheit des Rufes bestritten, so hat, wenn dies ein Mitglied der Ritterschaft oder eínen Vertreter desselben betrifft, die Ritterschaft des Kreises die Befugniß, in einem be- sonderen Konvente durch Stimmenmehrheit von zwei Dritteln der Anwesenden darüber in erster Justanz zu entscheiden und, falls die Entscheidung für die Bescholtenheit des Rufes ausfällt, die Aus {ließung zu bestimmen. Will der Betroffene oder die abgestimmte Minorität bei dem Beschlusse sich nicht beruhigen, so ertheilen die Mitglieder des Provinzial-Landtages von der Ritterschaft die Ent scheidung in der zweiten und leßten Justanz. Wird die Unbeschol= tenheit des Rufes eines Kreistags-Abgeordneten der Städte oder des Bauernstandes in Zweifel gezogen, so ist solches in erster (Fn stanz zur Entscheidung des Magistrats, der Stadtverordueten oder der Bezirkswähler zu bringen, von denen die Wahl ausgegangen ist, und bei denselben auf die Wahl eines anderen Deputirten an zutragen; die Entscheidung in zweiter Jnstanz gebührt hier eben falls den Landtags-Mitgliedern desjenigen der beiden Stände, zu welchem der betreffende Kreistags-Abgeordnete gehört“

Judessen auch diese Bestimmungen haben sich zum Theil nicht als ganz praktisch bewährt. Was namentlich die Ritterschaft be- trifft, so mußte hon in der rheinisch - westfälischen Kreis-Drdnung der Zusaß gemacht werden : E h E

„Js die Zahl der Rittergutsbesißer im Kreise so gering, daß niht wenigstens außer dem Betheiligten drei zur Abstimmung vor: handen sind, \o haben s{ch die vorhandenen mit der Ritterschaft eines von ihnen auszuwählenden benachbarten „Kreijes zu diejer Entscheidung zu vereinigen.“ M Eine Prozedur dieser Art bietet aber nicht nur für die Ausführung wesentliche Schwierigkeiten, sondern is auch 1m Prinzip nicht zu rechtfertigen, i U “Das Geseß vom 8. Mai 1837 über die persönliche Fähigkeit zur Ausübung der Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit und des Patronats hat neue Bestimmungen in dieser Beziehung nicht ge= geben. Es beschränkt sich darauf, festzuseßen: S / g. 1. Nur Personen von unbescholtenem Ruf sind sahig, für sih oder für Andere die Rechte der Standschast, der Gerichtsbarkeit oder des Patronats auszuüben oder in ihrem Namen ausüben zu lassen. A ; , N g. 2. Jun Anschung der Standschast verbleibt es in diejen ziehung bei den darüber vorhandenen besonderen Verordunngen. F. 3. Wer nah Maßgabe jener Verordnungen wegen Mangels unbescholtenen Rufes von der Ausübung der Standschast ausge\clo) sen worden is, foll auch der Ausübung der Gerichtsbarfeit over des Patronats verlustig gehen. : / S Nach dieser Darstellung kann es mt besremden, das s bei der Entfernung bescholtener Personen aus den K reis Ar sammlungen zu beobachtende Verfahren in den einzelnen Provinzeit mannigfache Zweifel erhoben worden ind. . A Ueber das Verfahren aber, welches in Betre} der Aus\ließung bescholtener Mitglieder von den Kommunal-Landtagen oder aus den Provinzial-Stände-=Versammlungen zu beobachten ift, fehlt es an jeder geseßlichen Bestimmung, offenbar, weil U A Voraus\ebung ausgegangen i}, daß ein solcher Fall nicht vorkommen werde und ein Bedürfniß nicht vorliege, ein bestimmtes gejebliches Verfahren hierüber vorzuschreiben. Dennoch aber sind bisher aller dings einige Fälle vorgekommen, wo, vor Eröffnung des Provinzia! Landtages, der Landtags-Kommissarius gegründete Ursache. fand, den unbescholtenen Nuf eines Landtags-Abgeordneten n weifel zu zie hen; namentli betraf dies Fälle, wo das Faktum vorlag, daß ge gen den einzuberuféênden Abgeordneten eine 4trimmimnal Untersuchung schwebte, und in Ermangelung irgend einer ge\eblichen Bestimmnng, welhe dem Landtage selbs eine Kompetenz zuweilt, Uner Die Einberufung oder Nichteinberufung eines seiner Mitglieder zu ent scheiden, war bisher angenommen worden, daß es der pflihtmäßigen Beurtheilung der mit der Ausführung und Aufrechthaltung der stän dischen Geseße beauftragten landesherrllchen Behörden, tusbejondere aber des Landtags - Kommissarius, überlassen bleiben müsse, ob der Ruf des betreffenden Landtags Abgeordneten in dem Grade für be \cholten zu erachten sei, daß von seiner Einberufung zum Provinzial- Laudtage Abstand zu nehmen und an seiner Statt der für ihn er wählte Stellvertreter einzuberufen sel. Dies rechtfertigt sich auch aus den bestehenden 'Geseßen, Denu nach §. 28, resp. 27 und 29 der ständischen Gesebe vom 1. Juli 1823 und 27. März 1824 hat der Landtags=Kommissarius zu prüfen, ob die Wahlen in der Form und nach den Eigenschaften der Abgeordneten der Vorschrift gemäß geschehen sind,

und nah § 32, resp. 31 und 33 ibidem soll die Ladung der Mitglieder zu dem für die Eröffnung des Landtages bestimmten Tage durch den Landtags-Kommissa rius erfolgen.

Hiernach is es die landesherrlihe Behörde, und zwar der zu=- nächst von Sr. Majestät dem Könige bestellte Landtags-Kommissarius, welche zu prüfen hat, ob die Landtags = Abgeordneten, welche zum Landtage einzuberufen sind, die geseblich vorgeschriebenen Cigenschaf= ten, um sie zur Theilnahme an der Landtags - Versammlung zu befä= higen, erfüllen oder nicht. Jun demselben Maße aber, wie der Land- tags - Kommissarius unbedenklich befugt und verpflichtet is, einen Landtags=Abgeordneten, von dem zu seiner Kenntniß kommt, daß er nah der Wahl seinen Grundbesitz verkauft habe, zum Landtage nicht mehr einzuberufen, eben \o is der Landtags - Konmissarius, fo lange nicht eine anderweite geseblihe Bestimmung die Entscheidung über die Ausschließung eines Landtags =- Mitgliedes wegen Bescholtenheit des Rufes einer anderen Jnstanz überträgt, verpflichtet, sobald vor Er= öffnung des Landtages Thatsachen, welche einen Abgeordneten irgend eines Verbrechens oder eines von ehrloser Gesinnung zeugenden Vergehens bezüchtigen, in völlig glaubhafter Weise zu seiner Kennt= niß fommen, der Einberufung Anstand zu geben und den Stellver= treter zu berufen.

Hierbei is bisher der Grundsaß festgehalten worden, daß die Unbescholtenheit des Rufes, im Sinue der ständischen Gesetze, schon demjenigen Abgeordneten mangele, der eines Vergehens, das eine ehrlose Gesinnung verräth, angeschuldigt und deshalb zur gerichtlichen Untersuchung gezogen is, indem eine Anschuldigung, wegen deren er vor Gericht gezogen worden, ihn ungeeignet mache, Mitglied einer Landtags-Versammlung zu sein, und seine Qualität als Landtags= Abgeordneter so lange ruhen müsse, bis er von dieser Anschuldigung durch ein ihn freisprehendes Erkenntniß gereinigt worden.

Nach diesen Grundsäßen ist bis zum Jahre 1845 in den weni gen bisher zur Sprahe gekommenen Fällen verfahren worden, und es ist hinterher weder von einer Stände-Versammtung behauptet worden, daß ihr oder dem exrkludirten Abgeordneten zu nahe getreten worden, noch hat ein exkludirter Abgeordneter selbst sih beschwert. In der Regel i} es aber, ohne daf eine betimmte Entscheidung seitens der Behörde erfolgte, in Fällen der bezeichneten Art dem Landtags-Kommissarius gelungen, den Abgeordneten, gegen dessen Un= bescholtenheit sich Zweifel geltend machten, durch entsprehende Vor=

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haltungen zum freiwilligen Rütritt zu veranlassen, und es ist als- dann, indem die Einberufung des Stellvertreters erfolgte, ein dem Betheiligten selbst wie der Stände-Versammlung und den Behörden gleih unerwünschtes Aufsehen vermieden worden.

Auch darüber, wie es zu halten ist, wenn ein bereits versam-=- melter Landtag eines seiner Mitglieder wegen Bescholtenheit des Rufes auszuschließen sich veranlaßt sieht, fehlt es an einer geseßlichen Vorschrift; es is indeß auch ein bestimmter Fall dieser Art bisher nicht vorgekommen, was darin seine Erklärung findet, daß in den wenigen, überhaupt zur Erörterung gebrachten Fällen, wo gegen den unbe\scholtenen Ruf eines Landtags= Abgeordneten sich Zweifel erhoben hatten, der Landtags-Romumissarius noch vor Eröffnung des Landta- ges Erfundigung eingezogen und statt ves betreffenden Abgeordneten den Stellvertreter desselben einberufen hatte.

Zu erwähnen is jedoch, daß im Jahre 1827, während der rheinische Landtag versammelt war, zur Anzeige gekommen war, daß einzelne Landtags - Abgeordnete sich eines Landtagssiegels zu ihrer Privat-Korrespondenz bedient hätten, und ein dieserhalb von den Be- hörden an die Landtags - Mitglieder erlassenes Cirkular den Landtäg veranlaßt hatte, auf Ausmittelung der Schuldigen anzutragen und gleichzeitig zu bitten: :

„ihm für diesen Fall die Befugniß einzuräumen, die Schuldigen

von den Versammlungen auszuschließen, auch für die Zukunft den

Ständen in allen Jndignitätsfällen die Kömpetenz über ihre Mit-

glieder einzuräumen und ihnen gleihe Befugnisse zu ertheilen, wie

sie den Kreisständen im §. 7 ber Kreis Ordnung vom 13, Juli

1827 zugestanden worden.“ h __ Ver Landtag erkannte hier also an, daß ihm die Kompetenz in ällen dieser Art nicht zustehe, Der Allerhöchste Landtags - Abschied vom 15, Juli 1829 sprach sich hierüber, wie folgt, aus:

Wir finden zu der von Unseren getreuen Stäuden in Antrag ge-

brachten strengen Untersuchung wegen der von einigen Mitgliedern

der Stände-Versammlung angeblich in ihrer Korrespondenz beab sichtigten portofreien Rubrik keine Veranlassung, da die Sache nicht als ein absichtliches Ungebührniß dargestellt, sondern als ein Jrr= thum in Hinsicht der den Mitgliedern der Stände - Versammlung in dieser Beziehung zustehenden Befugnisse betrachtet worden is 2c.

Sollte aber fünftig einmal aus anderen Gründen der Fall ein- treten, daß die Stände-Veesammlung eines ihrer Mitglieder aus zuschlièßen für nothwendig halten sollte, ein Fall, welchen Wir bei den von jedem Stande frei gewählten Männern des Vertrauens faum als mögli voraussezen möchten, \o wird der Land tags-Marschall sich ant Unseren Landtags-Kommissa rius zu wenden und von diesem wegen des zu beobach

tenden Verfahrens Jnstruction zu erwarten haben. Hiermit blieb aber die Sache auf sich beruhen, und die Regierung \ah sich, da ein erneuter, auf einen speziellen Fall begründeter Antrag der Stände nicht einging, ihrerseits nicht veranlaßt, das bei Aus- \chließung bescholtener Mitglieder aus den Stände-Versammlungen zu beobachtende Verfahren legislativ zu reguliren. Erst auf dem letzten rheinischen Landtage im Jahre 1845 ist die Sache im Prinzip wie- der angeregt worden.

i Kurze Zeit vor der Eröffnung des rheinischen Landtags war dem Landtags-Kommissarius, durch den betreffenden Ober-Prokurator, die amtliche Anzeige zugegangen, daß gegen einen städtischen Landtags= Abgeordneten eine vorläusige gerichtliche Untersuchung stattfinde. Der Ober-Prokurator fügte dieser Anzeige d'‘e Bemerkung hinzu, daß die bisherige Untersuchung \o viel ergeben habe, baß eine Verweisung des betreffenden Abgeordneten vor das Correctionsgericht nicht zwei= felhaft erscheine, und da auch die desfallsige rihterlihe Entscheidung als nahe bevorstehend bezeichnet wurde, \o hielt si{ch nunmehr der Landtags-Kommissarius, mit Rücksicht auf §. 28 des Gesebßes vom 27. März 1824, für eben so berechtigt als verpflichtet, die Einberu= fung des Abgeordneten bis zur Entscheidung des bei den Gerichten schwebenden Verfahrens auszuseßen, einstweilen aber den Stellvertre= ter desselben zum Landtage einzuberufen.

Der Minister des Junern billigte dies Verfahren, weil, wie es in dem Erlasse vom 28, Januar 1843 heißt:

nah §. 5 Nr. 4 des Stände=Geseßes für die Rhein - Provinz

vom 27, März 1824 die Theilnahme an der Provinzial - Stand

schaft ganz unbedingt vom unbescholtenen Rufe abhängig ge macht sei.

Der Ausgeschlossene beruhigte sih bei dieser Maßregel nicht, fondern wandte sich an den Landtag. Dieser nahm die Befugniß, über die Ausschließung eines seiner Mitglieder zu entscheiden, für sich \elbs| in Anspruch; er glaubte dieselbè aus der Kreis-Orduung vom 13, Juli 1827 und dem oben erwähnten Landtags - Abschiede vom 15. Juli 1829 herleiten zu können und führte Beschwerde bei Sr. Majestät

wegen der nicht rechtmäßig erfolgten Ausschließnug eines Landtags=

Abgeordneten, indem er im Juteresse des betreffenden Wahl-Bezirks, dem ohne sein Vorwissen und ohne seine Mitwirkung sein erster Vertreter entzogen worden, im Interesse eines der Mitglieder der Versammlung, das si in dem wesentlichsten Ehrenrechte gekränkt und gleichsam ungehört verurtheilt sehe, im Juteresse der ständischen Jnstitution, deren Lebens- kraft auf ihrem Rechte beruhe, die Gerechtigkeit Sr. Majestät in An- spruch nahm.

Jn dem Allerhöchsten Landtags - Abschiede vom 27. Dezember v. J. haben Se. Majestät es als den bestehenden Geseßen völlig entsprechend erklärt, daß die Behörden, denen die Prüfung der geseß= lihen Qualification der Landtags-Abgeordneten nah §. 28 des Ge= seßes vom 27. März 1824 obliege, und von denen solche bisher in ähnlichen Fällen stets geübt worden, der Einberufung des betreffenden Abgeordneten vorläufig, bis zur Entscheidung des bei den Gerichten s{chwebenden Verfahrens Anstand gegeben hätten.

Es heißt demnächst weiter in dem Allerhöchsten Bescheide wört= lich wie folgt: Die Vorschriften der Kreis - Ordnung für die Rhein - Provinz vom 13. Juli 1827, woraus Unsere ge= treuen Stände eine Kompetenz des Landtages für den vorlie=- genden Fall herleiten wollen, beziehen sich, wie dies Geseß selbst, nur auf die Kreistags=Versammlungen, und der in Bezug genom- mene Landtags-Abschied vom 15. Juli 1829 betraf den Fall, wenn ein bereits auf dem Landtage anwesendes Mitglied, nach dem An trage der Versammlung, von der Theilnahme an den ferneren Be rathungen ausgeshlo}en werden soll, und verwies, in Ermange- lung bestimmter gesebßliher Vorschriften, lediglich auf eine nähere Anweisung über das zu beobachtende Verfahren.

Wenn Wir demnach eine solhe Kompetenz zur Zeit nicht an- erfennen können, so haben Wir doch in dem Vertrauen, daß die Stände über die Ehrenhasftigkeit ihrer Mitglieder am sorgfäl tigsten wachen werden Unser Staats - Ministerium beauftragt, d Aan, zu nehmen, in welcher Weise bei der Entscheidung eine färdische Kok e epoltenheit eines Abgeordneten künftig Unseren Aelt Sti nz eintreten könne, und behalten Uns vor,

i getkre Ständen von Ukserer Entschließung hierauf zu seiner Zeit Kenntniß zu geben. G

9 7 , , n Dane König hiernah die Sache zur Berathung

) ; gestellt und dabei die Geneigtheit ausge-

sprochen hat, den Ständen eine bis dahin nicht zuständige Theilnahme

=- 567 bei Entscheidung der Bescholtenheits-Frage einzuräumen, ist es uner- läßlih erschienen, die Angelegenheit im Ganzen aufzufassen, d. h. das zu erlassende Geseß auf alle ständishen Versammlungen auszu- dehnen.

Denn wenn auch die vorhandene Lücke zunächst nur bei einem der Provinzial - Landtage zur Sprache gekommen is, so is sie doch in gleichem Maße vorhanden bei sämmtlichen Provinzial - Landtagen, bei den Kommunal-Landtagen und bei den Kreistagen einer Provinz (Sachsen), während für die Kreistage der übrigen Provinzen in die- ser Beziehung ungleichartige und ungenügende Bestimmungen gelten. Will man aber auf einer Stelle die Geseßgebung in der bezeichneten Beziehung, und zwar nah einem bestimmten Prinzipe, ergänzen, #0 ist es {hon um des inneren Zusammenhanges willen, in welchem die vaterländische ständische Gesebgebung in si steht, nothwendig, das einmal angenommene Prinzip konsequent durchzuführen, wie es denn als ein unverkennbarer Mißstand zu betrachten sein würde, wenn das Mitglied eines Kreistages von der Theilnahme an der Versammlung ausgeschlossen werden könnte, aber kein oder kein gleichartiges Ver fahren vorhanden wäre, dasselbe Mitglied aus einer kommunalstän- dischen Versammlung oder aus dem Provüizial-Landtage zu entfernen.

Es hat daher bei Aufstellung des vorliegenden Entwurfs die Absicht vorwalten müssen, denselben in der Art möglichst allgemein zu formuliren, daß er auf die verschiedenen ständischen Versammlun gen gleihmäßige Anwendung finden könne, und diese formeile Be handlung der Sache dürfte darin auch thren inneren Grund - finden, daß die ständishe Wirksamkeit nah den verschiedenen Versammlungen (Kreistage, Kommunal-Landtage und Provinzial-Landtage) zwar eine verschiedene, namentlich auf engere oder weitere Kreise gerichtete ift, feineêsweges aber darin eine Abstufung in der Weise gemacht werden fann, daß die größere Versammlung auch an sich und für die Ver= tretenen wichtigere Rechte auszuüben hätte. Es braucht hier nur an die Befugniß der Kreistage, die Landraths - Kandidaten zu wählen, Besteuerung der Kreis-Einsassen zu beschließen und an die selbststän- dige Stellung der Kommunal = Landtage in vielen wichtigen Verwal= tungs-Gegenständen erinnert zu werden.

(Schluß folgt.

Vichtamtlicher Theil.

Il n d,

Berlin, 27. April. Das Königliche Kammergericht hat be- reits heute in öffentliher Sißung gegen mehrere der von dem Staats-=Anwalte angeklagten Tumultuanten erkannt und mehr oder minder schwere Strafen gegen dieselben ausgesprochen.

Deutschc Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Jhre Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Luitpold sind mit ihren beiden Kindern in er= wünschtem Wöhlsein am 23, April wieder in München eingetroffen.

Großherzogthum Hessen und bei Nhein. (He||. Ztg.) Die zweite Kammer der Stände hat in ihrer Sißung am 22. April den Gesetz - Entwurf, betreffend die Aufhebung der Artikel 7—11 des Kaiserlichen französischen Dekrets vom 17. März 1808 wegen Forderungen von Juden an Christen einstimmig angenommen. Auch die Anträge des Freiherrn von Gagern in der ersten und des Abge- ordneten Köster in der zweiten Kammer, die bürgerlichen Verhält nisse 2c. der Juden betreffend, kamen zur Berathung und Abstimmung. Ein Amendement des Abgeordneten Otto auf vollständige Emancipa- tion der Juden wurde mit 25 gegen 15 Stimmen, ein anderes des selben, alle bezüglih der Juden bestehenden civilrehtlichen und civil- prozessualischen Ausnahme = Geseße aufzuheben, mit 27 gegen 13 Stimmen verworfen, Die Anträge des Ausschusses auf allmälige Emancipation der Juden mit ihrer fortschreitenden Theilnahme an bürgerlichen Gewerben u. #. w. wurden mit 38 gegen 1 Stimme angenommen.

Am 24. April is nachstehende Bekauntmachung erschienen :

„Die höchste Staats - Behörde hat sich veranlaßt gesehen, die alsbal- dige Aufnahme der Vorräthe an Getraide, Mehl, Reis, Hülsenfrüchten und Kartoffeln in allen Gemeinden des Großherzogthums zu verfügen, und es wird mit dieser Aufnahme, die sich auf alle Bewohner der Gemeinden ohne Unterschied und auf alle Fruchtspeicher 2c., die herrschaftlichen mit ein- geschlossen , erstreckt, im Kreise Darmstadt nächsten Sonnabend, den 24sten d. M,, begonnen werden, Die Großherzoglichen Bürgermeister sind mit der Leitung dieses Geschäfts beauftragt und werden die zur Ausführung des- selben nöthigen Kommissionen bestellen, Indem man die Bewohner des Kreises Darmstadt hiervon in Kenntniß seßt, erwartet man, daß den Auf- nahme-Kommissionen pünktlich und pflichtmäßig die vorhandenen Vorräthe an- gegeben und vorgezeigt werden. Sollten, wider Erwarten, Verheimlichungen von Vorräthen stattfinden oder solche der Aufnahme auf irgend eine Art entzogen werden, so zieht dics eine Strafe von 5 Fl, für jedes verheimlichte Malter nach sich, —- Außerdem is, um in fortwährender Kenntniß darüber zu bleiben, über welche Vorräthe in den einzelnen Gemeinden disponirt werden fann, höchsten Orts bestimmt worden, daß, zum Behuf der desfalsigen Kon- trolle, vor der Hand und bis auf weitere Verfügung vom Tage der statt- gehabten Aufnahme der Vorräthe an jeder Verkauf und überhaupt jede Ab- gabe von diesen Vorräthen mit alleiniger Ausnahme kleinerer Quanti- täten an Getraide, Kartoffeln und Hülsenfrüchten bis zu einem Malter und Reis bis zu einem Centner, wodurch Theile der Quan- titäten derselben aus einer Gemeinde in andere Gemeinden oder an andere Orte verbracht werden, dem Grßh. Bürgermeister der betreffenden Gemeinde, worin sich die Vorräthe befinden, bei einer Strafe von 10 Fl. von jeder Abfuhr angezeigt werden muß.“

X Deßau, 25. April. Vorgestern Vormittag wurde Se. Hoheit der Erbprinz zu Anhalt, Leopold Friedrich Franz Nicolaus, geboren am 29, April 18314, in Gegenwart seiner Durchlguchtigsten Aeltern und der übrigen hier anwesenden Glieder des hohen Herzog- lichen Hauses, der Hofschargen, der Mitglieder der höchsten Landes- Behörden, sämmtlicher evangelischer Geistlichen der Stadt, des Stadt= rathes und des Vorstandes der Stadtverordneten, so wie mehrerer zu dieser Feierlichkeit eingeladenen Zeugen aus den höheren Ständen, in den Zimmern seiner erhabenen Mutter von dem Konsistorial-Rath Richter feierli in die Gemeinschaft der evangelisch=christlihen Kirche aufgenommen und genoß heute mit seinen Durchlauchtigsten Aeltern und Verwandten in der Schloß- und Stadkkirche zum eistenmal das heilige Aßendmahl,

Oesterreichische Monarchie.

Triest, 21. April. (Oeft. Lloyd.) Ein Schreiben aus Le- sina vom 10. April meldete, daß, einem an der dalmatischen Küste verbreiteten Gerüchte zufolge, zu Mostar (Monastir), der Hauptstadt der Herzegowina, die Pest ausgebrochen sei; die vou den Behörden der dortigen Gegend angestellten sorgfältigsten Nachforschungen ha- ben jedoch dargethan, daß das Gerücht vom Ausbruche der orienta= lischen Pest in jenen türkischen Provinzen völlig grundlos is. Es E übrigens sofort aus Ragusa und Shpalato zwei Aerzte ‘abge= andt worden, um den Gesundheitszustand in Bosnien und der Herzegv=

ens etwà von der R herrührende

wina zu prüfen, wo höch i ijhen Krankheit vor-

Körperleiden oder irgend ein Fall einer \porad

fommt, welche lehtere sich durch Fieber und bläulihe Hg

äußert und sowohl durch Hungersnoth, als aub burt ‘Bega und die Berührung des Fleisches von dem aus Mangel an Futter im verflossenen strengen Winter umgestandenen Hornvieh entsteht Uebrigens stimmen alle Nachrichten darin überein, daß man sich im Allgemeinen in jenen Gegenden eines trefflichen Gesundheitszustan=-

des erfreut. Rußland und Polen.

Warschau, 23. April. Der Geheimerath Senator Fuhr- mann is, seines Gesundheits-Zustandes wegen, auf sein Gefuh vom Staatsdienst entbunden worden.

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Paris, 23. April. Die angekündigte Truppenmusterung hat gestern in Gegenwart des Königs, der Herzoge von Nemours, Au= male und Montpensier, des Herzogs Alexander von Württemberg und des Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein im Tuilerieenhofe, auf dem Carouselplaße und auf dem Quai von Pont-Royal bis zum Pont du Carousel stattgefunden. : 4 j

Jm Konferenz=Saale der Deputirten- Kammer war gestern die Rede von cinem neuen Pronunciamento, welche einige Mitglieder der Partei der progressistishen Konservativen vorbereiteten, die noch fein Zeugniß von ihren Meinungs =- Abweichungen gegeben, und die vor-= gestern an der Abstimmung über den Remusatschen Antrag nicht Theil genommen. Diese Herren sollen die Absiht haben, nächstens in der Kammer den Vorschlag zu machen, daß künftig jeder Deputirter, der zugleich “Staats = Beamter sei, während der Sißungen der Kammer nicht sein volles Gehalt empfangen sollte.

Die Regierung hatte früher den Kammern einen Geseß - Ent= wurf vorgelegt, der die jeßige Rekrutirung der Armee modifiziren sollte. Beide Kammern aber trennten sich gleich über das Prinzip des Entwurfs, und troß mehrerer Einigungsversuche gelang es nicht, sie zu einer Verständigung über eine der wesentlichen Bestimmungen, die Dauer des Militairdienstes, zu bringen. Der parlamentarische Konflikt schien unlösbar, Jede der beiden Gewalten blieb uner= schütterlih bei ihrer Ansicht. Die Pairs - Kammer beharrte dabei, daß hohe politishe Gründe es unumgänglih machten, die Dauer des Dienstes von 7 auf 8 Jahre zu verlängern, um eine starke, wohl zu=- \sammengeseßte, unterrichtete und kriegsgewohnte Armee zu haben. Die Deputirten-Kammer dagegen glaubte aus Billigkeits-Rücksichten eine solche Vergrößerung der shon am s{chwersten auf die arme Be- völkerung fallenden Last zurüc{weisen zu müssen. Da also die Regie= rung mit ihren Bestrebungen scheiterte, gab sie den ursprüng= lichen Plan auf und löste davon denjenigen Theil ab, der die Stell- vertretung und den Ersaß im Dienste betrifft, um daraus einen be- sonderen Geseß =Entwurf zu bilden. Dieser liegt jeßt der Pairs= Kammer zur Berathung vor. Er hat zum Zweck, den Mißbräuchen abzuhelfen, zu denen das Ersaßwepen führt, aus welchem ein durch Agenten und s{chmählihe Mittel betriebenes völliges Gewerbe, ein Werberhandwerk, geworden is. Die Armee, die Familien und die öffentliche Sittlichkeit leiden dabei auf gleihe Weise. Und das Uebel wird täglich schlimmer, denn die Zahl der stellvertretenden Ersaß-= Mannschaften steigt fortwährend. Jm Jahre 1805 bildeten diese niht ganz den achten Theil der Armee; 1826 schon das Fünftel,

1835 das Viertel, 1842 das Drittel. Ju diesem Augenblick zählt man solcher Stellvertreter über 100,000 unter den Fahnen, das Viertel des “jährlihen Kontingents. Mit wenigen Ausnah= men stehen die Ersaßmänner in moralischer Hinsicht tief unter den auf ihre eigene Rechnung dienenden jungen Leuten. Von diesen waren, nah den leßten Berichten der Militairge= rihtshvöfe, 1 unter 80 angeklagt und 1 unter 132 verurtheilt, von jenen dagegen 1 unter 44 angekflagt und 1 unter 62 verurtheilt worden, also von den Stellvertretern fast doppelt so viel als von den Selbstdienenden. Der vorliegende Geseß=Entwurf bestimmt nun erstens, daß Soldaten in ihrem lebten Dienstjahr als Crsaßmánner für Andere eintreten können. Hierdurch will man die Stellvertre= tung durch Soldaten selbst, statt dur erst in Dienst eintretende Ci= vilisten, begünstigen. Zweitens sollen die Stellvertretungs-Kontrakte, um gültig zu sein, vor einem Notar abgeschlossen und der Preis für die Vertretung, wenn derselbe in einer Baarzahlung besteht, in eine öffentliche Kasse eingezahlt, wenn aber Frist für die Zahlung gestattet wird, eine Abschrift des Kontraktes in dieser Kasse niedergelegt werden. Aus dieser Kasse sollen die Ersaß-Mannschaften nach Ablauf ihres Dienstes die ihnen zukommenden Summen ausgezahlt erhalten. Hierdurh will man diesen einerseits Schuß gegen Betrug und Beraubung geben, denen sie von Seiten der Werbungs-Compagnieen ausgeseßt sind, und sie andererseits dur diese ihnen gewährten Garantieen zu gewissen hafterer Einhaltung ihrer Verbindlichkeiten ermuntern und durch die Vorenthaltung und Aufbewahrung des ihnen fontraftlich stipulirten Stellvertretungs-Preises ste vor Liederlichkeit und Verprassung hüten.

Die Akademie hat an die Stelle des verstorbenen Alexander Guiraud mit 20 unter 38 Stimmen Herrn Ampera zu ihrem Mit- gliede gewählt.

Es wird versichert, daß der Herzog von Broglie troß aller drin- genden Aufforderungen, . die an thn gerichtet worden, den Botschafter= posten in London positiv abgelehnt habe, und daß nun wieder von Herrn von Barante die Rede für diesen Posten sei.

Der König hat auf die Nachricht , - daß die Fonds des Ver-= eins zur Unterstüßung armer Wöchnerinnen für die Bedürfnisse nicht ausreichen, dem Kassirer dieses Vereins 2000 Fr. zufertigen lassen.

ck Paris, 23. April, Die Pairs=Kammer seßte heute die Verhandlung des Geseßes in Betreff der Stellung von Ersatz= leuten für die Armee fort. Doch bevor man zur Tagesordnung schritt, wurde noch eine Petition erledigt, worauf dann der Marquis oon Boissy über die vorliegende Frage das Wort erhielt.

Der Redner beklagt sich darüber, daß der Geseß- Entwurf eigentlich gar nicht sage, was man beabsichtige, und zwar aus dem Grunde, weil man nicht eingestehen dürfe, was man eigentlich thun wolle, Der Lako- nismus des Herrn Kriegs - Ministers sei br zu bedauern. Man rene von der in der Armee herrschenden Jmmoralität, indeß herrsche in der elben mehr Moralität, als man zu sagen beliebe, Er begreife nit, warum man die Soldaten der Armee in den Augen von ganz Europa 1 Mißachtung bringen wolle, Er frage, wie man öffentlich aussprechen möge, I ile zen Umer befinde sich kaum ein Offizier, der die Befähigun E E h e eines Adjutant - Major hätte? Warum die Stellung von R as Ax «if sei Aus\ay der Armee e Das sei höchst m dbr Cocons im Gegentheil sehr moralisch, und wenn man an?

Moralität suchen wollte, als in ihr herrsche, f L E

i s Marschall Soult unterbr | i è n Boi fv m E alle Jnterpellationen bereit zu sein, die man an ihn richten wolle. Marschall Soult fragt, wo mes die Jmmorg- lität fände, auf welche der Redner anspiele. er d s von Boissy antwortet: Jn den höheren Klassen der Gesellschaft. Ex bringt noch andere Argumente gleichen Sinnes gegen den Geseh - Entwurf vor. Hétr vön

A Si eßten von Herrn von Boissy ge röwhenèn

Schauenb urg beklagt die l i ? dner) nehme seinen Play in der Mitte ein und sehe De A E s unten vorzugsweise Jmmoralität, nirgends finde

i - richt gegen den Gef -Entwurf, Er beklagt, daß ite Boiso A " inen Redner ein fi es Prinz mißkan i haben,

nt D der Militairdienst eine Verpflichtung sei, die jeder K Lrgera dtlièe ‘Seit 50 Jahren csiehe dieses Prinzip, ind Mai v