1847 / 126 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

aber diese Maßceyri durchführen, ohne die Jnteressen der Einzel- nen zu sehr zu verleßen, wenn man ein Amendement annähme, und zwar von der Art, daß den Besizern von Brennereien in dén östli- hen Provinzen erlaubt würde, den vollständigen Brennerei - Betrieb bis zum 40. Mai, von da ab ‘aber nur die Hâlfte desselben bis Ende Mai fortzuseßen. J glaube, daß dies ein shonender Uebergang wäre und dann die Brennerei-Besißzer nicht aanz nublos einen unver= hältnißmäßigen Schaden erleiden würden. Jh glaube, daß dies eine Sadhe is, die einer reiflichen Erwägung bedarf. Jm Allgemeinen bin ih für die vorgeschlagene Maßregel, glaube aber au, daß es Pflicht ist, nicht nuglos die Juteressen der Einzelnen zum Opfer zu bringen.

Einen von Brandt: Wenn behauptet worden ist, daß durch

das Einstellen der Brennereien für viele Wirthschaften so große Nach- theile hervorgehen würden, daß sie ihren Viehbestand verringern müßten, so glaube ih das nicht, da ein Surrogat existirt, nämlich der

Rappskuchen R l Ie Dohna-Lauck: Die sind zu theuer und in man-

egenden gar nicht zu haben. m Siri von Brandt: Dann ist gesagt worden, daß dennoch die Kartoffeln für die Consumtion der Menschen verloren gingen, weil sie für die Erhaltung des Viehbestandes verwendet werden müßten, Jch glaube, daß bei dieser Aeußerung ein Mißverständniß obwaltet, denn 5; rohe Kartoffeln erseßben 5 Schlempez also dieser Einwurf würde sih erledigen.

Finanz-Minister von Düesberg: Zunächst kann ih nur den Wunsch dringend wiederholen, daß der Vorschlag der anderen Kurie ohne jedes Amendement angenommen werden möge, weil sih sonst - die Sache noch länger hinziehen wird. Jch bemerke übrigens, daß das Ge- fs Morgen ist \chon der 1. Mai, und dasselbe wird daher wahr- heinlich erst am Montag, den 3ten, zur Publication kommen kön- nen erst dann in Kraft treten kann, wenn die geseßliche Publi- cationszeit vorbei is. Diese richtet sih nah den verschiedenen Entfer- mingen von der Hauptstadt, so daß in den entfernteren Theilen der Monarchie der 15. Mai herankommen wird, ehe das Geseß in Aus-= führung gebracht werden kann. Vom 15. Mai an müssen die kleinen Brennereien von selbst aufhören. Sonach handelt es sich lediglich um die großen Brennereien. Diese sind von der Maßregel, die ih- nen bevorsteht, durch ein Cirkular, was ih vor 8 Tagen habe erge- hen lassen, vorläufig benachrichtigt worden; sie werden also nicht überrascht und haben sich inzwischen einrichten können. Außerdem bleibt ihnen von Publication des Gesehes an immer noch Zeit übrig, und sind daher weitere Maßregeln nicht nothwendig. Auch haben die großen Brennereien eine so günstige Zeit gehabt, daß sih dadurch das Opfer, welches ihnen durch die gegenwärtige Maßregel angeson- nen wird, einigermaßen kompensirt.

von Quast: Jh wollte mich dem anschließen, was der geehrte Redner aus Preußen in Bezug auf die aus dem Ein- stellen der Brennereien für die Wirthschaften selbst zu erwartenden Verluste erwähnt hat. Es i} nicht zu verkennen, daß diejenigen, welche noch große Vorräthe haben, einen großen Geldverlust für die Zu- kunft erleiden werden, uvd zwar nicht etwa dadurch, daß sie von dem verlieren, was sie besißen, sondern dadurch, daß ihnen der geho}te Verdienst

entgeht. Das is} nicht zu verkennen, und man würde kein Recht ha- ben, selbst| da Eingriffe zu machen, wenn nicht der höchste Nothstand dies zu thun forderte. Wenn gesagt worden ist, daß die Wirth\chast selbst darunter leiden werde, so glaube ich, das in umgekehrter Weile nehmen zu dürfen, weil ih das aus eigener Erfahrung kenne. Bis vor zwei Jahren hatte ih eine Brennerei und ging schon lange mit dem Wunsche um, sie eingehen lassen zu können, wenn irgend meine übrigen Verhältnisse es zuließen, weil ih erwarten mußte, daß diese Maßregel bedeutende pecuniaire Nachtheile mit sich führen würde. Jch faßte dennoch den Entschluß und kann versichern, daß, wenn ih es damals aus einer anderen Rücksicht gethan habe, ih es gegenwärtig blos aus pecuniairen Rüsichten thun würde. Jch finde, daß seit- dem das ganze Verhältniß der Wirthschaft sich bedeutend verbessert hat. Jch finde es viel vortheilhafter, die Kartoffeln blos zu verfüt- tern und in Folge dessen den Viehstand zu vermehren, Der Vich- stand hat si seitdem verbessert und einen weit höheren Nußen ab- geworfen, als wie vorher. Jh möchte dieses in der Beziehung sa- gen, um zu beweisen, daß durch diese Maßregel kein wirklicher Nachtheil für die Wirthschaft selbst entstehen kann, daß vielmehr neue Kräfte daraus hervorgehen werden, und daß, wie der Herr Referent erwähnte, die Kartoffel als Futter einen weit besseren Nahrungsstoff gewährt, als das, was aus der Brennerei zurückbleibt. Deshalb kann ih mich nur in jeder Weise dem Herrn Referenten anschließen und nur wünschen, daß diejenigen Brennerei - Besiber, welche gegenwärtig ihre Brenne- reien unfreiwillig {hließen werden, diese Eeiabrukg auch machen möü= gen, um für die Zukunft ihre Brennereien ganz aus freiem Entschluß geschlossen zu lassen.

Fürst Lynar: Wenn die Wirthschaft einmal auf die Brennerei basirt ist, so dürfte es allerdings schwierig sein, sogleih und nell zu einem anderen Systeme überzugehen. Jh verkenne daher nit, daß diejenigen Landwirthe, bei denen die Brennerei die Hauptsache ist, in einige Verlegenheit gerathen werden. Sie werden jedo Mit- tel finden, darüber hinwegzukommen. Denn wer das Glück gehabt hat, Kartoffeln zu besißen und sie zu einem ungeheuren Preise zu ver- werthen, fann sih auch jeßt ein kleines Opfer gefallen lassen.

Graf York; Jch wollte dem Redner aus Preußen etwas ent- gegüen, was bereits besser von dem Herrn Finanz - Minister gesagt worden is. Jh berühre dies also gar niht. Jch muß eben so dar- auf eingehen, daß nah den Anfragen, Beschlüssen und Erklärungen, die heute mehrmals gethan worden sind, der Nothstand ein dringei- der, aas also augenblickliche Hülfe nothwendig ist. Es muß daher au dieje Maßregel gutgeheißen werden, obgleich ih nicht verkenne, daß sie ein schwerer Cingriff in das Eigenthumsrecht is, und obgleich ih immer darauf zurückkommen muß, daß eine Versammlung, wie die hier arery a sich nicht von ihren Gefühlen, sondern von den Prin- e des Rechts leiten lassen muß. Jh muß aber von dem Prinzip ür den dringenden Fall auch abgehen und kann nur dafür stimmen, daß man ohne Amendement den Vorschlag der anderen Kurie an- nehme. Es werden allerdings durch diese Maßregel nur Einzelne, aber diese gewiß sehr chwer getroffen. Jch glaube nicht, daß der Nach- theil ein rir avs ist, Jch glaube au nicht, daß man die Befug- niß hat, zu sagen: weil sie aus einem Zweige des landwirthschaftli- chen Betriebes Gewinn gezogen haben, deshalb will ich sie heran- ziehen, damit sie au einmal die Nachtheile tragen. Jch will aber die Frage stellen: wird denn durch das Heranziehen der Einzelnen der Noth so gesteuert? wird ihr damit E gesteuert, daß die ein-

zelnen Brennereibesiber, welche. bis zum 15. Mai noch brennen wür- den, mit diesem Ausnahme-Gesebß getroffen werden? Wird dadurch die Noth ganz gehoben werden? Jh glaube das nicht und wünsche, daß, wenn diese Noth noch ferner sih steigern sollte, das Gouverne ment Mittel finde, uns, die wir keine Brennereien haben, auch her-

uziehen und an der Noth Theil nehmen ‘zu lassen. Jh glaube aljo, daß, wenn wir das Geseß genehmigen, wir weiter schreiten und irgend ein Mittel finden müssen, welches allgemeiner und weitergrei-

fend S : raf Solms=-Baruth: Wir haben gehört, daß die Maßre-

gel, welche vorgeschlagen ist, schr große Opser von einzelnen Pri= |

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vaten hervorrufen und nach sich ziehen werde. Dessenungeachtet möchte, so shwer es der Versammlung werden muß, hier einen Weg zu be- treten, der auf das gute Recht einwirkt und Privatrechte allerdings verleßt, der Nothstand, dér hier vielfah mit Grund geltend gemacht worden is, überwiegend sein. Jh möchte also auch auf die Schlie= ßung der Brennereien - antragen, besonders aber darauf, daß der Ter= min, von welchem ab der Schluß der Brennereien erfolgen kann, von der Publication an berehnet wird, diese aber erst nach Verlauf von 8 Tagen Gesebßeskraft an den Orten erreiht, wo sie geschehen ist. Es würde sich meiner Ansicht nah , da der erste Mai, welcher von der anderen Kurie als Schließungs-Termin- vorgeschlagen worden ist, hon morgen eintritt, ein ganz geeigneter Ausweg finden, wenn ein Antrag dahin gerichtet würde, daß Se. Majestät gebeten würde, sofort den Schluß der Brennereien vom 15. -Mai an ins Leben tre- ten zu lassen. Es wird dies allerdings eine Art von Amendement sein, aber faktisch würde sich die Sache so stellen.

Finanzminister von Düesberg: Es richtet sih die Publica= tionsfrist in - Folge des Geseßes vom 3. April vorigen Jahres nach der Entfernung von der Hauptstadt. Diese Frist geht vom achten bis zum vierzehnten_ Tage, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Geseßsammlung in Berlin ausgegeben is, Hierin eine Modi= fication eintreten zu lassen, würde ih niht angemessen finden, weil die Publication der Geseße möglichst feststehend bleiben muß, Eine besoudere Frist zu stellen, würde auch um deshalb bedenklich sein, weil dies eine Art von Amendement wäre und darüber wieder die andere Kurie gehört werden müßte, was eine bedeutende Verzögerung herbeiführen würde.

Graf Dohna-Lauck: Was man zur Entkräftung meiner Gründe angeführt hat, hat mich keinesweges überzeugt. Wenn der Referent sagte, man könnte statt der Kartoffeln Rappskuchen nehmen, so entgegne ih ihm darauf, daß es Gegenden giebt, wo gar feine Rappskuchen sind. Darüber, daß ein Drittheil Scheffel rohe Kartoffeln so viel Nahrungsstof geben soll, als die Schlempe von einem Scheffel ver= brannter Kartoffeln, sind die Erfahrungen übrigens verschieden, und die Sache is noch niht erwiesen. Jch glaube nohmals aussprechen zu missen, daß ih keinesweges der Maßregel entgegen bin; im Ge= gentheil, ih erkläre mich entschieden dafür. Jch meine aber, der Effift würde keinesweges. geschwächt werden, wenn mein Amendement angenommen würde. Im Gegentheil, die Kurie würde sih den Dank schr vieler Staatsbürger verdienen, wenn, indem die Wirkung der Maßregel dieselbe bleibt, zugleich die Juteressen und Rechte sehr vie- ler Mitbürger möglichst geschont würden. Dies würde geschehen, wenn mein Amendement angenommen würde.

Prinz Biron: Jch kann mich nur dem anschließen, was mein sehr verehrter Freund in Beziehung auf den Rechtspunkt ausgespro= hen hat. Jch kann aber mein Bedauern nicht verhehlen, daß nicht die Räthe der Krone die Juitiative ergriffen haben, indem dies îm Lande das Vertrauen bedeutend geweckt hätte. Ferner muß ih mir die Frage erlauben, ob nah Beendiguug der Kartoffel-Aerndte keine Berichte über den Stand der Aerndte eingefordert worden sind. So viel mir bekannt geworden is, haben sich in sämmtlichen öffentlichen Blättern die entschiedensten Klagen über die höchst ungünstige Kar- toffel-Aecrndte kundgegeben. Jch glaube, daß, wenn damals die vor=- geschlagene Maßregel ergriffen worden wäre, wenn man damals schon die Brennereien auf ihren eigenen Bedarf beschränkt hätte, dann der T) wie er jeßt sih herausgestellt hat, nicht hätte stattfinden

onnen,

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Jn Bezug auf das, was gegen das Gouvernement gesagt worden ist, wollte ich bemerken, daß diese Maßregel ‘bereits vor 14 Tagen im Staats-Mi-= nisterium erörtert worden is. Als es aber zur Kenntniß des Staats=- Ministeriums kam, daß die Kurien sih mit demselben Gegenstande beschäftigen würden, hat das Staats-Ministerium vorgezogen, diesen Antrag von den jeßt anwesenden Ständen ausgehen zu lassen, Also das Gouvernement hat sich des Lobes, was ihm hätte zu Theil werden können, enthalten, um es den Ständen zu überlassen. Jch wollte dies aber bemerken, theils weil es zur Aufklärung dienen kann, theils weil ich es für Pflicht halte, derartige Angrisse gegen das Gouvernement zurückzuweisen. ;

Finanz = Minister von Düesberg: Vom vorigen Herbste an sind von den Provinzial - Behörden genaue Nachweisungen über den Ausfall der Aerndte im Allgemeinen, so wie insbesondere auh über den Ausfall der Kartoffel-Aerndte, cingefordert worden. Es ist ge® fragt worden, ob es räthlich und nothwendig sei, die Brennerei na- mentlich aus Kartoffeln zu sistiren. Allein alle Berichte lauteten da- hin, daß es nicht angerathen werden fönne und noch nicht an der Zeit sei, mit einem solchen Verbote irgend vorzugehen. Dazu fam, daß nah allen Nachrichten und Vorlagen gerade in den mittleren Provinzen, in Sachsen, Brandenburg, Pommern und zum Theil auch in Schlesien, durchaus nicht erwartet wurde, daß ein solcher Mangel sih herausstellen würde, wie er in der lebten Zeit sih gezeigt hat. Nun i} c3 von jeher Grundsaß der Verwaltung gewesen, mit solchen exceptionellen Maßregeln, mit solchen Eingriffen, wie das Verbot der Brennerei enthält, nicht eher vorzugehen, als bis der Fall der Noth= wendigkeit klar vorliegt. Deshalb ist bisher gezögert worden, und erst, als die Noth wirklih da war, hat man si entschlossen, mit ei- nem Verbot hervorzutreten, Dabei bemerke ih noch, daß das Bren- nerei - Verbot gerade für die mittleren Provinzen am allerwichtigsten istz denn in Brandenburg, Pommern und Schlesien sind die bei wei- tem größten Brennereien. Jn den westlihen Provinzen sind sie nicht von Bedeutung, und es gehen große Exporte von Branntwein aus den östlichen in die westlihen Provinzen. So sind z. B. allein fast eine Million Quart Branntwein in einem Monate aus den östlichen Provinzen nah Westfalen gegangen, Sobald man Eingriffe in das Branntweinbreunen gerade e in den mittleren Provinzen gemacht hätte, so würde man am tixssten eingegriffen haben, und auf der an- deren Seite lag- nicht die leiseste Veranlassung vor, einen Zustand zu vermuthen, der das Aeußerste nothwendig machte. Sobald aber die- ser Zustand sich herausstellte, hat man von Seiten der Regierung kei=

nen Anstand genommen, das Brennerei-Verbot in Erwägung zu zie=

henz man hat aber, wie schon ein hohes Mitglied erwähnt hat, bei dem Zusammensein des Landtags nicht damit vorgehen wollen, ohne über diese Maßregel die Stimme des Landtags zu hören, ;

Freiherr von Massenbach: Jh muß vorausschicken, daß ich bei dem, was ich sage, kein Privat-Juteresse habe. Jch habe keine Brennerci, sondern habe sie aus Mäßigkeitsgründen eingehen lassen. Jch wünschte da- her, daß alle Brennereien überhaupt eingingen, und stimme ganz dafür, daß die Brennereien jeßt geschlossen werden. Aber es kann do für Einzelne große Verlegenheit daraus entstehen. Ih will den Fall annehmen, es hätte Jemand eine Menge Kartoffeln gekauft und hätte auf der anderen Seite {hon Lieferungs-Kontrakte abgeschlossen. Nun würde, wenn die Brennereien geschlossen würden, der Branntwein unbedingt steigen und die Leute, die Spiritus von ihm zu empfangen haben, würden eine Entschädigungs-Klage gegen ihn einreichen. Nun möchte ih fragen, ob es nicht möglich ist, eine Bestimmung zu treffen, wo- nah, Pobalv das. Brennerei - Verbot eintritt, dergleichen Lieferungs- Kontrakte aufgehoben würden. Könnte dies nicht geschehen, so wür= den große Verlegenheiten entstehen, weil ih annehme, daß es Je= manden, der mitten im Lande wohnte, wohl nicht einmal gelingen würde, die aufgekauften Kgrtoffeln zu verkaufen,

Graf York: Jch glaube, das kommt später in den Berichten, wenn entschieden wird, daß die Brennereien 9 "4,4 werden sollen.

Freiherr von Massenbah: Es schein« aus den Reden der= jenigen, die gegen den Schluß der Brennereien sind, hervorzugehen, daß sie deshalb sich dagegen erklären, weil sie fürchten, 6 dann Futter-Mangel eutstehen werde. Dies is ein Einwurf, den man sehr leicht beseitigen fann. Denn is man nicht im Stande, Rappskuchen zu kau- fen, wie es in vielen Gegenden niht möglich ist, so kann man die Kortoffeln kochen und gute Suppe daraus machen, welche die Schlempe erseßte, und da reiht ein Drittel hin. Jh bin ein alter Landwirth und habe die Erfahrung gemacht, daß das keine Schwie- rigkeit hat. Die Kontrakte aber sind etwas, was manchen Einzelnen sehr schwer treffen kann.

Graf Sierstorpff: Jh fühle mih gedrungen, zu erklären, daß ih diese Petition für einen \chneidenden Eingriff in die Eigen=- thumsrechte des Privatmannes halte, Dem Einzelnen etwas nehmen, um es einer Gesammtheit zu geben, mag Sache der Barmherzigkeit sein, nie nals der Gerechtigkeit. Meine Bitte geht daher dahin, daß es Einzelnen von uns vergönnt sein möge, im Protokoll - öffntlich auszusprechen, daß wir die Ungerechtigkeit der Maßregel zwar nicht verkennen , andererseits aber unser Gerechtigkeitsgesühl dem Drange der allgemeinen Noth mit Bedauern zum Opfer bringen.

Marschall: Das liegt ohnehin und von selbst im Protokoll und ist Gegenstand desselben. 1

Graf von Sierstorpff: Da wird das Prinzip der erste Kurie nicht deutlih genug dem Lande gegenüber hervortreten

Marschall: Es is doch Gegenstand des Protokolls und liegt Zu Jch wüßte nicht, in welcher Weise es noch weiter hervortre= ten sollte.

Graf von Westphalen: Jh habe im Ganzen jeßt nur we= nige Worte mehr zu sagen. Jch wollte mich zu derjenigen Stimme, die in der Abtheilung dijsentirend war, bekennen und nach Allem, was ih bisher gehöt habe, bin ich nicht im Stande, meine Meinung zu- rückzunebmen. Die meisten Redner sind mehr oder weniger darüber einverstanden, daß es niht nur eine Härte , sondern eine Ungerechtigkeit wäre, den Besißern von Kartoffeln die Verwendung derselben zum Branntweinbrennen zu versagen, und daß solches hier gerade, in dieser Versammlung vorgeht, halte ih im hohen Grade bedenklich. Ob die Versammlung si scheinbar populair macht oder nit, darauf kann schr wenig ankommen, sondern es kommt haupt- sächlich auf die Festigkeit des Prinzipien-Festhaltens an. Der Wahl- spruch des preußischen Staates ist: Suum cuique, und wenn ich auch gerade nicht behaupten will, daß durch die vorgeschlagene Maß- regel Einem das Seine genommen werden soll, so liegt in der Be= schränkung der Dispositions-Befugniß des Eigenthums, und zwar nicht etwa als allgemein einen Jeden treffend, sondern nur den gerade zufällig Besibenden, dessen Besizthum zufällig am gierigsten begehrt wird und zwar ohne Entschädigung z der erste Uebergang in jene verderbliche Konsequenz, gegen die ih jeden Unterthan des preußischen Staatsverbandes durch diejes unser Grundgeseß geschüßt laubte. ; ;

\ Aber auch abgesehen hiervon, glaube ih nicht, daß die Maßre- gel von sonderlichem Erfolge sein wird, weil viele Provinzen der Monarchie dadur gar nicht tangirt werden. Die meisten Brenne- reien sind geschlossen, die anderen sind im Begrisse geschlossen, zu werden, und während wir das Prinzip opfern, werden wir für das Ganze wenig oder nichts erreih:n. Wenn wir aber an sich nichts er- reichen, und es somit von keinem positiven Nuben ist, so involvirt es außerdem noch einen negativen Nachtheil, nämlich den, daß, nachdew man die Maßregel, zu welcher man sich ungern entschlossen hat, weil

sie eine Verleßung des Eigenthums enthält, ausgeführt hat, man

sich nah dieser Anstrengung beschwichtigen und glauben wird, man habe für den Nothstand nun schon sehr viel gethan, während man in der That so gut wie nichts dasür gethan hat. Jch glaube also, obwohl ih mir nicht getraue, durch das Gesagte einen Einfluß auf die Abstimmung erlangt zu haben, meine Meinung dahin aussprechen zu missen, daß ih dieser Maßregel mich nicht anschließen fann und es besser wäre, wenn die Versammlung nicht auf den Vor- chlag der Kurie der drei Stände einginge, sondern dem Gouverne- ment anheim gäbe, bessere und kräftigere Maßregeln zu treffen, um unserer so großen Noth abzuhelfen. Jch würde vielleicht noch mehr darüber sprechen, wenn ih nicht das Gefühl hätte, daß ih schwerlich von irgend einer Seite Unterstüßung finden würde, Sollte jedoch die Debatte sich erweitern und Anlaß gegeben werden, mich selbst weiter auszusprechen, so würde ih mir erlauben, nochmals das Wort zu nehmen, Für jeßt will ih mich begnügen, meine Ansicht mehr in der Form einer Verwahrung, als der einer gewinnenden Rede zu Protokoll niedergelegt zu haben.

Fürst Lychnowsfki: Jch glaube, daß Ew. Durchlaucht diese Debatte wohl bald schließen werden. Jch bin überzeugt, daß die Majorität auf die unzweideutigste Weise sich ausgedrückt hat. Jh erlaube mir daher nur noch auf den Rechtspunkt zurückzukommen. Es ist vollkommen anzuerkennen und unzweifelhaft, daß die angeregte Maßregel nicht nur ein flagranter Eingriff in das Eigenthums-Recht, sondern auch ein gefährliches Präzedens is. Aber gerade von die=- sem doppelten Gesichtspunkte aus, weiß ich es der Krone und ihren Räthen sehr Dank, daß sie keinen eigenmähtigen Schritt selbst ge- than hat, sondern ihn durch die Vereinigten Stände hat unternehmen lassen. Wenn ein Eingriff hat geschehen sollen, wenn dieser Eingriff durch die beispiellose Noth, von welcher wir heimgesucht sind, auf irgend eine Weise mehr läßt sich nicht sagen beschönigt werde, so is es ganz in der Ordnung, daß wir die Ver= treter des preußischen Volkes auch in der {weren Zeit für unseren Mandanten einzustehen, Hab und Gut hinzugeben, Opfer zu bringen haben. Daß die Krone nicht zuerst aufgetreten i und man verzeihe mir den trivialen Ausdruck in unsere Beutel hin- eingegriffen hat, das kann ih der Krone nur Dank wissen. Jch will hier keine ministerielle Phrase sagen, sondern eine ständische Wahr= heit, und dieser Saß, der in der zweiten Kurie in Wahrheit durch= geführt worden is, kann unmöglich eine Phrase in der Herren-Kurie sein. Wenn Ew. Durchlaucht diesen Antrag nach dem, was bereits ausgesprochen worden is}, jeßt zur Abstimmung bringen wollen, o bezweisle ih nit, daß wir eine eben so große Majorität haben und ein eben so großes Zeichen von Patriotismus geben werden, als in irgend einer anderen Versammlung oder an irgend einem anderen Orte des Landes gegeben worden ist, oder noch gegeben wer= den wird. . ;

Senfft von Pilsah: Ih glaube, daß das landwirthschaft- lihe Bedenken, welches an eregt worden ist, bereits genügende Wi= derlegung gefunden hat. ch möchte aber noch den Rechtspunkt be=- rühren, und hierin bin ih entgegen; esebter Meinung. Jch glaube, daß es ein Eingriff in daß Privatrecht istz daß wir aber im vorlie genden Falle berechtigt sind, das zu thun. Er wird aber nicht durch die Noth beschönigt, sondern motivirt. Gerade wie mein Haus, wenn es brennt, mit Recht in die Höhe gesprengt wird, eben so wird mit vollem Rechte der Eingriff in das Privatreht durch die Noth hier motivirt. Die Noth i} nicht allgemein \o, wie gesagt worden ist, es wäre aber s{limm, wenn die Leute nicht Kar= toffeln satt zu essen hätten. Es giebt aber Gegenden, wo sie diese

nit haben, und diese Noth motivirt den Eingriff. / i ai : : Erste Beilage.

Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen

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Finanz-Minister von Düesberg. Jn Bezug auf den Rechts=

E N ih bemerken, daß es keiner besonderen Bestimmung bedarf, mvs ru der Gegenstand durch die bestehende Gesebgebung ü erle- de3 A Punkte fönnen in Frage kommen, nämlich einmal: ist bés Rec e ms Entschädigung zu leisten, und dann: wie steht Verträge ebl Orennereibesibers gegen die, mit denen er LieferungE- Frkeiten R vek hat? Beide Punkte subsummiren sich unter all= a9 O AS sregeln; und ist der erste nah den Grundsäßen wegen b 4 rpslichtung des Fiskus zum Ersabe eines Schadens, welcher s einen Aft der landesherrlihen Souverainetät, insonderheit der

Geseßgebung, entsteht, zu beurtheilen, der zweite aber nah den Vor= schriften, welche “in den Geseben darüber ertheilt sind; inwieweit im Galle veränderter Umstände eine dazwischen getretene vis major auch auf Erfüllung eines Vertrages geklagt werden kann oder nicht. Jh glaube, daß hierüber im gegenwärtigen Falle nicht anders geur= theilt werden fönne, wie bei andéren Maßregeln ähnlicher Art, die aus einer höheren Nothwendigkeit von dem Staate getroffen werden, und es bedarf in dieser Beziehung keiner weiteren Bestimmungen. Jch fann übrigens nur wieder darauf zurückkommen, daß von solchen Be= stimmungen hier ganz abgesehen werden möge; jede Veränderung in

“dem Vorschlage der anderen Kurie würde eine Verzögerung herbei=

führen, die zu vermeiden ih auf das dringendste wünschen muß, Denn, wenn die Maßregel wirken soll, so is es nothwendig, daß fie schleunigst und so schnell getroffen wird, daß wir hinter den anderen Vereinsstaaten nicht zurückbleiben.

Marschall: Jh möchte an die beiden geehrten Mitglieder welche Amendements vorgeschlagen haben, Grafen Dohna und Herrn von Massenbach, die Frage stellen, ob sie darauf bestehen, daß die geseßliche Unterstibung ihrer Vorschläge ausgemittelt werde. Falls sie darauf verzichten, so werden wir sle nicht vornehmen; verzichten sie nicht darauf, so wird zu ermitteln sein, ob sechs Mitglieder sie unterstützen. ;

(Graf Dohna-Lauck und von Massenbach erklären, daß sie nicht darauf verzichten.) Í

_ Dann werden wir diese Ermittelung unmittelbar vornehmen, Die Geschäftsorduung sagt, daß, wenn ses Mitglieder einen neuen Vor-= schlag unterstüßen, er dadurch fähig wird, daß die Versammlung dar= über abstimmt. Es kommt darauf an, und dazu fordere ich auf, ob sechs Mitglieder aufstehen, um zuerst die Vorschläge des Grafen Dohna-Lauck zu unterstützen, ; D

__ Graf Dohna -Lauck: Vielleicht sind die Vorschläge nit hin= reichend bekannt. Î

_ Marschall; Das ist doch anzunehmen, Jch finde sie nit hin- reichend unterstüßt, um sie zur Abstimmung zu bringen. Der Vor-= schlag des Herrn von Massenbah ging dahin, daß gleichzeitig mit dem Verbote der Brennereien die Lieferungs - Kontrakte, die jebt ge- \hlosseu worden sind, für aufgehoben erklärt würden. Auch hier kommt es darauf an, ob er die geseßliche Luterstüßung von 6 Mitgliedern findet, die durh Aufstehen dies zu erkennen geben. :

(Es erfolgt ein unverständlihher Einwand.)

Wenn man dem Vorschlage beitritt, so wird das gar nicht die Folge haben, daß nicht über den anderen Beschluß der anderen Kurie abgestimmt werden könnte, und es würde auch nicht die Folge haben fönnen, daß man ihm nicht einstimmig beitritt, sondern es würde die Folge haben, daß dann über diese zusäßliche Bestimmung mit der anderen Kurie rekommunizirt würde.

Finanz-Minister von Düesberg: Wenn eine solche Bestim= mung hier aufgenommen wird, o bildet sie eine Maßgabe, unter welcher dem Beschlusse der anderen Kurie beigetreten wird, und dann muß die Sache an die andere Kurie zurückgehen. Will man diesen Gegenstand aufnehmen, so wird er besonders behandelt werden müssen. Wenn ich nah meiner juristischen Ueberzeugung von der Sache spre= chen oll, und ich habe die Ehre gehabt, den größten Theil mei= nes Lebens dem Juristenstande anzugehören, so bemerke ich, daß nach den bestehenden Rechtsgrundsäßen die Lieferungs-Verträge im Allge= meinen für aufgehoben zu achten sind. i 7

Frhr. von Ma ssenbach: Jch würde meinen Antrag unbedingt zu= ridnehmen, wenn ih die Ueberzeugung hätte, daß die Gerichtshöfe dieselbe Ansicht aussprechen würden, die Se. Excellenz ausgesprochen haben. Jch glaube aber, daß eine große Verschiedenheit der Ansicht darüber obwaltet.

Marschall; Es wird dann der Ausweg übrig bleiben, daß dem verehrten Mitgliede, wie andere Mitglieder s{ch{ch vorbehalten ha= ben, die Möglichkeit gelassen wird, in kürzester Frist einen Antrag darüber einzubringen, und daß in der fürzesten Frist die Versammlun ibn zum Gegenstande einer besonderen Berathung macht, ohne baß die Mittheilung an die Regierung , die von den Vorsißenden beider Kurien heute noch geschehen würde, dadurch aufgehalten wird,

Frhr. von Massenbach: Das wünschte ih au nicht,

Staats-Minister von Düesberg: Es steht kein Hinderniß entgegen, daß dieser Antrag zu einem Gegenstande besonderer Be= rathung gemacht werde, aber formell muß er von dem Gegenstande der heutigen Berathung geschieden werden, damit ein reiner Beitritts= Beschluß vorhanden sei, um die Sache als Beschluß beider Kurien zu Ende zu bringen.

Marschall: So is auch meine Meinung. Nicht heute würde darüber weiter verhandelt und Beschluß gefaßt werden, fondern es würde dem Mitgliede überlassen bleiben, den Gegenstand in Form eines Antrages einzubringen, worüber dann in kürzester Frist von der Abtheilung Bericht erstattet und von der Versammlung Beschluß ge= faßt wird.

Freiherr von Massenbah: Jh will auf keine Weise dadurch den Beschluß, daß die Brennereien geschlossen werden, zurückhalten.

Graf York: Jh bin der Ansicht, daß, je nahdem eine Zu= stimmung oder Ablehnung des Vorschlages erfolgt is, er doch noch zur Berathung fommen fann. Es scheint mir wichtig, daß er in der heutigen Sißung noch berathen wird, denn es is wünschenswerth, daß die Bestimmung gleih mit dem Geseß oder so nell als möglich nah dem Gesebe erscheint. Daher wäre es gut, wenn wir heute noch darüber beschließen können, denn es muß ohnehin noch an die andere Kurie, und da vergehen aht Tage; es sind viele Prozesse anhängig und das Gesetz hat feine rüdckwirkende Krast, die Sache is daher dringend. Jh selbst bin auch der gewissen Ueber- zeugung, daß dem, der einen Kontrakt abgeschlossen hat, kein Recht erwächst, aber ih glaube, von dem Standpunkte des Juristen aus 1 es sehr zweifelhaft.

Graf zu D ohna-Lauck: Jch wollte mir die Bemerkung er- lauben, daß wir nicht die Befu niß haben, zu beschließen, ob einge= gangene Kontrakte aufhören ollen oder niht. Das unterliegt unter allen Umständen den allgemeinen landrehtlihen Bestimmungen. Wir fönnen feinen Beschluß darüber fassen. Es müßte eine besondere Pe= tition eingebracht werden auf Aenderung dieser ganzen Geseßes- Materie. Sind die gemeinrehtlichen Bestimmungen nicht entgegen, so is der Antrag unnüß, sind sie aber entgegen, so müßten andere desfallsige Geseße gemacht werden, Das Allgemeine Landrecht be=

Zeitung.

hält für jeßt seine Geltung, und wir könnten es nur ändern mittelst eines dur alle geordneten Justanzen hindurhgegangenen neuen Ge- ebes. seb Finanz = Minister von Düesberg: Es handelt sih hier um eine Rechtsfrage, die ih zwar für nicht sehr zweifelhast halte, die aber, wenn sie Gegenstand einer legislativen Maßregel werden soll, einer gründlichen Diskussion bedarf; ih muß wünschen, daß auch sei- tens der Herren Justiz-Minister daran Theil genommen werde, und glaube niht, daß es Gegenstand der heutigen Diskussion sein könne, darüber einen Beschluß zu fassen. So sehr eilig is dies au nicht; es würde sich nur handeln um eine deklaratorishe Bestimmung für den vorliegenden Fall mit Bezug auf die jeßige Geseßgebung, und diese Bestimmung würde daun rückwirkende Kraft erhalten, wenn stch in der Debatte herausstellen sollte, daß ein wirkliches Bedürfniß dazu vorhanden sei. Einer näheren Vorberathung bedarf der Gegen- stand jedenfalls; indeß hindert nihts, daß diese Vorberathung mög- lichst beschleunigt werde, aber ich muß, wie {on erwähnt, wünschen, daß nicht ohne Anwesenheit der Herren Justiz-Minister darüber ver- handelt werde,

Greiherr von Massenbach: Jh kann auch dagegen nichts ein- wenden; aber daß eine solche Declaration erfolge, das is es, was ih sehr wünschte, - Jch habe sonst nichts dawider.

Marschall: Es bleibt also überlassen, in kurzer Frist den An- trag einzubringen, und es würde derselbe somit kein Gegenstand heu- tiger Abstimmung sein, Die Abstimmung wird einfa dahin zu rih- ten sein, ob die Versammlung dem Beschlusse der anderen Kurie bei trete. Jch stelle daher die Frage:

Tritt die Bersammlung dem Beschlusse der anderen Kurie bei?

(Wird gegen 2 Stimmen bejaht, )

__ Marschall: Es is demnath mit entscheidender Majorität dem Beschlusse der anderen Kurie beigetreten worden.

Freiherr von Massenbah: Jh werde meinen Antrag auch nochmals in einer späteren Sibung zur Debatte stellen, Gr

Marschall: Wenn das geehrte Mitglied diesen Antrag ein- bringt, wird er an die Abtheilung verwiesen werden,

__ Graf Yorf: Jh würde mix noch erlauben, zu fragen, ob nun mit diesen Maßregeln die dringende Noth auch wirkli beseitigt is ?

Matschall: Der Gegenstand, welcher der Berathung unterlegen hat, is erledigt. j i

Wir kommen nun zu einent anderen Gegenstande, nämlich zur Berichterstattung und Berathung bes Antrages des Fürsten Lyhnowski, betrefffend die Gegenwart der Milglieder einer Kurie bei den Sißun- E anderen, Jh ersuche Héëru von Quast, den Bericht zu er=

atten,

Referent von Quast: Jn dêx Abtheilung für verschiedene Ge= genstände kam der bezeichnete Ankkäg des Fürsten von Lyhnowskfi zur Berathung. Dieser Gegenstand wurde in verschiedener Richtung bc sprochen und von der Abtheilung # folgender Weise angenommen:

„Die Abtheilung beschließk:

1) Den Gegenstand der Petition bei der hohen Herren - Kurie im j

Allgemeinen zu befürworten. Stimme. Die Abtheilung trägt bei der hohen Herren - Kurie darauf an, Hochdieselbe wolle die Anfrage an den Königlichen Herrn Kom- missarius richten, ob in Ermangeluug einer Bestimmung hier- über sowohl im Königlichen Patente vom 3. Februar d. J,., als auch in der Geschäfts-Orduung, den Absichten Sr. Maje- stät des Königs es entgegen sei, den Mitgliedern beider Kurien die Anhörung der Verhandlungen der anderen Kurie, so weit die Oertlichkeit nah den Bestimmungen der Herren Marschälle es erlaubt, zu gestatten; eventuell, wenn die hohe Kurie diesen Weg der Anfrage nicht angemessen erachten sollte, deu Gegenstand im Wege der Petition zur Erledigung zu bringen und dem Antrage sich an zuschließen. Der Antrag ad 2 ward bis zum Worte eventuell einstimmig von der Abtheilung angenommen, von da bis zu Ende aber mit 9 gegen 1 Stimme,

t gez. Adolph Prinz Hohenlohe. gez. F. Ly hnowski. E. Graf Scha ffgots\{ch-Maywaldau, Graf Keyserling-Rautenburg. von Krosigk. d Ver

Angenommen mit 9 gegen 1

gez, von Quast.“

Der Herr Referent fährt fort: Es wurde besonders im Laufe der Debatte hervorgehoben, daß es wünschenswerth sei, frühzeitig in genauere Kenntniß über Gegenstände zu kommen, welche in der anderen Kurie vorliegen und in dieser Kurie ebenfalls berathen wer- den sollen, namentlih wenn die Sache etwa beschleunigt werden mußz sodann, daß es vorzuziehen sei, den persönlichen Eindruck der Debatte zu haben, im Gegensaße der gedruckten Verhandlungen, indem Viele mit mir es gefühlt haben werden, daß der persönliche Eindruck der Debatten, wie namentlich jene über die Adresse, ein ganz anderer gewesen ist, als derjenige, den man nachher aus den gedruckten Verhandlungen ent nehmen kann. Manche Rede machte dort einen bei weitem wichtigeren Eindruck, als wie man es etwa aus leßteren entnehmen kann, während ymge= kehrt im Drucke manche lange Rede, die überhört wurde, viel bedeu- tender hervortritt. Das wirkliche Verständniß wird sich also bei wei tem besser herstellen, wenn man der Debatte persönlich beiwohnt. Es bevorwortet dies der Gegenstand, den wir so eben beendeten, wo der wichtige Antrag über das Ausfuhr - Verbot der Kartoffeln und die Schließung der Brennereien bereits in der jenseitigen Kurie aus- führlih verhandelt is und hierbei die verschiedensten Gesichtspunkte, welche für und gegen denselben sprechen, von dem Herrn Finanzmi- nister und von mehreren Mitgliedern der anderen Kurie hervorgeho- ben worden sind, deren Kenntnißnahme auch für die Mitglieder die- ser Kurie nicht unwichtig gewesen wäre, Diese Verhandlungen ha- ben wir nun erst gestern Abends durch das Blatt der Allg. Preuß. Zeitung von gestern Abend erhalten und dort auch nur einen Theil derselben. Wünschenswerth wäre es daher gewesen, wenn wir der ganzen Verhandlung hätten beiwohnen können, um die Sache im vollsten Maße auffassen und die Gesichtspunkte feststellen zu können.

Marschall: Jch halte es für angemessen , vörher den Ge= sihtspunkt hinzustellen, von welchem, wie mir es scheint, die Bera= thung wird ausgehen müssen. Die Abtheilung hat beantragt , daß die Geneigtheit der Regierung ermittelt werden möge, dem Antrage beizustimmen oder nicht. Nun angenommen , diese Geneigtheit fri die allergrößte, so kommt es doch, wie es mir scheint, nur auf einen Grundsaß an und auf die Festhaltung eines Prinzips, nämlich davon auszugehen, was dieOertlichkeit zuläßt. Und in dieser Beziehung erkläre ih meines Orts, daß ich, was diesen Saal betrifft, die Sache für unthunlich und unausführbar halte. Es müßten geradezu die Thüren geöffnet bleiben, und die wenigen Abgeordneten, etwa 10 oder 12 —- was ‘ist das gegen die Zahl der Mitglieder der anderen Kurie diese würden nicht

anders, als zwischen den Thüren Plaß finden können. Nun stellt sich

die weitere Erwägung ein, daß, wenn es hier in diesem S möglich scheint, so wird es sehr zweifelhaft sein, ob E t An Kurie wünschenswerth scheint, daß nur von einer Seite von dem Vor \hlage Gebrauh gemacht wird, während seine Annahme von der gy deren Seite für unthunlih erklärt werden muß. Dies is der Ge- sichtspunkt, von welchem aus die Berathung, wie mir es eint, wird auszugehen haben,

Fürst zu Hohenlohe: Die Abtheilung is nicht von der An- sicht ausgegangen, die Geneigtheit der Regierungs - Kommissare over des Landtags-Kommissars zu erforschen, sondern es is vielleicht uicht ganz richtig ausgedrückt. Man is vom Referat davon ausgegangen, daß zweierlei Ansichten beständen, nämlich die, ob der Antrag si zur Petition qualifizire, ober ob es hinreichend sei, blos durch eine Au=- frage bei dem Landtags - Kommissar diesen Antrag zu beseitigen oder zu erfüllen. Dies hat die Abtheilung veranlaßt, den Antrag bei der Kurie dahin zu stellen, daß nur eine Anfrage bei dem Landtags-Kom-= missar geschehe. j

Graf von Dyhrn: Nach meiner Ansicht, so sehr ih auch den Raum für bedeutend halte, kann hier bei der Frage doch weniger die Beurtheilung, ob Raum da ist, maßgebend sein, und nah meiner Ansicht noch weniger von der Verneinung dieser Frage als Prinzip ausgegangen werden. Allerdings, alle Mitglieder der anderen Kurie fönnen uns hier nit zuhören, es können uns sogar nur sehr wenige zuhören, obgleih ih glaube, daß do. für mehrere hier Raum sein fönute. Jch weiß nicht, ob es möglih wäre, das Chor -auch zu öffnen. Jch glaube aber, weit bedeuteuder, als die Rücksicht auf den Raum, is die Rücksicht auf den moralischen Eindruck. Jh muß noch- mals darauf zurückkommen, was der Referent {hon erwähnt hat. Es ist den Verhandlungen Oeffentlichkeit gegeben worden; ich habe mich aber gerade während der Adreß - Debatte überzeugt, daß eben der Dru nur die halbe Oeffentlichkeit ist. Jm \hlesischen Landtage ist die Frage über Oeffentlichkeit {hon an der Tagesordnung gewe- sen. Jh nahm mir die Freiheit, damals eine Rede darüber zu hal- ten, und legte den Accent besonders auf das Druckenlassen und die Nennung der Namen. Jch muß gestehen, ih habe mich jeßt über- zeugt, daß dies wirklich blos die halbe Oeffentlichkeit ist. Es ist sehr \chón, daß Alles gedruckt wird und daß die Namen genannt werden, und ih verkenne nicht die Bedeutung desselben, allein ih muß wiederho- len, es ist nur halbe Oeffentlichkeit; denn der -Eindruck, den manche Rede macht, i} ein ganz anderer, als der Eindruck, den dieselbe Rede dann gedruckt gemacht hat. Jch halteBeides für nothwendig, denn es supplirt eine Deffentlichkeit die andere. Wir haben Reden gehört, die wir auf unseren Plätzen kaum halb verstanden haben, blos in einzelnen Säßen, und wir haben die Reden für unbedeutend gehalten; ih habe dann die Reden in den Zeitungen gelesen und gefunden, sie waren bedeutend. h babe Reden gehört, die gesprochen einen großen Eindruck gemacht i, in von Zeitungen aber is} der Eindruck mehr verschwunden. t aber gewiß cben so bedeutend der Eindruck, den eine Rede entau macht, als welchen sie dann macht, wenn sie gelesen wird. Jh halle es für gut, wenn beide Seiten der Oeffentlichkeit . sich er gänzen, woun beide Kurien geöffnet werden, und wenn wenigstens Al- les augewendet wird, um dies möglich zu machen. Was den Raum anbetrifst, so haben wir diesen niht in der Gewalt. Es können blos

\o Viele herkommen, als hier Plaß habenz ih glaube aber, daß dies nur immer solche sein werden, die zugleich den Eindruck des Momen-= tes, den sie hier empfangen haben, ihren Kollegen mittheilen werden ; und ih halte es für bedeuteud, daß wir den Wenigen hier Zutritt geben, damit wir auch Zutritt in der anderen Kurie bekommen. Denn wir können allerdings nicht Zutritt verlangen, wenn wir nicht Zutritt geben. Um ‘auf den Raum zurückzukommen, wenn hier (mit der Hand zeigend) eiue kleine Schranke, cine Barriere gezogen würde, wenn dieses Fenster (w. v.) freigegeben würde, so könnten, wíe auch in dem anstoßenden Saale, Mehrere zuhören; so daß ih glaube, es würden über 30 bis 40 uns zuhören können; und wenn es auch nur 20 wären, denen der momentane Eindruck, welchen sie“ durch unsere Berathungen empfangen, gegeben würde.

Fürst Lynar: Vertrauen und Oeffentlichkeit sind fast synonyme Worte geworden. Wir wünschen Vertrauen, o müssen wir auch Oeffentlichkeit wollen. Das Prinzip is von dieser hohen Kurie längst anerkannt, und es kommt gegenwärtig nur darauf an, es auszudeh- nen und in größere Anwendung zu bringen, Jch stimme dem An tragsteller vollkommen bei und glaube, daß es die Lokalität mt ganz unmöglich macht, den Wunsch in Erfüllung zu bringen, Wir können die Thüren öffnen, und es würden viele unserer geehrten Kollegen aus jener Kurie hier Plaß finden können, Aus unserer Petition werden sie wenigstens ersehen, wie erwünscht uns ihre Gegenwart sein wird, und sie werden dan auch gern unjeren Wunsch uns gestatten, an ihren Berathungen Theil zu nehmen,

Marschall: Jh muß auf das, was ich. gesagt habe, in der Weise zurückkommen, daß ih bemerke, wie auch ich keinesweges unter allen Umständen ein Freund von geschlossenen Thüren bin, aber wohl unter Umständen, wenn die Schließung der Thüren erforderlich is, theils ih spreche niht von Zug, aber um Wind und Kälte abzuhalten, theils um das Hören wenn uicht möglich zu machen, doch wenigstens zu erleichtern. So fest dies steht, \o fest scheint mir auch stehen zu müssen, daß es den Mitgliedern der anderen Kurie nicht erwünscht sein kann, zwischen den Thüren zu sißen, Zeigt sich, daß sie zwischen den Thüren zu fißen allerdings Plaß hättenz zeigt sich aber auch, daß es für die Mitglieder der anderen Kurie nicht erwünscht sein kann, zwischen den Thüren zu siven, so sehe ih bis jezt keinen Grund, der mi veranlassen könnte, von der Meinung, die ih anfangs für die meinige erklärt habe, abzugehen.

Fürst von Lychnowski: Ew, Durchlaucht haben einen Antrag, den ih mir erlaubt habe zu stellen,“ auf den engen Bezirk der Räum= lichkeit, auf hygienische und akustische Beziehungen einzuengen und zu deprimiren befunden, Was die Räumlichkeiten anbetrifft, so werde ih die Ehre LAEN später darauf zurilckzukommen, Was aber die h9gienischen Reflexionen anbelangt, so muß ih aufrichtig gestehen,

1 y S

daß ih auf diesen Einwurf nicht vorbereitet war und demselben bis=

her keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Bezüglich des akustischen Einwurfs bin ich fest überzeugt, daß, wenn nicht nur diese zwei Thü= ren, sondern auch noch die zwei gegenüber aufgemaht würden, man dennoch in dem ganzen Saale und in den beiden Neben-Sälen un- gleih besser hören würde, als in der herrlichen Königs-Halle , welche durch die Gnade Sr. Majestät zu nnjeren Vereinigten Stßungen an- gewiesen worden is. Jch erlaube mir aber und es möge mir die= fes niht als ein Mangel an Bescheidenheit ausgelegt werden meine Petition von einem höheren Standpunkte aufzufassen , und int= dem ih dies thue, werde ih weder von der musikalischen Tribüne da oben, noch von diesen Thüren hier unten sprechen, sondern. es rein Ew. Durchlaucht Ermessen und dem Gutachten des Herrn Landtags- Kommissars überlassen, ob sih kein Ort fände, von dem aus mehrere

Mitglieder der zweiten Kurie unseren Verhandlungen beiwohnen und

unseren Debatten folgen könnten. Jch habe nicht die Absicht gehabt, zu behaupten, daß alle 600 Mitglieder hier zuhören könnten, id habe