1847 / 123 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

sammlung FresMagen, daß diese Absonderung, wie sie gegenwärtig besteht, aufgehoben werde, und daß Jeder unter uns seinen Siß da nehmen fönne, wo er will. (Gelächter.) Jh bitte! was gar nicht ausschließt, daß Jeder den Siß behält, den er gegenwärtig inne hat. (Wiederholtes Gelächter.) Ich habe, meine Herren, diese beiden Vorschläge, die, wie gesagt, unsere häusliche Einrichtung betreffen, zu machen mir erlaubt, und kommt es nun darauf an, ob die hohe Versammlung mit dem einen, so wie mit dem anderen, einverstanden

ist, in welchem Falle, wie gesagt, der Herr Landtags - Marschall zu

bitten sein würde, das Eine und das Andere gütigst anzuordnen.

Marschall: Jh muß hiergegen bemerken, daß nach der Aller- höchsten Bestimmung, die wir im Reglement finden, die Jndividuen ihre Siße nah den Provinzen und in diesen nah den Ständen ha- ben sollen, daß also so etwas von der Versammlung nicht abgeäudert werden, sondern nur durch eime Petition bei Sr. Majestät dem Kü= nig in Antrag gebracht werden fann. Í

Abgeordn. Mohr: Jch bitte um das Wort,

(Gelächter.)

Marschall: Lassen Sie mich aussprechen! Eine solche Re- solution is, wenn ste erfolgen jollte, bereits durch die Vorschläge an- gebahnt, welche von der Abtheilung zu dem Reglement gemacht wor- den sind. Dieses Reglement wird in Berathung genommen werden, sobald wir mit der Berathung des jeßigen Gegenstandes fertig sind, und dann werde ih den Redner bitten, seine Bemerkungen anzuschlie en, Eine Diskussion kaun aber jeßt darüber nicht stattfinden.

Abgeordn. Mohr: Die Bemerkung, welche der Herr Landtags- Marschall so eben gemächt hat, i auf einen Paragraphen gegründet, ih weiß niht*Ferade mehr auf welchen der Geschäftsordnung, worin es allerdings heißt, daß wir nah Provinzen und die Provinzen nach Ständen geseßt werden sollen. Jch erlaube mir aber darauf zu ent- gegnen, daß dieser Artikel der Geschäftsordnung faktisch bereits ver- nitet ist,

(Unterbrehung durch den Ruf: Oho !)

Erlauben Sie! Wir sißen niht nach Ständeu, es hat eine Ver- loosung stattgefunden.

Mehrere Stimmen: Nein!

Abgeordn. Mohr: Allerdings, in jeder einzelnen Provinz.

Mehrere Stimmen: Nein! Nein!

Abgeordn. Mohr: Jch habe es aus dem eigenen Munde des Herrn Landtags-Marschalls, daß er eine Verlosung in unserer Pro- vinz vorgenommen habe, und wir sitzen auch nicht nah Ständen,

Viele Stimmen: Nein! Nein! Nein!

Abgeordn. Diergardt: Wie ich bereits bei der leßten Sißung die Ehre hatte, der geehrten Versammlung mitzutheilen, habe ih in den lebten Tagen die betrübendsten Berichte aus dem Gewerbsbezirfke von Gladbach erhalten. Die Arbeitslosigkeit nimmt in ershrecklicher Weise zu, die Lebensmittel steigen, und wir würden daher die unan- genehmsten Folgen zu erwarten haben, wenn nicht Rath für die Ar- beiter geschaft wird. Seit Jahren Vorsißender des Gewerbegerichts zu Gladbach, komme ih mit der arbeitenden Klasse in vielfache Be- rührung. Jch glaube daher die moralische Pflicht zu haben, mich

derselben möglichst anzunehmen und auf Mittel zu sinnen, wie die Noth etwa zu mildern ist. Jh habe mir daher erlaubt, diesen Mor= gen eine Eingabe abzufassen, worin ih einen Vorschlag mache, wie die Noth in unserer Gegend etwa zu mildern i. Es is Jhuen

sämmtlich bekannt, meine Herren, wie bedeutend die Ausfuhr von Getraide und Lebensmitteln im Allgemeinen von Amerika i. Die einzige Hoffnung im rheinischen Fabrif-Distrifte ist die, daß Amerika uns Ersaß für den Mangel an Absaß auf dem Kontinente bieten werde. Nach den Berichten, die ih aus England und Franfreih er- halten habe, sind namhafte Bestellungen von Amerika auf Baumwol- lenwaaren eingetroffen. Wér, meine Herren, sind in derunglücklichen Lage, daß wir an diesen Vortheilen nicht Theil nehmen fönnen. Der Beschluß der leßten Zoll-Konferenz lautet dahin, daß die Baumnwollen-Fabrifan

ten den Zoll auf Twiste mit 3 Nthlr, pro Centner entrichten müssen, ohne daß die für das Ausland bestimmten Waaren Nückzoll bekommen, Was sind die Folgen von solcher Besteuerung? Der Fabrikunter- nehmer ist in der nämlichen Lage, wie der Gutsbesißer.

(Von mehren Seiten: Bravo !)

Wenn der Gutsbesißer Meliorationen vornehmen will, so wird er gewiß berechnen, ob die Auslagen sich rentiren. Eben so ist es bei dem Fabrikbesißer, meine Herren, Die preußischen Fabrikinhaber, wenn sie mit dem Auslande, mit den Engländern, Franzosen, Bel- A fonfurriren wollen, so müssen sie Ersaß im Arbeitslohn suchen. Mein Vorschlag geht dahin . ....,

(Ruf auf Tagesordnung.)

ch habe nur wenige Worte noch zu sagen, Die Lage unserer Gegend is höchst betrübend, und deshalb glaube ih, daß es mir als Vertréter der dortigen Gegend wohl gestattet sei, die Lage darzu- stellen. Mein Vorschlag geht dahin, den Herrn Marschall zu bitten, die Eingabe, welche ih ihm übergebe, bald mögli einem Aus- chusse zu überreihen, und meine zweite Absicht geht dahin, daß man

in den rheinishen Fabrik - Distrikten überzeugé, daß ihre Wün= che recht balb in Berathung genommen werden. Mein Antrag geht dahin, daß Seine Majestät geruheu möge, zu bestimmen, daß für prclenigen Baumwollenwaaren, welche nach dem Auslande gehen, der O Pol ui Twiste zurückvergütet werde, Es ist vou keinem Urstoff bezahlten aen nur von der Rückerstattung des auf den

ar\chall: Jch fan die Versicherung geben, daß ih die

u : V D / ; ih die Petition soglei einèni Ausschusse (überweisen ee, Die Zeit ist bereits so weit abgelaufen, d 3 ni U R ti

¿Lee ( , daß es niht mehr möglich sein wird, auf den wichtigen Geseßentwurf den wir vor uns haben, et be Ichch muß daher bitten , daß e A L De FMIIgEVEN, ; -, daß die verehrten Herren morgen Vormittag 10 Uhr sid wieder hier versay l Der É r # sammeln wollen, Der Gegenstand der Tagesordnung würde der Gesetzentwurf {ei ie Aus\chli „Vejeb rf sein, die Ausschließung be- \choltener Personen von ständischen Versammlungen betreffend. (Schluß der Sigung nach halb Z Uhr.) G

Sipung des Vereinigten Landtags gm 30. April. Kurie der drei Stände,

(Vorlesung des Protokolls der vorigen Sikzung.

Marschall: És ist von mehreren Seiten Ltt worden, daß die Aufzählung der Petitions-Anträge, welche eingebraht worden sind, bei Vorlesung des Protokolls nicht wiederholt werden möge es fragt sich, ob dieser Wunsch ein allgemeiner ift, men rohen dies.)

. (Das Protokoll wird angenommen.)

Abgeordn, Mohr fragt an, ob die Frist für die Einbringung von Petitionen, welhe von Sr. Majestät dem Könige bis 1. Mai d, J.. verlängert worden ist, mit dem heutigen Tage aufhört oder noh bis morgen ofen steht, : dus - Marschall: Ih verstehe die Allerhöchste Willensmeinung so, -daß etitionen noch bis morgen Abend angenommen werden föunen.

s sind in den Abtheilungen noch einige Veränderungen vorge- ‘nonen. Der Herr Abgeordnete Kirberg hat erklärt, für einige Zeit „verhindert zu sein, den Berathungen der vierten Abtheilung beizu- wohnen und gewasot, daß für ihn ein Stellvertreter ernannt werde ; ih ernenne dazu den Abgeordneten Röchling, Die Direktoren der

,

(Viele Stim-

608

sechsten und siebenten Abtheilung haben um Verstärkung der Arbeits« fräfte gebeten Jch ernenne für die sechste Abtheilung den Herrn Landrath von Lavergne-Peguilhen aus Kunzkeim und für die siebente Abtheilung den Abgeordneten Neitsch,

Es sind noch folgende Petitions-Anträge eingekommen und ver-= theilt worden.

Berzeb sts

der in der Sibßung vom 30. April d. J. den betreffenden

Abtheilungen überwiesenen Petitions-Anträge,

Antrag des Abgeordneten R ichter, die Verweige- rung von Konzessionen für Eisenbahn-Restaura- E a4

Antrag des Abgeordueten Biesing, die Anssicht auf Pension für die dienstuntauglich gewordenen Steuer : Empfänger des linken Rhein-Ufers be- E E

Antrag des Abgeordneten Wächter auf Ausdeh nung der Oeffeutlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens .

Antrag des Abgeordneten Krause aus Wachsdorf auf vollständige Entschädigung durch die Jagd= verechtigten für allen Wildschaden G

Antrag des Abgeordneten Küpfer auf eine an des Königs Majestät wegen Erlassung eines Feld- und Flur=Pfändegeseßes zu richtende Petition. 8,

Antrag des Abgeordneten Grafen von Schwerin, betreffend die Anerkennung rectliher Bedeuken, als weitere Ausführung der in der Adresse an Se. Majestät den König darüber enthaltenen Andeutungen und gemachten Vorbehalte, so wie Aussebung der Wahl des Ausschusses und der Staatsschulden = Deputation

Antrag des Abgeordneten Germershausen auf Anbringung einer Petition auf Vorlegung des Entwurfs der neuen Wechsel Ordnung zur Be- rathung des Vereinigten Landtages 6,

Antrag des Abgeordneten Seulen, bei dem mo- mentanen Nothstande durch Bewilligung ange messener Prämien aus Staats-Fonds in den Ge- meinden den Angriff von gemeinnützigen Unter- nehmungen zu wecken und zu fördern 6,

Antrag der Abgeordneten Plange, Deimel und Bergenthal auf Entbindung von den Frohu- den zum Schnee-Aufschlagen auf Chausseen .…. 8,

Antrag des Abgeordneten Timm wegen Aufhebung der allgemeinen Landes=-Visitation............….

Antrag des Abgeordneten Donimierski, betref- fend die Aufhebung der Patrimonialgerichte, des erimirten Gerichtsstandes und die Einrichtung kol- legialisher Kreisgerichte,

Antrag des Abgeordneten von Olfers auf Ver= wendung der hoheu Stände-Versammlung be- hufs Erlaß eines eigenen Handelsgeseßbuches. . 6,

Antrag des Abgeordneten Mebl s auf Gewährung der Oeffentlichkeit der Stadtverordneten Sitzungen 5.

Antrag des Abgeordneten Büning wegen gleihmä- iger Vertheilung der Grundsteuer auf die ganze Monarchie í :

Antrag des Abgeordneten Gr; fen Lon Frauken- berg auf Ergreifung von vorsorgenden Maß regeln, einem ähnlichen allgemeinen Notÿhstande für das Jahr 1848 vorzubeugen 0,

Antrag des Abgeordneten Farthoefer auf Abló- sung handwerksmäßiger t O

Antrag des Abgeorduecten Krau se, daß den Land- gemeinden gestattet werde, mit mebr als drei Mitgliedern am Kreistage vertreten zu werden, so wie daß die Verhandlungen desselben in den Kreisblättern veröffentliht und die Kreis-Kom- munal-Geldrechnung den Kreis-Jnsassen mitge theilt werde 4.

Antrag des Abgeordneten von Eynern auf schleu- nige Berufung eines Zoll-Kongresses, unter Zu= ziehung von Sachverständigen, behufs Revision des Tarifs und Beseitigung der Nachtheile, welche aus den jüngsten Zollbestimmungen über : Baumwollen- und Leinengarn erwachsen sind .… 6,

Antrag des Abgeordneten Hüffer auf Revision des Zoll-Tarifs 6,

Antrag des Abgeordneten Gexmershausen auf Anbringung einer Petition seitens des V. reinig- ten Landtags auf Vorlegung und Emanation der neuen Konkurs=Ordnung

Antrag des Abgeordneten Grunau aus Elbing we= gen Aufhebung des Salz-Monopols A

Antrag des Abgeordneten Bürgermeister Schmidt, das Schiedômann-Jnstitut betreffend 5,

2 ntrag des Abgeordneten Uthemann guf Ausdel)- nung der Handels-Gerichte für die Provinzial= Städte und das platte Land 6,

Antrag des Abgeordneten Richter aus Oppelu auf Errichtung und Bildung von Haudes-Corpora tionen, so wie wegen Anwendung der im Titel VUII §8. 162—167 der Géwerbe Orduung vor-= geschriebenen Prüfungs-Behörden für Kaufleute und Lehrlinge in den Provinzial - Städten der Monarchie Í A Gi

Antrag des Abgeordneten Wen ghoffer, daß den Städten der östlichen Provinzen, die anerkannt ein zu hohes Servis = Koutingent zur Staats- Kasse zahlen müssen, vorläufig und bis zur Re- gulirung „der allgemeinen Grundsteuer ein ver- hältnißmäßiger Steuer - Erlaß oder Stundung vom Staate gena! werde und ihnen später

6. Abtheilung

für die verflossene Zeit eine verhältnißmä ige Entschädigung Vev E S led ¿ p E 7. Atttrag des Abgeordneten von Heyden=-Cartlow auf Erlaß eines Geseßes, wona jede direkte Jmportation aus dem außereuropäischen ger: | ductions=Lande nach dem Zoll-Verein auf Zoll- Vereins= oder diesen gleichgestellten Schiffen ha wenn auch über einen Nordsee - Hafen wischen Schelde und Elbe eingehend, eine Zoll-Vergün- stigung von 20 pCt, genießen soll... 6. Antrag des Abgeordneten Grafen von Fürsten- ber gch Stammheim wegen der Sorge für das preußische Militair katholischer Konfession in Bezug auf die Ausübung ihrer Religion .… 8. Antrag des bgeordneten. S chnrider aus Schöne-

"ist von der Zten Abtheilung begutachtet worden,

beck auf Redefreiheit und das Recht, sich zu

E .- 9, Abtheilung Antrag des Abgeordneten Schneider aus Schöne-

beck auf Preßfreiheit und Vollziehung der Be-

stimmung des 18ten Artikels der deutschen Bun-

desafkte S ä é Antrag des Abgeordneten von Borries, die Her=

stellung eines besonderen Ständehaguses für den

Vereinigten Landtag Ae a E L, Antrag desselben Abgeordneten, die nothwendige Re- ___ form des Zoll-Tarifs betreffend Antrag des Abgeordneten Welter auf Vereinfachung

Ves Oelen Li Antrag des Abgeordneten Grafen von Merveldt

auf ein Verbot der ferneren Bewegung Deutsch-

oder Christ-Katholiken seitens der Dissidenten. Antrag des Abgeordneten von Thadden gegen

Mißbrauch der Anongmität der Presse im Zu sammenhang mit zu gewährender größerer Preß=

E, Antrag des Abgeordneten Meyer aus Südhemmern,

deu baldigen Erlaß - eines Geseßes über die

Strom-= und Ufer-Polizei der öffentlichen Ströme

No O e S Antrag des Abgeordneten Diergardt, die Rück

vergütigung des Twist = Zolls bei der Ausfuhr

von Baumwollenwaaren betreffend ............ 6, »

Ich ersuche den Herrn Secretair, eine Mittheilung des Herrn Landtags-Kommissars vorzulesen, (Dieselbe betrifft eine Benachrich- tigung, daß des- Kriegs-Ministers von Boyen Excellenz durch die Ge= nerale von Reyher und von Cosel vertreten werden dürfe.)

Abgeordn. von Bardeleben: Meine Herren, zur Erláute rung des von mir gestern gemachten Antrages in Bezug auf den Grafen von Reichenbah muß ih noch einige Bemerkungen machen, Jch habe ausgesprochen, daß in der ersten Kriminal - Untersuchung das Erkenntniß bereits erfolgt sei, was jedoch der Herr Just z-Mi= nister beslritten hat. Jch habe mih uun bei Personen erkundigt, die mr früher bereits Mittheilung gemacht hatten, sie ha ben mir allerdings den Beweis für diese Behauptung nicht führen fönnen, ih muß also annehmen und stimme unbe- denklih dafür, daß die Behauptung des - Herrn Justiz- Ministers richtig sei, nehme auch meine desfallsige Aeu- ßerung zurück. Jh muß jedoch auch auf deu Grund einer ge- druckten Mittheilung, die der Graf von Reichenbach an mehrere Mit= glieder der Versammlung übergeben hat, bemerfen, daß er troß der Untersuchung wegen Majestäts = Beleidigung von seinen Wählern für unbescholten gehalten wird (liest die betreffende Stelle vor), hiernach fommt es nicht darauf an, ob bereits ein Erfenntniß erfolgt ist oder nicht, Mir scheint es, daß die Wahl, bevor ein Erkenntniß ergangen war, unter keinen Umständen hätte dürfen annullirt werden, Das ist es, was ich vor der Versammlung aussprechen zu dürfen gewünscht habe, und ih trage darauf an, daß die Angelegenheit beschleunigt werden möge. L E

Abgeordn. von Donimiterski: Meine Herren, wir können wobl der Ueberzeugung sein, daß das Laud auf wenige unserer Ver= handlungen mit so vieler Theilnahme hinblickt, als guf die leßte, be- treffend die Abhülfe des Nothstandes. Wir gehen zu neuen Arbeiten über und werden nicht so leiht auf diesen Gegenstand zurückfommen. Dies faun im Lande die beunruhigend Ansicht verbreiten, daß der Landtag diese Angelegenheit für beseitigt halte. Wir müssen ge|te- hen, daß die beschlossenen Maßregeln zwar etwas, aber nur wenig zur Linderung der Nothstände beitragen werden, Die Noth herrscht vorzüglich in den arbeitenden Klassen, weil die UArbeitslöhne mit den Preisen der Lebensmittel niht im richtigeu Verhältnisse stehen, dazu fommt, daß die Arbeiter keine Gelegenheit zum Verdienst finden, Jch habe die Nachricht erhalten, daß von einer öffentlichen Arbeit gegen 200 Menschen theils entlassen, theils zurückgewiesen sind. Diese trei ben sich schaarenweise herunt und erlauben sich Gewaltthätigkeiten. Die Hauptaufgabe ist daher, dafür zu sorgen, daß jeder arbeitsfá hige Mensch Gelegenheit zum Verdienst finde. Es liegen Anträge in dieser Beziehung vor, Und tr edle mr Die Bills au den Herrn Landtags - Marschall zu richten, derselbe möge veranlassen, daß diese sobald als möglich zur Berathuug fomme, um die erwähnten beunruhigenden Nachrichten im Lande nicht entstehen zu lasseu und dur zweckmäßige Maßregeln zur Verhinderung des Noth- standes wirkli beizutragen,

(B

Marschall: Zur Berathung steht für heute der Entwurf der Verordnung wegen Ausschließung bescholkeuer Personen von ständi= schen Versammlungen, Jch ersuche den Herrn Grafen von Stosch, den Referenten-Plaß einzunehmen. E

Graf von Stosch: Die Allerhöchste Proposition, betreffend die Ausschließung bescholtener Personen vou ständischen Versammlungen, uta Das Gesetz enthält erweiterte Zugeständnisse und Begränzungen der ständischen Befug-

| nisse und darf jedenfalls als wichtig, einflußreih und inhaltshwex

Das Gutachten selbst lautet wie folgt : G

der dritten Abtheilung der drei Stäude des Vereinigten Laudtages, die Eller Se Proposition, den Entwurf einer Verordnung, die Ausschließung

besholtener Personen von ständischen Versammlungen / betreffend, f

angesehen werden.

Referent: Abgeordneter Graf Sto c,

Der vorliegende Gefeß-Entwurf is dahin gerichtet, theils eine Lücke der vaterländischen Geseßgebung zu ergänzen, theils bei eintre- tender Jnfragestellung eines der höchsten menshlich:n Güter des unbescholtenen Rufes, sowohl die Rechte des Betroffenen, als das Interesse der betheiligten ständischen Versammlungen, möglichst wah- ren zu wollen, N

Die ständischen Gesetze vom 1. Juli 1823 und vom 27. März 1824 stellen. §. 5 für alle Stände den „Unbescholtenen Ruf“ als Bedingung der Wählbarkeit zum Landtags - Abgeordneten auf. Fer- ner erklären die Kreis-Ordnungen den „Unbescholtenen Ruf“ zur per- sönlihen Ausübung des Stimmrechts auf den Kreistagen bei allen Ständen und gestatteten Vertretern für unerläßlich. Nicht minder bestimmt das Gejeß vom 8. Mai 1837 über die persönliche Fähig= keit zur Ausübung der Rechte der Standschast, der Gerichtsbarkeit und des Patronats §. 1: daß nur Personen von „unbescholtenem Rufe“ befähigt sein sollen, für sich oder für Andere die Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit oder des Patronats auszuüben, oder in threm Namen ausüben zu lassen.

Wein demzufolge unbescholtener Ruf sowohl für Provinzial Landtage als für die Theilnehmer an den Kreistagen und bei déx

„vinzen, bezüglich der Bes

Ausübung der Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit und des Patronats bedingend wird ; so fehlten zeither theils geseßliche Krite= rien über die Wesenheit besholtenen Rufes, theils blieb die Zustän= digkeit des bezüglichen Urtheils meist fraglih, so. daß Zweifel unab= weislich eintreten und zur Sprache kommen mußten.

Ueber das Verfahren, welches in Betreff der Ausschließung be- scholtener Mitglieder auf dem Provinzial-La ndtage zu beachten, fehlte es an jeder geseßlihen Bestimmungz und in Ermangelung der= selben ward zeither angenommen: daß es dem Landtags - Kommissa- rius, als der mit der Ausführung und Aufrechthaltung der ständi= heu Gesebe beauftragten Behörde, zustehe, darüber zu entscheiden, ob der Ruf des betreffenden Landtags-Abgeordneten insoweit als be- scholten zu erachten, daß von seiner Einberufung Abstand zu nehmen und an seiner Statt der für ihn erwählte Stellvertreter einzuberu- fen sei,

Jn den wenigen Fällen, wo diese Befugniß zur Anwendung ge fommen, ift stets der Grundsaß angenommen worden, daß dem Ab geordneten im Sinne ständischer Geseße die Unbescholtenheit des Ru fes mangele, weun derselbe eines Vergehens, welches in ehrloser Gesinnung wurzelt, augeschuldigt und deshalb zur richterlichen Unter- suchung gezogen warz; und daß seine Qualität als Landtags-Abgeord neter so lange ruhen müsse, bis er von dieser Anschuldigung durch ein ihn freisprechendes Erkenntniß gereinigt worden sei.

Endlich fehlte es an einer Bestimmung, wie es zu halten, wenn ein bereits versammelter Landtag eines seiner Mitglieder wegen be- \holtenen Rufes auszuschließen sich veranlaßt finden fönnte (welcher gall jedo zeither uit eingetreten), und mußte solchem gleichfalls vorgesehen werden,

Bezüglich der Ausschließung bescholtener Personen aus den Kreis Versammlungen schreiben die Kreis Ordnungen eín verschiedenes Ver fahren vor. Die Kreis-Ordnungen für die Provinzen Brandenburg und Pommern (vom 17, August 1825), für Preußen (vom 17. März 1528) und für Posen (vom 20, Dezember 1828) stellen §8.6 (sub c.) ausdrücklich fest:

„„Wo dieser Ruf von der Versammlung bestritten wird, ist auf den

Dericht des Ober-Präsidenten von dem Staats Ministerium zu ent

scheiden.“

Die Kreis-Orduung für Sachsen (vom 17. Mai 1827) enthält feine Bestimmung, wie es zu halten, wenn die Unbescholtenheit eines Kreistags-Mitgliedes in Zweifel gezogen wird. Dagegen ftellen die \chlesishe (vom 2. Juni 1827) die rheinishe und die westfälische Kreis-Ordnung (vom 13, Juli 1827), §. 7 ausdrüdklich fest:

„Wird die Unbescholtenheit des Rufes bestritten, so hat, wenn dies ein Mitglied der Ritterschaft oder den Vertreter eines solchen be- trifft, die Ritterschaft des Kreises die Befugniß, in einem besonde- ren Ronvente durch Stimmenmehrheit von * der Anwesenden dar über zu entscheiden und, falls die Entscheidung für die Bescholten heit des Rufes ausfällt, die Ausschließung zu bestimmen.

Will der Betroffene oder die abgestimmte Minorität bei dem Beschlusse sih nit beruhigen, \o ertbeilen die Deputirten der Rit terschaft beim Provinzial Landtage die Entscheidung in der zweiten und lezten Justanz.“

Die Kreis-Ordnung für Schlesien reiht uoch an:

„Wird die Unbescholtenheit des Nufes eines Kreistags=Abgeordneten der Städte oder des Bauerustandes in Zweifel gezogen, \o ist solches in erster Znstanz zur Entscheidung des Magistrats, der Stadtverordneten oder der Bezirkswähler zu bringen, von denen die Wahl ausgegangen is, und bei derselben auf die Wahl eines anderen Deputirten anzutragen; die Entscheidung in zweiter Jn- stanz gebührt hier ebenfalls den Landtags - Mitgliedern desjenigen der beiden Stände, zu welchem der betreffende Kreistags-Abgeordnete gehört.“

Wenn endlich in dem Geseß vom §8. Mai 1837 bestimmt wird: daß nur Personen von unbescholtenem Rufe fähig sein sollen, für sich und für Andere die Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit oder des Patronats auszuüben oder in ihrem Namen ausüben zu laffen, so verweist dies Geseß, H. 2, in Hinsicht des unbescholtenen Nufes allgemein auf „vorhandene besondere Verordnungen“ hin,

Mehrsfeitig eingetretene Zweifel veranlaßten Se. Majestät, die- sen bedeutsamen Gegenstand zur Berathung des Staats Ministeriums zu stellen, und sprachen Allerhöchstdieselben hierbei die Geneigtheit aus, den Ständen eine vorwiegeude Theilnahme bei Entscheidung der Bescholtenheitsfrage einzuräumen, Hiernach wad unerläßlich, den diesfälligen Geseß-Entwurf auf aile ständische Versammlungen auszu dehnen, für folche das gleiche Prinzip vorwalten zu lassen, den Ent wurf demzufolge möglichst allgemein zu formuliren, damit derselbe für die verschiedenen ständischen Versammlungen (Provinzial-, Kom- munal-Landtage und Kreistage) zur gleichmäßigen Anwendung gelan- gen möchte, indem es als unverfenubarer Mißstand betrachtet werden müßte, könnte ein Mitglied aus einer ständischen Versammlung aus- geschlossen werden, ohne daß dies sein Ausscheiden aus anderen stän= dischen Versammlungen zur Folge haben sollte; und ‘ist demzufolge der vorliegende Geseß - Entwurf in diesem Sinne abgefaßt worden.

Aus Obigem ergiebt sich die Bedürfniß-Frage. Wenn nämlich in den allegirten Geseßen auf Unbescholtenheit des Rufes hingewiesen ist, so fehlen geseßliche Bestimmungen :

über Kriterien der Unbescholtenheit,

über die Kompetenz,

über das einzushlagende Verfahren.

Den Begriff der Unbescholtenheit mit logischer Schärfe definiren zu wollen, liegt außer menschlicher Macht. Bürgerliche Ehre ist so zar- ter Natur, ihre Abnahme ein so allmäliger lebergang, dieser so eng mit den Judividuen selbst verwebt und daher so subjeftiv, daß ledig= lich jever spezielle Fall in seinem Gesammt-Umfange aufzufassen und zu beurtheilen bleibt.

Ein derartiger Ausspruch kann jedoch nur auf Ueberzeugung be- ruhen, niht auf Erlassen, nicht auf Geseß=Vorschriften, da derselbe in den innersten Tiefen des menslichen Herzens, in volfksthümlichen Zuständen, im gesammten Volksleben wurzelt.

Aus diesem Grunde überläßt der Entwurf die Reinhaltung der ständischen Versammlungen von bescholteuen Mitgliedern diesen Ver- jammlungen selbst, \#o daß lediglich Standesgenossen darüber zu be- finden haben, ob die Ehrenhasftigkeit ihrer Mitglieder unverleßt sei, da man zu den Ständen das Vertrauen haben fann, daß sie am sorgfältigsten die Ehrenhaftigkeit ihrer Mitglieder überwachen werden,

Hiermit abstrahirt der Gesebgeber von Aufstellung der Kriterien der Bestholtenheit, verlegt vielmehr das diesfällige Ürtheil in das Gebiet der Ueberzeugung; hält es jedo für unerläßlich, Kategorieen aufzustellen, nach welchen Personen als bescholten zu erachten (L); überträgt [edoch die wesentlichsten Entscheidungen dem Ausspruche von Standesgenossen, und zwar auf Grund vollständig erforschter Thatsachen, i

Bezüglich der Kompetenz, \o war dieselbe zeither weder zweifel- N wp e a meisten Fälle) geseblih ausgesprochen. Zwar ha- fehlte es zetder an ver corenden Fällen meist entshieben; jedo zugsweise in ‘dieser Richte Een Norm; und darf das Gesetz vor-

Dasselbe {ung als Bedürfniß angesehen mel L

L , ereits dargelegt, finden si in den gen der verschiedenen Pro- auch verschiedene Bestim;

609

mungen. Ueber das Verfahren, welches in Betreff der Ausschließung bescholtener Personen vom Rommunal - Landtage oder aus den Pro= vinzial - Stände - Versammlungen zu beobachten, fehlt jede geseßliche Grundlage. Nicht minder weist das Geseß über die persönliche Fä= higfkeit zur Ausübung der Rechte der Standschaft, der Gerichtsbarkeit und des Patronats auf vorhandene Verordnungen hin, ohne solche näher zu bezeichnen. i S

Wenn aber dur das vorliegende Geseß nicht allein diese Kom- petenz=-Frage, sondern nicht minder das hierbei festzuhaltende Verfah= ren zur Erledigung gelangen, #0 wird bezüglichen legislativen Be= dürfnissen hiermit genügt.

Solches vorausgeschickt, wenden wir uns den einzelnen Bestim- mungen des Entwurfs zu, :

Zu I, Dieser Abschnitt bezeichnet die Kriterien, wonach Perso- nen wegen Mangel unbescholtenen Rufes von ständischen Versamni1- lungen auszuschließen sind, und theilt solche in vier Kategorieen.

1) Es wird als bescholten erachtet: wer durch ein Kriminalge- richt zu dem Verlust der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt, oder zur Verwaltung öffentlicher Aemter, oder zur Ableistung eines nothwen digen Eides unfähig erklärt worden ist,

Dieser Passus rechtfertigt sich, seiner Tendenz na, dur Ana- logie der Geseße; da derjenige, welchem durch rechtskräftiges Er kenntniß die allgemeine bürgerliche oder besondere Standesehre abge sprochen worden, nothwendigerweise hiermit Zugleich von ständischen Versammlungen ausgeschlossen wird; und erscheint diese Aunalme un bedenflih, Weun jedoch nah diesem Passus uur der als bescholten

zu erachten, welcher „durch ein Kriminalgericht“ rehtsfräftig verur theilt worden, sv dringt sich als Bedenken auf:

Wie es zu halten, wenn Jemand im Civil Prozeß zur Ableistung eines nothwendigen Eides rechtskräftig für unfähig erklärt wurde?

2 Titel 23 der Prozeß-Ordnung (5) bestimmt;

„Wer sich des frevelhaften Leugnens oder vorsäßlicher Unwahrheiten im Gerichte einmal schuldig gemacht hat, soll sowohl in diesem als ín allen nahherigen Prozessen unfähig sein, zur Ableistung eines nothwendigen Eides, so weit als derselbe zu seinem Vortheile gereichen würde, verstattet zu werden,“

Da aber kein Grund ersichtlich i, warum hier ein Unterschied zwischen einem Urtheil, welches auf Unfähigkeit zur Ableistung eines nothwendigen Eides lautet, ob solches von einem Kriminalgeriht oder von einem Civilgericht gefällt worden, zu machen; so sprach sich die Abtheilung dahin aus: daß gleiche Motive gleiche Folgen haben müßtenz daß dies aber am einfachsten dadurch zu erreichen sei, wenn die Worte

„durch ein Kriminalgericht“

wegfielen und dafür substituirt würde :

durch ein rechtsfräftiges Urtheil,

2) Der allegirte §. 4 des Geseßes vom 20, Juli 1843 bezeich- net (b—e) als ehrengerihtlihe Strafen :

Entlassung aus dem Dienste;

Entfernung aus dem Offizierstande, mit welcher der Verlust des Titels, der Charge und die Unfähigkeit zur Wiederanstellung als Offizier verbunden ist ;

Berlust des Rechts, die Militair=Uniform zu tragen ;

Entfernung aus dem bisherigen Wohnort, als Strafe.

Für unzweifelhaft darf angesehen werden, daß eiu von seinen Standesgenossen mit einem der obigen Erkenntnisse betrofener Mann in einer ständischen Versammlung seinen Platz-nicht finden könne.

3) Nicht mind x müssen Männer von stäudischen Versammlungen ausgeschlossen bleiben, welchen das Bürger- oder Gemeindereht ent zogen ist, da es folgerecht, daß die Aus\chließung aus einer politi schen Corporation niederen Grades die Ausschließung: aus einer mit höheren Rechten ausgestatteten Corporation selbstredend in si fasse.

4) Dieser Passus betrifft diejenigen Personen, welchen ihre Stan- desgenossen das Anerkeuntuiß der Unbescholteuheit versagt haben. Wenn aber angenommen werden darf, daß Mitbürger das zutreffendste Urtheil über die Ehrenhasftigfkeit ihrer Mitglieder werden fällen kön nen, so erscheint es als vornehmlihste Aufgabe des Entwurfs, nicht allein diese Befugniß den Standesgenossen allgemeiner zu übertragen, jondern diesem Ausspruche auch umfasseudere «Folge zu geben.

Nach der zeitherigen Geseßgebung war es nämlich zum größten Theil eine den Staats-Behördeu überla}ene Sorge, ständische Ver sammlungen von Personen bescholtenen Nufs rein zu halten. Jedoch treten Fälle ein, in denen Jemandes Nuf wohlbegründet als beschol ten zu erachten, ohne solches dur richterlichen Ausfpruch erkennbar machen zu föunen; und wird, für derartige Fälle, in dem Urtheil der Standes=Genossen wenn man nicht darauf verzichten will, Beschol tene möglichst aus ständischeu Bersammlungen auszuschließen das sicherste und vielleicht das einzige Mittel gefunden werden dürfen, in einer Angelegenheit so zarter Natur mittelst Ueberzeugungs=Gertcht den bezeichneten Zweck erreichen zu können. Denn nicht allein sind Fälle denkbar, \oudern treten im täglichen Leben in die Erscheinung, im denen Geseßze und Gerichte uicht zureichend find, um die Beschol- tenheit durch Urtheil aus zusprehen. Es faun sich Jemand gesebmä- ßig verhalten, leben und handeln, sein bürgerlicher Ruf dessenungeach- tet mit allem Recht durch moralisches und sittliches Verhalteu er schüttert und in der öffentlichen Meinung befleckt sein. Für derartige Fälle wird aber das Gericht der Standesgenossen als der allein múög=- lihe Weg gelten dürfen, die beabsichtigte Reinhaltung skändischer Genossenschaften erreichen zu können.

Demzufolge konnte sich die Abtheilung der bezüglichen Bestim mung des Entwurfs nur anschließen, welche die stäudische Befugniß, Mitglieder wegen besholtenen Nufes von der Theilnahme an ständi- schen Versammlungen auszuschließen, und welche bisher geseßlih nur für Kreisversammlungen dreier Provinzen feststand, weiter aus zudehnen und solche ausscließlich in die Händ der Standes- genossen legen zu wollen.

Zu U. Aus dem zu l. Bemerkten Ce, bi t den L—S beregten Fällen die Unfähigkeit zur Ausübung ständischer Rechte \o- fort eintreten muß, sobald der Vorsißende der ständischen Versamm- lung (beim Kreistage der Landrath oder in dessen Verhinderung der erste Kreis = Deputirte; beim Kommunal - Landtage der von den Ständen gewählte und von Sr. Majestät bestätigte Vorsitzende ;

beim Provinzial-Landtage der Allerhöchst ernaunte Landtags-Mar= schall) davon Kenntniß erlangt hat: daß das Erkenntniß, welches die entehrende Strafe festseßt, rechtskräftig, daß das Urtheil des CEh= rengerichtes Allerhöchst bestätigt (§. 50 des Geseßes vom 20, Juli 1843), daß die Entziehung des Bürger= ( Gemeinde-) Rechtes for- mell gültig ausgesprochen sei. Jedoch wird im Wege der Instruction dahin Sorge zu tragen sein, daß diese Thatsachen auch gehörig zur Kenntniß des Vorsibenden ständischer Versammlungen gelangen mögen.

Zu Ul, Dieser Abschuitt schreibt das Vorfahren vor, welches einzuschlagen is, wenn (1. 4.) das Urtheil über Bescholtenheit des Rufes auf subjektive Ueberzeugung gegründet werden soll. Hierbei fand die einleitende Bemerkung Ausdruck, daß dieser Abschnitt, grö- ßerer Klarheit halber, in mehrere aragraphen zerfallen möge,

Passus 1. verpflichtet den Vorsißenden einer ständischen Ver- sammlung, Thatsachen zur Sprache zu bringen, welche die Éhrenhaf- tigkeit eines Mitgliedes in Zweifel stellen, um den Ausspruch der Standesgenossen darüber, ob das Anerkenntniß unverleßter Ehren- haftigkeit ertheilt oder versagt werde, herbeizuführen, :

S.

__ Passus 2 erkennt jedem Mitgliede einer ständischen Versammlung die Befugniß zu, den Antrag zu stellen, daß einem anderen Mitgliede die Anerkenntniß unverleßter Ehrenhaftigkeit zu versagen sei; unt if pre Passus 3 den Vorsißenden, diese Anklage der Versammlung mitzutheilen. i

Obschon kein Bedenken getragen wurde, obigen Verpflichtungen und obiger Berechtigung beizutreten, \o schien es nothwendig, in Pas- sus 2 hinter „befugt“ einshalten zu wollen: ;

unter Anführung bestimmter Thatsachen und deren Beweismittel ; um frivolen Beschuldigungen hiermit entgegen zu wirken,

Bei Passus 4 wurde hervorgehoben, daß hinter „Zusammen- treten“, bei der Wichtigkeit des zu berathenden Gegenstandes, beige- fügt werde: /

mit vorheriger Bekanntmachung des Zwecks3 der Versammlung.

Dem Passus 5, welcher die Entscheidung umfaßt, ob auf Grund des gestellten Antrages ein weiteres Verfahren einzuleiten, dürfte Nachstehendes beizufügen sein : S:

Entsagt Angeschuldigter der ferneren Ausübung ständischer Rechte,

so hat es dabei sein Bewenden, und kann dann Angeschuldigter

nur unter den Bedingungen des Abschnitts V. wieder zur Aus= übung ständischer Rechte zugelassen werden. Entsagt dagegen der

Angeschuldigte nicht freiwillig der Ausübung ständisher Rechte, so

tritt dann folgendes Verfahren ein. Deun unfehlbar darf einem freiwillig Entsagenden seine Rehabiliti- rung nicht enger vershränft werden, als dem durch Urtheil Betrof= fenen; weshalb dieser Zusaß als unabweislih gilt.

Ferner könnte es als Härte augesehen werden, daß für den Au=- geschuidigten zwei Drittheile der Stimmen erforderlih werden, wäh= rend gemeinhin der favor defensionis vorzuwalten pflegt. Hierbei bleibt jedoch zu erwägen, daß §. 7 der Kreis-Ordnuugen für Schle= sien und die westlichen Provinzen gleiche Bestimmung enthält. Fer- ner liegt es im ret eigentlihen Juteresse des Angeschuldigten, seine Rechtfertigung klar zu stellen , sich möglichst vollständig gereinigt zu sehen, demzufolge den Ausdruck einer bedeutenden Majorität für seine Schuldlosigkeit zu erlangen. Endlich handelt es sich hierbei ja nicht um den Ausdruck des \chuldig oder unschuldig, sondern, wie die Motive zum Geseß-Entwurf zutreffend bemerken :

„Um Beantwortung der Frage: soll eine chrenrührige Thatsache,

welche der Vorsibende für wichtig genug hält, um sie in der Ver=- sammlung zur Sprache zn bringen, oder welche einer Versammlung

als Anklage formell hinzustellen kein Bedenken getragen hat, der

Untersuchung völlig entzogen werden ? 7 und fand die Ansicht demzufolge Beistimmung : daß eine Majorität oon zwei Drittheilen für den gegebenen Fall ols gerechtfertigt gelte, daß solche selbst im Juteresse des Beschuldigten liege.

Passus 6, 7 und 8 bezeichnen den Gang der ersten Instanz. Nach derselben geht, sobald der Beschluß gefaßt ist, das Verfahren einzuleiten, die weitere Verfolgung der Sache in die Hand des Ober= Präsidenten über, welcher vermöge seiner amtlichen Stellung beson=z ders geeignet ist, in seinem Verwaltungsbezirke als Wächter über. die richtige Handhabung s\tändischer Gesete betrachtet zu werden z und düxfte demzufolge den Bestimmungen des Passus 6 beizutreten sein.

Dagegen i\t zu Passus 7 zu bemerken, daß hinter die Worte: „die Entscheidung fällt hiernächst“, aus bereits anerkannten Gründen, einzuschalten sein dürfte :

nach vorgängiger Bekanntmachung des Zweckes der Versammlung.

Wenn aber bei a, die Entscheidung erster Justanz zunächst den Wählern zugesprochen wird, welche den Angeklagten zur Theilnahme an der ständischen Versammlung gewählt haben, bei welcher er in Anklage geseßt worden 1; so gelten unfehlbar diejenigen, aus deren Mitte der Gewählte hervorgegangen, und welche derselbe vertreten soll, ret eigentli als die Justanz, welche sein Verhalten, sein Ver=- gehen und die wahre Geltung seiner Handlung vom richtigsten Ge- sihtspunkte zu beurtheilen vermag. S

Is dagegen (bei b.) der Antrag auf Ausschließung gegen einen Nittergutsbesiber, als Mitglied einer kreisständischen oder kommunal= ständischen Versammlung, gerichtet, so soll die Entscheidung gleichfalls den Wählern des betreffenden Wahlbezirkes zustehen, zu welchem der Angeschuldigte gehört; und wurde der Ansicht beigepflichtet : daß die Standesgenossen dieses Wahlbezirks am geeignetsten sein dürften, das Verhalten wie den moralischen Werth des Angeschuldigten richtig zu würdigen und diese wihtigen Momente bei dem zu fällenden Urtheil mit in Anschlag zu bringen,

Gehört endlich (zu c.) der Angeschuldigte dem Herrenstande an, so erscheint es als entsprehend, daß für jeden einzelnen Gall die Er- nennung eines Chren-Gerichtshofes von Standesgenossen Sr. Ma- jestät vorbehalten bleibe, dessen Ausspruch jedo die Allerhöchste Be- stätigung bedarf. | . i

Bei Passus 8 is nicht ersichtlih, warum der Angeschuldigte in der Wahl-Versammluntg nicht erscheinen, dem Vortrage über das Er- gebuiß der Untersuchung nicht beiwohnen, sich seinen Richtern gegen- über uicht vertheidigen solle? und ward die Ansicht ausgedrückt : daß dem Angeschuldigten diese Befugniß hier so wenig als bei allen übrigen gerichtlihen Verhandlungen zu versagen, bei denen mündliches Verfahren stattfindet; daß jedoch der Beklagte, nach erfolgter Vertheidigung, der ferneren Berathung, so wie der Abstimmung, nicht beiwohnen dürfe.

Passus 9, 40, 11 bilden die- Vorschriften der Appellation.

Hierbei wurde von einem Mitgliede der begutachtenden Abthei« lung hervorgehoben: daß das Wesen des Geschwornengerihts recht eigentlih darin beruhe, daß dasselbe ein Ueberzeugungsgericht von Standes-Genossen, daß daher von demselben feine wei- tere Berufung, noch weniger aber, nah gesprochenem Urtheil, eine Verschärfung eintreten könne, daß demzufolge das von den Wählern gefällte Urtheil als ein retsfräftiges gelten müsse, und daß von demselben feine weitere Berufung zulässig sei. Zur näheren Moti- virung wurden als ih aufdringende Zweifel hervorgehoben :

wie es in der Appellation zu halten, wenn ein bereits ver- sammelter Landtag eines seiner Mitglieder wegen Bescholten-

heit auszuschließen sih veranlaßt finde? (auf welchen Fall S. 4

der Motive hingewiesen wird); da doch unmöglih dem Land-

tage, welcher als Ankläger aufgetreten, der Ausspruch. in zwei=

ter Justanz zustehen könne; L 4 ob es ferner nicht als Härte gelten müsse, daß, wenn beide Jn-

stanzen verschiedener Ansicht gewesen, die Wähler den Ange-

\chuldigten für unbescholten erachteten, derselbe dagegen von den

Standesgenossen des Landtages für bescholten erklärt worden,

es bei diesem Ausspruch [E e E der Appel=

ion sein Bewenden behalten : : ; Es vat Rid: geltend ariiaiér daß ein weiterer Kreis von

- L 2 i: 7 Jp Ó ,

Richtern eine größere Bürgschaft der Unparteilichkeit ge-

ähre; E ¿ daß bei ester geringen Anzahl der Wähler, wie folhe mitunter

vorfindlih, persönliche Rücksichten, Leidenschaft, Jntrigue 2c. auf das Urtheil einwirkend werden könntenz i daß in den Kreis-Ordnungen für Schlesien und die westlichên

Provinzen eine solche zweite Instanz bereits angeordnet seiz daß sih eine. Wahlversammlung nicht lei t in die Lage bringen

werde, ihrem Ausspruche, daß Jemand für unbescholten zu er-

achten, die Bestätigung. versagt zu sehen , eine zweite Jn