1847 / 126 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

B i i ie ei i t i i ie er ri i e E I I N

Volksklasse schon aus moralischer Pflicht \huldet , der hohen Ver- atur uud Berücksichtigung vorschlagen zu müssen. Staatsminister Rother: Jh habe blos, was den Gegenstand betrifstz wegen-zu veranlassender Ankäufe von Seiten der Staatsbe- hörden bemerken wollen , daß schon seit geraumer Zeit zwischen dem Ministerium ‘des Jnnern, dem Finanzministerium und mir Verhand=- lungen gepflogen und Einleitungen been. worden sind, um An- ‘zu machen. Wir haben in dieien ugenblickde ganz bedeutende Quantitäten an Getraide liegen, aber sie s{wimmen auf dem Was= ser, und ih habe sie wegen der Schifffahrts - Verhältnisse noch niht erhalten können. 3 habe noch feine Nachricht be- kommen, daß die Schifffahrt offen is; aus St. Petersburg haben wir noch nichts êrhalten. Von dieser Seite allein können wir die Hülfe, die wir erwürten, erlangen. Es is aber auch eine Menge von Ge-= traide schon in den übrigen Provinzen und in Polen angekauft wor= den, welhes auf der Weichsel und Oder {wimmt, Die Seehand- lung hat in diesem Augenblicke hier in Berlin 2000 Wispel liegen, Es is dies eine Kleinigkeit für uns, aber größer sind die Summen, welche auf dem Wasser schwimmen und aus dem Auslande herein- fommen, Darüber, wie i angekauft worden sind, wo sie liegen, bitte ich mich weiterer Aeußerungen enthalten zu dürfen. Jh wünsche nit, daß es in das Publikum komme und dieses erfahre, welche Quantitäten da sind. Es is mit den Ankäufen niht aufgehört wor= den. Gestern und vorgestern sind wieder Emissaire ausgesendet wor= den, um neue Ankäufe zu machen, und ich glaube, daß u diese Weise von Seiten der Behörden Alles geschehen is, was geschehen fonnte.

Referent von Brandt: Jn Beziehung auf die Ermittelung der einzelnen Vorräthe kann ih erwiedern, daß in meiner Provinz und namentlich in demjenigen Kreise, wo ih ansässig bin, eine solche Ermittelung stattgefunden und leider dabei. - ein folches Defizit sich ergeben hat, ah, wenn der eine Kreis nicht noch 7000 Scheffel Korn bekommt und nicht die Brennereien eingestellt werden, eine solhe Kalamität eintritt, daß die Noth auf das Aeußerste getrieben wird. Jh habe gestern noch Nachricht darüber bekommen, welche mich veranlaßt, dies hier zur Kenntniß zu bringen.

Marschall: Es wird ganz passend sein, wenn wir zuerst fest= stellen, ob der Vorschlag des geehrten Mitgliedes die geseßliche Un= kèrstüßung von \sechs Mitgliedern findet, die zur Abstimmung führt. Ich habe auch nichts dagegen, wenn zuerst über diesen Vorschlag de= dattirt wird und wir die Ermittelung, ob sechs Mitglieder aufstehen und dadurch ihn zur Abstimmung befähigen, erst einer späteren Zeit überlassen. Jch werde in der Ordnung aufrufen, in welcher um das Wort gemeldet worden ist. i

Fürst Lychn ow ski: Jch werde mir erlauben, die Debatte auf den Punkt zurückzuführen, auf den Ew. Durchlaucht die Frage ge= stellt und geschieden haben. Die Frage, um die es sich handelt, hat zwei Theile. Ew. Durchlaucht haben sie in diese zwei Theile ge- \hieden und den ersten zuerst vorgenommen, Es handelt sich nicht um die Brennereien, auch gar nicht darum, welhe andere Mittel uo zur Verhütung einer größeren Noth für zukünftige Zeiten an-

ewendet werden können und müssen, sondern ih glaube, es handelt ch um die Frage, ob die Herren-Kurie das mit großer Majorität in der anderen Kurie durhgegangene Projekt annehmen werde, die R T EE zu verbieten. Ein verehrtes Mitglied aus West= falen hat cine Frage gestellt, die in der Berechnung ganz richtig sein mag. Jch gehe hier auf diese Details nicht ein, obwohl ih auf jene Provinz verweisen könnte, die ih mit zu vertreten die Ehre habe, und wo ein Ausfuhr-Verbot gewiß von der heilsamsten Wir= fung sein würde. Es würden sich dur solches Cent der Provinzial-Verhältnisse Provinzial-Jnteressen gegen Provinzial-Ju- teressen schroff gegenüber stellen, und welches Resumé für das Allge- meine daraus entstehen würde, müßte der Beurtheilung der Majori= tät überlassen bleiben. Jh glaube, die Herren-Kurie hat die Frage von einem auderen Gesichtspunkte aufzufassen. Die Herren =- Kurie besteht zum größten Theil aus den arbften Grundbesißern des Lau= des, also zum größten Theil aus Mitgliedern, welhe wahr= scheinlich durch diese Maßregel leiden werden. Es wird we- nigstens in der zweiten Kurie oder im Lande mit größerem oder geringerem Rechte behauptet worden, daß die Herren- Kurie dadur leidet. Die zweite Kurie besteht aus Vertretern aller Stände; der Ritterschaft, die auch Kartoffeln verbrennt und verkauft, der Städte, wo die Masse der Unbemittelten und der Pro- letarier auf das Verzehren von Kartoffeln hingewiesen is, und der Landgemeinden, die zum Theil Kartoffeln zu verkaufen haben, zum Theil sie jeßt um große Summen Geldes einkaufen müssen, um das Leben nothdürftig bis zu der nächsten Aerndte zu fristen. Diese drei verschiedenen Stände finden sich hier gleihsam vereinigt und vertre- ten. Denn wir vertreten nicht allein uns, sondern au jene Jusas= sen und armen Leute, welche auf unseren Gütern wohnen und darben. Ih halte es daher für ganz unmöglich, daß eine Maßregel, welche darauf hinausgeht oder hinauszugehen scheint, ein wohlfeiles Lebens- mittel für die jebige"Zeit zu hafen, nicht mit der ungeheuersten Acclamation in dieser Verfammlung aufgenommen werde. Jch halte es für unmöglih, daß hier eine Berehnung aufgestellt werde und, dies sie noch so richtig sein, hier Geltung finden könnte, wodurch v C Maprégel nur einen Tag, nur eine Stunde hinausgeschoben ,_ Fürst Lynar: Mit blutendem Herzen sind wir Alle aus der Heimath abgereist wegen des großen Nothstandes, den wir zurückge- lassen aben; mit blutendem Herzen sind wir auch hier versammelt, auf die Nathrichten der immer steigenden Noth. Gegenwärtig wird uns eine Petition zugesendet, die von der zweiten Kurie und auch von unserer Abtheilung dahin bevorworret ist, daß die Brennereien eschlossen und die aesihe von Kartoffeln verboten werden soll. 0 glaube, daß wir dieser Maßregel nur unsere volle Zustimmung G en können, Meine Herren, wir Alle gehören zu den Altferen T Unetn des Landes, die meisten von uns siud vielleicht auch in dem Besige von Vorräthen, die ausgeführt werden fönnen. Aber gerade deshalb müssen wir für diese Maßregel stimmen. Denn diese erste Kurie wird niemals zurückstehen, wo es gilt, sich aufzu- opfern zum Wohle des Ganzen. Die Zeit i leider {on weit vor= gerüdckt, so daß die Brennereien ohnehin bats geschlossen werden müssen. Wenn aber auch nur eine verhältnißmäßig geringe Quanti= tát von Nahrungsmitteln dem hungernden Volke erhalten werden sollte, so wird diese Maßregel schon eine segensreiche sein; sie wird jedenfalls einen großen und guten moralischen Eindruck hervorbringen, den Muth der Leidenden heben und -den Beweis liefern, daß die Geseßgebung Alles thut, um dem Nothstande Gränzen zu seßen. Es liegt ‘ganz in der Stellung dieser hohen Kurie, dieser Maßregel beizustimmen. Denn ih glaube, wir haben den Beruf, den hohen und \{önen Beruf, uns als die natürlichen Beschüßer derjenigen Klassen hinzustellen, welche us auf dem Landtage nicht vertreten und nicht vertreten sein können. Jch verkenne keinesweges, wie wer es uns werden muß, eine Verordnung uns zu erbitten, deren führung ein Eingriff in Privatrehte sein wird. Aber, meine Herren, es giebt noch ein höheres Ret, welches zu walten hat, in 2 h Fr CIingaen le und eine solche Zeit m P erkennen liegt jeßt vor uns, imme daher für

ben Antrag der Abtheilung. M Iq sti ,

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Graf ‘von Westphaleme Rachdem die Debatte“ sich denno auh auf bas anderèê Feld, “auf das der Brannkweinbrennerei aus Kartoffeln, in dem zweiten Antrage hinübergespielt hat und ih be- fenne, daß auch hier ih diejenige Stimme gewesen, welche sih in der Abtheilung gegen die allgemeine Ansicht verwahrt hat, \o mu ih mir erlauben, noch einmal das Wort zu erbitten, und dies um st& mehr, als die Debatte den Charakter der Nüblichkeit der Maßregel verlassen hat und mehr Beziehungen in der moralischen Sphäre, um mich so auszudrücken genommen, Um ein in meine Meinung ge- seßtes Mißtrauen zu berichtigen und um mich der Versammlung als frei von jedem ECigensinn oder jedem eigennüßigen ständischen oder provinzial-ständischen Juteresse darstellen zu können, muß ih nochmals auf meine ersten Worte zurückommen, auf die nämlich, die sih auf das Verbot der Ausfuhr bezogen haben. Jch habe nich nicht unbe- dingt gegen die Ausfuhr ausgesprochen. Die Versammlung braucht meine Worte sich nur zu wiederholen; ih habe gesagt, daß ich dem Antrag eventuell aber auch uur eventuell beizustimmen mich bewogen finden könnte, ih habe gesagt: wenn von dem Ministerium Recherhen oder nur eine Wahrscheinlichkeitsberechnung ausgegangen sei, daß im preußishen Staate mehr Kartoffeln eingeführt als aus- geführt würden, so sei ih für eine desfallsige Verordnungz sollte es aber umgekehrt der Fall sein, dann sei ich gegen die Maßregel. Jch glaube wiederholen zu müssen, um mih gegen den Einwurf zu vér= wahren, als habe ich im provinzial - ständischen Juteresse gesprochen, p ih für den Antrag auf ein Verbot der Kartoffel-Ausfuhr stimme, insoweit dasselbe niht Repressiv-Maßregeln herbeiführt, welche, anstatt den Zweck zu fördern, einen größeren Uebelstand hervorrufen würden. Was ferner aber den zweiten Antrag betrifft, das Verbot, die Kar- toffeln zum Brennen verwenden zu dürfen, so habe ich

Marschall: Wir können dies ausgeseßt sein lassen bis zu späterer Zeit.

Graf von Westphalen: Wie Ew. Durchlaucht befehlen. Jch glaubte nur deshalb das Wort hierüber zu nehmen, weil bereits meh- rere Redner sich gleichfalls darüber äußerten.

Marschall: Dies geshah doch nur sehr beiläufig. Wir wer= den auf diesen Gegenstand später zurückkommen, und ih werde dann den geehrten Redner wieder aufrufen.

General-Direktor Dr. Kühne: Jch erlaube mir die Nachwei- sung zu geben, daß eine Berechnung der Ausfuhr niht wohl möglich ist, weil die Kartoffeln zu dem frishen Gemüse und den Gartenfrüchten gerechnet werden. Das Gouvernement würde sich in der Unmböglich- keit befinden, speziellen Ausweis darüber zu geben. Jm Ganzen ge- hören. die Kartoffeln nicht zu den Gegenständen des Handels ; die Flußschifffahrt abgerehnet , gehört es zu großen Ausnahmen , daß Kartoffeln weiter als 3 bis 4 Meilen transportirt werden. Es würde eine Maßregel sein, die sehr vielen Bedenken unterläge, wenn man, in Bezug auf den Handel mit Kartoffeln, ein Prinzip aufstellen wollte, welches von dem, was bisher verfolgt wurde, gänzlih abwih. Hier handelt es sich um einen Fall der dringendsten Ausnahme. Hier glaube ich also, daß, in Ermangelung von dergleichen steuerstatistischen Nachrichten, man ih mit allgemeinen Vermuthungen und Voraus-= seßungen würde genügen lassen müssen, welche auf den augenblicklichen Nothstand sich beziehen. Was dies betrisst, so is es mix zweifelhaft, und ih kann darüber keine Nachrichten geben, ob an der westfäli=- {hen Gränze gegen Hannover hin mehr Kartoffeln eingehen als aus= gehen. Gegen Holland hat mau mit großer Zustimmung der Be- völkerung in Westfalen die Ausfuhr von Kartoffelu bereits verbo- ten, weil der große Nothstand dies dringend anrathen ließ. Gegen Hannover is die Gränze bisher ofen geblieben, und ih glaube, daß gerade an dieser Gränze die Aus= und Einfuhr von beiden Seiten sih wohl balauciren mag, wentgstens is mir kein Grund bekannt, weshalb eine die andere überwiegen mag. Jn Bezug auf die Aus- fuhr durch Schifffahrt hat namentlich Bremen, ein sehr fruhtbares Land, im vorigen Jahre durch die Kartoffel - Krankheit sehr gelitten, und da ist die Befürchtung, daß auf der Elbe über Wittenberge grö= ßere Kartoffel-Vorräthe ausgehen würden, und daß, wenn die Brannt-= weinbrennereien geschlossen werden, alsdann diese Kartoffeln auf der Landesgränze, wo noch viele Vorräthe liegen, nah Hannover auf Landwegen ausgehen würden. Aus diesem Grunde glaubt das Gou= vernement, daß von der Ausfuhr von Kartoffeln auch über die Lau- desgränze von Hannover eine Ausnahme nicht werde gemacht werden fönnen. Das Gouvernement würde glauben, diesen Zweck zu verfeh= len, wenn irgend eine Art von statistishen Aufnahmen erst voraus- gehen sollte. ;

Graf zu S olms-Baruth: Der Gegenstand, welcher jeßt vorliegt, is das Verbot der Ausfuhr der Kartoffeln. Wir haben eben gehört, daß eine Ermittelung, ob die Einfuhr und die Ausfuhr balanciren, {wer von Seiten der Staats-Regierung vorgelegt werden fönnte, jedenfalls, wenn es möglich wäre, würde es großen Zeit= Aufwand erfordern. Jeßt scheint es mir darauf anzukommen, daß feine Zeit verloren werde. Der Antrag der Abtheilung, das Verbot der Ausfuhr der Kartoffeln zu erlasse, scheint um \o dringender, weil der Nothstand wirklih da ist; ob ih glei glaube, daß ein wesentliz cher Vortheil dadurch nicht erreiht und eine wesentliche Quantität von Nahrungsmitteln deshalb nicht dem Lande erhalten bleiben werde, so wird es jedenfalls großen moralischen Eindruck hinterlassen und hervorrufen, und aus diesem Grunde vorzugsweise möchte ih wenig= stens das Verbot der Kartoffel-Ausfuhr gerechtfertigt finden. Es is allerdings ein Eingriff in das Eigenthum, in den freien Verkehr, und da diesen sih die Staats. Regierung hat immer angelegen sein lassen, so glaube ich, daß in einer so außerordentlichen Noth, wie sie herein- zubrechen droht, dieser Schritt, der im Allgemeinen nicht zu billigen sein dürfte, für diesen speziellen Fall sih rehtfertigen läßt.

Graf vou Westphalen: Jh muß noch einmal wiederholen, sobald die Maßregel von dem Gouvernement selbst ausgegangen wäre, woraus von selbst gefolgert werden könnte, daß die von mir nöthig erachtete, vorgängige Recherche erfolgt wäre und also Gewißheit darüber vorwaltete, ich sie vielleicht nicht in Frage gestellt haben würde. Sie is aber ausgegangen von der Kurie der Vereinigten Stände, die solhe Vorkenntnisse der Verhältnisse niht hat. Erklärt das Finanz= Ministerium, "baß es mindestens wahrscheinli sei, daß eine Ar Anzahl von Kartoffeln ausgeführt als eingeführt werden möchte, „so ist mein Zweifel beshwichtigt, und ih habe nichts dagegen. Ih a nur, um es zu wiederholen, das Bedenken anregen wollen, des-

alb, weil die Maßregel nicht von dem Gouvernement, was von der Sade allein vollkommen unterrichtet sein kann, ausgégangen ist, sou- dern von der Kurie der drei Stände, “die davon keine Kenntniß hat, Sobald das Ministerium erklärt, daß es mit Wahrscheinlichkeit anzu- nehmen sei, so trete ih dem Antrage auf ein Verbot der Ausfuhr von Herzen bei. Ü, 4d

Staats = Minister von Düesberg: Es war bereits bei dem De srtimn zur Frage gekommen, ob es nicht nothwendig sei, mit dem Verbote der Ausfuhr von artei vorzugehen, und v allen Ermittelungen ließ sich ein E erbot rechtfertigen. Jnde da gleichzeitig der Gegenstand bei der Stände - Versammlung zur Anregung gekommen war, so hat das Gouvernement für rathsam er- achtet, micht " eher mit der Ma regel vorzuschreiten, als bis es die Stimme der Landes-Vertreter darüber gehört hätte. Jn ler ho- hen Versammlung und auch in der “anderen Kurie sind alle Elemente vereinigt , die nothwendig sind, um genaue Kunde über die Verhält-

Felhaft.

‘ich bin darüber a

nisse des Landes zu erlangen, und es kounte dem Gouvernement nur erwünscht sein, alle Stimmen därübér zu hören, ehe es diese etwäs exceptionelle Maßregel vornahm. Daß: aber im Allgemeinen die Maßregel unter den gegebenen Umständen für ersprießlih und nothwendig zu erachten se’, darüber ist das Gouvernement niht zwei= lhen Erfolg sie im Ganzen haben werde, das läßt sid freilich nicht beurtheilen, weil dazu eine genaue Kenntniß der einzel- nen Verhältnisse in den untersten Schichten gehört, die man si un= möglich hat verschaffen können, allgemeine statistishe Nachrichten aber nicht ausreihen. Wie die Sache liegt, kann von dem Ministerium nur die Ansicht ausgesprochen werden, daß die Maßregel von Nuten ist. i __ _Domprobst von Krosigk: Die Maßregel des Ausfuhrverbotes ist so vielseitig beleuhtet worden, daß ih nichts hinzuzufügen habe. Ich erlaube mir uur, an "die Aeußerung von der Ministerbank die Bemerkung anzuknüpfen, ob es nicht angemessen erscheinen möchte, von Seiten des Gouvernements dennoch die bisher geschehenen Än= käufe und die vorhandenen Bestände öffentlih bekannt zu machen. Es mag eine gefährlihe Maßregel sein, aber ih bin überzeugt, daß durch eine Bekanntmachung der bisher erfolgten Ankäufe und dessen, was bereits hier eingelaufen oder noch unterweges is, die Gemüz= ther in dem Grade würden beruhigt werden, daß dadurch die im Lande felbst vorhandenen Vorräthe in größeren Massen zum Vorschein fommen würden, als man jeßt vorausfeßt; daß vielleicht gar die Maßregel des Ausfuhrverbotes dadurch überflüssig werden würde, obschon ih den Gründen, die für und wider darüber ausgesprochen worden sind, gern Gerechtigkeit widerfahren lasse. Mein Antrag geht dahin: So weit es möglich is, eine öffentlihe Bekanntmachung der für Rechnung des Gouvernements erfolgten Ankäufe und der be= reits vorhandenen Getraidebestände zu erlassen Staats-Minister vou Düesberg: Was die Einkäufe angeht, so sind im vorigen Winter {on Einleitungen dazu getroffen und in bedeutendem Maße realisirt worden. Es stnd für Westfalen und die Rhein-Provinz ungefähr 3000 Lasten in Hollaud und Bremen ange= kauft und der Schifffahrt überwiesen worden, Die übrigen Quanti= täten, die damals gefaust worden sind, haben hauptsächlich angeschafft werden müssen, theils in den weit entlegenen östlichen Provinzen, wo die Schifffahrt erst später aufgeht und wo ein Quantum theilweise zurüctgehalten werden muß, um für die Provinz selbst gebraucht zu werdenz anderentheils auch noch in Riga und Stockholm. Die Vor-= räthe im Auslande haben wegen der Schifffahrts = Verhältnisse noch nicht aufkommen können; werden aber jeßt in kurzer Zeit erwartet, eben so is zu erwarten, daj aus Preußen Vorräthe werden herüber- gesha}t werden. Die mittleren Provinzen hatte man weniger ins Auge gefaßt, weil nach7allen Nachrichten, die selbst bis Monat März inkl. eingingen, nicht zu erwarten gewesen ist, daß für diese Provinzen ein Mangel entstehen würde; sobald sih aber hier die Noth kundgab, sind die kräftigsten Maßregeln angewendet worden, um Roggen an- zuschaffen. Es sind auch, wie vom Staats-Minister Rother be- merkt worden is}, bereits Vorräthe angekauft und werden erwartet, Allein Bekanntmachungen über die Vorräthe, die man erst erwartet, und über die man noch niht mit voller Sicherheit disponiren fan, möchten bedenklih sein; es fönnten dadurch vielfache Anforderungen hervorgerufen werden, die man im Augenblick zu befriedigen nicht im Stande is. Daß aber ausgedehnte Maßregeln getroffen sind, kann ih wiederholt versichern, und ih zweifle auch niht, daß sie Erfolg ¿n werden. - E von Sierstorpff: Jch erlaube mir zu bemerken, daß ein plöblihes Ausfuhr-Verbot stets größere Theurung nach si zieht, weil die allgemeine Meinung ershreckt wird. Jh glaube daher, daß tin Ausfuhr=Verbot, welches nicht ein großes und bedeutendes Quan- eum von Kartoffeln dem Lande erhält, eher Nachtheil als Erfolg ha=- V "Graf zu Lynar: So viel ih aus den Verhandlungen der an- deren Kurie und aus den Verhandlungen in dieser Kurte bis Jept ge=- hört habe, is es keinem Zweifel unterworfen, daß die Noth im Lande sehr groß ist, und daß etwas Krâstiges geschehen muß, um ihr so viel als möglich abzuhelfen. Als erste Maßregel hierfür is von der ans deren Kurie anerkannt worden : das Ausfuhr - Verbot von Kartoffeln. Ew. Durchlaucht haben diese Frage auch nur zur Debatte gebracht. So sehr ich die Vorschläge des ehrenwerthen Mitgliedes aus der Provinz Sachsen anerkenne, \o glaube ih nicht, daß jeßt darüber zu debattiren is, Jch denke mir, wenn ein Feuer ift, so be- schäftigt man sich nicht damit, wie es entstanden und wie ihm für die Zukunft vorzubeugen, sondern wie es im Augenblick zu löschen ist, Und nach diesem Vergleiche, glaube ih, daß wir so {nell wie mögli zum Ziele kommen, um über die Frage Beschluß zu fassen, ob das Verbot der Ausführung von Kartoffeln zu unterstüßen sei oder niht. Jch glaube nicht, daß es sich darum handelt, ob ein Eingriff in das Eigenthum, in das Privatrecht stattfindet oder ob privatreht= lihe Verhältnisse verleßt werden fönnenz ih denke mir, es is ein Akt der Wohlthätigkeit, der zu üben is von dem Besibenden gegen den Bedürftigen, und, ohue P N P zien einzulassen, stimme ih für ie Vorschläge der anderen Kurie. vis T A Hoheit der Prinz Friedrich von Preußen: Es is} von dem moralischen Eindruck die Rede, den das Verbot machen würde. Da ih am Rhein wohne, so kann ih versichern, daß ih mich überzeugt habe, wie das Getraide - Verbot dort nicht nur sehr große Freude gemacht hat, sondern es wurde auch der Wunsch danach in den Herzen aller Einwohner gehegt, und ich habe die Ueberzeugung, daß auch diese Maßregel den besten Eindruck im ganzen Lande machen ird. / M Graf von Arnim: Jch darf nicht wiederholen, daß mein Vo- tum, wie in der Abtheilung, der ih als Vorsißender anzugehören die

Ehre habe, bereits dahin gegangen ist, dem Antrage der anderen

Kurie beizutreten, nämlich, die Ausfuhr der Kartoffeln bis nach bendigter Aerndte außerhalb des Zollvereins zu verbieten. Jch erlaube mir nur, die Aufmerksamkeit der hohen Anwesenden und des betreffenden Ministeriums darauf zu lenken, daß, wie ih aus den Verhandlungen der anderen Kurie ersehen habe, Fälle vorgekommen sein sollen, wo Länder, die zum Zoll-Verein gehören, denuoh Ausfuhr=-Verbote auh gegen Län= der des Zoll - Vereins, namentlich auch gegen Preußen, erlassen und gerihtet haben. Judem wir das Ausfuhr=Verbot e nach Ländern außerhalb des Zoll - Vereins, gehen wir von der geseßlich be- gründeten und jedenfalls nothwendigen Vorausseßung aus, daß auch seitens der „übrigen Regierungen des Zoll-Vereins nicht etwa Maß- regelu getroffen und Ausfnhr-Verbote erlassen werden werden, welche die Einfuhr nach Preußen erschweren, daß also auch von ihnen etwanige Ausfuhr-Verbote und Maßregeln, seien es direkte Verbote oder indi- rekte Maßregeln, mit derselben Modalität, wie wir sie beantragen, getroffen werden, nämli nur nah Ländern außerhalb des Zoll-Ver= eins, Jch zweifle nicht, daß die Aufmerksamkeit der hohen Ministe- rien sich auch auf diesen Punkt rihten wird; ih bin aber nicht so ganz unzweifelhaft darüber, ob nah den bestehenden Zoll - Vereins- Verträgen, welche die Auflage eines Zolles innerhalb der Zoll Vereinsgränzen in den Binnengebieten des Zoll - Vereines verhindern, für den Fall eines Nothstandes das Ausfuhr=Verbot von ginen Zoll-Vereinslande A dem anderen unbedingt verboten fei, ih sage, 7 o

ih hoffe

merksamkeit der Verwaltung niht entgehen werde;

unzweifelhaft, als darüber, daß es der Auf= .

und zweifle nicht, daß man si dahin verstäudigen wird, daß uefube - Binliete innerhalb des Zoll - Vereins gele=- gené Länder nicht im Sinne des Zollvereins sind, der den größten Theïl Deutschlands auc in diefer Beziehung zu- eiuem Ganzen ge- macht hat. Jch habe aber doch nicht geglaubt , daß es überflüssig sei, diesen Punkt in der hohen Versammlung zur Sprache zu brin= gen z ich hoffe vielmehr , daßdie Es und Erwartung hierdurch iu viel gewichtigerer Weise ausgesprochen werde, als es von dem Munde des Einzelnen geschehen kann, dahin: daß von Seiten der Regierunu= gen auch in den Zeiten der Noth keine direkte oder indirekte Maßre= gel getroffen werden möchte, welche die Gränze des einen Bruder= landes gegen das andere irgendwie s{lös}e und es hinderte, helfend hinzuzutreten zur Linderung der gemeinsamen Noth.

Gen,.-Steuer-Direktor Kühue: Jch habe darauf Folgendes zu bemerken. Es besteht allerdings die Bestimmung, daß in der Regel auf keinerlei Weise eine Steuer bei Ausfuhr von einem Vereinslande in das andere stattfinden darf. Es besteht aber die Verabredung, daß nöthigenfalls auch der einzelne Staat ein Ausfuhr = Verbot er= lassen kann, mit der nothwendigen Folge, davon sofort allen übrigen Vereins = Staaten Nachricht n gebeu und ihnen anheimzustellen, ob sie diefem nur aus provuniell überwiegenden Gründen anzuordnenden Verbote beitreten wollen. Feten sie bei, so is die nothwendige Folge, daß der Verkehr zwischen den Zollvereins-Staaten frei bleibt und sie uicht mit Steuern belastet werden können. Will aber ein anderer Staat dem eingeführten Partikular=Verbot nicht beitreten, dann hat auch der einzelne Bundesstaat das Recht, gegen den anderen Buudesstaat zu \sperren. Jn dem vorliegenden Falle folgt daraus, daß wir in vertragsmäßigem Rechte find, zu verlangen, daß. kein zum Zollverein gehöriger Bundesstaat gegen uns die Ausfuhr der Kartoffeln sperre. Dessenungeachtet ift es geschehen, und zwar von einem der kleinsten Bundesstaaten, von dem Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, und zwar uicht vou dem Gesammtlaude, sondern nur von dem Partikel dieses Landes, welcher am Harz und in welchem die Hauptstadt liegt, während man für den anderen Partikel des Landes am Thüringer Walde die Ein= und Ausfuhr frei gelassen hat, weil sonst die Menschen in diesem Ländchen verhungern würden, Daß dies ein unerwarteter Fall war, den die preußische Regierung nicht hat ahnen köunen, brauche ih nicht zu versichern. Es is auf die erste Nachricht davon, welche die Sache bestätigte, indem ih heute erst die neueste Geseßb-Sammlung zu Ge= ficht bekam, worin das Verbot steht, die Sache auf das dringendste betrieben, auf das völlig Vertragswidrige aufmerksam gemacht und auf ‘das bestimmteste gefordert werden, daß es sofort widerrufen werde. Nur in der bestimmten Vorausseßung, daß der Widerruf er- folgen werde, hat man sich bis jeßt derjenigen Maßregeln enthalten, die eintreten müßten, wenn man dem begründeten Verlangen nicht nahgäbe. Und da man sich dieser Andeutung gegen die s{chwarz-= burgische Regierung enthalte hat, so ist es wohl zu früh, ihrer hier zun erwähnen,

Fürst von Lyhnowski: Als ih vor längerer Frist Ew. Durchlaucht um das Wort gebeten habe, . e

Marschall: Aber nahdem \{chon mehrere Redner notirt waren.

Fürst von Lyhuowski , als s{chon mehrere andere Redner notirt waren, so wollte ih nur auf ein Jucidenz des Abge= ordneten aus Westfalen entgegnen. Was von zwei Rednern von der Ministerbank und von einem verehrten anderen Mitgliede- gesagt wor= den i überhebt mich alles Uebrigen. Jch wollte nur auf zwei Punkte aufmerksam machen, nämlich etwas erwähnen, was über die Ausfuhr und Einfuhr der Kartoffeln nähere Kenntniß geben könnte, und auf die unumgängliche Nothwendigkeit, sofort eine andere Maß- regel zu ergreifen. Endlich wollte ih noch einen anderen Punkt be- rühren. Jch kann nicht zugeben, daß die andere Kurie nicht aus be- fähigten Männern bestehen sollte, die den Nothstand nicht vollkommen einsehen fönnten. Die zweite Kurie besteht aus Männern aller Stände, die an allen Gränzen des Landes wohnen und die, wenn eine solche Gefahr nicht obshwebte, dieselbe gewiß nicht angeregt haben würden. Jch glaube also, daß der ersten Kurie nur eine Sache übrig bleibt, nämlich sich dem Votum der zweiten Kutie vollständig anzuschließen und ohne sich in andere Debatten hierüber einzulassen. Es is behauptet worden, der zweiundzwanzigste Theil des Grund und Bodens der preußishen Monarchie gehöre der Herren-Kurie; ih weiß niht, ob diese Berechnung richtig is; aber der Besiß is jedenfalls groß genug, um damit die Herren - Kurie kein Votum abgeben darf, das dahingedeutet werden könnte, als wolle sie ihre Kartoffeln aus= führen und im Auslande theurer verkaufen.

Graf Zieten: Jch erlaube mir die Bemerkung, daß kein Mit- glied dieser Versammlung die Befähigung der Mitglieder der auderen Kurie in Zweifel gezogen hat.

Graf von Sandrebßki: Das, was der Fürst von Lyhnowski

eäußert hat, überhebt mich der Auseinandersebung, zu sagen, daß ih den raschen Eintritt des Ausfuhr-Verbotes für Nothwendigkeit halte, und ih bitte aufs dringendste, daß dieses Ausfuhr=-Verbot bal= digst verfügt und in Ausführung gebracht werden möge.

Graf York: Es ist von mehreren Rednern, auch von den bei= den leßten, erwähnt worden, daß die Noth so dringend wäre, 8 ein augenblickliches Einschreiten nothwendig würde. Jch möchte diese Noth in dem Maße noch nicht als vorhanden annehmen. Es is von dem Herrn Finanz = Minister an einem anderen Orte gesagt worden, daß auch gegenwärtig die Noth noch nicht so dringend wäre. Jch fann daher nur glauben, daß es viel wichtiger ist, Maßregeln zu er= greifen, die drohende Noth abzuwenden, als Maßregeln, welche der bereits eingetretenen Noth abhelfen. Wenn ein anderer Redner in der Versammlung gesagt hat: „Wenn mein Haus brennt, \o frage ih niht danach, wie is das Feuer entstanden, sondern ich lösche es —z““ so stimme ih dem vollkommen bei. Aber andererseits kann ih wohl auch fragen, wie verhindere ih die Verbreitung des Feuers, wenn es entstanden is. Also glaube ih, daß es wichtig is, und daß ih mit dem Grafen von der Aseburg hier ganz übereinstimme, daß wir in Erwägung ziehen können, welche Maßregeln für die nahe Zukunft zunächst nothwendig sind. Jch halte diese Frage für eine viel wichtigere, als die gegenwärtige augenblickliche Noth, die nicht so dringend is. Mir scheint es, daß man Noth mit Mangel verwech- elt. Theurung is, große Theurung! aber es fehlt uns an Nachwei- ung, baß wirkliher Mangel is, und daß keine Nahrungsmittel vor= anden sind. Wenn wir ein Ausfuhr-Verbot beschließen, so seßt dies voraus, daß wir mit Nahrungsmitteln in hinreihendem Maße verse- hen sein müssen. Jch kann einen solchen Eingriff in das Eigenthums- recht niht bevorworten und glaube auch nicht, daß dies dieser Kurie angemessen sei. Opfer zu bringen, wird Jeder gern bereit sein, nicht blos în dieser Kurie, sondern Jeder auf dem Landtage. Nur darum handelt es sich, ob ein \olhes Verbot zweckmäßig sei. Wir wollen uns nicht von einem Gefühl, daß ih als ehrenwerth anerkenne, hin- reißen lassen, sondern es handelt sich von der Zweckmäßigkeit der Maßregel. Mir scheint sie nicht zweckuäßig, deun, wenn wir \o viele Vorräthe an Materialien aller Art haben, daß wir den Nebenstaaten gushelfen können, so ist es zunächst au eine Pflicht, von dem, was wir haben, den anderen mitzutheilen; aber haben wir Mangel, so wixd von Export nicht die Rede sein, sondern wir müssen mport haben. Daß in einzelnen Gegenden ‘ein solcher Mangel da ist, ha- ben wir von der Muisterbank gehört, wir haben aber auch die Ver-

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sihemg bofen daß man Getraide aufgelauft hat, um den Man- el zu decken. „t Î

e Senfft vou Pilsach: Ih habe Se. Durchlaucht nicht um das Wort bitten mögen, weil ih glaubte, daß die Sache mit so gro= ßer Majorität angenommen werde, daß ih die Debatte nicht verlän- gern wollte. Wenn aber von einem Redner erwähnt wird, daß Noth nicht vorhanden sei, so muß ich dem widersprehen. -Jh habe von verschiedenen Punkten des Landes ganz genaue Nachrichten eingezogen und kann dana versichern , daß eine 0 große Noth vorhanden ist, daß. wir jedes Mittel, welches dazu dienen kaun, ihr abzuhelfen, und womit wir überhaupt nüßen köunen, bereitwillig anzunehmen haben.

Graf vou Westphaleu: Wenn ih den Redner richtig ver= standen habe, so hat er nit gesagt, daß keine Noth vorhauden sei, sondern ‘er hat die Sache alternativ betrachtet und gesagt: entweder istt Noth da oder nicht. Js Noth da, so ist ganz richtig -bemerkt worden, daß dann ein Ausfuhr-Verbot uicht an dem richtigen PlKze, sondern eine Maßregel zu treffen is, um den Jmport zu vermehren.

Graf York: Jch erlaube mir, die Worte des Herrn Finanz= Ministers, die er an einem anderen Orte gejagt hat, und die aus den stenographischen Nachrichten entlehut siud, deren Richtigkeit ih nicht Ursache habe zu bezweifelu, anzuführen.

(Der Redner führt die Wort an.)

Es ist also wohl damit ausgesprochen, daß iu dem gegenwärtigen Au= genblick die Noth noch nicht in der Weise vorhanden sei, wie man dargestellt hat, und daß es also darauf ankommt, in welher Weise die Staatsregierung von uns unterstüßt werden könne, um dem dro- henden Uebel A isn ; i } e.

‘Finanz = Minister von Düesberg: Die angeführte Aeußerung geht dahin, daß ein absoluter Mangel an Lebensmitteln allerdings noch nicht eingetreten, daß aber Symptome und Anzeichen vorhanden sind, daß die jebigen Bestände nicht ausreichen werden; daß zwar das Gouvernement Alles thut, um Hülfe zu schaffen, daß sich aber mit Bestimmtheit nicht sagen läßt, wie weit man mit diesen Mitteln aus-= reichen werde; und der Schluß is der gewesen, daß, da man uach aller Wahrscheinlichkeit niht ausreicht, die Mittel, die man noch hat, festzuhalten sind, Darum das Verbot der Ausfuhr. Dieses wird um so wichtiger, wenn zugleich die Maßregel getroffen wird, daß die Brennereien zu {ließen sind. Es ist nicht zu bestreiten, daß inf den großen Brennereien noh sehr erheblihe Vorräthe von Kartoffeln la= gern ; wenigstens sprechen die leßten Nachrichten, die darüber einge- gangen sind, sehr dafür; es is aber zu besorgen, daß, wenn die Bren- nereten geschlossen werden, bei den hoheu Kartoffelpreisen in den be- nachbarten Ländern eine große Menge von Kartoffeln in das Aus= land gehen werde. Jch kann also nur wiederholen, daß ih die Maß- regel unter den gegebenen Umständen für nothwendig und erfolgreich halte; ob der Erfolg mehr oder minder groß sein wird, läßt sich niht übersehen.

Graf von Zieten: Noth scheint unbedingt vorhanden zu sein. Freilich is der Begriff relativ und für den Einen ist {ou Noth, was für den Andern noch Ueberfluß is. J glaube aber, daß wirk= lih Noth vorhanden is. Nehmen Sie folgende Berechnung an: die Kartoffel hat ungefähr 25 Prozent Nahrungsstof im Vergleich zu den Cerealien, den Getraidearten, und is das Hauptsurrogat der Nahrung für die ärmeren Familien. Durch\chuittlih gelten die Kar- toffeln 1 Rthlr. pro Scheffel, und da sie nur 25 Prozent Nahrungs= sio} enthalten, so würde der Scheffel Roggen also 4 Rthlr. geltenz was er auch gern gilt. Von einem Scheffel Korn aber kann eine Familie faum eine Woche leben ; sie erwirbt \sih also kaum \o viel, um sih das Brot. zu verschassen. Wo bleiben daher die anderen E und’ ih behaupte daher, daß - wirklich. Noth vorhan=-

en ist.

Senfft von Pilsach: Es ist, wie mir scheint, von einem Redner Noth und Mangel identifizirt worden. Dem fann ih nicht beistimmenz denn es fann das hinreichende Maß der Lebensmittel da sein und doch Noth vorhanden sein, und daun wird schon dadurch geholfen, wenn die Ausfuhr verringert und die Masse der Lebens- mittel auf dem Markte vermehrt wird.

Marschall: Jch glaube, daß es jeßt an der Zeit if, zu er= mitteln, ob die Vorschläge, welche in der Versammlung gemacht wor den sind, die Unterstüßung von 6 Mitgliedern finden, welche noth wendig ist, um sie zur Abstimmung bringen zu können. Der eine Vorschlag ist der des Grafen von der Asseburg, welcher dahin ging, daß eine statistishe Aufnahme der Bestände vorgenommen werde, und der andere Vorschlag desselben geehrten Mitglieds ging dahin, daß jedem Besißer aufgegeben werde, eine gewisse Quantität Getraide zu reserviren und nah Befinden gegen deu Marktpreis zur Dispo- sition des Staates zu stellen. Es kommt nun darauf an , ob diese Vorschläge die geseßliche Unterstüßung finden, wonach sie zur Abstim- mung kommen würden. Erheben sich niht 6 Mitglieder, so werden sie auch niht zur Abstimmung gelangen.

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Jch glaube, daß der Vorschlag des Grafen von der Asseburg ein solcher is, wel- her der Prüfung werth wäre, aber allerdings nicht in der jeßigen Sibung, da wir gegenwärtig mit der vorhandenen Noth uns be- schäftigen. Dieser muß zunächst abgeholfen werden, und es is noth= wendig, das Ausfuhrverbot sobald als möglich hinausgehen zu lassen. Daher würde ich's wünschen, daß der Vorschlag des Grafen von der Asseburg einer späteren Zeit vorbehalten werde, um gegenwärtig bei der nothwendig baldigen Erlassung des Ausfuhrverbotes keine Zeit zu verlieren.

Marschall: Jch verkenne uicht, daß es möglich wäre, heute noch zu einem Beschlusse über diese Vorschläge zu kommen, ich ver= fenne aber eben so wenig, daß die Berathung des Vorschlags einer späteren Zeit vorbehalten bleiben kann. Es würde in leßterem Falle dem Mitgliede zu überlassen sein, heute oder morgen eine weitere Eingabe darüber zu machen. Eben so wäre es mit dem Vorschlage des Domprobstes von Krosigk, daß die Regierung veranlaßt werde, diejenigen Vorräthe, welhe von ihr aufgekauft worden sind oder noch aufgekauft werden, öffentlich bekannt zu machen.

Domprobst vou Krosigk: Jch halte allerdings diese Bekannt= machung für eine höchst wünschenswerthe Maßregel, die am meisten geeignet sein dürfte, die Gemüther zu beruhigen und worauf ih den Hauptwerth lege die im Lande noch vorhandenen uud momentan zurückgehaltenen Vorräthe hervorzulocken.

Marschall: Jch glaube, daß wir, nachdem der Herr Finanz= Minister noch einmal darauf geantwortet habe wird, zur Ermitte= lung der Unterstüßung übergehen können.

Finanz-Minister von Düesberg: Jch wüusche, daß diese Maß- regel einer separaten Erörterung vorbehalten bleibe. Die Vorschläge des Grafen von der Asseburg sind höchst beachtungswerth, aber sie gehen so weit und sind so tief eingreisend, daß sie eine gründliche Vorberathung erfordern. Dann halte ih ‘auch für wünschenswerth, daß die Beschlüsse der hohen Versammlung möglichst bald erfolgen ; sobald aber noch Zusätze beschlössen werden, müßten diese Beschlüsse an die andere Kurie zurückgehen, und es würde dadurch ein wesent- sentlicher Aufenthalt entstehen. Jn Sachsen is bereits das Ausfuhr= Verbot erlassen, und wir können daher unmöglich länger damit zu=- rückhalten, Mein dringender Wunsch is der, daß ledigli über die beiden s welche in der anderen Kurie zur Berathung und Be= s{lußfa|sung gekommen sind, heute beschlossen werden möchten, Was

danu weiter zu thun ist, dürste einer späteren Berathung vorbe

ver Marsch all: Die ‘beiden Mitglieder habe A a arschall; Die beiden Mitglie n dar rzidte

ihre Vorschläge heute zur Abstimmung gebracht e BEN ¿ues

uns also nur mit den beiden vorliegenden Fragen zu beschäftigen, -

Finanz-Minister von Düesberg: Jh bemerke uur noch, daß in der Kurie der drei Stände das Ausfuhr-Verbot von Getraide A4 mit Stimmeneinhelligkeit abgelehnt worden ist.

Nach einigen Bemerkungen über die Stellung der Frage wird von dem Marschall die Frage gestellt: Triti die Versammlung dem Beschlusse der auderen Kurie bei?

(Diese Frage wird einstimmig bejaht.) i

Mars chall: Wir kommen nun zu dem anderen Gegenstande, welcher unserer Berathung unterliegt, uämlih zu dem Antrage, an Se, Majestät den König die Bitte zu rihten, daß Brauntweinbren= nen aus Kartoffeln vom 1. Mai bis 15. August zu untersagen, mit dem Zusaße, daß das Brennen von Branutwein aus Getraide eben=- falls untersagt werden möge. Jh habe zu erwarten, welche Bemer= fungen über diesen Gegenstand zu machen fink.

Finanz-Minister von Düesberg: Die gegenwärtige Maßre- gel ist allerdings von großer Bedeutung und gewiß- greift sie in mancherlei Juteressen tief ein. Es is im Allgemeinen Grundsaß der Regierung, Handel und Gewerbe frei zu lassen; daß aber Umstände eintreten fönunen, welche eine Ausnahme davon nothwendig machen, ist nicht zu leugnen, und die gegenwärtigen Verhältnisse sind aller= dings von der Art, daß die Aufmerksamkeit der Regierung sich auf die Frage wenden mußte, ob. niht hier- ein- solher Eingriff in die Privat=Jnteressen nothwendig und die Brennereien, die She bedeu- tende Quantitäten von Unterhaltungsmitteln, namentlih von Kartoffeln, fonsumiren, zu sistiren seien? Zunächst kommt in Frage, ob von die- sem Mittel der Sistirung der Brennereien erhebliche Erfolge zu er- warten sein möchten? Nach den verschiedenen Nachrichten, die von allen Theilen des Landes eingegangen sind und in der Hauptsache zusammentreffen, muß man dieses allerdings annehmen. Ob überall, ob in allen Provinzen? und in welchem Maße? das läßt sich gegen=- wärtig nicht übersehen; aber im Ganzen läßt sih ein Erfolg erwar= ten, uud in Zeiten der höchsten Noth, wo Maugel an Lebensmitteln sich zeigt; und wo die Gefahr droht, -daß dieser Mangel noch größer wird, ijt es vou höchster Wichtigkeit, die Mittel, welche noch vorhanden sind, für das menschliche Konsumo zu konserviren. Aus diesem Grunde hat die Regierung sih dafür erklärt, daß das Verbot zu erlassen sei. Es ist, wie gesagt, eine seltene Ausnahme, uud in der Ueberzeugung geschehen, daß die jeßigen drückenden Verhältnisse es nothwendig machen, alleLebensmittel, die vorhanden find, zusammenzuhalten, um dem heranna=- henden und immer mehr steigenden Nothstande entgegenzutreten. Jn Be=- zug auf die Branntweinbrennerei steht bekanntlich unser Staat im besonde- ren Vertrags-Verhältniß mit Sachsen und den thüringishen Ländern. Auf eine diesfalls gegebene Anregung is in Sachsen bereits das Ver= bot bis zum 1. Oktober ergangen, und, (eiténs der thüringischen Zoll= vereins-Staaten is darauf zu rechnen, daß mit Nächstem ein gleiches Verbot ergehen wird. Das diesseitige Verbot wird daher nicht ein isolirtes sein, sondern es wird sih das nämliche Verbot über Sachsen und den thüringer Verein erstreden, und der große Umfang des Ge=- bietes, worauf sich das Verbot bezieht, wird wesentlich beitragen, den Erfolg zu sichern. Jch kann also nur wiederholen, was in der jen- seitigen Kurie erklärt worden i, daß seitens der Regierung der Maßregel beigetreten wird. i

Jürst zu Lynar: Die Frage, welche uns jeßt vorliegt, ist in der Debatte über die erste Frage {on erörtert und fast erschöpft worden. Jch “will daher nur noch Weniges hinzufügen. Es liegt unstreitig noch ein großes Quantum von Kartoffeln bereit, die für die Brennerei bestimmt sind. Wenn die Brennereien geschlossen wer- den, werden die Kartoffeln einen anderen Gebrauch erhalten. Es i aber nicht allein die Consumtion, für welhe gesorgt werden E sondern es is auh die Zeit des Kartoffelsteckens, der Kartoffelsaat, auf welche Rücksicht zu nehmen ist. Jn vielen Gegenden fangen die Kartoffeln an, so knapp zu werden, daß die sogenannten kleinen Leute nicht einmal das nöthige Quantum zur Aussaat haben. Bedenken Sie das Unglück, wenn ein großer Theil der kleineren Grundbesißer nicht einmal die Kartoffeln hätte, die er braucht, um das Feld zu be= stellen, dann würde der Nothstand, den wir in diesem Jahre beklagen, im nächsten Jahre zum Theil wenigstens sih wiederholen.

Graf zu Dohna=-=Lauck: Jch muß von vornherein erklären, daß ih für die Maßregeln im Allgemeinen bin, indem der “jeßige Nothstand eine solhe Maßregel, obgleich sie tief in die Privatrechte eingreift, fordert, Auch erlaube ih mir zu bemerken, daß mein Jn= teresse gar nicht berührt wird, indem meine Brennereien {hon mit Ende März geschlossen worden sind. Dies glaube ih erwähnen zu missen, weil es scheint, daß man den Privat = Jnteressen einen Ein= fluß bei den diese Frage betreffenden Erklärungen zuschreibt. Wenn ¡ih im Allgemeinen dieser Maßregel meine Zustimmung gebe und von der Ueberzeugung durchdrungen bin, daß die wohlhabenderen Staats= bürger in solcher Bedrängniß, in solchen Zeiten der Noth alle Opfer bringen müssen, so glaube ih doch auch, daß es die Pflicht derjeni= gen Körperschaften is , welche bei einer solchen Maßregel mit thätig sind, dahin zu wirken, daß diese Maßregel so shonend als möglich ins Leben trete, und daß die Jnteressen vieler Staatsbürger nicht nußlos zum Opfer gebraht werden. Wie diese Maßregel aus der Kurie der drei Stände zu uns herübergekommen it, daß sie mit dem 1. Mai ins Leben treten soll, glaube ih, daß viele Güts= besißer ihrem Ruin entgegengeführt werden können. Es existiren Wirthschasten, die in sehr hoher Kultur stehen, wobei aber der Betrieb und namentlih der Viehbestand so sehr auf der mit der Wirthschaft verbundenen Brennerei basirt is, daß die Besißer beim Eintritt der Maßregel entweder ihre Wirthschaft zum Theil auflösen oder die Be- stände der Kartoffeln dazu verwenden müssen, um ihren zahlreichen Viehbestand zu erhalten, wenn sie diesen nicht sehr verringern wollen.

Meine Behauptung geht nämlich dahin, daß diejenigen Gutsbe= sißer, welche ihre Wirth\haften auf die Brennerei berehnet haben, uach Eintritt des Verbotes der Brennerei denselben Bestandtheil an Kartoffeln, den sie bisher auf die Brennerei verwendet haben, auf die Erhaltung des Viehbestandes verwenden müssen, daß also die Maßregel, mit Rücksicht auf derartige Wirth schafts-Berhältnisse, fürs Allgemeine erfolglos sein würde. Érwägt man, daß diesen Brenne-= reibesibern die ganze baare Einnahme entgeht, die sie für die ver= braunten Kartoffel eingenommen hätten, und daß dieselbe Quantität" Karioffeln für die Erhaltung des Viehbestandes verbrauht werden müßte, so ist vorauszusehen, daß diese Besißer in große Verlegenheit fommen. Sie werden außer Stand gesebt sein, ihre Wirthschaft er folgreich fortzuführen, ja, außer Stande sein, Meliorationen auf den= selben, - welche sie begonnen haben, fortzuseßen. Ih glaube also aus dieser Rücksicht, daß diese Maßregel, wenn sie in einer solchen Allge= meinheit ausgeführt werden sollte, worüber mir vielfache Klagen, selbst aus der Kurie der drei Stände, zugekommen sind, indem man die Privat«Inter= essen auf das tiefste verlept hält, in vieler p f einen nahtheili= gen Erfolg haben werde. Ih glaube aber auch, daß das Prinzip der Gerechtigkeit verleßt wird, indem bei dieser Maßregel ein Unter= schied zwischen den östlichen und westlichen Provinzen nichr gemacht worden ist, denn in den westlihen Provinzen tritt die Vegetation weit früher, in einigen sogar vier Wochen früher ein, Es ließe sich: